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Lepsius las über die ägyptischen Ellen -MaTsstabe mit Vergleichung der Persischen, Assyrischen und alt- babylonischen Ellensysteme. / i}377j 2 Gesammtsitzung Hr. du Bois-Reymond legte folgende MittheiluDg von Hrn. Prof. Franz Boll in Rom, vom 11. Jan. d. J., vor. Zar Physiologie des Sehens und der Farben- empfindung. An Fröschen angestellte Versuche über die Farbe der Retina^) und ihre Veränderung durch weisses und farbiges Licht haben folgende Resultate ergeben: I. Vollkommene Dunkelheit. Die Farbe der in der absoluten Dunkelheit verweilten Retina ist ^roth^ (nicht purpurroth, wie ich sie in meiner ersten Mitthei- lung genannt habe) und entspricht genau dem in Fig. l.a. wieder- gegebenen Farbenton. Ich nenne diese Farbe die Grundfarbe der Retina oder das ^Sehroth^. Betrachtet man mit dem Mikroskop (Hartnack's Linse VII alter Construction, ohne Deckglas) das Mo- saik der Stabchenschicht (Fig. 4.), so zeigt die überwiegende Mehr- zahl der Stfibchen denselben ^rothen^ Farbenton (Fig. 1 . a.), welcher für die ganze Retina charakteristisch ist. Zwischen diesen rothen erscheinen vereinzelte Stäbchen in sehr blasser grünlicher Farbe. ^) Ich habe zwar in meiner ersten Mittheilung ^Zar Anatomie und Physiologie der Retina '^ (diese Berichte, 1876, S. 783.) verschiedene frühere Beobachtungen über rothe Färbung von Retinaelementen bei Wirbellosen er- wähnt. Es war mir aber entgangen, dass Hr. Leydig schon vor fast einem viertel Jahrhundert die rothe Farbe der Retina auch bei Fröschen und an- deren Amphibien beobachtet hat, wie ihm denn auch der Atlasschimmer der absterbenden Froschnetzhaut nicht entgangen ist. Seine Beobachtungen ste- hen in Müller's Archiv für Anatomie und Physiologie, 1853, S. 8; in seinem , Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere" (Frankfurt a. M., 1857. S. 238 u. 250) und in seiner Schrift „das Auge der Gliederthiere.'' (Tübingen 1864 S. 23). Dass .dieselben so wenig Aufsehen gemacht haben und für die Lehre vom Sehen fruchtlos blieben, erklärt sich daraus, dass erstens Hr. Leydig die rothe Farbe der Retina nicht als allgemeines Attri- but derselben erkannt, sondern darin mehr eine Besonderheit gewisser Netz- häute zu beschreiben geglaubt hat, wie auch die gefärb'ten Öltröpfchen in der Retina anderer Thiere sie darstellen, und dass zweitens ihm die Bezie- hung des rothen Pigmentes zur Belichtung der Retina vollständig entgan- gen ist. M,:.,'».-.l..-ri'-i>f /^T/ III ^^SPH mim vom iL Januar 1877, 3 Verfolgt man anter dem Mikroskop das Abblassen der Retina, so sieht man dass die rothen Stäbchen in dem Maasse als ihre Farbe schwficher wird einen deutlich gelbrothen und zuletzt fast ganz gel- ben Farbenton annehmen, der in Fig. l.b. dargestellt ist. n. Weisses Sonnenlicht. Die Retina erscheint nach längerer Einwirkung der Sonnen- strahlen oder hellen diffusen Tageslichts vollkommen farblos. Un- ter dem Mikroskop erscheinen alle Stäbchen ganz gleichmäfsig farb- los und durchsichtig. in. Farbiges Licht. Um den Einfluss des farbigen Lichts auf die Retina zu unter- suchen, wurden die Frösche in verschiedenfarbigen Glaskästen auf- bewahrt, welche dem Tageslichte und der Sonne möglichst ausge- setzt waren. In der Zeit, in welcher diese Versuche angestellt wurden (Monat December 1876), waren graue Wolken und dunkle Tage selten, ebenso selten aber auch länger anhaltender Sonnen- schein. Die Tage waren fast alle von der durchschnittlichen Hellig- keit des weissen Wolkenlichts, und sind daher die nun folgenden Versuche ausschliesslich als bei einer mittleren Lichtintensität an- gestellt zu betrachten. 1. Rothes Licht Das zu diesen Versuchen dienende Glas (mit Kupferoxydul gefärbtes Überfangglas) absorbirt das äusserste Roth bis B^ lässt das Roth und Orange von Z^ bis Z> hindurch und absorbirt voll- ständig das Gelb, Grün, Blau und Violett von D bis G^), Makroskopisch erscheint die Grundfarbe der Retina unverän- dert. Unter dem Mikroskop (Vgl. Fig. 5.) verhalten sich die rothen ^) Diese sowie die noch folgenden Bestimmungen der Chromasie der farbigen Gläser hat mein College Prof. Blaserna angestellt, dem ich dafür hier meinen herzlichen Dank sage; ebenso wie dem Hrn. L. Sassmann- Hellborn aas Berlin, der die Freundlichkeit hatte, mir bei meinen Ver- suchen za assistiren and nach Feststellung der beobachteten Farbennuancen die Tafel aaznfertigeif^ die dieser Mittheilung beigegeben ist 4 Gesammtsitzung Stäbchen wie die der im Dunkeln aufbewahrten Retina, blassen auch ganz in derselben Weise zu Gelb ab. Dagegen zeigen die zwischen den rothen vertheilten grünen Stäbchen eine sehr viel lebhaftere Farbe als die grünen Stäbchen der im Dunkeln gehalte- nen Retina. 2. Gelbes Licht Das gelbe Glas absorbirt vom äussersten Roth bis G, lässt von dort ab das Roth, Orange, Gelb und Gelbgrun bis zu E hin- durch und absorbirt dann alles übrige Grün, Blau nnd Violett bis zum Ende des Spectrums. Makroskopisch und mikroskopisch verhält sich die dem gel- ben Lichte ausgesetzte Retina so wie die Retina nach Einwirkung des rothen Lichts. 3. Grünem Licht, Das grüne Glas absorbirt vollkommen das Roth und Orange bis Z>, lässt Gelb und Grün von D bis b hindurch, absorbirt grosstentheils das Dunkelgrün von b bis F und vollständig den Rest des Spectrums von F ab. Makroskopisch erscheint die Grundfarbe der Retina in das in Fig. 2. wiedergegebene „Purpurroth" abgeändert. In derselben Farbe erscheinen unter dem Mikroskop die rothen Stäbchen; beim Abblassen gehen sie in eine schöne Rosafarbe über. Die grünen Stäbchen zeigen denselben lebhaften Farbenton wie nach der Ein- wirkung des rothen und gelben Lichts. Ihre Anzahl erscheint ver- glichen mit denen der in der Dunkelheit und im rothen und gel- ben Lichte verweilten Retina nicht unerheblich vermehrt. (Vgl. Fig. 6.). 4. Blaues und violettes Licht. Das blaue Glas absorbirt fast vollständig das Roth und Orange bis Z), lässt die gelben und gelbgrünen Strahlen von D bis E passiren, absorbirt dann wieder ziemlich vollständig das Grün von E bis b und lässt von dort ab das Blau und Violett vollständig hindurch. Makroskopisch erscheint die Grundfarbe der Retina in ein schmutziges „Violett^ (^ig- 3.a.) verändert. Das numerische Ver- vom 11. Januar 1877. 5 hältniss der rothen und grünen Stabchen ist wie nach der Ein- wirkung des grünen Lichts. Die letzteren erscheinen eigenthum- lieh schmutzig grün gefärbt, und bedingt allein ihre Anwesenheit und Farbe die Trübung der violetten Farbe der Retina: denn unter dem Mikroskop (Fig. 7.) erscheint die Mehrzahl der Stäb- chen in einer vollkommen klaren bläulich-rothen Farbe, welche beim Abblassen in ein deutliches helles Violett (Fig. 3.b.) übergeht. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass alle diese fSr die verschiedenen Lichtarten charakteristischen Farben Veränderungen hieb in den Versuchen mit einer ganz ausserordentlichen Constanz wiederholten^ sodass ich bald dahin gelangt war, aus der objectiven Untersuchung der Retina mit Sicherheit diagnosticiren zu können, ob sie dem blauen oder dem grünen oder dem rothen (oder gelben) Lichte ausgesetzt gewesen war. Eben diese grosse Constanz der Resultate ist es, die mich veranlasst sie schon jetzt zu veröffent- lichen, ohne erst ihre Bestätigung durch eine zweite mit wirklich monochromatischen Lichtern angestellte Versuchsreihe abzuwarten. Eine solche bin ich eben zu beginnen im Begriff; ausserdem will ich ausser der bisher allein studirten mittleren Helligkeit der ver- schiedenen Lichtarten auch die stärkeren Grade versuchen und die Veränderungen feststellen, welche bei möglichst intensiver Einwir- kung einfarbigen Lichts (also bei monochromatischer Blendung) in der Stäbchenschicht hervorgebracht werden. Einer direkten Verwerthung der bisher gewonnenen Resultate für eine Theorie des Sehens und der Farbenempfindnng stehen vorderhand noch sehr grosse Schwierigkeiten entgegen. Eine der nächsten Fragen, die sich hier erhebt, ist die nach der Bedeutung der grünen Stäbchen. Soll man in der Retina des Frosches wirk- lich zwei morphologisch und functionell verschiedene Stäbchenarten, die Majorität der rothen und die Minorität der grünen unterschei- den? Oder soll man nicht vielmehr die fundamentale Identität aller Stäbchen der Retina annehmen und die rothen und grünen Stäbchen nur als verschiedene durch wechselnde physiologische Zustände bedingte Erscheinungsformen gleichartiger Elemente be- trachten? Für die letztere Alternative würde der Umstand sprechen 6 Gesammtsitzung dass in der dem weissen Sonnenlichte aasgesetzt gewesenen Re- tina kein Unterschied zwischen den Stäbchen nachweisbar und also nur eine einzige Kategorie dieser Elemente vorhanden ist. Auch würden für dieselbe Ansicht die oben mitgetheilten Beob- achtungen von der Vermehrung der grünen Stäbchen durch das grüne und blaue Licht anzuführen sein. Leider aber muss bekannt werden, dass gerade diese letzteren Beobachtungen noch nicht als absolut sichergestellt zu betrachten sind. Es ist nämlich aus man- chen Gründen sehr wahrscheinlich, dass das Verhältniss der grünen zu den rothen Stäbchen in jeder einzelneu Retina kein constantes, sondern ein in den verschiedenen Regionen der Retina^ im Gentrum und in der peripheren Zone verschiedenes ist. Dieses aber einmal angenommen, wird es sofort eine sehr missliche Aufgabe, zwei Netzhäute in Bezug auf ihren relativen Reichthum an grünen Stäb- chen mit einander zu vergleichen, und ich wage daher nur unter grosser Reserve mich für die Objectivität der oben mitgetheilten Beobachtungen über die Vermehrung der grünen Stäbchen im grü- nen und blauen Lichte auszusprechen. So lange aber die Bedeutung der grünen Stäbchen nicht auf- geklärt ist, ja so lange man nicht einmal weiss, ob sie nur den Amphibien oder auch den höheren und höchsten Wirbel thieren, den Säugethieren und namentlich dem Menschen zukommen, wird es sehr schwer sein, die oben mitgetheilten Resultate für eine Theo- * rie der Farbenempfindung zu verwerthen. Die nächste Aufgabe auf diesem Gebiete muss die sein, eine gleiche Untersuchungsreihe wie die am Frosche unternommene bei einem Thiere durchzuführen, dessen Retina der des Menschen möglichst nahe steht, also bei einem Affen. Vielleicht gelangt man dort zu solchen Befunden, welche zu den durch subjective Beobachtung festgeBtellten That- Sachen über die Farbenempfindung in der menschlichen Retina in einer einfachen Beziehung stehen. Aus dieser Übereinstimmung würde dann eine wirklich gesicherte Theorie der Farbenempfindung abzuleiten sein. Für jetzt lassen sich nur folgende Sätze als feststehend be- trachten : Die Strahlen verschiedener Wellenlänge wirken auf die Re- tina in verschiedener Weise. Gar nicht verändert wird die rothe Farbe der Retina durch das Licht grösster Wellenlänge (Roth, Gelb). Eine ausgesprochene Veränderung der Grundfarbe erfolgt vom 11. Januar 1877. 7 bereits durch die Strahlen aus der Mitte des Spectrums (Grün); die stärkste Veränderung*) wird endlich hervorgebracht durch das Licht kleinster Wellenlänge (Blau und Violett) vom äussersten Ende des Spectrums. Vermuthlich sind diese drei Farbenkategoricn identisch mit den durch die Theorie von Young-Helmholtz postulirten drei Grundfarben. Auf diese Beobachtungen eine Theorie der Farbenempfiudung zu gründen ist zur Zeit noch unmöglich, doch mag bereits hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein grosser Theil der beobachteten Thatsachen sich unter den Gesichtspunkt unterordnen lässt: ^Dass durch die Einwirkung der verschiedenen Farben inner- halb der Stäbchenschicht der Retina, also in einem Tbeile des Nervensystems, objective Farbenveränderungen hervorgebracht wer- den, welche identisch sind mit dem Inhalte der durch sie er- zengten Empfindungen und subjectiven Vorstellungen.^ Sollte es gelingen, diese Auffassung für die Theorie der Farben- empfindung wirklich vollständig durchzufuhren, so würde daraus ganz unmittelbar eine vollkommen neue Lösung der uralten Frage über die Realität des Inhaltes unserer sinnlichen Erkenntniss her- vorgehen. J) In der Thatsache, dass die grünen Strahlen nur eine geringe, die blauen und violetten aber eine sehr viel stärkere Abänderung der Grund- farbe der Retina bedingen, ist (die Identität dieser Verhältnisse beim Men- schen vorausgesetzt) vielleicht die Erklärung enthalten, weshalb die grosse Mehr- zahl der Farbenblinden gerade Roth und Grün nicht unterscheiden können, während Roth und Blau nur von sehr wenigen Farbenblinden verwechselt werden; dieser letztere (höhere) Grad der Farbenblindheit scheint übrigens stets die Roth-Grünblindheit als geringeren Grad einzuschliessen. 8 Oesammtiitzung Die folgenden kritischen Bemerkungen des Hrn. Riefs zu dem Gutachten der Akademie vom 14. December 1876 kamen zur Verlesung. Über den Blitzschlag auf das Schulhaus in Elmshorn am 20. April 1876. Dem akademischen Gutachten über diesen Blitzschlag liegt die Meinung zu Grunde, dass die Beschädigung des Schulhauses von Elmshorn durch den Blitz ^durch die ungenügende Ablei- tung der Elektricität zur Erde^, „durch die zu kleinen Dimensionen der Metallplatte im Brunnen^ verschuldet sei. Dieser Meinung kann ich nicht zustimmen. Aus folgenden Grün- den. Die Meinung soll durch eine theoretische Betrachtung be- gründet werden, in welcher behauptet wird, dass ein an 2 Stellen durch den Blitz geschmelzter Abieiter während der Dauer dieses Blitzes ebenso wirke, als ob er unversehrt geblieben wäre. Nach den von Van Mar um an der leydener Batterie angestellten Ver- suchen (Abb. d. Akad. 1845, S. 125) zu urtheilen, ist Dies sehr unwahrscheinlich. Ferner aber werden in der Betrachtung Gesetze auf den Blitz angewendet, die für schwache Ströme von künst- licher Elektricität gefunden worden sind. Dies erweckt gewichtige Bedenken, die endgültig nur gehoben oder bestätigt werden kön- nen durch Erfahrungen bei frühem Blitzschlägen. Um diese zu finden, habe ich das neueste Verzeichniss von Blitzschlägen durch- gesehn. (Duprez Statistique des coups de foudre etc. Extrait du tome 31 des memoires de Tacad. roy. de Belgique. Bruxelles 1859.) Ich habe zwar nur fünf Fälle gefunden, die dem Blitzschlage in Elmshorn ähnlich sind, die aber genügen die Frage endgültig zu entscheiden, ob man die bekannten Gesetze der Elektricitäts- Leitung auf den Blitz anwenden darf. Es ist nämlich in diesen Fällen keine Rede von einer Metallplatte, die an dem Fusse des Blitzleiters angebracht wäre, es wird nur gesagt: der Abieiter tauchte unten in einen Brunnen, oder, er endigte in einem Brun- nen. Es war also die metallene Leitstange mit demselben Quer- schnitte, den sie an der Mauer des Gebäudes hatte, in den Brun- nen geführt worden. Die theoretische Betrachtung des akadem. Gutachtens nimmt die Grösse der Metallplatte am Fusse des Blitzleiters im Brunnen vom iL Januar 1877, 9 Ton Elmshorn zu 1 Quadratmeter an und schätzt danach, dass der flüssige Tbeil des Blitzleiters (das Wasser im Brunnen) dem Blitze einen Widerstand entgegengesetzt habe, der sich zu dem des me- tallenen Theils desselben wie 20 za 1 verhalte. In diesem Falle wurde am Blitzleiter eine Oberfläche von 2 Quadratmetern vom Was- ser bespült. Von den erwähnten 5 Blitzschlägen kann nur bei Einem (auf das strassburger Münster) die bespülte Oberfläche des Blitzleiters angegeben werden. Sie betrug ^ Quadratmeter oder -f der Oberfläche in Elmshorn. In den übrigen Fällen war, vielleicht mit Ausnahme des unten erwähnten vierten Falles, die bespülte Oberfläche vermuthlich noch erheblich kleiner, als am Münster. In allen fünf Fällen würden, nach den Erfahrungen an schwa- chen elektrischen Strömen, dem flüssigen Leiter Widerstände zuge- schrieben werden, die weit über den Werth 20 hinausgehn, in wel- chem das akad. Gutachten den Hauptgrund des Abspringens des Blitzes in Elmshorn sieht. In allen fünf^Fällen müsste also der volle Blitz den Abieiter verlassen haben und in das Innere des Gebäudes eingedrungen sein, das geschützt werden sollte, wobei bchwerc Beschädigungen nicht ausbleiben konnten. Nicht in einem einzigen Falle sind solche Beschädigungen einge- treten. Bei drei Blitzschlägen sind gar keine Beschädigungen vorgekommen (Duprez Stat. pp. 35. 42. 45). Bei dem vierten wurden 2 Holzlatten von dem Boden des Brunnens in die Höhe geschleudert, ein kleines Fenster seiner Glasscheiben beraubt (p. 39), im fünften Falle endlich sprang ein Theil des Blitzes vom Abiei- ter zu einer 70 Schritt entfernten Kaserne, wo er leichten Schaden (quelque leger dommage) anrichtete (p. 41). Es ist evident, dass im akad. Gutachten der Widerstand des Wassers im Brunnen zu Elmshorn viel zu hoch angesetzt ist. Die danach beurtlieilten Widerstände bei den fünf Blitzschlägen stehn in grellem Widerspruche mit den beobachteten Wirkungen des Blitzes. Es ist dadurch bewiesen, dass bei der Schätzung im akad. Gutachten Gesetze auf den Blitz angewendet worden sind, die bei ihm keine Geltung haben. Die Ungültigkeit dieser Gesetze ist nicht befremdlich und konnte vorausgesehn werden. Vor 21 Jahren sind von mir Versuche mit Maschinen-Elektricität veröffent- licht worden, die den ausgesprochenen Zweck hatten „zu zeigen, ^dass die Gränzen, innerhalb welcher die überaus nützlichen Ge- „setze der elektrischen Leitung gelten, leicht zu überschreiteu s\tvd 10 Gesammtsitzung ^und die nöthige Vorsicht bei der Anwendang dieser Gesetze zu empfehlen**. (Ak. Berichte 1856 S. 241; Poggd. Ann. 98. 571.) Bei jenen Versuchen war die elektrische Dichtigkeit constant ge- lassen, die Beschaffenheit des Leiters geändert und die Abweichung von den Leitungsgesetzen nachgewiesen worden. Selbstverständ- lich würde bei unverändertem Leiter die Steigerung der elektrischen Dichtigkeit eine gleiche Abweichung vom normalen Verhalten her- vorgebracht haben. Bei der sehr hohen Dichtigkeit der Elektrici- tät im Blitze verliert die grosse Überschätzung des Widerstandes im Wasser, wie sie das akad. Gutachten zeigt, alles Auffällige. Aus den vorstehenden Gründen habe ich mich von der Mei- nung des akad. Gutachtens abgewendet, und theile ich die Meinung der drei frühern Gutachten, dass der Blitzschaden im Schulhause von Elmshorn hauptsächlich durch die ungenügende und un- gleiche Dicke der metallenen Blitzleitung verursacht wor- den ist. Die trockene Metalleitung bedarf daselbst der Besse- rung; die Grösse der Platte im Brunnen, wie das akad. Gutachten vorschlägt, auf 5 Quadratmeter zu bringen, halte ich für überflüssig. Was den folgerechten Rath im akad. Gutachten betrililt, den Fuss jedes Blitzleiters mit einer grossen Metallplatte zu versehen, so wäre es zweckmässig, ihn öfter auszuführen, damit Erfahrun- gen über seinen Nutzen gewonnen würden. Dass jene Metallplatte kein nothwendiges Requisit eines wirksamen Blitzleiters ist, hat die Erfahrung eines Jahrhunderts gezeigt, und die Thatsache, dass 2 Blitzleiter in 3 Fällen vollkommenen Schutz gewährt haben, ob- gleich, auf Reimarus Rath, an die Stelle der Platte ihr entschie- denster Gegensatz, eine Spitze gesetzt war (Duprez Statistique pp. 32. 32. 35). Zwei Vorschläge im akad. Gutachten scheinen mir unbedingt gut zu sein: statt des in letzter Zeit beliebten Kupfers zu Blitz- leitern an Gebäuden Eisen zu verwenden, wie es früher geschah und, wo es angeht, die Abieiter mit den Eisenröhren grosser Gas- und Wasserleitungen in Verbindung zu setzen. Beide Vorschläge stehn im Gutachten am rechten Platze; nur konnte erwähnt wer- den, dass sie bereits vor 11 Jahren ausgeführt worden sind am Stadthause von Brüssel, auf das 1863 der Blitz gefallen war (Comptes rendus d. Tac. d. Sc. 61. 84). vom It Jantuir 1877. 11 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Betue acientißque de la France et de l'etranger, N. 26. 27. Dec. 1876. Pa- ris. 4. Archiv für vaterländische Geschichte und Topografie, Herausgegeben von dem Geschiehtvereine für Kärnten, 13. Jahrg. Klagenfurt 1876. 8. PofyMfiion. PcBTt. litt, 2. S^r. T. IV. Li?r. 6. Part, techn, 2, Ser. T. lU. Livr. 12. Dec. Paris 1876. 8. Memoires de la Societe des sciences physiques et naturelles de Bordeaux, 2. Ser. T. I. Gab. 3. Paris & Bordeaux 1876. 8. The American Journal of science and arte, 3. Ser. Vol. XII. N. 72. New Hsven 1876. 8. Bulletin de la Societe de giographie, Novembre 1876. Paris 1876. 8. J. ▼. Lieb ig, Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physio- logie, 9. Aufl, herausgeg, von Dr, Ph. Zoller, Abth. 1. 2. 3. Braun- schweig 1875. 8. Mit Begleitschreiben. R. Sturm, On cor relative Pendle. Extr. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes in Athen, 1. Jahrg. 3. Heft. Athen 1876. 8. Societe entomologique de Belgique, Ser. II. N. 32. Bmxelles 1876. 8. Bulletin de V Academie Imp, des sciences de St. Petersbourg, T. XXII. (Feailles 21 — 31.) St Petersbourg 1876. 4. El Porvenir periodico cientifico de avisos y noticias, Ano I. Niim. 3. Bar- celons 1876. 8. Ch. Luerssen, Grundzüge der Botanik, Leipzig 1877. 8. Vom Verf. The American Ephemeris and NauHcal Almanach for 1879, Washington 1876. 8. H. A. Howe, Catalogue of 50 new double stars, Cincinnati 1876. 8. Mit Begleitschreiben. Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadelphia, Part I. II. lU. 1875. Philadelphia 1875/76. 8. Proceedings of the American philosophical Society held at Philadelphia, Vol. XVL N. 97. January to June 1876. 8. St. Siennicki, Qu^l^^^ ^^^^ pour servir ä Vhistoire des cimetieres musel- mans et des mosquees Tartares. Varsovie 1876. 4. O. Heer, Über Permische Pflanzen von Fünfkirchen in Ungarn, Budapest 1876. 8. Statistique internationale des grandes villes, le. Section. Mouvement de la population, T. I. Redige par J, Korösi, Budapest 1876. 4. Mit Begleitschreiben, 1 2 Oesammtsitzung Reports of the Superintendent of the ü. S, Coast Surtey for the yeara 1869, 1870. 187 L 1872, 1873. Washington 1872 — 1875. 4. Mit Begleit- schreiben. Annales de chimie et de physique, 5e. Ser. Dec. 1876. T. IX. Paris 1876. 4. P. Gervais, Journal de Zoologie. T. V. Numero 5. ib. eod. 8. Proceedinga of the literary and philosopkical Society of Manchester. Vol. XIII. XIV. XV. Session 1873—1876. Manchester 1874—1876. 8. Mit Be- gleitschreiben. Memoirs 3. Series. Vol. V. London 1876. 8. Catalogue of the books in the library of the Manchester litt, and phil. Society, Manchester 1875. 8. Memoirs of the Museum of comparative Zoology, . at Harvard College, Vol. N. 10. («/. A. Allen, The American Bisons.) Cambridge 1876. 4. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Settembre 1876. Roma 1876. 4. Report of the U. States geological Survey of the Territories — F. V. Hayden, Vol. IX. X. Washington 1876. 4. Mit Begleitschreiben. F. W. Hayden, Catalogue of the publications of the U. States geological Survey. ib. 1874. 8. Th. Graham, Chemical and physical researches. Edinburgh 1876. 8. Vom Herausgeber Dr. R. A. Smith. E. G^ny, Principes de la mecanique moUculaire. Nice 1876. 8. R. Owen, Description of the fossil reptilia of South Africa. Vol. I. Text Vol. IL Plates. London 1876. 4. Vom vorgeordneten K. Ministerium. Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Vereine von Neu- Vorpommern und Rügen. Jahrg. 8. Berlin 1876. 8. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 52. Heft 2. Görlitz 1876. 8. Statistik der Preuss. Schwurgerichte für die Jahre 1874. 1875. Berlin 1876. 4. 2 Ex. Von dem Hrn. Justiz-Minister Leonhardt. Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. 6. Jahrg. 1874. Heft 1. 2.3. Berlin 1876. 8. vom 18, Januar 1877. 13 18. Januar. GesammtsitzuDg der Akademie. Hr. Her eher las: Zur Textkritik der Verwandlungen des Antoninas Liberalis. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Norges officielle Statistik, üdgiven i Aaret 1875, 1876. Christiania. 20 Voll. 4. Garcin de Tassy, La langue et la litterature hindoustanies en 1876. Revue annuelU. Paris 187C. 8. Rerue archeohyique. Noav. Serie. 17. Annee. XII. Dec. 1876. 8. Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und G. A. Unirersi- Ult zu Gottingen aus dem Jahre 1876. N. 1—23. GöttinRen 1876. 8. Societv entomoloyique de Belgique. Serie II. N. 33. Bnixelles 187G. 8. Monthly Notices o/ the H. astronomical Society. Vol. XXXVII. N. 2. Dec. 1876. 8. Ephemeris epiyraphica corporis inscriptionntn Latinarum supplementum. Vol. III. Fa«c. 2. Romae 1877. 8. S. C. Snellcn van Vollenhoven, Pinacographia. Part. 4. Aft. 4. 's Gra- ▼enhagc 1876. Mit Begleitschreiben der K. Niederländ. Gesandtschaft hierselbst. 22. Januar. Sitzung der physikalisch -mathemati- schen Klasse. Hr. Roth las: Studien am Monte Somma. I 14 Öffentliche Sitzung 25. Januar. Öffentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Jahrestages Friedrich's II. Der an diesem Tage Vorsitzende Sekretär, Hr. Mommsen, eröffnete die Sitzung mit einer Rede über Friedrich den Grossen und dessen Verliältniss zu dem Fürstbischof von Breslau, Kardinal Philipp Zinzendorf. Darauf berichtete Derselbe über die seit dem letzten Frie- drich stage eingetretenen Veränderungen des Personalstandes der Akademie, über die verstorbenen Mitglieder sowohl, wie über die neuen Ernennungen. Sodann verlas Hr. du Bois-Reymond, als Vorsitzender des Curatoriums der Humboldt- Stiftung, folgenden Bericht: Das Curatorium der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen erstattet statu tenmässig Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre. Mit dem Ende dieses Jahres lief die vierjährige Wahlperiode der drei wählbaren Mitglieder des Curatoriums ab; dieselben wur- den durch statutenmässige Neuwahl seitens der Königlichen Aka- demie der Wissenschaften in ihren Amtern bestätigt. Einen schweren Verlust erlitt die Stiftung durch den Tod ihres letzten Reisenden. Dem Prof. Dr. Reinhold Buch holz war es nicht vergönnt, die Frucht seiner aufopfernden Thätigkeit zu ernten. Dem mörderischen Klima der westafrikanischen Küste glücklich entgangen, wie er früher dem fast sicheren Verderben im Polarmeer auf einer Eisscholle entraun, erlag er am 17. April v. J. uner- wartet den Folgen der bösartigen afrikanischen Fieber. Von den wissenschaftlichen Ergebnissen der Buchhol zischen Reise ist der die Wirbelthiere betreffende Theil von Hrn. Peters, der die Mol- vom 26. Januar 1877, 15 \Q8ken betreffende von Hrn. von Martens bearbeitet in den Mo- natsberichten der Akademie erschienen. Schon diese Mittheilungeji zeugen von Prof. Buchholz* grosser Umsicht als Sammler, seiner trefflichen Beobachtungsgabe und seinem unermüdlichen Fleisse. Dennoch waren es nicht Weich- und Wirbelthiere, welchen er vor- zuglich seine Aufmerksamkeit zugewendet hatte, und es ist nicht genug zu beklagen, dass er die Arthropoden nicht selber hat be- arbeiten dürfen, die er besonders zu seinem Studium, gemacht hatte. £& steht indess zu hoffen, dass wir diese Forschungen, wie auch Prof. Buch holz' Tagebücher voller geographischer und ethnologi- scher Bemerkungen, von anderer Seite so gut veröffentlicht sehen werden, wie es ohne die lebendige Erinnerung des Reisenden mög- lich ist, welche auch die liebevollste und eindringendste Mühe nicht zu ersetzen vermag. Aus den für das vorige Jahr verfügbaren, durch längere An- sammlung zu ansehnlicher Höhe angewachsenen Mitteln wurden diesmal zwei Reiseunternehmungen unterstützt. Hr. J. M. Hildebrandt aus Düsseldorf, ursprünglich wissen- schaftlich gebildeter Gärtner, war schon seit fünf Jahren mit natur- geschichtlichen Sammlungen in verschiedenen Gegenden Ostafrika's beschäftigt, und hatte viel Beweise seiner Energie, seiner Sach- kenntniss und seines ausserordentlichen Geschickes im Umgange mit den gefährlichen Eingebornen jener Länder gegeben. Dieser Auf- enthalt war nur durch eine kurze Reise nach Berlin unterbrochen worden, wobei bekanntlich Hr. Hildebrandt ein lebendes Nilpferd herbrachte. Hier wurde das Unternehmen geplant, welchem nicht blos das Guratorium der Humboldt- Stiftung durch Gewäh- rung von Geldmitteln, sondern auch das Reichs- Kriegs -Ministe- rium durch Leihen von Waffen, ihre Hülfe gewährten: von Zan- zibar aus die noch unerforschten tropischen Schneegebirge des Ndur- Kenia und Kilima-Ndjaro, sowie die nördlich von letzterem liegenden hohen Vulkane naturgeschichtlich zu untersuchen. Schon im vorigen Sommer machte Hr. Hildebrandt zu diesem Zwecke den Versuch, von Lamu, einer kleinen Insel an der Mituküste, aus in's Innere zu dringen. Zwischen den Somali- und Gala-Stämmen ausgebrochene Feindseligkeiten hinderten seinen Fortschritt, und in Mombassa, wohin er einstweilen sich zurückzog, befiel ihn ein hart- näckiges Fassübel, welches ihn zur Rückkehr nach Zanzibar nöthigte. Durch die Vermittelang des Kaiserlich deutschen Consuls, Hrn. 16 Öffentliche Sitzung Robert Seers, wurde Hr. Hildebrandt in das im Hafen von Zanzibar stationirte Hospitalschiif der britischen Kriegsmarine ^Lon- don", Kapitän Sulivan, aufgenommen und mit grösster Zuvor- kommenheit drei Monate lang bis zu völliger Genesung dort ge- pflegt. Dem Kapitän Sulivan und den Schiffsärzten Sedgwick und Bentham fühlt sich das Guratorium für diesen Act inter- nationaler Gastfreundschaft zu lebhaftem Danke verpflichtet So konnte sich der Reisende erst Mitte October wieder mit der beab- sichtigten Expedition beschäftigen. Gegen Ende November langte er, mit Empfehlungen des Sultans von Zanzibar und des englischen Residenten daselbst versehen, wieder in Mombassa an, verständigte sich mit einem Karawanenführer und nahm die nuthigen Diener, so wie 40 schwarze Träger an, um die erforderlichen Tauschwaaren, Papier zum Einlegen der Pflanzen, Instrumente u. d. m., mitführen zu können. Um seine Mannschaft einzuüben, machte er zuerst einen kleinen, aber anstrengenden Streifzug nach Durnma im Wa- nikalandc, wo er die durch von der Decken bekannten Antimon- fnndstätten besuchte und Proben von den dortigen Vorkommnis- sen für den Sultan von Zanzibar, sowie für das hiesige Museum sammelte. Nach der letzten Nachricht aus Mombassa vom 10. December V. J. stand der Reisende im Begriff, besser ausgerüstet und unter glücklicheren Auspicien als das erstemal, mit seiner Karawane nach dem Lande Kikuyn aufzubrechen, wo der mächtige Gipfel des Ndur-Kenia ihn zieht. Das andere Unternehmen der Humboldt- Stiftung führt uns nach dem südamerikanischen Continente, welcher einst der Schau- platz der grössten wissenschaftlichen Thaten AI ex anderes von Humboldt selber war, und an dieselbe Stelle, von wo er und Bonpland ausgingen. Unter Humboldt's Beobachtungen und Naturschilderungen giebt es kaum eine bekanntere, als die der elektrischen Aale (Gymnoten) und ihres Kampfes mit den Steppen- rossen in den Llanos von Venezuela. Humboldt hatte Europa verlassen, als der Streit zwischen Volta und Galvani und ihren Anhängern über die Deutung der von Galvani entdeckten That- sachen zu voller Höhe entbrannt war, und er selber hatte sich kurz zuvor in seinem Werk „Über die gereizte Muskel- und Nervenfaser** für das Dasein einer thierischen Elektricität ausgesprochen. Der Anblick der gewaltigen Zitteraale, deren Körper scheinbar aus je- vom 25, Januar 1877. 17 dem seiner Theile Mrill kurlich einen niederschmetternden Blitz ent- sandte, war daher für ihn vom hinreissendsten Interesse. Aher leider hatte er Europa etwas zu früh verlassen, um noch Nachricht von der Entdeckung der Säule durch Yolta zu erhalten, welche über dies Gebiet wenigstens den ersten Schimmer von Helligkeit verbreitete, und so kam es, dass die damals von ihm angestellten Versuche, trotz allem darin entfalteten Eifer und Geschick, weder für die Lehre von den elektromotorischen Organen, noch für die nahe damit verwandte von den Nerven und Muskeln ausgiebige Frucht Merkwürdigerweise sind seitdem drei Vierteljahrhunderte ver- flossen, ohne dass in Sudamerika eine einzige Beobachtung am Zitteraal angestellt worden wäre, obschon diese Fische wiederholt nach Europa, besonders nach London gebracht wurden, wo Fara- dav daran eine berühmte Versuchsreihe ausführte. Mittlerweile hatte der Verkehr mit jenen Gegenden so sich ent- wickelt, und die am Gymnotus zu lösenden wissenschaftlichen Fra- gen waren so brennend geworden, dass der Gedanke, diese Fragen an Ort und Stelle zum Austrage zu bringen, schon seit längerer Zeit sehr nahe lag. Seiner Verwirklichung stand nichts entgegen als der Mangel an einer geeigneten Persönlichkeit. Diese hat sich neuerlich in dem Dr. med. Hrn. Carl Sachs aas Berlin gefunden, der in histologischen und physiologischen Untersuchungs weisen wohl bewandert, schon durch bedeutende Arbeiten in diesen Gebieten bekannt, sich gern bereit fand, die Gymnoten in ihrer Heimath aufzusuchen, und Humboldt's eigent- lichste Jugendbestrebungen in den von ihm so malerisch geschil- derten Steppen wieder aufzunehmen. Hr. Dr. Sachs hat sich mit einem möglichst vollständigen histologischen und elektrophysiologischen Apparat am 26. Septem- t>er V. J. in Hamburg eingeschifft, ist am 2L October in La Guayra gelandet, und hat in Caracas bei dem Kaiserlich deutschen Geschäfts- träger und General -Consul, Hrn. Dr. Stamm an, sowie bei dem Präsidenten der Republik, General Guzman Blanco, den zuvor- kommendsten Empfang gefunden. Nachdem er sich in Caracas mit den nöthigen Empfehlungsbriefen und Ausrüstungsgegenständen ver- seben, hat er die Cordillere überschritten, und ist am 19. Novem- ber in Rastro, einem armseligen Dorf in der Steppe^ eingetroffen, welches einst die Stätte von Humboldt's eigenen Versuchen war, [1877] 2 18 Öffentliche Sitzung vom 26. Januar 1877, und wo ein reicher Grundbesitzer, Don Carlos Palacios, „El Rey de los Llanos^ genannt, Hrn. Dr. Sachs ein Haus zur Ver- ^gung gestellt hatte. Hier aber fand sich Dr. Sachs in seinen Erwartungen schlimm getäuscht. Die Sumpfwasser in der Nähe des Dorfes, welche zu Humboldt's Zeit von Gymnoten wimmelten, gaben nicht einen her, und hauchten um so gefährlichere Miasmen aus. Die Vorstellung, nach Humboldt's Beschreibung Gymnoten zu fangen, indem man, um sie zu erschöpfen, erst Pferde oder' Maulthiere von ihnen erschlagen lässt, wurde von allen Lianeros mit Gelächter aufgenommen, kein Wunder, da Dr. Sachs die Mula, die ihn von Caracas in die Steppe trug, mit 270 spanischen Thalern bezahlen musste. Besser gestalteten sich die Verhältnisse im benachbarten Ca- labozo, einer ansehnlichen Stadt mit vielen Bequemlichkeiten, wo- hin sich Dr. Sachs nun begab. Der General Guancho Rodriguez nahm sich freundlich seiner an, und ritt mit ihm drei Stunden weit nach dem Rio Uritucu, einem von prächtigem Urwald umgebenen Flusse, in dessen schlammigen Gewässern das Verderben in viel- facher Gestalt lauert: denn er wimmelt von Alligatoren, gefrässigen CaraVbenfischen (Pygocentrus)^ tückischen Stachelrochen (Trygon)^ und glücklicher Weise auch von Gymnoten. Gleich bei seiner Ankunft sah Dr. Sachs mit freudiger Erregung einen fast zwei Meter langen ^Temblador" dicht unter der Wasseroberfläche sich bewegen. Seit jenem Tage bis zum Datum seines letzten Briefes, dem 7. December — fünf Tage lang — ist Dr. Sachs in Calabozo in der rüstigsten Thätigkeit gewesen, welche ihm schon mehrere wich- tige Ergebnisse geliefert hat. Alles berechtigt zu der Hoffnung, dass, wenn die Gesundheit unseres jungen Reisenden dem gefährlichen Klima widersteht, seine Ausbeute eine höchst werthvolle, und diese am meisten Humboldt'sche fast aller denkbaren Unternehmungen der Humboldt- Stiftung vom besten Erfolge gekrönt sein wird. Das Capital der Stiftung erhielt im verflossenen Jahre keinen Zuwachs durch Zuwendungen. Die für das laufende Jahr zu Stif- tungszwecken verwendbare Summe beläuft sich ordnungsmässig ab- gerundet auf 20,400 M. Endlich trug Hr. Bruns eine Abhandlung Ober die Unter- schriften in den römischen Rechtsurkunden vor. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREÜSSISCHEN AKADEMFE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. Februar 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Mommsen. 1. FebiTiar. Gesainintsitzung der Akademie. Hr. Lepsius las über die Babylonisch- Assyrisclien Längen- maTse nach der Tafel von Senkeerh. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: ZtitMchrift de« Ferdinandeums für Tirol und Vurarlbery, 20. Heft. Inns- bruck 187G. 8. Mit Begleitschreiben. JlNemos^ne. Nova Series. Vol. V. Part 1. Liigd. Bat. 1877. 8. 77t* American Journal o/ scietice and arts, Series III. Vol. XIII. N. 73. New Havon 1877. 8. J'ikrbücher des Vereins von Alterthums/reunden im Hheinlande, Heft 57. 58. Bonn 1876. 8. H^rue mensuelle de medecine et de Chirurgie, 1®. Annee. N. 1. Janvier 1877. Pari«. 8. Mit Begleitschreiben. b^Uetin de V Avad^mie It des sciences. 4ö*. Ann. 2. Ser. Tome 42. N. 11. || Bruxelles 187G. 8. Loitdwirthscha/tliche Jahrbücher, Bd. VI (1877). Heft. 1. Berlin 1877. 8. Mittkeilungen der K, K, Central -Comgiission zur h2rforschuny und Erhaltuny \ der Kunst- und historischen Denkmale, Bd. II. Heft 4 (Schluss). Wien I 1876. 4. [1Ä77] 3 / 20 Gesammtsitzung M^moirea de la Societe de pkynque et dthistoire not. de Geriete, T. XXIV. P. 2. Geneve 1875/76. 4. Mit Begleitschreiben. K, Akademie der Wissenschaften in JVien, Jahrg. 1877. N. 1. 2. Sitzung der math.-naturw, Glosse, 8. Revue scientifique de la France et de Vetranger, N. 30. 31. Janvier 1877. Paris. 4. öf versigt af k, Vetensk, Akademiens Förhandlingar, 1876. 33dje Arg. N. 6. Stockholm 1876. 8. Polyhiblion, — Partie litt, 2. Serie. T. 5. Livr. 1. — Part, techn, T. 3, Livr. 1. Janv. Paris 1877. 8. Bulletin de la Societe geologique de France, 3. Serie. T. IV. Feuilles 28-30. Paris 1875 a 1876. 8. T. V. Feuilles 1—3, ib. 1876/77. 8. Mittheilungen der Gesellschaft för Salzburger Landeskunde, XVJ, Vereinsfahr 1876, Heft 2. Salzburg. 8. A. Reumont, Giuseppe II, Pietro Leopoldo e la Toscana, Firenze 1876. 8. Extr. Vom Verf. Transactions of the R. Society of New South Wales, for the yeor 1868 ^1875, Sydney 1869— 1876. 8. H. C. Rüssel, Results of astronomical observations made in New South Wales, during 1873, ib. 1875. 8. Transactions of the philosophiccU Society of New South Wales, 1862 — 65. Sydney 1868. 8. New South Wales, its progress and resources. ib. 1876. 8. Mines and mineral statistics of New South Wales, ib. 1875. 8. Mineral map and general statistics of New South Wales, ib. 1876. 8. Anuales de r Observaioire R, de Bruxelles, Feuille 11. 4. Programme de concours ouverts par la Societe des sciences, de Vagriculture et des arts de Lille, pour l' an nee 1877, 8. £. Sasse, Das Zahlengesetz in der Volker-Reizbarkeit, I. Brandenburg. 1 Bl. fül. J. Duchateau, Rapport sur les progres du dechiffrement des etudes cunei- formes, Extr. 8. J. Oppert, Sumerien ou Accadienf Paris 1876. 8. — , Les inscriptions en langue susienne, Extr. 8. Atti della Societa Toscana di scienze naturali residente in Pisa, Vol. II. Fase. 2. Pisa 1876. 8. Übersicht der akademischen Behörden etc, an der K, K, Universität zu Wien für das Studienjahr 1876177, Wien 1876. 4. Sixth Report of the Commissioners appointed in 1868 to inquire into the best means of preventing the pollution of Rivers, London 1874. fol. R. Wolf, Astronomische Mittheilungen. 8. vom i. Februar 1877. 21 M. L. Schulfroh, Die Sprctche der Zukunft Zweibrücken 1876. 8. M. R. de Berlanga, Los »uevos bronces de Osuna. Malaga 1876. 4. £xtr. Vom Verf. PreuMWhe StatiatiL 37. 38. 42. Berlin 1876. 4. Mit Begleitschreiben. La Xahtre. lievue de$ Bciences etc. Pari*. N. 183 — 191. Dec. 1876. Janv. 1877. 8. E. L. de Forest, Interpolation and adjustment of seriea. New Haven 1876. 8. l^e Opere di Renedetto Castiglia e la /ase definitiv a de Ha acienza rec, di O. Stoccki, Mantova 1876. 8. Mit Begleitschreiben. B. Buncompagni, Builettinu. T. IX. Ott. 1876. Roma 1876. 4. Ltüds Unirergiiets-Uiblioteks Accesaions- Katalog. 1874175. Lund 1875/76. 1<. 2 Ex. H. Gylden, Ästronomiska SakttayeUer och Undersukningar anstälda pä Stockholms Obserratvrium. 1. Bd. N. 1. Stockholm 1876. 4. Mit Be- gleit^'hreibeu. I/enkschri/ten der K. Akademie der Wissenschaften, Math.-natunß. Classe. Bd. 36. PhiloH.'hist. Classe. Bd. 24. 25. Wien 1876. 4. Sitzuugsfterichte. Philos.-histor. Classe. Bd. 80. Heft 4. Bd. 81. Heft 1. 2. 3 Bd. 82. Heft 1. 2. Mathem.-naturw. Classe. 1875. Abth. I. N. 6— 10. Abth. II. N. 6 — 10. Abth.III. N. 3—10. 1876. Abth. IL N. 1— 3. ib. 8. Arvhiv für die Kunde vsterr. Oeschichtsquellen. Bd. 54. Heft 1. ib. 1876. 8. F'iutejf rerum austriacarum. Bd. 38. Abth. II. ib. 1876. 8. Almanach 1H7G. ib. 1876. 8. 2t SeparatabdrUcke aus den Denkschriften, ib. 4. & 8. F. Bebra, Atlas der Hautkrankheiten. Lief. IX. X. ib. 1876. fol. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. VI. N. 5. ib. eod. 8. Verhandlungen der K. K. geol. lieichsanstalt. N. 13. 1876. ib. 8. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1876. Bd. XXVI. N. 3. ib. 8. S^fiiete entomologique de Belgique. Serie IL N. 34. 1877. Bruxelles. 8. Acta L-niversitatis Lundensis. T. X. 1. 2. XL /. 2. S. 1873l74. Lund 1873—1875. 4. 2 Ex. Mit Begleitschreiben. Anuario del Observatorio de Madrid. Anno XIIL XIV. 1873—1876. Ma- drid 1872. 1872. 8. (jbserracioneH weteorologicas exec, en el Observatorio de Madrid 1871 — 1873, ib. 1873. 1874. 8. Hesumen de las Obsercaciones meteor. effect. 1871—1873. ib. 1873. 1875. 4. Memoria del Hospital protincial de Madrid, ib. 1875. 8. Mit Begleit- fch reiben. 22 Gesammisüzung vom 8. Febrtiar 1877, 5. Februar. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Waitz las über kleinere Chroniken des XIII. Jahrhunderts. 8. Febraar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Au wer 8 las über die Resultate der Arbeiten der deutsch- russischen Expedition nach Aegypten zur Beobachtung des Venus- Durchgangs vom 8. Dec. 1874. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: A. V. Reumont, Geschickte Toscanas seit dem Ende des florentinischen Freistaates. Bd. II. Gotha 1877. 8. Vom Verf. Hevue scientifique de la France et de Cetranger, N. 32. Paris 1877. 4. The fourth atmual Report of the board of Directors of the zoohgical Sociefg of Philadelphia, Philadelphia 1876. 8. Atti dell* Accademia Pontificia de nuovi Lincei. Anno XXIX. Sess. V Roma 1876. 4. J. Kops & F. W. vanEeden, Flora Batava, Afl. 234. 235. 236. Ley- den. 4. W. F. Behn, Leopoldina. Heft XIII. N. 1. 2. Dresden 1877. 4. O. Boettger, Die Reptilien und Amphibien von Madagascar. Frankfurt a. M. 1877. 4. M. J. Plateau ) Sur les couleurs accidentelles ou subjectives. 2. Note. Bruxelles 1876. 8. Extr. Vom Verf. Gesammtsitzung vom 16. Februar 1877. 23 15. Febniar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr, Droysen legte vor: Beitrage zu der Frage über die innere Gestaltung des Roiclies Alexanders des Grossen. Die liist<)risclu>n Überlieferungen, die uns über die Zeit Alexan- ders des Grossen vorliegen, sind nicht der Art, dass man aus ihnen von diT inneren Möglichkeit des Reiches, das er hat gründen wol- len, von den Formen und Organisationen, welche dann für die hellenistische Welt maassgebend geworden sind, eine zureichende Vurstellung gewinnen könnte. Es wurde nicht correct sein, wollte man sich diese Gründung so oberflächlich und wirr vorstellen, wie sie in unsern Quellen überliefert ist. Selbst in ihnen führen noch einzelne Spuren dar- auf, dass es bei der Gestaltung des Reiches weder an sicherer AutTassung der Aufgabe noch an Verständniss der gegebenen Be- dingungen und Berechnung der verwendbaren Mittel gefehlt hat. Es wird möglich sein diesen Spuren nachgehend einige Er- läuterungen und Ergänzungen aus solchen Materialien zu gewinnen, dl«» als unmittelbare Überreste jener Zeit in anderer Weise Zeug- niss geben als die Quellen. Die folgenden Bemerkungen wollen versuchen, was aus den Forschungen der Numismatiker für den angegebenen Zweck verwendbar scheint, darzulegen. Es sind drei wichtige Fragen, auf die, wie es scheint, von den Münzen einige Auskunft zu gewinnen ist, die nach der inne- ren Organisation des Königthums, das Alexander von seinem Va- ter erbte, die nach dem Verhältniss Alexanders zu den hellenischen Staaten in Hellas und Asien, endlich die nach der Provinzial Ver- waltung in dem neugeschaffenen Reich. Eine vierte Frage wird «ich aus den Bemerkungen beantworten, die vorausgeschickt wer- d«?n mögen, weil das Verständniss des Weiteren davon bedingt ist. I. In dem zweiten Buch der 0\Hovo\uHn^ die unter den Schriften Ups Aristoteles erhalten sind und der Diadochenzeit angehören, w«*rden die vier Arten der Verwaltung, die königliche, satrapische, Mädtische, private, charakterisirt; es wird von der königlichen gesagt, 24 GesammtsitzUng sie habe vier Zweige (sil^yf), die Münzpolitik, die Export-, die Iin- portpolitik^ die des Hofhaltes; am wichtigsten sei die Münzpolitik, das heisse, in welcher Weise und wann das Geld billig oder theiier zu machen sei. So bestimmt also erscheint dieser Zeit das Münz- wesen als Regal, als nutzbares Recht des Königthums. Dass Philipp II. es in diesem Sinne geübt, dass er zuerst in seinen Landen eine allgemein verbindliche Münzordnung eingeführt hat, ist bekannt. Galt im Perserreich seit Dareios I. die Gold- währung, der Stater oder Darcik zu 8,40 Grm. Gold, und wurde dort Silber in der Art ausgebracht, dass einem Goldstater 10 Stater Silber zu 11,2 Gr. gleich gelten sollten, so sank im Han- del mit der griechischen Welt, wo man Silberwährung hatte, der Cours des Goldes mehr und mehr; lag dem persischen Münzwerth das Verhältniss des Goldes zu Silber von 1 : 13,33 zu Grunde, so war der Handelswerth um die Zeit des peloponnesischen Krieges wie 1 : 13,24 und sank weiter unter 1 : 13, ja unter 1:12. Das Bemühen, zwischen beiden Werthen Ausgleichung zu finden, führte zu den vielerlei Münzsystemen der griechischen Staaten und zu heilloser Münzverwirrung. Der trat Philipp mit der Einführung der Doppelwährung entgegen; er schlug Goldstateren etwas hoher als die persischen, zu 8,64 Gr., er nahm für das Silbergeld den rhodischen Fuss an, 7,24 Gr. auf die Drachme; er fixirte also das Verhältniss von Gold zu Silber auf 1 : 12,45. Sank der Werth des Goldes weiter, so musste auch aus Ma- kedonien das Silber abfiiessen, wie bisher schon aus Persien. Es ist sehr denkwürdig, dass Alexander die Doppelwährung aufgab, die Silberwährung nach dem attischen Fuss, die Tetradrachme zu 17,27 Grm., einführte; und nicht minder bemerkenswerth, dass sich auch nicht eine Drachme oder Tetradrachme Alexanders fin- det, die nicht auf diesen Fuss geprägt wäre, so dass man anneh- men muss, dass er gleich im Anfang seiner Regierung die neue Münzordnung eingeführt hat, die dem persischen Golde so zu sa- gen den Krieg erklärte. Denn mit dieser neuen Ordnung war das Verhältniss von Gold zu Silber auf 1 : 12,30 gestellt und das Gold war zur blossen Waare gemacht, zu einer Waare, die, wenn die Schätze des Perserkönigs erobert und das da todt liegende Gold dem Verkehr zurückgegeben wurde, sich immerhin ent werthen konnte, ohne dass die auf Silber gestellten Preise in der griechischen Welt dadurch in gleichem Maassc erschüttert wurden. vom iö. Februar 1877. 25 Wenn Philipp, wenn Alexander kraft ihrer königlichen Macht- vollkommenheit neue Munzordnungen erliessen, so traten dieselben naturlich überall, so weit die Befehle des Königthums gesetzliche Kraft hatten, in Geltung; und umgekehrt, Gebiete und Städte, wo sie nicht Aufnahme fanden, standen nicht in solchem Abhängigkeits- verhältniss zum makedonischen Königthum. Gab es Städte oder Gebiete, die in dieser Zeit nach dem königlichen Munzfuss, aber mit autonomen Typen prägten, so sind sie dem neuen Munzfuss entweder aus eigener Wahl gefolgt, oder sie haben bei ihrer Abhän- gigkeit von dem Königthum eine gewisse conmiunale Autonomie be- wahrt II. Damit ist ein Kriterium bemerkenswerther Art gewonnen. Wenn von den Griechenstädten der thrakischen Sudkuste in Alezanders Zeit nur Byzanz nicht Silbergeld nach Alexanders Mönzfuss, geschweige mit Alexanders Typen und Namen geschla- gen hat, so ist Byzanz nicht wie Abdera, Maroneia, Perinthos u. s. w. eine unterthänige Stadt mit immerhin freier Communalverfassung geworden, sondern ein autonomer Staat geblieben. Wenn die Stadt Kardia auf der Chersones Tetradrachmen mit Alexanders Typus und Namen prägte und sich auf denselben nur mit dem bescheide- nen Beizeichen der Lanzenspitze, dem alten Wappen der Stadt, als Prägestätte bezeichnete, so sieht man daraus, dass Hekataios, der als Tyrann von Kardia von 335 bis über Alexanders Tod hinaus bekannt ist, nicht souverainer Herr der Stadt in dem Sinne war, wie in derselben Zeit Timotheos und dessen Bruder Dionysios in der pontischen Herakleia, denn sonst hätte er, wie diese, Münzen mit seinem Namen geprägt. Dass die Furstenthumer und Völkerstämme von der Adria bis zum Pontos, die Makedonien umgaben, die der Epeiroten, der Agrianer, der Paionen, einige illyrische, die thrakischen der Odryser, Geten, Triballer in einer gewissen Abhängigkeit von dem makedonischen Königthum standen, ist aus unsern Quellen ersichtlich, nicht aber, wie weit sich diese Abhängigkeit er- streckte. Nur von den Verhältnissen des paionischen Landes erfahren wir Einiges. Diod. XVI. 2 und 4 berichtet, dass die Paionen 26 Gesammtaitzung kurz vor dem Anfang Philipps IL nach Makedonien eingebrochen seien, dass um die Zeit seines Anfanges der Paionen - König Agis gestorben sei, dass Philipp sich sofort gegen die Paiooen ge- wandt, sie besiegt habe, rovg ßct^ßagovg mxi^Tag ^vccynars to iSrvog TSBi^ccz^Bw To7g MccHsSoTiv. Drci Jahre später 356 erwähnt er (Diod. XVI. 22), dass die Athener, als sich Philipp der Goldberg- Averke am Pangaion bemächtigt, mit drei Königen, dem der Paio- nen, dem der Thraker und dem der Illyrier, ein Bündniss zum An- griff gegen ihn geschlossen hätten, dass Philipp ihrem Angriff zu- vorgekommen sei, dass er sie, ehe ihre Streitkräfte sich vereinigt hätten, geschlagen und zur Abhängigkeit gezwungen habe — itti- (pccvsig ctTUvTctHTotg Hcti xc(Tan?.vi^ct!Äevog rjvrtyHaTS nooTBtB'cu TOtg Ma- ysSoTt, Von eben diesem Bündniss der Athener handelt eine at- tische Inschrift, zu deren früher schon bekannten ersten Hälfte 1876 durch die Ausgrabungen am Fuss der Akropolis ein zweites bedeutendes Stiick hinzugekommen ist (C. I. A. II. Add. 66^); sie giebt die Namen der drei Fürsten, mit denen Athen sich verbündet hat, es ist der Thraker Ketriporis „und seine Brüder**, der Illy- rier Grabos, der Paione Lyppeios. Es giebt Silbermünzen mit AYKKEIOY (Lenormant in der Revue Num. 1866) oder auch AYKHEIO (Six Numism. Chron. 1875. 1. p. 20), die schon Eck- hel nach ihrer Prägung als paionische erkannte. Ein attisches Ehrendecret von 286 (C. I. A. II. n. 312) nennt den König Audoleon (o Hccioi'üdu ßccTiXsiig AvSmXIwv, den Sohn des Patraos. Wir wissen aus unsern Quellen, dass Audoleon schon 310 König war (Diod. XX. 19. XXI. 13), und dass kurz vor 281 sein Sohn Ariston, als er die Erbschaft des Vaters antreten wollte, von Kö- nig Lysimachos vertrieben worden ist (Polyaon. IV. 12.3). Damit endet das Fürstenthum der Paionen; das Land haben dann erst die Galater überschwemmt, dann die Dardaner unterworfen, bis diesen König Philipp 217 wenigstens die paionische Feste Byla- zora am Südeingang der Pässe von Skopia wieder entriss (Polyb. V. 97. 1). Von Alexanders Zuge 335 sagt Diodor. XVII. 8: sTTonTBvrsv im TY,u S^^XYjv Hcti no>Xa {jlsv sBvrj Q^i^tctcc .... CTTOTayvji'ctt feaTVjvcC" yHctTsv eTTifX'S'fi Se yat tyjv llaicrictv Hat tyji' *Iä>.'jj/S« xctt rovg oixc^ovg TccvTcttg yjM^ctg am jto^Xovg rm* HUTOiXO'^urucv ßnoßccDucr «(/»STnyxoT«^ t^itj'x'TCtiJLSi'og vnvjxoovg ttccit««; ToCg TrXrjTio^woovg ßaoßcisovg s^ooj- vom iö. Februar 1877. 27 ToTo.i) Man kann zweifeln, wie viel man von diesen Ausdrucken für die Paionen in Anspruch nehmen darf; eben so muss noch da- hin gestellt bleiben, ob die höchst merkwürdige Inschrift auf dem Weihgeschenk eines paionischen Königs, die in den letzten Wochen in Olympia aufgefunden worden ist, der Zeit zwischen Lykpeios und Patraos, wie vermuthet worden ist, angehört. Es giebt vom Audoleon, von seinem Vater Patraos, der vielleicht schon zu Ale- xanders Zeit König war, Silbermunzen mit ihrem Namen und Ty- pus; dieselben haben weder das Gewicht der philippischen Doppel- drachme 14,48 Gr., noch das der Tetradrachmen Alexanders 17,27 Gr., sondern das des Audoleon wiegt 12,03 Gr., das des Patraos 12,06 Gr., das des Lykpeios in verschiedenen Exempla- ren 13,15 Gr., 12, 74 Gr., 12, 57 Gr. Also Paionien stand wie vor, 80 nach der Besiegung durch Philipp nicht unter dem make- donischen Münzgesetz, folgte seinem eigenen Münzfuss.^) Einige Ilen paionischer Reiter — einen solchen zeigt die Münze des Pa- traos, wie er einen behelmten zu Boden geworfenen Feind durch- sticht — waren in dem Heere Alexanders, das nach Asien zog, geführt von Ariston, vielleicht einem Bruder des Patraos, wie sein Enkel ja wieder diesen Namen hat; denn als Alexanders Maxime wird überliefert: reges (barbarorum) praefectosquc et omnee quibus videbatur inesse cura detractae libertatis secuni val honoris causa detraxit. Frontin. II. 11, 2: cf. Justin XI. 5. 3. Ob diese paioni- schen Ilen als ^ivoi oder als rvyLixayjn^ ob auf Grund eines beson- deren Werbevertrages oder als Contingent des paionischen Fürsten- thums folgten, muss dahingestellt bleiben; Langaros, der Fürst der Agrianer, der 335 dem Könige zum Zuge an die Donau 1000 Mann gestellt hatte, konnte ihm, als er durch das Agrianer Gebiet zu- rückmarschierte, noch eine bedeutende Zahl Hypaspisten vorführen ') Zclm Jahre froher fuhrt Isokrates (Philipp. § 21) nebcu den Magne- ten und Pcrrhaibern die Paionen an: xat ndvxaq u7rr]xoou; airrouc st>.ii;<|>ci'. ') Imhoof-BIumer (in v. Sallct Nuniismat. Zeitschrift 1, p. 108) macht darauf aufmerksam, dass die Münzen von Dama^tion und Pelagia, iÜTrijic-hen Bergstädteu, in denen er die dann Antigoneia und Antipatris ge- nannten wieder erkennt, nach dem gleichen Fuss wie die paionischen geprägt «iod. Dass Audoleun auch Tetradrachmen mit seinem Namen, aber dem Tvpua Alexanders geprägt hat, ist für unsere Frage unwesentlich. 28 Gesammtsitzung und mit diesen die Autariaten, die den Makedonen in die Flanke fallen wollten, zurückzutreiben sich erbieten. Von Langaros^ von dem Triballer - Könige Syrmos, von dem Taulantiner Glaukias, dem Illyrier Kleitos sind bis jetzt keine Münzen bekannt, eben so wenig von den odrysischen Fürsten die- ser Zeit, obscbon deren, auch nach Beseitigung des Kersobleptes und Teres durch König Philipp, wenigstens einer, vielleicht einige im Hebroslande geblieben sind^), wenn auch neben und über ihnen ein makedonischer Strateg. Von besonderem Interesse würde es sein, Genaueres über das Verhältniss des molossischen Königthums zu Makedonien finden zu können; um so mehr, da die überaus bedeutsame Frage, ob der Molosser Alexander auf eigene Hand oder im Zusammenhang mit der makedonischen Politik 334/3 seinen Zug nach Italien unternom- men hat, nach den Angaben unserer Quellen nicht zu erledigen ist Der molossische König Alketas wird um 372 von lason von Pherai bei Xen. Hell. VI. 1. 7 o Iv tyi 'Httä/^w vTra^og, also als Untergebener Thessaliens genannt; nach seinem Tode theilten seine Söhne Neoptolemos und Arrybbas nach längerem Hader die Herr- schaft^ und als Neoptolemos starb, blieben dessen Kinder Olympias und der viel jüngere Alexander in des Oheims Haus, bis Olympias mit König Philipp vermählt wurde; wenn Satyros fr. 5 von Phi- lipp sagt: TfooTBXTvjTaTO xcci Tr,v MoXoTTMv ßaTi>Mctv yyiixu'S ^OXvfXTciaSa, so muss eine Art weiblicher Succession in Epeiros in Geltung ge- wesen sein, wofür das spätere Verhalten der Olympias im molos- sischen Lande mehr als einen Beweis giebt. Wenn Philipp ihren Bruder Alexander 342, nachdem er Arrybbas beseitigt, in den Be- sitz des ganzen Landes setzte und dasselbe um das kassopische Gebiet am ambrakischen Meerbusen erweiterte, so scheint die Ver- muthung nahe zu liegen^ dass das molossische Königthum in ma- *) Diuse Thatsache crgicbt sich aus der Angabe Diud. XVIII. 17, dass Seuthes, , König*' der Thraker, 322 sich gegen Lysimachos erhob, und aus der bei Curtius X. 1. 43. auf die Vorgänge von 330 bezüglichen: Seuthes Odrvsas populäres snos ad defectionem compulerut u. s. w. endlich aus der jüngst gefundenen attischen Inschrift, über der eine bildliche Darstellung mit der Unterschrift: 'PijßouXac Scv^ou vIoq Kotvo; a^iX<^oc dyy%X ...., ans der man schliessen darf, dass wie der Vater, so der Bruder des Genannten Fürst in Thrakien ist. vom iö. Februar 1877, 29 kedonischer Dependenz blieb. Aber bei den schweren Wirren, die Philipps Ermordung in Makedonien hervorrief, bei der schwereren Gefahr, mit der Alexanders Anfang durch die Erhebung der Völ- kerschaften in Thrakien, an der Donau, in Illyrien, durch die gleich* zeitige in Hellas bedroht war, findet sich von einer epeirotischen Hülfeleistnng zu dem Zuge nach der Donau, gegen die Illyrier, nach Theben nicht die geringste Spur. Und die »ilbernen Gross- stucke, die der junge Molosserkönig prägen liess, und zwar in Ta- rent, wie die Numismatiker aus dem Styl des Gepräges entnehmen, folgen weder dem System Philipps von 14,48 Gr., noch dem Alexan- der» von 17,27 Gr., noch dem der Tarentiner von 7,70 — 7,90 Gr.; sie wiegen zwischen 10,75 und 10,50 Gr. Sie haben die Umschrift AAEZANAPOY TOY NEORTOAEMOV, sie stimmen in ihrem Ty- po8 — Schauscite: Kopf des dodonaeischen Zeus mit Eichenlaub gekränzt, Rückseite: Adler auf dem Donnerkeil stehend — ganz mit denen der Stadt Kassope (Umschrift der R. KAZCßnAlßN)^ nur das8 diese in der Drachme 4,24 Gr. wiegen, also dem attisch- makedonischen System folgen. Ich entnehme diese Angaben einem Anfsatz von Imhoof- Blumer (in v. Sali et Num. Zeitschrift III. p. 288). Es ist bekannt, dass früher in Makedonien theils jüngere Li- nien des Königshauses mit eigenen Herrschaften ausgestattet wur- den, wie z. ß. von einem jüngeren Sohne des Philhellenen Alexan- der die fürstliche Familie in Elymiotis stammt, der die Derdas Machatas, Harpalos angehören, theils ältere erbliche Fürstenthümer bestanden hatten, wie das der Oresten, dem Alexanders Feldherr Perdikkas, das der Tymphaier, dem Polysperchon entstammte, das der Bakchiaden in der Lynkestis, das vor dem Vater Philipps II. einige Jahre selbst das makedonische Königthum innegehabt hatte. Philipp II. selbst ist, bevor er das Königthum übernahm, ein solcher Theilfurst gewesen und hat als solcher Truppen gehalten, wie auch Ton Derdas II. in Elymiotis, von den Lynkesten in früherer Zeit Dachzuweisen ist. Wenn von keinem dieser Fürsten Münzen vor- liegen, so wird das nicht zufällig sein; sie werden nicht das Münz- recht gehabt haben. Und so scheint sich in dem Bereich des makedonischen Kö- üigthums und seiner Dependcnzen eine Mannigfaltigkeit von Ab- hängigkeitsverhältnissen zu ergeben, die dieser Machtbildung ihren eigen th um lieben Charakter geben. 30 Gesammtsitzung III. Dieselbe Eigenthümlichkeit in anderer Wendung zeigen die Städtemünzen Philipps und Alexanders. Die scharfsinnigen Un- tersuchungen von L. Müller suchen zu erweisen, dass die Mo- nogramme auf den Münzen Philipps und Alexanders theils wie andere kleine Beizeichen die Prägesstätte, theils die Namen der mit der Prägung betrauten Beamten bezeichnen. Müller hat mehrere Fälle zu erkennen geglaubt, in denen dasselbe Mono- gramm sich auf den Münzen Philipps II. und Alexanders, Alexan- ders und Philipp III., oder auch auf den Münzen mehrerer einan- der benachbarter Städte findet; er hat daraus geschlossen, dass diese Monogramme nicht jährlich wechselnden städtischen, sondern dauernd angestellten königlichen Beamteten angehören. Die Er- gebnisse dieser Untersuchung sind wohl noch nicht der Art, dass man Weiteres darauf zu bauen wagen könnte. Schon die Erwähnung von Byzanz, Kardia, Perinth, Abdera u. s. w. führte uns auf das Verhältniss des makedonischen König- thums zu den griechischen Städten. Wenn König Philipp die- selben nach der Schlacht von Chaironeia in dem Bunde von Ko- rinth vereinigt, wenn Alexander diesen Bund nach dem raschen Strafgericht über Theben erneut hatte, wenn dieser Bund für den Krieg gegen die Perser und die Aufreciiterhaltung von Friede, Recht und Ordnung unter den Genossen gegründet worden war, so liegt die Frage nahe, ob auch die hellenischen Staaten ausser- halb des eigentlichen Griechenlands, ob namentlich die Griechen- städte in Kleinasien und die Inseln Genossen dieses *£>7.v;i'xtt tu nao<: K^Jt^avh^ov nett Tovj^avB^ov TtpiTt yevofxivag TTrjXa^ ohne xai Tovg E>J?,Yii'ag lässt wohl keinen Zweifel, dass diese Stadt nicht dem howov tmv 'E^J.if- ruv beigetreten ist. Wenn nach der Ermordung des Dareios die hellenischen Söldner und Gesandtschaften, die bis zuletzt in seiner Umgebung gewesen waren, in Alexanders Hand fallen, so entlüsst er den Gesandten von Sinope ort ^tvtuTrslg ovtb toC howov tuSv *E>.- /jtVüt'i' uiTil'/^ov ovTS niTiueora notuu i8o)tovv, nccon tou ßaTt}^a Tiftwu Tz^rßivovTSQ, Arr. III. 25. 4. Anf die Frage, wie Alexander sein Verhaltniss zu den befrei- ten Griechenstädten der asiatischen Küste geordnet habe, geben unsere Quellen keinen Bescheid. Wohl führt Arrian an (1. 17. 10), dass der König in Ephesos die Demokratie hergestellt und den bis- herigen Tribut der Stadt dem Tempel der Artemis überwiesen habe, nicht minder 1. 18. 1, dass er eine Colonne nach der Aiolis, eine zweite zu den ionischen Städten gesandt habe mit der Wei- songy überall die Demokratie und Autonomie herzustellen und die Tribute, die sie den Barbaren zahlen müssen, ihnen zu erlassen. In ähnlicher Weise befreit nach der Schlacht von Issos die make- donische Flotte die Inseln Chios, Kos, vertreibt die von dem Spar- tinerkönig nach Kreta gesandten Besatzungen aus den Städten dort; aber nirgends findet sich eine Andeutung, ob die befreiten Städte dem Motvov rtZv '£X>.)fi/bui; beigetreten, ob von ihnen irgend welche | 32 Qesammtsitzung Leistungen für den Feldzug gegen Persien gefordert vrorden seien. Auf die erste dieser Fragen scheinen die Münzen Antwort zu geben. Es ünden sich Gold- und Silbermiinzen Alexanders von fast allen Griechenstädten Kleinasiens, sowie von den namhaftesten Inseln; und damit, so durfte man schliessen, ist der Beweis ge- liefert, dass diese Städte nicht Staaten waren, wie die des korin- tbischen Bundes, sondern wie Perinth, Abdera, Meroneia, immerhin Freistädte aber königliche, und zum Königthum nicht im Bundes- sondern Unterthanvcrhältniss standen. An dieser Stelle muss der sogenannten Klassification der Alexanderniünzen Erwähnung geschehen. Der schon genannte Nu- mismatiker Müller erkannte bei sorgfältiger Beobachtung der fast 2000 verschiedenen Typen von Alexandermünzen, dass die silbernen — bei den Stateren fanden sich so deutliche Unterschiede nicht — nach der Zeichnung und in der Technik des Gepräges sich in sieben Klassen scheiden, von denen die drei ersten sicht- lich die älteren sind, die drei letzten einer Technik angehören, die erst mit dem Ausgang der Diadochenzeit eintritt; zwischen beiden eine Klasse, die vierte, für deren Zeit ein bei Patras 1850 gefun- dener Schatz einen Anhalt gab; es waren meist Tetrad rachmen, die ihren Beizeichen nach in Sikyon geprägt sein mussten, und Sikyon war erst seit der Zeit des Reichsverwesers Polysperchon, d. h. den Jahren 316 — 308 makedonisch. Sehr bemerkenswerth nun ist, dass, wie Müller aus den Beizeichen zu erkennen glaubt, die sämmtlichen in den Griechenstädten Kleinasiens geprägten Tetra- drachmen der V. und VI. Klasse, die von Mesembria, Odessos und anderen Städte an der Westküste des Pontos der VII. Klasse ange- hören, während die I. Klasse sich nur in den Prägungen von Ma- kedonien, Thessalien, dem südlichen Thrakien, die IL nur in de- nen von Kilikicn, Syrien und Phoinikien findet, die III. auf diese beiden Bereiche sich vertheilt. Hierzu kommt noch, dass sich durch einen Münzfund, von dem gleich zu sprechen sein wird, erwiesen hat, dass während der Zeit Alexanders und in dem Jahrzehent nach seinem Tode meh- rere dieser kleinasiatischen Städte, namentlich Rhodos, Pergamon, Kios, Stateren mit ihrem eigenen Typus geprägt haben, also auto- nome, nicht Königsstateren. Und weiter: die rhodischen Münzen schon seit König Philipp II. haben meist immer die Namen der Münz- vom iö, Februar 1877, 33 beamten, welche für die Prägung verant wortlich waren, voll aus- geschrieben; vier Namen solcher Munzbeamten, die auf rhodischen Alexandertetradrachmen der VI. Klasse von 17 Gr. Gewicht vor- kommen, Stasion, Ainetor^ Aristobulos, Damatrios, fanden sich zu- gleich auf autonomen rhodischen Doppeid räch men rhodischen Fus- ses zu etwa 14 Gr. (Müller Num. d'Alex. p. 260), ja der Name Aristobulos findet sich auch auf rhodischen Stateren mit den Typen and dem Namen des Lysimachos, und ein fünfter Name jener auto- nomen Münzen Mnasimachos erscheint auf einem rhodischen Stater mit dem Namen und Gepräge Philipps II. Also Rhodos hat im Ausgang der Diodochenzeit und später noch sein altes Münzsystem beibehalten, wenn auch von Seiten des Staates daneben, unzweifel- haft im Interesse des Handels, besonders verbreitete Münzen, wie Tetradrachmen Alexanders, Stateren des Lysimachos, Stateren Phi- lipps II. geprägt worden sind. Noch augenfälliger ergibt sich das gleiche Verhältniss bei Ephesos; Drachmen dieser Stadt mit der Biene und der Umschrift APCI statt E (bei L. Müller, Münzen des Lys. No. 429 — 433), also der Zeit zwischen 281 und 280 an- gehörend, in der die Stadt nach Lysimachos Gemahlin Arsinoe hiess, — diese Drachmen sind nach Im hoof-Bl um er s Wägungen nicht nach dem von Lysimachos beibehaltenen Münzsystem Alexan- ders (4,25 Gr.) ausgebracht, sondern haben in dem besterhaltencn Exemplar, dem Berliner aus der Sammlung Fox, 5,59 Gr., sind also autonome Münzen. Aus diesen numismatischen Thatsachen wird man berechtigt sein den Schluss zu ziehen, dass die hellenischen Städte Klein- asiens von Alexander die Herstellung nicht blos ihrer Demokratie, sondern ihrer politischen Selbstständigkeit empfingen, dass sie seit 334 wieder wirkliche Staaten wurden, wie es die im korinthischen Bunde des Mutterlandes vereinten geblieben waren. Wenn sich nicht die geringste Spur davon findet, dass die asiatischen Griechenstädte in diesen eingetreten seien, so liegen politische Gründe dafür, dass Alexander ihren Eintritt nicht forderte, nahe genug; nicht die na- tionale Einheit des Griechenthums politisch zu gestalten war seine Aufgabe; bei der nichts weniger als zuverlässigen Stimmung meh- rerer und der bedeutendsten Städte jenes Bundes empfahl es sich, die Griechen Asiens und der Inseln in anderer Weise an das In- teresse des Reichs zu knüpfen und sich in ihnen ein Gegengewicht gegen die Föderation des Mutterlandes zu scha£fen. Überdies musste 34 Gesammtsitzung es angemessen erscheinen, einem Bunde, zu dessen wesentlichen Aufgaben die Erhaltung und Handhabung des Landfriedens in dem Bundesgebiet gehörte, nicht Staaten zu überweisen, die, durch das Meer von Hellas getrennt, nicht füglich bei allen Vorkommnissen das Synedrion von Korinth beschicken konnten. Aber hatten diese hergestellten Staaten Kleinasiens und der Inseln nicht in gleicher Weise das Bedürfniss des Landfriedens und eines Gerichtes, wie die Amphiktyonen für den Bund in Hellas waren? bedurften sie nicht zugleich für die Leistungen zum Per- serkriege, zu denen gewiss auch sie verpflichtet wurden, etwa für ihre Contingente an Schilfen und Manschaften, einer Organisation der des Synedrions von Korinth analog? So viel mir bekannt, giebt es in unsern Quellen keine Spur, die zu einer Antwort auf diese Fragen führt; es müsstc denn das sein, was Vitruv. IV. 1. von Smyrna angiebt: rcgis Attali et Arsinoes beneficio inter lonas est recepta, — Smyrna, das, seit der Lyderzeit aufgelöst und dioikisirt, erst durch Antigouos und Lysimachos als Stadt wieder hergestellt worden ist. Und vielleicht könnte man in denselben Zusammen- hang stellen, was Strab. XIV. p. 644 von der Landenge zwischen Klazomenai und Teos angiebt, die Alexander zur Erleichterung der Schifffahrt zu durchstechen befohlen hatte: es sei dort ein heiliger Hain und Festfeicr dem Könige zu Ehren: ncti aydv toC koivov tmv 'Iwi/oüi' ^ AXs^avb^stct }CttTayyO.}stTcu (rxjVTiXovßBi'og lt'Tav3«. Bedeutsamer scheinen beim ersten Anblick zwei Reihen von Münzen, silbernen und kupfernen, mit der Umschrift AIOAE die einen, NA^I die andern; Imhoof-Blumer hat in v. Sallets Nu- mism. Zeitschr. HL p. 315 ff. von jenen 7, von diesen 23 Typen be- schrieben; er weist darauf hin, dass, während die mit NAH auf der Schauseite den lorbeerbekränzten Kopf des Apollon (Hekatos) haben, die mit AIOAE genau den Pallaskopf der Stateren Alexanders füh- ren, ihrer Technik nach beide auf Lesbos oder die nächstgelegenen Gebiete weisen. Man konnte vermuthen, dass diese Münzen für Föderationen der Nesioten, der Aioleis geprägt seien, dass Alexan- der — denn alle diese Prägungen gehören seiner und der folgenden Zeit an — diese Föderationen veranlasst habe; freilich war dann auffallend, dass auf den Münzen der Nesioten nie die ionische Form des Namens erschien, dass neben dem Bunde der Insebi noch ein zweiter der AioXfT«; bestanden haben sollte, während doch die Insel Lesbos von den AioXeT? den bedeutendsten Theil bildet. vom lö. Februar 1S77, 35 Jetzt ist durch eine Inschrift (in dem yiovrelou neu Btß>jc3^;tr, 7^Mni<; Ty^o}Si^ Hsotch. H. «t. 1 gi» i'uuji'ri 187G p. 128) und durch die vortrefflichen Erläuterungen, mit denen sie Ur. Georg Earinos begleitet hat, die Bezeichnung NACI dahin festgestellt, dass die grösste der zahlreichen kleinen Inseln am Festlande, ge- genüber von Mitylene, die heutige Moskunisos, im Alterthum NrTro? genannt war, wie denn in jener Inschrift, deren erstes Drittel be- reits C. I. Gr. II. No. 2166« Ap. p. 1023 mitgetheilt war, v. 40 oSnfxog [o Na]Ttu)j(iv das Ebrendecret für Thersippos, das sie enthalt, be- schlossen hat Also hier ündet sich nicht, was wir suchen; aber an einer andern Stelle zeigt sich, dass wir mit unserer Frage auf der rich- tigen Fährte waren. Einiges schon ergiobt eine Inschrift, die in Schliemanns Trojanische Alterthümer p. 204 mitgetheilt ist. Sie stammt aus liissarlyk, das der Zeit Alexanders für das homerische Ilion galt und als solches hergestellt wurde. Diese Inschrift ent- hält mehrere Schreiben des Königs Antiochos an Meleagros, seinen „Satrapen in Phrygien am Hellespont^ und Schreiben von diesem, in denen es sich um Schenkungen von Landgütern an einen verdien- ten Assier handelt, Schenkungen utto -ni^ ßc.n4Hoi Xaot ol ix 70V TOTTov sdi' ßovXuiiTcti ui dcr Feste Petra, die mit geschenkt wird, sollen wohnen dürfen ctTtpctX&lag ifsx«; und der Beschenkte soll befugt sein ir^oTiviyxaT^at n^og vju av ßov},Y,Tat Jtfju ttoasmu 7wi^ 11/ TtJ X«^^ Tt Hai tu T^ YiASTi^qt TVfxfxctyjcc. Also die genannten Städte, und namentlich Ilion, das der Beschenkte dann gewählt hat, sind nicht Unterthanen, sondern (ryauayja des syrischen Kö- nigs. Dass dieser König wahrscheinlich Antiochos III. ist, ergiebt sich aas einer schon C. I. Gr. II. 3569 publicirten Inschrift, die [1877] i 36 Gesammtgitzung bei Kum-kevi, eine halbe Stunde von Hissarlyk, gefunden wor- den ist. Noch bestimmter auf unsere Frage antwortet eine grosse In- schrift ebenfalls aus Hissarlyk^ die G. Hirschfeld in der Arch. Zeitung 1875. p. 151 ff. mitgetheilt bat. Es sind fünf Decrete, jede beginnend yvwfXYi ruiif cwiS^mv, zu Ehren des Vlcikov^riog Bom- la Cm^ iKsv^s^ag Ha) a^Tovo^lag erwähnt wird. Die Sendung slg tov ßacrOJut in dem zweiten Decret, das der Zeit nach später und vielleicht Jahre spä- ter als das erste ist, kann nicht vor 317 fallen, da sonst wie in dem Ehrendecret der Nasioten für Thersippos ig roOg ßacrOJiag ge- sagt sein müsste. Da in dem ersten Decret die Gesandtschaft n^og AuTiyovov erwähnt wird — denn für die freien Städte ist er weder Satrap noch Strateg — und da Antigonos erst 306 den I vom Jö, Februar 1877. 37 Titel ßaTt>£vg angenommen hat^), erst nach ihm auch Lysimachos, Kassandros, Ptolemaios, Seleukos, so ging die Sendung stg tgi' /3a- 0T>irt in dem zweiten Decret entweder an Antigonos, zwischen 306 und 301, oder sie gehört, was minder wahrscheinlich, der Zeit nach dessen vergeblichem Kampf gegen Aegypten, gegen Rhodos an und bezeichnet den Konig Lysimachos, der die Gegenden am Hellespont (seit 302) und lonien in Besitz nahm; bis zu der Zeit, da diesen Seleukos besiegte und Herr der Küsten wurde (281), wird man, da noch drei spätere Decrt^te für denselben Malusios folgen, nicht wohl gehen können. Jedenfalls hier in dem Bereich Plirygiens am Hellespont ist damit in dem Jahrzehent nach Alexanders Tod eine Föderation hellenischer Stfidte nachgewiesen; sie ist gewiss nicht erst in den Wirren nach Alexanders Tod, nicht etwa von Leonnatos, Eumenes, Arrhabaios, Antigonos, die nach einander die Satrapie Phr}'gien am Hellespont inne hatten, begründet worden, vielmehr wenn erst in dem zweiten Decret fic toi/ ßaTi>ict Ctts^ rvjg i>,sv^s^ing nni (ciToi'Guittg Ttvv no>jBMv gesendet wird, so scheint den Städten des Bundes das ihnen von Alexander zugestandene und garantirte Recht in eben jener Zeit der Wirren mannigfach verkürzt, ja auch nach dem grossen Freiheitsdecret des Antigonos von 315 (Diod. XIX. 61) und trotz des ausdrücklichen Artikels in dem Frieden von 311 (Diod. XIX. 105) noch weiter vorenthalten wor- den ZQ sein. Aus Diod. XX. 107. 2 sieht man, dass 302 Lysi- machos über den Hellespont ging und S.ayL'^axY^vovg fxiv xcct Haltet- Tttc (p^ov^v fret^stayjyctys. Sind wir bis jetzt auch ausser Stande eine zweite derartige Föderation unter den griechischen Städten Asiens als von Alexan- der gegründet nachzuweisen, so erhellt doch auf völlig sichere Weise, dass von ihm diesen Städten die Stellung freier Bundesge- nossen im Reich gegeben worden ist. In der von E. Curtius edirten Inschrift von Erythrai (Monatsb. d. Beri. Acad. 1875 p. 554) heisst es in einem Schreiben Antiochos I an die Stadt: Sioti im rt *A}^^ctvS^ov nett ^Aurtyoi'ov ctvroi'Oßog v,v xcci o^o^/jofTiTog ^ noXtg vfj^i^, ganz so wie Strabo XIII. p. 593 von ') Doch findet rieh in einem attischen Decret Tom December 307 be reici ßtLü-tJkU 'Avriyovov C. I. A. IL no. 238. 38 Gesammtsitzung Ilion sagt: GtHoBofxicitg duccXocßslv Tr^OTTci^at (^ AXe^ccvS^ou) roig IntfxsXf}^ Sehr bemerkenswerth ist nun, dass in dem eben angeführten Schreiben des Antiochus I an die Stadt Erythrai gesagt wird: der König wolle wie seine Vorfahren die Freiheit der Stadt bewahren Tv)v TS avTovofxtccv CfMu o-vvSiaTYiOfjTOßSv xai a cctTiog yiyovt Tai ttoXei* 'A[i'T«Ta]T^w «ya^ BTTiTa^ccuTog f^vffxctTa slg [rofA TroXßiuJoi/ stgipE^f, ttccittodu rwv cc},?,w[y Eta-ips^^ovTUJV Qi^TtTTTTog 7r^oTysuofJLBi'c[g noog Tot]g ßctTiKriag Hat * Airri- TTCcT^ou iHo[y(pt(r£ T«]|U TToTau, ETrott^s Ss Hat n^og KA[fiiTOi/ 7r«^i]ra9 Big Kvir^ou TT^ccTBiccg xat [oCx o}.tycc]g BccTTCcuag slg ynx^ov a'\Jvctycty[B ^oi/oi/]. Es ist der Krieg von 322 und 321 gemeint, in dem Perdikkas sei- nen Untergang fand, und dieser Krieg, in dem Ptolemaios, Anti- patros, Krateros, Antigonos gegen die Usurpation des Perdikkas auftraten, ist wobl als Befreiung der Könige aus der frevelhaften *) Gegen die im Text entwickelte Ansicht scheint zu sprechen, wenn Flut. Phoc. 18 angiebt, Alexander habe den 323 heimziehenden Krateros angewiesen xtTTapwi' noX^uiv Iv *A.f«^ Tctg im TOVTw TTs??.ofjt£votg, Kctt TTcc^sSoS'rjTCcv ^vuTTaTMy Arr, I. 24. 6. Im Weiteren giebt derselbe an, dass Nearch zum Satrapen über Lykien und die daran grenzenden Landschaften bis zum Tau- ros bestellt worden sei, Arr. IIL 6. 6. Dass der lykische Bund mit seinem Lykiarchen blieb oder erneut wurde, ergeben Inschriften, die man unbedenklich der Zeit der Diadochen zuweisen darf. Dass goldene wie silberne Münzen von Alexander und Philipp Arrhi- daios mit der Bezeichnung AY, Tetradrachmen Alexanders wenig- stens von der IV. Classe, vorhanden sind, scheint zu erweisen, dass der Bund der Lykier nicht als Staat, aber doch als in inne- ren Angelegenheiten autonome Föderation fortbestand; ob es eine Bedeutung oder welche es hat, dass nicht mehr das alte Dreibein oder Vierbein als Wappen des Bundes auf den Münzen erscheint, vermag ich nicht zu beurtheilen. Noch unklarer sind die Verhältnisse Pamphyliens. Nach Arr. I. 26 und 27 sollte man vermuthen, dass Alexander dort ein ande- res System befolgte als bisher. Die Städte Aspendos, Side, Syl- lion u. s. w. die ihres griechischen Ursprungs nicht mehr eingedenk waren und unterhandelnd ihn zu täuschen versuchten, wurden an- gewiesen dem Satrapen zu gehorchen, den er bestellen werde, und Tribut zu zahlen. Aber Tetradrachmen mit Alexanders Gepräge von Aspendos (AC) Philomelion (♦) von Syllion (t\/\) findet L. Müller erst in der V. und VI. Classe und zwar mit Jahreszahlen bis 31, 28, 33; und wenn autonome Tetradrachmen von Side von 17,02 bis 16,78 Gr., also nach dem Münzsystem Alexanders, ange- führt werden (die Citate bei Brandis, p. 496) so vermag ich nicht zu sagen, ob sie älter als die Münzen der V. und VI. Classe sind. Nicht aus den schriftlichen Überlieferungen, wohl aber aus den erhaltenen Münzen lässt sich mit einiger Sicherheit entnehmen, dass das für Pamphylien noch zweifelhafte andere System in dem städtereichen Kilikien, in Syrien, an der phoinikischen Küste in Anwendung gekommen ist. Mehr noch als die Alexandertetra- drachmen dieser Gebiete, die nach Müllers Ansicht sämmtlich der II. III. IV. Classe angehören, erhellt dies aus dem dritten Münz- funde von Saida. Beim Umgraben eines Gartens nahe bei dem alten Sidon wur- den 1863 über 3000 Stateren gefunden, von denen Weckbecker, vom 15, Februar 1877. 41 der östreichische Oeneralconsul dort, noch ehe der Fand zerstreut wurde, 1530 Stucke untersuchen und verzeichnen konnte (Bericht in Eggers Numism. Zeit. 1865 1. 1.) Schon 1829 und 1852 waren in demselben Garten bedeutende Münzfunde gemacht worden, namentlich der von 1852 wurde auf etwa 3000 Goldstücke Alexan- ders, einige Hundert mit dem Namen Philipps II. angegeben, doch sind von beiden Funden nur einzelne Stücke in europäische Samm- lungen gekommen. Unter den 1863 gefundenen, mit wenigen Aus- nahmen Stateren Alexanders, waren mehrere im palästinischen Ake geprägte mit den Jahresziffern 23 und 24; diese wie die zahlreichen von Sidon ^noch rauh^, sagt Weck b eck er in seinem Bericht, „wie sie eben vom Prägstock gekommen zu sein schienen^. Also waren sie wohl, ohne erst viel in Circulation gewesen zu sein, und bald nach dem 24. Jahr der Aera Alexanders, nach der in Ake gerech- net wurde, d. h. nach 310 vergraben worden. Ausser den Gold- stücken Alexanders, die man nach ihren Beizeichen in den phoini- kischen und in den Städten Makedoniens, Thrakiens, Thessah'ens, geprägt erkannte, fanden sich unter den 1530 Stücken 2 von Alexanders Vater Philipp, 2 von dem König Pnytagoras im ky- prischen Salamis, ferner von autonomen Stadtmünzen 2 Stateren Fon Kios, 1 von Pantikapaion, 1 von Rhodos. Wad dington, der ausser dem Bericht Weckbeckers auch den des Hrn. Peretie, des Kanzlers beim französischen Consulat in Beirut, benutzte (Revue oamism. 1865 p. 1 ff.) zählt 7 Stateren von Kios, 2 von Rhodos auf und fugt noch ein Paar Münzen, die aus den früheren Funden stammen, hinzu; namentlich einen Stater von Philippoi in Make- donien von autonomen Gepräge, einen zweiten ebenfalls autonomen, der durch das Palladion als nach llion gehörig zu erkennen ist. Es verdient angefahrt zu werden, dass mehrere Stateren von Phi- lipp in. Arrhidaios, die mit der Sammlung von Prokesch in das Berliner Münzcabinet gekommen sind und über deren Provenienz der Sammler keine Notiz hinterlassen hat, ganz die charakteristi- sche Rauhigkeit der sidonischen Goldstücke dieses Fundes haben, Prokesch hat in der 1859 herausgegebenen Schrift ,)Inedita mei- ner Sammlung^ noch keins von diesen Goldstücken angeführt, so dass es nahe liegt, auch diese dem Funde von 1863 zuzuzählen. Der Umstand endlich, dass sich in dem Funde von 1863 keine Königsstateren von Ptolemaios, Lysimachos, Kassandros, keine von AntigODOS fanden, der doch in Syrien und Phoinikien Herr war, 42 Gesammt Sitzung macht es in hohem Maasse wahrscheinlich, dass der Schatz za einer Zeit vtrgraben worden ist, da es solche Königsmünzen noch nicht gab, d. h. vor der Schlacht bei Salamis 306, in Folge deren erst der Sieger, dann auch die Besiegten sich Könige nannten. Demnach wäre dieser Schatz zwischen 310 und 306 vergraben. Aus dem Thatbestand, den dieser Münzfund umschliesst, erge- ben sich mehrfache Bestätigungen für das früher Gesagte. Na- mentlich treten die beiden Systeme, nach denen sich die Städte in ihrem Verhältniss zum Reich unterscheiden, deutlich hervor. Dass Philippoi in Makedonien hier mit autonomen Stateren erscheint, bestätigt die Freiheit und Autonomie dieser innerhalb des makedoni- schen Gebietes von Philipp II. begründeten Bergstadt, die man früher schon aus den Silbermünzen derselben kannte, die nach rhodischcm Fuss, d. h. vor 336, geprägt sind. Wie diese Stadt, so gehören auch die Staaten des korinthischen Bundes, auch Byzanz und Rhodos, auch die kleinasiatischen Griechenstädte, die kyprischen unter ihren Königen zum Reich, aber sie sind gleichsam reichsunmittelbar, d. h. sie stehen nicht unter den Satrapen, den territorialen Reichs- beamten, auch dann nicht, wenn sie, wie Rhodos, zeitweise make- donische Besatzung haben. Und andererseits, auch die Städte Thes- saliens und Makedoniens mit Ausnahme von Philippoi, unter dem königlichen Epimeleten, auch die Kilikiens, Phoinikiens haben ihr selbstständiges Gemeinwesen, zum Theil unter eigenen Königen wie Sidon, aber sie sind den königlichen Satrapen untergeben, sie sind gleichsam landsässige Städte. Es ist nur die Fortsetzung dieses Systems, wenn die griechischen Städte der Kyrenaika, als Alexander nach dem Ammonion zog, in die Bundesgenossenschaft Alexanders traten, ipt}.iav xnt Tvufxa) Cahours, Compt. Rend. XXX, 319. «) Church, Phil. Mag. [4] IX, 453. ') Deamelandt, Zeitschr. f. Chem. 1866, 21. ^) Martius und Hofmann, Monatsberichte 1869, 558. vom 19, Februar iH77. 49 Von einem aus ähnlicher Quelle wie das unserige erhaltenen Xyli- din hat später Genz^) die Acetverbinduug dargestellt; als Schmelz- punkt des Acetkörpers giebt er 112 — 113'' an. Die Existenz zweier isomerer Xylidine wurde zuerst durch die Untersucliungen von Tawil- darow 2) (1870) angedeutet. Er stellte aus gereinigtem Steinkohlen- xylol Nitroxylol («) und aus diesem Xylidin dar, dessen Vol.-Gew. bei 18.5° zu 0.985, dessen Siedepunkt bei 210° gefunden wurde. Es bildete eine bei 123° schmelzende Acetylverbindung. Das Xylol wurde alsdann in eine wohlcharakterisirte krystallisirte Dinitro- Verbindung (Schmelzpunkt 93°) verwandelt, aus dieser durch Par- tialreduction das bei 123° schmelzende Nitramin gewonnen und letzteres durch die Diazoverbindung hindurch in ein neues Nitro- xylol (/3) übergeführt, welches in der Kälte erstarrte, bei -+-2° schmolz und bei 237° siedete. Von dem aus )8- Nitroxylol durch Reduction entsteheuden Xylidin (ß) wird nur bemerkt, dass es gleichfalls eine bei 123° schmelzende Acetverbinduug liefert. Der Siedepunkt des /3-Xylidins ist nicht angegeben, auch fehlen ander- weitige, charakteristische Unterscheidungsmerkmale, so dass die Ver- schiedenheit vorzugsweise aus der verschiedenen Natur der Nitro- xylole erschlossen zu sein erscheint, von denen beide Basen ab- stammten. Bei einer Darstellung des Xylidins im Grossen, welche wir Hr. Braun und ich, in der Weile r'schen Fabrik ausführten, wur- den 42 Kg. eines zwischen 200 und 240° siedenden Rohöls mit dem gleichen Gewicht Salpetersäure von 36° B. (1.3003 Vol.-Gew.) langsam gemischt; die sehr heiss gewordene Flüssigkeit hatte nach dem Erkalten reichliche Mengen eines röthlich gefärbten Salzes aus- geschieden, welches, in Leinwandsäcken gesammelt, in einer Centri- fuge ausgeschleudert wurde. Man erhielt auf diese Weise 50 Kg. eines nahezu weissen Salzes. 40 Kg. dieses Salzes wurden in Wasser vertheilt und durch einen Dampfstrom in Lösung gebracht. Die erkaltete Lösung hatte eine zweite Krystallisation abgesetzt, welche nach dem Ausschleudern 25 Kg. wog. Durch diese Behandlung war eine bemerkenswerthe Scheidung erfolgt. Als man die letzterwähnte Krystallisation mit Natronlauge 1) Ganz, Ber. Chem. Ges. 11, 686. *} Tawildarow, Ber. Chem. Ges. II, 533. Zeitschr. f. Chem. 1870. 418. 50 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse zersetzte, wurde ein zwischen 202^ und 230° destillirendes, basi- sches Öl erhalten, welches nicht nur mit Salpetersäure, sondern auch mit Salzsäure alsbald Kry stalle lieferte; die aus der Mutter- lauge der zweiten Krystaliisation abgeschiedene Base, zwischen ähnlichen Temperaturgrenzen siedend, gab noch, wie dies nicht anders zu erwarten war, mit Salpetersäure ein krystallinisches Salz; dagegen lieferte sie mit Salzsäure keine sofort krystallisirende Ver- bindung. In der aus der Mutterlauge der ersten Krystaliisation abgeschiedenen Base brachte weder Salpetersäure noch Salzsäure eine krystallinische Ausscheidung hervor. Man war auf diese Weise zu zwei wesentlich von einander verschiedeneu Xylidincn gelangt, von denen das eine — ich will es für den Augenblick «-Xylidin nennen — sowohl ein schwerlösliches Nitrat wie auch Chlorhydrat liefert, während das zweite — es möge vorläufig /3 -Xylidin heissen — ein schwerlösliches salpetersaures, aber ein leicht lösliches salzsaures Salz bildet. Ich habe zunächst nur das erstere genauer untersucht. «-Xylidin. Das Salz, welches oben als „zweite Krystaliisation" bezeichnet wurde, hatte bei der Behandlung mit Alkali ein Ol geliefert, wel- ches wie bereits bemtrkt, zwischen 202 und 230° destillirte, also weit entfernt war, ein einfaches Product zu sein. Die grössere Menge des Öls siedete zwischen 208 und 216°, und es war somit nicht zu bezweifeln, dass es reich an Xylidin war, allein wie oft man fractionirte, es gelang nicht einen Constanten Siedepunkt zu erhalten. Da der Versuch gezeigt hatte, dass sich das Ol leicht acetyliren Hess, so suchte man auf diesem Wege eine reine Verbin- dung zu erreichen, was auch ohne Schwierigkeit gelang. Nach 3 — 4 stundigem Kochen mit Eiessig verwandeln sich die Basen in ein Gemenge von Acetverbindungen, welches beim Erkalten zu einer schönen Krystallmasse erstarrt. Mit jeder Umkrystallisation dieses Gemenges aus siedendem Wasser steigt der Schmelzpunkt der beim Erkalten sich abscheidenden Krystalle, bis er endlich bei 127 bis 128° constant wird. Das so erhaltene reine Acetxylidid stellt schöne weisse, ab- geplattete, mehrere Centimeter lange Nadeln dar, welche in heissem Wasser ziemlich leicht, viel weniger löslich in kaltem sind. In Alko- vom 19. Februar 1877. 51 hol lösen sie sich leicht. Wird das Xylidid einige Standen lang mit concentrirter Salzsäure gekocht, so hat es sich unter Rück- bildung von Essigsäure in salzsaures Xylidin verwandelt. Man erkennt den Übergang alsbald daran, dass die beim Erkalten aus- geschiedene Krystallmasse sich in Wasser auch schon in der Kälte löst. Die aus dem Salze ausgeschiedene Base ist ein farbloses, aber schnell dunkelndes Öl, welches bei 212° (uncorr.) absolut constant siedet; (das Thermemeter zeigte im Anilindampfe 185°, im Naphtalindampfe 218°.) Das Vol.-Qew. dieser Base ist 0.9184 bei 25°. Dass man es in der That mit Xylidin zu thun hatte^ ergab sich aus der Analyse des in schönen Nadeln krystallisiren- den Platinsalzes. Der Formel C|.HMN,PtCl6 = [CsH,(CH3),NH,,HCl]2PtCl4 entsprechen: Theorie Versuch I. n. Platin 30.16 30.02 30.11. Ein Xylidin von genau denselben Eigenschaften wie das aus d«n hochsiedenden Anilinen dargestellte ist das durch Methyl irung des Paratoluidins bei hoher Temperatur gewonnene. Die durch Erhitzen von salzsaurem Paratoluidin mit Methylalkohol auf 300° gebildete Base, Theorie Versuch Platin 30.16 30.02, liefert mit Eisessig dasselbe bei 127 — 128° schmelzende Acetyl- derivat. Ich halte es für wahrscheinlich, dass das Xylidin, welches wir, Hr. Martins und ich, vor mehreren Jahren in Händen hatten, ob- wohl es denselben Siedepunkt (212°) zeigte, dennoch wohl nur ein Gemenge von a- und ;3 -Xylidin gewesen sein mag. Ich besass leider keine Probe mehr davon, um die Acetverbindung darzu- stellen. Die Angaben Deumelandt's und Tawildarow's über die Eigenschaften des Xylidins stimmen mit meinen Beobachtungen nicht vollkommen uberein, obwohl sie denselben nahe kommen, so dass ich es für den Augenblick unentschieden lasse, ob diese Che- miker mit demselben oder einem anderen Xylidin gearbeitet haben. [1877] ö 52 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Da mir durch die mit Hrn. Braun im Grossen ausgeführten Versuche eine erhebliche Menge von reinem «-Xylidin zur Ver- fügung stand, so sind einige Derivate dieses Körpers dargestellt worden. Dixylylsulfoharnstoff wird durch Digestion von Xy lidin mit Schwefelkohlenstoff am Rückflusskuhler, bis sich kein Schwefel- wasserstoff mehr entwickelt, erhalten. Der Körper ist in Wasser vollkommen unlöslich, auch in Alkohol, selbst in der Siedhitze löst K er sich nur spärlich. Beim Erkalten setzen sich blendend weisse, harte Krystalle ab, welche bei 152° bis \bZ^ schmelzen. Der Formel entsprechen: CS[NH . QHaCCHa)»], = C^HwNjS Theorie Versuch Kohlenstoff 71.83 72.40 Wasserstoff 7.04 7.29 XylylsenföL Der Xylyl-Sulfoharnstoff geht bei der Destillation mit wasserfreier Phosphorsäure, gerade so, wie ich dies früher bei dem Diphenylsulfoharnstoff gezeigt habe, in das entsprechende Scnföl über. Durch Salzsäure wird der Sulfoharnstoff nicht verändert. Das aromatisch nicht unangenehm riechende Senföl des or-Xylidins ist bei gewöhnlicher Temperatur ein starrer Körper, der aber schon bei sehr niedriger Temperatur schmilzt. Ich habe bisher keine hin- reichende Menge dargestellt, um den Schmelz- und Siedepunkt mit Zuverlässigkeit bestimmen zu können. Doch will ich hier bemer- ken, dass ich ein Senföl schon früher aus dem von Hrn. Marti us und mir dargestellten Xylidin gewonnen hatte. Das Präparat war in meinen Noten als eine Flüssigkeit verzeichnet; als es aber bei dieser Gelegenheit mit dem aus reinem a -Xylidin dargestellten Senföl verglichen wurde, zeigte es sich, dass das Ol schöne äusserst leicht schmelzbare Krystalle abgesetzt hatte, ein hin- reichender Beweis, dass man damals mit einer Mischung von Xy- lidinen gearbeitet hatte. Dixylylguanidin, Die Entschwefelung des Sulfoharnstoffs mit Bleioxyd in Gegenwart von alkoholischem Ammoniak erfolgt mit grosser Leichtigkeit. Verdampft man die vom Schwefelblei abfil- trirte Flüssigkeit zur Trockene und krystallisirt alsdann mehrfach aus beissem Alkohol um, so erhält man feine^ weisse, in Wasser vom 19. Februar 1877. 53 vollkommen unlösliche Nadeln, welche bei 156—158^, aber wie es scheint nicht ohne Zersetzung schmelzen. In Säuren löst sich das Xylylguanidin auf; es bildet aber keine besonders gut krystallisir- ten Salze. Die Formel wurde durch die Analyse bestätigt: Theorie Versuch Cn 204 76.40 76.22 H.0 21 7.87 8.37 N3 42 267 15.73 100.00 — Auch in Gegenwart des Xylidins "wird die alkoholische Lösung des Sulfoharnstoffs durch Bleioxyd entschwefelt. Das so gebildete Trixylguanidin habe ich noch nicht näher untersucht. Nitracetxylidid, Die mehrfach erwähnte Acetverbindung wird in kleinen Portionen in eine abgekühlte Mischung von 5 Th. rau- chender und 1 Th. gewöhnlicher Salpetersäure eingetragen. Die auf Zusatz von wenig Wasser aus der Lösung gefällte krystallini- sche Masse liefert, aus siedendem Wasser krystallisirt, gelbliche Nadeln, welche nach mehrmaligem Umkrystallisiren den constanten Schmelzpunkt 172 — 173° zeigen. Auch aus Alkohol, in dem sie leichter löslich sind, lassen sie sich umkrystallisiren. Die Formel C6H,(CH3)2N03NH(C,H80) = CioHj^NjO, wurde durch die Analyse festgestellt: Theorie Versuch Kohlenstoff 57.69 57.75 Wasserstoff 5.77 5.83 Eine Bildung Isomerer bei der Einwirkung der Salpetersäure auf das Acetxylidid wurde nicht wahrgenommen. ^itroxylidin (Nitrmnidoxylol) entsteht aus der vorigen Verbin- dung, wenn dieselbe mit concentrirter Salzsäure gekocht wird, bis die Lösung eine tiefrothe Farbe angenommen hat. Setzt man als- 6* 54 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse dann Wasser zu, so scheidet sich eine krystallinische Masse aus, weiche beim Umkrystallisiron aus siedendem Wasser oder aus Al- kohol in schöne, orangerothe Nadeln von dem Schmelzpunkte 69° übergeht. Schwerlöslich in kaltem Wasser, viel leichter in kaltem Alkohol; Wärme erhöht die Löslichkeit in beiden. Das Nitro- xylidin ist der Salzbildung noch fähig, die Salze werden aber schon durch viel Wasser zersetzt. Von siedender {Natronlauge wird die Base nur äusserst langsam angegriffen. Die Formel ist C6H,(CH3),NOaNH, = CgHioNjOj: ► Theorie Versuch Kohlenstoff 57.83 57.74 Wasserstoff 6.02 6.09 Das aus dem Xy lidin dargestellte Nitroxylidin ist verschieden von zwei isomeren Nitroxylidinen^ welche beide durch partiale Amidi- rung von Dinitroxylolen erhalten wurden, das eine bei 123° schmel- zende einerseits von Lahmann ^), andererseits von Fittig, Ah- rens und Mattheides^) aus einem bei 93° schmelzenden dini- trirten Steinkohleuoxylol, das andere bei 96° schmelzende, von den drei letztgenannten Forschern aus einem bei 123.5° schmel- zenden Dinitroderivat des synthetisch erhaltenen Dimethylbenzols dargestellt. Xylendiamin (Diamidoxylol), Vermischt man Nitroxylidin mit einem Überschüsse metallischen Zinns und übergiesst die Mischung nach und nach mit Salzsäure, so erfolgt eine stürmische Reaction, die man durch Abkühlen massigen muss. Sobald die Einwirkung nachgelassen hat, erwärmt man, um den Process zu Ende zu führen. Die von dem unangegriffeneq Zinn abgegossene Flüssig- keit wird auf dem Wasserbade von dem Überschusse von Salz- säure befreit und mit Schwefelwasserstoff behandelt Die cntzinnte Lösung wird dann bis zur beginnenden Krystallisation eingedampft und mit Alkali versetzt, wodurch das Diamin in feinen glänzenden Blättchen ausgeschieden wird. Es bleibt eine nicht unerhebliche >) Luhmann, Ann. Chem. Pharm. CXLIV, 274. ') Fittig, Ahrens and Mattheides, Ann. Chem. Pharm. CXL VII 15. vom 19. Februar 1877. 55 Menge im Wasser gelöst, so dass es sich empfiehlt, die alkalische Flüssigkeit mit Äther aaszuschütteln. Durch Umkrystallisiren aus Wasser oder Alkohol, in welchen das Diamin leicht löslich ist, kann es vollkommen rein erhalten werden. Es stellt dann glän- zende ßlättchen oder feine, weisse Nadeln dar, welche bei 74 bis 75° schmelzen. In trockner Luft halten sich diese unverändert; in feuchter bräunen sie sich, aber lange nicht so schnell, wie die entsprechenden Derivate der Phenyl- und Toluylreihe. Das Diamin ist eine schwach alkalisch reagirende Base, welche krystallisirbare Salze bildet. Das salzsaure Salz namentlich ist gut krystallisirt; weniger leicht ist das Platinsalz in guten Krystallen zu erhalten. Die Analysen entsprechen genau der Formel: C6H2(CH3)2(NH2)a = CgHijNj Theorie Versuch I. II. c, 96 70.51 70.98 70.41 Hj2 12 8.81 8.82 9.12 N, 28 136 20.60 100.00 Das Diamidoxylol wurde zumal in der Hoffnung dargestellt, dar- aus einen chinonartigeu Körper zu gewinnen. Schon vor vielen Jahren habe ich gezeigt, dass Phenylendiamin (die aus Anilin durch Nitrirung und Amidirung dargestellte Modification von dem Schmelz- punkt 140^ und dem Siedepunkt 252^) durch Oxydation mit Leich- tigkeit in Chinon übergeht^). Oxydationsmittel wirken auch in der That mit Heftigkeit auf das Xylendiamin ein; es entstehen tief braunroth gefärbte Flüssigkeiten, allein es muss weiteren Versuchen vorbehalten bleiben, ob sich aus denselben ein Chinon isoliren lässt. Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass ein anderes Diamidoxylol bereits bekannt ist; es wurde von Luhmann^) und später genauer von Fittig, Ahrens und Mattheides^) beschrie- ») Uofmann, R. Soe. Proc. XII, 639. •«) A. a. O. ') A. a. O. 56 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse ben. Man hat es durch vollständige Reduction aus dem bei 93^ schmelzenden Dinitroxylol erhalten. Durch seinen Schmelzpunkt (152°) ist es hinlänglich von dem aus dem Xylidin dargestellten Körper unterschieden. Hr. A. W. Hof mann las ferner über: Oxydation aromatischer Acetamine mittelst Kalium- permanganat. Im Laufe einer eingehenderen Untersuchung der isomeren Xyli- dine, deren Erstlingsergebnisse der Akademie gleichzeitig vorliegen, mussten nacheinander die verschiedenen Reactionen studirt werden, mittelst deren sich diese Monamine entweder auf bekannte und, was ihre Stellung im Systeme anlaugt, wohl erforschte Körper oder wenigstens auf Substanzen zurückführen Hessen, welche man, von solchen bekannten Körpern ausgehend, auf einfachen Wegen erreichen konnte. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Ver- halten der Monamine zu Oxydationsmitteln einer erneuten Prüfung unterworfen. Lässt man Kaliumpermanganat direct auf Anilin einwirken^ so wird bekanntlich der Wasserstoff der Amidgruppe oxydirt und die Fragmente zweier Molecule treten zu Azobenzol zusammen. Ähnliches ist bei dem Toluidin beobachtet worden. Nach einigen vorläufigen Versuchen vollzieht sich auch bei dem Xylidin die Re- action in diesem Sinne. Wie aber, wenn man statt der Amine die acetylirten Derivate derselben zu oxydiren versuchte? Es ist allbekannt, dass sich diese Verbindungen in erwünschter Weise chloriren, bromiren und nitriren lassen, während die Amine selbst, der Einwirkung von Chlor, Brom und Salpetersäure unter- worfen, sehr tiefgreifende Veränderungen erleiden. War es nicht wahrscheinlich, dass die Acetgruppe die Stabilität dieser Verbin- dungen auch unter dem Einflüsse oxydirender Agentien erhöhen werde? vom 19, Februar 1877. bl Je höher gegliedert ein Amin, um 8o mannichfacher die Reihe der Verbindungen, welche durch Oxydation entstehen kann. Bei der Oxydation des Acetxylidids Hessen sich, je nachdem sich die Oxydation auf eine oder zwei Methylgruppen erstreckte, je nach- dem die Acetylgruppe dem Oxydationsproducte verblieb oder wäh- rend des Processes als Essigsäure austrat, folgende Säuren er- warten: 1 COOK Acetamidotoluylsäure CeHj } CH3 j NHCoHjO ^ COOK Amidotoluylsäure QH, } CH3 J NH. Acetamidophtalsäure C« COOK }v>uuri COOK NHCyHaO COOK Amidophtalsäure QH, } CO OH coc NH, Aus dieser Reihe ist bisher allerdings nur ein Glied, die Acet- amidophtalsäure, wirklich erhalten worden, allein die bereits beob- achteten Erscheinungen deuten unzweideutig darauf hin, dass es eich nur darum handelt, die Arbeit in grösserem Maassstabe aus- zuführen, um auch zu den übrigen Gliedern zu gelangen. Zum Versuche diente das schon in dem vorhergehenden Aufsätze mehrfach erwähnte Acetxylidid vom Schmelzpunkt 127 — 128°. Ver- setzt man die heisse, wässerige Lösung dieses Körpers mit einer concentrirten Lösung von Kaliumpermanganat, bis sich eine neu zugesetzte Portion erst nach einiger Zeit entfärbt, so giebt sich die Bildung einer Säure alsbald zu erkennen, wenn man zu der von dem Hyperoxyd abfiltrirten schwach alkalisch gewordenen Flüssigkeit Salzsäure setzt; augenblicklich scheidet sich eine weisse, krystallinische Masse aus, welche sich in Ammoniak oder verdünn- ter Natronlauge mit Leichtigkeit wieder auflöst. Allein die so gewonnene Substanz scheint ein Gemisch verschiedener Säuren zu sein, wahrscheinlich — hierfür sprechen einige Verbrennungen — TOD Acetamidotoluylsäure und Acetamidophtalsäure. Es gelingt aber, eine Scheidung zu bewerkstelligen, wenn man nach der Oxy- 58 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse datioD die Lösung mit Knpferacetat versetzt; alsdaon föllt ein un- lösliches, hellblaues Kupfersalz, während die blaugefärbte Lösung ein anderes Salz enthält^ dessen Säure durch die Einwirkung einer Mineralsäure ausgeschieden wird. Suspendirt man das unlösliche Kupfersalz nach dem Waschen in Wasser und zerlegt es dann mit Schwefelwasserstoff, so scheiden sich aus der über dem Kupfer- sulfid stehenden Flüssigkeit Krystalle ab; eine weitere Menge er- hält man durch Auskochen des Sulfids mit Alkohol. Die so gewonnene Säure ist äusserst schwer löslich selbst in siedendem Wasser, sie ist leichter löslich in Alkohol. Aus einer siedenden Mischung beider lässt sie sich in schönen, kleinen, weissen Krystallen erhalten. Die Säure schmilzt leider nicht ohne Zer- setzung — diese erfolgt zwischen 270 und 280° — so dass man auf dieses wichtige Kriterion der Reinheit verzichten musste. Das zur Analyse zu verwendende Präparat konnte daher nur durch mehrfaches Umkrystallisiren gereinigt werden. Die Analyse ergab, dass sich die in Rede stehende Substanz einfach durch Oxydation der beiden in dem Xylidin vorhandenen Methylgruppen gebildet hatte; das in der Amidgruppe befindliche Acetyl war durch den Oxydationsprocess nicht verändert worden. ^ CH3 ^ COOK QH, CH3 CaH, COOK J NH(C,H,0) j NH(C,H,( CH3 1 COOK iO) Die Formel der Acetamidophtalsäure CioHaNOj verlangt folgende Werthe: Theorie Versuch L II. lU. Cio 120 53.81 53.65 53.62 He 9 4.04 4.50 4.26 N 14 6.27 — 6.42 O5 80 35.88 — — 223 100.00 vom 19, Februar 1877. 59 Es ist bis jetzt nicht gelungen, die Acetgroppc aus dieser Säure zu entfernen, um eine Am idophtal saure zu gewinnen. Die Säure l»8st sich längere Zeit mit concentrirter Salzsäure kochen, ohne sich zu verändern. Schliesst man sie mit Salzsäure ein, so geht Auch bei 120° noch keine Umsetzung vor sich. Bei Itöherer Tem- peratur, in der Nähe von 200°, erfolgt nun allerdings Zersetzung, allein nicht mehr in der erwünschten einfachen Form. Erheblicher Druck in den Röhren, von Kohlensäure herrührend, deutet eine tiefer gehende Umbildung an. Das Froduct scheint eine Amido- henzoesäure zu sein; in einzelnen Fällen lintte sich sogar etwas Anilin gebildet. Man kann sich vorstellen, dass die in erster In- stanz gebildete Amidophtalsäure sich unter Abspaltung eines oder zweier Molecule Kohlensäure weiter zersetzte. Ich habe mir vor- genommen später, wenn mir grössere Mengen der Acetamidophtal- säure — die Ausbeute ist gering, da offenbar erhebliche Mengen Acetxylidid vollständig verbrannt werden — zu Gebote stehen, diese Reaction noch einmal etwas eingehender zu studiren. Auch der Versucli das erste Oxydationsproduct des Acet- xylidids, die Acetamidotoluylsäure und daraus die Amidotoluylsäure zu gewinnen, hat bis jetzt nicht gelingen wollen. Versetzt man eine abgewogene Menge des Xylidids mit etwa der Hälfte von Per- manganat, welche zur Erzeugung der Acetamidophtalsäure nöthig ist, so bleiben beträclitliche Mengen des Xylididr< unangegriffen, und man erhält eine Säure, welche sich von der Acetamidophtal- säure wesentlich, zumal durch ihre grössere Löslichkeit in Wasser, unterscheidet. Ich halte diesen Körper für die gesuchte Acelami- dotoluylsäure; die Reindarstellung ist aber wesentlich durch den Umstand erschwert, dass auch diese Säure keinen Schmelzpunkt zeigt. Zur näheren Feststellung der Natur dieses Oxydations- productes sind daher noch weitere Versuche nöthig. Die Lückenhaftigkeit dieser Resultate ist Veranlassung ge- wesen, die Reaction, um die es sich hier handelt, unter einfacheren Bedingungen zu wiederholen. Oxydirte sich das Acettoluidid in ähnlicher Weise, so musste eine Acetamidobenzoesäure entstehen, aus welcher man eine bekannte Amidobcnzoesäure zu erhalten hoffen durfte. Dies hat sich denn auch bestätigt. Behandelt man das Oxydationsproduct des Acetparatoluidids (Schmelzpunkt 145^) mit Kupferacetat, so gewinnt man aus dem Kupferniederschlag mittelst Schwefelwasserstoff eine in Wasser schwer, in Alkohol 60 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse leichter lösliche Säare, welche iu schönen Nadeln krystallisirt. Diese bei ungefähr 250^, allerdings unter partialcr Zersetzung, schmelzende Säure ist in der Tbat Acetamidobenzoesäure ent- standen durch Oxydation der Metbylgruppe in dem Toluidin. Der Formel C9H9NO, entsprechen folgende Werthe: Versuch Theorie I. 11. c. 108 60.34 60.20 60.51 H, 9 5.03 5.47 5.10 N 14 7,82 — — 0, 48 26.81 179 100.00. Das Ammoniumsalz der Säure liefert mit Silberacetat einen krystallinischen Niederschlag, welcher in Wasser ziemlich löslich ist. Aus siedendem Wasser wurden feine, oft zoUiange Nadeln er- halten. Der Formel entsprechen: P „ fCOOAg ^*"MNH(CaH,0) Theorie Versuch Silber 37.76 37.75. Die Acetamidobenzoesäure ist isomer mit der Hippursäure; noch näher steht sie der von Förster^) entdeckten Acetometamido- benzoesäure, welche sich bei der Behandlung von metamidobenzoe- saurem Zink mit Chloracetyl bildet. Die aus dem Acettoluidid durch Oxydation dargestellte Säure begiebt sich der Acetgruppe viel leichter als das entsprechende Derivat des Acetxylidids. Man braucht in der That nur einige I u ») Forster, Chem. Soc. Qu. J. XIII, 225. vom 19, Februar 1877. 61 Zeit mit Salzsaure zu kochen, um salzsaure Paramidobenzoesäure zu erbalton. Die aus der salzsauren Verbindung gewonnene Para- midobenzoesäure zeigte den bekannten Schmelzpunkt 186 — 187°. Die Möglichkeit, die acetylirten Derivate der aromatischen Basen durch Kaliumpermanganat in entsprechende Amidosauren überzuführen, dürfte für die Untersuchung der höheren Homologen des Anilins und zumal auch für andere organische Basen von eini- gem Interesse werden. Schon heute will ich anführen, dass sich auch das Acetderivat des Mesidins mit Leichtigkeit durch Kalium- permanganat oxydiren lässt. Was hier zu erwarten steht, ist durch die Theorie unzweifelhaft angedeutet. Eine Schwierigkeit, welche der Oxydation mit Kaliumperman- ganat anhaftet ist diese, dass in der Regel eine erhebliche Menge der Substanzen vollständig verbrannt wird^ so dass man verhalt- nissmässig geringe Ausbeuten erhält. Schliesslich mag hier noch darauf hingewiesen werden, dass andere als Acetylderivate der Amine von dem Kaliumpermanganat ebenfalls mit Leichtigkeit angegriffen werden. Die HIL Scheele und Townsend Austen haben im hiesigen Laboratorium bereits ähnliche Versuche mit dem Aethenyltoluylendiamin des Hm. Hob- recker, Hr. Michael mit dem Ph talsäure- Derivate des Toluidins angestellt; ich selber beschäftige mich mit der Oxydation von Sulfoharnstoffen und Senfölen. Schon jetzt lässt sieh mittheilen, dass sich in diesen Reactionen zahlreiche neue Verbindungen bil- den, deren Studium indessen noch nicht zu einem befriedigenden Abschlüsse gekommen ist Auch bei Ausführung der in diesem sowohl als auch in dem vorhergehenden Aufsatze beschriebenen Versuche hat mich Hr. Jo- seph Conen mit ebenso grossen Eifer als Geschick unterstützt; ich bin demselben für seine werthvolle Hülfe zu bestem Danke verpflichtet. 62 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. A. W. Hof mann las ferner: Zur Kenntniss des Chrysoidins. Während der Ausarbeitung des Artikels: Anilinfarben für den Bericht über die Entwicklung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehends, wurde meine Aufmerksamkeit durch Hrn. Dr. Martins auf einen neuen orangerothen Farbstoff gelenkt, wel- cher unter dem Namen y,Chrysoidin^ seit Mitte des vorigen Jahres von der Firma Williams, Thomas und Do wer in London auf den Markt gebracht, aber, wie es scheint, auch bereits von einigen continentalen Fabriken dargestellt wird. Da ich in der Litteratur keine nälieren Angaben über diese Substanz auffinden konnte, so wurden zur Ermittelung ihrer Natur einige Versuche angestellt, welche zu folgenden Ergebnissen geführt haben. Der Farbstoff, den ich von Hrn. Martins erhielt, ist eine schön-krystallisirte Substanz, welche alle Charaktere eines chemi- schen Individuums an sich trägt. Er besteht aus theilweise ziem- lieh gut ausgebildeten Krystallen von erheblichen Dimensionen mit stark glänzenden Flächen, so dass sich die Form ohne grosse Schwierigkeit wird bestimmen lassen. Im reflectirten Lichte er- scheinen sie schwarzgrau und zeigen einen ins Grünliche spielen- den Metallglanz^ allein in geringerem Grade als die Mehrzahl der Anilinfarben. Im durchfallenden Lichte erscheinen dünne Ery stalle tiefroth gefärbt, dickere Kry stalle sind undurchsichtig. Zerrieben bilden sie ein rothes Pulver. Die Krystallc lösen sich ziemlich reichlich in kaltem, noch reichlicher in siedendem Wasser, mit Leichtigkeit in Alkohol. In Äther sind sie unlöslich. Die heiss gesättigten Lösungen erstarren beim Erkalten, zumal wenn etwas Säure zugesetzt wird, zu einer Gallerte, welche aus einer verfilzten Masse haarfeiner Nadeln besteht. Häufig ist diese Masse von grösseren Krystallen, wie sie oben beschrieben wurden, durchsetzt. Wenn man verdünnterc Lösungen, zumal in Gegenwart einer ge- wissen Menge Salzsäure krystallisiren lässt, so gelingt es oft aus- schliesslich ausgebildetere, grauschwarze Krystalle zu erhalten, welche sich indessen gewöhnlich nadeiförmig aggregiren. Am leichtesten entstehen gut ausgebildete Krystalle^ wenn man die krystallinische Masse in heissem Alkohol löst und die Lösung mit concentrirter Salzsäure versetzt. Die Lösungen sind tief orauge- b' roth gefärbt und zeigen eine bemerken swerth tinctoriale Kraft. vom 19. Februar 1877. 63 Auf Zusatz von Salzsäure nehmen sie einen Stich ins Carmoisin- rotlie an. Der in dem Handel vorkommende Farbstoff ist ein nahezu reiner Körper. Die Analyse, mit dem einmal umkrystallisirten, bei 100° getrockneten Product angestellt, zeigte, dass hier ein Chlorhydrat von der einfachen Formel vorlag. f c» H|.j ,No HCl »• Theorie. Versuch. I. II. III. IV.»] Cij 144 57.94 57.49 — — — H„ 13 5.23 5.66 — — — N, 56 22.54 — 22.34 Cl 35.5 248.5 14.29 100.00. 14.37 14.04 Diese Formel fand in der Analyse eines schonen, carmoisin- rothen Platinsalzes, welches durch Fingiessen von Platinchorid in eine warme verdünnte, wässerige Lösung des käuflichen Chlor- hydrats erhalten wurde, Bestätigung. Der Formel 2(C„H„N4,HCl),PtCl4 entsprechen 23.6 pCt. Platin. Die Analyse des bei 100° getrock- neten Salzes ergab 23.76 pCt. Platin. Die in dem Chlorhydrat enthaltene Base lässt sich mit Leich- tigkeit, sowohl durch Natronlauge als auch durch Ammoniak in Freiheit setzen. Sie scheidet sich als eine hellgelbe, flockige Masse aus, welche in Wasser schwer, leichter in Alkohol und Äther lös- lich ist. Sie krystallisirt lange nicht so leicht, wie ihre Salze. Die besten Krystalle werden beim langsamen Erkalten einer sie- denden wässerigen Lösung erhalten. Auf diese Weise bilden sich kleine Krystallfäden, welche sich gewöhnlich in einer sehr cha- racteristischen Weise halbkreisförmig umbiegen. Die Base schmilzt bei 110°. Mit Salzsäure erzeugt sie wieder das ursprungliche Salz. >) In lU wurde das Chlor durch Glühen mit Kalk, in IV nach dem Ausfallen der Base mittelst Ammoniak durch directe Fällung mit Silbemitrat bestimmt. G4 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Mit Salpetersäure entsteht ein ganz ähnliches, in rothen Na- deln krystallisirendös Nitrat. Versucht man die oben gegebene Formel zu interpretiren, so ist man zunächst auf ein diamidirtes Azobenzol hingewiesen: C,3HsCNH,)2N,= Ci,Hi,N,. Hiermit treten aber auch alsbald Beziehungen zu wohlbekann- ten Körpern zu Tage, nämlich zu dem einfach amidirten und drei- fach amidirtcn Azobenzol, welche beziehungsweise das von den IUI. Griess und Martius^) studirte Anilingelb und, nach Griess und Caro^), den Hauptbestandtheil des von Hrn. Martins ent- deckten Phenylenbrauns darstellen. Monoamidoazobenzol CiaH9(NHv) N2 = CuHuNj Anilingelb. Diamidoazobenzol Ci2H8(NHa)aN2 = CiaHuN* Chrysoidin. Triamidoazobenzol Ci2H7(NH3)jN3 = C13H13N5 Phenylenbraun. Der neue Farbstoff liegt also zwischen den beiden altbekann- ten geradezu in der Mitte, und in der That stellt sich auch die Tinte des ChrysoTdins zwischen die des mono- und triaraidirten Azobenzols. Auch der Habitus des ChrysoTdinchlorhydrats erinnert lebhaft, sowohl im Aussehen der Krystalle, als auch durch das Rothwerdeu der Lösungen auf Zusatz von Säuren, an die Mono- amidoverbindung. Nach diesen Andeutungen schienen verschiedene Wege zur Darstellung des Chrysoi'dins vorgezeichnet. Ein Diamidoazobenzol war bisher nicht bekannt; wohl hielt man früher das von Ger- hardt und Laurent entdeckte, durch Amidirung des Dinitroazo- benzols erhaltene Diphenin für Diamidoazobenzol, allein Fräu- lein Lermontoff^) hat vor einiger Zeit durch eine im hiesigen Laboratorium ausgeführte Untersuchung gezeigt, dass das Diphenin nicht Gi3Hi)N4 sondern CiaHnNi, also die Hydroverbindung ist. Wenn man bedenkt, wie leicht 1) Martius und Griess, Monatsber. der Berl. Akad. 1865, 633. ') Griess und Caro, Zeitschr. für Chem. 1867, 278. ') Lermontoff, Ber. Chem. Ges. 1872, 231. vom 19. Februar 1877, G5 Hydrazobenzol durch Oxydation, selbst an der Luft, in Azobenzol verwandelt wird, so lag der Gedanke nahe, das ChrysoTdiu durch Oxydationsmittel aus dem Diphenin zu gewinnen. Dieser Versuch ist indessen ohne Erfolg geblieben. Ein zweites, bereits bekanntes, hydrirtes Diamidoazobenzol ist das von Haarhaus ^) durch Reduction des Nitranilins (vom Schmelzp. 108^) mittelst Natriumamalgam gewonnene, sogenannte Hydrazoanilin. Allein auch diese Verbindung geht bei der Ein- wirkung von Oxydationsmitteln nicht in Chrysoidin über. Einen besseren Erfolg schien die directe Anlehnung an die Darstellungsweise des Monoamido- und Triamidoazobenzols zu ver- sprechen. Erstere Verbindung, das Anilingelb^ wird bekanntlich durch die Einwirkung der salpetrigen Säure auf Anilin, letztere, das Phenylenbraun, durch Behandlung des Phenylendiamins, und zwar der durch Reduction des Dinitrobenzols vom Schmelzpunkt 86^ gewonnenen Modiiication, mit demselben Agens, erhalten. 2C6H,N -+- HNO, = CiaHnNa + 2H,0 2C6H8N, 4- HNO, = C„H„N5 -+- 2U^0. Das Chryso'idin konnte das Product der Einwirkung der sal- petrigen SSure auf eine Mischung von Anilin und Phcnylendiamin sein, entstanden nach der Gleichung '!!'m 1 -^ HNO, = C,,II„N4 -^ 2H,0. G Der Versuch schien diese Voraussetzung bestätigen zu wollen. Denn als ein Strom von salpetriger Säure durch die Mischung von Anilin und Phcnylendiamin strich, nahm die Lösung alsbald die charakteristische, tiefrothe Färbung der Chrysoidinsalze an; allein obwohl der Versuch in mehrfacher Weise abgeändert wurde, indem man mit Losungen von verschiedenen Goncentrationsgraden und bei verschiedenen Temperaturen arbeitete, auch statt der freien Sfiure Nitrite anwendete, so gelang es doch nichts auf diese Weise Krystalle aus GhrysoTdin darzustellen. Stets bildeten sich Gemenge von Anilingelb und Phenylenbraun und der Grund ist nicht schwer einzusehen. Das Phcnylendiamin ist so ausserordentlich empfind- >) Haar haut, Ann. Chem. Pharm. CXXXV, 162. G6 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse lieh gegen salpetrige Säure, dass es in Phenylenbraun übergegangen ist, ehe noch das Anilin angefangen hat, sich zu verändern. Hiermit war aber auch der Weg angedeutet, den Versuch in der geeigneten Weise zu inodificireu. Leitet man einen Strom von salpetriger Säure durch eine alkoholische Lösung von Anilin, so setzen sich, wie man aus den schönen Untersuchungen von Griess -weiss, bald Erystalle von Diazoamidobenzol ab, welche theilweise in das isomere Araidoazobenzol übergehen. Versetzt man die Flüssigkeit in diesem Stadium mit Phenylendiamin, so verändert sich die Farbe derselben nicht; fährt man aber mit dem Einleiten fort, bis die Anfangs gebildeten Krystalle sich wieder lösen^ so entsteht auf Zusatz einer wässerigen Lösung von Phenylendiamin alsbald die tief orangegelbe Färbung des GhrysoTdins. Am auffal- lendsten gestaltet sich der Versuch, wenn man die durch den Überschuss von salpetriger Säure dunkelgewordene Flüssigkeit mit Wasser vermischt und in die auf diese Weise nahezu farblos ge- wordene Lösung Phenylendiamin cingiesst. Augenblicklich erfolgt die tiefroth(; Färbung und es setzen sich, wenn die Lösungen einigcrmassen conccntrirt sind, auch sehr bald Kr^'Stalle von saU petcrsaurem ChrysoVdin ab. Die mit überschüssiger salpetriger Säure behandelte, alkoholische Lösung von Anilin enthält aber salpetorsaures Diazobenzol und es war mithin die Reaction nach der Gleichung: C6II4N,, HNO3 -h CeHgN, = C„H,aN„ HNO, verlaufen. In der That lieferte denn auch auf die gewöhnliche Weise durch Auf leiten von salpetriger Säure auf einen Krystall- brei von Anilinnitrat bis zur Lösung dargestelltes salpetersaures Diazobenzol auf Zusatz von Phenylendiamin sofort in reichlicher Menge einen tiefrothen Niederschlag von Chrysoidinnitrat. Der- selbe wurde durch mehrfaches Umkrystallisiren aus siedendem Wasser gereinigt und schliesslich die Base mittelst Ammoniak aus der heissen Lösung des Nitrats abgeschieden. So wurde eine' gelbe krystallinische Masse erhalten, welche alle Eigenschaften der aus dem Handelsproduct gewonnenen zeigte. Namentlich wurden beim Umkrystallisiren aus siedendem Wasser wieder die eigen- thümlich gekrümmten Krystalle beobachtet. Zum Überfluss wurde die Base in das Ghlorhydrat übergeführt^ und aus diesem ein dem schon oben beschriebeneu vollkommen ähnliches Platinsalz dar- vom 19, Februar 1877. G7 gestellt, welches bei der Analyse 23.77 pCt. Platin gab, die Theorie verlangt 23.60 pCt. In der Darstellung des ChrysoVdins hat die Farbeniiidastrie in glücklichster Weise eine Reaction verwerthet, auf welche Griess im Laufe seiner klassischen Untersuchungen über die Diazokörper bereits mehrfach hingewiesen hat. Aus diesen Untersuchungen weiss man, dass die Diazoverbindungen Amine und Amide fixiren. So entsteht durch die Anlagerung von Anilin an das Diabenzol das Anilingelb, durch Anlagerung von Amidobenzoesaure eine aus gleichen Moleculen zusammengesetzte Verbindung beider Körper. Mit Diaminen scheint indessen Griess keine Versuche angestellt zu haben. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass man eine ganze Reihe von dem ChrysoTdin analogen Farbstoflfen ge- winnt, wenn man nach dem oben angegebenen Verfaliren andere Monamine und Diamine miteinander vereinigt, wenn man also statt des Phenylendiamins, Toluylendiamin und andere Diamine auf Diazobenzol einwirken lässt und wenn man auch überdies das Diazotoluol, Diazoxylol etc. in Mitleidenschaft zieht. Von den zahlreichen so bildbaren Körpern ist beispielsweise einer etwas näher untersucht worden, nämlich der durch Behandlung von Dia- zotoluol (aus Paratoluidin dargestellt) mit Toluylendiamin vom Schmelzpunkt 99° gewonnene. Was die Darstellung dieser Ver- bindung anlangt, so genügt es auf das, was über das Cbrysoifdin gesagt worden ist, hinzuweisen. Der der Toluylreihe angehörige Farbstoff ist womöglich noch schöner als das Chrysoidin. Jeden- falls ist die Krystallisationsfähigkeit der Salze, ganz besonders aber der freien Base eine entschieden grössere. Die durch wässe- riges Ammoniak aus der siedenden, alkoholischen Lösung des Chlorhydrats ausgeschiedene Base krystallisirt beim Erkalten der Flüssigkeit in schönen orangegelben, gewöhnlich sternförmig giup- pirten Nadeln vom Schmelzpunkt 183°. Die Base ist leicht lös- lich in Alkohol und Äther, fast unlöslich selbst in siedendem Wasser. Um die Zusammensetzung des in schönen rothen Nadeln kry- stalli sirenden Ghlorhydrats CuHieN* . HCl durch eine Zahl fesUustellen, wurde das Platinsalz dargestellt. [1877] ^ 68 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Es gleicht dem des Chrysoidins^ nimmt aber beim Trocknen im Wasserbade eine ziemlich dunkele Farbe an. Das bei 100° ge- trocknete Salz enthält 21.95 pCt. Platin. Ein der oben für das Cfalorhydrat gegebenen Formel entsprechendes Flatinsalz verlangt 22.12 pCt. Platin. Noch mag hier eine Beobachtung Platz finden, welche ge- legentlich dieser Versuche mehrfach gemacht wurde. Das isomere Phenylendiamin, welches man durch weitere Amidirung des aus Anilin dargestellten Nitranilins erhält, liefert beim Zusammentreffen mit Diazobenzol keine Spur eines Farbstoffes. Es knüpfen sich an diese Beobachtungen einige Folgerungen, auf welche ich bei einer andern Gelegenheit zurückzukommen denke. Das dritte Phe- nylendiamin stand mir leider im Augenblick nicht zur Verfügung Ich kann diese Mittheilung nicht schliessen, ohne mit lebhaf- tem Danke der umsichtigen und werkthätigen Hülfe zu gedenken, welche mir Hr. Dr. R. Bücking, ein auf allen Gebieten der Tinctorial-Chemie erfahrener junger Chemiker, bei der Ausführung der beschriebeneu Versuche geleistet hat Hr. W. Peters las über Bhinoceros inermis Lesson. Das zoologische Museum zu Berlin erhielt im Jahre 1836 mit der von S. M. dem Könige Friedrich Wilhelm HI. für 6000 Thlr. angekauften Sammlung des französischen Reisenden Lamare Pi- quot ein weibliches Nashorn mit seinem Jungen von einer Insel am Ausflüsse des Ganges. Bereits im Jahre 1831 hatte eine wissen- schaftliche Commission der Pariser Akademie, bestehend aus Geof- froy-Saint-Hilaire, Dumeril und Cuvier, in ihrem Bericht über die Sammlungen von Lamare Piquot auf dieses Nashorn aufmerksam gemacht: „Ce qu'il y a de plus remarquable dans cette classe (des Mammiferes), c'est un rhinoceros sans corne, dont les OS du nez, quoique aussi robustes que dans le reste du genre, pa- raissent n^avoir point port^ Tarmure, qui leur est ordinaire; la mere vom 19, Februar 1877, 69 et le petit 8*y trourent, en sorte que Ton peut croire que c'esf au moins ud caractere de race on une variete hereditaire; mais tout le reste des particularites de ces individus, les tubercules qui re- couvrent leur peau, le nombre et la direction de ces replis, semble mnnoncer qu^ils appartiennent a Tespece qae Tan de nous a fait connaitre soas le nom de rhinoc^ros de Java^. (Ferussac, Bul- letin des Sciene, Natur, et d. Geologie, 1831. vol. XXVI. p. 181.) Die Exemplare wurden unter diesem Namen, Rhinoceros javanicus^ io der Sammlung aufgestellt und die Schädel von Joh. Mulier, wie man aus seiner Handschrift erkennt, ebenso bezeichnet. Da das hiesige zoologische Museum noch sehr arm an diesen Thieren ist and noch nichts von den fünf anderen bekannten Arten, nicht einmal das am längsten bekannte indische, Eh, unicomis, besitzt, blieb die Frage^ ob das Lamare Piquot^sche und das Nashorn der Insel Java wirklich identisch seien, unerörterf, obgleich Lesson das Lamare Piquot*8che Rhinoceros als eine neue Art, mit dem Namen Rh, inermis (ßomplement aux oeuores de Buffon, 2. ed. 1838. p. 514*)) bezeichnet hatte. Vor kurzem wurde ich von unserem verehrten Mitgliede, Hrn. Gebeimerath von Brandt in St. Petersburg aufgefordert, ihm über die Lamare Pi quo tischen Exemplare genauere Auskunft zu geben. Dieses hat mich zu einer genaueren Untersuchung und na- mentlich zu einer Vergleichung derselben mit dem javanischen Rh, sondaicus Cuv. veranlasst. Leider besitzen wir, wie erwähnt, keine Haut eines aus Java stammenden Nashorns, so dass eine directe Vergleichung des Ausseren zwischen diesem und dem bengalischen Lamare Piq not' sehen mir nicht möglich ist^). Dagegen besitzt ^) Ich verdanke dieses Citat meinem Freunde, Hrn. Ph. L. Sclater. Vor 1938 scheint dieser Name nirgends vorzukommen. Blainville's An- gabe {Osteo^raphie. Rhinoeiros, p. 73), dass dieser Name von Lamare Pi- qnot im Jonmal le Temps, 1833. Oct. 5. No. 1448 bereits aufgestellt sei, finde ich nicht richtig; wenigstens findet sich an der citirten Stelle zwar ein Bericht ober ein nach Paris gekommenes lebendes Nashorn und einige allge- meine Bemerkungen, aber keine Erwähnung der Exemplare von Lamare Pi quot ') Hr. Gebeimerath von Brandt hat die Güte gehabt, mir die Abgüsse der Hautlidcker des Rh, aondaicua zu senden, von dem das Petersburger Mu- seum zwei Felle und zwei Skelete besitzt. Diese stimmen in der Form mehr 6' 70 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse das zoologische Museum drei Schädel (von Nagel, Ploem und von Märten s) aus Java zur Vergleichung mit denen aus der Lamare Piquot'schen Sammlung. In dem Gebiss stimmen Rh. inermis Lesson und Rh, sondaicus Cuv. miteinander so überein, dass die geringen Unterschiede, welche man bemerken kann, nicht über die individuelle Variation hinaus- gehen, wie sie durch mehr oder weniger AbgeschlifFensein der Kau- flächen hervortritt; selbst die auffallend grössere Länge des oberen vorderen Schneidezahns bei Rh. inermis (vgl. Taf. 1. Fig 1 und Ib mit Taf. 3. Fig. 3 und 3b) ist hierauf zurückzuführen. ' Auf die Eigenthümlichkeiten dieses Gebisses hat Professor Flower in einer vortrefflichen Abhandlung über die Schädel- und Zahncharactere der Nashorner aufmerksam gemacht (Proc. Zool. Soc. Lond. 1876. p. 446). Auch in Bezug auf den Schädelbau stimmen Rh. inermis Les- eon und Rh. sondaicus Cuv. zwar am meisten mit einander über- ein, sind aber doch in manchen mehr oder weniger wichtigen Puncten von einander verschieden. Von oben betrachtet erscheint der Schädel von Rh. inermis an der Basis des Schnauzentheils flacher und breiter und die Gegend der Nasenbeine länger. Im Profil gesehen ist die apertura nasalis sowohl vorn als hinten höher, der sich mit dem Zwischenkiefer verbindende Fortsatz des Oberkiefers kurzer, das Foramen infra- orbitale über dem zweiten und nicht über dem ersten Backzahn befindlich, das Foramen lacrymale einfach und nicht durch eine Längsbrücke getheilt, das Os lacrymale merklich kürzer, der Joch- bogen kräftiger und höher, die den äusseren Gehörgang umgebende mit denen überein, welche Rh. unicornis (Sciater, Trans. Zool. Soc. IX. Taf. XCV) und das von Ja m räch gekaufte weibliche Exemplar eines ein- börnigen Rhinoceros (mit wohl entwickeltem Hörn) des Berliner zoologischen Gartens zeigt, welches letztere aas dem District Munipore stammen soll (Sclater 1. c. p. 650). Die Hauthöcker des alten weiblichen Rh. inermis Les- son des Berliner Museums zeigen dagegen mehr die polygonale Gestalt, wie man sie in der Abbildung des Rh. sondaicus von Sclater (I. c. Taf. XCV I) und an den beiden lebenden Exemplaren von Rh. vnicornis des Berliner zoo- logischen Gartens sieht. Hr. Sclater theilt mir noch brieflich mit, dass in den Sunderbunds ein Rhinoceros vorkommt, dessen Weibchen hornlos sein soll. i "%. — **» J» \->«-^-,- ^ \ vom 19. Februar 1877. 71 Grube lange nicht so hoch hinaufsteigend wie bei Bh. soiidaicus. Die Hinterhauptbasis fehlt leider an beiden Schädeln von Rh, inermis^ so dass eine directe Vergleichung dieser Theile nicht möglich ist; nach der Abbildung von Flower (1. c. p. 447, welche als Rh. iner- mis, nicht als Rh. sondaicus zu bezeichnen ist) scheint sie aber der von Rh. sondaicus sehr ähnlich zu sein. Aufifallende Unterschiede fin- den sich dagegen in der Gaumengegend. Der Gaumen ist flach, bei Rh. sondaicus dagegen von einer Seite zur anderen stark concav, hinten viel weniger ausgeschnitten, so dass der hintere Gaumenrand nicht zwi- schen dem drittletzten, wie dieses schon Cuvier von Rh. sondaicus angegeben hat (Oss. foss. 3. ed. II. I. p. 34), sondern zwischen dem vorletzten Backzahnpaar gelegen ist und der horizontale Theil der Gaumenbeine doppelt so lang wie breit, bei Rh. sondaicus nicht länger als breit ist. Die Entfernung des vorderen Randes der Gaumenbeine von der Fissura incisiva ist nur wenig grösser als die von dem hinteren Gaumenrande, während dieselbe bei Rh. son- daicus mehr als doppelt so gross ist. Das hintere Ende der Fis- sura incisiva liegt zwischen, bei Rh. sondaicus dagegen noch vor den vordersten Backzähnen. Das freie Ende der Ossa pterygoidea ist bei Rh. inermis^ wie dieses auch auf der Zeichnung Flower's (I.e. p. 447) sich zeigt, verdickt, bei Rh. sondaicus aus Java dagegen zu- sammengedruckt spitz, während das freie Ende der Processus ptery- goidei externi bei einem Exemplar von diesem letzteren mehr dem von Rh. unicornis, bei einem anderen dem von R. inermis sich ähnlich zeigt. Am Unterkiefer ist mir am auffallendsten, dass bei Rh. inermis der Endtheil an seiner Oberseite flach, nicht concav und in seiner Richtung horizontaler ist, dass ferner die Gegend vor dem Gelenk- höcker flacher und weniger ausgehöhlt, und der flache grosse Höcker hinter dem Gelenkfortsatz bei Rh, inermis eine scliiefe, bei Rh. son- daicus dagegen eine mehr senkrechte Richtung hat. Erklärung der Abbildungen. Taf. 1. Schädel von Rhinoceros inermis Lesson. Ausgewachsenes Weibchen aus der Sammlung von Lamare Piquot; vom Ganges. Taf. 2. Schädel von Rhinoceros inermis Lesson. juv. ; Fig. 2c einige Haut- tuberkeln von der Schultergegend desselben. Taf. 3. Schädel von Rhinoceros sondaicus Cuvier. Durch Nagel aus Java. 72 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Hr. du Bois-Reymond legte folgende Mittheilung von Hrn. Prof. Franz Boll in Rom vor. Zu meiner unter dem 11. Jan. der Akademie eingesandten Mittheilung sei mir gestattet einige Zusätze zu machen. I. Die constant sonnigen Tage der zweiten Januarhälfte haben mir erlaubt mit grösserer Genauigkeit als in den früher ange- stellten Versuchen die Zeiten zu bestimmen, in denen das Sehroih durch das Sonnenlicht verzehrt wird und in der Dunkelheit sich wiederherstellt. Bringt man ein Dutzend Frösche gleichzeitig aus der vollkommenen Dunkelheit in der Sonne ausgesetzte Glasgefasse und untersucht von fünf zu fünf Minuten je ein Augenpaar, so stellt sich heraus, dass schon nach den ersten fünf Minuten ein starkes Abblassen des Sehrothes stattgefunden hat; nach 10 Minu- ten ist nur noch ein schwacher Schimmer der rothen Farbe nach- zuweisen; nur sehr selten ist dieser Schimmer auch nach 15 Mi- nuten noch vorhanden: gewöhnlich ist nach dieser Zeit die Retina bereits vollkommen farblos; nach einer halben Stunde war endlich niemals mehr eine Spur der ursprünglichen Färbung nachzuweisen und die absterbende Retina zeigte keinen gelblichen sondern einen rein weissen Atlasglanz. — Ganz dieselben Versuche wurden gleich- zeitig an einem nach Norden gelegenen Fenster des Laboratoriums angestellt und ergaben das Resultat, dass bei diffusem Tageslicht zur vollständigen Entfärbung der Retina das 2— 3 fache der für das direkte Sonnenlicht gefundenen Zeit erforderlich ist. — In einer anderen Versuchsreihe wurde endlich ein Dutzend Frösche, die länger als eine Stunde der Wirkung des direkten Sonnenlichtes ausgesetzt gewesen waren, in die absolute Dunkelheit zurückge- bracht und folgweise untersucht. Die ersten Spuren einer wieder- kehrenden Röthung traten bei diesen Fröschen niemals vor einer Stunde ein und waren auch noch nach 1^ Stunden meist nur noch sehr schwach; nach Verlauf von zwei Stunden war jedoch bereits wieder meist eine sehr intensive Färbung vorhanden. II. Ich habe nunmehr die Untersuchung der monochromati- schen Blendung ausgeführt, wobei jedoch zu bemerken ist, dass ich mich bei diesen Versuchen noch nicht wirklich monochromatischen Lichtes bedienen konnte, sondern dieselben mehr oder weniger fehler- haften Gläser anwenden musste, die zu den ersten Versuchen bei mitt- vom liL Februar iS77. 7.*J lerer Liclitintensitüt gedient hatten (S. oben S.2). Diese Versuche er- gaben folgende Resultate: 1) Auch bei bis zu mehreren Stunden furt- gesetzter Einwirkung intensivsten rothen und gelben Lichtes erhält sich die rothc Farbe der Retina, jedoch mit dem (in den bei mitt- lerer Helligkeit ausgeführten Versuchen kaum merkbaren) Unter- schiede, dass sie in dem rothen Lichte noch intensiver und dunkler, ^rothbraun^ ja fast braun wird, während sie im gelben Lichte heller und klarer, ja fast ^rosa^ erscheint. In der Mitte zwischen diesen beiden Farbennuancen steht die Grundfarbe der Retina. 2) Die Blendung durch grünes Licht erzielt bei kurzer Dauer ganz dieselben Resultate wie die Einwirkung des grünen Lichtes bei mittlerer Helligkeit. Wird die Blendung länger als zwei Stunden fortgesetzt, so verändert sich die Farbe der Retina in demselben Sinne, wie nach der Einwirkung des blauen Lichtes bei mittlerer Helligkeit, d. h. sie wird violett. Bei noch weiter fortgesetzter Blendung wird dieses Violett blasser und blasser und zuletzt er- scheint die Retina fast völlig farblos. 3) Die Blendung durch blaues und violettes Licht erzielt bei kurzer Dauer ganz dieselben Resultate wie die Einwirkung des blauen und violetten Lichtes bei mittlerer Helligkeit. Wird die Blendung bis zu zwei Stunden und darüber fortgesetzt, so wird die violette Farbe der Retina bestän- dig blasser und zuletzt wird die Netzhaut völlig farblos, wie nach der Einwirkung des weissen Lichtes. -4) Bei diesen Versuchen stellte sich mit grosser Evidenz eine schon bei früheren Experi- menten zur Beobachtung gelangte Erscheinung heraus: Hand in Hand mit der fortschreitenden Entfärbung der Retina geht eine eigenthümliche Consistenzveränderung in der Stäbchenschicht und in dem retinalen Pigment vor. Während bei den in der Dunkel- heit und im rothen und gelben Lichte gehaltenen Augen die Re- tina bis zur Stäbchenschicht sich fast stets leicht als eine conti- nuirliche Membran rein von dem retinalen Pigment ablöst (wobei die Fortsätze der Pigmentzellen aus ihr herausgezogen werden), geht dieses bei der entfärbten Retina lange nicht so glatt von statten: die Retina zerreisst gewöhnlich in mehrere Fetzen, denen dann stets grössere oder geringere Mengen des retinalen Pigments un- trennbar anzuhaften pflegen. HL Ich habe nicht unüberlegt die verschiedenen Wirkungen der einzelnen Regionen des Spectrums der verschiedenen W^ellen- 74 Sitzung der phys.-math. Klasse vom 19. Februar 1877, länge zugeschrieben, und die so nahe liegende Beziehung auf die stärkere chemische Wirkung der kurzwelligen Strahlen deshalb vermieden, weil mir die Versuche über die Einwirkung der ultra- violetten Strahlen auf die Farbe der Netzhaut nur negative Resul- tate ergeben haben. 22. Februar. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Roth las über die Gänge des Monte Somma. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Bulletin de V Academie IL des sciences. 45. Annee. 2. Serie. T. 42. N. 12. Bruxelles 1S76. S. Üevue scientißque, N. 34. Paris 1877. 4. O/versigt over det k. Datiske Videnskabernes Selskabs Forhandlingar t Aaret 1876. Kjobenhuvn. 8. The Journal of the R. Aaiatic Society of Great Britain and Ireland, New Serie«. Vol. IX. Part. I. Oct. 1876. London. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes in Athen, 1. Jalug. 4. Heft. Athen 1876. 8. Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. 1. Bd. N. Folge des Archivs. Zü- rich 1877. 8. R. Lipschitz, Bemerkungen zu dem Princip des kleinsten Zwanges. 4. Sep.-Abdr. P. Gervais, Journal de Zoologie. T. V. N. 6. Paris 1876. 8. Berliner astronomisches Jahrbuch für 1879. Berlin 1877. 8. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, 14. Lief. Bern 1877. 4. Mit Begleitschreiben. A. J. OdobescUi Istoria Archeologiei, 1. Buoaresci 1877. 8. Gesammtsiizung vom 22. Februar 1S77, 75 Orth, Cber einige Aufgaben der v:\8sen8chaftl\chen Meereskunde, 4. Sep.- Abür. Vom Verf. — , Beitrage zur Meereskunde. 4. Desgl. 6. Cavanna e G. Papasogli, Rassegna aemestrale delle scienze ßsico-na- turaii in Itaiia, Anno I, 1875. Vol. II. Firenze 1876. 8. Vom Her- ausgeber; übergeben von Hrn. Peters. Atti del H. Istituto Veneto dt scienze, iettere ed arti. Tomo II. Serie V. Disp. 4—9. Venezia 1875/76. Memorie del R. Istituto Veneto, Vol. XIX. F. I. II. III. ib. 1876. fol. Anseiger für die Kunde der Deutschen Vorzeit, N. Folge. Jahrg. 23. 1876. Nürnberg. 4. Mit Begleitschreiben. Berichte des natuncissenschtrftlich- medizinischen Vereines in Innsbruck, VI. Jahrg. 1875. Heft 2. Innsbruck 1876. 8. Mit Begleitschreiben. [1877] 7 Correcturen zum Novemberheft 1876 des Monatsberichts. ). 612 Z. 6 statt a — b — c -\- e lies ae — hc 47r» .. TT^ p. 617 Z. 6 statt — lies — 0 9 p. 618 Z. 5 statt — lies — 9 9 MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREÜSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. Mär/ 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Mommsen. 1. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Zeller las über die Benutzung der aristotelischen Meta- physik bei den älteren Peripatetikern. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Jan Kops & F. W. van Eeden, Flora Batava. Livr. 232. 233. Leide. 4. Sitzungsberichte der K. Akademie der Wissenachaßen. Phiios.-histor, Classe, Bd. 85. Heft 1. 2. Jahrg. 1876. April, Mai. Wien 1876. 8. Fontes rerum Auatriacarum, Abth. II. Diplomataria et Acta, 39. Bd. ib. eod. 8. Verhandlungen der K, K, Geologischen Reichsanatalt. Jahrg. 1876. N. 14 — 17. ib. eod. 8. Jahrbuch der K. K, Geologischen Reichsanstalt, Jahrg. 1876. XXVI. Bd. N. 4. ib. 8. Mittheilungen der Anthropologischen Gesell8ch(ift in Wien. Bd. VI. N. 6-10. ib. eod. 8. AnnaUs des Mines, 7. Serie. T. X. 4. Livr. de 1876. Paris 1876. 8. — Vom vorgeordneten K. Ministerium. Annales de la Societe entomologique de Belgique, T. XIX. Fase. III. BrU' xeUes 1877. 8. [1877] 8 78 Gesammtsitzung vom i. März 1877, Termeszetrajzi FiizeUL EIsö Kötet 1. Füzet. Buda Pest 1877. 8. C. de Sene, Windrosen des iüdlichen Norwegens, Kristiania 1876. 4. C. M. Guldberg & H. Mohu, JEtudes sur les mouvements de V Ätmosphhre, P. 1. ib. eod. 4. A. Boeck, De Skandinaviske og Arktiske Amphipoder, Hefte II. ib. eod. 4. P. A. M u n c h , Oplysninger om det pavelige Archiv og dets indhold etc. udgi- vet af Dr, G, Storm, ib. eod. 8. Diplomatarium Norvegicum. 9. Samml. 1. Halvdel. ib. eod. 8. O. J. Broch, Le Royaume de Norvege. ib. eod. 8. A. Blytt, Norges Flora, Del 3. ib. eod. 8. H. Siebke, Enumeratio Insectorum Norvegicorum, F&sc. III. ib. eod. 8. P. C. Holst» E/terladte Optegnelser om sit Liv og sin Satntid, Hefte 1. 2. ib. 1875. 1876. 8. Det K. Norske Frederiks Universitets Aarsheretning for Aaret 1875, ib. 1876. 8. Beretning om Bods/aengstets Virksomhed i Aaret 1875, ib. eod. 8. Norske Universitets- og Skole- Annaler, XIV. 1. 2. August 1876. ib. eod. 8. £. Blix, De vigtigste Udtryk /or Begreherne Herre og Fgrste % de semitiske Sprog, ib. eod. 8. H. Blom, Hussisk Sproglaere, ib. eod. 8. Archiv for Mathemaük og Naturvidenskah. Bd. I. Hefte 1. 2. 3. ib. eod. 8. B. Classen, Skottetoget, Molde, 1877. 8. Nonoegian Special -Catalogue for the International Eihibition at Philadelphia 1876, Christiania 1876. 8. Den Norske Turist/orenings Ärhog for 1875, Kristiania 1876. 8. Forhandliiiger i Videnskahs- Selskabet i Christiania Aar 1875. ib. eod. 8. F. C. Schubeler, P/lanzengeographische Karte über das Königreich Norwc- gen. ib. 1875. fol. R. Coli et, Norvege, Carte zoo-geographique, ib. eod. fol. Ngt Magazin /or Naturvidenskaberne, Bd. 21. Hefte 4. Bd. 22. Hefte 1. 2. ib. 1876. 8. Polybiblion. — Partie litter, Serie II. T. V. Livr. 2. — Part, techn, Ser. II. T. HI. Livr. 2. Paris 1877. 8. Proceedings of the London mathematical Society. N. 101. 102. 103. Das geographische Wörterbuch des Abu ' Obeid 'Abdallah ben ' Abd el-Aziz el'Bekri, Herausgegeben von F, Wüste n/e Id. Bd. II. 1. 2. Gottiugeii 1876/76. 8. Abhandlunyen der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Bd. 21. Bd. 21 v.J. 1876. ib. 1876. 4. Sitzung der phiL-hisL Klasse vom 5, März 1877. 79 5. März. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Schrader las übi*r die Aussprache der Zischlaute im Assyrischen. Die Aussprache der Zischlaute im Assyrischen ist bei zweien von ihnen: dem emphatischen Zischlaute = hebr. l^ sowie dem weichen, dem hebräischen T entsprechenden Laute, eine ganz zweifellose und daher auch nie in Discnssion gekommene. Anders ist dieses bei denjenigen beiden Zischlauten, von denen der eine dem hebräischen lö, bzw. iö, der andere dem hebr. z gleichzusetzen wäre. Auch hier ist darüber keine Meinungsverschiedenheit, dass das Assyrische diese beiden Zischlaute gehabt habe, und dass, wenn die eine Gruppe syllabarischer Zischlaut-Zeichen für Sylben mit dem Schinlaute zu reserviren ist^ alsdann die andere als eine solche für Sylben mit dem Samechlaute zu betrachten sei, da eine Spaltung der Schingruppe in eine solche mit Schin (^) und in eine weitere mit Sin (io) nach hebräischer Art im Assyrischen nicht Statt hat. Es fragt sich nun aber, welche Gruppe sei es den einen, sei es den andern Zischlaut repräsentirt; also mit andern Worten, bei welchen Sylbcnzeichen der Zischlaut als breites, gequetschtes ü, bei welchen als scharfes z zu sprechen ist? — In erster Linie wohl mit Rücksicht auf den ganzen lautlichen Typus des Assyrischen, der diesen Dialekt entschieden zum He- bräischen im Gegensatze zum Aramäischen einerseits, dem Ara- bisch - Äthiopischen andererseits stellt, haben die Assyriologen mit einer grossen Übereinstimmung sich dahin entschieden, die gleiche Aussprache der Zischlaute anzunehmen wie im Hebräischen (abge- sehen natürlich von der ja ohnehin auch innerhalb des Hebraismus erst secundären Scheidung von Schin und Sin); sie haben demge- inäss bei der Transcription die Übung beobachtet, in denjenigen Sylbenzeichen, in denen wir in diesem Aufsätze den Zischlaut durch H ausdrücken, denselben als 'vi3 (jedoch ohne diacritischen Punkt) zu transcribiren; umgekehrt in denjenigen, in welchen wir den Zischlaut durch s andeuten, als Samech zu bezeichnen; also 8» 80 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse z.B. ►►"! ►|||t ^1^5 ►►■J Y ^7", denn vom ö. März 1877, 81 vielmehr C)tt»; umgekehrt SamSu ►►j ^TTT^- ^T "><^^*t wnm^ sondern ciao zu schreiben u. s. w. (Morgenl. Forschungen 181). Der genannte Gelehrte wird dadurch weiter zu der jedenfalls auf- fallenden Annahme gefuhrt dass ursprungliches c^ welches sonst fast durchweg in den semitischen Sprachen sich erhalten habe, im Assyrischen (von Ausnahmefällen abgesehen) zu einem « geworden sei, z. B. hebr. C)Ds, aram. . *^m ^ (arab. \^JumS, \^fij^*j>?) wäre = einem assjr. C|üa; hebr. ITO „umhergehen'' aram. (-..m) nnc wäre ^ assyr. irnö (s. o.); ferner hebr. tn^ aram. . «^ ..^ „zu Boden strecken'' wäre = assyr. tirvo u. s. f. Schon dieser Umstand wird uns stutzig machen. Das Assyrische würde darin den übrigen semitischen Sprachen isolirt gegenüber stehen. Es kommt hinzu der bereits früher bemerkte und von J. 01s- hansen schon vor Jahren mit Recht hervorgehobene sonstige, ganz bebräischartige lautliche Typus des Assyrisch- Babylonischen. Bei der bisherigen Annahme nun würde, auch was die Zischlaute W und D betrifft, das Assyrische zu den übrigen semitischen Spra- chen die gleiche Stellung einnehmen, wie das Hebräische. Durch- weg — die Ausnahmen sind verschwindende — entspricht in as- syrischen Wurzeln der Laut s dem liebräischen iz?, und das s dem hebräischen D; dazu entspricht das assyrische x dem hebr. lO auch da, wo in der letztern Sprache sich das ursprüngliche \r (Schin) bereits zu ü (Sin) difterenzirt hat. Ich erinnere an die bekannten Beispiele, assyrisch mmilu und mmilu (mit ^j) „linke Hand" = hebr. '^Nco, arab. JU-Ä, aram. JLicL»; ass. mp-tu (mit gp]^|[ = ^ CirJ Syll. 350^0 rjLipP^i'' = ^^br. ncto, aram. li^lsu», arab. KiÄ; ass. wi r/7 (mit V^) ^zehn" = hebr. tT^br., arab. »Jixc, aram. ]• '' m v ; ass. kar-m „Bauch" (Syll. u. Schöpf ungsgesch.) = hebr. b^S, arab. ^j&J', aram. p;i^; ass. nasd „tragen" = hebr. Kto:, arab. LÄJ; assyr. narap „verbrennen" = hebr. C)nb u. a. m. So würde die Harmonie zwischen dem Hebräischen und Assyri- *) In der Sargonsinsehrift I R. 36, 41. 42 erscheint das betr. Zeichen freilich auch mit dem I-Äntwerthe sap (in dem Worte ka-anp , Preis" = 82 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse sehen eine völlige sein, falls die bisherige Theorie richtig, dass näm- lich ass. bab. s dem Laute nach = w «und s =C ist. Alles würde verschoben werden, wenn assyr. babyl. s den Lautwerth von D und s den Lautwerth von ü hätte. Untersuchen wir nunmehr, ob dem so ist und wann dem so ist. Es kommt darauf an, sich klar zu werden^ welches die laut- liche Qualität der bezüglichen beiden Zischlaute war, ganz abgese- hen von dem organischen Verhältniss der sie aufweisenden Wur- zeln im Assyrischen und den verwandten Sprachen; es gilt, für sich die Aussprache der, durch die betreffenden Zeichen reprä- sentirten Laute, bezw. der sie bietenden Wörter festzustellen. Dieses scheint freilich bislang schon längst geschehen zu sein; es ist ja dargethan, dass in den von den Assyrern zu den Hebräern und von den Hebräern zu den Assyrern gekommenen Eigennamen es sich umgekehrt verhält als oben ausgesprochen; dass z. B. in dem dem hebr. ^ Aschschur entsprechenden Worte As-sur ("V) ^►-^^ unser durch s angedeuteter Zischlaut dem schy in dem dem hebr. M^aschscheh entsprechenden Worte Minast i ([) |^- ^"^ j ^«T ►[ f" dem hebr. ^ unser s = o entspricht. Damit ist eben bewiesen, dass assyrisches s den Laut doch von "c = seh (^) und assyr. s denjenigen von ö = geschärftem s hat. Die Ausnahmen, so sagt man, vermögen diese Regel nicht umzustossen. Gerade nun diese Ausnahmen zu betrachten, wird unsere nächste Aufgabe sein. 1. Seit dem babylonischen Exil wurden bekanntlich bei den Hebräern ganz neue Bezeichnungen der Monate üblich, die sich nicht minder auch bei den Syrern, und zwar bereits auf den palm. Inschriften finden. Dass dieselben keine ursprünglich hebr. oder kanaanäischen, ja überhaupt nicht semitische Namen wären, ver- muthete man längst. Man hielt sie früher wohl für persischen L^r- sprungs; jetzt wissen wir sicher, dass sie die bei den semitischen Mesopotamiern üblichen Monatsnamen waren. Königscylinder und Privatdocumente der Assyrer und Babylonier sind nach Monaten, die diese Namen führen, datirt. Dass es nicht die altmesopotamischen Benennungen der Monate waren, wissen wir dazu aus einer uns überkommenen altbabylonisch-assyrischen Monatsliste (veröffentlicht bei Norris, Assyrian Dictionary I p. 50; Delitzsch, assyr. Lese- stücke S. 33 flg.), aus der sich ergiebt, dass dieselben in dieser vom J. März 1877, 83 alten, nichtsemitischen Sprache andere Benennungen hatten^ als im Assyrischen^ und dass die Ideogramme für diese Namen in den assyrischen Inschriften — gegen die sonstige Analogie in der mesopotamischen Schrift — Abkürzungen sind der betr. anders- artigen Namen. Dass anderseits die bei den Assyrern gebräuch- lichen Monatsnamen semitische seien, folgt aus dem Umstände, dass die Assyrer sich ihrer bedienten, noch nicht; und wenn auch bei einem dieser Namen, niimlich demjenigen des 8. Monats oder des Marcheschwan, assyr. arah-Samna^ d. i. „Achter Monat", die assyrisch-semitische Eitymologic zu Tage liegt, so ist diese Bezeich- nung des betr. Monats doch überhaupt eine vereinzelt inmitten der übrigen dastehende, und wenn man auch bei dem einen oder an- dern der übrigen an eine semitische Ableitung denken könnte, so muss dieses doch vorlaufig noch dahingestellt bleiben. Fest steht nur^ 1) dass dieses die bei den Assyrern und nicht minder auch bei den Babyloniern zur Zeit der Exulanten gebräuchlichen Namen der Monate waren, und 2) dass die Hebräer diese Namen von Baby- lonien aus erhielten, nicht etwa von einem andern niclitsemitischen Volke, auf welches etwa der Ursprung dieser Namen, falls er näm- lich sich als kein semitischer erweisen sollte, zurückginge. Die- ses letztere ergiebt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Herübernahme des, wie wir meinen, ausschliesslich babylonisch- assyrischen Namens Arah-mmna = liebr. 'ii^nna. Diese späteren hebräischen und zugleich babylonischen Monatsnamen enthalten nun zufällig wiederholt auch Zischlaute, und vergleicht man diese Laute, wie sie in den assyrischen Wörtern erscheinen, mit den entspre- chenden in der hebräischen Transcription, so tritt uns die Erschei- nung entgegen, dass in allen den Fällen, in denen sich die Zisch- laute durch die Schrift sicher constatiren lassen, ein ursprüng- lich babylonisches s einem hebräischen « (= ttj) und babyloni- sches 8 einem hebräischen s (= c) entspricht. Es sind 1) assyr. i^a-ba-lu = hehr. ZW\ 2) assyr. Ni-sa-an-nu = hebr. lO'^:; 3) assyr. Si-va-nu = hebr. "jVO; 4) assyr. Ki-si-li-vu = hebr. 1^3. Für unsern Zweck nicht streng beweisend, weil mit in zusammen- gesetzter Sylbe erscheinendem Zischlaut geschrieben (s. oben), ist TaS-ri-iav = -»»^ttSp, da das Zeichen für tas sowohl mit dem Laut- • • • ' « werthe ta-aS (mit v), als auch mit dem andern ta-as (mite) vor- 84 Sitzung der philosophisch-historisch en Klasse kommt, wenn auch das Syllabar (No. 761) es ausdrucklich als ia- aS (mit ttj), wie in unserm Falle zu erwarten, erklärt Dasselbe •«' gilt von ÄraJ^'Samna = 'QttSr'.'^«, da die betr. Sylbe mit dem zu- '.. sammengesetzten Zeichen für Sam geschrieben wird, das zwar in der Regel für Sam (mit ü) vorkommt (ABK, 76 Nr. 223), dessen Variante sam aber nicht a priori als eine unmögliche bezeichnet werden kann. Wegen eines in einer Liste erscheinenden Zahlsub- stantivs su-ma- — ... = ^ein Achtel^ könnte man sogar an ein assyrisches samnu als an das entsprechende Wort denken und jedenfalls hätte man ein Recht so zu transcribiren. Allein diese selbe Liste giebt auch das assyrische Wort für „ein Sechstel** durch sudu(?) wieder, während „das Sechszig** doch iuShb vgl. = ttSiÖ etc. heisst, mit welchem das assyr. Wort doch wohl wurzelhaft zusammenzubringen ist. Dasselbe würde von si-bu-a = Ti^^ „siebzig^ gelten, dem Hincks irgendwo in den Texten begegnet zu sein glaubt (ABK. 241). Immerhin würde — das steht fest — • * AraJ^-sam-na wie mit s so auch mit S transcribirt werden können. Wir müssen demnach auch dieses Beispiel ausser Betracht lassen. Sehen wir nun von diesen zweifelhaften Fällen ab, so gewin- nen wir als Resultat, dass bei den von den Babyloniern seit dem , Exil herübergenommenen assyrisch-hebräischen Monatsnamen stets babylonischem s ein hebräisches U7, babylonischem s ein hebräisches c entspricht. 2. a) Dasselbe erhellt durch einen Blick auf die babyloni- sche Transcription der auch in hebräischer Umschrift vorliegenden persischen Eigennamen. Cyrus, assyr. Kii-ra - as (Beh. 21) d. i. lü'^D lautet im A. T. isHs; Xerxes, d. i. Ahasvorus, assyr. Hi-si-'- ar-Si (D, 4. 6 u. o.), Hi-si-^-ar-sa-^ (C, a. 5. 8; b. 5. 14), Hi-Hi-"- ar-su (Sus. 5) wird im A. T. transcribirt durch ttJ'T^D^nN (Esr. Esth. Dan.); Artaxerxes, assyr. Är-tak-^at-su (Sus. 1. 4 u. ö.) lautet Esr. 7, 7 NJnOünn^N. Bekanntlich findet sich hierzu noch die Variante: NTOünnn« Esr. 4, 8. 11. 23, bzw. NnrwinnN Esr. 4, 7. Obgleich hier 4 Stellen gegen 1 stehen, wird man sich doch wohl dahin zu entscheiden haben, dass Esr. 7, 7 die richtigere und wohl auch ursprünglichere Lesung bietet. Denn bei ursprüng- lichem NDtthann-iJt ist die Verlesung in xrttSrrriN doch schwer be- greiflich. Wie immer man sich aber auch entscheiden möge: im Hebräischen wird durch die Zeichengruppe rr oder rc jener vom ö, März 1S77, 85 eigen thümliche Laut auszudrücken gestrebt, der im Persischen als tr {Artakh Sa-tf-d) bezeichnet und im Babylonischen durch ts (mit dem einfachen s) angedeutet wird. Auch hier bestätigt sich we- nigstens indirect die Kegel. Das Resultat dieser Betrachtung ist: in allen, mit uufgelö- sten Sylben geschriebenen Eigennamen der im A. T. erwähnten persischen Könige entspricht babylonisch s hebräischem t:, babylo- nisch 8 hebräischem d. Es erhält dieses seine Bestätigung wenig- stens bis zu einem gewissen Grade auch noch durch den einen mit einem lediglich in zusammengesetzter Sylbc erscheinenden Zisch- laut geschriebenen persischen Konigsnamen: nämlich durch den Na- men Darius, babylon. Da-ri-ja-vus (Da- a-ri-ja-a-vun) in der Behistuninschrift und sonst, welcher im Hebräischen als rv^^ er- scheint. Das in Betracht kommende Svlbonzeichen erscheint näm- lieh, soviel mir bekannt, nur als mus, r«^; für vius ist ein an- deres Zeichen in der Regel im Gebrauch (ABK. 71 Nr. 143. 151; vgl, Men. Syllab. II p. 166. Nr. 171).i) b) An die Personennamen reiht sich nun ein Ländername. Persien heisst in der babylonischen Übersetzung der Achäme- nideninschriften Par-su (Beh. 1. 5 u. ö.), während ihm im Hebräi- schen sne entspricht; babyl. o ist somit = hebräisch o. — Eine Ausnahme bildet dagegen der Name für die elamitische Hauptstadt Susa; gerade hier aber ist wahrscheinlich die Incorrekthoit auf Seiten des Assyrischen; denn Hebräer und Babylonier stimmen zusammen gegen die Assyrer. Der Name wird nämlich im Hebräi- schen mit dem breiten Zischlaute ü = )'&,'ä geschrieben, und wäh- rend sonst in solchen Fällen im Assyrischen ein ä- Zeichen ent- spricht, finden wir diesmal ein solches für s = (^►TT) ^T t^^"^"T (oft in den Inschriften Asurbanipal's). Nun aber ist dieses genau die Aussprache des Zischlautes, welche uns auch auf den einheimi- schen elamitischen Inschriften in dem häufigen Ej sj^ ^*"^T ^Hf entgegentritt. Dass zwischen Babylon und Pilam Verschiedenheit in der Aussprache der durch die gleichen graphischen Bilder be- *) Ebenso erscheint der babylonische Name Sin-uballit im Hehr, als tsVlSOi was aber nichts beweist, da auch Sin-ahi'irib im Hebr. als l^inaD wiederkehrt. 86 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse zeichneten Zischlaute bestand, ist bis jetzt nicht zu constatiren. Weiter aber ist es durch eine Reihe von Beispielen zu belegen, dass in dem Falle, wo die Assyrer einen sei es babylonischen, sei es elamitischen Eigennamen in ihren Inschriften bringen, sie ihn, was den Zischlaut anbetrifft, mit dem Keilschrift - Zeichen ge- schrieben bieten, mit welchem er in seiner Heimath geschrieben erscheint. Mit andern Worten: die Assyrer haben sich in der Schreibung des Namens Sumn der in Elam und vermuthlich auch Babylonien üblichen einfach angeschlossen — daher die scheinbare Unregelmässigkeit in der Wiedergabe der Zischlaute bei diesem Namen. Auch die Wiedergabe des babylonisch - assyr. Sipar als S^'^lfcO im Hebräischen wird sich so erklären. c) Und diese Behauptung der Übereinstimmung der Zischlaute in den babylonischen Eigennamen und in ihren entsprechenden hebräischen Transcriptionen erhält ihre Ruckversicherung durch die persische Schreibung der betr. Namen. Überall nämlich entspricht babylonischem x (= ir) sowie hebräischem ü persisches Jy d. i. sh (unser ^), und wiederum babylonischem s (c) sowie hebräischem o persisches Tg d. i. s oder j: (unser«). Vgl.^) pers. K'ur'uSt = ü-^s; Khsydrm = Tä^',tfr,(H); Ddrayavm = \ör"^-i; Ärtakhmträ = assyr. Artaksatsu^ hebr. «nSttSlTn'W, und wiederum jParja = cns (assyr. hebr.); K'miyd (NR. Z. 30 = 19) = hebr. und babyl. uns. d) Auch die ägyptische Transcription der persischen, zugleich auch in hebräischer und babylonischer Form uns erhaltenen, Na- men bestätigt das Ausgeführte. Wir finden auf der Pariser Xerxes- vase den Namen Xerxes hieroglyphisch ^ -^-/-a-r(/)-«-a und auf der Vase der Skt. Marcus -Bibliothek in Venedig den andern des Artaxerxes A-r-^- X-s-s-h) geschrieben. Beidemale wird babyl. hebr. pers. s(€) durch ägypt. ^f IHH (i-m), und in dem zweiten Falle dazu noch der dem hebräischen TD und babylonischen er. ent- sprechende differenzirte Zischlaut durch das Zeichen c wiederge- geben. Auch in den verschiedenen hieroglyphischen Schreibungen des Namens Darius: nämlich (nach Lepsius) N(ru^y I^^rlu8, N^llsa, Trim, Tlus^ Trm^ sowie ferner des Namens Xerxes neben yf«/a/) Vgl. ABK. 154 Nr. 59a. 88 Sitzung der iMlosophiach-historischen Klasse syrischer Aasspracbe des Zischlautes; für > vgl. i-ano aus Sarrukin) in Israel heimisch geworden, so liegt zu Tage, dass es auch spä- ter in dieser Aussprache sich hielt. Im Übrigen bestätigt gerade auch Jeremia in den uns überlieferten babylonischen Personen- namen unsere Ergebnisse rjShj'^ttä-Va'^a ist = babyl. Nirgal-mr-usur Jer. 39, 3, und pTtün-3 ist = babyl. Nabu-si'zlbanni ebenda Vs. 13. Vereinzelt steht lediglich tta-naoD, falls dieses aus Sumgir-Nabu, ebenda 39, 3. 4. Ja, noch der Talmud liefert uns eine Bestätigung unsers Satzes, wenn er uns berichtet, dass der „Südwind^ babylonisch KXj!nö und der „Ostwind" n^^^ gelautet habe (s. Fr. Delitzsch, Assyrische Thierpamen S. 140); denn jenes ist das babylonische 8U'U-iav, dieses das babyl. m-du-u (II R. 29, 1. 3). Die baby- lonischen Juden hörten also babylonisches s wie tä. Hiernach können wir als das Resultat unserer Untersuchung über die Transcription der fremden in Betracht kommenden Namen der nachexilischen BB. es aussprechen, dass bei der Wiedergabe der Zischlaut« sowohl bei den Hebräern in Bezug auf die babylonisch- persischen Namen, als bei den Babyloniern in Bezug auf die west- lichen Namen {Kuh) die organische Aussprache der Zischlaute *«D und D mit der faktischen sich deckte d. h. dass babylonisches s hebräischem ^ = u?, babylonisches ä hebräischem s = o entspricht und umgekehrt. Die vereinzelten etwaigen Ausnahmen (•^SXttJaVs und ^pc) können diese Regel sowenig umstossen, wie die wenigen auftretenden gegentheiligen Beispiele dieses für die Transcription in den assyrischen Inschriften gegenüber den hebräi- schen und vice versa etwa vermögen. Ohnehin kann man in den angeführten Fällen den Grund der Unregelmässigkeit mehrfach noch ziemlich sicher aufzeigen (s. o.). So stehen wir denn nun vor der merkwürdigen Tliatsache, dass die Trnnscriptions weise der Zisch- laute und folglich die Aussprache derselben in Mesopotamien eine verschiedene war bei den Verfassern der assyrischen Inschrif- ten und bei denen der babylonischen Übersetzungen der persi- schen Achämenideninschriften; und wiederum, dass während bei den assyrischen Inschriften zwischen der organischen und der faktischen Aussprache eine Differenz klafft, und hier eine often- bare Umkehrung der Aussprache der in Rede stehenden Zischlaute eingetreten ist, bei den babylonischen Inschriften der Achämeni* vom 5. März 1877. 89 den organische und faktische Aussprache der betr. Zischlaute sich iu völliger Coincidenz befinden; endlich, dass die aller Wahrschein- lichkeit nach erst in der babylon. Periode zu den Hebräern gekom- menen mesopotami sehen Namen, was die Transcription der Zisch- laute betrifft, mit den babylonischen der Achämenidoninschriften rangiren. Dieses Gesetz, vermuthungsweise schon vor längeren Jahren von Oppert aufgestellt, hat bis zu dem Grade Gültigkeit, dass es sogar sich trifft, dass derselbe Fremdname, wenn er in den assyrischen Inschriften auftritt, einen anderen Zischlaut aufweist, als wenn er in der babylonischen Übersetzung der Achämeniden- inschriften erscheint. Das Beispiel liefert der Name für ^Athiopien- Nubien^, das Land und Reich Kusch. Im A. T. erscheint dieser Name in der Aussprache x^'^n mit breitem Zischlaut = assyr. h\ in den assyrischen Inschriften aber (s. KAT. Gloss. s. v.) wird er Ku'U'Su^ Ku-u-si^ Ku-si (mit ►wJ^TT, resp. ^TT)? a^so mit im Babylonischen den Laut o repräsentirenden Zeichen geschrieben. Bei den Assyrern also — so müssen wir schliessen — hatte das Zeichen für ^ eben den Werth von r. Dagegen nun wird in der Dariusinschrift von Naksch-i-Rustam Z. 19 dieser selbe Name viel- mehr Ku-u-m^ (^ ]^D ^TTT^ ^|, d. i. töis, also mit dem an- dern, organisch und wurzelhaft dem hebr. ttj entsprechenden Zisch- laute — wie im Hebräischen und beiläufig auch im Ägyptischen selber (^Kes oder Kas) — geschrieben^), mit ihm somit auch ge- sprochen. Daraus folgt, dass derselbe fremde Laut bei den As- syrern durch ein anderes Zeichen wiedergegeben ward, als bei den Babyloniern zur Zeit der Achämeniden; dass somit die Lautwert he der betreffenden Zeichen verschiedene waren in Assyrien und zur Zeit der Abfassung der babylon. Inschriften der Achämeniden.^) Aufweiche und wie beschaffene Ursachen ist nun diese Veränderung dlir Aussprache, was die Zischlaute an- *) Gerade die Zeichen ... ^TTT^ ^ET sind bei dem im Anfang ver- stQmmelten Namen auf der Westergaardscben Copie völlig deutlich zu lesen. S. Taf. XVIII, b. Z. 19. ') Ist ein äolcher Kückschluss gestattet, so wurde aus dem dargelegten Lautwandelgesetze indirekt folgen, dass auch der in den Inschriften der as- gyrischen Könige auftretende Ländername Par-su-a (I. Kawl. 35, 8 u. 0.), 00 Sitzung der phüoiiopJmch'htstorischen Klasse betrifft, zurückzuführen, auf zeitliche oder aber auf örtliche? — Wenn man don llmstiuid in Erwägung zieht, dass die assyrischen JiiMchriftcMi zeitlich den babylonischen vorangehen, könnte man auf di<' Vermuthung kommen, dass eben das erstere der Fall und dass in Kolge lediglich zeitlicher Entwicklung eine Vertauschung der Werthe Ktatt geiiabt (denn dass es sich nicht etwa um eine blosse und einseitige Abschwächung des breiten Zischlautes U9 zu & han- dclt, wie im Athiopisclien, versteht sich nach dem Ausgeführten von selbst). Dann würde man anzunehmen haben, dass die ur- sprüngliche Aussprache des von uns mit s bezeichneten Zischlau- tes = hebräisch c, arab. ^^ gewesen und im Laufe der Zeit dieses D zu einem breiten ü (in den Achämenideninschriften) ge- worden sei. Dem stehen nun aber gewichtige Instanzen entgegen. Zunächst der allgemeine, wiederholt geltend gemachte, von dem ganzen Typus des Assyrischen, insbesondere was die Zischlaute anbetrifft, hergenommene Grund. Ihm gesellen sich andere bei. (lerade nämlich bei den Namen, von denen wir anzunehmen ha- ben, dass sie in allerältester Zeit zu den Hebräern und Westsemi- ten gekommen sind, begegnen wir nicht der assyrischen, denn vielmehr der in den babv Ionischen Texten der Achämeniden- insohriften uns entgegentretenden Aussprache, gerade in ihnen ent- d«T vi»n den Kiiion als Nunio für .IVrsion', von den Andern als ein solcher für «Parilnen* j;elasst wird, jodenfalls das erstere niehi sein kann. Denn da , Persien" bei den Hab yhmiern (s. Belnstuninsohr. u. s. vr. pagstm) /\i#-5M (mit c) liiess, mus>te das W't»rt hei den As Syrern Par-su 'mit r) lauten. Duroh Yerniittelunj; der Babylonier (s. o. S. 86? haben nänilieh, soviel wir bis jet/t sehen können, die Assyrer weder den einen noeh den anderen Nauien erhalten, falls sie den ersteren überall kannten. Die Gleich- Meliunj; von Pttr-sv-n mit c^'C wäre damit ausgesohlosseo. Ks kommt hin- zu, dass Piir-su-n ein auslautemles a /ei||C. dem wir sonst bei dem lK»tr. Namen nicht bep'^ncn, und das auch an sich unbci^ründet sein wünle. Ob nun aber darum wiedi'rum ohne Weiteres /*ifr->M-ti dem babyl.-pers. Par- tit'U «l*arthicn* ^^ pers. Aw'Miiru. gleiohzusiellen ist. wie mehrfai-h \ermu- thei ist, ist eine lH>s*^udere Frs^^». Der Wechsel von c und r wäre immer- hin auffallend: d^K*h Hesse sich viellei»ht das /\sr->ii-ci der SvJg. scytbischen Cberser/un^ der .\t'hämenideninschriften zum Ver>»leich heranziehen. Geo- )(ra|ihisch - ges\'hich(liohe Krwa^un^n wervien hier den Ausschlag gebro müs- sen. vom 5, Mürz iH77, Ol spricht nicht mesopotaraisches s hebräischem D, sondern hebräischem 09; weiter mesop. % nicht hebräischem U), sondern hebräischem d, verhält sich also die Sache umgekehrt als in den assyrischen In- schriften; dagegen so wie in den babylonischen Texten der Achä- menidenköuige. Dieses haben wir nun zuvörderst zu zeigen. Es folgt dieses nach unserer Meinung zunächst aus der Wiedergabe des alt -babylonischen Gottesnamens Htar bei den Westsemiten. Die assyrische Schreibung des Namens — und zwar, was den Zisch- laut betrifft, so viel ich weis», die ausnahmslose — ist/j*-tor, als Femininum H-ta-ri-tur (Assyr. Akkad. Hymn. Nro. S. 954 bei Fr. Delitzsch, assyr. Lesestücke S. 35 Rev. IG), die hobräisch-kanaa- näische Form des Namens ist bekanntlich r"iPüS. Ebenso lautet die Aussprache desselben auf dem Mesasteine (Zeile 17): •^.p'iUS. Dass wir es nun hier nicht mit einem gemeinsemitischen Namen zu thun haben, vielmehr mit einem solchen, der zu den Westse- miten eben so importirt wurde wie Xebo, Merodach, Kaivan u. a. m. steht uns fest. Der Name kam, so meinen wir, von Babylonien, wie zu den Assyrern und Westsemiten, so auch zu den Südsemi- ten, wo er bei den Ilimjaren in der Aussprache JC«lc erscheint, mit Übergang des r in n, wie bei assyrisch As-sur^ hebräisch nnttK, gegenüber aramäisch iolj (vgl. noch nr:?-',n?). Wenn nun dieser Eigenname, der — so müssen wir annehmen — schon in den alierfrühesten Zeiten zu den Westsemiten kam, vielleicht von ihnen bereits bei ihrer Auswanderung aus Mesopotamien mitge- bracht ward, gegen den sonst zwischen Assyrien und Palästina herrschenden Lautwechsel nicht mit c, sondern mit tt9 geschrieben wird, so kann er entweder überhaupt nicht über Assyrien oder aber nicht zu der Zeit, da in Assyrien jene andere Aussprache herrschte, zu den Westsemiten gekommen sein. So werden wir auf Babylonien und zugleich auf eine verhältnissmässig weit in der Zeit zurückliegende E{}oche geführt. Das gleiche Resultat giebt eine Betrachtung des Gottesnamens Sak-kut an die Hand, der im B. Arnos (5, 2G) als n*.2D erscheint. Auch dieser Name ist kein semitischer, sondern ein altbabylonischer. Ist dem aber so, so ist auch das Zeichen SAK, das in den assyrischen Inschriften ebensowohl für sak als auch für mk gebraucht wird, gemäss dem ursprünglichen d. i. akkadisch-sumirischen Lautwerthe zu neh- men. In den nichtsemitischen babylonischen Texten hat gemäss 'I.' Sit. u Uff (Irr jihiluHniihim'h'lnHtiirinchen Klasse Hyll Hn:» IV. iliiM In-Ir. /fif'lifti tU:u liaiidwortli: sa-ak(k)=^ Ip (?^)' Ui iiiiii hii liiiili'ii wir in ilciii Naiiu'ii doii Ziäcblaut auch im A T. wiMli'r|(i'|n'lifii. K.M würden hierher noch die CHU? aus iinM\i. Hl' I tili fM'litiiiMi, IiiIIm difHc (■loicliMtolliing eine richtige. — Miiri'i nnn liri dni li'lxlcni Nuiiini dir Zeit, wann sie zu den \> i*Mhirniili'ii !V'di-tni);iMi, dnliin^cslclit hloibrn, und h'isst sich deni- fH'niM-iM itiirli dt*r Si'hliif<,s. diiss dirsr Aiisspraolio des i als l!7, des > iil» r hfl dii'siMi NN nrlern uuf eiiio lilftMv, thoilweis vorassvrische /•'it diMilr. lutinshindon ^oIi^IimoIi, dass diese Zeit jedenfalls be- ll :t(iiilirli .'uMii'klir^l. aus ihnMii vorbälluissuiässi^ frühen Vor- kiMuniiMi in di'ii :illft'sljunentliolien Sobriften sieb sehliessen lasst), •■«» will dl« dii's,«?* \w\ /woi anderen Namen wi-it Moherer sein. Es •-nid d;is Nnniru. welche bereits in den, wenigstens nach der iibt'i w ir»;«'ndrn Vnsirbt dor Kriiiker, ältesten Abschnitten des V r v »mh» hl in.-n. U{\udiob ••rir «Sincar* und *c'~« « Ellasar*. y\\\\ Sm»'.u liiT. h\ W\ II, 1*: 14. 1. sowie aueb .le>. 11. 11: für ri:.kH;u ^ ;»•■.•. 11. \ •i\ N.1UU»:'., denn vesjv lder.::i:iT mit babyl. > y'^V'cr *y:'r •.•..-loh Vx k.r..!;To:;i l.jr.iTircSiUo* uiid babvK.n. . .. . «k^«^ ^ ■••'k. «*•".' ■ *%."*■'%■■••■% ^-'x •■»•'* t ■••.i"i ''■'■■■'■, .• •' Ivrsii \ « k .ftv I -■■ % ^i«* -■•-■ ■■ ■ ■ . . %% ..1..^ -i •■■ _•- ■• ■» • ■<• ^.- • • ,■ C. ^ ' ■ •■. ' ■ ^ * «, . *.•'»- ▼■ ,-.J^ ♦'i • • <« ^* \>>' ..« .• ^...' *..*'.,^l... ... taV— A~^«~&^ * * ■ .' , . w '\ » ' . ! ■»' . »".,"■ 1 1 . . 'i .. . ■ ■.". . . : . t .1 . . > ."s •• * iL ■ C 1 . ""Sc -,. « t ^ «A^ «^% «.k. (k.. .u.. «... 4. .......■*..« .?<• ^.-».T • - X ■ ■• V ^ ■ ^' "■ ' ' ■ " t' "•' "■'■ —•*■—■ ^ A < * V - • .... 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Der Grund also, warum die Hebräer den Landesnamen AS- sur durch •^-rx mit X', den Gottesnamen Asur durch -^cn mit o wiedergeben, muss ein anderer gewesen sein. Nun sind die Na- men -pTTnCX und "pnc, ncJn u. s. f. erst in bestimmt nach- weisbarer, späterer Zeit zu den Hebräern gekommen (seit Mitte des 8. Jahrhunderts). Der Name 1?.®N Ahhut erscheint aber in beträchtlich älteren Resten der hebr. Literatur, und es versteht sich, dass der Name überhaupt schon sehr früh den Hebräern be- kannt ward. Es kann nicht als undenkbar bezeichnet werden, dass die verschiedene Aussprache des seitens der Assyrer ständig in gleicher Weise geschriebenen Namens auf einen Wechsel der Aussprache des betreffenden Zischlautes innerhalb des Assyri- schen zurückgehe; dass lautlich dasselbe Wort A-ssur, Amr zu der Zeit, da der Landesname Asmr als *:'!U:^< zu den Hebräern kam, mit dem breiten Zischlaut (= s?) gesprochen ward^ dass diese Aussprache aber später sich in diejenige mit c umsetzte. Nach- dem dann aber die Hebräer ein Wort in einer bestimmten Aus- sprache (hier des Zischlautes) herübergenommen hatten, war es im Übrigen nur natürlich, dass sie dasselbe in dieser Aussprache nun auch beibehielten, s. den ähnlichen Fall oben bei "pD. Blicken wir nun auf diese ganze letzte Erörterung zurück, die freilich der Natur der Sache nach nicht die gleiche Stringenz haben kann, wie die über die Aussprache der Zischlaute in den Eigen- namen der Achämenideuinschriften, so ergiebt sich, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit für sich hat, dass die mit dem Hebräischen congruente, in den babylonischen Achämenidentexten vorliegende Aussprache der Zischlaute bereits auch die Altbabyloniens war, ja dass sogar noch in Assyrien eine Zeit lang diese, mit dem Hebräischen congruente, Aussprache herrschend war; dass sich dann aber hier mit der Zeit eine abweichende Aussprache aus- bildete, welche den Zischlauten einen umgekehrten Lautwerth zu- wies. In Folge dessen stellte sich hier zunächst ein eigenthüm- liches Schwanken bei der Wiedergabe der Zischlaute durch die Sylbenzeichen ein, wovon uns die Schreibung des Eigennamens [1877] 9 94 Sitzung der philosophisch-historischen Klasse y ^ t:^ "^TT ^ A4f ^' ^' 'S"« - am - si - 2?m (I Rawl. 6 Nr. I Z. 1) mit doppeltem D statt ü noch ein Zeug- niss ist. Während nun in Babylonien die alte hebräischartige Aus- sprache sich unverändert hielt, wie noch die babylonischen Texte der Achämenideninschriften beweisen, wurde in Assyrien die Verschiebung oder besser die vollige Umkehrnng der Aussprache der Zeichen für die Svlben mit den beiden in Rede stehenden Zischlauten vollzogen, wovon die Wiedergabe assyrischer Eigen- namen bei den Hebräern einerseits, hebräischer bei den Assyrem anderseits Zeugniss giebt. Der Grund der völlig entgegengesetzten lautlichen Verwendung derselben betreffenden Zeichen war nach dem Angeführten in erster Linie ein örtlicher (dass in Babylonien jemals eine andere Aussprache als die in den Achämenideninschrif- ten zu Tage liegende geherrscht habe, ist nicht zu belegen), ein Orund, dem sich aber ein zeitlicher, so scheint es, beigesellte. Und dass nun auch sonst zwischen Babylon und Assyrien Differenzen in der Aussprache klafften und zwar auch der Zischlaute (die Dif- ferenz zwischen p [assyrisch] und g [babylonisch] ist ja schon längst von den Assyriologen angemerkt), dafür glauben wir eben- falls noch einen Anhalt zu haben. Bekanntlich bezeichnen die Hebräer die Babylonier mit dem Namen D'^ipa. In den assyri- schen Inschriften findet sich bis jetzt ausschliesslich nur die Aussprache Kal-di^ vgl. griech. \u>,hcuoi^ für das betr. babyloni- sche Volk, niemals Kas-di; von ihnen, den Assyrern, können also die Hebräer den Namen kaum erhalten haben. Es bleiben nur die Babylonier selber übrig. Leider haben wir auf babylonischen Inschriften den Namen bis jetzt überall noch nicht gelesen, weder in der einen, noch in der andern Aussprache: die babylonischen Inschriften bezeichnen die Bewohner Chaldäa's eben anders. Es wird aber die Vermuthung nicht zu gewagt erscheinen, dass bei ihnen — in der früheren Zeit (vgl. Gen. 11 u. 15 : a'^^rtos nw) — der Name statt mit der Liquida mit dem Zischlaute gesprochen ward. Da nun anderseits auch noch die im Lande der Chaldäer selber ansässigen und dort schreibenden jüdischen Schriftsteller stets nur die Aussprache mit dem Zischlaute wählen, so ist es doch wohl das Nächstliegende anzunehmen, dass auch später noch bei den Baby- loniern diese Aussprache mit dem Zischlaute die übliche war. Es kommt hinzu, dass dieses wenigstens in zwei anderen Fällen sicher ist. vom ö. März 1877. 95 Das armenische Land Ararat, welches auf den assyrischen In- schriften stets und ständig Urartu genannt Avird, heisst in dem babylonischen Texte der Behistiininschrift Urastu, mit Zisclilaut (Bell. 49. 94); wiederum also entspricht der Liquida im Assyri- schen der Zischlaut im Babylonischen. Sodann heisst im Talmud der „Nordwind" NjnpN, der wie die beiden sclion vorher angeführ- ten Namen für die Winde sicher ein mesopotamischer, näher ba- bylonischer und zweifellos derselbe Name ist, der in dem assy- rischen Syllabar als ü-ta-nu aufgeführt wird. Babylonisch itt-ta- nu ist also im Assyrischen zu il-ta-nu geworden: wiederum also entspricht der babylonische Zischlaut der Liquida im Assyrischen. Bei dieser Lage der Dinge wird es nun auch wohl gerechtfer- tigt erscheinen dürfen, wenn wir den Wechsel in der Aus- sprache der Zischlaute ü und o bei den Assyrern im Vergleich zu den Babyloniern in erster Linie auf örtliche, secundär auf zeit- liche Ursachen zurückführen; wenn wir sagen, dass die mit dem Hebräischen durchaus in Übereinstimmung sich befindende Aus- sprache des Babylonischen sich in Assyrien in die gerade entge- genstehende umgesetzt hat. Wie dann aber die babylonische Aus- sprache zugleich als die ursprüngliche der mesopotamischen semi- tischen Sprache sich erweisen würde, so würde damit zugleich er- hellen, dass man bei der etymologischen Einreihung der Wurzeln die bisherige, hebräischartige Bezeichnung der Zischlaute beizube- halten, demgemäss auch ferner s unter U) und s unter D einzureihen hätte, so sicher anderseits assyr. s gleich hebr. D und assyr. 8 gleich hebräischem U3 ist. Es wäre zu erwägen, ob man mit Rück- sicht auf das Dargelegte nicht überhaupt die doch immer missver- ständliche, dazu für das Babylonische d. h. aber für die ursprüng- lichste Form des mesopotamischen Semitismus geradezu falsche Bezeichnung der Zischlaute, wie auch wir sie in unseren bisheri- gen Fublicationen befolgten, aufgäbe und hinfort assyr. s = ^ durch s und assyr. «' = o durch s ersetzte. 9« 9 6 Oesammts itzung Am 4. März starb in Rom Hr. Graf Carlo Baudi di Vesme, correspondirondes Mitglied der philosophisch - historiscben Klasse der Akademie. 8. März. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Beyrich las: Über jurassische Ammoniten vou Mombassa. Eine im Herbst des vergangenen Jahres hier angelangte Sen- dung des Reisenden Hildebrandt enthielt eine Partie von Ver- steinerungen, grösstentheils Ammoniten, durch welche unserer Kenntniss vou der Existenz und der Zusammensetzung der Jura- formation im östlichen Afrika eine nicht unwichtige Bereicherung zugeführt wird. Herr Hildebraudt schreibt, dass er, durch Krankheit verhindert, den Fundort der gesendeten Versteinerungen noch nicht selbst habe besuchen können; sie seien durch seine Diener an der Zanzibar-Küste bei Mombassa am Wege von Kisaüri nach Takaunga aufgelesen uud fänden sich hier auf einer Ebene, etwa zwei englische Meilen vom Meeresstrande, vor der ersten Hügelreihe. Obwohl hiernach sowohl ein reicheres Material, wie auch genauere Angaben über das Vorkommen in Aussicht stehen, so glaube ich doch bei dem hohen Interesse, welches dieses Vor- kommen zu erregen geeignet ist, bereits jetzt eine Mittheilung über das Gesendete geben zu müssen. Eine erste Andeutung von dem Vorhandensein ammoniten- führender jurassischer Ablagerungen an der Zanzibar- Küste bei Mombassa erhielt man im Jahre 1859 durch die Angabe voa Fr aas, dass bei Kisaludini von dem Missionar Krapf ein Am- vom 8. März iS77, 97 monites annularis gefunden sei. Herr Sadcbeck verzeichnete dar- auf in der geologischen Karten-Skizze von Ost-Afrikar, welche dem von der Decken'schcn Reisewerke beigegeben ist, einen Jura- streifen, der sich von Kisalndini nahe Mombassa nordwärts bis nach Takaungu hinzieht, d. i. in der Erstreckung zwischen den- selben Orten, welche von Hildebrandt Kisaüri und Takaunga geschrieben werden. Auch Herr Waagen Hess in dem neuerlich erst vollendeten, inhaltreichen und reich ausgestatteten Werk über die Cephalopoden der Juraformation von Kutch die Angabe nicht unbeachtet, dass Ammonites annularis oder athleta bei Mombassa gefunden sei, und legte Gewicht darauf, dass dieselbe Art auch im indischen Jura vorkomme. Dieser Ammonit, welcher in Europa den obersten Horizont der Kelloway-Gruppe oder die Basis des suddeutschen weissen Jura charakterisirt und auch in Indien dem gleichen Horizont angehört, ist unter den Ammoniten der Hilde- brand tischen Sendung nicht vertreten, und man musste, wenn in die richtige Benennung des Krapf 'sehen Ammoniten kein Zweifel gesetzt werden darf, folgern, dass derselbe auf einem anderen Wege gefunden wurde als demjenigen, auf welchem die Neger Hilde- brandt's die uns zugekommenen zahlreichen Ammoniten auflasen. Diese letzteren repräsentiren eine Ammoniten-Fauna, welche ganz den Charakter einer oberjurassischen alpinen Kimmeridge-Fauna an sich trägt und im indischen Jura ihr Äquivalent in der Fauna des ^Katrol Sandstone'' besitzt. Keine einzige Art liegt vor, welche die Annahme veranlassen könnte, dass in unserer Ammoniten- Fanna mehrere Horizonte vertreten seien, und auch die gleich- artige Erhaltung lässt schliessen, dass ein und dasselbe Lager dieselbe geliefert hat. Das Gestein, aus welchem unsere Ammo- niten herrühren, scheint ein eisenreicher, thoniger Sandstein zu sein, in welchem sich zahlreiche sphärosideritische Knollen ausge- schieden haben, die in ausgelaugtem Zustande als allein zurück- gebliebenes Residuum des zersetzten Gesteins den Boden bedecken. Die Ammoniten sind von den Nieren umschlossen und werden durch deren Zerfallen oder Zerschlagen sichtbar in vortrefflicher Steinkernerhaltung mit scharfen Lobenlinien und unversehrter Skulptur, etwa vergleichbar der Erhaltung des Ammonites Parkin- sonii ans den gerösteten Eisensteinnieren des oberschlesischen Dogger. 9 8 Gesammtsitzung Unter den Ammoniten von Mombassa sind 7 Arten scharf unterscheidbar; sie vertheilen sich auf die Gruppen der Hetero- phylleu, Fimbriaten, Inflaten und Ilybonoten mit je einer Art und auf die Planulaten mit 3 Arten. Die Mehrzahl der Individuen gn, dans \es Grandes -Ind^s*. Tt\t Sanim- luDg der ÜDivenicät besilil darch Valenciennes du Modell der Lamari'k'- ■chcD Art mit folgender Krläuterung: „Ammonilei fimbriata» moule sur TeFhan- «titlon qai faiasit pari!« des cottectlung de Lamarck et dont il avail fail Je .genre Atnaionoreratile, — AinmomKiratiK gtottoide, Amm. gloiioide» Lk. anim. .1. Vert. T.Vn. p. 644. Cel echantillon provensit da cablnet de Mr. Turbot, .leqnel le trnait de lon beaa-frere, gourernear de Pondkberr pour la France, ,<)Bi ('avatt rapporte comme ayanl itä Irouve dane les montagoes de l'Inde. ,Cet ediaolillon fait maiatenant psrtie des collectiuDs du Haeeuin. II a ete .domie par le Dnc de HiToli." 100 Gesammtsitzung Ammonites iphiceroides Waagen, Jur. Faana of Kutch. S. 102 Taf. 23 {Aspidoceras). Drei von verschiedenen Individuen herrührende Stücke geben über die Wohnkammer, die Lobenlinie und über die Form der Schale im frühesten Jugendzustande hinreichenden Aufschluss, um dieselben mit Sicherheit der von Waagen beschriebenen indischen Art zurechnen zu können. Ein Wohnkammer- Fragment hat eine Dicke von etwa 95 Mm. bei 55 Mm. Höhe in der Mittelebene. Zwei zu einem Paaro gehörende Knoten haben zu einander die gleiche Stellung, wie sie der Figur Taf. 23 Fig. la bei Waagen der zweite oder dritte Knoten der inneren Reihe zu dem correspon- direnden Knoten der äusseren Reihe zeigt; der innere Knoten ist ausnehmend dick und stumpf, der äussere viel schwächer, ohne bestimmte Begrenzung, und durch eine breite flache Welle mit dem inneren Knoten verbunden. Über den hoch gewölbten Rücken ver- laufen schwache Falten, die zwischen und in der äusseren Knoten- reihe hervorzutreten beginnen und auf der Mitte des Rückens ziem- lich regelmässig etwa 4 Mm. weit auseinanderstehen. An dem Dunstkammerfragment eines anderen Individuums ist zu sehen, dass die Falten auch bereits an dem gokamnierten Theil der Schale aus- gebildet waren. Der Verlauf der Lobenlinie lässt, so weit er zu beurtheilen ist, keine bemerkonswerthen Verschiedenheiten von der bei Waagen gezeichneten Linie erkennen. Der ausserdem noch vorhandene Steinkern eines jungen Individuums zeigt bei 23 Mm. Durchmesser in seiner Form genau dieselben Verhältnisse, wie sie von dem jungen Amm, iphiceroides a. a. O. Taf. 23 Fig. 3 darge- stellt sind. Der Steinkern ist bei dieser Grösse noch glatt, eben- so wie es bei dem indischen Ammoniten der Fall ist, und das erste Auftreten der Stacheln ist nur durch ein paar feine Spitzen angedeutet. Der Name iphiceroides spielt darauf an, dass Waagen selbst den indischen Ammoniten frülier für nicht wesentlich verschieden hielt von dem europäisiihen Amm, iphkerus Opp. Die afrikanische Form würde ich wegen der noch grösseren Dicke der Wohn- kammer eher dem Amm, binodus (Qu.) Oppel vergleichen und die schwache Berippung der Schale als den einzigen bemerkensAverthen Unterschied ansehen. Beide Arten, Amm. iphiceruH und binodus^ gehören zu der Gruppe von Ammoniten, welche Quenstedt in vom 8. März 1877. 101 der Familie der Armaten als bispinose Inflaten zusammenfasste; sie stehen einander so nahe, dass Zittel es für fraglich hielt (Pal. Stud. p. 195), ob die Trennung überhaupt beizubehalten wäre. Die beiden Arten gehören nebst ihren nächsten Verwandten zu den ver- breitetsten und bezeichnendsten Ammonitenfornien sowohl in alpinen wie ausseralpinen Kimmeridge-Bildungen. In diesem Horizont fan- den sich ähnliche Ammoniten auch allein in der Juraformation von Kutch. Waagen unterschied, ausser seinem Aspidoceras ijyhiceroides^ noch 3 zu derselben Gruppe gehörende Arten, von denen 2, gleich dem iphiceroides, dem Katrol - Sandstein und die dritte der noch höher gestellten Oomia-Gruppe angehören. Ammonites Ilildebrandti n. sp. Aus der Gruppe der IJy- bonoten; wahrscheinlich gleich Aspidoceras sp. ind. bei Waagen, Fauna von Kutch S. 101 Taf. 21 Fig. 4, aus dem Katrol- Sand- stein. Ammonites hyhonotus nannte Oppel im Jahre 1863 einen Am- moniten aus dem lithographischen Schiefer von Solenhofen, der nur in wenigen unvollkommenen Fragmenten gekannt war, aber doch, wie Oppel meinte, wegen einiger bezeichnender Merkmale aasgezeichnet zu w^erden verdiente. Der Name bezieht sich auf den auffällig aussehenden Rücken desselben Ammoniten^ dessen Seitenansicht gleichzeitig als eine andere Art den Namen Ammoni- tes Autharis erhielt. Nachdem darauf Benecke im J. 1866 einen ähnlichen, anscheinend zu schnell füt ident gehaltenen Ammoniten aus dem südlichen Tirol in* vollständiger Erhaltung kennen lehrte, erhielt Ammonites hybonoius schnell die Bedeutung eines der aus- gezeichnetsten Ammoniten-Typen des oberen Jura. In der Fauna der Schichten mit A^pidoceras acanthicum unterschied Neumayr aus alpinen und ausseralpinen Kimmeridge-Bildungen nicht weniger als 4 verwandte Arten: Amin, pressulus aus Siebenbürgen und den Sette Gomuni, Amm, Beckeri von denselbten Fundorten, Amm, har- pephorus aus Siebenbürgen und Amm, Knopi von Immendingen in Baden, welche mit dem Amm. hyhonotus zu einer Gruppe der Ily- bonoten verbunden und in die Gattung Aspidoceras d. h. in die Abtheilung der Armaten gestellt wurden. Dieselbe Stellung er- hielten die Hybonoten in der systematischen Anordnung der indi- schen Ammoniten bei Waagen, mit dem zugefügten Bemerken, 102 Oesammtsitzung dass es nöthig sein werde, für diese Ammoniten eine besondere neue Gattung einzufuhren. Der indische Jura hat 2 Hybonoten geliefert, von welchen der eine den Namen Amm, monacanthus erhielt, der andere unbekannt blieb (a. a. O. Taf. 21, Fig. 3 und 4). Von beiden Arten waren nur unbedeutende Fragmente der Wohnkammer erhalten, beide stammen aus dem Katrol-Sandstein. Von Mombassa erhielten wir zwei ansehnlichere Wohnkammerstücke einer Art, der ich den Na- men des unerschrockenen Reisenden, dem wir sie zu verdanken haben, beilege. Die Art lässt sich dem Amm, monacanthus Waag. nicht näher vergleichen, konnte aber sehr wohl mit der unbenannt gebliebenen Art des Katrol-Sandsteins übereinstimmen. Das grössere unserer Wohnkammerstücke stammt von einem Ammoniten, der um die Länge einer Windung grösser war als der schöne Ammonit von Volano, dessen Abbildung Benecke gegeben hat. Die am äusseren und inneren Rande der Seiten stehenden Knoten oder Dornen sind mit einander durch Rippen verbunden, die in der Mitte der Seiten flach sind, gegen die Dornen hin aber sich stär- ker erheben. Ihre Stellung und Entfernung entspricht derjenigen, wie sie das unbenannte Fragment bei Waagen Taf. 21 Fig. 4 darstellt. Von den äusseren, am Rande des Rückens stehenden Dornen ziehen sich die Rippen mit starkem Schwünge nach vorn bis an den Rand der die Hybonoten charakteristisch auszeichnen- den mittleren Rückenrinne heran; die Ränder der Rinne lassen nur stumpfe längsgedehnte Kerben erkennen, welche einer ver- steckten Theilung der von den Dornen nach vorn laufenden Rip- pen entsprechend gestellt sind. An dem Eindruck der Bauchseite dagegen ist zu sehen, dass der Rücken der vorhergehenden Win- dung eine nur schmale tiefe Rinne besass, deren Ränder mit dicht stehenden gerundeten Höckern besetzt war, ähnlich wie sie am Ammonites Beckeri (Neumayr a. a. O. Taf. 38 Fig. 3b) dargestellt sind, doch weniger dicht aneinander stehend. Diese Verzierung des Rückens entspricht derjenigen, die das Wohnkammerstück des kleineren Ammoniten an der Aussenseite zeigt. Die Stellung der Knoten und die Berippung der Seiten ist hier derjenigen ähnlich, welche Neumayr an dem Amm, Knopi von Immendingen in der Figur 2 a auf Taf. 43 seines angeführten Werkes darstellt. Dieser Figur entspricht auch unser Stück in der Grösse. Man würde vom 8. März 1877. 103 sich hiernach den Ammonites Hildebrandii als einen Hybonoten zu denken haben, der im mittleren Alter von der Seite gesehen dem Ammonites Knopi, vom Rücken gesehen dem Amm. Beckeri ähnlich ist nnd im Alter das Ansehen des Benecke*8chen Ammonites hy- honotus von Yolano erhielt. Die engen Beziehungen, darch welche nach Vorgehendem die Ammoniten- Fauna von Mombassa ebenso mit derjenigen des indi- schen Katrol- Sandsteins wie mit europäischen Faunen gleichen Alters verbunden ist, werden bestätigt durch den Charakter der Flanulaten zwischen welchen die erörterten Formen nur vereinzelt auftreten. Eine genaue Charakteristik der dieser Gruppe ange- hörenden Arten ziehe ich indess vor zu verschieben in der Hoff- nung, dass ein noch reicheres Material später der Untersuchung eine grössere Schärfe zu geben gestatten wird; doch unterlasse ich nicht hervorzuheben, dass die häufigste unter den Planulaten- Formen der verwandten indischen Fauna, Ammonites Pottingeri oder Katrolensis auch an der afrikanischen Küste, wie es scheint, domi- nirend auftritt. Hoffentlich werden spätere Sendungen auch von anderen die Ammoniten begleitenden Formen Kenntniss geben. Gegenwärtig liegt nur das abgerollte Fragment einer Auster oder Gryphaea vor, und eine kleine Gesteinsprobe aus der Hugelreihe, welcher die von Ammoniten bedeckte Ebene vorliegt, lässt nur Crinoiden - Reste erkennen, von denen jedoch kaum zu sagen ist, ob sie jurassisch seien. 104 Gesamm ts itzxing Hr. G. Kirch hoff legte folgende Abhandhing des Hrn. II. C. Vogel vor: Spectral-Photonietrische Untersuchungen insbesondere zur Bestimmung der Absorption der die Sonne um- gebenden Gashülle. 1. Apparate zur Messung farbigen Lichtes. Während die alteren photometrischen Apparate keine oder nur sehr ungenügende Mittel boten, verschiedenfarbige Lichtquellen mit einander zu vergleichen, hat man in neuerer Zeit, durch Ver- bindung des Spectroskops mit dem Photometer, Apparate con- struirt, welche jenem längst gefühlten Bedürfniss — Methoden zur Messung der Stärke farbigen Lichtes zu besitzen — abgeholfen haben. Diese neueren Hülfsmittel sind wieder für die Spectral- analyse von Bedeutung geworden, da sie die Mittel an die Hand geben, die relativen Intensitäten der einzelnen Theile eines Spec- trums gegen einander, oder gegen eine bestimmte Lichtquelle zu iixiren und man wird zugeben, dass gerade die Bestimmung der Lichtstärke der verschiedenen Theile eines Spectrums sehr wesent- lich zur Charakterisirung desselben beiträgt. Bisher hatte man eine solche nur durch allgemeine Bezeichnungen, vom Intensivsten bis zum Schwächsten, zu geben versucht, was jedoch durch den Umstand, dass dem Auge die Fähigkeit fast ganz abgeht verschie- denfarbiges Licht in Bezug auf Intensität in Vergleich zu stellen, nur in sehr unvollkommener Weise geschehen konnte. Vierordt*) hat die ersten und sehr umfangreichen Unter- suchungen auf diesem Gebiete angestellt. Der Apparat, welchen er anwandte, bestand aus einem gewöhnlichen Spectroskop, bei welchem, von der Vorderfläche des dem Biobach tungsfernrohr zu- nächststehonden Prismas reflectirt, das Bild eines seitlich ange- brachten, durch eine möglichst constante Lichtquelle erleuchteten *) Die Anwendung d. Spcofralapp. z. Messung und Vergleicbung der Starke des farbigen Liohtcs (Tübingen 1871). vom 8. März 1877. 105 Spaltes, gleichzeitig mit dem za untersuchenden Spectrum, in das Auge des Beobachters gelangte und bei genügender Intensität als ein schmales Lichtband das Spectrum der Länge nach durchzog. Das Gesichtsfeld des Beobachtungsfernrohrs konnte durch zwei bewegliche Schieber beliebig beschränkt werden, so dass nur ein schmaler Theil des Spectrums sichtbar blieb. Es wurde nun durch Rauchgläser von bekannter absorbirender Kraft, die Lichtstärke des hellen weissen Streifens so lange ge- schwächt, bis eine Unterscheidung desselben auf dem betreffenden Theile des Spectrums nicht mehr möglich war. Die Lichtstärke verschiedener Stellen ein und desselben Spectrums, sowie verschie- dener Spectren verhält sich dann, bei Gleichheit des Eintrittsspaltes, proportional der durch die Rauchgläser abgeschwächten Lichtstärke des seitlichen Spaltes. Nach dieser hier in kurzen Umrissen augedeuteten Methode hat Vierordt eine sehr grosse Anzalil werthvoUer Beobachtungen über die Intensitätsverhältnisse im Sonnenspectrum, sowie in den Spectren einiger Flammen gegeben, und die einzigen bisher bekann- ten derartigen Messungen von Fraunhofer haben durch seine Untersuchungen eine schöne Bestätigung und Vervollständigung er- fahren. Die Beobachtungen mit dem soeben beschriebenen Apparate sind jedoch äusserst schwierig und gewähren nur bei sehr grosser Übung einen hinreichenden Genauigkeitsgrad. Vierordt hat daher später einen anderen Apparat verwandt, welcher sich von einem gewöhnlichen Spectralapparat nur dadurch unterscheidet, dass der Spalt nicht einfach ist, sondern aus zwei möglichst exact übereinanderstehenden Spalten besteht. Jeder der- selben lässt sich mit Hülfe einer Mikrometerschraube messbar öff- nen und schliessen. Durch den einen Spalt leitet man das Licht der zur Vergleich ung dienenden, durch den anderen das der zu untersuchenden Lichtquelle. Im Ocular des Fernrohrs ist die schon vorhin erwähnte Einrichtung getroffen, dass man ein belie- big schmales Stück des Spectrums herausblenden kann. Ohne diese Ocularblende erblickt man zwei übereinanderliegende, von den beiden Spalten herrührende, einander berührende Spectra. Blendet man nun einen Theil des Spectrums heraus, z. B. einen schmalen Streifen im Grün, so wird mau durch Veränderung der Weite des einen Spaltes eine Schwächung oder Verstärkung des 106 OesammUitzung entsprechenden Spectrums hervorbringen, und die beiden Spectra, in dem schmalen Streifen im Grün, gleich intensiv machen können. Sind die Spalte gut gearbeitet und stehen sie möglichst genau übereinander, so sieht man einen farbigen Streifen von voll- kommen gleicher Intensität. Es ist leicht einzusehen, dass innerhalb gewisser Grenzen die Lichtstärken sich wie die Öffnungen der Spalte verhalten werden. Vierordt wendet ausserdem noch schwache Rauchgläser an, die er vor den einen oder den anderen Spalt anbringt, um bei grossen Intensitätsunterschieden, den einen Spalt nicht zu weit öffnen, den anderen nicht unter eine gewisse zulässige Grenze schliessen zu müssen. Der Vortheil dieser Methode gegenüber der ersten, auf dem verschiedenen Sättigungsgrad der Farben mit weissem Lichte ba- sirten, liegt auf der Hand. Man vergleicht hier Licht von der- selben Wellenlänge mit einander und dafür hat das Auge eine ganz erhebliche Empfindlichkeit. Die relativen lutensitätsunter- schiede der verschiedenen Theile ein und desselben Spectrums er- hält man allerdings nicht direct, sondern kann dieselben nur durch Vergleichung mit einer Lichtquelle, bei welcher man vorher nach der ersten Methode jene Bestimmung ausgeführt hat, erhalten, aber für die meisten Untersuchungen ist es ausreichend, die relativen Unterschiede der einzelnen Farben gegen die homologen einer an- deren Lichtquelle kennen zu lernen. Um sich von der vielseitigen Anwendung des Apparates und von der Wichtigkeit, welche derselbe für den Physiologen und Physiker hat, zu überzeugen, braucht man nur die zwei starken Bände Beobachtungen, welche Vierordt in den Jahren 1873 und 1876 herausgegeben hat, etwas näher anzusehen^). Dass derartige Apparate auch für die Astrophysik von Bedeutung werden können, dürfte aus dem Folgenden erhellen. Vierordt hat bereits seinen Apparat empfohlen für Untersuchungen an Stemspectren ^), und gern wäre ich schon eher bedacht gewesen, den Apparat auf den Himmel anzuwenden, wenn nicht andere Arbeiten meine Zeit in ') Die Anwendung des Spectralapp. zar Photom. der Absorptions- Spectren etc. Tübingen 1878; Die quantitaÜTe Spectralanaijse etc. Tü- bingen 1876. 9) Aitr. Nehr. Nr. 1863, p. 237. vom 8. März 1877. 107 Ansprach genommen b&ttexL Erst im Frühjahr 1876 wurde von Neuem meine Aufmerksamkeit diesem Gegenstande der Forschung zugewandt und zwar durch die Eeuntnissnahme eines nach anderen Principien construirten Apparates, welchen ich bei den Mechanikern Herren Schmidt und Haensch in Berlin sah. Einige Mängel, in der Gonstruction des Vierordt'schen Ap- parates begründet, auf welche ich weiter unten zu sprechen kom- men werde, machten mir die Anwendung desselben auf Gestirne etwas fraglich. Diese Mängel schienen mir bei dem neuen Apparate, desaen Gonstruction von Herrn Dr. Gl an angegeben worden ist, gehoben, und ich veranlasste daher die Herren Schmidt und Haensch mir einen ähnlichen Apparat anzufertigen, an dem ich jedoch nicht unwesentliche Änderungen, welche mir für die speciell astronomischen Zwecke wünschenswerth erschienen, anbringen Hess. Der Apparat ist. Dank den eifrigen Bemühungen und der Umsicht des Herrn Haenscb, in jeder Beziehung zufriedenstellend ausge- fallen, und kann ich den Apparat in der schliesslichen Form allen Facbgenossen empfehlen. Ich lasse hier eine kurze Beschreibung folgen. Bei S in der Figur 1 auf Tafel 1 befindet sich der Spalt, C ist eine CoUimatorlinse von 22 Cm. Brennweite, P ist ein stark zerstreuendes Flintglasprisma. Das Beobachtungsfernrohr F hat ein Objectiv B von gleicher Brennweite wie die GoUimatorlinse. In so weit weicht der Apparat nicht von einem gewöhnlichen Spectralapparat ab, es befindet sich aber bei D noch ein doppelt- brechendes Bergkrystallprisma, und bei N ein Nicolprisma. Ausser- dem ist der Spalt jS, dessen eine Backe durch eine Mikrometer- schraube bewegt werden kann, in der Mitte durch einen etwa 2 Mm. breiten Steg q getrennt (s. Fig. 2 Taf. 1). Ein total reflec- tirendes Prisma p lässt sich dicht vor dem Spalte so bewegen, dass man es nach Belieben vor die eine oder die andere Spalt- bälfte bringen^ oder auch ganz zur Seite schieben kann (s. Fig. 3 Taf. 1). Nehmen wir das letztere an, so werden, wenn der Spalt von einer Lichtquelle erleuchtet wird, von den beiden Spalthälften durch die Zerlegung des doppeltbrechenden Prismas Z>, 4 über- einanderliegende Bilder in der Brennpunktsebene des Fernrohrs F erscheinen, deren Intensität durch Drehung des Nicolprismas N paarweise bis zu Null abgeach wacht werden kann, da die aus dem 108 GesammtsiUung doppeltbrechenden Prisma D austretenden Strahlen senkrecht auf einander polarisirt sind. In der Brennpunktsebene des Fernrohrs F befindet sich nun ein Diaphragma, welches die beiden äusscrsten der 4 Bilder ver- deckt, so.dass man durch das Ocular 0 sehend, nur 2 Spectral- streifen beobachtet. Die Breite des oben erwähnten Steges q vor dem Spalt ist nun so bemessen, dass die beiden obenerwähnten Bilder sich berühren. Da dies aber für die verschiedenen Theile des Spectrums nicht gleichzeitig in voller Strenge zu erreichen ist, so lässt sich die CoUimatorlinse C etwas verschieben und hierdurch, sowie durch eine entsprechende Verschiebung des Oculars 0, an jeder Stelle des Spectrums jene Berührung auf das Genaueste her- beiführen. Wie bei den Vierordt'schen Apparaten ist es möglich das Gesichtsfeld des Fernrohrs, in der Richtung senkrecht auf die Längsausdehnung des Spectrums, durch 2 Schieber beliebig zu be- schränken, so dass man nur einen ganz schmalen Theil des Spec- trums, oder besser der beiden dicht übereinanderliegenden Spectren übersieht und die Beurtheilung der lutensitäts- Gleichheit der zu untersuchenden Stelle der Spectra durch nebcnliegende Theile nicht störend beeinflusst wird. Durch Drehung des Nicolprismas, welche mit Hülfe einer Theilung mm abgelesen wird, kann das eine Spectrum, z. B. das obere, völlig ausgelöscht werden, das un- tere hat dann seine grösstmöglichste Intensität. Bei einer Dre- hung von nur 45^ sind beide Spectra gleich hell. Stellt man nun das Yergleichsprisma j) vor die eine Hälfte des Spaltes und lässt Licht durch dasselbe fallen, während die freie Spalthälfte von einer anderen Lichtquelle beschienen wird, so rühren die beiden durch das Ocular 0 wahrzunehmenden, dicht übereinander liegenden Spectra von den beiden verschiedenen Lichtquellen her und man kann die Intensitäten an irgend welcher Stelle des Spectrums durch Drehung des Nicolprismas gleich machen und durch den Drehungs Winkel messen. Durch eine Drehung des Fernrohrs um eine durch die Mitte des Prismas, parallel zur brechenden Kaute desselben, gehende Axe und durch Ablesung an einem Gradbogen w, ist man im Stande, verschiedene und ganz bestimmte Theile der Spectra in die Mitte des Gesichtsfeldes des Fernrohrs F zu bringen, und es wird, wenn die Lichtquellen Spectra geben, deren Intensität nicht in allen vom 8. März 1877. 109 Theilen dieselbe ist, eine Drehung des Nicol- Prismas um einen anderen Winkel erforderlich sein^ um die betreffenden Stellen der Spectra gleich intensiv zu sehen. Auf diese Weise ist es möglich, die Intensitäten der verschiedensten Theile eines Spectrums, bezo- gen auf ein Normalspectrum^ zu messen, da die Intensitäten sich wie die Quadrate der Tangenten der Drehungswinkel verhalten. Der Hauptvorzug dieses Apparates gegenüber dem Vierordt'schen mit zwei übereinanderliegenden Spalten, liegt darin, dass man stets Farben von genau derselben Beschaffenheit vergleicht, während bei dem letzteren Apparate die Vergrosserung der Lichtstärke eines Spectrums durch weiteres Öffnen des Spaltes, stets nur auf Kosten der Reinheit des Spectrums geschieht, und mit der Abnahme der völligen Farbengleichheit in sehr schneller Weise das Auge, in Bezug auf Intensitätsschätzungen, unsicher wird. Mit dem so- eben beschriebenen Apparate ist man im Stande, ohne Weiteres Spectra von sehr verschiedenen Intensitäten zu vergleichen, wäh- rend man bei dem Apparate mit Doppelspalt bei grosser Intensi- tätsverschiedenheit immer bedacht sein muss, durch Einschaltung von Gläsern zu bewirken, dass die Spaltöffnungen nicht zu un- gleich werden, da bei zu weiter Öffnung des einen das zugehörige Spectrum zu unrein wird, bei Verminderung der Spaltöffnung des anderen Spaltes, über eine gewisse untere Grenze, jene Proportiona- lität zwischen Öffnung und Intensität nicht mehr besteht, indem Un- vollkommenhciten in den Spaltbacken und die nie fehlenden Staub- theile einen zu grossen Einfluss gewinnen. Die Anwendung von Rauchgläsern hat aber immer etwas Missliches, wie aus den im Anhang folgenden Beobachtungen hervorgehen wird. 2. Die Bedeutung spectralphotometrischer Beobachtungen fQr die Astrophysik. Es sei mir, ehe ich zur Mittheilung von Beobachtungen über- gehe, gestattet, in Kürze darauf hinzuweisen, von welcher Bedeu- tung die Spectralphotometrie für die Astrophysik zu werden ver- spricht, und wie sich ein neues ausgedehntes Feld der Forschung von grosser Tragweite zu erö&en scheint. [1S77] 10 110 Oesammtsitzung Ich wurde umsomchr die folgenden Bemerkungen ungern unter- drücken, als es mir in der nächsten Zeit selbst nicht vergönnt sein wird, weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete zu machen, da ich kein grösseres Fernrohr zur Verfugung haben werde, demnach nur dadurch die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand zu lenken vermag. Die Anwendung der spectroskopischen Methode erstreckt sich vorzugsweise auf selbstleuchtende Gestirne, so dass grade in Be- zug auf die uns zunächst liegenden Himmelskörper, die Planeten, welche mit reflectirtem Lichte leuchten, die spectroskopische Unter- suchung zwar sehr interessante Resultate zu Tage gefördert, aber unsere Erkenntniss nicht in dem Maasse erweitert hat, dass nicht sehr fühlbare Lücken, besonders in Bezug auf die physische Be- schaffenheit einiger Planeten, geblieben wären, die wir zum Theil durch photometrische Beobachtungen auszufällen im Stande sein werden. Wir beobachten mit Hülfe des Spectroskops elective Ab- sorptionserscheinuugen, welche das Sonnenlicht bei dem theilweisen Eintritt in die gasartigen Hüllen, welche die Planeten umgeben, erfährt, und werden gewiss mit der Zeit durch weiter fortgeführte terrestrische Untersuchungen jene eigcnthüm liehen Absorptions- bänder, wie sie vorzugsweise in den Spectren der beiden äusser- sten Körper unseres Planetensystems auftreten, deuten lernen. Neben den electiveu, sich nur auf sehr schmale Theile des Spec- trums erstreckenden Absorptionen, erleidet das Licht aber beim Durchgang durch Gasgemische Schwächungen, die sich über grosse Theile des Spectrums erstrecken und die nicht minder wichtig zur Charakterisirung desselben sind, als die Streifen und Bänder. Für diese Beobachtungen ist das Spectralphotometer geeignet^ es wird uns da eine Fortführung der Forschung ermöglichen, wo das ge- wöhnliche Spectroskop seine Dienste versagt. Wenn man von einer grösseren Anzahl Körper von bestimm- ter physikalischer Beschaffenheit, das Reflexionsvermögen für Strah- len verschiedener Brechbarkeit kennt, so wird man umgekehrt aus der Übereinstimmung dieser Grössen eines bekannten, mit analogen Grössen eines unbekannten Körpers, innerhalb gewisser Grenzen, auf die physische Beschaffenheit des letzteren zu schliessen berech- tigt sein, man wird daher mit dem Spectralphotometer, auf den Mond angewandt, Fragen über die Farbe und Oberflächenbeschaffen- heit dieses uns nächsten Himmelskörpers lösen können. vom 8, März 1877. 111 Bei den selbstleuchtenden Gestirnen wird das Spectralphoto- meter, wie bei den Planeten, zunächst das Studium des Spectrums vervollständigen helfen, indem es die relativen Intensitäten der ein- zelnen Spectralbezirke kennen lehrt. Wir werden möglicherweise mit diesem Apparate im Stande sein, in den Spectren veränderlicher Sterne, bei denen mit Hülfe des Spectroskops bisher kein nach- weisbarer Unterschied in Bezug auf die dunklen Linien hat erkannt werden können ^), Änderungen in der relativen Helligkeit der ein- zelnen Spectralbezirke wahrzunehmen und auf diese Weise einen Lichtwechsel, der durch die eigenthümliche innere Beschaffenheit der Weltkörper bedingt ist, von dem zu scheiden, der durch das Vorbeigehen eines dunklen Begleiters hervorgebracht wird, wie das z. B. bei Algol sehr wahrscheinlich der Fall ist. Die Bestimmung der Intensitätsverhältnisse in den Spectren der Fixsterne setzt uns aber ausserdem noch in den Stand, Folge- rungen über den Hitzegrad der Sterne zu machen, ja es dürfte so- gar möglich sein, wirkliche Temperaturbestimmungen (natürlich innerhalb weiter Grenzen) auszufuhren. Ich lasse hier Zöllners Worte folgen, der in einer Abhandlung über die Temperatur und physische Beschaffenheit der Sonne (Berichte der K. Sachs. Ge- sellsch. der Wissensch. 1873 Febr. 21 pg. 36 und 37) auch auf die Wichtigkeit der spectralphotometrischen Untersuchungen hin- weist ^Schwächt man . . . das helle Spectrum (von dem einen Kör- per herrührend) soweit ab, dass die Helligkeit einer beliebigen Strahlengattung mit der homologen des anderen Spectrums über- einstimmt, so müssen, falls die beiden Körper gleiche Temperatur besitzen, auch alle übrigen homologen Theile photometrisch mit einander übereinstimmen. Ist die Temperatur verschieden, so fin- det diese Übereinstimmung nicht statt, sondern wenn die beiden Spectra für eine bestimmte Strahlengattung (z. B. für die der Linie D entsprechende) photometrisch gleich gemacht worden sind, ') Die Vermuthung Secchi*8, dass in dem Spectrum tod a Orionis YeränderoDgen vorgehen, sind durch die Beubachtungen von Huggins und mir als unbegründet erfunden worden, ebenso konnte ich die Beobachtungen Secchi's über Veränderungen im Spectrum von R Geminorum nicht be- ttätigen. 10 • 112 Gesammtsitzung werden im Allgemeinen die starker brechbaren Strahlen des dem heisseren Körper angehörigen Spectrums über die homologen des kubleren prävaliren. Die Intensitäts Verhältnisse, welche hierbei stattfinden, sind Functionen der Temperatur, welche sich aus der Kirch ho frschen Function ergeben müssen. Aber auch schon ohne Kenntniss der letzteren, wurde diese Methode auf Sterne an- gewandt uns gestatten, die Temperatur Verhältnisse derselben wenig- stens qualitativ zu bestimmen, d. h. zu entscheiden, welcher von zwei Sternen eine höhere Temperatur besitzt.^ Ich habe zu derartigen Untersuchungen an Sternen mit dem oben beschriebenen Apparate eine Petroleumlampe in Verbindung bringen lassen, welche in Folge ihrer eigenthumlicheu Aufhängung, bei den verschiedenen Lagen des Fernrohrs, immer in derselben Entfernung von dem Reflexionsprisma (p) bleibt. Man kann sich, wie die Beobachtungen ergeben haben, innerhalb längerer Zeit auf die Gonstanz der Flamme verlassen und es wird auf diese Weise möglich, die Intensitätsverhältnisse in den Spectren verschiedener Sterne unter einander zu vergleichen. Nähere Mittheilungen über diese Einrichtungen des Apparates behalte ich mir jedoch vor, bis ich Beobachtungs- und Messungsresultate mittheilen kann. Ich habe das Spectralphotometer zuerst auf die Sonne ange- wandt und Beobachtungen angestellt, welche ich weiter unten mit- theilcn werde, zuvor lasse ich hier einige Untersuchungen über die Genauigkeit, welche die Messungen erreichen können, folgen. 3. Über die Genauigkeit der Beobachtungen mit dem Spectral- photometer. Um die Empfindlichkeit der Unterscheidung für Intensitäts- differenzen gleichfarbigen Lichtes oder mit anderen Worten um die Genauigkeit der Messungen mit dem Spectralphotometer zu be- stimmen, habe ich eine grössere Reihe von Beobachtungen ausge- führt, aus denen hervorgeht, dass dieselbe für die verschiedenen Farben nicht wesentlich verschieden und nur im äussersten Roth und Violett geringer ist als in den mittleren Theilen des Spec- trums. Für letztere hat sich als w, F. einer Einstellung 2.8 f vom 8, März 1877. 113 ergeben, im äusserstcn Roth und Violett wäclist derselbe bis zu 5f. Ich muss hierzu bemerken, dass diese Beobachtungen aus der ersten Zeit stammen und jetzt, nach grösserer Übung, der Fehler noch geringer anzunehmen sein wird. Hr. G. Müller, der sich sehr eifrig bei den folgenden Beob- achtungen betheiligte, hat seine ersten Beobachtungen mit einem 1/7. F, für eine Einstellung von 4 bis 5J- gemacht, bei späteren Beobachtungen schwankte jedoch der ?r. F, nur zwischen 1.2 und 2.8 If. Einige Beobachtungsreihen, die Hr. Müller mit einem Appa- rate mit Doppelspalt ausgeführt hat, welchen die Herren Schmidt & Haensch mir zu einer Prüfung freundlichst zur Verfügung ge- stellt hatten, geben eine ungleich grössere Genauigkeit. Es beträgt der w. F, einer Einstellung im Grün bei genügender Intensität 0.61^ im Blau 0.75 j|-. Es liegt meines Dafürhaltens diese grössere Sicher- heit lediglich in der Construction des Apparates und ist bedingt durch die feinere Einstelhing mit der Mikrometerschraube am Spalt, während an meinem Apparate die Drehung des Nicolprismas aus freier Hand nicht mit ähnlicher Feinheit ausgeführt werden kann, und eine Bewegung von 0?1 in den günstigsten Fällen schon einem Intensitätsunterschiede von 0?7 J} entspricht. Es wäre ein Leichtes, die Feinheit der Einstellung mit Hülfe einer Schraube zu erhöhen, es hat sich aber herausgestellt, dass ein langsameres Gleichmachen der Intensitäten, wie es mit Hülfe einer Schraube möglich wird, das Auge ungewöhnlich anstrengt und sehr bald ermüdet, und es meines Dafürhaltens vorzuziehen ist — bei Beobachtungen am Himmel, bei denen es aus verschie- denen Gründen erwünscht ist, nicht zu viel Zeit auf jede einzelne Beobachtung zu verwenden — ein schnelles Arbeiten zu ermög- lichen, auch wenn die Genauigkeit in Etwas darunter leiden sollte. Bei den meisten Beobachtungen sind übrigens 6, bei erschweren- den Umständen 8 bis 10 Einstellungen gemacht worden, sodass der w, F, des Mitt^^ls nur in seltenen Fällen 1 {{• überschreiten dürfte, eine Sicherheit, die ich für ausreichend halte. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass man bei Appa- raten mit Polarisation am Vortheithaftesten die Beobachtungen zu beiden Seiten desjenigen Punktes (Nullpunktes) macht, wo das eine Spectrum ausgelöscht ist, um eine etwaige fehlerhafte Stellung des Nicolprismas zu eliminiren. Auch ist es cmpfehlcnswerth, durch 114 GesammtsUzung eine BeobachtuDgsreihe im 1. und 4. und im 2. und 3. Quadranten eich zu überzeugen, dass der Apparat vollständig in Ordnung ist. Derartige Beobachtungsreihen haben Folgendes ergeben: Quadrant I IV II III 1. Reihe 50921 50915 50932 50944 Mittel 50918 50938 2. Reihe 17933 17927 17930 17953 Mittel 17930 17942 ich glaube, dass diese Übereinstimmung eine befriedigende genannt werden kann. Eine fernere Prüfung des Apparates kann darin gefunden wer- den, dass man eine möglichst constante Lichtquelle in verschiede- nen Entfernungen misst. Ich habe am 27. Sept. 1876 eine solche Beobachtungsreihe ausgeführt, die ich hier mittheile. Entfernung der Mitte der Flamme einer Petroleumlampe vom Spalt = e Beobachteter Winkel (Mittel aus 6 Einstellungen) = w Intensität / = 100 tg^w Die aus der Entfernung berechnete Lichtstärke J' ^= k-^ e 0™645 0.980 1.295 1.656 w 37952 26.98 20.73 16.83 J 58.97 25.91 14.32 9.15 J' 59.05 25.58 14.65 8.95 Eine andere Reihe habe ich am 10. October angestellt, welche fol- gendes ergeben bat (w Mittel aus 12 einzelnen Einstellungen): e 0?7323 0.8995 1.0815 1.2825 1.5110 1.7525 w 20953 17.01 14.41 12.24 10.26 8.98 J 14.03 9.36 6.60 4.70 3.28 2.49 J' 14.15 9.38 6.49 4.62 3.32 2.47 vom S. März 1877. 115 Das Spectralphotometer lässt sich an dem 9-zölligen Refractor der Berliner Sternwarte anbringen, und es ist noch eine dritte Prü- fung vorgenommen worden, indem das Fernrohr auf die Sonne ge- richtet wurde, so dass die Mitte des Brennpunktbildes von der Sonne auf die eine Spalthälfte fiel, während directes Sonnenlicht mit Hülfe eines an dem Spectroskop angebrachten Spiegels auf das Vergleichsprisma geworfen wurde. Das Objectiv des Fern- rohrs wurde, während das Uhrwerk für die Forlführung desselben sorgte, nach und nach abgeblendet und die verschiedenen Intensi- täten des Brennpunktsbildes wurden mit dem directen Sonnenlichte verglichen. Hr. Müller hat diese Beobachtungen am 9. October ausge- führt, leider war aber die Atmosphäre nicht ganz schleierfrei, so- dass ein Theil der Differenz zwischen Beobachtung und Rechnung jedenfalls den ungünstigen atmosphärischen Verhältnissen zuge- schrieben werden muss. Immerhin ist aber die Übereinstimmung recht gut und spricht für die Brauchbarkeit des Apparates. 1. Reihe Öffnung des Objectivs o = O^IOO .180 .160 .1395 .1195 w = 75910 73.70 72.03 69.70 66.23 J= 1412 1169 950 731 516 J' = ko^= 1451 1160 938 713 523 2. Reihe 0 = 0?800 .6075 .3950 .2675 w = 59953. 51.67 39.83 28.70 J = 289 160 69 30 J' = 280 161 68 31 4. Über die Abnahme des Lichtes von der Mitte nach dem Rande der Sonnenscheibe. Die Vertheilung des Lichtes und der Wärme auf der Sonnen- Bcheibe zu bestimmen, haben sich verschiedene Beobachter zur Auf- 116 Oesammtsitzung gäbe gestellt. Bouguer war der Erste, der durch Messungen nachwies, dass die Sonnenscheibe durchaus nicht gleichförmig hell sei, wie man bis dahin angenommen hatte, sondern dass eine be- trächtliche Abnahme der Intensität des Lichtes von der Mitte nach dem Rande hin zu beobachten sei. Da wir diese Wahrnehmung nur durch die Absorption einer Atmosphäre, welche die Sonne umgiebt, erklären können, gewinnt die Aufgabe, jene Absorption genau kennen zu lernen, an Interesse, und es hat sich namentlich Secchi bemüht, durch photometrische Beobachtungen, sowie auch durch Beobachtungen mit einer Thermosäule zur Lösung derselben beizutragen. Liais hat Versuche über die verschiedene Intensität des Lich- tes, Langley über die Wärme angestellt, w^ährend ich zahlreiche Beobachtungen ausgeführt habe, um die Absorption der chemisch wirksamsten Strahlen in der Atmosphäre der Sonne zu bestimmen. Aus einer Vergleichung meiner Beobachtungsresultate mit denen der oben erwähnten Beobachter schien hervorzugehen, dass die Ab- sorption in der Sonnenatmosphäre eine Function der Wellenlänge sei und mit der Abnahme der Wellenlänge wachse. Es liess sich dies nicht mit Bestimmtheit erkennen, da die Resultate der ver- schiedenen Beobachter zu stark untereinander abwichen, und ich entschloss mich daher bereits vor einigen Jahren, ausgedehnte Untersuchungen über diesen Gegenstand zu machen und für mög- lichst homogenes Licht von der verschiedensten Wellenlänge jene Abnahme der Intensität von der Mitte nach dem Rande der Sonnen- scheibe zu bestimmen. Auf diese bisher nicht veröffentlichten Beobachtungen werde ich weiter unten zu sprechen kommen, die hierbei befolgten Me- thoden der Beobachtung aber in einem vierten und letzten Hefte der Bothkamper Beobachtungen, welches in nächster Zeit im Druck erscheinen wird, zur Sprache bringen. Der geeignetste Apparat für derartige Untersuchungen dürfte das Spectralphotometer sein, und ich habe daher mit Hülfe des- selben jene Beobachtungen wieder aufgenommen und zum Abschluss gebracht. Das Photometer wurde zu dem Zwecke so an dem 9-zölligen Refractor der Berliner Sternwarte angebracht, dass der Spalt ge- nau in den Brennpunkt des Objectivs gestellt werden konnte. Während das Fernrohr mittelst des Uhrwerks fortgeführt wird, vom 8. März 1877. 117 kann man darch Bewegung in Declination verschiedene Theile des Brennpunktbildes auf den Spalt bringen. Einige Schwierigkeit verursachte es, eine Lichtquelle zur Vergleichung zu beschaffen, die nur annähernd mit der Intensität des Lichtes einzelner Theile des Brennpunktbildes der Sonne zu vergleichen gewesen wäre, bis ich auf die Idee kam, die Sonne selbst dazu zu verwenden. Ich habe mit dem Apparate einen beweglichen Spiegel M (Taf. 1 Fig. 1) in Verbindung gebracht, welcher an einem Messing -Arm von etwa 40 Cm. Länge sich befand^ damit der Schatten des Fern- rohres den Spiegel nicht verdeckte und das volle Sonnenlicht un- gestört mit Hülfe des Spiegels auf das Vergleichsprisma p (s. d. Fig.) gelangen konnte. Bei der Einstellung des Spaltes auf verschiedene Theile der Sonnenscheibe, ändert sich nun der Incidenzwinkel der auf den Spiegel fallenden Strahlen bis zu IG' (dem Sonnenradius), und man könnte Bedenken tragen, die Lichtmenge, welche der einen Spalt- hälfte, vor welcher das Reflex ionsprisma p steht, zugeführt wird, als constant anzusehen. Ich habe mich aber durch Versuche über- zeugt, dass die Intensität des Lichtes, bei einem mittleren Incidenz- winkel von 45° (welcher Fall bei den Beobachtungen vorliegt) erst bei einer Variation desselben bis =i= 6°, sich bis ca. 0.5^ ändert, bei den in Betracht kommenden Winkeln demnach als constant angesehen werden konnte. Ein zweites Bedenken gegen die Art der Beobachtung könnte darin gefunden werden, dass die Sonnenstrahlen, welche von dem Spiegel auf das totalreflectirende Prisma geworfen werden, bei einer Stellung des Femrohrs, wo sie senkrecht auf die Fläche des Prismas fallen, weniger Verlust durch Reflexion an der Prismen- fläche erleiden^ als bei jeder anderen Stellung. Ich glaube^ dass man auch hier bei der geringen Änderung des Winkels von höch- stens 16', keim.'u beträchtlichen Unterschied in der Intensität würde bemerken können, habe aber, da die Strahlen bei Veränderung des Einfallswinkels nicht nur unter etwas anderen Verhältnissen ein-, sondern auch austreten und sich ferner der Weg im Prisma etwas ▼erändert, einen Convexspiegel genommen, der im Vergleich zur Fläche des Prismas p einen grossen Zerstreuungskreis giebt. Die Strahlen fallen divergent auf die Fläche des Primas und man wird bei dieser Anordnung annehmen können, dass selbst bei sehr grossen Ändemngen des Incidenzwinkels der auf den Spiegel fal- 118 Gesammtsitzung lenden Strahlen, die von demselben reflectirten die Prismenfläche sehr nahe unter denselben Verhältnissen treffen werden. Das Objectiv wurde bei den Versuchen abgeblendet, um den immer noch beträchtlichen Unterschied zwischen der Intensität des Brcnnpunktsbildes und des directen Sonnenlichtes zu vermindern. Es schien mir diese Abbiendung unter eine gewisse Grenze nicht rathsam und habe ich daher bei späteren Beobachtungen vor dem Spalte noch ein Rauchglas angebracht. Der Spalt des Spectralphotometers wurde bei den Beobach- tungen so weit geöffnet, dass nur noch die stärksten Fraunhofer- sehen Linien zu sehen waren, und es geschah dies hauptsächlich desshalb, um die lästigen und die Beobachtungen sehr stark beein- flussenden Längslinien im Spectrum ganz zum Verschwinden zu bringen. Da die Intensität der Spectra bei einer solchen Spalt- öffnung aber zu gross wurde, um längere Zeit ertragen werden zu können, musste auch noch ein Rauchglas vor dem Ocular ange- bracht werden. Es dürfte erwähnenswerth sein, dass es gleichgültig ist, ob die absorbirenden Gläser vor dem Spalt oder das Objectiv des Fernrohrs die verschiedenen Farben gleich stark absorbiren oder nicht, da die Beobachtungen so angestellt worden sind, dass bei ein und derselben Farbe, die Intensitäten verschiedener Theile der Sonnenscheibc und jedesmal auch die Intensität in der Mitte der Scheibe bestimmt worden ist, und indem man nun die Intensitäten verschiedener Punkte auf die Intensität in der Mitte der Scheibe bezieht, die Beobachtungen frei werden von dem etwaigen Einflüsse des vor dem Spalt angebrachten Rauchglases oder des farbigen Objectivs. Die Einstellung der freien Spalthälfte des Spectralphotometers auf die verschiedenen Theile der Sonnenoberfläche glaubte ich mit Hülfe des Declinationskreises an dem äquatoreal montirten Re- fractor bewerkstelligen zu können, es zeigte sich aber die Monti- rung des Fernrohrs nicht stabil genug, um auch nur auf kurze Zeit sich auf die Unveränderlichkeit der Einstellung verlassen zu kön- nen. Ich musste daher einen anderen Weg einschlagen und habe mit dem Photometer einen durchsichtigen Schirm, auf welchem in gleichen Abständen horizontale und verticale Linien gezogen waren, in Verbindung gebracht, so dass die Mitte dieses Schirmes in der verlängerten optischen Axe des Suchers am Refractor gelegen vom 8. März 1877. 119 war und mit dem Sucher ein vergrössertes Bild der Sonne auf jenen Schirm projicirt werden konnte. Das eine der Liniensysteme des Schirmes wurde vor jeder Beobachtung parallel der täglichen Bewegung gestellt und dann durch Einstellung von Randpnnkten der Sonne auf den Spalt, der Mittelpunkt des Sonnenbildes auf dem Schirm bestimmt. Der Durchmesser des Letzteren betrug ca. 60 Mm., und da man mit Leichtigkeit bis auf 0.2 Mm. einstellen konnte, waren einzelne Partien der Sonnenscheibe bis auf 6'' ge- nau zu pointiren. Bei den Beobachtungen wurde die Mitte oder einer der Randpunkte zuerst und dann successive vorher bestimmte Punkte des Radius eingestellt. Es ist einleuchtend, dass bei dieser Vorrichtung selbst kleine Schwankungen im Uhrwerk oder Verän- derungen in Declination sofort merklich werden mussten und leicht corrigirt werden konnten. Beobachtungen, Ich gebe dieselben hier in reducirter Form. Zunächst ist der leichteren Übersicht wegen der Radius der Sonne bei allen Beobachtungen = 100 gesetzt, es sind ferner die Mittel aus den die Intensitäten bestimmenden Winkeln genommen, und die Intensitäten selbst im Vergleich zur Intensität in der Mitte der Scheibe berechnet worden. Durch Bestimmung des Intensitäts- verhältnisses des Himmelsgrundes in nächster Nähe der Sonne zur Mitte der Sonne, konnte hierbei noch der constante — allerdings nur höchstens 0.2 ^ betragende — Einfluss der erleuchteten Luft* Schicht berücksichtigt und in Abzug gebracht werden. Die Entfernungen von der Mitte der Sonnenscheibe sind mit j&, die Intensitäten mit J bezeichnet worden. 120 Gesammtsitzung Ociober 6. 1876, Beobachter G. Müller; Wellenlänge { ^?^ Mill. Mm. (Gelb). Objectiv bis auf 85™" abgeblendet; Himmel mit leichtem Schleier überzogen; die Intensitäten sind Mittel aus 12 Beobachtungen. Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 25 39 61 68 75 82 89 93 97 J 100 114 97 93 91 76 68 62 54 35 October 7, Beob. Vogel; Wellenlänge { tjg Mill. Mm. (Violett). Objectivöffnung 85"""; bei dieser und den folgenden Be- obachtungsreihen Rauchglas vor dem Spalt; Atmosphä- rische Verhältnisse günstiger als am 6. Oct, Sonnen- rand aber sehr stark undulirend; die Intensitäten sind Mittel aus 8 Beobachtungen. Oberer Sonnenrand bis Mitte. E 0 30 44 59 74 81 85 89 93 96 / 100 93 92 79 67 (54) 54 50 40 26 Beob. Müller; Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 21 39 58 72 80 83 87 91 95 J 100 96 94 83 71 63 61 53 49 38 Oberer Sonnenrand bis Mitte. E 0 22 59 81 89 96 / 100 99 (93) 64 56 31 Beob. Vogel; Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 21 39 87 95 J 100 96 97 58 39 vom 8, März 1677. 121 October 8, Beob. Müller; Wellenlänge {||§ Mill. Mm. (Dunkelblau). Objectivöffnung 85™"^; der Himmel war rein, und die Be- obachtungen sind ganz ohne Störung verlaufen. Die Intensitäten sind Mittel aus G Beobachtungen. Unterer Sounenrand bis Mitte. E 0 18 33 48 G3 71 78 85 89 92.5 96.3 / 100 9G 93 91 80 78 71 60 54 42 23 Oberer Sonnenrand bis Mitte. i!; 0 19 33 63 78 89 96.3 / 100 100 97 83 73 59 24 October 9. Beob. Muller; Wellenlänge {^}§ Mill. Mm. (Grün). Objectivöffnung 85"*™; Schwache Cirri in der Nähe der Sonne; die Intensitäten sind Mittel aus 6 Beobach- tungen. Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 8 24 38 53 68 75 82 90 93 97 / 100 98 92 95 95 81 74 69 57 50 25 October 21. Beob. Vogel; Wellenlänge { |^? Mill. Mm. (Blau). Objectivöffnung 120°"™; Atmosphärische Zustände günstig; die Intensitäten sind Mittel aus mindestens 6 Einstel- lungen. Oberer Sonnenrand bis Mitte. E 0 16 34 49 64 71 79 83 86 90 94 97 / 100 (91) 98 95 86 80 (81) 63 64 61 52 42 122 OesamnUsitzung Beob. Muller; Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 22 37 52 67 74 82 85 89 93 97 99 / 100 98 91 95 83 80 76 68 66 59 40 17 October 22. Beobachter Muller; Wellenlänge { ^ff Mill. Mm. (Roth). ObjectivöfFnung 120™"; es wurde noch ein rothes Glas vor das Ocular gesetzt; Luftznstand ganz vorzüglich; die Intensitäten sind Mittel aus mindestens 6 Einstel- lungen. Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 32 54 69 77 80 84 88 92 95 97 J 100 100 93 93 82 87 80 78 67 53 39 Beob. Vogel; Oberer Sonnenrand bis Mitte. E 0 31 54 69 76 80 84 88 91 95 98 J 100 97 II] 91 ^^^1 86 78 73 68 60 42 98J 85 J October 23. Beob. Vogel; Wellenlänge {|J^ Mill. Mm. (Violett). ObjectivöfFnung 120""; Luft durchsichtig aber sehr un- ruhig, zeitweilig ganz schwache Cirri; die Intensitäten sind Mittel aus mindestens 6 Einstellungen. Unterer Sonnenrand bis Mitte. E 0 40 55 78 82 86 90 94 97 / 100 90 90 67 61 55 49 39 26 Beob. Muller; Oberer Sonnenrand bis Mitte. E 0 11 27 42 57 65 73 80 84 88 92 96 J 100 99.6 97 90 91 77 64 60 54 50 44 30 vom 8. März 1877. 123 Es war mir möglich, die Intensität eines kleinen Sonnenflecks mit Fenumbra zu den ihm nächstliegenden Theilen der Sonnen- oberfläche zu bestimmen, und habe dafür die Zahl 0.533 gefunden. Es ist also der Intensitätsunterschied nicht grösser als der eines Stückes Sonnenoberfläche im Abstände 0.85 des Radius zur Mitte der Scheibe. Resultate aus den Beobachtungen. Ich habe zunächst aus den Beobachtungen durch graphische Ausgleichung diejenigen Curven abgeleitet, welche, möglichst nahe sich den Beobachtungen anschliessend, die Abnahme der Intensität von der Mitte nach dem Rande der Sonne darstellen. Hierbei war es nÖthig, aus der grossen Anzahl von Beobachtangen (125) 5 wegen zu starker Abweichung auszuschliessen, dieselben sind bei den vor- stehenden Beobachtungen geklammert. Die Genauigkeit der Beobachtungen ist durchschnittlich gerin- ger als bei den Beobachtungen an irdischen Lichtquellen, es ist dies bedingt einmal durch partielle Trübungen des Himmels^ die sich der gewöhnlichen Beobachtung entziehen, weil sie zu gering sind, bei feineren photometrischen Messungen aber sehr merklich werden können, anderntheils durch die Unruhe der Luft, die bei den vorliegenden Beobachtungen, besonders wenn man in der Nähe des Sonnenrandes, wo die Intensitäten so schnell sich verändern, beobachtet, einen sehr starken Einfluss auf die Genauigkeit aus- üben kann. In der folgenden Zusammenstellung erkennt man leicht die grosse Verschiedenheit der Intensitätsabnahme für die verschiede- nen Farben, und es ist durch die Beobachtungen unzweifelhaft dar- gethan, dass die Absorption der Sonnenatmosphäre für Strahlen gros- serer Brechbarkeit oder geringerer Wellenlänge wächst. Um den sehr beträchtlichen Unterschied für die äussersten Grenzen des sicht- baren Spectrums noch klarer zur Darstellung zu bringen, habe ich die Beobachtungen für Violett und Roth auf Taf. II zusammen- gestellt 124 Geaammtsitzung )n der Mitte Violett Dunkelblau Blau er Sonnen- scheibe lll\ MilLMm. **l\ MilLMm. 100.0 ^g^} MilLMm 0 100.0 100.0 5 99.9 99.9 99.9 10 99.6 99.7 99.7 15 99.2 99.3 99.3 20 98.5 98.7 98.8 25 97.5 97.8 98.1 30 96.3 96.8 97.2 35 95.0 95.6 96.1 40 93.4 94.1 94.7 45 91.2 92.2 93.1 50 88.7 90.2 91.3 55 85.7 87.8 89.3 60 82.4 84.9 87.0 65 78.7 81.7 84.2 70 74.4 77.8 80.8 75 69.4 73.0 76.7 80 63.7 67.0 71.7 85 66.7 59.6 65.5 90 47.7 50.2 57.6 95 34.7 35.0 45.6 100 13.0 14.0 16.0 vom 8. März 1877. 125 Entfernung ▼on der Mitte der Sonnen- scheibe Grfin Gelb ^i^g} Mill.Mm. Roth 0 100.0 100.0 100.0 5 99.9 99.9 100.0 10 99.7 99.8 99.9 15 99.3 99.5 99.7 20 98.7 99.2 99.5 25 97.9 98.8 99.3 30 96.9 98.2 98.9 35 95.7 97.5 98.5 40 94.3 96.7 98.0 45 92.6 95.7 97.4 50 90.7 94.5 96.7 55 88.6 92.9 95.9 60 86.2 90.9 94.8 65 83.4 88.0 93.2 70 80.0 84.5 91.0 75 75.9 80.1 88.1 80 70.9 74.6 84.3 85 64.7 67.7 79.0 90 56.6 59.0 71.0 95 44.0 46.0 58.0 100 16.0 25.0 30.0 [1877] 11 126 GesammUitzung Ich habe nun versucht unter der Vorauesetzang, dass die Ab- nahme des Lichtes von der Mitte nach dem Rande der Sonnen Scheibe die Folge einer absorbirenden die Sonne umgebenden Gas- hülle ist, die Beobachtungen durch einen mathematischen Ausdruck darzustellen. Den Weg dazu hat schon La place angegeben^ wel eher in dem 10. Bande der Mecanique Celeste die Bougu er' scher Beobachtungen dazu benutzt hat, die Absorption, welche die Atmo- sphäre der Sonne ausübt, sowie die Helligkeit zu berechnen, welche die Sonne ohne Atmosphäre haben wurde. Bezeichnet man nach Laplace mit 0 einen Bogen grossten Kreises auf der Oberfläche der Sonne, gemessen zwischen einena Punkte der Sonnenscheibe und der Mitte derselben, und nimmt den Radius der Sonne als Einheit, so wird ein Flächentheilchen a dei Sonne, von der Mitte nach der Entfernung sind versetzt, reducirl erscheinen auf den Raum acosd, die Intensität des Lichtes wird demnach gesteigert sein im Yerhältuiss 1 : cos 0. Die Abnahme, die man im Gegen theil beobachtet, ist Folge einer absorbirenden At- mosphäre, und die Intensität des Lichtes berechnet sich für den betreffenden Punkt zu e *^***^, wo e die Basis der natürlichen Lo- garithmen bezeichnet. Für die Mitte der Scheibe wird 0 = 0 and die Intensität ist dargestellt durch e~A Kennt man nun für einen Punkt im Abstände sin 0 das Intensitätsverhältniss fA dieses Punk- tes zur Mitte der Scheibe, so folgt: e c<>»^= /ixcosÖe--^, woraus : ^x ^ COSÖ /, /, . 1 1) /= -- — pjlgn^cosÖ-hlgn^u}. Die Annahme, welche Laplace macht, dass eine leuchtende Fläche als ein Aggregat von gleichmässig nach allen Seiten hin strahlenden Punkten zu betrachten, also ihre Lichtmenge unab- hängig vom Emanation s Winkel sei (wonach eine selbstleuchtende Kugel am Rande heller erscheinen müsse als in der Mitte), ist aber durch neuere Beobachtungen widerlegt. Diese haben im All- gemeinen ergeben, dass die Intensität der von einer leuchtenden Oberfläche ausgehenden Strahlen eine Function des Emanations- winkels q) ist, welche für 9 = 0 ein Maximum erreicht, und für 9 = 5 verschwindet. vom H. März 1877, 127 Zöllner hat in seinen photometrischen Untersuchungen (Leip- zig 1865) auf pg. 17 eine sehr einfache Erklärung dieser Eigen- schaft leuchtender Flächen gegeben, indem er die Fourier'sche Hypothese über Wärmeausstrahlung auf Licht überträgt und an- nimmt, dass die Strahlen eines leuchtenden Körpers nicht nur von seiner Oberfläche ausgehen, sondern die Lichtmenge von allen den Molecülen herrührt, die bis zu einer gewissen Tiefe unter der Ober- flache gelegen sind. Untersuchungen von Ericsson über die Ausstrahlung einer glühenden metallischen Scheibe unter verschiedenen Winkeln, sowie auch glühender Kugeln (The difference of thermal energy trans- mitted to the earth by radiation from different parts of the solar surface; Nature 1875 Dec. 9, 1876 Jan. 20), haben gezeigt, dass eine glühende Kugel aus grosser Entfernung betrachtet an allen Theilen gleich hell erscheint. Lohse hat Beobachtungen an einer glühenden Eisenkugel angestellt (Bothkamper Beob. Heft 3 pg. 39), bei denen sich ergeben hat, dass eine sehr geringe Abnahme der Helligkeit von der Mitte nach dem Rande hin zu beobachten ist. Bei einer kugelförmigen Lampenglocke aus Milchglas sind, wie Zöllner zuerst erwähnt, die theoretisch geforderten Bedingungen, welche für einen selbstleuchtenden resp. glühenden Körper nach der Fourier'schen Hypothese verlangt werden, gegeben, indem das Licht aus einer gewissen Tiefe herausstrahlt und in der That zeigt eine solche Lampenglocke in der Mitte und an den Rändern merk- lich dieselbe Helligkeit. Man wird daher weit eher annehmen dürfen, dass die Sonne ohne Atmosphäre als Scheibe von überall gleicher Helligkeit er- scheint, als dass sie eine beträchtliche Zunahme der Helligkeit nach dem Rande zeigt und hat dann für das Verhältniss \x der Intensität eines Punktes im Abstände sin b zur Mitte der Scheibe, folgende einfachere Formel: _ / 6 oo§9 \X = 3y— 1 woraus : ox ^ COSÖ , ^ ' •' 2sin''^Ö ^ Für die drei Beobachtungs-Reihen, welche ich für die sicher- sten halte : Violett, Dunkelblau und Roth, habe ich nun die Werthe 128 GesarnffUsüzung von / nach beiden Formeln berechnen lassen. Aus den sich er- gebenden Mittelwerthen von / sind dann die Werthe von ix zurück- berechnet worden und es hat sich herausgestellt, dass die Summe der Quadrate der Abweichungen zwischen Beobachtung und Rech- nung bei der ersten Reihe nach der Formel 1, 5 mal grösser ist als nach der Formel 2, bei der zweiten Reihe ist sie 10 mal und bei der dritten Reihe sogar 26 mal grösser. Wie gut verhältnissmässig die Beobachtungen durch die Formel 2 dargestellt werden, zeigen die folgenden Zusammenstellungen: / E 6 Dunkel- Violett Blau Blau Grön Gelb Roth 1 10 o 5.7 0.796 0.597 0.597 0.597 0.399 0.200 20 11.5 1 733 634 586 634 390 244 30 17.5 780 672 587 651 375 229 40 23.6 750 668 598 645 464 222 50 30.0 775 667 588 631 183 217 60 36.9 774 655 557 594 377 214 70 44.4 739 628 533 557 421 23G 80 53.2 i 677 600 479 516 439 256 90 64.2 572 533 427 441 408 265 Mittel 0.733 0.628 0.550 0.585 0.406 0.231 Aus den Mittelwerthen von / ist ß wie folgt zuruckberechnet worden; j\ bezeichnet die Abweichung der berechneten Werthe ha von den beobachteten im Sinne Beobachtung- Rechnung. vom 8, März 1877, 129 o PS o o o + + + 1 1 09 CO 1 Ci Ci f« CD CA oa QO o O O C« CO CO + + + CO »o t*- o» + 111 IS OD 9* O "^ Oi Cd Ä QO CO CO Cfi Qi Oi O Oi o CO O CO o O »O CO 9) Oa 00 t» uQ O -H CO »O CO I I I I C9 Ca C9 CO CO oa I + + + r* CO (M oo CO ca 00 r>- "^ »-H ca oa oa c^ oa ^ 1-4 r« o CO oa r- r- CO t^ CO •♦< O 1^ O« -^ lO MM Cil CO -^ kO C9 QO I + + + es 1^ oa -t* ^ 00 (N . o oa oa oa oa oa oa oa 00 00 CO -u« pq • O . ■ ■ o O oa oo CO CO oa CO -^ ^ oo O oa oa oa oa 00 00 t* CO CO • v4 • > O _ — — — - - - . - — I^ o o o o o o o o o ^ C^ CO "* »o CO t- QO Oi d 130 Gtsammtsitzung Für Gelb stimmt die berechnete Curve vollkommen innerhalb der zulässigen Grenzen mit der aus den Beobachtungen abgeleite- ten überein (selbst bei J5J = 95 d. i. bei einem Winkel ö = 70?8 ist die Abweichung erst + 42), dagegen fallen die berechneten Gur- ren für Grün, Blau und Violett schneller, die Curve für Roth langsamer ab, als die beobachteten. Durch eine Veränderung des Werthes von / innerhalb der Ge- nauigkeitsgrenzen lassen sich die grossen Abweichungen bei E = %Q und 90 nur wenig vermindern und bei stärkerer Veränderung wei- chen dann die anderen Beobachtungen um Grössen ab, die unzu- lässig erscheinen. Ich glaube, man muss diese Abweichungen nicht als zufällige ansehen, sondern muss ihnen eine gewisse Realität zuschreiben und dürfte die einfachste Hypothese zur Erklärung der- selben wohl die sein anzunehmen, dass die Intensität der von der Sonnenoberßäche ausgesandten Strahlen nicht nur eine Function des Emanationswinkels ^ sondern gleichzeitig der Wellenlänge sei und dass die Sonne ohne Atmosphäre für die brechbareren Strahlen als eine Scheibe erscheinen würde, die am Bande etwas v:eniger hell als in der Mitte, für die Strahlen mittlerer Brechbarkeit vollkommen gleich hell und für die weniger brechbaren Strahlen am Bande etwas heller als in der Mitte wäre. Unter diesen Annahmen würden sich die berechneten und die aus den Beobachtungen abgeleiteten Curven besser anschlicssen. Vielleicht gelingt es auch an glühenden Metallkugeln ähnliche Beobachtungen anzustellen, wenn die Beobachtungsmethoden nur genügend verfeinert werden. Ich möchte eine Bestätigung meiner Vermuthung darin finden, dass wenn man den Sonnenradius für die Beobachtungen im Vio- lett, Blau und Grün etwas grösser als 1, für die Beobachtungen im Roth etwas kleiner als 1 annimmt, die Rechnung sehr gut in Übereinstimmung mit den Beobachtungen gebracht werden kann. Eine Veränderung des Radius ^) für die verschiedenen Farben würde *) Dass die Übereinstimmung zwischen Beobachtung und Rechnung eine bessere wird, wenn man den Radius etwas verändert, könnte zu der Ver- muthung Veranlassung geben, dass der Sonnendurchmesser bei den verschie- denen Beobachtungen vielleicht innerhalb der Grenzen der Variation unsicher bestimmt worden sei, das ist aber nicht der Fall, da aus den Beobachtungen folgt, dass die Unsicherheit in der Bestimmung des Radius O.OOG seines Wer- thes nicht überschreitet. vom S. März 1877. 131 T einer Hiozufugiing eines Factors in der Formel 2 entsprechen, Icher eine Function des Winkels S und der Farbe ist. tf ( o C9 09 • o II O Oi "^ r-4 <\ 1 + •i:! — .._ 00 es — r^ o 04 ■^ Oi ä * 00 ^ o ö 5 o II P^ o o o »o »14 1^ 00 O) o^ l Um es '05 c ■ o II s OD ^ :3 O CO — t o» + + I 00 r>- lM C4 r- CD Oi »o i • O CO ^ CO "^ ; o o o »« t« 00 O'^ CJ 'S • »■• QO 00 II II e i 5^ tO CO t^ 00 I + + + OS «-• O Oi -^ s^ *n ^ r^ CO "^ CO o O O O »O t' QC oi c: 1 32 Oesammtsitzung Wie schon oben erwähnt stellt der Ausdruck e~-^ die Intensi- tät in der Mitte der Sonnenscheibe dar und es ergeben sich für die verschiedenen Farben folgende Werthe: Violett Dunkelblau Blau Grün Gelb Roth 0.481 0.534 0.577 0.55? 0.666 0.794 d. h. das Licht, welches von einem Punkte in der Mitte der Scheibe ausgeht, ist durch die Extinction in der Atmosphäre auf die hier ungegebenen Grössen reducirt. In Anbetracht der enormen Dimen- sionen welche die Ghromosphäre hat, ist diese Extinction sehr ge- ring. Eine Luftsäule von 0° und 0^76 Druck von 55 Klom. Höhe reducirt die durchgehende Lichtmenge 1 auf 0.25, die Ghromosphäre zu 3" bis 4" d. i. 2200 Klom. bis 3000 Klom. Höhe angenommen bringt jedoch erst eine Reduction auf durchschnittlich 0.5 hervor. Es dürfte nicht uninteressant sein, noch die Frage zu erörtern, wie hell uns die Sonne ohne Atmosphäre erscheinen iciirde. Man könnte zu dem gewünschten Resultate durch Integration des die Beobachtungen ziemlich gut darstellenden Ausdruckes e ^^ ge- langen, es ist aber einfacher eine Eintheilung der Sonnenscheibe in concentrische Zonen vorzunehmen, die Flächen der Zonen mit der aus den Beobachtungen zu entnehmenden Intensität zu multi- pliciren und diese einzelnen Producte zu summiren. Eine derartige Rechnung, bei welcher die Breite der Zone zu 0.05 angenommen worden ist (Radius der Sonne r = 1), giebt X J(s^^ el) TT = 2.17 für Violett; = 2.65 für Roth. Unter der frü- her gemachten Annahme, dass die Sonne ohne Atmosphäre in allen Punkten gleich hell sein würde, findet man für die Intensität der r^TT Scheibe ohne Atmosphäre -^, = 6.54 für Violett; = 3.96 für Roth. e ^ Die Sonne würde demnach ohne Atmosphäre uns für violettes Licht '-—r = 3.01 mal heller, für rothes Licht nur r^-— = 1.49 mal heller 2.17 '' 2.6Ö erscheinen. Laplace findet unter den von ihm gemachten Annahmen, dass die Sonne ca. 12 mal heller sein niüsste ohne Atmosphäre als mit derselben, wie wir oben gesehen haben entsprechen aber diese An- nahmen den Beobachtungen nicht. vom 8. Miir: iH77. 133 Ich möchte zum Schluss noch hervorheben, dass es meines Erachtens wichtig sein dürfte, die Beobachtungen über die Ab- sorption der Sonnenatmosphüre, die zur Zeit des Sonnenflecken- Minimums angestellt worden sind, in demselben Umfang auch zur Zeit des Maximums zu wiederholen, indem es doch sehr wahr- scheinlich sein dürfte, dass die Gesammtabsorption eine andere ist, da die Temperatur der Atmosphäre durch die enormen Ausbrüche glühenden Wasserstoffgases aus dem Sonneninneren jedenfalls er- höht wird und damit ihre absorbirende Wirkung sich ändert. Es ist ferner empfehlenswerth, bei besonders günstigem Luftzustande die Beobachtungen vielleicht nur für eine Farbe mit der aller- grössten Sorgfalt und über noch mehr Punkte des Sonnenradius sich erstreckend, durchzuführen, um feinere Unterschiede zwischen einzelnen Zonen der nördlichen und südlichen Hemisphäre der Sonne, die in den jetzt vorliegenden Beobachtungen angedeutet scheinen, mit Sicherheit zu ermitteln. Die rielligkeitsunterschiede zwischen Flecken, Penumbren und Sonnenoberfläche werden mit dem Spectralphotometer mit grosser Sicherheit bestimmt werden können^ sobald wieder Sonnenflecken von grösseren Dimensionen auftreten. Discussion früherer Beobachtungen über die Absorptionswirkungtn der Sonnenatmosphäre. Die umfangreichen Beobachtungen, welche ich früher über die Absorption der chemisch wirksamsten Strahlen in der Atmosphäre der Sonne angestellt habe, (Berichte der K. Sachs. Gesellsch. d. Wissensch. 1872 Juli 1) lassen sich recht gut mit Hülfe der For- - . /_ mol jtxtf-^ = e ****^ darstellen. Aus ca. 150 einzelnen Beobach- tungen ergiebt sich folgende wahrscheinlichste Curve für die Ab- nahme der Intensität von der Mitte nach dem Rande der Sonnen- Bcheibe ^) *) Einige Werthe weichen etwas von denen ab, die a. a. O. pg. 7 aiif- gefährt sind. Es hat eine Funktion von y und ^, die der Gleichung B'-'flp 8^flp 1 8flp — Z- H- — ■- H — -- = 0 oder, was dasselbe ist, der Gleichung 8 8 ( ^cp\ ^ _d r djp\ genügt. Hiernach giebt es eine Funktion von // und ^, die yl/ ge- nannt werden möge, für welche OvI/ 0(jp 8\I^ dq> 1) .-; = f 0 -■— ds ^8// dy ^8j ist, woraus folgt 8* vi/ 8"^^ _ L ^_^ _ dy^ 8r fl 8 ^ Ans den Gleichungen 1) folgt auch 8qp8\I/ dcp dy!/ 7 — ■ -\ = 0, 8?/ 8;/ 8j 8^ und hierdurch ist ausgedrückt, dass \!/ = const. die Gleichung der Kraftlinien ist, der Linien, die die Flächen gleichen Potentials senk- recht schneiden. Nun sei die Elektricität, deren Potential q> bezeichnet, auf lei- tenden Rotationskörpern, deren Rotationsachse die ^- Achse ist, verbreitet. Es sei ferner cU ein Element einer Meridiancurve einer 1 46 Gesammtsitzung der Leiteroberflächen, n die entsprechende, nach Aussen gerichtete Normale derselben; dann ist ^ =0, al80g^ = 0, mithin - = 3^cos(ny), _ = _cos(/^) , wo l eine beliebige von den beiden Richtungen des Elementes dl bedeutet. Die erste der Gleichungen 1) ergiebt daher ^3— cos(ny) = — co8(Z^) . Nun ist co8(ny) = db co8(/o); man wähle die Richtung / so, dass (If) spitz oder stumpf ist, je nachdem (ny) spitz oder stumpf ist; dann gilt das obere Vorzeichen und man hat dq> 3\|/ ^ 3^' "^ dl ' Bezeichnet h die Dichtigkeit der Elektricität in einem Punkte der Leiteroberfläche, so ist aber es ist also auch 3qp ^ = — 47rÄ; dn Diese Gleichung multiplicire man mit dl und integrire nach / von dem kleineren Werthe /' bis zu dem grösseren /"; dann erhält man 2) 2e = 4''— N^", wo e die Elektricitätsmenge bedeutet, welche auf der Ringfläche sich befindet, die durch die Kreise l = V und l = H' begrenzt ist, und \f/' und 4^" die Werthe von 4^ sind, die diesen Werthen von / entsprechen. Hiernach reicht es zur Bestimmung der Vertheilung der Elektricität auf den Leiteroberflächen aus, die Funktion \^ für alle Punkte dieser zu ermitteln. Jetzt werde angenommen, dass die Leiter die beiden Platten eines Condensators sind; für die Grundflächen der einen sei y = a vom 15, März 1877. 147 und y = a-f-6, für die der andern y = — a und y = — (a-t-^» so dass b ihre Dicke, 2a ihr Abstand ist; für ihre Randflächen sei ^ = R, R soll als endlicli, a und b sollen als unendlich klein angenommen und die Werthe von 4^ bis auf unendlich kleine Grössen bestimmt wcrdon. Es ist ausreichend den Fall zu be- trachten, dass die Potentialwerthe in den beiden Platten -+• 1 und — 1 sind, und den Fall, dass beide +1 sind; ist für diese beiden Fälle \|/ bestimmt, so findet man dasselbe auf bekannte Weise für den Fall, dass die b^den Potentialwerthe irgend welche sind. Es sei also zunächst 9 == 1 in der Platte, in der y positive Werthe hat, 9 = — 1 in der anderen. Für alle Punkte des Raumes, die in Entfernungen von den Rändern der Platte liegen, die gegen a unendlich gross sind, lassen sich dann die Werthe von 9 und \|/ in der folgenden Weise angeben. Man bezeichne durch ds ein Element der Kreisfläche, für deren Grenze y = 0, 0 = Ä ist, durch r den Abstand dieses Elementes von dem Punkte, auf den man q> und y!/ bezieht, und setze '^ J r' Für diejenigen Punkte der bezeichneten Art, die nicht zwi- schen den Platten liegen, ist dann 13^, 1 dU flp = — \I/ = — p h const. ^ 277 By ' 27r^3^ Dieses 9 hat eine einfache geometrische Bedeutung: es ist gleich der scheinbaren Grösse der Fläche, deren Element ds genannt worden ist, von dem Punkte aus gesehn, auf den sich q> bezieht, dividirt durch 2 7r, mit dem positiven oder negativen Zeichen, je nachdem dieser Punkt ein positives oder negatives // hat. Ist die kürzeste Entfernung dieses Punktes von den Rändern der Platten unendlich klein gegen R, so ist hiernach, wenn man 3) R — ^ = X setzt, 4) <3P = arctg — , TT X U wobei die Vieldeutigkeit des arctg durch die Bedingung gehob< wird, dass q> verschwindet, wenn y = 0 und x negativ ist. U 148 Gesammtsitzung %(/ für die Punkte der Oberflächen der Platten berechnen zu kön- nen, braucht man nur den Werth von ^ für ^ = o zu kennen. Dieser Werth ist wo Setzt man noch du 80 ist K=jVi--k'6in^u dE _ E — K dk " k ' und daher 5) 4' = -R(E—K) -+- const. TT Ist das durch 3) bestimmte w unendlich klein gegen jß, so folgt hieraus 6) y}/ = ~I2 — lg — 14- const. TT \ X J Für Punkte, deren Abstände von den Rändern der Platten unend- lich gross gegen a sind, und die zwischen den Platten liegen, ist und a 8) V = const. ^ 2a Ist X so klein, dass — verschwindet, so ist hiernach a t\\ I B Bx 9) V^ = const. 2a a Nun handelt es sich darum q> und \j/ für den Raum zu finden, für vom 15, März 1877. 149 den X und y von der Ordnung von a sind. Die Gleichungen 1) werden für diesen und zeigen also, dass, wenn man 10) t/' = <3p -f- 1 , - = .r -f- t y setzt, t(; eine Funktion von z ist. Durch diese Bedingung ist q> vollständig, \^ his auf eine additive Constante bestimmt, wenn man hinzunimmt, dass an der Oberfläche der einen Platte

und — - als rechtwinklige Coordinaten eines Punktes ansieht, das zu betrachtende Gebiet von z auf einem unendlichen Streifen in der w- Ebene conform abgebildet; es muss die Beziehung zwischen %o und r, die diese Abbildung vermittelt, aufgesucht werden, und das ist möglich vermöge der Eingangs erwähnten Methode des Hrn. Schwartz. Es werde eine dritte complcxe Variable, die t genannt werden möge, eingeführt, und man setze 11) ^^ = C(a. - 0""'. (a, - 0""'. ..(«,- 0'"". WO C eine im Allgemeinen complexe Constante, aj , aj , ... , »i , a^ , ... reelle Constanten und r• 1. Ist f( = 1, so hat man dz _ A dt a — "< ' 152 Gesamm tsitzung also oder nach 13) z = Ä(\g8 — ico) H- -B , woraus hervorgeht, dass die Linie gerade ist, im Unendlichen liegt und eine endliche Länge besitzt, die gleich tt mal dem Modul von A ist. Durchläuft der Punkt t seinen Halbkreis mit gleichbleiben- der Geschwindigkeit, so wird die entsprechende Linie von dem Punkte z auch mit gleichbleibender Geschwindigkeit durchlaufen. Was endlich den unendlichen Halbkreis in der Grenze des t- Ge- bietes anbetrifft, so ist für diesen dz -- — «,— a,— ..— « dlt also 1 — «1 — aj — ••• — a, (-t)^-"'-«-— -+B. Mit Hülfe von 13) erkennt man, dass hierdurch ein Kreisbogen dargestellt ist, der zum Mittelpunkte den im Endlichen liegenden Punkte c = -B hat, und dessen Radius unendlich gross oder un- endlich klein ist, je nachdem «i 4- «2 "+- •• H- «„ 2 1 oder > 1. Er wird von dem Punkte z mit gleichbleibender Geschwindigkeit durch- laufen, wenn der Punkt t seinen Halbkreis mit gleichbleibender Ge- schwindigkeit durchläuft. Ist das Z' Gebiet gegeben, so ist zunächst n bekannt, da n -h 1 die Zahl der geraden, im Endlichen liegenden Stucke der Begren- zung ist; für a, n- , «g^r , .. «^ tt kann man n beliebige der n-h 1 Winkel setzen, die je 2 aufeinanderfolgende dieser Begrenzungs- stücke in dem oben bezeichneten Sinne mit einander bilden. Die Grössen a und die Grosse C können theilweise beliebig gewählt werden, theilweise sind sie durch die Dimensionen und die Lage des ::- Gebietes zu bestimmen. Für das Gebiet von r, auf welches die hier zu entwickelnde Theorie des Condensators geführt hat, kann man hiernach setzen H) äz = ,JJ^::zfl<^-'^ dt , wo fji und X zwei reelle, positive Constanten bedeuten. Den Punkten vom 15. März 1877, 153 / = zh X entsprechen dann, wenn nx > X ist, die Punkte z = zt. ia^ den Punkten t = dz u die Punkte z = dz i (a-i-b), dem unend- lich kleinen^ um i = o beschriebenen Halbkreise, der zur Grenze des f- Gebietes gebort, die Linie, für die -einen unendlich grossen, positiven, constanten Werth hat, und für deren Endpunkte y = dza ist, dem unendlichen Halbkreise endlich, der die Grenze des ^Gebie- tes vervollständigt, ein gegen a unendlicher Kreisbogen , dem nur ein gegen a endliches Stück fehlt, um ein voller Kreis zu sein, und X für dessen Endpunkte - einen unendlich grossen, positiven Werth a hat und y = dz (a -\- b) ist. Um die Constanten X , u durch a und b auszudrücken, integrire man zunächst die Gleichung 14) über den unendlich kleinen, um t =^ o beschriebenen Halbkreis; dann findet mau Dieselbe Gleichung integrire man ferner über den unendlich grossen, zur Grenze des /-Gebietes gehörigen Halbkreis; man hat hierbei dz = 2al / — I \d zu setzen und findet daher 2 I -.3 a-^b __ X'4-/*' a " 2 Hieraus folgt t/2 (2a '\-b) -/2 b 15) M-hX == 1/- ^ ^ , ^ — X = 1/ r TT a 1 IT a Um die gesuchte Beziehung zwischen z und dem durch 10) defi- nirten w zu finden, muss man zu der jetzt festgestellten Beziehung zwischen z und t eine zwischen t und xo hinzunehmen, durch welche das Gebiet von t conform abgebildet wird auf einem unendlich lan- gen Streifen in der tr- Ebene, von dessen Enden das eine unendlich kleinen, das andere unendlich grossen Wertheu von t entspricht. Eine solche Abbildung wird vermittelt durch dw A dt "^ J 154 Oesammtsitzung also w = Algt -\' B ; die GoDStanten Ä und B sind hier so zu bestimmen, dass

y—e)w-r) bei Rücksicht darauf, dass t unendlich klein ist, folgt hieraus = A/ülH -lg lg h2A/uig^ a 2 ^ 2X^t 2 ^ 2hfx ^ oder bei Rücksicht auf 15) * a ^ 2a 2a ^ b Diesen Ausdruck, so wie den in 17) angegebenen Werth von C denke man sich in IG) substituirt und vergleiche das Resultat mit der Gleichung , R' Rx yy = const. , 2a a x^ die nach 9) gilt, falls — unendlich klein ist. Die mit const. be- a zeichnete Grösse ergiebt sich dann 18) = f H- ^ (lg 11(1« 4:^ + iL ,g ?.« ±i) , 2a TT \ ^ Bdf 2a ^ b J wo e die Basis der natürlichen Logarithmen bedeutet. Dieser Aus- druck ist nach 8) und 2) das Doppelte der Elektricitätsmenge, welche die ganze Condensatorplatte enth<. 1 56 GesammUitzung Die Elektricit&tsmenge der zweiten Condensatorplatte ist eben 8o gross, aber von entgegengesetztem Vorzeichen. Setzt man 6 = 0, so kommt man auf den von Hrn. Claus ins behandelten Fall; der Ausdruck 18) wird dann S? R, 87rÄ 1 lg 2a TT ea oder, wenn man für tt und e ihre Zahlenwerthe setzt, E^ E, E -H-- lg 9,246-. 2a TT a Statt dessen hat Hr. Clausius bei der hier gebrauchten Bezeich- nung gefunden ff E , E — -h- lg 8,84-. 2a TT ° a Der Unterschied der Zahlencoefücienteu erklärt sich durch die Un- sicherheit, die die lange numerische Rechnung, durch welche Hr. Clausius zu seinem Resultate gelangt ist, noth wendig mit sich brachte. Viel leichter ist der zweite der beiden Fälle zu behandeln, die hier betrachtet werden sollten, der Fall, dass in beiden Platten 9=1 ist. In diesem ist für alle Punkte des Raumes bis auf un- endlich Kleines 2 ^ E m = — arctg — , TT U WO u die positive Wurzel der Gleichung ^ ' ^ = 1 ist und wo der arctg zwischen 0 und - liegt; d. h. es hat y den- i selben Werth, wie wenn statt der beiden Platten nur eine vorhan- den wäre. Die Elektricitätsmenge einer jeden der beiden Platten ist E TT Es soll jetzt die Theorie des Eingangs erwähnten Thomson- sehen Condensators entwickelt werden. Es lässt sich derselbe fol- vom 15. März 1877. 157 gendermaasscn beschreiben: der untere, horizontale Boden einer me- tallnen, cylindriscben Buchse bestellt aus zwei Theilen, einem äusseren, dem Schutzringe, und einem inneren, der die Collektor- platte genannt werden möge; unter diesem Boden, in kleinem Ab- stände von demselben befindet sich eine Metallplatte von gleicher Grosse. Das Potential in dieser sei = 0, während es in der Büchse und der CoUek torplatte =1 sei; es handelt sich darum die Elek- tricitätsmenge der Collektorplatte zu finden. Die Gleichung der oberen Fläche der Platte, in der (^ = o ist, sei ^ = 0, die Glei- chungen der Grundflächen der Collektorplatte und des Schutzringes seien y = a und y = a-hby die Gleichungen der Randflächen der Collektorplatte und des Schutzringes endlich ^ = R — c und o=^E-\-Cy so dass a der Abstand der Collektorplatte von der unteren Platte, b die Dicke der Collektorplatte und 2 c die Breite des ringförmigen Zwischenraumes zwischen dieser und dem Schutzringe bedeutet. Oj 6, c werden als unendlich klein gegen B, die Breite des Schutz- ringes als von derselben Ordnung wie B vorausgesetzt. In endlicher Entfernung von dem Kreise, für den y = o^ o = R ist, ist oberhalb der Collektorplatte und des Schutzrings 9 = 1, unterhalb 9 = - , dort ist 4^ = const, hier a 19) vf/ = ^ const. Es sind (p und vf/ für Punkte, die unendlich nahe an jenem Kreise liegen, zu berechnen. Setzt man wieder 80 ist w eine Funktion von z. Man bilde das zu betrachtende Gebiet von z wieder auf der Hälfte der <- Ebene ab. Das geschieht durch die Gleichung WO Ny k, X positive Constanten bedeuten sollen, von denen k<.l und X > 1. Den unendlich kleineu Halbkreisen, deren Mittelpunkte die Punkte < = d: - sind, und die zur Grenze des t- Gebietes A [1877] 13 158 Qenammtsitzung gehören, entsprechen dann in der Grenze des r- Gebietes gerade Linien, fQr welche - = ih oo und für deren Endpunkte ^ = 0 und y = a ist; dem unendlich grossen Halbkreis in der Grenze des <- Gebietes entspricht ein gegen a unendlich grosser Halbkreis in X der Grenze des 2- Gebietes, für dessen Endpunkte - = dt 00 und a y =1 a-^b ist; den Punkten / = zfc 1 und f = it 7- k endlich entsprechen die Punkte z = ±c-+-ta und z = du c -\- i (a -\- b) , Man erhält die verlangte Beziehung zwischen z und u;, wenn man zwischen w und t die Gleichung w = —lg htC7 festsetzt, in der C eine reelle Constante bedeutet. Hieraus folgt für die Oberfläche der CoUektorplatte, für die O - ist, 21) ^^ = ^lg^;^+CÄ. Die Gleichung 20) lässt sich schreiben V(i^t')(i-k't')\ 1-xv ; Bei der Bezeichnungsweise Jacobi's ist daher, wenn man < = sinamu,/: , >. = Arsinamnr, A* setzt. »r *a 7^, X co8am«Aam«„, smama oder auch vom lö. März 1877. 159 V da da ^S(«) rfa' ) ^ Ig S (u) S (u _ «) d_ S,(cO Ju ^ ^S(u-H«) da ^^ia) Macht man nun 80 kann )S, da ^ 1 sin am « >• — a: ist, reell und zwischen o und iiT gewählt werden. Man hat dann »3 TT JtJP S(«) = ,6 Sf/T 4A'.3x(/3) |3»r n^ und daher „ (d\gb,{ß) d »(ß) d»lgS,(iÖ)\ oder, wenn man setzt. __ __ &()ß) rf ^;(/3)^rfigS(u) ^ ^" ■" ^'r- (ö) dö a(,3) "^ " du "■ *^&i(/3-t-»0''^i(/3") dß ä()Q)' Die Bedingung, dass für M = dt üT r = it c -h ta und für M = dtK-hiK* r = it c H- t (« -+- ft) werde, ergicbt zur Bestimmung der 3 Constanten, A^, A:, ß die Olei* chungen 13« 160 OeBontnUsiizung 22) Nc = — Ä"^ 3(/3) d S[(ß) Na= - B,(ß) dß »iß) n_ B(ß) d_ S^ß) 2 äJcS) dß S(ß) ^{"§-4-^) = 2-x- in Folge der beiden ersten von diesen lässt die Gleichung für Nz sich schreiben 23) iv. = ^4 ..llilC!0_^« 1^:^:0. K du TT ° 3"! (;0 H- w) Durch Einführung von u und ß wird die Gleichung 21) , E, sin am u — sin am/3 ^^ ^ = ~lg-^ :- 75-^^^' TT sinamu + sinamp Für einen Punkt der oberen Grundfläche der CoUektorplatte, für X den - unendlich gross ist, ist sin am u unendlich gross, also \P = CR. Setzt man für Punkte dieser Grundfläche^ deren Entfernungen vom Rande von der Ordnung von R sind, und für die, wie bemerkt, \^ constant ist, %// = o, so ist also C = o und 24) , R^ sinamu — 8inam/3 TT sinamu + sinamp X Für Punkte der unteren Grundfläche der CoUektorplatte, für die — a unendlich gross ist, ist u — ß unendlich klein und positiv, und da- her nach 23) ^ "" ''k'^ N dß~ "";r^^ 3,(2/3) und nach 24) , Ä, (u — /3)cosam/3dam)8 ^ = -lg-— -■ r 72 TT 2 Sin am /^ vom 15. März 1877. 161 Benutzt man, dass sinaraö = ^-— - ^^-^ , cosam/J = —-fr ^-7^^» und 3(0)^,(0)3,(0)3,(2/3) = 23()3)3,(/2)3,(/3)^,(/3) ist, 80 folgt ans diesen beiden Gleichungen , ^ _Äx 2_i?/c^^ TT rflgS(/3) 3,(/3)^,(/3)\ "^ an yalK 2Na dß ^3,(o)3,(o) / Da nun nach 19) wiederum , /?' Bx c^ = const. 2a a ist, falls — unendlich klein, so ergiebt sich für die mit const. be- a zeichnete Grosse, d. h. für das Doppelte der Elektricitätsmenge, die die Collektorplatte enthält, der Ausdruck 96^ ^'^2-?r'^^-4--^ r/lg^(/3) 3,(/3)S,(/3)\ ^ 2a TT \a2K 2Na dß "^ ^3i(0)^,(0) )' Im Allgemeinen ist die Berechnung desselben beschwerlich, da sie die Auflösung der Gleichungen 22) nach ^% /3, iY erfordert; sie ist aber sehr leicht, wenn man die Dicke der Col lektorplatte h als unendlich gross gegen die Breite 2 c des Zwischenraumes zwischen ihr und dem Schutzringe annimmt und sich begnügt, neben den endlichen Gliedern die unendlich kleinen Glieder niedrigster Ord- h nung zu berücksichtigen. Nimmt man — als unendlich gross an c und berücksichtigt nur endliche Glieder, so genügt man den Glei- chungen 22) durch ^- = 0 , tg/3 = - , A' = ~-, ^ a 2c und der Ausdruck 25) wird dann t < 162 GesammUltzung (/3 tg/3 -h lg cos/3) . 2a 7c Um seinen Werth genauer zu finden, setze man J = tg/3o ; die dritte der Gleichungen 22) giebt danu _,g, = .- =2^1+^^ + --j und die beiden ersten geben ^ = /3o — 45'8in2/3o. In Folge hiervon wird der Ausdruck 25) ()ßotg/?o-H Jgcos^ßoH- 4gsin^/2o) . Der Ausdruck 25) ist auch leicht in dem Falle zu berechnen, dasi 6 = 0 ist, einem Falle, der aber ein geringeres praktisches Interesse darbietet. In ihm ist A; = 1 und die Elektricitätsmenge der Col lektorplatte W R 1 ~" 4a TT >? — 1 ' wo X aus der Gleichung c 27. . >. 4- 1 — TT = — h Ig zu bestimmen ist. vom iö. März 1877. 163 An eingegangenen Schriften vsurden vorgelegt: Bulletin de la Societe mathtmatiijut: dt France. T. V. N. 1. Paris 1877. 8. Bulletin de la Societe Imp, det* naturalistes de Moscou, Annec 1876. N. 3. Moscou 187G. 8. A/males de l' Obaeri'atoire de Moscou, Vol. III. Livr. 1. ib. 1877. 4. J. Timme, Memoire 8ur le rahotaye des metaux, St. Petersbourg 1877. 8. 2 Ex. M. Thiescn, Zur Theorie des Schulen- Anemometers, ib. eod. 4 Ex. — , Zur Theorie der Windstdrke-Ta/el. ib. 1875. 4. Extr. The numismativ vhronicle. IS 76. Part TV. London. 8. Verhandlungen des natur/orsvhenden Vereines in Brunn, XIV. Bd. 1875. Brfmn 1876. 8. Mit Begleitschroibon. Journal of the chendcal Society, 1876. Vol. I. II. Supplementary Number. N. CLXX. Febr. 1877. 1877. Vol. I. I^»ndoii 1876/77. «. Landttirthschaßliche Jahrbücher, VI. Bd. (1877). Supplementheft. Berlin 1877. 8. Bullettino di Archeolat/in cristianu. Terza Serie. Anno I. Koma 1876. 8. Bulletin de la Societe de ifeotjraphie, Janvier 1877. Paria 1877. 8. Zeitschrift der Deutschen tjenUujischen Gesellschaft, XXVIII. Bd. 3. Heft. Berlin 1876. 8. Mittheilungen aus dem Jahrbuche der K, Ungarischen geologischen Anstalt, IV. Bd. :J. Heft. Budapest 1876. 8. Monthly Xotices if the H, astronumical Societi/, Vol. XXVII. N. 4. Februar 1877. London. 8. R. Wolf, Astrunoihiftrhe Mittheilungen. XLII. Febr. 1877. 8. Ilei'ue scientifique de la Franre et de letranger. .N. 37. Paris 1877. 4. (.). Bottger, Cber eine neue Kidechse aus Brasilien, 8. Annales de chimie et de physique. V. Sor. Fevr. 1877. Paris 1877. 8. — A. Grisebath, La rrgetatinn du (Hube, (hirrage trad. de l' Allemand par P, de Tchihatvhef T. 2. Faso. l. Paris 1877. 8. — Von Hrn. V. Tcbihati'hef. Proceedings of the lt. Society of Edinburgh, Session 1875 — 76. 8. Transactions of the I{. Society of Edinburgh. V..I. XXVII. Part IV. for the Session 1875—76. 4. Mit Begleitschreiben. Historiae Patriae Monumenta. Tomus XVI. Leges municipales. T. II. 1. 2. Augustae Tavrinnrum. 1876. Fol. Mit Begleitschreiben. Zeitschrift des K. Preuss. Statistischen Bureaus, Jahrg. 16. 1876. Berlin 1876. 4. Transactions of the zoological Society. Vol. IX. Part. 10. London 1877. 4. 164 Öffentliche Sitzung 19, März, Sitzung der physikalisch - raathemati- schen Klasse. Hr. Reichert las über das vordere Ende der Chorda dorsalis bei frühzeitigen Haifisch-Embryonen (Acanthias vulgaris). 22, März. öflFentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Geburtsfestes Sn Majestät des Kaisers und Königs. Der an diesem Tage Vorsitzende Sekretär der Akademie, Hr. Kummer, eröffnete die Sitzung mit folgender Festrede: Der Geburtstag unseres erhabenen Kaisers und Königs, wel« eben unser gesammtes Vaterland als einen Festtag feiert, hat auch die Königliche Akademie der Wissenschaften zu der heutigen öffent- lichen Sitzung vereinigt, in welcher es mir obliegt den Gefühlen des Dankes und der Freude, welche diese Feier in allen preussischen und deutschen Herzen erregt, im Sinne unserer Akademie einen Ausdruck zu geben. Wohl geziemt es sich an diesem Tage der Grossthaten unseres Kaisers und Königs zu gedenken^ durch welche er unser engeres preussisches Vaterland zu neuer Macht und neuem Ansehen erhoben und unser deutsches Vaterland aus tiefem Schlafe der Ohnmacht wieder erweckt und geeinigt hat. Wohl gedenken wir auch der schweren Kriege und der blutigen Schlachten, welche geschlagen werden mussten, um das Vaterland vor dem Untergänge zu be- wahren und es zu der Grösse zu erheben, in welcher es jetzt her- vorragt. Wir vergegenwärtigen uns dabei mit besonderer Vorliebe die Heldengestalt unseres Königs und Kaisers, wie er in diesen Schlachten als Heerführer gebietet, und überall an die preussischen und deutschen Fahnen den Sieg zu fesseln weiss. Aber ich kann es nicht unternehmen diese Thaten hier würdig zu schildern, denn vom 22, März 1877. 165 alles was ich darüber zu sagen vermochte, wurde der Wirklichkeit gegenüber nur matt und kraftlos erscheinen. Ebenso würde ich mich auch nur vergeblich bemühen die Empfindungen zu erneuern, von denen wir alle damals durchdrungen waren, als unser König an der Spitze des vereinten deutschen Heeres auszog, um Deutsch- lands Ehre und Selbständigkeit zu retten; als sodann die Berichte über die erfochtenen grossen Siege zuerst an unser Ohr drangen; als endlich nach langem schwerem Ringen der Friede geschlossen war, der unserem deutschen Vaterlando zwei in der traurigen Zeit seiner Schwäche ihm geraubte Provinzen zurückgab, und als nach Vollbringung solcher Thaten unser König als deutscher Kaiser zu- rückkehrte, um mit gewohnter Gewissenhaftigkeit und Treue die Regierung wieder von hier aus zu führeu, um die Wunden zu hei- len, welche der Krieg geschlagen hatte, und Deutschlands neue Verfassung zu gründen und zu befestigen. Diese grosse Zeit, welche mit zu durchleben uns vergönnt gewesen ist, wird uns allen stets unvergesslich sein, und die Verehrung gegen unseren Kaiser und König, welcher in derselben die Geschicke unseres Vaterlandes mit starker Hand geleitet hat, kann niemals aus un- seren Herzen schwinden. Aber solche grossartige Momente in der Geschichte Deutsch- lands, wie in dem Leben unseres Kaisers und Königs, können sich nicht immer wiederholen. Im Besitze dessen, was Preussen und Deutschland nach aussen zu erstreben hatte, erfreuen wir uns seit- dem des Friedens, und fern von aller eiteln Ruhmsucht, hat die deutsche Nation, mit ihrem Kaiser Wilhelm an der Spitze, kein Verlangen nach neuen kriegerischen Lorbeeren, sondern nur den Wunsch in der Ausbildung und Ausübung der Künste des Friedens mit anderen Nationen zu wetteifern. Unserem von Gott hoch begnadigten Kaiser und König ist es vergönnt worden auch in seinem jetzt vollendeten achtzigsten Lebens- jahre zum Heile seines Volkes die Pflichten seines hohen Berufes in ungeschwächter Kraft zu erfüllen. Er hat das ganze Gewicht seines hohen Ansehens dafür eingesetzt den von Osten her be- drohten Frieden Europas zu erhalten. Ein bedeutender Fortschritt in der geistigen Einigung der verschiedenen deutschen Stämme auf dem Gebiete des Rechts, welcher durch den Erlass der Justiz- gesetze gemacht worden ist, zeigt uns einen neu(;n Erfolg seiner Regierungsthätigkeit. Der Tod der ihm doppelt verschwägerten 166 Öffentliche Sitzung hohen Frau, welcher unser Königshaus in tiefe Trauer versetzt und das Mitgefühl des ganzen Landes erregt hat, niusste sein Herz besonders traurig bewegen. Aber wir haben auch ein besonders freudiges Ereigniss dieses Jahres in dem Leben unseres Kaisers zu verzeichnen, sein siebzigjähriges militärisches Dienst Jubiläum, welches am ersten Januar vvelche das preussisclie Volk in den Freiheitskriegen gezeigt hatte, war längst verschwun- den, es war von derselben nur ein sehr unbestimmter Drang nach der Einheit Deutschlands und nach grosserer politischer Freiheit übrig geblieben, welcher darin eine gewisse Berechtigung hatte, dass der König Friedrich Wilhelm der dritte selbst den Willen ausgesprochen hatte, eine freiere Verfassung des preussischen Staats einzufuhren. Je langer die Erfüllung dieses königlichen Wortes verschoben wurde, um so mehr verbreitete sich eine gewisse Miss- stimmung und Unzufriedenheit, welche namentlich durch den Man- gel politischer Bildung, der in dem eigentlichen Biirgerthume herrschte, gefährlich wurde, und als von Frankreich her mit der Entthronung Louis Philippe's und der Einführung der Republik vorgegangen worden war, dahin führte, dass auch bei uns die staatsgefährlichen Elemente die Oberhand erhielten und als Strassen- demokratie eine Zeit lang eine unheilvolle Rolle spielten. Ihr ge- furchtetster Gegner war das Militär, gegen dieses und namentlich gegen den Prinzen von Preusseu, als den hervorragendsten Vertreter desselben, richtete sich daher ihr ganzer Hass, welchem der König so weit nachgeben zu müssen glaubte, dass er dem Prinzen sei- nem Bruder befahl auf einige Zeit Preussen zu verlassen und sich nach England zu begeben. Aber auch in dieser traurigsten Zeit seines Lebens bewährte der Prinz von Preussen seine Seelengrösse durch unerschütterliches Festhalten an seiner Pflicht, durch die ihm als Soldaten gewohnte Tugend der Unterordnung unter höhere Be- fehle, und durch die echt christliche Tugend des vollständigen Ver- gebens aller ihm angethaneii Kränkungen und Beleidigungen. Nach seiner Rückkehr aus England lebte er einige Monate in der Zurückgezogen hei t, ohne ein bestimmtes militärisches Comman- do. Als aber im folgenden Jahre eine Armee zusammengezogen wurde, welche die Aufgabe erhielt das Badcnsche Land von den daselbst zur Herrschaft gelangten Insurgenten zu befreien, und den vertriebenen Grossherzog, als den rechtmässigen Landesherren, wieder einzusetzen, wurde der Prinz von Preussen vom Könige zum Oberbefehlshaber dieser Neckararmee ernannt. Hier, wo der 170 Öffentliche Sitzung Prinz das erstemal als Feldherr auftrat, rechtfertigte er das in ihn gesetzte Vertrauen in vollera Maasse, indem er die ihm und seiner Armee gestellte Aufgabe in der kürzesten Zeit vollständig erfüllte. Durch das hohe Vertrauen seines Königlichen Bruders erhielt er auch ferner stets die wichtigsten militärischen Commandos, und es wurde ihm auch äusserlich durch seine Ernennung zum General- obersten der Infanterie die höchste militärische Rangstufe verliehen. Bei der Feier seines fünfzigjährigen Militärdienst-Jubiläums sprach sich ebenso die allgemeine Anerkennung aus, welche er in diesem seinem Berufe sich erworben hatte. Dieses schöne Fest sollte aber zugleich auch einen würdigen Abschluss seiner bisherigen rein mi- litärischen Berufsthätigkeit bilden, denn als kurze Zeit darauf der König ernstlich erkrankte, musste der Prinz von Preussen die Sor- gen und Lasten der Regierung übernehmen, welche er anfangs als Stellvertreter, dann als Prinzregent und nach dem Tode seines Bruders als König und als Kaiser gefuhrt hat. Seine Regierung hat uns das denkwürdige Beispiel gegeben, wie ein Prinz, welcher aus Neigung sich dem militärischen Berufe ganz hingegeben hatte, als er im sechszigsten Jahre seines Lebens, unter schwierigen äusseren und inneren Verhältnissen, die Regie- rung eines grossen Staates übernehmen musste, sich sogleich als vollendeten Meister in der Regierungskunst zeigte, und mit den höchsten Herrschertugenden ausgerüstet auftrat Man wird geneigt sein dicss seinem angeborenen Herrschertalente zuzuschreiben, und es ist gewiss, dass er ohne dieses nicht so Grosses hätte voll- bringen können; aber es gehörte auch dazu, dass dicss Herrscher- talent durch seine bisherige militärische Berufsthätigkeit in gedeih- licher Weise entwickelt und ausgebildet sein musste. Die Geschichte giebt uns viele Beispiele von hervorragenden Kriegshelden, welche in gleicher Weise auch als Regenten ausgezeichnet waren, und un- sere preussische Geschichte bestätigt diese Erfahrung im vollen Maasse. Es kommt aber in der neueren Zeit, und namentlich für unser Vaterland, noch ein besonderer Umstand hinzu, welcher der allseitigen militärischen Ausbildung, als Vorbereitung für den Re- genten, einen bedeutend höheren Werth verleiht, als er in früheren Zeiten haben konnte. Es ist diess die neuere Wehrverfassung, mit der allgemeinen Wehrpflicht, welche fast zu derselben Zeit, wo unser Kaiser und König vor siebzig Jahren in die Armee eintrat, zuerst in Preussen eingeführt worden ist. Durch diese ist der vom 22. Mi'lrz 1S77, 171 Jahrhunderte hindurch bestehende Gegensatz von Civil und Militur im socialen Leben, wie in der Vorwaltung. fast ganz ausgeglichen; die militärische und die bürgerliche Ausbildung fördern sich jetzt gegenseitig, indem ei 110 gute Schule einen guten Soldaten giebt und der ausgebildete Soldat die vor/ugswi'ise militärischen Tugenden des Gehorsams, der Ordnung und Pünktlichkeit, und eine erhöhte Thatkraft mit in das bürgerliche Leb(?n zurückbringt. Die höhere militärisclie Ausbildung aber, welche alles umfasst, was zur Her- stellung und Ausrüstung eines schlagfertigen Heeres und zur Füh- rung desselben im Kriege geliört, steht in unserer Zeit mehr als je zuvor im engsten Zusammenhange mit allen verschiedenen Rich- tungen des Lebens und der Thätigkeit des Volkes und mit dem ganzen Staatsorganismus. Sie hat eine mehrseitige, gediegene -wissenschaftliche Vorbildung zu ihrer V^oraussetzung, welche den specifisch militärischen Wissenschaften, der Fortiilkation, der Waffen- lehre, der Kriegsgeschichte, der Taktik und Strategie zur Grund- lage dienen muss; sie erfordert eine vielseitige Kenntniss der Zu- stände und Hülfsmittel des Landes, seiner Industrie und Technik, seines Verkehrs und Handels, so wi«; dor ganzen Civil Verwaltung des Staates, denn alle diese verschiedenen Faktoren müssen mit- wirken, damit ein Heer seine Aufgabe vollständig erfüllen könne. Unser Kaiser hatte nun als Prinz allo militärischen Stufen von der niedrigsten eines Uekruten bis zur höchsten eines General- obersten denkend und arbeitend durchlebt. Er hatte gehorchen go- lernt, um die schwerere Kunst des Befehlcns zu lernen. Er hatte schon frühzeitig durch eigene Anschauung und Mitwirkung erfahren, was alles dazu gehört um eine Armee im Felde schlagfertig her- zustellen und sie sodann zum Siege zu führen. Er hatte in beiden Richtungen sich zum Meister ausgebildet, da er aber nicht das Be- streben hatte nur für seine eigene Person den Ruhm eines grossen Feldherren zu gewinnen, sondern beseelt von echtem Patriotismus stets auf die Hebung und Stärkung der Macht des Vaterlandes seinen Sinn richtete, so wendete er sich niemals einseitig nur der Kunst der Heerführung zu, sondern arbeitete mit besonderem Fleisse auch für die Organisation der preussischen Militärmacht. So konnte er das organisatorische Talent, welches er als Herrscher überall in hervorragendem Maasse gezeigt hat, zur vollständigen Ausbildung bringen, und schon als Prinz seine allseitige Kenntniss des ganzen Staatsorganismus und der Civilverwaltung sich erwerben. Auf seinen 172 öffentliche Sitzung vielen Dienstreisen zur Besichtigung der Truppen, zu Übungen und grossen Manövern, hatte er auch Gelegenheit im personlichen Ver- kehr mit den bedeutendsten Männern des ganzen Landes, aus eige- ner Anschauung die Zustände und die Bedürfnisse des Volkes kennen zu lernen, und die allgemeine so wie die specielle Menschenken ntniss sich zu erwerben, welche er als Herrscher überall bewährt hat. Vor allem aber ist hervorzuheben, dass er durch seine militärische Berufsthätigkeit von allem politischen Parteitreiben fern gehalten war, dass die Achtung vor dem Gesetz ihm stets höher galt, als alle einseitigen doctrinären Theorieen, und dass er als praktischer Soldat und Feldherr gewöhnt war, die gegebenen Verhältnisse über- all nur in ihrer Wirklichkeit aufzufassen. Hierin ist auch der Grund dafür zu finden, dass er, ohne seinen Charakter zu verleug- nen, in voller Übereinstimmung mit den höchsten sittlichen Grund- sätzen seines Denkens und Handelns, die von dem Könige seinem Bruder gegebene und von der Landesvertretung angenommene neue Verfassung Preussens ohne allen Rückhalt als bestehendes Gesetz anerkannte, und dass er auch als König niemals danach gestrebt hat, alte und veraltete Institutionen und Zustände wieder zurück- zuführen, sondern stets nur auf dem Grunde des gesetzlich Beste- henden die weitere Entwickelung zu fördern. Als unser König die Regierung antrat, waren die Zeiten und Verhältnisse längst vorüber, in denen ein König wie Friedrich der Grosse mit starker Hand die ganze Staatsmaschine bewegen und bis in's Kleinste hinab durch specielle Befehle nach seinem eigenen festen Willen leiten konnte. Es kam jetzt darauf an, im Givil- wie im Militärdienst, die rechten Männer an die rechte Stelle zu setzen, welche mit der nöthigen Selbständigkeit ausgerüstet und in dem Gefühle persönlicher Verantwortlichkeit, mehr nach den allge- meinen Directiven des Königs, als nach speciellen Befehlen die verschiedenen Dienstzweige des Staats in seinem Sinne zu führen hatten. Wir alle wissen wie glänzend grade hierin die Weisheit und Menschenkenntniss unseres Königs sich bewährt hat; denn wir haben erlebt, dass selbst diejenigen Männer seiner Wahl, welche anfangs nur mit Misstrauen und Widerwillen empfangen wurden, durch ihre bewährte Tüchtigkeit und durch ihre staunenswerthen Leistungen sich nachmals den Dank und die Verehrung der ganzen Nation erworben haben. com 22, März 1876, 173 Die Hauptschwierigkeit der politisclien Stellung Prcussens nach aussen lag damals in seinem Verhültniss zu den übrigen deutschen Staaten und in dem deutschen Bundestage, welcher schon einmal todt und begraben, dennoch wieder aufgelebt war. Ganz unffihig Deutschland einen Schutz nach aussen zu gewähren, oder überhaupt die nationalen deutschen Interessen irgend wie zu fördern, konnte er nur noch dazu benutzt werden, dem Interesse der zum grösseren Theile ausserdeutschen, österreichischen Macht zu dienen. Da er in seiner alten Verfassung kaum noch lebensfähig war, so wurde auch von Osterreich und den zu ihm haltenden deutschen Staaten eine Reform desselben angestrebt, aber in dem Sinne, dass Deutsch- land ganz den österreichischen Interessen dienstbar gemacht, und Preussen ganz herabgedruekt werden sollte. Unser König erfasste diese Lage der Verhältnisse mit sicherem Blick. Kr erkannte klar, dass die Krage der Reform des deutschen Bundes, oder der Neu- gestaltung Deutschlands, nicht durch diplomatische Künste ihre Lö- sung werde linden können , sondern dass die ganze reale Macht Preussens und seines Heeres werde eingesetzt werden müssen, um eine gunstige Entscheidung derselben herbeizuführen. So trat schon bei seinem Regierungsantritte für unseren König wieder die Aufgabe der Hebung und Stärkung der militärischen Macht Preussens in den Vordergrund, für welche er schon als Prinz unablässig gearbeitet, und in welcher er sich zum Meister ausgebildet hatte. Die von unserem Könige selbst mit fester Hand geschaffene neue Organisation der Armee, die Errichtung neuer Regimenter und Cadros, deren nächstliegender und wichtigster Grund unaus- gesprochen bleiben musste und nur wenigen bekannt war, wurde von vielen Seiten mit Misstrauen angesehen. Die Volksvertretung legte derselben Schwierigkeiten in den Weg und es gehörte die ganze Festigkeit unseres Königs dazu sich in dem, was er für nothwcndig zum Heile des Vaterlandes erkannt hatte, nicht beirren zu lassen. Ein Conflikt der Regierung und der Volksvertretung, ^'elcher daraus entstand, ermuthigte die Gegner Preussens und be- schleunigte die Ausführung der gegen dasselbe unternommenen Pläne. Aber sie hatten sich auch hierin verrechnet; denn als un- ser Heer in das Feld zog, und die Gefahr, in welcher Preussen schwebte, allen deutlich vor Augen trat, w^ar plötzlich aller innere Hader verschwunden, und die Parteileidenschaft ging in dem einen [1877] U 174 Öffentliche Sitzung grossen Gefühle der Vaterlandsliebe unter. In blutigen Schlachten, in der schon nach wenigen Wochen vollendeten Niederwerfung aller Gegner Preussens, bcwälirte sich damals zuerst im grossen Kriege, gegen ebenbürtige, an Länderbesitz und Volkszahl sogar weit über- legene Feinde, die von unserem Könige geschaffene neue Organi- sation der Armee, ebenso wie die Heeresleitung unter seinem Ober- befehl, in der glänzendsten Weise. Das Resultat dieses kurzen, aber entscheidenden Kampfes war: die bedeutende Vergrösserung und Stärkung Preussens durch Einverleibung der, die verschiedenen Provinzen des Staates bis daliin geographisch trennenden Länder, welche gegen Preussen gekämpft hatten, deren Regierungen für alle friedlichen und wohlwollenden Anerbietungen unseres Königs taub geblieben waren, und die Errichtung des norddeutschen Bun- des, unter Ausschluss des österreichischen Einflusses in allen rein deutschen Angelegenheiten und Interessen. So war das erste Stadium der Einigung Deutschlands erreicht, die Vollendung dieses grossen Werkes, glaubte unser König, werde der schon glänzend bewährten Thatkraft seines Sohnes und Nach- folgers vorbehalten bleiben; es war aber ihm selbst noch beschie- den, auch diese grosse That zu vollbringen. Die Eifersucht Frank- reichs auf den Kriegsruhm Preussens, das Verlangen nach weiterer Erwerbung deutschen Bodens bis zur Rheingränze, die prekäre Stel- lung des Kaisers Napoleons des dritten, welcher genöthigt war die unruhigen Gemüther der Franzosen wieder einmal nach aussen zu beschäftigen, drängten ihn zu einem Kriege gegen Preussen, der unter den nichtigsten Vorwänden erklärt und begonnen wurde. Aber es war nicht mehr Preussen allein, oder der norddeutsche Bund, der diesem Angriffe entgegentrat, sondern ganz Deutschland; denn auch die süddeutschen Staaten, welche für diesen unschwer vorauszusehenden Fall eines französischen Angriffs durch besondere Verträge an das deutsche Interesse gebunden waren, bewährten sich treu, und stellten ihre wohlgerüsteten Heere mit unter den Oberbefehl unseres Königs. Deutschland schritt so, seit vielen Jahrhunderten das erste Mal zu einer gemeinsamen^ ohne fremde Beihülfe und Mitwirkung auszuführenden grossen That, welche zeigte, was es mit vereinten Kräften vermöge. In einer Reihe der blutigsten Schlachten wur- den die französischen Armeon vernichtet, und mit dem Kaiser Na- poleon selbst als Gefangene nach Deutschland abgeführt. Die mm 22. M(7r: IS77, 175 stärksten Gränzfestung^'U Frankreichs wurden erobert, und Paris eingeschlossen gehalten, bis es dem sii'greichen deutschen Heere seine Thore offnen nuisste. Da drang sich allen deutschen Fürsten die Lberzeugung auf. dass sie nur im Anschluss an ein einiges Deutschland gross sein und grosses leisten könnten, und sie boten, unter dem Vortritte liai«Tns. unserem Könige, durch dessen Fuh- rung alle diese grossartigen Erfolge erreicht worden waren, die Kaiserkrone an. welclie fortan mit der Krone Preussens unzer- trennlich verbund*»n St-in sollte. Unter der jubelnden Zustimmung des vereinten deutsciien Heeres und der ganzen deutschen Nation wurde in Versailles, dem alten Sitze der französischen Könige, jetzt dem Hauptquartiere unseres Königs, des deutschen Heerführers, der König von Preussen als Deutschor Kaiser, als Haupt und Heer- fuhrer des zu errichtenden deutschen Bundesstaates proklamirt, und so die Einheit Deutschlands fest und dauernd gegründet. Ein grosser Staat wie der preussische und eine grosse Nation wie die deutsche sind nicht bloss dazu da, das Wohlergehen der ihnen angehörigen einzelnen Personen, Gemeinden, Kreise und Pro- vinzen zu fördern, sie haben ausserdem auch die nationalen Güter ihrer Ehre, Selbständigkeit und Freiheit zu schützen und höhere ihnen von Gott gestellt«» weltgeschichtliche Aufgaben zu voll- bringen. So war unserem preussischen Staate, dem mächtigsten der rein deutschen Staaten, die hohe Aufgabe gestellt, die Einheit und Grösse unseres d«'utsclien Vaterlandes mit seinem Blute zu erkämpfen, damit der nationale deutsche Geist sich selbständig, frei und gross entwickeln, und als solcher seine höhere welt- geschichtliche Bestimmung erfüllen könne. Es würde verwegen sein jetzt schon ergründen zu wollen, welche Aufgaben unserem deutschen Vaterlande im ferneren Verlauf der Weltgeschichte ge- stellt werden möchten, aber wir hoffen und wünschen, dass es vor- züglich friedliche, auf geistigem Gebiete zu lösende sein mögen. Sollte aber unser V^aterland wieder in die Lage kommen, die Er- haltung seiner Selbständigkeit und Freiheit mit Blut erkaufen zu müssen, dann können wir nur wünschen, dass sein Heer wieder eben so wohl ausgerüstet, schlagfertig, tapfer und opfermuthig sich bewähren möge, wie das von unserem Kaiser >Vilhelm organisirte und ausgebildete Heer, und dass es auch dann Helden zu seinen Führern haben möge, gleich denen, welche jetzt an seiner Spitze stehen. ^ 176 ÖfftntUche Sitzung Hr. Mominsen legte folgenden Jahresbericht über die wissen- schaftlichen Arbeiten der Akademie so wie über die Thätigkeit des mit derselben verbundenen archäologischen Instituts vor. Von der Sammlung der lateinischen Inschriften ist die erste Abtheilung des sechsten Bandes, welche die öffentlichen Inschriften der Stadt Rom selbst enthält, im Druck vollendet worden. Die zweite Hälfte des fünften Bandes, womit die oberitalischen In- schriften zum Abschluss gelangen, ist fast vollständig ausgedruckt. Der Druck der beiden für Africa und das südöstliche Italien be- stimmten Bände ist fortgesetzt^ der Druck zweier anderer, das mittlere und das südwestliche Italien umfassender Bände begonnen worden, so dass augenblicklich fünf Bände gleichzeitig unter der Presse sind und nur noch ein einziger, der von Gallien und Ger- manien, sich noch nicht im Druck befindet. Zur rascheren För- derung des schwierigsten Theils der Sammlung, der stadtrömischen Inschriften, ist beschlossen worden die bisher mit denselben ver- bundenen Inschriften des alten Latium einem besonderen Bande zu überweisen und ebenso die Figlinen, Siegel und das sonstige Ge- räth einem eigenen Bearbeiter zu übertragen. Beide Abtheilungen sind in Vorbereitung. Auch der Druck der zweiten Abtheilung der stadtrömischen Inschriften wird in nächster Zeit in Angriff ge- nommen werden. Für die Paläographie der lateinischen Inschriften, mit welcher die Akademie Hrn. Hübner beauftragt hat, ist das erforder- liche Material jetzt in solcher Vollständigkeit beisammen, dass mit der Herstellung der Zeichnungen hat begonnen werden können. Auch das Verfahren für deren Vervielfältigung im Wege der Photo- zincotypie ist festgestellt worden und wird demnächst an die Drucklegung des Werkes gegangen werden können. Von den griechischen Inschriften hat der seit vielen Jahren rückständige Index zu dem vierbändigen Corpus inscr, Graecarum endlich seinen Abschluss gefunden und befindet derselbe sich zur Zeit unter der Presse. Von der die attischen Inschriften umfassen- den Sammlung ist die erste Hälfte des zweiten Bandes zur Aus- gabe gelangt. Der dritte Band derselben Sammlung ist ferner ge- fördert worden und wird dessen erste Hälfte voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres ausgegeben werden können. Ein durch die wichtigen Funde neuester Zeit veranlasster Nachtrag zu dem ersten Theil derselben Sammlung wird vorbereitet. Die Sammlung der vom 22. Mar: 1877, 177 archaischen nich tattischen Inschriften ist ebenfalls in Vorbereitung. Auch sind Vorarbeiten gemacht worden für die dringend erforder- liche Nenbearbeitung der griechischen Inschriften Italiens. Das Archäologische Institut des Deutschen Reiches hat seine Thätigkeit in Rom, Athen und Berlin entsprechend den ihm zu Gebote stehenden Geldmitteln im verflossenen Jahre fortgeführt. Das Athenische Secretariat hat die Publication seiner 'Mittheilun- gen' eröffnet und liegt der erste Band derselben für das J. 187ü abgeschlossen vor. Das Unternehmen einer auf genauer Triangu- lation beruhenden Karte der iStadt und Umgegend Athens ist durch die von der K. Preussischen Regierung gewährte ausserordentliche Unterstützung von 20000 M. fundirt worden und sind die Arbeiten für dies Werk in gedeihlichem Vorschreiten. In Rom ist das neue Institutiunsgebäude vollendet und steht die Übersiedelung der Secretare und der Bibliothek in die ihnen bestimmten Räume bevor. Über eine dem römischen Institut durch Privatmunificenz gemachte wichtige Zuwendung wird nach Abschluss der darübi»r jetzt noch schwebenden Verhandlungen im nächsten Jahre berich- tet werden. Von den fünf jährlich nach Vorschlag der Dircction des In- stituts zu vergebenden Stipendien sind die vier der klassischen Archäologie bestimmten den Doctoren v. Duhn aus Lübeck, V. Roh den aus Bremen, Furtwängler aus Freiburg im Breis- gau, Knapp aus Ulm ertheilt worden. Das fünfte für altchrist- liche Archäologie bestimmt«^ Stipendium hat abermals nicht seiner Bestimmung gemäss verliehen werden können, da es an Bewerbern fehlte. Es wurde daher das im vorigen Jahre nicht zur Verge- bung gelangte fünfte Stipendium mit Genehmigung der vorgesetz- ten Behörde ausserordentlicher Weise an Hrn. Dr. Milchhöfer in Berlin für Studien auf dem Gebiet der klassischen Archäologie verliehen. Für die Publicaticm der Sarkophagreliefs, mit welcher der verstorbene Prof. Matz betraut gewesen war, ist ein Ersatzmann bis jetzt noch nicht bestellt worden, da auch die Mittel zu einer energischen Förderung dieser Unternehmung nicht in genügendem Masse vorhanden waren. Dagegen ist das Terracottenunternehmen anter Hrn. Kekules Leitung in stetigem Vorschreiten und wird eine erste Publication der tanagräischen Figuren in Farbendruck noch im Laufe d. J. erscheinen. 178 Öffentliche Sitzung vom 22, März 1877. Die Redaction der Archäologischen Zeitung bereitet gleichfalls über die pompeianischen Wanddecorationen eine umfassende Spe- cial publication durch Dr. Mau vor. Die Unternehmung der Sammlung und Herausgabe der Aristo- telescommentare hat durch eine zweite nach Paris, Oxford und Madrid gerichtete Reise des Professor Torstrik in Bremen ihre abschliessende Fundirung erhalten, so dass nun nach gewonnener Übersicht des handschriftlichen Materials an die Bearbeitung der einzelnen Stucke herangetreten werden kann. Über die Herausgabe der politischen Schriftstucke Friedrichs des Grossen liegt der dessfällige Antrag den beikommenden Be- hörden vor. So wie die Akademie durch diese die erforder- lichen Vollmachten erhalten haben wird, werden die Vorarbeiten für das umfassende Unternehmen beginnen. Zum Schluss hielt Hr. Mommsen einen Vortrag über die romische Militärverfassung zur Zeit Cäsars. In Ferd. Dümmler*s Verlagsbuchhandlung sind folgende akademische Abhandlungen aus den Jahrgängen 1873 bis 1876 er- schienen : Schott, Zur Uigurenfrage. 1873. Preis: 1 M. 50 Pf. Kuhn, Über Entwicklungsstufen der Mythenbildung. 1873. Preis: 1 M. KucHHOFF & CcRTius, Über ein altattisches Grabdenkmal. 1873. 1 M. Hagen, Messung des Widerstandes, den Planscheiben erfahren, wenn sie in normaler Richtung gegen ihre Ebenen durch die Luft bewegt werden. 1874. Preis: 1 M. 50 Pf. F. Harms, Über den Begriff der Psychologie. 1874. Preis: 1 M. 50 Pf. A. Kirchhoff, Über die Schrift vom Staate der Athener. 1874. Preis: 2 M. 50 Pf. F. Harus, Zur Reform der Logik. 1874. Preis: 2 M. Haupt, Marci Diaconi vita Porphyrii Episcopi Gazensis. 1874. Preis: IM. KcMMRR, Über die Wirkung des Luftwiderstandes auf Körper von verschie- dener Gestalt, insbesondere auch auf die Geschosse. 1875. Preis: 4 M. A. Kirchhoff, Gedächtnissrede auf Moriz Haupt. 1875. Preis: 75 Pf. A. Kirchhoff, Über die Kedaction der Demosthenischen Kranzrede. 1875. Preis: 2 M. Schott, Zur Uigurenfrage. 1875. Preis: IM. E. RoDiOBR, Über zwei Pergamentblätter mit altarabischer Schrift. 1875. Preis: 1 M. R. Hbrcher, Über die Homerische Ebene von Troja. 1875. 2. Aufl. Preis: 1 M. Reichert, Zur Anatomie des Schwanzes der Ascidien-Larven. 1875. Preis: 5M. Bruns, Die Unterschriften in den römischen Rechtsurkunden. 1876. Preis: 4M. Curtids, Die Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen. 1876. Preis: 2 M. DovE, Die Witterung des Jahres 1875 und Anfang 1876. Preis: 2 M. 50 Pf. Zkllbr, Über teleologische und mechanische Naturerklärung in ihrer Anwen- dung auf das Weltganze. 1876. Preis: 1 M. Harms, Über den Begriff der Wahrheit. 1876. Preis: 1 M. 50 Pf. Virchow, Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen, mit beson- derer Berücksichtigung der Friesen. 1876. Preis: 20 M. Schott, Über einige Thiernamen. 1876. Preis: 1 M. G. Rose & A. Sadebebk, Über die Krystallisation des Diamanten. 18 76. Preis: 4 M. MONATSBERICHT % DER KÖNIGLICH PREÜSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. April 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Mommsen. 9, April. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. V. Sybel las über die Österreichische Staatsconferenz vom Jahre 1836. 12. April. Gesainmtsitzung der Akademie. Hr. Helmholtz las über Herleitung der Bewegungsgleichun- gen für elektrisirte Körper in dielektrisch poiarisirbaren Flüssig- keiten. Hr. Websky legte darauf den von Kjerulf und Brögger dem mineralogischen Museum übersandten grossen Krystall En- statit von Bamle bei Brevig vor. [1877] ^^^^ 16 1 80 Oesamm tsitzung An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Polyhihlxon. Partie litter. Ser. IL T. III. Livr. 3. Partie technique. Ser. IL T. IIL Livr. 3. Paris 1877. 8. Bihliotheca Indica. Old Series. N. 236. New Series 343. 351. 354. Cal- cutta 1876. 8. Journal o/ tke R, Asiatic Society of BengaL VoL XLV. P. I. IL N. IL III. ib. eod. 8. Proceedings etc, N. VIIL Aug. 1876. ib. eod. 8. Loewenberg, De Vechange des gaz dana la caisse du Tympan. Paris 1877. 8. Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. III. T. 4. (Feuilles 31 — 33). T. V. N. 2. Paris 1875/76. 8. AHi della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXIV. 1876—77. Seria III. Transnmti. Vol. I. Fase. 3. Febbr. 1877. Roma 1877. 4. Journal of the chemical Society. 1877. Vol. I. N. CLXXL Mareh. London. 8. H. Brugsch-Bey, Geschichte Ägyptens unter den Pharaonen, Erste Deut- sche Ausgabe. Leipzig 1877. 8. Vom Verf. überreicht. A. Soromenho, Le table de bronse d'AljustreL Lisbomie 1876. 8. Revue sdentifique de la Frottee et de Vetranger, N. 38. 39. 41. Paris 1877. 4. B. Boncompagni, Bullettino. T. IX. Die. 1876. Roma 1876. 4. List of the geological Society of London. Nov. 1. 1876. 8. Proceedings of the R. geographical Society. Vol. XXL N. 11. Mareh 1877. London. 8. The quarterly Journal of the geological Society. Vol. XXXII. P. 4. Vol. XXXni. P. 1. London. 8. Proceedings of the R. Institution of Great Br itain. Vol. VIIL P. I. IL Lon- don 1876. 8. N. 19. Additions to the Library of the R. Institution of Gr. Britain. ib. eod. 8. R. Institution of Gr. Britain. 1876. List of the Members. ib. eod. 8. The American Journal of science and arts. Ser. IIL Vol. XIII. N. 75. March. 1877. New Haven 1877. 8. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Sitzungsberichte der math.-naturw» Classe. 1877. N. VI. VII. VIIL 8. Bericht der Handels- und Gewerbekainmer in Budapest im J. 1S75. Budapest 1876. 8. Annaes da Commissäo central permanente de Geographia. N. 1. Dez. 1876. Lisboa 1876. 8. Eine Anzahl Jahresberichte hiesiger Schulen. 4. Das Deutsche Strafgesetzbuch. Hamburg 1877. 8. vom 12. April 1877, 181 Sitzungsberichte der philos.- philoL und hist. Classe der k, h. Akademie der Wiseenticha/ten zu München. 1876. Heft V. Mfinchen 1876. 8. F. Althaas, Das Berg- und Hütteniresen auf der Weltausstellung zu Phila- delphia im Jahre 1876. Berlin 1877. 4. Zeitschriß für das Berg-, Hütten- und Salinen - Wesen im Preuss. Staate, Bd. XXIV. Lief. 5. ib. 1S76. 4. Revue archeologique. N. Serie. 18. Aiinee II. Fevrier 1877. Paris. 8. Vivien deSaint-Martin, Nouteau Dictionnaire de geographie universelle. 1. Fase. Paris 1877. 4. Vom Verf. Societe entomologique de Belgique. Ser. II. N. 35. Braxelles 1877. 8. W. F. G. Behn, Leopoldina. Heft XIII. N. 5. 6. Dresden 1877. 4. Reise der Österreichischen Fregatte Novara um die Erde in den Jahren 1857, 1858, 1859. Anthropolog. Theil. Abtli. I. n. III. — Botanischer Theil. Linguistischer Theil. — Nautisch- phys. Theil. Abth. I. II. III. mit Kar- ten. — Zool. Theil. Bd. I. II. Abth. I. A. B. Bd. IL Abth. IL III. Wien 1861 — 1875. 4. Mit Begleitschreiben. M. Schmidt, Sammlung kyprischer Inschriften. Jena 1876. fol. Über- reicht von Hm. Seh rader. Smithsonian contrihutions to knowlcdge. Vol. XX. XXI. Washington 1816. 4. P. Pooke, Congressional Directory, ib. 1876. 8. J. M. de Maccdo, Brazilian biographical Annual. Vol. I. IL III. Rio de Janeiro. 8. Proceedings of the Davenport Academy of natural sciences. Vol. I. 1867 — 1876. Davenport, Jowa 1876, 8. Bulletin of the Buffalo Society of natural sciences. Vol. III. N. 3. Bnffalo 1876. 8. Afmals of the Lyceum of natural history of New York. Vol. XL N. 1 — 8. 12—14. New York 1874. 8. Mit Begleitschreiben. — See. Series. Jan. — June 1873. Jan. — June 1874. ib. 1874. 8. Neues Archiv der Gesellschaft für altere deutsche Oeschichtshmde. Bd. IL Heft 1. 2. 3. Hannover 8. Überreicht von Hrn. Waitz. Monumenta Germaniae Historica. — Scriptorum qui vernacula lingua usi sunt, T. IL Fase. IL ib. 1877. 4. Desgl. J. C. Nesfield, Catalogue of Sanskrit Mss. existing in Oude etc. Fase. 8. Calcutta 1876. 8. Revue archeologique. N. Serie. 18. Annee. IIL Mars 1877. Paris. 8. Annales de chimie et de physique. Serie V. Mars 1877. Paris 1877. 8. Rad Jugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti. Knjiga XXXVIII. Za- grebu 1877. 8. Annual Report of the board of regents of the Smithsonian Institution. Wa- shington 1876. 8. 2 Ex. 182 Sitzung der phy$.-math. Klasse vom iS. April iS77. F. V. Hat den, Ännual Report oj tke Umted States geoL and gtogni^kical surre^ of tkt territories, 1873. 1874. Washington 1874. 1876. 8. Verhandelingen der k^ Akademie von Wetenschappen. A/d. Letterkunde. D. X. A/d. Satuurhtnde. D. XVI. Amsterdam 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Verslagen en Mededeelingen. A/d. Letterkunde. Rks. 2. D. V. A/d. Satuur- künde. Rks. 2. D. X. ib. 1876/77. 8. Jaarhoek ... roor 1875. ib. 8. Caiatogus ran dt Boekerij. D. III. 1. ib. 1876. 8. Pri>cessen Verbaal 1875176. ib. 8. Prgsrerg Hottandia. ib. 1876. 8. 16, ApriL Sitzuug der physikalisch -mathematischen Klasse. Hr. Kronecker las über AbeTsche Gleicbaogeo. Hr. Virchow berichtet über die letzten, von Hm. J. M. Hil- debrandt eingegangenen Mittheilnngen. Dieselben sind Ton Tscham- tei in Daruma. 16. Januar, datirt and melden, dass der Reisende die ersten 6 Tagemärsche glücklich znröckgelegt and die Wildniss erreicht hat. Er ist von Mombaca mit 40 Trägem and einem Ma- sai-Dolmetscher aufgebrochen, und gedachte sich zunächst der Er- forschung des Kenia zu widmen. Jedoch hat er schon jetzt in*s Auge gefasst. falls es ihm möglich werde, ein der Aussage seines Fährers nach von dem Kenia nordwestlich zum Bariugo oder Sum- barru-See leitendes Flufssystem zu verfolgen. GesammUitzung vom 19. April 1877. 183 « 19. April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Kahn las über die Zwerge als Geister der Verstorbenen. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Bulletin de la Societe mathtmatique de France, T. V. N. 3. Paris 1877. 8. W.Mangold, Wider Strauss, Bonn 1877. 8. The Royal Sckool of Mines, Magazine. Vol. I. N. 2. Febr. 1877, Lon- don. 8. Monthly Noticea qf the H, astronomical Society, Vol. XXXVII. N. 5. 1877. London. 8. ff/versigt af K, Vetensk, Akademiena /örhand Ungar. 33, Arg, 1876. N. 9. 10. Stockholm 1877. 8. Sachrichten von der K, Gesellscheift der Wissenschaften zu Göttingen. N. 1-9. 1877. Göttingen. 8. . Revue scientifique de la France et de l' et r auger. N. 42. 1877. Paris. 4. Meddelanden af Societas pro Fanna et Flora Fennica, I (1876). Helsing- fors. 8. Da che dipenda lo stato dei corpi poche considerazioni ßaico-chimiche leite dal Socio Ruaso Eugenio, Napoli 1877. 8. Sitzungsberichte der philos.-philol, und histor, Glosse der k. b. Akademie der JViaaenschaften zu München. 1876. Heft V. München 1876. 8. Bulletin de V Academie R. dea aciences de Belgique. 46. annee. 2. ser. T. 43. N. 2. Bruxelles 1877. 8. K. Robin, Revendication, Paris. 8. Publicationa de la section hiat. de l' Institut R, Grand- Ducal de Luxembourg. Annie 1876. XXXI (IX). Luxembourg 1877. 8. H. Wild, Annalen des phys, Central -Observatoriuma, Jahrg. 1875. St. Pe- tersburg 1876. 4. Vivien deSaint-Martin, Nouveau Dictionnaire de geographie universelle. Fase. 2. Paris 1877. 4. Vom Verf. Adreaa-Kalender für Berlin und Potsdam auf daa Jahr 1877. Berlin 1877. 8. Jahrbücher für wiaaenachqftliche Botanik. Herauagegeben von Dr. N. Pringa- heim. Bd. XI. Heft 1. Leipzig 1877. 8. — Überreicht vom Heraus- geber. 184 Gesammtßitzung Atti deila R, Accademia dei Li/wei, Anno 1876 — 77. Ser. III. Transunti Vol. I. Fase. 4. Marzo 1877. Roma, 4. Acta Horti Petropolitanu Supplem. ad Tomum III. Tomus IV. Fase. 1. II. Fetrop. 1876. 8. E. Regel, Cycadearum yener um specierumque revUio, ib. 1876. 8. Vom Verfasser. , //. Generis Evononymi species floram rossicam incolentea, 8. Vom Verfasser. F. Müller, The plante indigenous to tke colony of Victoria, — LitKograms, Melbourne 186d/65. 4. Vom Verfasser. 26, April. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Zell er las über die Benützung der aristotelischen Meta* physik in den Schriften der älteren Peripatetiker. Hr. W. Peters las über eine neue Gattung von Fleder- thieren, Ämorphochilus^ aus Peru und über eine neue CrO" cidura aus Liberia. Hr. L. Taczanowski in Warschau übersandte mir eine Fleder- maus aus dem nördlichen Peru, mit der Bitte, dieselbe zu bestimmen und falls sie neu sei, zu beschreiben. Dieselbe gehört einer eigen- thümlichen neuen Gattung an, welche sich zunächst der von Fr. Cuvier im Jahre 1828 zuerst beschriebenen Gattung Furia an- schliesst, über welche ich vor J2 Jahren (Monatsber. 1865 p. 645) zu berichten die Ehre hatte. vom 26. April 1877. 185 Sie gehören beide zu der Abtheilung der Flederthiere, welche ich als Chiroptera brachyura zusammengetasst habe. Sie unter- scheiden sich von den anderen hierher gezogenen Gattungen dadurch, dass ^as Schwanzende, welches ziemlich entfernt von dem abge- stutzten Rande der Schenkelflughaut aufhört, nicht hervorgestreckt werden kann, durch die ausserordentlich abgeplattete Schnauze, den sehr hoch hervorragenden Hirntheil des Schädels und durch den in Form einer Spitze zwischen den Zwischenkiefern vorspringenden Gaumentheil der Oberkiefer. Ich vereinige sie daher als Furiae zu einer besonderen Untergruppe oder Unterfamilie der Brachyura, Die neue Gattung unterscheidet sich von Furia durch die, wie ein Schweinsrüssel, abgestutzte und oben mit einem bogenförmig vorspringenden Rande versehene Schnauze, durch die dreieckig- sichelförmige Form der Nasenlöcher, die breite Nasenscheidewand, die wulstige unförmlich gelappte Unterlippe und im Bau des Schä- dels namentlich dadurch, dass der harte Gaumen, dessen Hinter- rand bei Furia in einer Querlinie mit dem hinteren Rande der hin- tersten Backzähne liegt, sehr viel weiter nach hinten verlängert ist. Amorphochilus nov. gen. Jiostrum iruncatum, margine superiore prominente; nares triangu- lär i-ensi/ormes, septo lato sejunctae; labia tumida, in/er ius lobatüm; auriculae rotundatae. Pars palati duri posterior protracta, Reli' quum Furia, Amorphochilus Schnahlii n. sp. (Taf. Fig. 1 — 10). A. fuscus^ alis fuscis. Long, tota 0,062; antihr. 0,034. Hahitatio: Peru. Die Ohren sind abgerundet, fast so breit wie hoch, bis zur Schnauzenspitze hervorragend, am äusseren Rande nach unten etwas eingebuchtet, inwendig nahe dem inneren Rande stärker, nahe der unteren Hälfte des äusseren Randes und auf der diesem Rande pa- rallelen Falte schwächer behaart. Die Ohrklappe ähnlich wie bei Furia, breit dreieckig mit schmaler Basis; der äussere Winkel des Dreiecks zugespitzt, der kürzere innere Winkel und die längere obere, nach vorn umgeschlagene P^ndspitze abgerundet. Die kleinen Augen werden fast von den Ohren verdeckt. Die Oberlippe ist hoch und überragt schräg nach vorn aufsteigend die Unterlippe. 186 GesammUitzung Die fast dreieckigen Nasenlöcher liegen au der Vorderseite eines einem Schweinsrüssel ähnlichen bogenförmigen Yorsprunges, dessen oberer Rand wie bei einem Schweinsrussel frei hervorspringt. Wäh- rend die queren Nasenlöcher von Furia nur durch eine schmale Scheidewand von einander getrennt sind, ist diese Scheidewand hier sehr breit. In jedem Mundwinkel findet sich ein zapfenfor- miger Lappen, der weniger entwickelt auch bei Furia vorkommt; an jeder Seit« der Unterlippe ein zweiter mit seiner Spitze nach innen gekehrter Lappen; in der Mitte der Unterlippe ein fünfter zapfenförmiger Lappen, der sich jederseits nach hinten und aussen in eine vorspringende Hautleiste fortsetzt. Hinter diesem mittleren Lappen eine glatte nackte Grube, welche hinten durch einen war- zenförmigen Vorsprung begrenzt wird. In der Mitte des Unter- lippenrandes eine breite dreieckige glatte Wulst. 9 Gaumenfalten. Die Gliedmafsen verhalten sich ganz wie bei Furia, Der Dau- men ist sehr kurz und die Kralle desselben so klein, dass sie nicht zum Festhalten dienen kann. Die erste Phalanx des dritten Fin- gers ist, wie bei Furia auffallend kurz, die Sporen sind lang, die Schenkelflughaut ist auf den Querlinien mit Härchen besetzt und der Schwanz endigt an der achtletzten dieser Querlinien. Die ' Flughäute sind neben dem Körper bis zu der Mitte des Oberarms behaart. Die unteren Prämolarzähne nehmen vom ersten bis drit- ten an Grösse zu. Die Spitze der Zwischenkiefer überragt merk- lich die zweispitzigen Schneidezähne und die Basis des Schädels zeigt nach hinten und innen von den Hamuli pterygoidei zwei grosse durch Haut verschlossene Öffnungen. Dunkelbraun; die einzelnen Haare der Rückseite in der Mitte, die kürzeren der Bauchseite an der Spitze etwas heller. Meter Totallänge o,o62 Kopf . . .• 0,014 Ohrhöhe o,oii Ohrbreite o,oio Ohrklappe o,oo32 Schwanz o,o225 Oberarm o,oi8 Vorderarm o,o34 vom 26. Ajml 1877. 187 Meter L. 1. F. Mb. 1 Gl. 2 Gl o,oo!i L. 2. F. - 0,027; L. 3. F. - 0,0323; - 0,004; - 0,021; Kpl. o,ooi8 L. 4. F. - 0,0295; - 0,006; - 0,010; - 0,0005 L. 5. F. - 0,0285; - 0,010; - 0,007; - 0,0007 Oberschenkel o,oi8 Tibia o,oi65 FuSS 0,007 Sporn 0,018 Die Schenkelflughaut ragt 12 Mm. über den Schwanz hinaus. Diese Art ist auf den Wunsch von Hrn. Taczanowski Hrn. Schnabl zu Ehren benannt worden. Das einzige Exemplar, ein Weibchen, stammt aus Tumbez im nordlichen Peru, an der Grenze von Ecuador, wo es von Hrn. Jelski und Stolzmann gefangen wurde. Crocidura (Crocidura) Schwelt: er i n. sp. Cr. cinnamonieo-/u8ca, subtus pallidior^ pilis basi schistaceis; cauda Utragona, setis longioribus in parte basali. Long, tot, 0,1^ ! caud. 0^063; plantae 0,016, Hahitatio: Liberia. Die hintere Abtheilung des ersten oberen Schneidezahns ist ungefähr ebenso lang wie die vordere und nicht halb so hoch wie der zweite Schneidezahn. Der Eckzahn ist ein wenig grösser, aber zugleich niedriger als der dritte Schneidezahn. (An der rechten Seite befinden sich abnormer Weise an Stelle des Eckzahns zwei kleinere Zähne.) Der vordere Zucken des oberen Prämolarzahns ist viel niedriger als der Eckzahn. Der erste untere Schneidezahn hat auf der Mitte seiner Schneide keinen Vorsprung. Der Främo- larzahn ist einspitzig, der vordere innere Zacken des ersten un- teren Molarzahns ebenso entwickelt wie die folgenden. Die Schnauze ist sehr lang, am Ende zweispitzig. Die Ohren sind mäfsig gross, an den Rändern der Vorsprunge behaart. Der Schwanz ist kurzer als der Körper, erscheint im getrockneten Zu- stande viereckig und zeigt nur am Basaltheil einige längere zer- streute Haare; die Schuppenringel sind sehr fein (15 = 5 Millim.). Die Erallen der hinteren Extremität sind etwas grösser als die der vorderen; die Fufssohle ist kurzer als die Schnauze. 188 Gesammts itzung Farbe dunkel zimmtbraun, am Bauche blasser. Sämmtliche Haare sind am Grundtheile schieferfarbig. Meter Meter Bis Schwanzbasis . . . o,o9o Fufssohle mit Krallen . o,oi& Schwanz 0,053 Länge der unteren Zahn- Kopf 0,031 reihe 0,011 Schnauze bis Auge . . o,oi6 Länge der oberen Zahn- Schnauze bis Schneide- reihe 0,0103 zahne 0,007 Länge des ersten oberen Auge bis Ohr .... o^oos Schneidezahns . . . 0,002 Ohrhöhe 0,010 Höhe desselben .... 0,0023 Ohrbreite o^oos Länge des unteren Schnei- Handsohle mit Krallen . 0,010 dezahns 0,0042 Hr. Dr. H. Dohrn erhielt ein einziges Exemplar dieser Art, welches Hr. Schweitzer aus Liberia einsandte. Dem Wunsche des Hrn. Dr. Dohrn entsprechend habe ich diese Art dem Ent- decker zu Ehren benannt. Erklärung der Abbildung. Amorphochilus Schnahlii Ptrs. Fig. 1. von der Bauchseite; 2. Kopf im Profll; 3. Kopf von vorn; 4. Kopf von unten; 5. linke Ohrklappe; 6. Schädel im Profil, 7. von oben, 8. von unten; 9. rechter Unterkiefer; 10. Gebiss von vorn. — Fig. 1 in naturlicher Grösse, alle übrigen Figuren vergrössert. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Landwirthschaßliche Jahrbücher. VI. Bd. (1877). 2. Heft. Berlin 1877. 8. L. Hugo, La iheorie Hugodecimale, Paris 1877. 8. 2 Ex. Vom Verf. Deutsche geographische Blätter, Jahrg. I. Heft 1. Bremen 1877. 8. Mit Begleitschreiben. F. Sclopis, Notizie della vita e degli studi del Conte C. Baudi di Vesme, Torino 1877. 8. Vom Verf. Polyhiblion, — Part, litt, Si^t, 2, T. V. Livr. 4. Avril. Paris 1877. 8. Proceedings 0/ the London math, Society, N. 104. 105. (Vol. VIII.) 8. ''"""I"""-'"!"« Srt„„MH vom 26, April 1877. 189 Nederiandüch kruidkunditj Archie/. Ser. II. Docl 2. St. \\. Nijmegen 1877. 8. The Constitution and ly-latcs of the Ann Arbor scientific Association with the proceedings etc, Ann Arbor 1876. 8. H. Burmeister, Description physique de la Hepublique Anjentine, T. 1. 2. Paris 1876. 8. Mit Begleitschreiben. , Die fossilen P/erde der Pawpaii/ormatiun. Buenos Aires 1875. fol. Acta de la Academia Nacionai de ciencias exactas, T. 1. Buenos Aires 1876. 4. The American Journal of science and arts, Ser. III. Vol. XIII. N. 76. New Haven 1877. 8. J. E. Stone, Results of astronomical uhservations made at the li, Observatory^ Cape of Qood Hope, durimj the years 187 1, 1872 ^^ 1873, Cape Town 1876. 8. Sitzungsberichte der math.-phys. Clasae der k. b. Akatlemie der Wissenschaften zu München. 1876. Heft lU. München 1876. 8. Recue scientifique de la France et de l'etranger. N. 43. Paris 1877. 4. M. Th. Houtsma, Catalogus Codicum Orientalium. Vol. VI. P. 1. Lugd. Bat. 1877. 8. Mit Begleitschreiben. Societe Nationale des sciences naturelles de Cherbourg. — Compte - rendu, Cherbourg 1877. 8. Vom vorg. K. Ministerium. Sitzungs-Berichte der math^-naturw. Classe der K. Akademie der Wissenschaf- ten in Wien. Jahrg. 1877. N. IX. 8. Astronomical and magnetical and meteorological Observations made at the R, Obsercatory, Greenwich, in the year 1874, Londrin 1876. 4. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 53. Heft 1. Görlitz 1877. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes in Athen. Jahrg. II. Heft 1. Athen 1877. 8. Academie des sciences et iettres de Montpellier. — Memoires de la aection des sciences. T. VIII. Fase. 3. Annee 1875. Montpellier 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Nachtrag. 8. Januar, Sitzung der philosophisch - historischen Klasse. Hr. Mominscn legte folgende Abhandlung des Hrn. Dr. Mi- chael Deffner in Athen vor: Die Infinitive in den pontischcn Dialekten und die zu- sammengesetzten Zeiten im Neugriechischen. In allen Sprachen macht sich ein Streben nach Vereinfachung der sprachlichen Formen, nach Beschränkung ihrer Anzahl geltend. Yen diesem allmähligen« Zusammenschmelzen des Formcnreichthums liefert uns gerade die Geschichte der griechischen Sprache, die wir glücklicher Weise durch fast drei Jahrtausende hindurch verfolgen können, recht interessante Beispiele. Während dem Altgriechischen von dem indogermanischen Erbgut noch fünf Casus geblieben waren, ist das Neugriechische auf zwei Casus heruntergekommen, indem der Dativ allmählig verschwand und seine Functionen theils der Genitiv, theils der Accusativ übernahm, letzterer aber wieder we- 192 Nachtrag. gen Abschwächung des auslautenden v theils mit dem Nominativ, theils mit dem Genitiv zusammenfiel. Das Zakonische gar ist schon längst auf dem Punlste angelangt, dass es alle Casusendun- gen sammt und sonders verloren hat und nur eine Form für alle Casus des Singulars und eine andere für den Plural kennt. Unter den Numeris ist dem Neugriechischen und seinen Dia- lekten der Dual ganz abhanden gekommen; das Zahlwort hvo ist der letzte Rest desselben. Beim Verbum bemerken wir ähnliche Verluste. Von den Modis sind der Optativ und der Infinitiv verschwunden. An die- ser Erscheinung trägt gewiss der Jotacismus die Schuld; die gleiche Aussprache von r\, ot und si machte eben ein Auseinanderhalten des Conjunctivs und Optativs unmöglich. Auch die Infinitivformen fielen in Folge von Abschwächung, Veränderung oder Abfall des Auslautes meist mit dem Conjanctiv zusammen und wurden allmäh- lig durch Umschreibungen ersetzt; sie sind aber nicht verloren ge- gangen, wie man gewöhnlich meint, sondern haben sich als Be- standtheile der zusammengesetzten Futura, Perfecta und Plusquam- perfecta erhalten. Darüber unten. Auch don andern modernen Sprachen ist es in diesem Punkte nicht viel besser gegangen. So haben z. B. die romanischen Spra- chen sowohl den Infinitiv Perf. Act. (amavisse) als auch den In- finitiv Praes. Pass. (amart) verloren, und nur den Infin. Praes. Act. (amare) gerettet, während das Neugriechische noch Infinitiv Aor. Act. und Inf. Aor. Pass. hat. Allerdings ist der Gebrauch des Infinitivs im Neugriechischen ungemein viel beschränkter als in den romanischen Sprachen. Während nun unter den neugriechischen Dialekten dem Za- konischen jegliche Spur des Infinitivs abhanden gekommen ist^ übertreffen die pontischen Dialekte das Neugriechische sowohl durch die viel getreuere Erhaltung der alten Infinitivformen als auch durch einen bedeutend ausgedehnteren Gebrauch derselben; unter den pontischen Dialekten hinwiederum stehen in diesen zwei Punkten die Dialekte von Ofis und Saracho über den trapezunti- schen. Nachtrag, 103 A. Betrachten wir nun zuerst die verschiedenen ForilKMl des Infinitivs. 1) Die trapezuntischen Formen des zweiten Aorists Activ unterscheiden sich von den altgriechischen nur durch Anhän^iiiig eines «') an die Endung -fu', z. R. iptne fiijre«r. paSine 7ra^'s7v. apo^anine (tTro^ctveu'. püne mslv. ihtne (und id^'^ne) ibslu. fitne k in den Monatübcrichten der Königl. Akademie der Wiesenschaften zu Berlin vom T.Januar 1875 für das Zakonisdic aufgestellt habe. *) DicHcr Vocal (auch «) wird häutig angehängt, um den Ausiautcon- sonanten, wenn er ein wichtiges Formelement ist, vor Zerstörung zu schützen. Darfiber ausfuhrlieh unten. *) Gamma oder vielmehr j fallt zwischen zwei Vocalen, von denen der letztere e oder i ist, in diesen Dialekten immer ans. *) Über die unregclmässige Betonung siehe A, 12. *) Über die Infinitivendung -h'^ne siehe A, 11. •) Der Übergang von u in e in den Präpositionen avd und xara in der Zasammensetzung ist allgemein neugriechisch. 194 Nachtrag. katevine Hcrrnßvjucct, embhie ifxßvjvat. evjlne ixßvji'ca. apiSe^vlne oTroBiaßyji'at. kime^ine Hot(xr}3-Y}vcci . evreS'tne sCoESrjvcci. vraiine ß^a^vat^), ra\ne ^ctyyjuctt u. 8. w. Dazu kommen noch die zwei Formen jenine *y8vijvai statt ysula-Scet (in Ofis auch jinh^ne) und aiäne (rnjucu in der Bedeu- tung „sein^ gegenüber dem 8ta^ine araSfiuat mit der Bedeutung ^stehen**. 3) Im Trapezuntischen bilden aber noch manche Yerba den zweiten Aorist Passiv, während von ihnen im Alt- und Neugrie- chischen nur der erste Aor. Fass. gebräuchlich ist, z. B. /Haine (pv}My^vcct statt (pvXae/^3yjvaty^) kilitne xvyayrjvai statt HvXi(r3>jvcct, tianitne ^eti^tyyjvcu statt ^cevrtcrS^vcu u. a. 4) Mit dem trapezuntischen Dialekte stimmt in Bezug auf die Endungen der von Sarächo überein. Bei dem Dialekt von Ofis aber haben wir eine ganz eigenthümliche Erscheinung zu venner- ken. In Bezug auf die Bildung der Formen ist kein Unterschied, aber es hat sich dort merkwürdiger Weise eine Conjugation des Infinitivs herausgebildet. Man fügt dort an die Endung -s7u nicht ein unveränderliches e, sondern die Endungen des 1. Aor. Act. an; also: iplna stTTswcc, iptnes siTrelveg, iptne st7rs7vs. ^) Tenuis geht vor Tenuis in den Fricativlant über, wt wird za /f , KT zu ^ -^ Das ist ein neugriechisches Lautgesetz, von dem kein Dialekt eine Ausnahme macht 2) ^ wird vor e und i immer zu i. ') Siehe Anmerkung 3. Nachtrag. 195 iplname slirstvctfjLBv, ipinete siTretvaTS. iptnane siTTtt vavt. . So auch alle andern, also: pa^tva na^stvuy apoSanina u. s. w. Die Infinitivendung -i5^i'«i wird dem analog in -viva verwandelt uod ebenso conjugirt; also: tsim eS'ina Koi.uy;S>i'i'«^). tiime3'}ne8 >cot^xYl^rjv£g u. s. w. Über den Gebrauch dieser conjugirten Infinitive siehe unten. Einstweilen sei nur bemerkt, dass auch im Futur und Conditionel verschiedener Dialekte von Hellas sich diese Erscheinung eines conjugirten Infinitivs mit den Endungen des Praesens findet. Sonst cxistirt von allen mir bekannten Sprachen nur noch im Portugiesi- schen dieser spezielle Zug einer Verbalflexion des Infinitivs. 5) Nachdem wir die Formen der zweiten Aoriste betrachtet, gehen wir zum Infinitiv des I. Aorist. Act. über. Es handelt sich hier darum, zu erfahrtiu, welche Formen in den genannten drei pontischen Dialekten den altgriechischen ^äyl^at, Hoci^m, fieSvcrcu, xcüjkTai, Xa}SJTcct, xTVTrrTutj >cc<3'tTca, xEvuoa-ai u. s. w. entsprechen. Und da sollte man wohl glauben, dass diese Formen sich unver- ändert erhalten haben werden. liier liegt nun ein interessantes Beispiel von Analogie vor. „Das Streben nach Uniformirung, nach Behandlung aller Iniliiitive auf einerlei Art und das immer mehr ersterbende Gefühl für die Bed(Hitung und den Ursprung des Besonderen'^ hatte hier zur Folge, dass die vielleicht weniger ins sprachliche Gefühl sich einprägenden Formen des I. Aoristes die Endung -«i mit der Endung -siv des IL Aoristes vertauschten, wo- bei aber der Accent unverrückt an seiner Stelle blieb. So gehen aläo aus x^ct^ni, fxiS'vrat u. s. w. die Formen H^n^stu, fxe^va-stv u. 8. w. hervor, die aufs Ilaar mit den Infinitiven des activen Futurs übereinstimmen. Wenn man bedenkt, dass die Endung itr dem Infinitiv Praesens Act., dem Inf. Fut. Act. und dem Inf. des II. Aor. Act. angehört, während • (ci nur im Infinitiv des 1. Aor. Act. vor- ^) Im Dialekt von OCis geht k vor e und i immer in ti über. An- ders steht es bei der Lautgruppe ax. [1877] \^ 196 Nachtrag. kommt, so nimmt es nicht Wunder, dass die weniger häufig in der Sprache gebrauchte Endung der vielfach gebrauchten sich anfihn- lichte; nehmen wir hinzu, dass statt der Endung -y^vcu auch -^1/ im Gebrauch war, dass schon die alten Dialekte sich durch eine grosse Mannigfaltigkeit der Infinitivformen auszeichnen, so können wir uns denken, welches Chaos von Formen beim Überhandnehmen des Jotacismus existirt haben mag, das erst mit dem Untergange der Infinitive Praesentis und Futuri und der dadurch herbeigeführ- ten Vereinfachung der Verbalformen sich löste. 6) Kehren wir nun wieder zu den Formen y^d^siu, fxsBifly^c€t spingsne^), &\x8 fxer^a-cu tnetr^sne, aus «TTT^vV«! asprine, aus oreTX«« sttlney aus '//tgia'at XciTlsne u. s. w. \ ') In beiden Beispielen ist S vor o- nach Ausstossung des t- Lautos in t übergegangen. ^) Dem alt- und neugriechischen c«^ entspricht in diesen Dialekten im- mer «p; z. B.: anaspallo vergesse, dvaa^dWu), spazo (ra^ct) sehlachte, spendam (to) 0 c^iv^afxvoQ, sp)ngo ff^iyyv, sptj^tos (Ac^. verb.). apaltzo (äa-^aXi^ut) zuschliessen, ngr. a/alo, 8poiigar (jto), ngr. afuiigari Schwamm, spondtl (to) (T^ov^vXiov, gpondeyvale (ij) «| o-<|>iv^ci'if] (Ofis) u. 8. w. Nachtrag, 197 Es ist überhaupt eine Eigenthumlichkeit des trapezuntischen Dialektes, unbetonte Vocalc zwischen Consonanten auszustossen. Von den zahlreichen Fällen führe ich hier nur einen an, der mit dem in Rede stehenden die grösstc Älinlichkeit hat Die ngr. Formen der 3. Pera. Plur. Praes. Act. trdyun T^wyovTt, leyun XtyovTi, yrdfun y^i(povTi, pezun Trui^o'jo-t, kräz'un h^u^omti u. s.w. werden durch Anhängung eines e und Ausstossung des unbetonten u zu iröyne^ leyne, yrdfne, pezne, krdzne u. s. w.^), 8) Durch Anfügung des e in den Dialekten von Trapezunt nnd Saracho, und der Endungen des Ind. Aor. Act. in dem von Ofis werden bei einigen Verbis Infinitivformen aus dem altgrie- chischen Infinitiv Praesens gebildet. Diese Verba siqd l^yo^ eksero, fero, elPpo^ pdyo^ ^elo, prepi Tr^iirsi und die von ihnen gebildeten Infinitive lauten im Dialekte von Saracho le\ne (neben letne)^ eksertne, fertne^ elepine (neben ihine), pa\ne (neben pd'ine), ^eUne; in Ofis leina, eksertna, /erina, ele- pinüy pa\na (neben jiä'ina), Pelina, Man sieht, dass der Accent auf der Silbe siv ist, gleich als kämen sie von agr. zweiten Aoristen her. In Trapezunt endlich lauten sie nach Ausstossung des ton- losen », von der nur }.lysit> und vndysiv ausgenommen sind: Itine, ekserne, f^rne, elepne^ pä'ine. >y)Tnty ß[tipe8(i)ne^) *) Der Wörter und Fälle, in denen das »j als e gesprochen wird, sind so viele, dass man diese Aussprache als Hegel und die des v] als t als Aus- nahme betrachten muss. Ich führe nur einige Beispiele an : alle ni/e aXXrj wu^yi^ ekb/teSj eko/tey ekoftett Ixo^Svjc, Uo^Srj, Ixo'(|>S»]t«, ate avTr], ek\ne IxACt^Y], peyä^' nviyaiioVf peius irvfkog, estesa 9(rTv\a-a, eBeka ••&v;xa, Nachtrag, 199 XTi^nvicrai angefülirt. So häufig nun in dem Altgriccliischen Infini- tive auf 'YJa-cti und -ircct sind, so häufig sind auch in diesen Dia- lekten die Infinitivbildungen auf -^&'(/)7}e. Das Streben nach Ana- logie hat nun dahin geführt, dass diese Endung auch barytonirten Verben, deren Stamm auf einen Consonanten endigt, angefugt wird, z. B. maS'^s(i)ne *««^ijTffn>£ neben marine fxcc^slt'ey fer^8(i)ne *(f>8^iTtit's neben /er hie ^ rev<*p. /er?ie, t^iineSesine, resp. kirne- S^sne neben tsime^i ne^ resp. kimeSrine'. Am häufigsten ist diese Nebenbildung beim Aorist Passiv und in zweiter Linie beim II. Aorist Act. Auch die unter 8) angeführten Verba, die ihre Infinitive vom Praesensstamme durch Anfügung von -ifie, resp. 'ine bilden, haben Nebenformen mit der Endung c«(i)n«, in de- nen aber die Bedeutung des Aoristes klar zu Tage tritt; z. B. ek8ere8(i)ne, elepes{i)ne u. a. Auch die fünf unter 9) aufgeführten Verba haben Nebenformen auf -^«(i)«e; so z. B. (5ü«^«(/)«6 neben hö8{i)ne^ a/i8^8(i)ne neben af\8{i)ne^ pi8('s{i)ne neben pishie^ resp« pi8ne u. s. w. Sonst ist diese Art der Infinitivbildung bei Stämmen des er- sten Aorists verhältnissmässig nicht häufig. Man hört wohl yrap8h8(J)ne. allak8^.8(J)ne d. i. y^cc^m, u>^d^cct, aber nicht Formen wie X tipesf's(i)ne^ kalesf8(i)7ie, weil eben die Endung 'h8(J)ne nur barytonirten Verben, deren Stamm auf einen Conso- nanten endigt, angeliängt wird. 11) Endlich gibt es in diesen Dialecten noch eine Infinitiv- endung -fi"ne statt -}ne. Man weiss eigentlich nicht, wie man den Halbdiphthongen, der hier gehört wird, schreiben soll, ob <^" oder 'a. Er lautet ungefälir so, wie das ie in den Wörtern Wien, dienen im Munde der Ostreicher und der Oberdeutschen überhaupt (We^ri, dP^'nq). Ich bin der Ansicht, dass der Laut h^ \n der Endung -e^ne historisch von dem Diphtongen ei stammt, also auf e/i.).ay»]i', eyfipna yjyaTrujv, emes ijjue^a wir waren, klvftes xXiTrTi];, ^orefes ;^x'piT/)f ii. s. w. Die Thai.^aohc, dass in den puntischon Dialekten die Aussprache de^ «) als e «ich in den meisten Fallen erliahen liat, genügt, um den Neugriechen zu beweiisen, dass ihre Aussprache des i] als i nicht die ursprfingliehe ist. 200 Nachtrag. eine Zeit zurückgeht, die der Monophthongisirung des c< voraus- liegt, ebenso wie die Aussprache Wh^n auf dem althochdeutschen Standpunkte beruht.^) Die Endung h^ne haben folgende Infinitivformen: %hh*^ne neben ihlne iSsiv, evr^^ne neben evrtne sv^slu, erS^^ne neben er Sine IxS*««/, und iSi'^ne s%Bw. Vergegenwärtigen wir uns, dass «-/^ vor den e- und i- Lauten in diesen Dialekten wie « gesprochen wird, so ist an der Form is^^ne nichts als der Übergang von s in i und die Betonung zu bemerken. In Saracho lauten diese vier Infinitivformen: iS^ne, evrhney erSkne^ iHne^). 12) Über die Betonung ist das Nöthige schon an den be- treffenden Stellen gesagt worden. Daraus konnte man ersehen, dass manche Infinitive, die auf Stämme des Praesens oder des I. Aor. zurückgehen, so betont werden, als ob sie vom IL Aor. gebildet wären. Dahin gehört auch noch spirina a-Trst^ew im Dia- lekte von Ofis. Umgekehrt finden sich ein Paar Infinitive des IL Aoristes, die so betont sind, als wären sie Praetensbildungen; diese sind: fätne (payiivy välne ßaketv, und die Composita evyälne inßaXslvy paravälne ira^aßcOMv, ^) Der Halbdiphthong e^ ist in diesen Dialekten sehr häufig, geht aber sonst fast immer aus ta hervor. ^) Auch im trapezuntischen Dialekte giebt es Wörter, in denen der Halbdiphthong e^ in e übergegangen ist, z. B. ^eoa ^laßa, ^evhno ^taßaivu), Nachtrag, 201 B. Wir gelangen nun zu dem Gebrauche des Infinitivs in diesen Dialekten. Dieser ist beschränkt auf die Verbindung mit ungefähr einem halben Hundert Verba, d. h. der Infinitiv wird re- giert von dem Hilfsverbuni eXo, von den Hilfszeitwörtern im wei- testen Sinne des Wortes, wie eporöy ^elo u. s. w., von den Ver- bis, die ein logisches, temporales oder modales Verhültniss des Praedicats ausdrücken, wie arnino ^^/J^m anaspällo vergesse («i;rt-o-^.iü), foüme tpoßoCuat, ayapö (in der Bedeutung „wün- schen''), endlich von den Verbis der Ruhe und Bewegung, wie krXume^ päyo^ käc-ume^ tr^Xo^ steko u. s. w. 1) Der Infinitiv in Verbindung mit ^Xo, In diesen Dialekten gebraucht man nicht, wie im Neugriechischen, das Prae- sens ^Xo und das Imperfect /^fa mit dem Infinitiv (darüber unten) zur Umschreibung des Perfectes und Plusquamperfects, sondern nur das Imperfect iXa mit dem Infinitiv zur Bildung des Conditio- nel passe beim Falle der Unmöglichkeit. Der Vordersatz wird eingeleitet durch äii oder n^>, der Nachsatz nur dann durch C'a (in Ofis dafür immer na), wenn statt des Conditionel passe der Indicativ Imperfect gesetzt wird. Ich werde hier Beispiele von allen möglichen Fällen geben, die zugleich als Sprachproben die- nen mögen. I. Conditionel passe in beiden Sätzen. a) Trapezunt: An (oder nä) tXa kuiksne^), t^en Ihe^ne me. Wenn ich geschrieen hätte, hätte er mich gesehen. An (oder na) tnes lalesne mas^ iXame er^^^ne. Wenn du uns gerufen hättest, wären wir gekommen. An (oder nd) isen fasne ^) mas^ iXame pi}ne kh kra8)n. Wenn er uns zu Essen gegeben hätte, hätten wir auch Wein getrunken. ^) von kuXzo, ') von /aizOf d. i. ^ayi^'ji. ') von oexo, d. i. öivxv. Der Übergang von iu in e findet sich auch in andern Wörtern, z. B. aijen ayioq, ai/hrts ayioi V i ut pyiog^ u. a. 202 Nachtrag. An (oder n4) iXame hhksne^) sas^ liete filne. Wenn wir each fortgejagt hätten, wäret ihr fortgegangen. An Uete metsne mö, tja pa^^ne polä kj (apq)me- nkne ««' esetera^). Wenn ihr mich betrunken ge- macht hättet, hätte ich viel erlitten und wäre in eurem Hanse (u hernach t) geblieben. An iXcine nddsne «ö^), ISes marine to mäB'Bma 8\ Wemi sie dich geschlagen hätten, hättest du deine Auf- gabe gelernt. b) Dieselben Beispiele in Ofis: An (oder n') JyTa vdksina^)^ tSen iS^^ne me. An (oder n') lies lal^sines mase^ iXame er^h^name. An (oder n') lie faisne mase^ iXame piiname tie krasl. An (odern*) iXcifne fijäsname sa«e*), iSete filmte. An (oder n') ISete me^l8inete wc, iXci paS^lna polä tS^ apomenlna ss* eshtera. An (oder n') iXane ndoslnane se, ises ma^tne8 to mä^ema 8\ *) Ei; Tcr Ir^Tcpa = %U fa vfiirtpa. Erstens wird tU tci zu atäj dann durch Assimilation zu ssä, endlich fällt das auslautende a des Artikel vor dem vocalisch anlautenden nächsten Worte ab. — Nur in diesen Dialekten haben sich die Possessiv-Pronomina erhalten: t'embn to iuov^ feson to Icovy {emeteron to ii|üi»Tspov, t^eseteron to vfAixtpov. Statt to a<|»8T€poi' gebraucht man { autineterorif i' akineteron, fekineteron^ t' atineteron, { allineteron^ jedes mit eigener Bedeutung. Für oc, »j, ov gebraucht man die Genitive der verschie- denen Demonstrativpronomina. — Auch cTtpoc hat sich dort erhalten. 3) Die Casus obliqui der persönlichen und demonstrativen Pronomina werden immer hinter das Yerbum gesetzt. ») Von ßoi^w. *) ßjäsname sase wird als ein Wort gesprochen, das den Acceut auf der ffinfiletzten Silbe hat. Alle Casus obliqui der Personalpronomina sind enclitisch, ohne dass sie aber den Ton des vorhergehenden Wortes beein- flussen. Die Leute dort betonen sehr häufig auf der sechstletzten Silbe, z. B. e/eram atunus wir haben ihnen gebracht (in Trapezunt), esirame sase wir haben euch gebracht (in Ofis) u. a. Nachtrag. 203 II. Couditionel passe mit an oder nä im Vordersatze, im Nachsatze ^ä mit Imperfect. a) Trapezunt. Nä iXa 3"^/wf sc, Sä eperna se. Wenn ich dich ge- wollt hätte, hätte icii dfeh genommen. Nä iSes S'Hne^ S'ä erXusun, Hättest du gewollt, so wärest da gekommen. A^ö^ t^en elepne (oder eleprne oder ihine) wc, Sä epiäne ine. Hätte er mich gesehen, so hätte er mich ergriffen. Nä iXame letne ti^^n, Sä endünete mas. Wenn wir etwas gesagt hätten, hättet ihr uns geprügelt. Nä isete elepne me. Sä eXttpanete me. Wenn ihr mich gesehen hättet, hättet ihr mich geschlagen. Nä \Xane prepne se tä Idjuata^ Sä eydraza satä. Wenn dir die Kleider gepasst hätten, würde ich sie dir gekauft haben. b) Dieselben Beispiele in Ofis. N(a))Xa Seltna se, neperina se, N^lses Selines, n' e(r)Xus^^^' N^ise elepine mc, n^ eple^ne^) me. N^iXame IP'inarne tvpo^)^ n^endonete mase. N(a)}sete elepinete me, n^eX^ipenete me. N^iXane jaküsepsinane^) se tä -^eja^), n eydraza se^). ') Parasitisches /; ngr. pjano vom dor. und vulgaren wiofw. ^) ngr. t)puft% Tc'iroTe. ') Tfirkisclier Stamm. *) Desgleiclien. *) Bei sehr vielen Vcrbis vertritt in diesen Dialekten der Accusativ den alten Dativ, mehr nuch als dies im Neugriechischen der Fall ist. 204 Nachtrag. III. Imperfect mit nä oder an im Vordersatz (statt des Conditionel passe), und Conditionel pass^ im Nachsatz, a) in Trapezunt. Na epe^äna, iXa Ba/ine^) us atdra^). Wenn ich gestorben wäre, so wäre ich bis jetzt begraben worden. Na ep^ynes ssd jalön, ises lustine^) Xorzs ällo» Wenn du ans Meeresufer gegangen wärest, so hättest du dich ohne Zweifel gebadet. Nä eXol^^skutun^ ällo^) k^iSen Hndi^sne^) mag. Wenn er zornig geworden wäre, hätte er nicht mehr mit uns geredet. Nä hmes {e)ftoi\^ \Xame apoS'anine äs^) slm hi- nan. Wenn wir arm gewesen wären, wären wir des Hungers gestorben. Na ^stin ssin TurktaUy pollä iSete sirine. Wenn ihr in der Türkei gewesen wäret, hättet ihr viel er- duldet. ^) Man beachte die Form ^a/tne, in der beide Silben mit Fricativ- lauten anlauten. ^) d. i. (Je T^ up^, bis zur Stunde. *) a-^ wird immer st gesprochen, wie auch <|»^ ß und ;^3 ;^<. Es ist überhaupt allgemein neugriechisches Lautgesetz, dass von zwei nebeneinander stehenden Fricativlauten der zweite in den entsprechenden harten Explosiv- laut übergebt. ^) ällo „anders^ ist in den Begriff „mehr*^ übergegangen. Demzufolge bedeutet ällo 'k* (uWo ovx) „nicht mehr**. Auch zur Umschreibung der Comparative und Superlative wird ällo gebraucht; also: ällo kalos „besser* u. s. w. Auch auf Aenos ist allo in letzterer Bedeutung in Gebrauch, z. B. allö meyäloa „ grösser'. *) ist aus sindiyeno cvvrvyy^dvdj hervorgegangen. 6) = dno. Hier ist äs tun (dno rviv) durch progressive Assimilation zu äs sm geworden. Nachtrag. 205 Nä hsan ynostiki, IXane akusttne tä löija tun.^) Wenn sie verständig gewesen wären, wurden ihre Re- den gehört worden sein. b) Dieselben Beispiele in Ofis. N^epe^änay iXa ^a/lna os tä här,^) N^epelnes ssd jald, ises lusttnes mütlak, N^eXujäskutone^), ällo üts^ titen sindis^sine mase. N^emunes eftos), \Xame apo^anlname as so limö, N^hsunest so türtsiko tö X^ma, pollä tsete sirinete, N'esajie aküUibes, iXane akustinane ta lakürtia tuna. IV. Einige Beispiele mit dem Conditionel passe der Verba sein, haben und werden, a) in Trapezunt. Na tXa ütdne ftoXds, tXa ihine ynös\ Wenn ich arm gewesen wäre, hätte ich Verstand gehabt. Na Isen kj ällo polld ynd8\ kj isen jentne ftoXös. Wenn er mehr Verstand gehabt hätte, wäre er nicht arm geworden. Na tXame stdne kj dllo prokommen\ iXame marine kj ällo pollä. Wenn wir fleissiger gewesen wären, hätten wir mehr gelernt. Na isete statine apän so Srdmo, Uete vrasine. Wenn ihr auf der Strasse gestanden wäret, wurdet ihr nass ge- worden sein. ') = ngr. Twv, d. i. avrZv. ^) Auch ngr. kann man sagen : cJ( tu Tup^. 3) Das / ist durch Mouillirung ganz ausgefallen. Beispiele aus dem Neugriechischen und besonders aus dem Dialecte der Terra d'Otranto siehe in meinen „Neogracca'', Curtius Stud. IV. 258 ff. 206 Nachtrag. b) Dieselben Beispiele in Ofi«. N(a) iXa stäna e/toXds, \Xa isäna akülL N(a) ise pletjo^) aküll, üts* tse jine^ne eftoXos, N(a) tXame stdname ts^ällo pli'ijo akiilliSes, tXame ma^tname pl^tja, Nä isete staöinete epän^ so rbdmo^), isete vra- sinete. V. Ist der bedingende Vordersatz negativ, so ge- braucht man die Negation jixi^; dem agr. sl juij ent- spricht in diesen Dialekten immer nä ml a) Beispiele in Trapezunt: Nä m'}X^ ekserhsne, nd^^) ejhndon^ ^ä eleya sas, pds ki ksero ti&en. Wenn ich nicht gewusst hätt^, was sich ereignete, so hätte ich euch gesagt, dass ich nichts weiss. K^Hes skoSine äs söm hirnön aryös, nä m'ises peskaSrlne A:^*), asü ebtvan tä mesäniXta, Du würdest nicht so spät am Morgen aufgestanden sein, wenn du dich nicht niedergelegt hättest, nachdem Mitter- nacht vorbei war. ') Die alte Comparativform hat sich noch erhalten. ') Die Metathese ist in dem Dialekt von Ofis sehr häufig. Es gibt davon die sonderbarsten Beispiele. ') Das alte to statt ti mit Erweichung in udd. *) Die sonderbare Form erklärt sich auf folgende Weise. Epesa kä (Insa-ov xarv) heisst „ich habe mich niedergelegt". Davon lautet der Impe- rativ pe8(e)ka^ und davon bildet man nun den Infinitiv peska^ine (*nio'xa3>J- vai) und die IL Pers. Plur. des Imperativs: peska^estCf gleith als gäbe es ein mediales Yerbum Trfo-xaojuiat. Zu allem Überfluss setzt man, da das Be- wusstsein für die Silbe ka abhanden gekommen, nochmals dieselbe am Ende au: peska^hie ka. Nachtrag, 207 Tr\a^) inneres pä^) nä in^lXa fä"ine tihhn^ kt ^ä epe^äna. Und wenn icli auch drei Tage nichts ge- gessen hätte, wäre ich (doch) nicht gestorben. K^iyXame trPksne apo p}«' esün^ nä inHete f^psne. Wir wiiren euch nicht nachgelaufen, wenn ihr nicht da- von gelaufen w^äret. Nä rtliXa elepne kaninany ^ä e/oyümun^). Wenn ich Niemand gesehen hätte, hätte ich mich gefürchtet. b) Dieselben Beispiele in Ofis: Nä niKXa ekseresina öti ejendone, n^eleya sase, ttp* M*) knero. — L^tH Uea sko^'tnes tb pnrnär aryä, 7ia irOies peska^ines kä^ apef^) ehe" van tä mesäniX ta. Tr/a imeres pal nä m)Xa fä'ina tlpo, ütr c' n'epe- 3"« na. 6''/« ?Xame treksiname ap' ep}8 asuna^ na m'i^ete fijänete. Nä jniXa ih^^na katnä, nefoyümune. VI. Statt des Gonditionel passe kann man im Vorder- und im Nachsatz zugleicli das Imperfect setzen, sowohl im Dialekt von Trapezunt wie in dem *) In diesen Dialekten werden fast alle Wörter im Plural zu Ncutris. *) ndXiv , wieder" (ngr. paii oder pale), im Dialekte von Ofis pal, in dem von Trapezunt pa ist durch die Bedeutung „hinwiederum** in die von , auch ** uhergegangen. ') Statt ngr. e/nramun, Übergang von v in y, ^) ou hat sich in Olis erhalten; vor Vocalen lautet es vti. In Trape- zunt *k\, d. i. ovxty eine von jenen Formen, die nicht autiser Acht werden gelassen werden, wenn ich den Beweis liefere, dass ) Fast allgemein wird in diesen Dialekten das Medium durch das In-* choatirsufüx o-x gebildet. [1877] IV 212 Nachtrag. da gewusst, dass ich nicht schwimmen konnte (kann), so hättest du mich nicht ans Meer geschickt, um zu haden. K^eyrtksame iplne, atnondd^) ipes mas. Wir konn- ten nicht sagen, wie du uns gesagt hast. Eyriksete evrine ( 08pit\ ümban ^stila sasi Konntet ihr das Haus finden, wohin ich euch geschickt hatte? Dieselben in Ofis: N^^kseres pds ütf eyrttiena uzkpsina^), üti^h n' estilines me ssi ^älassa nä lüskume. iXti eyrltiesame ipiname omondö Ipes mase, Eyritiesete evrh^nete f ospH^ apö^e epölisa^) sase? c) A/tno lasse, Imperf. hfina (in Ofis ef\nen) o^en bedeutet in Saracho ita rt; warum? In Otis sagt man dafür ojat ol^dj o^^tindi, o^^dndo, in Trapezunt jat\. Halten wir die Form bhen mit oi'dndi und o^^dndo (o-^ia-Tc, o-^ia-xo) zusammen und bedenken wir, dass (a im Dialekt von Saracho zu e wird, so ist klar, dass b^en aus ^id ri hervorgegangen ist und sich von den Ofischen Formen, mit denen es das prothetische o gemein bat, nur durch den Abfall der Endsilbe (/t, resp. do^ und die Verschiebung des Tones unterscheidet. Nachtrag. 210 rksne. Wenn wir nicht hätten gehen wollen, so hätten wir uns nicht daran gemacht, uns anzuziehen. Uyfaztr/a^/iawe paine ssi ni/es so parinemot^) Ha- ben sie sich fertig gemacht, um zu gehen zum Akholen der Braut? (Of.) r) Ahnlich kommt noch der Infinitiv vor nach den Ver- bis: nunlzo daran denken, nachdenken, im Sinne ha- ben (in Ofis und Saracho dafür: tuSun^/kume)^ ef- täyo 8dpr(in), sich gedulden, und andern. Bei allen diesen Verbis steht der InGnitiv als Ergänzung eines unvollständigen Ycrbalbegriffes. Er findet sich aber in diesen Dialekten oft nach vollständigen Praedicatbegriffen, um die Ab- sicht oder Folge auszudrücken, immer aber ohne Vorsetzung einer Conjunction. Eine Absicht enthält der InGnitivsatz namentlich nach den Verbis der Bewegung. Solche sind: a) ^rXume (in Ofis eXume) g^;foM«t, Impf. erZumuriy Aor. erBa. Oh^^) üts er^es ferines me C aXldhe^ n(V e^eri' 8 est Warum bist du nicht gekommen, mir das Gras zu bringen, das du gemäht hast? (Of.) *) Sti't ni/es to parnu'mu entspricht dem ncugr. ct^c (cZc "rij?) iai(p)v]C to sftfO'CfAo(K). Wie im Neugriechischen durch Anhungung der Endung •ijuio(v) an den Stamm deä ersten Aorist Act. Substantiva gel)ildet werden, die den abstracten Begriff der Thätigkeit des Verbums ausdrücken, z. B. to ^fio-fjLio, TO xai|;(po, TO ypd\fji^o u. s. w., Formen, in denen die Adjeotivbildungen auf '-ifioQ (xauVipo; u. s. w.) und die .Suhstantivbildungen auf -/jio'; (^lo-fio';, o'frcto'fioc u. «. w.) durcheinandergehen, so werden auch in den pontischen Dialekten, namentlich in dem von Otis, abstracte Substantiva durch Anhängung von -{mon) an den Infinitiv gebildet, z. B. vr^^ammo von er^^dnc iXBilv^ ipuicmo ▼on ip'i/ie tlmXVf tiinc^tncmu von Mmw-ciw' xocprjS^i'ai, u. s. w. ') Siehe die Anmerkung zu o^en. Die Form o^^ei ist entstanden aus ^üs mit prothetischem <'. Auch sonst findet sich im Neugriechischen iid (ja) aliein in der Bedeutung : ., warum?*', z. B. 'AvdnXij yta ^\v ^aipio-ai, yid ^9v ßaptiq naiywi^ia ; 220 Nachtrag, b) päyo Cnuyu} ^ich gehe**, Impf, ep^yna^ Aor. epiya. (Impf, in Ofis und Saracho: epetna), Ondän ep^tnes iSkne Väleon, etirena se. Als da gingst, um das Pferd anzuschauen, sah ich dich. (Sar.) c) Änivlno uvaßctlvu} und kativeno xaraßatuw, Nä l^es katevine assö hendrön hösne me enan bio aptSe^, Sä eSüna se k^ eyd mtla. Wärest du vom Baume heruntergestiegen, um mir ein Paar Birnen zu geben, so hätte auch ich dir Apfel gegeben. (Tr.) üt^ entven at^\ amhän^) ssd ^endrd parine kot^im- bela. Er stieg nicht da auf den Baum hinauf, um Pflaamen (äox«i;V>jX«) zu nehmen. (Of.) d) Kldskume „ich wende mich**, («Xlü3oha«i), Impf, eklö- skumun, Aor. eklösta?) Eklösten ipine me hnan löyon k' eyd k^ eSHesa n' akÜ* aton. Er wandte sich zu mir um mir ein Wort zu sagen, und ich wollte ihn nicht hören. (Tr.) e) Se'^veno Staßaivuj, Impf, ehe^vena, Aor. ehlva, Ehtven assö poiänC parlne ksila. Er ist über den Fluss gegangen, um Holz zu holen. (Tr.) *) Auch atiambdny in Trapeznnt a*ki apdn und a*kjapdn, entstanden aas dem demonstrativen et, Ixtt und inaw, *) KXia^tß) bedeutet in diesen Dialecten' nicht bloss „ich wende*, son- dern auch „ich bekehre einen zu einer andern Religion*, und so hat auch Klbskume neben der Bedeutung „sich wenden*' die „ich gehe zu einem andern Glauben Ober*". Davon kommt es, dass in der Umgegend von Tra- pezunt alle diejenigen, welche vor ein Paar Jahrhunderten äusserlich zum Mohamedanismus übergetreten, im Geheimen aber Christen geblieben waren, Klo8t\ (xXwoToi) genannt wurden. Ihrer waren im Ganzen ungefähr 20 Tausend und sie wohnten hauptsächlich in den Dörfercomplexen von Krbmne und Matziika. Im Jahre 1856 haben sie sich wieder offen zum Christenthum bekannt. — In Ofis nennt man solche yvpia-tol; dort hat auch Tvp/^w die Bedeutung von Klbskume. Nachtrag. 221 f) tr^X^ ''^^X'*'? Impf. etreXor, Aor. eireksa. Jait k' eirekses es) parine to milon kj epiren atö allosi Warum bist du nicht gelaufen, den Apfel zu nehmen, und hat ihn ein anderer genommen? (Tr.) g) eftäno (pSuv'jj „einholen**,*) Impf, e/tana^ Aot, P/tasa, K/tasete ton dzirin ^stui^ klösnet' atondn epi«'? Habt ihr euren Vater eingeholt, um ihn zurückzubringen (zurückzurufen)? (San) h) steko stehen, stehen bleiben (Impf, esteka^ Aor. estd^a) und strno stellen, zum Stehen bringen, an- halten (Impf, hstena, Aor. l'Stesa,)^) E stäken ijune mas mV hpa^en er blieb stehen, um uns zu sagen, was ihm begegnet sei. (Tr.) Esteses ton heväte ipines atona mV tpa sei Hast du den Wanderer angehalten, um ihm zu sagen, was ich dir gesagt? (Of.) i) skono (auch eskono in Ofis) aufheben, skutne auf- stehen (Impf, eskümnn, Aor. eskö^a), ngr. crv^Hivm und ryjxo i'ourei. Na isea skosne fer)ne to j>ß^'/w a^«, kl Sä ikleen. Hättest du das Kind aufgehoben und hieher gebracht (wörtlich: um es hieher zu bringen), so hätte es nicht g«* weint. Uts' eskdSe paine. Er stand nicht auf, um zu gehen. (Of.) ') E/tdnn hat neben der Bedeutung ^einholen, erreichen^ auch noch diß intrantiiMven ^unkoiumen'* und ^ reif werden**; (\&\{)n /tazmenotf (j^ac- IjiivoQ) = reif, mündig, heiruthsfähig. '-) Sthio (cTatVw) hat auch die Bedeutung ,zuin St'hweigen bringen, den Mund stopfen, verstummen machen'*, <^ipo'j> N. T. ; z. B. hates atond ich habe ihm .(c;, anderseits des Perfects und Plusquamperfects durch £%üü. Es gehört nicht in diese Ab- handlung, nachzuweisen, wie die Umschreibung des Futurs durch 3g?>w, resp. i9iX(Jü mit Infinitiv Praesens oder Aorist seit der ho- merischen Zeit auch in der Schriftsprache immer häufiger gewor- den ist, ein Punkt, auf den bis jetzt weder die Lexicographen noch die Grammatiker geachtet haben. Ich beschränke mich, nur zwei Stellen anzuführen, die eine aus einem Dichter, die andere aus einem Prosaiker, in denen je ein einfaches Futur mit je einem zusammengesetzten wechselt: Soph. Ant. 234: a-ot, hbI to fxvjStv l^s^, (p^cca-u) S* o/tiw? 238: (p^acrai S'iT^M a-oi Tr^urra TctixctvTov. und Xen. Anab. T' 4,41 : 'A>.>.«, sl ßov?^t, ixei>s Im tuT crT^ccTSVfAccTt, iyut) hs iSsXw tto^s^^bo-^cci' ei &£ %^X^^sig^ nozsvov Int to o^og, iyu) ^s jusrou uCtov, Es dürfte wohl schwer halten, in diesen Stellen einen Unter- schied zwischen dem einfachen und dem umschriebenen Futur herausklügeln zu wollen. Durch das allmählige Überhandnehmen nun der aufgelösten Formen und die Ersetzung des aussterbenden In- Nachtrag. 225 finitivs durch va mit Conjunctiv Praesens oder Aorist ist das Neu- griechische dahin gekommen, duss es für das Futur folgende vier aufgelöste Formen hat: a) ^iX'M y^dyl/tt, resp. y^citpst, h) Si}^t yDii^'j), resp. y^ctcpw, c) 3*£ i'« «y^avf/w, resp. y^acpuu, d) 3« «y^rcNf/u;, resp. y^u(pw, von denen die letzte die gewöhnlichste ist Ebenso: ^iXti i^üi, resp. s^*/Mucet, ^s vn i^w, resp. i^%u:iJLUij Sn t^üü, resp. e^yujfJicci; desgleichen ^iXsi xcijuyj^u), resp. xof^aov^ai^ •&£ vd xotßvjSro), resp. xoiuoCfxat, Sa xotfXY,S'w, resp. xotfJLoCfxut. Der Conditionel piesent wird gleichfalls durch das Hilfsver- bum Si}.w, d. h. durch das Imperfect desselben umschrieben; also: a) iJ^fX« y^ci^l^ii, resp. y^u(pu^ b) »y-S'fiXf y^u\l/w, resp. y^ctipM, c^ CTfc i'<< iyoctipcc, d) ^a iyoaipa, 2) Was sind nun die Formen y^d^/ii, i^st, Hotfxvi^? Co- rais hält sie für Infinitivformen. Er sagt Atacta I, 158: xai n^uS' TOI/ fJiil' Sll'& lil'C€ß(ptßo?.Ol'y OTl 6 a^^Y,IJLCeTtTfXOS' TtZv fXiX}.0VT00l' ty;9 XOt' ffig yX'MTTYiM ytx'srat jus ctnct^fxtpccTu, ffTBiiir, Hctt «iV etxjrovf; toCq izctSyi- rixoCg TVTTovv tC^iTjaTcu ctna^ct>Xct>iTo.- Xvjvucvlg y}M.u} y^a-^/^si, "kdßuy y^ct(p^v} Infinitive. Er führt sie in diesem Falle auf 7^«- \l/atg, Kcißstg, y^a(p^stg zurück. Ich kann seiner ganzen Darlegung, die mir sehr gekünstelt scheint, nicht den geringsten Grad von Wahrscheinlichkeit beimessen. Denn dann müssten in der Volks- sprache einmal Participialformen wie yxißsig, (pciystg, (pvysig, t^^sig, iSsig u. s. w. statt ?,aßüüu, (pccym', (pvyu»', IXöwi», iSwv u. s. w. ge- bräuchlich gewesen und müsste das auslautende s mit der Zeit abgefallen sein, was gar nie im Neugriechischen geschieht. Denn wenn jetzt der Nom. Sing. 17 ttoXi lautet statt vi tto^j?, so liegt nicht Abfall des 8 vor, sondern wir haben darin ein Meta- plaston zu erkennen. Darüber habe ich ausführlich in meiner Ne« *EXXag gehandelt. Nachtrag, 227 4) Dass y^«\|/fii, Xccßgi, y^cctp^Tri Infinitivformeii sind, darüber kann kein Zweifel sein; nur wird man fragen: Wie kommt es, dass, während im Altgriechischen ?-/,üü yDci^i/cci bedeutet ich kann schreiben und folglich sty^ou y^d^at ich konnte schreiben, letzteres übergegangen ist in dio Bedeutung: ich hatte ge- schrieben? Sehen wir uns nach den romanischen Sprachen um, so gibt uns deren Entwicklung Analoga an die Fland. Denn das franzosische je chanter-ais, das spanische cantar-ia sind nichts an- deres als zusammengesetzte Formen aus dem Infinitiv cantare, chanter und dem Indicativ Iniperfect avia, avais des Verbums habere. Wie nun „ich hatte zu singen, d. i. ich konnte singen^ in einer Sprache in die Bedeutung von ich würde singen, ja auch: ich würde gesungen haben übergehen konnte, ist sehr leicht einzusehen. Denn in einer Zeit, wo die alten einfachen Formen verschwanden und durch andere analytische ersetzt wur- den, wo manche Tempora und Modi durch das unvermeidliche Um- sichgreifen der umschreibenden Methode doppelt vorhanden waren, darf CS uns nicht Wunder nehmen, wenn auch die Bedeutung der einzelnen sich verschoben hat. So hatte auch die spätere griechische Umgangssprache — so nehme ich an — für den Conditionel die beiden Formen ity^ou y^^at und rSeXor y^ct^/ai, und ich denke mir, dass sich die Praxis dahin ausgesprochen haben wird, dass vi^O.ov y^cvi/ctt für den Con- ditionel present, iiyjav ysu^ni dagegen für den Conditionel passe gebraucht wurde, wie letzteres noch heute in den pontischen Dia- lekten der Fall ist. Zu dieser Zeit, die ich mir der guten alten nahe denke, existirte schon in der Volkssprache die aufgelöste Form des Plusquamperfects ^iyjov yty znwxivov, die heute ^i%n y^aix- uivo lautet. Als in einer folgenden Epoche der griechischen Sprache das aus SiXüü vclc durch -c"« vd hervorgegangene «Stt, das ursprünglich nur zur Umschreibung des Futurs gebraucht ward (^sXw ya y^dyjyu.', J&E 1/« y^ny}/oü, 'S"« y^ciyl/'M für 3fe>.cw y^ct>\/cii), von dem Futur aus weiter um sich griif, da verband es sich als Partikel nicht bloss mit dem Indicativ Imperfcct zum Ausdrucke des Conditionel pre- sent (3"« iyzafpov ich würde schreiben) und mit dem Indicativ Aorist zum Ausdrucke der Wahrscheinlichkeit (3« iy^a^/a, 3"« ly^a- "i/ag, ^n iy^cc^/s. er wird geschrieben haben, er hat wohl [gewiss] [1877] 18 228 Nachtrag. geschrieben), sondern missbräuchlich trat es auch vor ii%ov y^d^at, das schon ohne ^a die Bedeutung des Conditionel passe hatte. Dadurch nun, dass ^d ey^ct\/si und «%» y^afxfjivo eine und dieselbe Bedeutung. Stellt man sich die allmählige Verschiebung der Bedeutung des stf/j)v y^yl/cu von dem Conditionel present zum Plusquamperfect Indicativ so vor — und ich denke, es sei doch wohl das einzig Richtige — , so braucht man weder zu Conjunctivformen, wie Mul- lach es that, noch zu aeolischen Participialformen und neugriechi- schen Lautwandelungen, die nicht existiren, wozu Maurophrydes* Erklärung nöthigt, seine Zuflucht zu nehmen. 5) Was die Betonung dieser Infinitivformen im Neugriechi- schen anlangt, so ist Folgendes zu sagen: Mit Ausnahme derjenigen, welche ifti Altgriechischen auf -ffi/cu ausgehen (siehe 2): anavi di'aßvjvcciy k ata vi xarctßyivctt^ vjt tx/öytuat, ^mbi ifxßvjvats 8javi Stctßyji'cet, kimiSi xotixvjSyjvaiy Xtipi^i XTV7rvj3iji'at, vre':n sv^S'j'viifaty vra'X'i ß^ocy/ivctt, staS^f TTctSyjvcti u. s. w. und der drei Formen pjt mslv, ipt siTrstf und i^i tS«Ti', in denen das i der ersten Silbe theils consonantisch (J), theils fast irrational geworden ist, werden alle Infinitive des II. Aorist Activ paroxy- tonirt; also: Nachtrag. 229 liaxtßstt'y fd*ji (pccysli'^ md^i fxcc^ilv^ väli .3a?^lv^ vyäli eK/ßrtXsTi', nebst allen ihren Compositis. Ich möchte aber nicht annehmen, dass hier Reste der eigeuthümlichen Betonung eines alten Dialek- tes^ etwa des aeolischen, vorliegen, sondern ich bin überzeugt, dass wir hier eben wieder ein Beispiel von Analogie haben, indem die Betonung der ungleich häufigeren Infinitive des ersten Aoristes auf die viel selteneren des zweiten uniformirend einwirkte. 6) Wir haben endlich noch von dem conjngirten Infinitiv im Neugriechischen zu reden. Oben [C 1)] führte ich neben &«Xw «y^a\f/£i die Form ^£?,£t y^dyl/x und neben vj^tXa y^ci\l/st die Form 'tjSi>£ yociyl/'M an. Mull ach handelt davon auf Seite 245 seiner Grammatik. Er vergleicht den impersonalen Gebrauch von ^g>^l und »j^sXe mit dem von zuöi%BTcct und übersetzt ^i>jei «yjav/zw ^es ist Wille, dass ich schreibe, ich werde schreiben". Auch Mauro- pbrydes, der doch in dem y^d^^u von S-cXw y^d'^Bi eine Infinitiv- form erblickt, hält a. a. O. S. 244 yaci^w von 3f>.€i y§ccyj/u) für einen Conjunctiv und schreibt also: •S'£>.ei ysctyl^M S'£>.£< y^ccyJ/YiQ C?^EA£i y^ctyy^ri S'gXfi y^ccsl/wfxsv u. S. W. Beide aber haben Unreclit; denn die Sache verhält sich vielmehr folgendermassen: Neben dem 3'jXoü y^d>\/tt, ^iXgtg y^dyjytt u. s. w. muss sich allmählig die Neigung herausgebildet haben, auch das y^dy\/st zu conjugiren, sodass man nun sagte: 230 Nachtrag. 9'tXix} y^ayl/'w SiX8i9 y^yysig StXei y^ayl/^st SiXofxev y^yl/ofjLSv u. 8. w., wie dies oben [A4)] von dem ofischen Dialekte angefahrt wurde und aus allen im Verlaufe der Abhandlung aus demselben beige- brachten Beispielen ersehen werden kann. Je mehr sich aber die Bedeutung von &iXu) abschwächte und je mehr dieses sich mit dem abhängigen Yerbum zu einem Begriffe verband, desto näher lag es, die Personalendungen nur einmal anzufügen und zwar am Ende der zusammengesetzten Futurformen. So kam also neben dem SiXuj ygdyjyet und auf Kosten des doppelt conjugirten &iXat y^d4/(jü^ einer Schöpfung, an der vielleicht die Sprache selbst nicht viel Gefallen fand, die Form SsXsi y^d4/(t) mehr und mehr in Ge- brauch, bis sie diese ganz verdrängte. Dass man gerade die dritte Person Singular wählte (d^Xsi 7^rr\{/a)), dazu hat vielleicht die Infinitivendung selbst SsXou y^4/8i, S'iXttg y^a^tt das Meiste beigetragen. Indem man das Yerständniss für die Infinitive immer mehr verlor, kam man schliesslieh dahin, dass man es für eines und dasselbe hielt, ob man die Personalendungen dem ersten Be- standtheil und die Endung » dem zweiten anhängte oder umge- kehrt verfuhr. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREÜSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. Mai 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Cartius. 3. Mai. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Harms las über die Formen der Ethik. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Annales des Mines. Ser. VII. T. X. Livr. 5 de 1876. Paris 1876. 8. — Vom vorg. K. Ministerium. huUetin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles. Ser. II. Vol. XIV. N. 77. Lausanne 1877. 8. Annales de chimie et de physique, Serie V. Avril 1877. T. X. Paris 1877. 8. Mnemosyne. Nova Sories. Vol. V. P. II. Lugd. Bat. 1877. 8. Jahresbericht am IG, Mai 1875 dem Comite der Nicülai-Hauptsternwarte ab- gestattet von dem Director der Sternicarte. Aus dem Russischen übersetzt. St. Petersburg 1875. 8. Desgl. vom 19. Mai 1876. ib. 1876. 8. Schweizerische meteorologische Beobachtungen. 12. Jahrg. 1875. 5. Lief. 12. Jahrg. 3. u. 4. Lief. 4. E. Block, Hil/sta/eln zur Berechnung der Polar- Azimute. St. Petersburg 1875. 4. Mit Begleitschreiben. M. Ny rc n, Dhlinaisons moyennes corrigees des etoiles prindpales pour VepoquB 1846,0. ib. eod. 4. [1877] 19 232 Gesammtsitzung vom 3, Mai 1877, Observations meteorologiquea faite8 aux stations internat, de la Belgique et des PayS'has. Annee I. 1877. Bruxelles 1877. 4. Journal of the chemical Society, N. CLXXII. April 1877. London. 8. Monument a Boica. Vol. 43. Monachii 1876. 4. Revue scientifique de la France et de l*etranger. N. 44. April 1877. Pa- ris. 4. Bulletin de la Suciete gcologique de la France, Serie III. T. IV. Feuilles 34—36. Paris. 8, Verhandlungen des naturforschenden - medicinischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. 1. Bd. 5. Heft. Heidelberg 1877. 8. // nuovo Cimento, Ser. III. T. I. Gennaio e Febbr. 1877. Pisa 1877. 8. Abhandlungen, herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Verein in Bremen. Bd. V. Heft 2. Bremen 1877. 8. Zeitschrift der Deutschen geologischen Oesellschcft. Bd. XXVIII. Heft 4. Beriin 1876. 8. Deutsches Wörterbuch von J. Grimm und W. Grimm. Bd. IV. Abth. 1, Lief. 9. Leipzig 1877. 8. Verhandlungen der k, k, zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien, Jahrg. 1876. Bd. XXVL Wien 1877. 8. Mit Begleitschreiben. C. Ochsenius, Bildung der Steinsalzlager und ihrer Mutter laugensalze, Halle 1877. 8. G. M. Thomas, Commission des Dogen Andreas Dandolo für die Insel Creta im Jahre 1350, München 1877. 4. Sep.-Abdr. Mit Begleitschreiben. 7. Mai. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Schott las: Über den Stabreim bei Finnen und Tataren. Der berühmte finnische gelehrte Ahlqvist beginnt das sechste heft seines Kiel et är (etwa Sprachmuse) mit nicht abzuweisenden einwürfen gegen eine aufstellung oder Unterstellung des ungarischen Sprachforschers P. Hunfalvy, welcher den die ganze finnische und estnische volkspoesie aus alter zeit durchdringenden Stabreim Sitzung der philo Boph.-histor, Klasse vom 7, Mai 1877, 233 für selbständig d. h. nicht erst in nachahniung des alten scandina- vischen st^ibreims entstanden erklärt. Man darf eine löbliche Un- parteilichkeit darin finden dass herr A hl q vi st in diesem punkte die finnischen dichter ohne umstände als schiiler der skalden er- weisen will. Zwar durfte schwer zu entscheiden sein, ob in sei- nem blute das finnische (Suomi-) Clement dem benachbarten gorma- nischen überlegen oder umgekehrt; soviel ist aber wenigstens ge- wiss dass er sich als ächter Finne (Suomalainen) fühlt. Paul Hunfalvy hatte in seiner behandlung der frage unter anderem hervorgehoben dass diese art reim schon bei solchen fin- nisch-ugrischen stammen die niemals mit Scandinaven in Berührung gekommen, unverkennbar sich zeige. Ahlqvist macht dawider geltend, die von Hunfalvy gebrachten beispiele seien nicht be- weisend genug, und lust am allitteriren bemerke man ausnahms- weise bei dichtem der verschiedensten Völker und Zeiten, welcher zweite grund übrigens in der vorliegenden Sache weit eher für als wider Hunfalvy zeugt. Wer die woguli sehen lieder im ersten bände des 'Nachlasses Reguly's* (/?. hagyomdnyai^ a Vogut fdld es nep^ P. 1864) unbefan- gen prüft, dem wird die hypothese des gelehrten hcrausgebers bes- ser zusagen als die des herren A., obgleich bei den Wogulen die regelmäszig schöne durchführung des anfangsreimes vermisst wird. Beide herren lassen aber in irem streite einen bundesgenos- sen H's, wo nicht unberücksichtigt, so mindestens unbenachdruckt. Angenommen die urväter der heutigen Ostseefinnen hätten (was gar nicht bewiesen ist) vermöge irer langen berührung mit den scandinavischen nachbarn deren dichterische ergüsse wirklich ver- stehen gelernt: wie soll man sich dann erklären dass der beiden Volkern gemeinsame Stabreim durch sämmtliche alte lyrische wie epische naturdichtungen vom Botnischen golfe bis in das sogenannte russische Kardien ausnahmslos waltet während doch alle diese dichtungen ir ganz eigentümliches, von demjenigen der scandina- vischen wesentlich verschiednes inneres gepräge haben? Wäre Finnlands poesie durch die vorzugsweise sogenannte nordische erst geweckt worden — was ohnehin bei einem dichterisch anerkannt sehr begabten volke schwer vorauszusetzen — so würde sie doch wohl auch von Seiten ires characters, nicht blosz iror art zu rei- men, scandinavisch geworden sein. Welches naturvolk dürfte je nach gewissen rythmischen gesetzen eines anderen ihm benachbar- 19» 234 Sitzung der philosophisch-histoH sehen Klasse ten gegriffen haben ohne zugleich in dessen geistigen zauberkreis mit hineingezogen zu werden? Die finnische naturpoesie trägt den Stempel wahrer urwüchsigkeit, muss also auch irer form nach un- abhängig geblieben sein, wie schon aus dem vorherrschenden *pa- rallelismus der gliedcr sich ergiebt welcher bei den skalden nicht zu finden ist. Wenn anklänge an scandinavische sagen in der späteren epischen poesie, namentlich der Esten, vernommen werden, so beweist dies nichts gegen die Selbständigkeit ires rythmischen characters. Es lohnt sich nun vielleicht, der entwicklung des Stabreims bei Tungusen, Mongolen und östlichen Türken nachzugehen. Das aus Tungusien stammende Mandschu, die spräche der vorfahren des jetzigen chinesischen kaiserhauses, hat, wie es scheint, seit China's Unterwerfung nur ein gewissermaszen poetisches er- zeugnis aufzuweisen: dieses ist eine teils beschreibende, teils er- zählende lobrede auf die Stadt Mukden in der Mandschurei, den sommersitz der kaiser. Es ergoss sich aus geist und pinsel einer nicht geringeren person als desjenigen hochgelehrten monarchen, den man in Europa unter dem chinesischen titel den er seiner re- girung gegeben (Khjan-lung d. i. vom himmel beschützt, er starb 1796) kennen gelernt. Sehen wir ab von dem etwanigen ästheti- schen verdienst dieses Werkes und fassen wir nur dessen form ins äuge, so bietet sich uns alsbald eine art Stabreim^ den die man- dschuische majestät gewiss schwerlich selbst erfunden, sondern in erinnerung an altmandschuische lieder angewendet hat. Ein gleich- masz der sätze (die nicht etwa verse heissen können) fehlt, aber gewöhnlich beginnt eine reihe derselben mit gleichem vocal oder, wenn es ein consonant, mit gleicher silbe^). Beispiele von anfangsreim bei den Mongolen sollen uns der ostmongolische chronikschreiber Szanang Szetsen und neuere west- mongolische (kalmykische) Volkslieder liefern. Von der dem kaiserlichen flüchtling Toghon Temür (Chinas letztem quasi -beherrscher aus C'inggisz-Chans geschlechte) in den ^) Der kurze wegen verweise ich aaf einen anhang zur 'Grammaire Mandchou des verewigten Freiherrn Conon von der Gabelentz (s. 148 — 150). vom 7, Mai 1H77. 235 mund gelegten elegie oder jercmiade beginnen die drei ersten Zei- len mit e (a), genauer mit den geschlossenen silben / und r: Eldehodjer hütukszen erdenitu iche (Jeke) Taitu chotan minu Du mannigfach geschmückte, meine köstliche grosze Stadt Taitu ! Erkiledsü szerekun szaghukci *Sangdu Kefbung minu In herrlicher kühle thronend mein 'Sangdu Reibung! Ertenu bokdaszun dsuszalang 'Sangdujin iara tala minu Göttlicher ahnherren sommersitz, meine gelbe ebene von 'Sangdu! Dann kommt in kurzer zeile ein spiel mit den zwei bedeu- tungen von aldachu: verlieren und irren, sich täuschen: Aldadsu iche tiiräben aldabai Getäuscht verlor ich meine grosze herrschaft. Im weiteren verlaufe beginnen vier zeilen mit m; die meisten aber enden auf minu mein, welches wort also einen endreim ver- tritt. Die obgedachten kalmykischen Volkslieder hat ein sehr begab- ter junger linguist, der Szekler Gabriel Bälint, mehrjähriger Wanderer in Nordasien und der Mongolei, aus kalmykischem munde niedergeschrieben. Sie ßnden sich nebst iren singweisen in den von der magyarischen academie herausgegebenen abhandlangen aus dem Gebiete der sprach- und schönen Wissenschaften.^) Alle diese dana^a (dandk)^ wie Bai int sie^ an das mongolische daghon, daon (ton und lied) erinnernd, magyarisch nennt, bestehen aus je zwei Strophen von je vier zeilen deren fast immer gleiche silbenzahl schon einen metrischen fortschritt bekundet. Im zweiten dieser lieder beginnen alle vier zeilen der ersten Strophe mit no^ nö oder wowi, der zweiten aber mit ne oder ner. Im vierten beginnt die ganze erste Strophe mit «a, die ganze zweite mit ghü oder ghul\ im fünften die ganze erste mit be (bä)^ ba, bd oder Aar, die ganze zweite aber mit o und folgendem consonanten, so zwar dass jedes- mal eine geschlossene silbe entsteht: />>?, on3 (W. L. 587.5) überein, und es wäre nichts Auffallendes, wenn gerade diese Linie neben den Wasser- sto£flinien hell im Sternspectrum erschiene. 2 Linien im Blau sind wiederholt gesehen und in der Zeichnung angegeben, aber nicht gemessen worden. Zeitweilig leuchtete noch eine breite ver- waschene Linie im Violett auf, wahrscheinlich die 3. Wasserstoff- linie in der Nähe von 6r. Von den 3 Linien im Grün fällt die eine (W. L. 514) am näch- sten mit den Magnesiumlinien b (W. L. für die Mitte 517.5) zu- sammen, doch übertrifft die Abweichung so beträchtlich die Un- sicherheit der einzelnen Beobachtungen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Magnesiumlinien hell im Sternspectrum erschienen sind, eine sehr geringe ist. Dec. 14. Grösse G. Spectrum wenig verändert. Helle Linie im Roth (6') sehr in- tensiv, desgleichen 2 Linien, eine im Grün, die andere an der Grenze des Grün und Blau (F). Schwächere Linien im Gelbgrün und Gelb wurden vermuthet, ein heller verwaschener Streifen im Blau (nicht 2 nahe beieinanderstehende Linien wie früher) und ein ebensolcher etwas lichtschwächerer Streifen im Violett (//y) wiederholt gesehen. Sehr auffallend wegen ihrer Dunkelheit und Breite war eine Bande im Blau. Der Luftzustand war so ungünstige dass an eine genauere Beobachtung nicht zu denken war. 246 Gesammtsitzung Dec, 22. Nur auf kurze Zeit klar; Beobachtung zwischen Wolken. Im Spectrum des Sterns sind mehrere helle Linien zu sehen. Eine solche im Roth scheint ganz isolirt zu stehen, da die nächst- liegenden Partien des Spectrums äusserst schwach sind. Eine helle verwaschene Linie im Gelb ist sehr deutlich sichtbar, desgleichen 2 im Grün und am Anfang des Blau. Auch im Gelbgrün leuch- teten einige helle Linien zeitweilig auf. Dec, 26, Grosse 6.6. Farbe rothlich. Das continuirliche Spectrum hat sehr an Glanz abgenom- men, vor allem ist der blaue und violette Theil desselben schwä- cher geworden. Das Roth ist in der Nähe der hellen Linie (C), welche auch relativ gegen die anderen hellen Linien an Intensität abgenommen hat, sehr schwach. Recht gut sichtbar ist eine helle verwaschene Linie im Gelb, eine scharf begrenzte Linie im Dunkei- grun und eine sehr helle Linie {F) an der Grenze des Blau. Sehr auffallend sind 2 dunkle Banden, eine breite im Blau und eine schmale im Grün. Die erstere ist an der weniger brechbaren Seite durch eine sehr helle Linie (F) begrenzt. Dec, 27, Das Spectrum erschien, wie am vorhergehenden Tage. Die Grösse des Sterns ist mit Hülfe in der Nähe stehender Sterne 7.0. und 7.6., nach den Grössenangaben der Bonner Durchm. zu 6.7., höchstens 6.8. bestimmt worden. 1877 Jan, 1, Grösse 7.2. Das Spectrum hat sein Aussehen wesentlich verändert. Wäh- rend in den ersten Tagen der Beobachtung das continuirliche Spectrum so hell war, dass die hellen Linien (mit Ausnahme der Linie im Roth) sich nur wenig abhoben, erschien dasselbe am 1. Januar sehr schwach, und die hellen Linien traten mit grosser Bestimmtheit hervor. Roth Orange Gelb Grüu Blau Dunkelblau Violett vom 3t Mai 1877. 247 Die Vertheilung des Lichtes im Spoctrum ist aus der vor- stehenden Intensitätscurvo zu ersehen. Das Maximum der Inten- sität des continuirlichen Spectrums lag im Grün, woselbst auch die beiden hellsten Linien gelegen sind. Unter der Annahme, dass Linie G mit F coincidirt, ergiebt sich aus den Messungen für die Linie 5 die W. L. 499 Mill. Mm. Die Linie 1 ( Wassers tolf, 6') war' sehr schwach und nur zeitweilig zu sehen und stand ganz isolirt auf dunklem Grunde. Linie 2, nach beiden Seiten verwaschen, bildete die Grenze des continuir- lichen Spectrums nach der weniger brechbaren Seite hin. Einige helle Linien, die sich nur wenig vom continuirlichen Grunde ab- hoben and nur zeitweilig zu sehen waren, erschienen bei 3 im GrGn. 4 ist ein dunkler Streifen, der besonders nach dem Violett verwaschen ist. Auf die hellste Linie des Spectrums (6) folgt ein breites dunkles Band 7, welches das Spectrum in 2 Theile trennt, da hinter demselben das continuirliche Spectrum, wenngleich sehr schwach, sich noch weit verfolgen lässt. Bei 8 und 9 sind sehr deutliche Intensitätsmaxima. (Bei den folgenden Beschreibungen werde ich mich immer auf die obige Zeichnung beziehen.) Jan. 2. Grösse 7.4. Spectrum wie am vorhergehenden Tage. Die Linie im Roth (1) zeitweilig recht gut zu sehen. Die hellste Linie ist No. 6 der obigen Intensitätscurve. Jan. 6. Luftzustand ganz schlecht. Die 3 hellen Linien G, 5 und 2 traten sehr deutlich hervor, sonst wie am vorhergehenden Beob- achtungstag. Jan. Iß. Grösse entschieden etwas heller als 7.6. In einem Ocularspectroskop nach Zöllner's Angabe, welches beträchtlich stärker zerstreute, als mein gewöhnlich zu den Beob- achtungen angewandtes Sternspectroskop, Hess sich nur zwischen den hellen Linien 2 und G continuirliches Spectrum erkennen. Die rothe Linie 1 war nicht mehr zu sehen, von 8 war nur eine ganz schwache Andeutung vorhanden. Die Linien 6 und 5 erschie- nen fast von derselben Helligkeit, 6 vielleicht etwas heller. [1877] 20 248 Geftamm tMtzung In meinem Spectroskop war die Linie 1 und das Intensitats- Maximum bei 8 und 9 noch recht gut sichtbar. Jan, 17. An dem vorhin erwähnten Zöllner^schen Ocularspectroskop hatte ich eine Einrichtung getroffen, um gleichzeitig neben dem Sternspectrum das Spectrum künstlicher Lichtquellen zu beob- achten. Es ist auf diese Weise gelungen, mit grosser Sicherheit nachzuweisen, dass die Linie 6 mit der Wasserstoff linie Hß coin- eidirt. Es ist ferner bestimmt nachgewiesen worden, dass die Li- nie 2 des Sternspectruras brechbarer ist, als Z) oder Ds. Interessant war die Wahrnehmung, dass die Linien 5 und 6 in Bezug auf Helligkeit sich verändert haben, 5 war entschieden intensiver als 6. Mit dem schwächer zerstreuenden Spectroskop waren die Linien 1 und die verwaschenen Streifen 8 und 9 gut zu sehen, sehr deutlich war ferner in dem schwachen continuir- lichem Spectrum der dunkle Streifen 4 zu erkennen. Jcm, 18. Grosse schwächer als 7.O., entschieden heller als 7.6. Die hellen Linien des Spectrums sehr glänzend. Noch alles Detail, welches am 1. Jan. im Spectrum beobachtet wurde, konnte gesehen werden. Die bei weitem intensivste Linie war 5. Aus zahlreichen Messungen hat sich ergeben: Linie Wellenlänge 2 580.4 Verwaschen, besonders nach Blau. 5 499.7 6 486.1 (F) 8 466.3 Nach beiden Seiten verwaschen. Aus Schätzungen der relativen Abstände der Linien folgt noch: Linie Wellenlänge 9 434.7 (also sehr wahrscheinlich Hy.) 8 466.9 (in guter Übereinstimmung mit der Messung.) Die dunkle Bande hat die Ausdehnung 486 bis 474 Mill. Mm. W. L. vom 3L Mai 1877. 249 Fehr. 2. Grosse 7.6. Bei der vorzuglichen Luft konnte noch alles Detail, welches am 1. Jan. gesehen wurde, erkannt werden, sogar leuchteten noch zeitweilig belle Linien im Grün (bei No. 3) auf. Die hellste Linie des Spectrums ist 5, dann folgen der Intensität nach: 6, 2, 8, 1 und 9. Fehr. 17. Stern etwa 8. Grösse. Spectrum sehr matt, mit Ausnahme der beiden hellen Linien 5 und 6. Die Linie 1 im Roth war nicht mehr zu sehen. März 2. Grösse 8.5. Auf den ersten Blick schien das Spectrum nur aus zwei hellen Linien zu bestehen, so schwach war das continuirliche Spectrum geworden. Bei Gewöhnung des Auges an die schwachen Lichteindrücke, war jedoch noch die Linie 2 und 8 zu erkennen, ja sogar noch Spuren heller Linien im Grün. Das continuirliche Spectrum war nur noch von Linie 2 bis G zu verfolgen. Die Linie 5 überragte alle anderen an Helligkeit sehr betrachtlich und war etwa 2 mal heller als G. März 10. Grösse 8.3. Continuirliches Spectrum äusserst schwach, nur mit Anstren- gung zu sehen. 4 helle Linien waren im Spectrum zu erkennen, welche folgende Helligkeiten hatten: No. 5 = 10 n 6 — 5 » 2 = 3 « 8 = 2 2. Fassen wir die vorstehenden Beobachtungen zusammen, so resultirt, dass das Spectrum des neuen Sterns ein continuirliches gewesen ist, von zahlreichen dunklen Linien und Streifen und mehreren hellen Linien durchzogen. Die Intensität dieses anfänglich 20 • 250 Gesammtsiizung sehr glänzenden continuirlichen Spectrums hat sich sehr bald ver- ringert, so dass dasselbe 3 Monate nach der Auffindung des Sterns nur zum Theil und da nur äusserst schwach sichtbar war. Die Intensitätsabnahme hat sich nicht gleichmässig über das Spectrum erstreckt, es haben die blauen und violetten Strahlen schneller an Olanz verloren, im Vergleich zu den Strahlen mittlerer Brechbar- keit Grün und Gelb. Der rotlie Theil des Spectrums, der schon bei den ersten Beobachtungen sehr schwach und von breiten Ab- sorptionsbändern durchzogen war, ist sehr bald ganz verschwun- den, sodass eine helle Linie im Roth ganz isolirt zu stehen schien. In der ersten Zeit war ein dunkler Streifen im Grün, bei den späteren Beobachtungen eine sehr breite dunkle Bande im Blau besonders auffallend. Die hellen Linien übertrafen anfänglich, mit Ausnahme einer Linie im Roth, das continuirliche Spectrum nur wenig an Glanz und waren desshalb schwer sichtbar. Bei der ziemlich raschen Lichtabnahme des continuirlichen Spectrums traten dieselben jedoch beaser hervor, besonders waren es, wie aus den Messungen folgt, die Wasserstofflinien Ha und iZ/3, welche stark leuchteten, später eine Linie bei 499 Mill. Mm. Wellenlänge. Diese letztgenannte Linie hat sich bei der Erblassung des Spectrums am längsten erhalten und hat schliesslich die Wasser- Stotfliuien, von denen die rothe zuerst merklich schwächer wurde, an Intensität übertroffen. Aus den Messungen, die bei der Schwierigkeit der Beob- achtungen überhaupt und besonders in Folge der leider nicht sehr günstigen Witteruugsverhältuisse, keinen sehr grossen Genauig- keitsgrad erreichen konnten, geht wenigstens so viel hervor, dass in dem Sternspectrura hell erschienen sind: 1. Die Wasserstofflinien IIa 1 , tto I bestimmt, II'O } Ily höchst wahrscheinlich. 2. Eine Linie von der Wellenlänge 499 Mill. Mm. (db 1 Mill. Mm.). Diese Linie fällt innerhalb der Genauigkeitsgrenzen mit der hellsten Linie des Stickstoffspectrums unter gewöhnlichem Druck zusammen, es ist dieselbe Linie, welche als hellste in den Spectren der Nebelflecke auftritt. 3. Eine verwaschene Linie bei 580 Mill. Mm. W. L. üom St Mai 1877, 251 4. Eine ebcnsolcho bei 467 Mill. Mm. W. L. (Diese füllt ebenfalls nahe zusammen mit einer Gruppe dichtstehender Linien des Luftspectrums.) 5. Es sind ferner helle Linien wiederholt gesehen worden in der Gegend von h und K^ aber einige Sicherheit ubor ihre Lage konnte nicht erlangt werden. Von den bei der ersten Beobachtung am 5. December gemessenen 2 Linien im Blau (W. L. 474 bezw. 470 Mill. Mm.), welche auch am 8. Dec. beobachtet worden sind, ist bei den späteren Beobachtungen nur die zweite als verwasche- ner Streifen (467 Mill. Mm. \V. L.) wahrgenommen worden. Ich habe auf der beifolgenden lithographischen Tafel treue Copien einiger der vielen Zeichnungen, welche an den verschiede- nen Beobachtungstagen ausgeführt wurden, in ein und demselben Maafsstabe gegeben, welche die vorstehenden Beobachtungen zum Theil ergänzen werden, da sie manches Detail enthalten, welches sich schwer in Worte fassen Hess, und anderntheils dazu dienen können, mit einem Blicke jene höchst interessanten Veränderungen zu übersehen, welche das Spectrum des Sterns in dem Zeiträume von 4 Monaten erlitten hat. Schliesslich mögen hier noch Positionsbestimmungen des neuen Sterns in Bezug auf 2 benachbarte Sterne 9.1 und 9.4 Grösse Platz finden, welche ich an einigen der weniger gunstigen Beob- achtungsabende ausgeführt habe. Nova — »O'M (7^7). + 42" 4184) 1877.0 ^ft = — 25^00 A$ == -+- r IT) '.'4 Nova — »1V1»4 {B,J), -\- 42" 4185) 1877.0 A« = — 35:34 \h = — 1' 13'.'2. Da der erste der Vergleichsterne am Meridiankreise in Bonn be- stimmt worden ist, so folgt noch für die Position des neuen Sterns: 1877.0 21»» 36'" 52:?48 -H 42° 16' 54V5. 252 Gesammtsitzung Zusammenstellung und Discussion bisher bekannt gewordener Beobachtungen, Die ersten Beobachtungen sind von Cornu vom 2. Dec. und 6. (?) Dec. 1876. Es gelang ihm mehrere helle Linien im Stern- spectrum zu messen und zwar wie folgt: W. L. 661 Mül. Mm. Hu 588 531 517 500 483 y, Hß 451 , 435 y, Ily Dunkle Streifen haben nicht mit Bestimmtheit in dem conti- nuirlichen Spectrum erkannt werden können, weil Cornu jedenfalls ein zu stark zerstreuendes Spectroskop angewandt hat und ihm desshalb manches Detail entgehen niusste. Es wird diese Annahme bestätigt, beim Anblick der Zeichnung, die sich C. R. T. 83. p. 1172 befindet und auf welcher das Spectrum als aus 2 Theilen bestehend abgebildet ist, und ausser den hellen Linien kein weiteres Detail enthält. Da die im Sternspectrum gemessene Linie W. L. 588 Mill. Mm. sehr nahe mit D^^ ferner die Linie W. L. 531 nahe mit der be- kannten Corona-Linie (W. L. 531.6) und endlich die Linie W. L, 517 nahe mit der Mitte der Ma^nesiumlinien b zusammenfällt, fol- gert Cornu die vollständige Übereinstimmung der Atmosphäre des Sterns mit der Chromosphäre unserer Sonne in Bezug auf Zu- sammensetzung „cn resume, la lumiere de Tetoile parait posseder exactement la menie composition que celle de IVnveloppe du soleil nommee chromosphere". Ganz zutreffend dürfte diese Folgerung wohl nicht sein, weil eine Linie, welche nicht in der Chromosphäre auftritt (W. L. 500), neben den andern hellen Linien im Stern- com 31, Mai 1877, 253 spectrum sehr deutlich sichtbar war und später sogar die inten, sivste Linie des Sternspectrums geworden ist. Im Vergleich mit meinen Beobachtungen ist übereinstimmend das Vorhandensein der drei Wassorstoffh'uien und der stärksten Linie des Laftspectrums oder der hauptsächlichsten Linie des Nebelspectrums W. L. 500. Sicherheit über die hellen Linien im Grün, für welche ich an einem Tage die W. L. 527 resp. 514 fand, habe ich durch spätere Beobachtungen nicht erlangen kön- nen; die Beobachtungen über dieselben weichen stark von den Cornu'schen ab, noch mehr die Linien im Blau, für welche ich im Mittel aus mehreren Messungen W. L. 466 Mill. Mm. fand, während Cornu für dieselben 451 abgeleitet hat. Die Linie 588 Mill. Mm. habe ich auch anfänglich einmal beobachtet, später aber nicht wieder gesehen. Secchi hat in den Astr. Nchr. (No. 2116) eine kurze Notiz über das Spectrum des neuen Sterns gegeben, er iindet die Be- schreibung von Cornu richtig mit der Ausnahme, dass die hellen Linien nicht verwaschen, sondern scharf begrenzt erschienen, wie Linien in Nebelspectren. Secchi hat am 7. und 8. Jan. 1877 beobachtet, wo die hellen Linien schon sehr deutlich hervorgetreten sind. Er spricht sich sehr bestimmt aus, dass eine der hellen Linien mit Wasserstoff, die andere mit Magnesium coincidire, eine dritte Linie Natrium sei und hat sich dabei ganz entschieden wie- der einmal getäuscht, denn am 8. Jan. waren diu Linien in der Nähe der Magnesium -Gruppe ganz schwach und bei l) war eine helle Linie nicht vorhanden. Die hellen Linien, welche er beob- achtete, haben die W. L. 500 Mill. Mm. und 580 Mill. Mm. ge- habt und sind ziemlich weit von den Natrium- bezw. Magnesium- linien entfernt gewesen. Copeland hat mit einem der von mir construirten Stern- spectroskope, in Verbindung mit dem 15-zülligen Refractor des Lord Lindsay'schen Observatoriums, das Spectrum zuerst am 2. Jan. 1877 beobachten können, wo der Stern 7. Grösse war. Er fand dasselbe überraschend hell, bestehend aus einem schwachen con- tinuirlichem Spectrum, unterbrochen von 5 hellen Linien, deren Wellenlänge er, wie folgt, bestimmte: 1. 655 Intense bright red 2. 581 Middle of a rather bright band in the yellow, fading oiX rapidly ou both sides. 254 Gesammtsitzung 3. 504 Bright, well-defined line. 4. 486 „ n ji 5. 456 Faint line in the violet. No. 1 und 4 sind die Wasserstoff linien, 3 die hellste Linie des Gasnebel Spectrums (Astr. Nchr. No. 2116). Am 9. Januar, bei ungewöhnlich günstiger Luft, konnten noch 2 Linien beobachtet werden, deren Wellenlänge zu 594 resp. 414: Mill. Mm. bestimmt worden sind. Die erste ist als „very narrow line'', die zweite als „excessively faint, but still certainly and repeatedly seen'' bezeichnet. In der Gegend von ungefähr 525 Mill. Mm. W. L. ist ein Maximum der Intensität in dem continuirlichen Spectrum wahrgenommen worden (Astr. Nchr. No. 2117). Die Beobachtungen sind, wie ein Vergleich mit dem Vor- stehenden lehrt, in sehr guter Übereinstimmung mit den meinigen, bis auf die Linie im Violett (456), für welche ich eine grossere Wellenlänge gefunden habe. Die Linie 414, welche Copeland beobachtet hat, ist möglicherweise die 4. Wasserstofflinie HS ge- wesen, wenn nicht ein Druckfehler vorliegt und 434 anstatt 414 zu lesen ist, denn auffallend wäre es, wenn Copeland die sehr gut sichtbare dritte Wasserstofflinie Jly (W. L. 434) übersehen haben sollte. Copeland macht darauf aufmerksam, dass die Linie von der W. L. 580 Mill. Mm. recht gut mit einer Linie übereinstimme, welche ich in den Spectren von drei ebenfalls im Schwan stehen- den schwachen Sternen mit ganz abnormen Spectren ^) beobachtet habe, und ich muss gestehen, dass, so unähnlich anfänglich das Spectrum des neuen Sterns mit diesen Spectren zu sein schien, bei der allmäligen Abschwächung des ersteren ein Zusammenhang ge- funden werden kann, denn nicht nur die erwähnte helle Linie, son- dern auch ein Helligkeitsmaxiranm im Blau (W. L. 467 Mill. Mm.) und die dunkle breite Bande kurz vor diesem Maximum stimmen überein. Backhouse in Sunderland hat am 26. Januar beobachtet und als hellste Linie des Spectrums die Linie von der W. L. 503 Mill. Mm. erkannt, er bemerkt, in Übereinstimmung mit meinen Wahr- ^) Berichte der Königl. Sachs. Gcsellsch. der Wisjjensch. 12. Dec. 1873. vom 31. Mai 1S77. 255 nehmungen, dass Ende December nicht diese, sondern die Linie F die hellste gewesen sei (Nature No. 379 Vol. 15 Febr. 1, 1877). Schlussbetrachtungen . Obgleich ich kein Freund voreiliger Hypothesen bin, so kann ich mich doch der Ansicht Cornu's nicht anschliessen, welche er zum Schluss seiner oben erwähnten Beobachtungen in folgendem Satze zum Ausdruck bringt ^Malgre tout ce quil y aurait de se- daisant et de grandiose a tirer de ce fait des inductions relatives ä Tetat physiqne de cette etoile nouvclle, ä sa temperature, aux reactions chimiques dont eile peut rtre le siege, je nrabstiendrai de tout commentairc et de toute hypothese k ce sujet. Je crois qae nous manqnons des donnees necessaires pour arriver ä une conclusion utile, ou tout au moins susceptible de controle; quelque attrayantes que soient ces liypotheses, il ne faut pas oublier qu'elles sont en dehors de la science et que loin de la servir, elles ris- qdent fort de l'entraver'*. Die Befürchtung, dass eine Hypothese der Wissenschaft schade, dürfte doch wohl nur in sehr seltenen Ffillcn gerechtfertigt erscheinen, in den meisten Fällen wird sie die Wissenschaft fördern, schon dadurch, dass sie die Aufmerksamkeit des Beobachters auf Dinge lenkt, die er ohne dieselbe möglicher- weise unberücksichtigt gelassen "haben würde. Wenn freilich der Beobachter sich so stark beeinflussen lässt, dass er zu Gunsten einer Hypothese Dinge sieht, die nicht vorhanden sind — wie das ja auch vorkommen mag — so kann allerdings dadurch dem Fort- gange der Wissenschaft ein Ilemmniss entgegen gelegt werden, die Schuld trifft dann aber jedenfalls mehr den Beobachter, als den- jenigen, welcher die Hypothese aufstellte. Der Wissenschaft — ohne es zu wollen — hinderlich wer- den, kann man auch ohne Aufstellung von Hypothesen, indem man Ausspruche thut, welche das Interesse an einer Sache schmälern und die hohe Bedeutung derselben nicht in das richtige Licht stellen. Fast möchte ich behaupten, dass durch das Lesen des oben citirten Schlusssatzes der Cornu'schen Abhandlung eine ähn- liche Wirkung hervorgebracht werden kann. Ich bin der Meinung, dass man nirgends besser als grade im vorliegenden Falle — wo 256 Gesammhitzung sich in sehr kurzen Zeiträumen grossartige Umwälzungen auf einem Plinunclskörper abspiegeln — die nöthigen Anhaltspunkte gewinnen könne, nutzbringende Folgerungen zu machen und Hypothesen, die Ober die physische Beschaffenheit der Himmelskörper aufgestellt worden sind, zu prüfen. Ein Sternspectrum mit hellen Linien ist für den mit Stern- spectralanalyse Betrauten immer eine höchst interessante Erschei- nung, wohl werth eines ernsten Nachdenkens. Denn wenn auch in der Chromosphäre unserer Sonne am Sonnenrande sehr zahl- reiche helle Linien zu erkennen sind, so treten doch nur dunkle Linien im Spectrum auf, wenn man ein möglichst kleines, stern- artiges Bild der Sonne erzeugt und spectroskopisch betrachtet. Es wird gewöhnlich angenommen, dass die hellen Linien in einigen wenigen Sternspectren von Gasen herrühren, die aus dem Innern des leuchtenden Körpers hervorbrechen und deren Temperatur die der Oberfläche desselben übertreffen, wie man Ähnliches in den Spectren der Sonnenflecke zuweilen beobachten kann, wo glühen- des Wasserstoffgas, aus dem heissen IntuTn emporgeschleudert, über den kälteren Flecken, sich durch das Hellwerden der Wasser- stofflinien kundgiebt. Es ist dies aber nicht die einzige Erklärung. Man kann auch annehmen, dass die aus glühenden Gasen beste- hende Hülle eines Sterns, wie es bei unserer Sonne der Fall ist, im Allgemeinen eine geringere Temperatur besitzt als der Kern, relativ zu dem letzteren aber sehr gross ist. Bei der ersten Annahme lässt sich meines Erachtens ein Be- stehen der Erscheinung auf längere Zeit nicht wohl denken. Es wird das aus dem heisseren Innern des Körpers hervordringende Gas einen Theil seiner Wärme der Oberfläche des Körpers mit- theilen und die Temperatur desselben erhöhen, infolge dessen wird die Temperatur zwischen dem glühenden Gase und der Oberfläche des Körpers bald nicht mehr gross genug sein, und die hellen Li- nien im Spectrum werden verschwinden. Es passt diese Annahme ganz entschieden für plötzlich er- scheinende und bald wieder verschwindende oder wenigstens an Intensität sehr weit herabsinkende, für sogenannte neue Sterne, in deren Spectren helle Linien auftreten, wenn man zu ihrer Erklärung die weiter unten erwähnte Hypothese gelten lässt. Für einen sta- bilen Zustand scheint mir die zweite Annahme geeigneter zu sein; ich möchte also vermuthen, dass Sterne, wie ß Lyrae, y Cassio- ^ vom 31. Mai 1877, 257 pejae und andere, wolche die Wasserstoff linien und die Linie /)3, nur mit geringen Helligkeitsschwankungen, hell auf continuirlicheni Grunde zeigen, verhältnissniässig sehr grosse Atmosphären von Wasserstoff und dem unbekannten Stoffe, dem die Linie />] zuge- hört, besitzen. In Bezug auf di^n neuen St«»rn erinnere ich an eine Hypo- these, welche Zöllner, noch vor der beträchtlichen Erweiterung, welche die Forschung auf dem Gebiete der Astrophysik durch die Spectralanalyse erfahren, aus den schönen Beobachtungen Tycho's über den nach ihm benannten iStern abgeleitet hat. Zöllner nimmt bekanntlich an. dass auf der Oberfläche eines Sterns bei der fortdauernd stattiindenden Wärmeausstrahlung, die Abkühlungsprodukte, die wir auf der Sonne mit dem Namen Son- nenfleckc bezeichnen, in einer Weise zunehmen, dass schliesslich die ganze Oberfläche des Körpers mit einer kälteren, weniger oder nicht mehr leuchtenden Schicht bedeckt ist. Durch ein plötzliches und gewaltsames Zerreissen derselben, muss nothwendig die von ihr eingeschlossene Glutmasse hervordringen, und auf diese Weise, je nach der Grösse ihrer Ausbreitung, mehr oder weniger grosse Stellen der bvreits dtmklen Umhüllung des Körpers wieder leuch- tend machen. Ein<*m entfernten Beol)acht*T wird ein solcher Aus- bruch aus dem heissen noch glühenden Inneren eines Weltkörpers, sich als das plötzliche Aufleuchten eines neuen Sterns ankundi- gen. Dass die Lichtentwickelung unter Umständen eine ausser- ordentlich grosse werden kann, „würde sich aus dem Umstände er- klären lassen, dass alle die chemischen Verbindungen, die sich bereits unter dem Einfluss einer niedrigen Temperatur an der Oberfläche gebildet haben, durch das plötzliche Hervorbrechen der inneren Glutmasse wieder zersetzt werden, und diese Zersetzung, wie bei irdischen Körpern, mit einer Licht- und Wärmeentwicke- lung von Statten geht. Es wäre demnach das starke Aufleuchten nicht nur den. durch die hervorg«»quollene Glutmasso wieder leuch- tend gewordenen, Thcilon der Oberfläche zuzuschreiben, sondern gleichzeitig einer Art V^erbrennungsprozess, der durch die Be- rührung bereits erkalteter Verbindungen mit der glühenden Masse des Innern eingeleitet wurde**'). ') ZuUiier, photom. Unters. Leipzig 1865, pg. 251. 258 Gesammtsitzung Die ZöUncr'sche Hypothese über die allmälige Entwickelung der Weltkörper, welche er in seinen photometrischen Untersuchun- gen (S. 231 ff.) aufstellt, hat durch die spectralanaljtischen Unter- suchungen im Wesentlichen nur Bestätigung erhalten. Wir er- kennen die verschiedenen Stadien der Abkühlung im Spectram, und haben an einigen schwächeren Sternen sogar deutliche An- zeichen, dass in den die glühenden Körper umgebenden Atmo- sphären, bereits chemische Verbindungen sich bilden und halten können'). Die Hypothese über neue SttTue wird in keinem Punkte durch die spectralanalytische Beobachtung an den beiden neuen Sternen von 1866 und 1876 widerlegt. Das sehr helle continuirliche Spectrum und die an Intensität dasselbe anfänglich nur wenig übertreffenden hellen Linien, würden sich nicht gut erklären lassen allein dadurch, dass gewaltsame Gas- ausbrüche aus dem Innern die Oberfläche ganz oder theilweise wie- der leuchtend machen, wohl aber mit der Annahme, dass die Licht- ausstrahlung durch einen Verbrennungsprocess um Beträchtliches erhöht wird. Ist derselbe von kurzer Dauer, so wird das conti- nuirliche Spectrum, wie es bei dem neuen Stern von 1876 der Fall war, sehr rasch bis zu einer gewissen Grenze an Intensität abnehmen, während die von den glühenden Gasen, welche in enor- men Quantitäten dem Innern entströmt sind 3), herrührenden hellen Linien im Spectrum, sich längere Zeit erhalten werden. Dass das Erblassen des Sterns mit einer Abkühlung der Ober- fläche im Zusammenhang steht, geht aus den Beobachtungen des Spectrums unverkennbar hervor. Es haben die violetten und blauen Theile desselben schneller an Intensität abgenommen, als die anderen ') Berichte der könißl. siichs. Gesellschaft der Wissenschaften, 12. Dec. 1873. S. 553. — Astr. Nachr. Nr. 2000. '^) h\\ möchte hier eine Walirnehmung nii ht unerwähnt lassen, die von einem der zuverlässigsten Beobachter herrührt und die darauf hindeutet, dass Gasausbruclte von ganz, enormen Dimensionen vorkommen können. Huggins sagt über den neuen Stern von 1866 (Montlily Notices Vol. XXVI. p. 275, 276): „On tliat cvening (May IG) a very faint nelmlosity was seen extending somc little distance r^a7{fa beschriebenen übereinstimmt; die Schale schliesst sich an diejenige mehrerer Arten aus dem mal ayi sehen Archipel wie arguta Pfr., Janas Chemnitz und regalis Bens. an. Der Artname explanata kann bleiben trotz der älteren Helix explanata Müll., da der letztere mit alhella Linne zusammenfällt, vgl. Hanley ipsa Linnaei conchylia p, 358. 17. Nanina (Eurypus) P/ei//eri Phil. sp. H^ix Ffeifferi Philippi Archiv /. Naturgeschichte 184Ö p, 62; Pfr. mon, hei, I. p, Ö4 und Chemnitz ed, nov. Taf. 31. Fig. 9, 10; Reeve conch, ic. Fig. 1282; Mous- son Journ. de Conchyliologie XVI II p, 111. — Heli" carion Pfeifferi Sem per Reisen im Archipel der Philip- pinen, III. Landschnecken S. 31. Taf. 3. Fig. 8 und Taf. 6. Fig. 14, Helix lurida Gould Proc. Boston Soc. nat. hist. 1846 p. 25. Viti-Levu, am Rewa-Fluss. Eine für die Gruppe der Vi ti -Inseln ganz charakteristische Art; die frühere Angabe, dass sie aus China stamme, hat sich nicht bestätigt. Prof. Semper stellt sie zwar a. a. O. zu Hell- carion^ aber da der Schalen-Habitus, das Vaterland und auch die Geschlechts-Organe (diese nach Semperas eigener Angabe) mit Eu- rypus übereinstimmen, möchte ich sie lieber hierzu setzen. vojn 3L Mai 1877, 269 18. Trochomorpha Solarium Q. G. sp. HelLv Solarium Quoy et Gaiinard Voy, Astrol. zool, IL p 131. pl, IL Fig. 24 — 2!). Pfeiffer vion. hei. L p. 120 und in der neuen Ausgabe von Chemnitz Taf. 87 Hg, 2L 24. Neu-Irland beim Carteret-IIafen (dies ist auch der Fundort der von Quoy und Gaimard gesammelten Exemplare) und Neu-Guinea an der Segaar- Ray. 19. Patula Ilookeri Reeve sp. Taf. 2. Fig. 5 — 10. Reeve conchol. icon. VIL Fig. 1474. Pfeiffer mono/jrr. helic. IV. p. 87. Kidder Bulletin of the United States Nat. Museum No. 3. 1876. p. 46. S t u d e r in den Ver- handl. (L Gesellsch. für Erdkunde zu Berlin. IIL 1876. S. 166. Die einzige Landsch necke von der Kerguelen- Insel, bei Betsy-Ceve überall bis weit ins Innere und bis etwa 1000' aufwärts unter Steinen und zwischen den Wurzeln der Azorella se- lago von der deutschen Expedition gefunden, früher schon auf der Expedition des Erebus und Terror durch Dr. J. D. Hook er entdeckt. Diese Art nähert sich in den Charakteren der Schale noch am meisten der //. Dianae Pfr. von S. Helena, ferner einiger- mafsen der //. quadraia Fer. und tessellata Mhlfld. von Juan Fernandez (Gruppe Siephanoda Alb.) und in anderer Hinsicht den kleinen zu Paryphanta gestellten neuseeländischen Arten, ohne mit Einer davon nahe übereinzustimmen. Die Schale ist sehr arm an Kalk, dagegen mit einer dicken Cuticula versehen. Da sie von Reeve nur in Einer Stellung abgebildet wurde, fiige ich hier eine genauere Abbildung von mehreren Seiten bei und zugleich die Re- sultate der anatomischen Untersuchung, welche Hr. G. Schacko und Cand. Pfeffer auf meine Bitte zu machen die Güte hatten: Die Fufssohle ist durch zwei longitudinale und viele transver- sale Furchen in Felder getheilt, die durch die äusseren Felder ge- bildete Randzone ist dunkel pigmentirt, wodurch die Sohle drei- theilig erscheint. Mantelanhänge sind nicht vorhanden. Der Kiefer ist 0,7 Mm. lang und 0,68 Mm. breit, also ziemlich schmal, schwach gebogen, in der Mitte des convexen Randes auf- 270 Gesammtsitzung fällig verbreitert; er zeigt feine etwas wellige Queretreifen und zahlreiche schmale senkrechte Furchen, welche den concaven Rand kaum merklich einkerben. An jungen Exemplaren erscheint er wie aus schmalen Platten zusammengesetzt und nur durch die unterliegende Membran zusammengehalten (G. Schacko). Die Zahnplattcn der Reibplatte sind eigenthümlich gedrungen, ihr hakenförmig vorstehendes Sturk sehr gross, breit und stumpf abgerundet, schaufeiförmig, die Basalplatte sehr dünn und oft kurzer als der Haken. Die Querreihen stehen so dicht, dass die Schaufelspitzen der einen Reihe die Basalplatten der vorhergehen- den fast in ^ ihrer Lange docken. Der Mittelzahn ist etwas schmäler als die nächsten Nebenzähne und diese bleiben bis zum 11. demselben ziemlich ähnlich, vom 12. an treten ein innerer und ein äusserer Seitenzacken auf, welche bei den äussersten Zähnen, dem 22. bis 25., wieder schwinden (G. Schacko). Übrigens schwanken sowohl der äussere als der innore Seitenzacken bedeu- tend in ihrem Auftreten und bedingen dadurch ein ziemlich regel- loses Auftreten von fast oder ganz symmetrischen neben völlig un- symmetrischen Formen der Seitenzähne. In der Regel bleiben die Seitenzacken mindestens doppelt so klein als die mittlere Schaufel- spitze des Zahns. Auch das Verhältnis^ der Basalplatte zu dem obern zuruckgebogenen Stück des Zahns ist nicht ganz beständig in den verschiedenen Querreihen, nur an den Randzähnen ist sie konstant kurzer, an den übrigen b.ild länger, bald kürzer (Pfeffer). Die Länge der ganzen Reibplatte beträgt 2,41 Mm., die Breite 0,68; Querreihen wurden 205 gezählt (Schacko) und in den Querrei- hen fanden sich je nach den Individuen 35, 51, 57 und 65 Zähne (Pfeffer). Der Geschlechtsapparat zeigt keine besonderen Anhangsorgane, weder Glandulae mucosae noch Pfeilsack oder Flagellum. Dagegen besitzt die gestielte Blase an ihrem freien Ende einen röhrigen Fortsatz, welcher an dem einen der untersuchten Exemplare ge- schlängelt, an einem andern starr und gerade war (Pfeffer). Hiernach gehört die vorliegende Art im Allgemeinen allerdings, wie schon die Schale erwarten liess, zu der Abtheilung Patula^ welche wegen des Mangels von Pfeil und andern Anhangsorganen wohl als eigene Gattung den übrigen Jlelix gegenüber gestellt wer- den darf; aber es findet keine nahe Übereinstimmung mit andern schon anatomisch untersuchten Arten statt, namentlich nicht mit vom 31. Mai 1877. 271 den europäischen^ unter welchen P. rupesin's Drap, wohl einige Ähnlichkeit im Kiefer und im Mittclzahn zeigt, rotundata Mull, und ruderata Stud. aber in der Gesammtform der einzelnen Zähne ziemlich abweichen. Nähere Verwandtschaft lindet sich vielleicht mit australischen und neuseeländischen Arten, wenn diese einmal anatomisch untersucht sein werden. Wegen der starken Entwick- lung der Cuticula, die am Mundsaume in gleicher Woise bei trocke- nen Stücken eingebogen erscheint, könnte man auch an Verwandt- schaft mit der grossen neuseeländischen Paryphavta Busbi/i Gray sp. denken, deren systematische Stellung auch noch, da wir ihre anatomischen Charaktere nicht kennen, ganz zweifelhaft ist; doch kann die genannte Übereinstimmung auch nur durch das Vor- kommen in gleich excessiv feuchtem oceanischem Clima bedingt sein. 20. Helix shnilaris Fer. Ferussac hist. nai. moJl. terr. pl. 25h. Fig. 1 — 4 und pL 27a. Fig. 1, 3; Pfeiffer mon. hei. I. p. 336; v. Mär- ten s PreusH. Exped. Ost- Asien, zool. IL S. 7, 43 und 270. Insel Ascension im atlantischen Ocean, die erste von da bekannt gewordene Landschnecke, aber wahrscheinlich nicht ur- sprunglich dort einheimisch, sondern eingeschleppt, da diese Art an vielen von europäischen Schiffen vielbesuchten Hafenplätzen so- wohl Sudamerikas als Ostindiens vorkommt. Prof. St u der schreibt mir darüber in einem Brief vom 2. Mai 1877: „Diese Schnecke ^fand sich nur auf dem Green mount in circa 2500' Höhe unter ^dichten Rasen von Lebermoosen. Die Höhe dieses Berges, wo- ^rauf das Haus des Kommandanten, das Spital und einige andere ^Gebäude stehen, bildet in der öden Wildniss eine wahre Oase (da- „her auch der Name), indem der vorüberstreichende Passatwind „hier seine Feuchtigkeit niederschlägt; es finden sich daselbst Gar- sten, in denen eingeführte Kulturgewächse gezogen werden, wie ^Guajaven, Pandanus, Ingwer, Bananen, Kohl, Kartoffeln, auch „Rosen und Reseden, während 1000' tiefer der Boden eine öde „Schlackenwüste darstellt**. Die Schnecke ist demnach wahrschein- lich mit den tropischen Gartengewächsen eingeschleppt worden und hat sich dann auf die unbebauten Stellen der nähern Umgebung weiter verbreitet. 272 Gesammtsiizung 21. Helix argillacea Fer. Ferussac kist. nat moll, terr. pl. 26, Fig. 1, 2; Pfeiffer mon. hei, I, pl, 321; v. Martens Preuss, Exped. Ost- Asien, zooL II, j), 273, Timor, bei Taimanan. 22. Helix colona n. sp. Taf. l, Fig. 4, 5. Testa anguste umhilicatay globoso-depressa, siiperne plicis obUquis 2)arallelis confertis crassis sculpta, alba, obsolete diaphano -fasciata; an/r, 4^, convexi, sutura profunda discretiy primi 1^ laeves, ultimus roiundatus, subtvs laeviusculus, antice descendens ; apertura perobli- qua, truncatO'Ovata, peristomate crasso, albo^ margine supero recto, arcuato, infero paulwn expanso, columellari reflexo, umbilicuni semite- genle, callo parietis aperturalis distincto, Diam, maj, 11, min, .9, alt. 7, apert. lat. €, alt, 5\ Mill, Insel Dana, sudwestlich von Timor, an einer niedern Strandstelle, die durch eine Düne vom Meer getrennt ist, an Cy- peraceen sitzend. Vgl. über diese ans ganz jungem Korallenkalk bestehende, nur einige hundert Fuss über dem Meeresspiegel sich erhebende Insel die Mittheilungen von Capit. von Schleinitz in den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 1876. S. 211. Diese neue Art ist nächstverwandt mit Ilelix plectilis Bens, und H. carcharias P f r., beide von der Haifischbai (sharks bay, baie des chiens marins) in West-Australien, aber durch ihre Sculptur von beiden zu unterscheiden. Der ünterrand zeigt öfters eine An- schwellung nach innen als Andeutung eines Basalzahne. Ein Exemplar zeigt durchscheinende Bänder, ein breiteres in der Peri- pherie und einige schmale an der Unterseite, ähnlich wie H. Drin- gi Pfr. Sie gehört demnach einer west- und nord-australischen Gruppe, Rhagada Albers, an und darf wohl als verhältniss- massig neue Ansiedlorin auf der genannten Insel, einem gehobenen Korallenriff, betrachtet werden. 23. Helix convicta Cox. Taf. I. Fig. 6, 7. Cox Proc. Zool, Soc. 1870. p, 171. pl. 16. Fig. 6; Pfeif- f e r mon. hei, VII. p. 323. Testa imperforata, globosa, solida, striata, alba, saepius uni/as- vom 31. Mai 1877. 273 data; spira conoidea, ohtusa; an/r. .5^, cojivexiusculi, sufiira super- ficiali, ultimns rotundafus. antice descendens ; apertura parva, snihdia- gonalis, rotundatu-hniaris, perinfomate e.rpatiso, crassiusculo, columel- lari breri in callnni centralem subcircularem aheiinte. Diam. maj. 23, min, 1H, alt. /6\ apert. lat, 10, alt. 10 Mill. Nordwest-Australien, bei diT Meermaid- Strasse, im Grasland etwa 2 Stunden landeinwärts. Der Fundort der von C o X beschriebenen Exemplare ist N i e h o 1 s - IJ a y , an derselben Küste etwa 5° nördlicher. Von dieser Art liegen zweierlei Formen vor, die eine in meh- reren Exemplaren, wie es scheint, todt gesammelt: alle sind matt weiss und zeigen nur die Spur eines durchscheinenden Bandes an der Peripherie; der Mundsauni ist breit, dick und zeigt einen schwa- clien Ansatz zu einer innern Lippe. Dagegen zeigt das einzige frische flxcmplar, auf glänzend weissem Grunde ein scharf aus- geprägtes rothbraunes Hand in der Peripherie und ein blasseres gelbliches dicht unter der Nath; sein Mundsaum ist dünn, schmal und ohne Spur einer Innenlippe. Da es sonst ganz mit der ande- ren übereinstimmt, dürfte sein Mundsaum als noch nicht vollständig ausgebildet zu betrachten sein. Der Fundort dieses Exemplars konnte nicht genau konstatirt werden. Die vorliegende Art hat einigermafsen den Habitus der euro- päischen Gruppe Tachea, schliesst sich aber durch Färbung und Mundform eng an die folgende an und bildet mit derselben ein Mittelglied zwischen den australischen Gruppen Rhagada und Hadra, 24. Ilelix elach 11 Stoma n. sp. Taf. I. Fig. 8, 0. Testa imper/orata^ sidtdepressa^ tennicula, leviter striata ntriisque spiralibus minufissimis denissata, nitidula, alba, fascHs compluribus ßavescentibuH picla ; spira breviter conoidea. an/r. ,5.}, lente crencentes, rix conve,riusculiy sutura mediocri, ultimus rotundatuSy basi planitiscu- lu8, antice 2>aulum descendens ; apertura parva, perobliqua, lunato- rotnndata, peristomate tenui, paululum expanso, intus albo-sublabiato, margine in/ero stricto, colnmellari brevi, in callum centralem subcircu- larem crassiuscnlum abeunte. Diam. maj, VJ, min. lh\ alt. 12, apert, lat. 8, alt. 8 31ilL 274 Gesammtsitzung Nordwest-Australien, an der Meermaid-Strasse, mit der vorigen, an Grasstengeln. Diese Art ist weit mehr niedergedruckt als die vorhergehende, aber im Übrigen ihr ähnlich. Die Bänder sind an den drei vor- liegenden Exemplaren etwas verschieden: wo sie am meisten aus- gebildet sind, erinnern sie an diejenigen von H, Incei Pfr., indem wie bei dieser sowohl unter der Nath als in der Peripherie des letzten Umgangs ein stärkeres Band sich findet und auf beide nach unten zu einige schmälere blassere folgen. Bei den zwei andern Exemplaren fehlt das Nathband und die ihm folgenden, und das peripherische wird nur von 1 — 2 schmäleren begleitet. Ich glaubte erst in dieser Schnecke die H, sutilosa Ferus- sac (hist, nat, molL terr, pl, 17 A, Fig, 18, 19 — Pfr. mon. hei, IV, p, 233) zu erkennen, welche von Peron auf den Inseln St. Pierre und St. Fran9ois in Südaustralien an der Küste des heutigen Eyre-Land gesammelt worden ist (Ferussac tabl, syst, nro, 263,), aber, abgesehen von dem doch ziemlich entfernten Fund- ort, scheint diese nach der erwähnten Abbildung doch keineswegs die so auffallend kleine Mündung der unsrigen zu haben; Pfeif- fer a. a. O. gibt leider keine Mafse für die Mündung an und die Beschreibung, welche Deshayes im Texte zu Ferussac's Werk I. S. 203 für sutilosa gibt, bezieht sich wesentlich auf die damit verwechselte H. Jervisensis Q. G. Auch passt die Stellung, welche Ferussac seiner sutilosa gibt, zwischen similaris und Cantiana^ keineswegs auf unsere Art. 25. Helix (Chloritis) discordialis Fer. Ferussac hist, nat. moll. terr, pL 74, Fig. 1, Pfeiffer mon. hei. III. p. 244. Helix sqxialus Hinds Zoolog y of the Voyage of II. M. S. Sulphur p. 55 pl. 19. Fig. 12. Neu-Irland, am Ca;*terethafen. 26. Helix (Chloritis) circumdata Fer. Ferussac hist, nat. moll. terr. pl. 77. Fig. 1, — Quoy et Gaimard Voy. de VUranie, zool, p. 470. pl. 67^ Fig, 12, 13. Pfr. mon hei. I. p. 387. vom 31. Mai 1877. 275 Helix molliseta Pfeiffer novitaU conchol. II. Taf, 54. Fig. 4 — ö und vion. hei, V, j). 388. Nea-Guinea am Mac Cluer-Golf. Die grössten Exemplare 35 Mill. im grossen Durchmesser und 16 hoch; sie zeigen, duss IL molliseta sich nicht als bes(m- dere Art trennen lässt. 27. Ilelix (Planispirq) zonaria L. R u m p h amb. rar it. S. 92 Taf. 27. Fig. 0. — L i n n e syst, nat. ed. 12. p. 1245. Pfeiffer monogr. hei. I. j). 386. V. Märten 8 Preuss. Exped. Ost-Asien^ zool. II. S. 307. Taf. IG. Fig. 6. Amboina. 28. Helix (Planispira) toriilahia Less. Lesson Voy. Coquille, zool. II. 1. 1830. p. 311. pl. 13. Fig. 1. Pfr. mon. hei. I. p. 388. v. Martens Preuss. Exped. Ost- Asien, zool. II. p. 391. Helix torticollis Guillou Bevtie zool. 1842. ;>. 140. Helix tortilabia und gibbosnla Hembron et Jacquinot Voy. au pole sud, zool. moll. /;/. 5. Fig. 7 — ,9 u. 14 — 16. Neu-Guinea, am Mac Cluer-Golf, zwei Varietäten ohne Zwischenformen : a) alabasterweiss, mit einem dunkeln Band und weissem Mundsaum, 22 Mill. im grossen Durchmesser. b) wachsgelb, ohne Band, Mundsaum rosenroth, 16 — 18 MjU. Diese zwei Abänderungen reihen sich zwischen die vier von mir a. a. O. aufgeführten ein und bekräftigen damit das Zusam- mengehören der genannten Artnameu. 29. Helix (Papuina) labium Fer. Ferussac hist. nat. moll, terr. pl. 64. Fig. 6. Pfeiffer mon. hei. V. p, 335. Neu-Guinea, am Mac Cluer-Golf, in verschiedenen Form- und Farbenabänderungen : 276 Gesammtsitzung a) 35 Mill. breit, 25 hoch, mit Einem schmalen Band in der Peripherie. b) 30 Mill. breit, 24 hoch, mit einem sehr breiten Band: _ (2.3.) . c) 30 Mill. breit, 22 hoch, ohne Band. d) 30 Mill. breit, 16^ hoch, mit einem schmalen peripherischen Band. 30. Helix (Papuina) Gaberti Less. Lesson Voy. CoquiUe, zool. IL /. p. 314, Ferussac hißt nat moll terr, pL 106, Fig. iO — 12, Pfeiffer mon, hei, I. p, 231 und in der neuen Ausg, von Chem- nitz Taf, 151, Fig, 7, 8, Uelix trochus Quoy et Gaimard Voy. AatroL, zool. II, p, 100, pl, 8, Fig, 5 — 8, Salomons-lnseln. Auch von Neu-Guinea und Nea-Irland bekannt. 31. Helix (Papuina) phaeo Stoma n. sp. Taf. I. Fig. 10, 11. Tesia imper/orata, trochi/ormis, tenuis, striatula, obsolete rngulo- so-malleaia, nitidula^ isabellina, strigis nigro/uscis fuhninatis saepe interruptis picta; spira conica, elata, an/r, 5, convexiusculi, primi 2 unicolores^ diaphano-comet^ tertius ad suturam carinatus, ultimus pe- ripheria rotundatus, late albofasciatus^ subtus centro complanatus ei concentrice striolatus; apertura subdiagonalis, e,xci80'elliptica, peristo- male late expansOy margine externo et basali albiff^ columellari fusco^ dilatato, appresso, fauce fuscescente, Diam, viaj, 28^ min, 20\, alt, 25, apert. lat. 17, alt. 15 Mill. Neu-Hannover, etwa eine Meil« landeinwärts am Ufer des in den Wasserhafen mündenden Flusses, am Stamm einer Ficus. .32. Helix (PapuinaJ Boivini Petit Taf. IL Fig. 11—13. Petit Bevue zool. 1841. p, 184, Pfeiffer mon, hei, I. p. 230. Reeve conchol. icon., Helix Fig. 410. Bougainville-Insel. Da die Gruppe Papuina incl. Geotrochus (Beck, non Has- selt) unseres Wissens noch nicht anatomiftch untersacht worden vom 3L Mai 1877, ^211 ist, theile ich liier dasjeiiigo mit, wus Hr. Cand. Pfeffer au dem einzigen Exemplar, das noch dio Wcichtheile enthielt, gefun- den hat: Die Zahne der Uadiila zeichnen sich in der allgemeinen Form dadurch aus, dass die Mittelspitze bis zum vollständigen Verschwin- den abgestumpft ist, wahrend die Seitenzacken an das freie Kndc der Oberplatte gerückt sind. Der Mittclzahn ist aus zweien ver- wachsen, jedoch nicht ganz, indem weder der Rand des festge- wachsenen noch des freien Endes dies vollständig zeigen. Der erste Seitenzahn und etwa zwei oder drei folgende haben keinen Aussenzacken; dann tritt er, zuerst ganz winzig, auf, vergrössert sich allmählich und erreicht schliesslich fast die Ausbildung des Innenzackens, der seinerseits auch nach dem Rande zu an Grösse zunimmt Die allgemeine Gestalt der Zähne verändert sich in der Querreihe etwa vom dritten oder vierten Seitenzahn an fast gar nicht nur zeigen die äussersten Zähne verhältnissmässig stärker entwickelte Zacken. An dem präparirteu Exemplar fanden sich etwa 50 Zähne in der Querreihe, die Länge des Mittelzahnes be- trug 0,05 Mm., und der Winkel, in dem die tlälften der Quer- reihen auf einander stiessen, etwa 100°, sodass die Reihen sehr stark geknickt erschienen. Kiefer gedrungen, mit abgeplattetem Scheitel und schwachen Furchen. Die Geschlechtstheile liesscn eine langgestielte Blase, aber keine andern Anhangsorgane erkennen. Hierin ist eine nähere Verwandtschaft mit der auch auf den Molukken und Neu-Guinea herrschenden Gruppe Planispira ersicht- licli, während Acavua^ an welche man der Schale nach auch hätte denken können, nach Prof. Semperas Untersuchungen durch die einspitzigen Zähne und die kurzgestielte Blase merklich abweicht, übrigens in der starken Brechung der Querreihen der Radula übereinstimmt. 33. Ilel'ix (Alber sia) zonulata Fer. Ferussac hisl, nat. moU, terr, fiL iö. Fig, 1, 2. Pfeiffer mon, hei. I. p, 261 und in der neuen Ausy, von Chem- nitz Ta/, 53. Fig. 3 — 5. Reeve co7ich. ic. Fig. 400, Neu-Guinea am Mac Cluer-Golf. Die Grösse der erwachsenen Exemplare wechselt zwischen 278 Gesammts itzung 24 und 30 Mill. im grossen, 19 und 23 im kleinen Durchmesser, 18 und 21 in der Höhe, 12 — 17 in der Mündungsbreite und \B^ bis 15 in deren Höhe; die kleineren zeigen eine verhältnissmässig höhere Mündung, also eine mehr gerundete jugendliche Form der- selben. Die Färbung wechselt zwischen gelblich und röthlich; unter dem rothbraunen Band ist stets ein helleres weissliches vor- handen, das aber je nach dem Tone der Grundfarbe mehr oder weniger auffällig ist. 34. Helix (Hadra) Grayi Pfr. Pfeiffer mon, hei. I. p. 134, Reeve conch, ic, Fig, 755, Cox australian landshells p, 35 pL 1, Fig, 9. Moreton-Bai, Ost- Australien. 35. Helix (Hadra) Fraseri Gray. Gray Zoology of Beech^'s Voyage p, 143 pl. 38, Fig, 6, Pfeiffer mon, hei. I, p. 247, Reeve conch. ic, Fig, 360, Cox austral, landshells p, 64, pl. 10, Fig, 6, Moreton-Bai, Ost- Australien. 36. Helix (Panda) Maconelll Reeve. Bulimus Maconelli Reeve Proc, Zool, Soc, 1851. Pfeif- fer mon. hei. 1. p. 380. Helix Maconelli Albers Heliceen 2. Ausgabe S. 449. Cox austral. landshells p, 6 pl. 3, Fig. 5. Moreton-Bai, Ost-Australien. Die drei letztgenannten Arten sind eiu Geschenk des Hrn. Superintendenten Hamilton in Brisbane. 37. Bulimus (Ämphidromus) contrarius Müll. Helix contraria Müller hist. verm. II, p, 95, Quoy et Gaimard Voy, de VUranie, zool, p, 474, pl. 67, Fig, 8,9. Bulimus contrarius Mousson Land- und Süsswass.-Moll. von Java S. HO u. 115. v. M a r t e n s Preuss. Exped. Ost-Asien, Zool. II. p. 363. Taf. 21. Fig. 7. Timor> bei Pariti und Taimanan. vom 31. Mai 18T7. 279 38. Bulimu8 (Ämphidromus) suspectus Märten s. V. Martens Preuss, Exped. Ost- Asien, Zool, IL S, 362, Taf. 21. Fif), 8. Timor. Bei dieser Gelegenheit möge erwähnt werden, dass der ver- wandte BuUmwi laevus Mull., dessen nülieres Vaterland bis jetzt immer noch zweifelhaft geblieben ist, mir in neuster Zeit in einer ausschliesslich auf der Insel Ceram von Capitan Schnitze ge- machten Conchylien-Sammlung vorgekommen ist und dass derselbe mir versicherte, diese Art lebe zahlreich auf den Keffing- Eilanden an der Ostspitze Ceram's. 39. Placostylus bovinus Brug. sp. Bulimus bovinus Bruguiere Encyclopedie meth,, vers. I, p. 343. Crosse lievue zool. iS55. p. 82 und Journal de Cmchyliologie XII. 1804. p. 124. Bulimus Shongii L c s s o n Voy. de la Coquille, zool. IL 1. p. 32L pl. 7. Fig. 4,5. Pfeiffer mon. hei. IL p. 140. R 0 e v e conch. ic. Fig. 159, Neuseeland. Geschenk des Hrn. Cheeseman in Auck- land. 40. Buliminus (Liparus) Onslowi Cox. Cox australian landshells p. 71. pl, 13. Fig, 13, Dirk Hartog Peninsula, Wes t- A ustralien. Dieses ist auch der Original-Fundort der von Cox besehriebenen Exem- plare. 41. Partula Carteriensis Q. G. sp. Helix Carteriensis Quoy et Gaimard Voy, ÄstroL, zooL IL p, 117, pl 9. Fig. 10, 11. Bulimus Carteriensis Deshayes inLamarck an. s. vert. ed. 2. VIIL p 283. Pfeiffer mon. hei. IL p. 88. Neu-Hannover, am Nordhafen unter Steinen. [1877] 22 280 GesammUiizung 42. Sienogyra gracilis Hutt. sp. Bulimtu gracilis Unit on Journal 0/ the Asiatic society II L p, 84, Pfeiffer mon. hei. L p, 157. Reeve conchoL icon. Fig. 495. Stenogyra gracilis v. Martens Preuss Exped. Ost- Asien. Zool. IL p. 375. Taf. 19. Hg. 5 und Taf. 22. Fig. 13. Timor. 43. Stenogyra juncea Gould sp. Bulimus junceus Gould Proc. Boston soc. nat. hist. 1846, p. 191. M 01x8 8 o n Joum. de Conch. XVIL 1860. p. 340 und XVI IL 1861. p. 126. Viti-Levu, Upolu und Vavao. II. Süsswasser- Mollusken. 44. Melania speciosa A. Adams. Reeve conchol. iconica XI I. Fig. 184. Neu-Irland in einem Süsswasserbach mit starkem Geffill bei dem Katbarinenbafen. Die obere Hälfte der letzten Windung dicbt mit Haarfilz be- deckt, die untere rein^ glänzend gelbgrun, mit einigen Spiralfurchen. Die Dornen auf der Schulterkante gehen in biegsame Borsten aus und verlängern sich nicht als Halbrippen auf die Fläche der Schale, wie bei M. atnarula. 45. Melania aspirans Hinds. Hinds Zoology of H» M. S. Sulphur p. 55* pl. 15. Fig. 9, 10. Reeve conch icon. Fig. 53. Neu-Irland. 46. Melania Plutonis Hinds. Hinds a. a. 0. p. 55. pl. 15. Fig. 14. Reeve conch. iCk Fig. 36. Mousson Journ. Conch. XIII. 1866. p. 200. vom 3i. Mai 1877. 281 Ovalau, Viti-Archipel, einige Exempjare ganz schwarz überzogen, andere gelbgrun mit rothbrauneu Flammen. 47. Melania Samoenaia Reeve. Reeve conchoL ic. XI L Fig. 365. Mousson Joum» de Conch XVII. 1869. p. 366. Upolu, Samoa-Inseln. Die meisten Exemplare zeigen zugleich dunkelbraune Spiral- bänder und dazwischen Flammen, am konstantesten ist das untere breite Band, das auch an der Innenseite der Mundung sichtbar wird, doch ohne deren Rand zu erreichen. Ein Exemplar ist ganz ein- farbig, ohne Bänder oder Flammen. Die Zahl der Spiralfurchen und die Ausprägung der dieselbe kreuzenden Vertikalrunzeln variirt bedeutend. 48. Melania subexusta (Reeve) var. persulcata Mouss. Taf. I. Fig. 14. Mousson Journ. de Conch. XVIII. 1870. p. 211. Ovalau, Viti-Inseln. 49. Melania laevigata Lam. Taf. I. Fig. 17—19. Lamarck ans. vert. ed. 2. VIII. p.431. Brot matdriaiix Milaniens III . p. 14. Timor, bei Kupang. Die meisten Exemplare sind von einer rauhen Kalk-Inkrusta- tion bedeckt, welche nur die Mündung freilässt, aber leicht mit dem Messer abzuschaben ist; darunter konimt dann die glänzende natürliche Oberfläche der Schale unversehrt zum Vorschein, blass- grun mit einem bräunlichen Band unter der Nath und hellroth- braanen kurzen Flammen und Flecken, welche nach unten zu mehr und mehr in Spiralreihen kleiner kurz - linienförmiger oder annähernd quadratischer Fleckchen übergehen, ähnlich denen von M. albescens L e a. Die obersten 2 — 3 Windungen zeigen sehr feine und zahlreiche senkrecht zur Nath stehende Rippchen (Fig. 1 7). Da8 grosste Exemplar ist 48 Mill. lang (mit etwas verletzter Spitze), 15 breit, seine Mündung 15 Mill. lang und 9 breit. 282 Gesammiaitzung 50. Melania moesta Hiiids. Taf. I. Fig. 15, 16. H i n d s ZooL Sulphur p, ö7, pl. i5. F\g. 4. Neu-Irlaud, am ersten Landungsplatz (Dorfhafen) in einem ein Tarro-Fi*ld überschwemmenden Bach. Auf der letzten Windung tritt nahe unter der Nath eine Kante auf, welche sich auch in der Form der Mündung ausspricht, aber auf den früheren Windungen ganz fehlt; darin ist diese Art der M. cüstellaris Lam. und M. jnreni/ormis Märten s ähnlich. Die mittleren Windungen treten über die Nath oft etwas dachartig vor, die obersten haben starke schiefe Falten. 51. Neritina (Clyiteolum) Petit i Recl. Recluz Revue zool. IS4L p. 273. Sowerby thesaur. con- choL IL Fig. 77. Heeve conch. ic. XI IT. Fig, H. M ar- te ns in der neuen Ausgabe von Chemnitz, Neritina, S. rjS. Taf, H. Fig. 1—3, Neu-Irland beim Katharinenhafen, an Blättern in einem Süsswasserbach, etwas über Wasser. Dieser Fundort bildet ein erwünschtes Mittelglied in der Reihe der bis jetzt bekannten, in welcher zwischen den Molukken und Neu-Caledouien noch eine auffällig weite Lücke bestand. 52. Neritina (Neritaea) ziczac Sow. Sowerby theaaur. conch. II. Fig. 105. v. Martens a. a, 0, S. 101. Taf. 10. Fig. 20—24. Timor, bei Kupang. 53. Neritina (Neritaea) Turtoni Recl. Recluz Proc, Zool. Soc. 1843. ;>. 71. Reeve conch. ic. Fig. 74. V. Martens a. a. (>. S. 111. Taf. 13. Fig. 1, 2 und 6. Neritina helvola Gould Proc. Bast, soc.nat, hist. IL 1847, p.22ö. Viti-Levu, im Rewa-Fluss. vom 31. Mai 1877. 283 54. Neritina (Neritodryas) dubia Chemn. Nerita dubia Chemnitz ConclnjUen, - Cabinet V, S. 324, Fig. 2019, 2020, Neritina dubia Lamarck an. s. vert. ed, 2, VI IL p, ÖHO, Lesson Voy^ Coquille, zool. II. 1, p. 374. Sowerby thes. II. Fig. 81 — 88. Reeve conch. ic. Fig, 00. V, Martens a. a, 0. S. 137. Taf. 12. Fig. 1-7. Amboina, Neu-Guinea am Mac Cluer-Golf und Neu-Ir- land. 55. Neritina (Neritodryas) Cornea L. Nerita cornea Linne syst. nat. ed. 10. p. 777. Recluz Journ. de Conch. I. p. 152, Nerita amphibia Lesson Voy, Coquille, zool, II. 1. p. 372. pL IS. Fig. 1. Neritina cornea Sowerby thes. conch, Fig. 67 u. 71. Ree- ve conch. ic. Fig. 7. v. Martens a. a. 0. S. 140. Taf. 12. Fig. 14 — 18. Neu- Irland am Carteret-Hafen und Neu-Hannover. 56. Neritina (Neritodryas) subsulcata Sow. Sowerby conchological illustrations Fig. 50. Deshayes in Lam. an. s. vert. ed. 2. VIII. p.585. Reeve con- Chol. ic. Fig. 10. v. Martens a. a. 0. S. 142. Taf . 12, Fig. 11, 12. Neritina cornla var. Sowerby thes. conch. Fig. 70. Neu-Irland am Carteret-Hafen, mit der vorigen zusammen. 57. Neritina (jClithon) brevispina Lam. Lamarck an. s. vert. ed. 2. VIII. p. 572. Delessert recueil pl. 32. Fig. 5. Sowerby thes. conch. Fig. 45, 51 und 52, Reeve conch. ic. Fig. 28. Timor, bei Kupang, in einem Flusse mit Melania laevigata zusammen und ebenso überzogen. 284 Geeammtsitzung 58. Neritina Souleyetana Recl. var. Studeriana n. Taf. I. Fig. 13. Testa subplicata, strigis flavis crebris, in spinas cantinuatiSy apertura flavescente. Neu-Irland am Carteret-Hafen, in klaren durch eine Süsswasserquelle gespeisten Tümpeln am Meeresstrande. Nach dem Sammler, Herrn Dr. Theodor Studer, Enkel des älteren als Conchyliologen bekannten Sam. Em. Studer und jetzt Professor der Zoologie in Bern, benannt. 59. Neritina (Clithon) ruginosa Recl. Recl uz Bevue zool, 184L p, 310. Mousson Joum, de Conch, XVII. 1869. p. 376. Neritina asper sa Sowerby thes. conch. IL Fig. 43 y 44. Reevc conch. ic. Fig. 114. Neritina humerosa Mousson Joum. de Conch, XIII, 1865. p. 188. Upolu, Samoa- Inseln, im oborn Theil des Flusses, soweit die Mitglieder der Expedition ihn hinaufgingen. Grundfarbe meist dunkel -olivengrün, selten röthlich mit drei olivengrunen Bändern. Flecken blass-grunlichgelb mit einer schwar- zen Spitze nach vorn. Stacheln nur an jungen Exemplaren. 60. Neritina (Clithon) thermophila n. sp. Taf. I. Fig. 12. Testa globosa, transversim jjlicato-striata, olivaceo-ßisca, guttis pallide flavis rariusctilis, nonnullis ontrorsum nigromarginatis picta, nitidula; spira prominens^ erosa, anfractus penultimus subangulatus, ultimus rotundatus, sutura appressa, antice valde descendens ; apertura diagonalis, pro ratione generis parva, semicircularis, peristomaie intus lutescente, subincrassato, margine columellari medio obtuse denticulatOy denticulo supero multo majore, area columellari subtiliter rugulosa, aurantioflava, medio et infra flistincte circumscripta. Diam. maj. 6^, min. 4, alt. 5^, marg, columell. 3, latit, aveae 2 Mill. Neu-Britannien, an Stellen des Seestrandes, die von heis- sen Quellen überrieselt waren; das 50 — 60° heisse süsse Wasser vom 31, Mai 1877. 285 bildete daselbst eine bestimmte Schichte über dem kälteren Salz- krasser (Th. Studer). 61. Neritina (Mitrula) crejyidnlaria Lam. Lamarck an. s. vert. ed. 2. VIII. p. 672. — Sowerby thesaur. conch. II. Fig. 139 — 144. Reeve conch. ic. Fig. 38. V. Märten 8 a. a. 0. S. 37. Taf. 7. Fig. 1-14. Neu-Guinea, Mac Cl uer-Golf in einem Brackwassergra- ben. Diese Art ist zwar im hinterindischen Archipel weit verbrei- tet, aber war bis jetzt noch nicht so weit nach Südosten bekannt. 62. Navicella suborbicularis Sow. Sowerby catalogue of the coUection o/ the Earl Tankerville^ appendix ]). X; thes. conch. II. Fig. 30, 31. Nor. orhicnlaris Reeve conch. ic. IX. Fig. 5. Neu -Hannover, im obcrn Theil des von der Expedition be- suchten Flusses häufig. 63. Navicella haustrum Reeve. Reeve conchol. icon. IX. Fig. 18. Mousson Journ, de Conch. XVII. m9. p. 380. Upolu, Samoa-Inseln. 64. Navicella undulata Mouss. Mousson Jonrn. de Conch. XII. 18f),5. p. 206. Ovalau, Viti- Inseln. 65. Navicella macrocephala Guillou. Guillou Bevue zool. 1841. g). 374. Reeve conch. ic. Fig. 28. Mousson Journ» de Conch, XII, 1865, p, 206, Viti-Levu, im Rewa-Fluss. 66. Cyrena Papua Lese. Lesson Voy. Coquille, zool. II. 1. p, 428 und in Guevin's Magasin de Zoologie 1831, pl, 11, 286 Gesammtsifzung Neu-Hannover, von den Eingebornen erhalten, welche die Schalen dieser Muscheln an Schnüre gereiht aufbewahren und so zum Glätten des Flolzes benützen (Th. Studer)^). 67. Cyrena suborbicularis Busch. Philippi Abbildungen III . S. 77. Taf. 2, Fig, t Timor bei Pariti. 68. Cyrena (Batissa) tenebrosa Hinds. Hinds ZooL of the voyage of H, M, S. Sulphur p. 68. pL 21. Fig. 7. — Mousson Joum. de Conch. XII. 1865. p. 206. Viti-Levu, im Rewa-Fluss. Ich füge hier noch die auf derselben Expedition gesammelten Schnecken des Brackwassers und der Mangle-Dickichte bei, da dieselben mehr oder weniger amphibisch lebend sich nicht scharf von denen des Landes und des süssen Wassers scheiden. a) A iiriculaceen. 69. Pythia scarabaeus L. sp. Cochlea imbrium Rumph amb, rar. p. 91. Taf. 27. Fig. 7. Helix scarabaeus Linne syst nat. ed. X. p. 768. Auricula scarabaeus Lamarck an. s. vert. ed. 2 VIII. p. 327. Quoy et Gaimard Voy, Astrolog., zooL II, p. 162. pl. 12. Fig. 24. Pythia scarabaeus Pfeiffer mon. auriculaceorum p. 82. ') Reeve bildet in seiner Couchologia xconica unter dem Namen C. pa- puoy Fig. 22, eine Muschel mit einer Kante am Hinterfelde ab, wovon weder in Lcsson's Originalbeschreibung etwas erwähnt, noch in der oben erwähn- ten Abbildung oder an unsern Stücken etwas zu sehen ist. vom 3L Mai 1877. 287 Amboina in zahlreichen jungen Exemplaren, die kleinsten eilf Mill. lang und 7 breit, zeigen schon Zähne an den Varicen. Ferner Neu-Hannovcr und Neu-Irland am Carteret-Hafen, in den Mangle -Sumpfen^ theils auf Blättern, theils an den Wurzeln oder am Boden. 70. Pythxa scarabaeus var. gracilior. Scarabus panfherinus A. Adams Proc. ZooL Soc. 1850, /?. 162, Pythia j). Pfeiffer wo«, auric. p, U4. Carteret-Hafen, Neu-Irland. 71. Äuricula Judae L. DuUa auris Judae Linnc syst, nat, ed, 10, p,728. Mar- tini Conchilien-Cabinei IL S, 12S. Fiy. 449^461, Auricxila Judae Lamarck an, s. vert, ed. 2 VIII, p, 324. Lesson Voy. Coquille, zooL II, 1, p. 339, Pfeiffer mon. auric. p, 130. Amboina; Timor, bei Pariti; Insel Salawatti bei Neu- Guinea; Nordwest-Australien an der Meermuid- Strasse. In sehr verschiedener Grösse. b) Taenioglosseii. 72. Litorina scabra L. Buccinum foliorum R u m p h amb. rar, p. 98 (Deutsche Übers. S, 66) Taf, 29, Fig, Y. Ilelix scabra Linne syst, nat, ed. X. p, 770. Chemnitz Conch, Cab, XI, S, 283, Fig, 2074, 2075. Litorina angulifera (Lam.) Quoy et Gaim. Voy, Ästrol,, zool, IL p, 474. pl. 33, Fig, 1 — 3, Littorina scabra Philippi Abbildungen und Beschreibungen neuer Conch ylien IL S. 224, Taf. 5. Fig. 3—7. Reeve conch. ic. X, Fig. 21. Neu-Guinea. 73. Litorina sulculosa Phil. Philippi Proc, Zool, Soc, 1845, p. 142, Reeve conchol, ic. Fig, 39. 288 Gesammtsitzung Nordwest-Australien, Meermaid-Strasse, im Mangle- Dickicht. 74. Pirena atra L. sp. Strombm palustris laevis Rumph amb, rar, p, 101. Ta/, 30. Fig, B. Strombus ater Linne syst nat, ed, XII, p, 1213, Chem- nitz Conch, Cah, IX. Fig, 2227, Pirena terebralis Lamarck an. s, vert. ed, 2, VIII, p, 499, Quoy et Gaimard Voy. AstroL, zool, III, p. 161, pl, 56, Fig, 40 — 42, Mousson Land- u, Susswass, -Conch, von Java S, 63, Taf. 10, Fig. 1, Bougainville-Insel, im Mangle-Suropf. 75. Potamides dnguJatus Gmelin sp. Chemnitz Conch. Cab. IV, S, 328. Taf, 157, Fig. 1492 = Murex cingulatus Gmelin Linne syst, natur, ed, 13. p. 3561, Cerithium fluviatile Potiez et Michaud galerie d, moU, de Douai I, p, 363, pl, 31, Fig, 19 — 21, Kiener icon. pl. 19, Fig, 3. Deshayes Lamarck an. s. vert, ed. 2. IX. p, 320, Tympanotonos flumatilis Reeve conch. ic. XV, Fig. 9, Nordwest-Australien, an der Meermaid-Strasse, im Mangle- Dickicht. 76. Potamides (Cerithidea) quadratus Sow. Cerithidea quadrata Sowerby bei Reeve conch, ic, XV, Fig, 5, Timor, bei Pariti. 77. Potamides (Pyrazus) sulcatus Brug. Strombus mangiorum Rumph amb, rar, p. 101, Taf, 30, Fig, T, (in der deutschen Ausgabe ganz entstellt), Murex Moluccanus Gmelin Linne syst, nat, ed, 13, p, 3563, Cerithium sulcatum Bruguiere Encyclop, mdthod,, vers, Lamarck an, s, vert, ed. 2, IX, p, 285, Quoy et Gaimard Voy, Astrolab., zool. III, p, 121, pl, 54. Fig, 22,23. Kien er iconogr. pl, 27, Fig. 1, 2. vom 31, Mai 1877. 289 PyrazuB sulcatus Reeve conch, ic, XV, Fig. i. Timor, bei Pariti, und Nordwest-Australien, an der Meer maid- Strasse. 78. Potamides (Pyrazus) palustris L. Strombus palustris Rumph amh. rar, p. 10 L Taf. 30, Hg, Q, Linne. syst, nat. ed. 12 p. 1213, Chemnitz Conch, Cab. IV. S. 311. Fig. 1472. Cherithium palustre Bruguiere Encycl, metb,^ Vers, p, 467. Lamarck an. s, vert. ed. 2. IX. p. 284, Kiener ico- nogr. pL 1. Pyrazus palustris Reeve conch. ic. XV. Fig. 1. Lucipara (zwischen Timor und Amboina) und Nordwest- Australien, an der Meermaid- Strasse, jüngere Exemplare, in Ge- sellschaft der vorigen Art. 79. Potamides (Telescopium) telescopium L. Rumph amb, rar, p. 75. Taf. 21, Fig. 12. Trochus telescopium Linne syst. nat. ed. 10. p. 760. Chemnitz Conch. Cab. V. S. 14. Fig. 1397— 1609. Cerithium telescopium Bruguiere Eneycl. meth., Vers. La- marck an. s, vert. ed. 2. IX. p. 286. Quoy et Gai- mard Voy. Astrol., Zool. III. p. 125. pl. 55, Fig, 4—6. Kiener iconogr. pl.. 28. Fig. 1. Hombron et Jaequi- not Voy, pole sud, moll, pl, 23, Fig, 1, Telescopium indicator Montfort conchyliol. syst. II. p. 438. Reeve conch. ic. XV. Fig, 1, Timor, bei Pariti und Nordwest- Australien, an der Meermaid -Strasse, im Mangle-Dickicht. 80. Lucina Philippinarum Reeve. Reeve conch. ic. Fig. 18, Timor bei Pariti, im Mangle-Sumpf. 290 Gesammtsitzung Die vorliegende Sammlung erweitert in verschiedenen Punkten unsere Kenntniss der Land- und Süsswasser- Mollusken in dem interessanten Übergangsgebiete zwischen der indo-malayischen und der australisch -polynesischen Fauna, und auch die Arten, welche schon früher von andern Naturforschern an denselben Orten ge- funden worden waren, werden uns dadurch wichtig, dass sie eine Controle der früheren Angaben und die Möglichkeit gewähren, früher wenig bekannte, nur in einzelnen ausländischen Sammlungen vorhandene oder ganz verkannte Arten näher und besser kennen zu lernen. Die für die Wissenschaft ganz neuen stammen von der noch wenig erforschten Nordwestküste Australiens und von Neu-Hannover, das sich übrigens auch in den Land- und Süss- wasser-Conchylien als unmittelbar zu Neu-Irlaud gehörig ausweist; von den sieben dort gesammelten Arten waren fünf schon von Neu- Irland bekannt. Neu-Guinea zeigt, wie theilweise schon früher bekannt, in seinen Landschnecken die nächsten Beziehungen zu den Molukken, grösstentheils zwar eigene Arten, aber doch aus denselben Gruppen und Gattungen. Die Süsswasserarten zeigen sich auch hier weiter verbreitet, und noch mehr die Brackwasser- arten, welche z. B. an der Nord Westküste von Australien mit Aus- nahme der einen Liiorina sidculosa noch ganz dieselben Arten sind, wie im ganzen indischen Archipel, von Vorderindien und Hinter- indien über die Sunda-Inseln bis zu den Philippinen und Moluk- ken. 4 ^ S*^ 44»! 1 :i XaniriiL pxpJaTNi'ii '..i.IIrüx cühn.'t . Ü.i'. H.i'ünvirla. iS-1). H. t'lii.''liys!oitiii. !!i, U. M. p[iarosUiiii;i . Ü'.XcriÜna [hcrinophila. rS-.N.iSoiilryf'tutia \-;ii-. Slii(irri;in.'i . U.>lFl;ini 1: / 13 , .- I- !•■.• 1 -4. Cvclostoma xNovae Hiberniao. 5-10. HeJix Hoükeri. 11.13. Papunia Boivini vom 31. Mai 1877. 291 Krklärnng der Abbildungen. Taf. I. Fig. 1 — 3. Nanina expia/iata Q. G., Schale von der Seite, von oben und von unten. „ 4, 5. Helix coiona, Schale von der Seite und von unten. , 6, 7. — cunvicta Cox., Schale von der Seite und von unten. „ 8, 9. — elachystoma. Schale von der Seite und von unten. ., 10, 11. — phaeustoma^ Schale von der Seite und von unten. „ 12. Neritina thermopkiUty Schale vergrößert; der beigefiigte Strich zeigt die natürliche Grösse an. ,, 13. — SouUyetana var. Studeriana^ Schale von der Kücken- seite, in natürlicher Grösse. n 14. Meiania suhtruata var. persuicata Mouss. , 15, 16. — moesta Hinds, Schale von der Rücken- und von der Bauchseite. „17 — 19. — laeviycUa Lam. 17 Spitze vergrössert, 18 jüngeres, reines, 19 älteres, mit Kalksinter überzogenes Exem- plar. Taf. II. Fig. 1. Cyclostoma Novae Hiberneae Q. G., Schale, um das Zweifache vergrössert. „ 2. Deckel desselben. M 3. Eine Querreihe aus der Reibplatte derselben. „ 4. Ein Stück des Randes der äusseren Seitenplatte, noch stärker vergrössert. 5 — 7. Patuia Hookeri Rv., Schale von oben, im Pmfil und von unten. 8. Zähn(;hen aus der Reibplutte derselben. 9. Kiefer derselben. 10. Geschlechtsapparat derselben. 11. Zähnchen aus der Reibplatte von Helix Boivini Petit. ., 12. Geschlechtsapparat derselben. „ 13. Kiefer derselben. Die anatomischen Zeichnungen sind von Hm. Cand. Pfeffer gemacht; die Ziffern an den einzelnen Zähnchen einer Querreihe gibt ihre Ordnungs- zahl von der Mitte nach aussen gerechnet an, 0 bezeichnet den Mittelzahn. » 292 OesammUitzung Hr. Websky legte eine Arbeit des Hrn. G. vom Rath in Bonn über eine neue krystallisirte Tellurgold-Verbindung, den Bunsenin Krenner's, vor. ^Bei meiner Anwesenheit in Nagyag (spr. Nadjak), Sept. 1875, erwarb ich ausser mehreren Sylvanit- und Petzit-Stufen auch ein kleines Oangstuck, welches in Begleitung von Quarz und etwas feinkornigem Eisenkies, prismatisch ausgebildete, fast silberweisse Kryst&llchen {\ bis 2 Mm. gross) darbot Dieselben wurden in Nagyag für Sylvanit gehalten, erwiesen sich aber bei näherer Un- tersuchung als bisher nicht beschriebene Formen, welche voraus- sichtlich einem neuen Mineral angehören mussten. Die kleinen Pris- men sind vertical gestreift und meist durch die in der Endigung herrschende Basis begrenzt, der eine vollkommene Spaltbar- keit parallel geht. Andere Zuspitzungsflächen treten meist nur untergeordnet auf. Nur an einem Kry ställchen zeigten sich meh- rere dieser letzteren Flächen so ausgedehnt und glänzend, dass sie mit dem Fernrohr-Goniometer gemessen und so die nöthigen Fun- damentalwinkel zur Bestimmung des Krystallsystems gewonnen werden konnten. Krystallsystem rhombisch. a (Brachyaxe) : b (Makroaxe) : c (Verticalaxe) = = 0,940706 : 1 : 0,504455. Diese Elemente wurden aus folgenden Messungen berechnet: m(ooP, 110) : m' über a(cx>Poo, 100) = 93° 30' e(Poo,011):m = 107° 58f »). Beobachtete Formen: ^) Mittel aus den beiden Messungen e : m = 107° 59' und e : ni' = 72° 2'. vom 31. Mai 1877. 293 0 = P , (111) u = P2 , (122) i = fP* , (232) e = Poo , (011) h = Poo , (101) g = iPoo , (102) m = ooP , (110) n = ooP2 , (120) 1 = ooP| , (320) a = ooP,(100) b = ooPcx) ,(010) c = OP , (001) Aas den Axenelementen berechnen sich für die Pyramiden folgende Winkel: o u i Brachydiagonale Kante 132° 4' 128° 3' 137° 5' Makrodiagonale Kante 128° 48^' 153° 3f 108° 38' Lateralkante 72° 43' 59° 29' 87° 2' Ferner ergeben sich folgende Winkel: a b c m c o 115° 35f 113° 58' 143° 38^' 12G° 21^' 154° 24f u 103 28i- 115 58^ 150 15J 118 H 166 31J • 1 125 41 111 27J 136 29 132 30^ 144 18 e 90 0 116 46 153 14 107 58^» 180 0 h 118 12 90 0 151 48 110 8 141 53f g 105 i 90 0 164 59J 101 24^ 149 35 m 136 45 133 15 90 0 180 0 107 b^ n 117 59^ 152 i 90 0 161 IH 113 26 1 147 54^ 122 5| 90 0 168 50J. 103 50| Bei der Kleinheit und Streifung der Flächen konnten die Mes- sungen nur annähernd geschehen, mit Ausnahme der Neigungen 294 Gesammtsitzung zwischen den Flächen m, e und u, welche mit dem Fernrohr-Go- niometer messbar waren. e : u = 166° 30' (her. 166° 31|-') i:u = 157°— 158° (her. 157° 47^') o:u = 167°— 168° (her. 167° 52^) i: a = 125° 30' (her. 125° 41') o:a = 115° 30'— 45' (her. 115° 35|.') u : a = 103° 30' (her. 103° 28f ) h:a = 117|°— 118° (her. 118° 12') Die Fig. 1, la vereinigt sämmtliche Flächen, welche ich an den Krystallen beobachtete, während Fig. 2, 2a die herrschende Ausbildung darstellt, in welcher die Basis ausgedehnt und die Zu- spitzungsflächen nur untergeordnet auftreten. Häufig sind die Kry- ställchen in der Weise unsymmetrisch, dass die in der einen Zone a i o u e liegenden Zuspitzungsflächen ausgedehnt, während dieje- nigen der andern punktähnljjph verkümmert sind. Dann wird man versucht, die Krystalle um die Verticale 90° zu drehen und sie für monoklin anzusehen, was auch anfangs geschah. Wie die Flächen m, n, 1 vertical, so sind i, o, u, e parallel ihrer Combinationskante gestreift, zuweilen gefurcht. Trotzdem geben mehrere Flächen, wenn sie nicht allzuklein sind, vorzügliche Reflexe, namentlich m, a und e. Nachdem ich die Form der in Rede stehenden Nagyager-Kry- stalle^ wie oben angegeben, bereits seit mehreren Monaten bestimmt hatte und mich bemuhte, das für eine chemische Analyse nothige Material von Nagyag zu erhalten, erhielt ich durch des Verfassers Güte den Aufsatz „Bunsenin, ein neues Tellurmineral, ^ von Dr. Jos. AI. Krenner, Sep. aus dem I. Heft der Termeszetrajzi Füzetek 1877. Ich erkannte sogleich aus der hier gegebenen Be- schreibung und den Figuren, dass K renn er das gleiche oder we- nigstens ein isomorphes Mineral untersucht habe. Namentlich stimmt die ausgezeichnete basische Spaltbarkeit überein. Der ^Bunsenin'^, welchen K renn er unter den von Prof. Schul 1er gesammelten Nag)'ager Mineralien auffand, ist nach vorläufigen qualitativen Versuchen Prof. Wartha's in Pest-Ofen eine Verbin- dung von Gold und Tellur. Aus Krenner's Fundamentalwinkeln ooP:ooP = 93°40' und ooPrPoo = 108° 7', welche nur um 10', MmatsbtntM Mai tSTT. 0 vom ffatk Föf.'J. s^^ |! I«. m l „ !/ I ! I ^i^^ m ^>> I ! Ftff. '2 ?- Fuj./^r OJ: .iV CtU-jc. £i',i|: »5t u.* iC*f.ü*i^. vom 31. Mai 1H77, 295 beziehungsweise 8^' von meinen Messungen abweichen, ergeben sich für die Grundform o 1 rr 1 ' Hrachydiagonale Kante 131 43 Makrodiagonale Kante 128° 17 J Lateralkante l^"" 26' Auf die von Krenner übrigens nicht beobachtete Grundform bezogen, erhalten die von ihm bestimmten Combinationsgestalten folgende Ausdrücke: N.-/ 2P2(211), Poo(Oll), ooP(llO), ooP2(210), ooP3(310), ooPf(230), ooP2(12ü), ooPoo(lOO), ooPoo(OlO), oP(OOl). Während demnach Krenner zahlreichere Prismenilächen beobach- tete, als oben angegeben wurden, waren seine Krystalle ärmer an Pyramiden- ynd Domenflächen. In seinem Aufsatze erwähnt Kren- ner noch eines zweiten Nagyager Mineral Vorkommens, welches mit dem ^Hunsenin^ isomorph, wohl kaum als eine besondere Species betrachtet werden kann Krenner sagt in Bezug auf dasselbe (1. c): ^Die Gestalt des Hunsenin stimmt überein mit einem andern, seit mehreren Jahren mir bekannten Tellurerze von Nagj'ag, welches aber aus Gold, Silber und Tellur besteht und unter dem mehrdeutigen Sammelnamen ^Weisserz^ eine Rolle spielt. Dies weisse Mineral besitzt folgende Winkel oo P oo : oo P = 136^48'; ooP:Poo = 107° 57'.^ Die Übereinstimmung dieser letzteren Neigungen mit denjeni- gen der von mir aus Nagyag mitgebrachten Krystalle ist mit Rück- sicht auf die Beschaflenheit der Flächen fast als vollkommen zu bezeichnen. Leider gelang es mir nicht, eine zur Ausfuhrung einer quantitativen Analyse genügende Menge der seltenen Kryställchen zu erhalten. Nur zu einer qualitativen Untersuchung reichte die kleine zur Verfügung stehende Menge aus. Hr. Hofrath Bunsen hatte die dankonswerthe (TÜte^ sich dieser Arbeit zu unterziehen. Seiner gefälligen Mittheilung zufolge ^bestehen die Krystalle der Hauptmasse nach aus Tellur und Gold, enthalten dabei aber eine kleine Menge Silber nebst Spuren von Kupfer.'' Antimon und Arsenik, welche sich in vielen Tellurerzen finden, konnten nicht nachgewiesen werden. [1877] 23 296 Gesammtsitzunff Was den von Krenner dem krystallisirten Tellurgolde beige- legten Namen betrifft, so ist derselbe leider schon vergeben, da C. Hergemann das in regulären Oktaedern krystallisirende, zu Jobanngeorgenstadt mit andern Nickelerzen sowie mit Uran -Ver- bindungen vorkommende Nickeloxydul als „Bunsenit^ bezeichnete (1858). So sehr man es auch bedauern muss, dass nicht statt des weniger schönen Johanngeorgenstadter Minerals die wohl krystalli- sirte edle Tellurgold -Verbindung von Nagyag den Namen des gros- sen Chemiker tragen soll, so ist es dennoch nach den allgemein geltenden Gesetzen nicht wohl möglich, den Namen Bunsenin oder Bunsenit ein zweites Mal zu verwenden, noch auch dem natür- lichen Nickeloxydul den bereits allgemein angenommenen Namen wieder zu entziehen. Es muss demnach dem neuen Mineral von Nagyag (Tellurgold, wahrscheinlich mit wechselnden, aber unter- geordneten Mengen von Tellursilber) ein anderer Name beigelegt werden. Ich gestatte mir als solchen j,Krennerit^ in Vorschlag zu bringen mit Rücksicht darauf, dass Hr. Prof. Kren ner in Pest- Ofen das seltene Mineral entdeckte und zuerst eine dasselbe genau charakterisirende Beschreibung gab. Dem Krennerit steht in Bezug der chemischen Zusammensetzung der Calaverit Genth's von der Stanislaus-Grubc, Calaveras County, Califoruien am nächsten. Derselbe ist indess derb, bronzegelb und entspricht der Formel AuTe4. — Ferner würde das neue Mineral zu vergleichen sein mit dem Nagyager Petzit oder Tellurgoldsilber, welches freilich bisher nicht in Krvstallen beobachtet wurde, so- wie mit dem Hessit oder Tellursilber (AgTe), welches aber keine deutliche Spaltbarkeit besitzt und dessen Form nicht mit derjeni- gen des Krennerit zu vereinigen ist.^ vom 31. Mai 1877. 297 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Tht! Observatori/, a monihly review oj astronomy, N. 1. 1877. April. Lon- don. 8. Zeitschrift des Kgl. Preuss. Statistischen Bureaus. Jahrg. 17, 1877. Heft 1. Berlin 1877. 4. Atti delia li. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXIV. Serie terza. Tran- sunti. Vol. I. Fase. 5. Roma 1877. 4. Deutsches akademisches Jahrbuch. 2. Jahrg. Leipzig 1877. 8. Mit Be- gleitschreiben. Die Fortschritte der Physik im Jahre JS72. Jahrg. XXVIII. Abth. 1. 2. Berlin 1876/77. 8. Annual Report o/ the trustees of the Museum af comparative zoology for 1875, Senate N. 5. Boston 1877. 8. Revue archeologique, Nouv. Serie. 18. Annee. IV. Avril 1877. Paris. 8. Zeitschrift der Deutschen Morgenldndischen Gesellschaft, Bd. 31. Heft 1. und Register zu Bd. 21—30. Leipzig 1877. 8. G. Omboni, // mare glaciale e il pliocene al piedi delle Alpi Lombarde. Padova 1876. 8. Extr. E. Sabine, Contributions to terrestrial magnetism. N. XIV. 4. London. Extr. Vom Verfasser. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1877. Bd. XXVII. N. 1. Wien. .8. Verhandlungen der k. k, Geol. Reiclisanstalt. 1877. N. 1 — 6. ib. 1877. 8. Abhandlungen der k. k. Geol. Reichsanstalt. Bd. IV. ib. eod. 4. Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. VII. N. 1 — 3. ib. 1877. 8. Achtar (der Stern, eine pers. Zeitung). N. 22—25 vom 21. 25. 28. April und 2. Mai 1877. pag. 137—168. fol. Th. Schwedoff, Idees nouvelles stir forigine des formes cometaires. Odessa 1877. 8. 6 Ex. Bulletin de lo societe mathematique de France. T. V. N. 3. Paris 1877. 8. Revue scientifique de la France et de Vetranger. N. 47. 48. Mai 1877. Paris. 4. Polybiblion. — Part. litt. 2. Ser. T. V. Livr. 5. Mai 1877. Paris. 8. — Part, techn. 2. 8er. T. III. Livr. 4. 5. Avril -Mai 1877. ib. 8. Bulletin de la Societe geologique de France. 8. Serie. T. V. Feuilles 8 — 10. Paris 1877. 8. Bulletin de l' Academie Imp. des sciences de St. Peter sbourg. T. XXIII. (Feuilles 26—32.) Avril 1877. St. Petersbourg. 4. Transactions of the zoological Society of London. Vol. IX. Part. IL Lon- don 1877. 4. 298 Gesammtsitzung vom 31. Mai 1877. • Atti delia R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXIII. 1875/76. P. I. II. Roma 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Serie III. Transunti. Vol. I. Fase. 2. ib. 1877. 4. Desgl. B. Boncompagni, Bullettino, T. X. Febbr. 1877. Roma 1877. 4. Rapport etc. nur la misnon des chotts. Paris 1877. 8. Atti delC Accademia Pont, de nuovi Lincei. Anno XXX. Sess. I. del 17 Dec. 1876. Roma 1877. 4. Rapport a Mr. Waddington aur le serrice des mimons et voyages acientißques en 1876, par M. Le Baron de Watteville. Paris 1877. 8. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. 1877. N. XII. XIII. Sitzung der math.-natunv. CUisse. Wien. 8. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. Juni 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Curtius. 4. Juni. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Curtius sprach über neu gewonnene Resultate der athe- nischen Topographie und insbesondere über das Pythion. 7. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. W. Siemens las: Über die Abhängigkeit der elektrischen Leitungsfähig- koit des Selens von Wärme und Licht. Am 17. Februar 187G theilto ich der Akademie den ersten Theil dieser Untersuchung mit, welcher sich auf die Beschreibung der Veränderungen beschränkte, welche das Selen durch Einwir- kung der Wärme und des elektrischen Stromes erleidet. Da es mir nicht gelungen war, den von Anderen sowie von mir selbst früher beschriebenen Einfluss der Beleuchtung auf die elektri- [1877] 24 300 Geaainmtftitzung sehe Leitungsfuhigkeit des Selens auch bei anderen Korpern nach- zuweisen, so mnsste ich diese Erscheinung als eng verknüpft mit den besonderen Eigenschaften des Selens betrachten, und es erschien eine eingehendere Untersuchung derselben der einzige Weg zu sein, um eine Erklärung für diese merkwürdige Lichtwirkung zu finden. Leider machte es mir meine Thätigkeit auf anderen Gebieten bisher unmöglich, die schon damals grösstentheils angestellten Versuche über die Lichtwirkung auf das Selen zum Abschluss zu bringen. Inzwischen ist unter dem Titel „der Einfluss des Lichtes auf den elektrischen Leitungswiderstand der Metalle" eine Arbeit des Dr. Richard Börnstein in Heidelberg erschienen, welche die Grundlage meiner Arbeit dadurch in Frage stellt, dass Hr. Börn- stein die Führung des Nachweises unternimmt, dass die Vergrösse- rung der Leitungsfähigkeit der Metalle durch Beleuchtung nicht auf Selen beschränkt sei, sondern auch beim Tellur, Platin, Gold und Silber und wahrscheinlich auch bei allen übrigen Metallen eintrete. Bei meinen Versuchen über den Einfluss der Beleuchtung auf andere Metalle hatte ich zwar bei der Wahl der Methoden und In- strumente stets die grösstmögliche Empfindlichkeit angestrebt, war auch von demselben Principe ausgegangen, wie Hr. Börnstein: die beleuchtete Fläche im Verhältniss zu der Dicke möglichst gross zu machen; ich war aber doch immer von der Ansicht ge- leitet worden, dass eine etwaige Vergrösserung der Leitungsfähig- keit in einem gewissen Verhältnisse zur specifischen Leitungsfähig- keit des betreffenden Metalles stehen müsste. Da nun das Selen auch in der bestlcitenden und zugleich lichtempfindlichsten, von mir mit Modification II bezeichneten Form noch etwa 240000 Millionen mal schlechter leitet als Silber, so müsste eine Vergrösserung der Leitungsfähigkeit eines dünnen Metallblattes voraussichtlich auch mit wenig empfindlichen Instrumenten noch leicht zu erkennen sein, wenn die Zunahme der Leitung9fähigkeit der beleuchteten Oberfläche des Metalles von der specifischen Leitungsfähigkeit des- selben abhängig war. Anders stellt sich die Sache jedoch, wenn man annimmt, dass durch die Lichtwirkung auf der Oberfläche des Metalles eine lei- tende Schicht hergestellt wird, deren Leitungsfähigkeit in keinem directen Verhältniss zur specifischen Leitungsfähigkeit des bezeuch- rofft 7. Juni 1877, 301 teten Metalles selbst steht, also bei gut leitenden Metallen viel- leicht nicht besser leitet, als die auf der Oberfläche des Selens erzeugte. Da wir die Leitungsfähigkeit der hinzugekoninoenen lei- tenden Schicht nur als Vergrösserung der Leitungsfähigkeit des beleuchteten Metalles messen können und in der Verminderung der Dicke desselben durch den zu erhaltenden Zusammenhang des Metallblattes beschränkt sind, so erreichen wir bei gut leitenden Metallen bald die Grenze der durch die empfindlichsten Messinstru- mente nicht mehr zu erkennenden Unterschiede. Ein Selenplätt- chen z. B., wie ich sie zu meinen Versuchen und zu Selen-Photo- metern verwendet habe, besteht aus 11 parallelen, 0,1 Mm. dicken Drähten von 10 Mm. Länge, in 1 Mm« Abstand von einander, und hat dabei einen Leitungswiderstand von circa 1 Million Q. Einh. Man kann sich das Selen daher ersetzt denken durch eine, die parallelen Drähte leitend verbindende, Quecksilberschicht von der Dicke j*, welche durch die Gleichung gegeben ist: 1000000 = ,i-. -i—. — 100 1000 X oder ^ = rTTT^r^^vrTTTTT; — oder = -^,,-Mm. 100000 Million 10" Bei einer Beleuchtung, welche die Leitungsfähigkeit des Selen- Plättchens verdoppelt, wurde die hinzutretende leitende Beleuch- tungsschicht durch eine Quecksilberschicht von gleicher Dicke er- setzt werden können. Das von Hrn. Börnstein zu seinen Versuchen benutzte Gold- blatt, an welchem er durch die Bruckenmethode eine Zunahme der Leitnngsfähigkeit von 0,0001 gefunden hat, hatte einen Widerstand von 3 Q. E., eine Länge von 24 und eine Breite von 9 Mm. Wenn man daher das Goldblatt durch eine Quecksilberschicht von der Dicke y ersetzt, so hat man für y: 24 3 = ^ 0,001 oder es ist y = fQT Mm. Wenn die Leitungsfähigkeit des Goldblattcs sich um 0,0001 durch Beleuchtung vergrösserte, wie Hr. Börnstein fand, so 24* 302 Gesammt8itzung musste die hinzugekommene Beleachtnngsschicht einer Qaecksilber- 89 Schicht von 0,0001 dieser Dicke, also von j^ Mm., entsprechen, der Belcuchtungseffect war also circa 8900 mal so gross als beim Selen, wenn angenommen wird, dass die von Hrn. Born- stein benutzte Beleuchtung die Leitungsfähigkeit des Selen -Plätt- chens verdoppelt hätte! Um die Lichtwirkung auf das Selen durch eine bei allen Metallen gleiche Beleuchtungsschicht zu erklären, braucht die Leitungsfähigkeit des Borns tein'schen Goldblattes nur um ^/g^ Millionstel ihres Werthes vergrössert zu werden, eine Grösse, die sich wohl niemals auf experimentellem Wege wird nachweisen lassen. Am meisten Aussicht dazu gäbe wohl das Tellur, da dessen Leitungsfähigkeit nur 0,00042 von der d^s Gol- des ist, falls es gelingen sollte, das Tellur in so dünnen leitenden Schichten darzustellen, wie das Goldblatt. Die Gründe, aus welchen ich die Annahme einer auf allen Me- tallen auftretenden, leitenden Beleuchtungsschicht verwarf, stützen sich daher nicht auf die negativen Resultate meiner Bemühungen, die Lichtempfindlichkeit bei anderen Körpern als Selen nachzuweisen, sondern wesentlich darauf, dass die Lichtempfindlichkeit des Selens in hohem Grade abhängig ist von der Reinheit und molekularen Beschaffenheit desselben. Die geringste Verunreinigung mit ande- ren Metallen vermindert seine Lichtempfindlichkeit in sehr hohem Grade. Als ich dem zur Anfertigung von Selen^Plättchen benutz- tem Selen nur ^ Proc. Silber zusetzte, war gar keine Lichtem- pfindlichkeit mehr wahrzunehmen. Durch zu starke Lichtwirkung, durch starke Abkühlung oder Erhitzung wird die Lichtempfindlich- keit in hohem Grade beeinträchtigt, selbst wenn keine wesentliche Veränderung der Leitungsfähigkeit des Präparates selbst eintritt4 Alles dies wäre nur schwer erklärlich, wenn sich auf der Selen- Oberfläche eine leitende Schicht durch Einwirkung des Lichtes bildete, die von dem unter ihr liegenden Leiter unabhängig wäre. Es Hesse sich die Entstehung einer solchen leitenden Beleuchtungs- schicht überhaupt wohl nur so erklären, dass man annähme, es würden die auf der Oberfläche der Metalle condensirten Gase durch Lichtwirkung chemisch so modificirt, dass sie leitend würden und dass nach dem Aufhuren der Beleuchtung eine Rückbildung in den nicht leitenden Zustand einträte. Dann musste aber eine an Glas oder Glimmer durch Schmelzung fest anliegende Selenschicht gar vom 7. Juni 1877. 303 keine oder doch nur eine weit geringere Lichtempfindlichkeit zeigen, als eine der Luft ausgesetzte; dies ist jedoch nicht der Fall, wie schon aus der Construction meiner lichtempfindlichen Selen -Prä- parate sich ergibt, die zwischen Glimmerplatten eingeschmolzen werden. Wenn ich aber durch diese Betrachtungen auch in der Ansicht bestärkt wurde, dass die Liclitempfindlichkeit eine speci- fische Eigenschaft bestimmter Selen -Modificationen sei und bei anderen Körpern nicht vorkomme, so erschien es mir doch durch- aus nicht unmöglich, dass empfindlichere Methoden und Instrumente, als ich sie benutzte, eine Lichtempfindlichkeit auch bei anderen Metallen nachweisen könnten. Das Experiment konnte hier allein entscheiden. Bei der Arbeit des Hrn* Born stein waren mir, ausser eini- gen missverstandenen Anführungen aus meiner Untersuchung, auf die ich später zurückkomme, von vorn lierein einige seiner Resul- tate sehr auffallend. Einmal findet er bei Platindrähten von 0,00022 Mm. Dicke eine noch etwas grössere Zunahme der Lei- 19 tungsfähigkeit wie bei einem Goldblatte von -tttt:-. — Mm. Dicke, Million obgleich die Verhältnisse der Protection der beleuchteten Fläche zum Querschnitte des Metalles in beiden Fällen sich wie 2348 : 1 verhält. Wäre dies richtig, so müsste die lichtempfindliche Schicht beim Platin über 2000 mal besser leiten wie beim Golde, was jedenfalls nicht walirsch(;inlich erscheint* In gleichem Grade auf- fällig ist die überraschend grosse Verschiedenheit der Lichtempfind- lichkeit, welche sich durch Messung mittelst der Brücken- und der Web er' sehen Dämpfungsmethode ergibt. Während die Brücken- messung eine Vermehrung der Leitungsfähigkeit von etwa 0,01 Proc. nachwies, ergab die Dämpfungsmethode unter ähnlichen Verhält- nissen eine Vergrösserung der Leitungsfähigkeit von 3 bis 5 Proc, dieselbe war also in diesem Falle 300 bis 500 mal so gross, als im ersten. Hr. Born stein vermuthet, dass diese grosse Verschieden- heit seiner Messresultate davon herrührt, dass die durch den schwingenden Magnctstab in den Drahtwindungen erzeugten Ströme sehr viel schwächer gewesen seien, als die des Leclanche'schen Elementes, mit dem er die Brückenmessungen ausführte, und be- gründet hierauf den Satz, dass „die vom elektrischen Strome er- zeugte Verminderung der Leitungsfähigkeit, die er als elektrische 304 Gesammtsitzung Nachwirkung bezeichnete^ begleitet sei von einer Abnahme der Lichteonpfindlichkeit^. Wie gross die elektromotorischen Kräfte waren, welche von den schwingenden Magnetstäben in den Win- dungen erzeugt wurden, mag dahin gestellt bleiben, da eine Be- rechnung nicht ausführbar ist, weil die bezüglichen Angaben des Hrn. Börnstein nicht vollständig genug sind. Jedenfalls wider- spricht aber eine so grosse Abhängigkeit der Lichtwirkung von der Stromstärke den beim Selen gemachten Erfahrungen* War die Ansicht des Hrn. Börnstein richtig, dass die directe Widerstandsvergleichung aus dem Grunde ein so bedeutend gerin- geres Resultat ergab, als die Widerstandsmessung mittelst der Däm- pfungsmethode, weil die Licht Wirkung durch Erwärmung der be- leuchteten dünnen Metallplatten durch den Strom und die gleich- zeitig eintretende Verminderung der Lichtempfindlichkeit durch den- selben verdeckt, resp. vermindert wurde, so mussten jedenfalls di- recte Widers tandsmessungen mit sehr geringen elektromotorischen Kräften ähnliche Resultate ergeben, wie er sie durch die Däm- pfungsmethode erhielt. Ich ersetzte daher mein Galvanometer mit aperiodisch schwingendem Glockenmagnete und 8 Meter Scalenab- staud, mit dem die früheren Versuche angestellt waren, durch ein Galvanometer mit einem astatischem Paare von zwei kleineu Glockenmagneten^ die an einem Aluminium -Draht in einem Ab- stände von circa 100 Mm. befestigt waren. Jeder Magnet befand sich im Centrum einer Drahtspirale mit durchschnittlich 445 Win- dungen 1 Mm. dicken Drahtes von 1.84 Q. E. Widerstand. Am oberen Ende des Aluminiumdrahtes war ein SteinheiTscher leichter Spiegel von 9 Mm. Durchmesser befestigt, der durch ein Gehäuse mit Spiegelscheibe gegen Luftströmungen geschützt war. Durch einen in beliebiger Entfernung unter dem Magnetpaare anzubrin- genden^ drehbaren Magnetstab liess sich dem Magnet-Systeme eine beliebige Richtkraft geben und die Einstellung auf die Mitte der, wie früher, 8 M. entfernten Scala, von 1 M. Länge mit Millimeter- Theilung, bewirken. Dies äusserst empfindliche Galvanometer com- binirte ich mit einer Brücken Verzweigung, deren vier Zweige, von denen das zu untersuchende Metallblatt den einen bildete, möglichst gleich gross und wenig verschieden von dem Widerstände des Gal- vanometers gemacht wurden. Zwischen die beiden veränderlichen Brückenzweige aus Neusilberdraht war ein um die Peripherie einer runden, mit Theilkreis versehenen Schieferscheibe ausgespannter Neu- vom 7. Juni 1877. 305 silberdrahc von 300 Mm. Lunge und 3 Q. E. Widerstand einge- schaltet, auf welchem sich eine Plutinrolle mit Index und Nonius verschieben liess. Die Platinroile war mit dem einen Pole eines DanielTschen Elementes verbunden, dessen Widerstand durch Ein- schaltung eines Drahtwidorstandes auf 10 Q. E. gebracht wurde. Vermittelst einer Widerstandsscala konnte dies Element durch eine beliebig grosse Nebenschlicssung geschlossen werden. Die in den, nahe gleich grossen, Bruckenzweigen wirksame elektromotorische w' Kraft E' war dann K » - . wenn ir der Widerstand, E die elektromotorische Kraft des Elementes und w' der Widerstand der Zweigleitung war. Um die Empfindlichkeit der Messung genau cuntroUiren zu können, wurde in den das zu untersuchende Metall- blatt enthaltenden Bruckenzweig ein Kupferdraht von 0,001 Q. E. Widerstand eingeschaltet, der durch einen kurzen, dicken, amalga- mirten Kupferbügel mit Hilfe zweier Quecksilbernäpfchen ausge- schh>ssen werden konnte. War durch wiederholte kurze Schlies- sungen der erst schwächeren, dann bis auf die Stärke von 1 Daniell verstärkten, wirksamen Kette vollständiges Gleichgewicht hergestellt, so ergab die Ein- oder Ausschaltung des Widerstandes von 0,001 Q. E. eine Ablenkung der Nadel von circa 20 Scalentheilen; es mussten also Veränderungen der Leitungsfähigkeit eines Brucken- zweiges von 0.0001 C^. E. noch mit grösster Deutlichkeit erkannt werden. Die Objecte, welche ich prüfte, waren auf Glasplatten ausge- breitete, dünne Goldhäutclien, welche an den Enden durch aufge- tropftes, geschmolzenes Rose'sches Metall mit Stanniolbelegungen und den Zuleitungädrähten metallisch verlöthet waren, ferner sehr dünne, noch hell durchscheinende, auf verschiedenen Wegen herge- stellte, Niederschläge von Gold, Platin und Silber, die auf ähn- liche W^eise mit den Zuleitungsdrähten verlöthet waren, endlich möglichst dünne Plättchen von Aluminium und Tellur. Diese Prä- parate wurden in den betreftenden Brückenzweig eingeschaltet, wäh- rend sie durch einen übergedeckten Pappkaäten vor Lichtwirkung geschützt waren. Nachdem das (Gleichgewicht hergestellt und einige Zeit verstrichen war, wurde der Batteriecontact hergestellt, und nach- dem die gewöhnlich eintretende, geringe Ablenkung des Spiegels ab- gelesen war, der Pappkasten abgenommen. Das Metallblatt war dann der Beleuchtung durch eine in einer Laterne mit weitem Spalt 306 Oesammtsitzung aufgestellte Petroleumlampe ausgesetzt, deren Strahlen durch ein 12 Cm. im Durchmesser haltendes, cylindrisches und mit concen- trirtcr Alaunlösung gefülltes Glasgefäss gingen und dadurch auf dem Metallblattc concentrirt wurden, während die Wärmestrahlen durch die Alaunlösung absorbirt wurden. Der Pappkasten wurde dann wiederholt aufgesetzt und abgenommen, während die Kette dauernd geschlossen blieb. In fast allen Fällen ergaben sich die Wirkungen einer langsam eintretenden, schwachen Erwärmung des Metallblattes durch den Strom und die Beleuchtung, aber niemaU sichere Anzeichen einer Verminderung des Leitungswiderstandes durch Lichtwirkung. Leider zeigte sich, dass das Galvanometer nicht ruhig genug zu erhalten war, um bei dieser Empfindlichkeit zuverlässige Messun- gen ausfuhren zu können, welche die Frage entscheiden konnten, ob überhaupt eine messbare Lichtwirkung auf andere Metalle, als Selen stattfindet. Weder das Galvanometer selbst war vor äusse- ren Strömungen ausreichend zu schützen, noch waren die Thermo- ströme, die bei so geringen Widerständen und elektromotorischen Kräften ohne besondere Vorkehrungen sehr störend auftreten, hin- länglich auszuschliessen. Ein gleiches negatives Resultat erhielt ich bei einer anderen Anordnung meiner Versuche. Es wurde das zu untersuchende Me- tallblatt direct in den Galvanometer-Kreis eingeschaltet. Wurde der Kreislauf mit einer wirksamen elektromotorischen Kraft (E') von 0,01 Daniell geschlossen, so ging der Spiegel über die Scale weg. Durch einen in geeigneter Weise dem Galvanometer genäherten Magnetstab wurde er darauf wieder auf die Mitte der Scala zu- rückgeführt. War dies einmal eingestellt, so stellte sich auch nach längerer Ruhe beim Schliessen der Kette das Fadenkreuz meines Fernrohrs bei der vollkommenen Aperiodicität des Galvanometers ohne Schwankungen auf einen Theilstrich der Scala ein. In die- sem Momente wurde durch einen Gehilfen der Pappkasten ab- genommen und dadurch die Metallplatte beleuchtet. Auch hierbei war bei allen oben erwähnten Metallblättern keine unzweifelhafte Lifchtwirkung zu erkennen, obgleich eine Verminderung des Wider- standes um 0,0001 noch mit grösster Deutlichkeit hätte hervor- treten müssen. Wäre Hrn. Börnstein's Annahme richtig, dass durch Verminderung der elektromotorischen Kraft eine so bedeu- tende Vergrösserung der Lichtwirkung eintritt, als er sie bei An- vom 7. Juni 1877. 307 Wendung der Dampfungsmethode gefunden hat^ so hätte dieselbe bei Anwendung von 0,01 Daniell doch schon in^einem beträchtlich höheren Grado hervortreten müssen, als bei Anwendung von 1 Leclanche Element, welches er bei der Brückenmessung benutzte. Ich mussto aus den schon erwähnten Gründen darauf ver- zichten, die Empfindlichkeit der benutzten Galvanometer noch wei- ter zu steigern, und konnte nur nocli versuchen, die etwa vorhan- dene Lichtwirkung durch Herstellung möglichst dünner und dabei sicher leitender Metallblätter noch zu verstärken. Es gelang in der That mit Hilfe bekannter Methoden, äusserst dünne noch hü- tende Metalibeläge auf Glasplatten herzustellen und mit sicheren Zuleitungen zu versehen. Letzteres gelang nur auf die Weise voll- ständig, dass der mit dem dünnen Metallbehtge versehene Glas- streifen in einer Lösung von unterschwefligsaurem Silber oder Gold galvanisch versilbert oder vergoldet wurde, wobei ein Quer- streifen durch eine Lackschicht, die man später durch Alkohol oder Aether entfernte, vor der Versilberung geschützt wurde. Es gelang auf diese Weise, eine noch gut leitende Goldschicht herzu- stellen, die im retlectirtcn Lichte als schöner Goldspiegel erschien, das Tageslicht aber nicht mehr in grüner, sondern in hellblauer Farbe durchscheinen Hess. Der Widerstand dieses \b Mm. langen und 10 Mm. breiten Goldspiegels betrug nach wiederholten und constant bleibenden Messungen 7000 Q. E. Danach würde die Dicke der Goldschicht, wenn man die Leitungsfähigkeit des Goldes = 34 setzt — die des reinen Quecksilbers = 1 angenommen — 0.0000000063 Mm. betragen haben, falls eine so dünne Schicht ebenso leitet wie eine dickere Metallmasse ^). Auch mit diesem Präparate konnte ich keine Lichtwirkuug wahrnehmen, obschon ich des grossen Widerstandes wegen mein Galvanometer mit 40000 Drahtwindungen aus dünnem Drahte von 7613 Hg E. Widerstand versehen und da- durch seine Empfindlichkeit sehr bedeutend gesteigert hatte, ße- inerkcnswerth ist aber, dass der Widerstand dieser so äusserst dünnen Goldschicht bei Anwendung einer elektromotorischen Kraft von 0,01 Daniell noch durchaus constant war und die von Hrn. Born stein gefundene Nachwirkung des Stromes nicht zeigte. Da mir daran lag, meine negativen Yersuchsresultate einer ') Letzteres ist in Wirklichkeit schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Oberfläche nicht spiegelnd, also rauh ist. 308 Oesammtsitzung Gontrolle durch andere Experimentatoren zu unterwerfen, and es mir auch von Wichtigkeit schien, durch Anwendung weit empfind- licherer Methoden, als Hr. Born stein und ich seihst sie anwenden konnten, zu untersuchen, oh uherliaupt eine Lichtwirkung bei an- deren Metallen als Selen nachzuweisen ist, so veranlasste ich mei- nen Freund Gustav Hansemann in seinem zur Untersuchung von schwachen Thermo-Strömen eingerichteten Laboratorium eine Unter- suchung der Sache vorzunehmen. Im Hansemann'schen Labo- ratorium ist durch eine Wand aus dicken Spiegelglasscheiben^ die den Beobacliter von den Instrumenten trennt, ein relativ dunkler Raum abgeschieden, in welchem die Instrumente aufgestellt sind, so dass alle Luftströmungen und sonstige Ursachen localer Tem- peraturänderungen vermieden werden. Die nöthigen Bewegungen werden durch Schnüre, die durch die Glaswand gehen, ausgeführt. Dies und die grosse Empfindlichkeit seines Spiegelgalvanometers mit Drahtwindungen von 0,5 Q. E. Widerstand machte es ihm möglich, als Elektromotor ein Eisenkupfer -Thermo -Element anzu- wenden, welches eine constante elektromotorische Kraft von nahe 0,001 Daniell gab, wenn die eine Löthstelle durcli kochendes Wasser, die andere durch einen Strom von Wasserleitungswasser auf constanter Temperatur erhalten wurde. Bei dieser geringen elektromotorischen Kraft konnte von einer Verdeckung der Licht- wirkung durch Erwärmung des Metallblattes und durch Nachwir- kung des Stromes gar nicht mehr die Rede sein und es war anzunehmen, dass die von Hrn. Born stein mit Anwendung der Dämpfungsmethode gefundenen 3 bis 500 mal grösseren Beleuch- tungswerthe jetzt sicher hervortreten würden, wenn sie nicht auf Selbsttäuschung beruhten. Da Hr. Hansemann seine Versuche in einem dieser Abhandlung angeschlossenen Aufsätze selbst be- schrieben hat, so will ich hier nur hervorheben, dass derselbe ebenso wenig als ich einen Einfluss des Lichtes zu finden ver- mochte. Auch die Dämpfungsmethode, mit welcher Hr. Hanse- mann die Börnstein'schen auffallenden Versuchsresultate mit Hilfe eines passend scheinenden Spiegelgalvanometers, welches ich ihm hierzu zur Verfügung gestellt hatte, zu reproduciren suchte, er- gaben bei Anwendung der nöthigen Vorsicht gegen Auftreten von Thermoströmen und anderen Störungen kein positives Er- gebniss. Welches die Ursachen der abweichenden Versuchsresultate des vom 7. Juni 1877. 309 Hrn. Börnstein sind, lässt sich nicht heiirtheilen, da die Versuche desselben hierzu nicht eingehend genug beschrieben sind. Bei der- artigen Messungen, welche die höchste Empfindlichkeit der Instru- mente beanspruchen, treten leicht St<)rungen mit einer gewissen Gonstanz auf, und es ist immer etwas gewagt, neue Fundamental- erscheinungen ausschliesslich auf Mittel werthe zu basireu, nament- lich dann, wenn das Ergebniss noch weit innerhalb der Fehler- grenzen der einzelnen Versuche liegt, wie es bei den Burnstein- schen Versuchen der Fall ist. Nach Obigem kann ich die Schlussfolgcrungen, die Hr. Börn- stein aus seinen Versuchen zieht, nicht anerkennen, muss im Gegentheil bei meiner Ansicht stehen bleiben, dass eine Lichtwir- kung bei anderen Metallen als beim Selen mit den bisherigen Hilfsmitteln nicht nachzuweisen ist. Ich will damit nicht die Möglichkeit in Abrede stellen, dass dies künftig mit sehr verfeinerten Messmethoden noch geschehen kann, und dass dann auch die Lichtwirkung auf das Selen durch diese verallgemeinerte Wirkung des Lichtes zu erklären >väre, glaube aber nicht, dass wir berechtigt sind, dieselbe als bestehend anzunehmen, bevor sie nicht durch unzweifelhafte Versuche nach- gewiesen ist. Bis dahin müssen wir die Lichtwirkung auf das Selen als dem Scleh ausschliesslich zukommend ansehen und ver- suchen, in den besonderen Eigenschaften desselben eine Erklärung für diese Lichtwirkung zu finden. Bevor ich hierzu übergehe, muss ich noch kurz auf einige An- führungen des Hrn. Börnstein ans meiner der Academie mitge- theilten Untersuchung über das Verhalten des Selens gegen Wärme und den elektrischen Strom zurückgehen. Hr. Börnstein hat wiederholt Angaben, die sich nur auf den gerade besprochenen Versuch bezogen, als allgemein giltige Versuchs- resultate angeführt. So ist der mir zugeschriebene Satz, dass mit der Dauer der Erhitzung des amorphen Selens die Leitungsfähig- keit, aber nicht die Liciitempündlichkeit wachse, in dieser Allge- meinheit nicht richtig. Ebenso ist es nicht richtig, dass sich stets ein Polarisationsstrom zeigt, als Folge anhaltender Ströme durch das Selen. Ich habe im Gegentheil bestimmt ausgesprochen, dass dieser nur in exceptionellen Fällen, bei starken Strömen und frisch hergestellten Selenplättchen der gut leitenden Modiücation II nach- weisbar sei, und dass in den meisten Fällen auch mit den em- 310 Gesammtsitzung pfindlichsten Hilfsmitteln keine Polarisation zu finden sei. Ich erklarte diese Polarisation als eine Elektrolyse der Berührungs- flache zwischen dem Selen und den dasselbe begrenzenden Leitern. Die Lichtempfindlichkeit des Tellurs nimmt Hr. Born stein als Thatsache an, ohne sie selbst untersucht zu haben, obgleich ich sie bestimmt in Abrede gestellt habe. Er stutzt sich dabei ausschliess- lich auf den gelegentlichen Versuch des Hrn. Adams, der an einem 1 Zoll langen Tcllurstabe eine Lichtwirkiing zu erkennen glaubte. Da das Tellur nach Matthi essen ca. 2400 mal so grossen spe- cißschen Leitungswiderstand hat, als Gold, und ausserdem viele physikalische Eigenschaften mit dem Selen gemein hat, so ist' es gar nicht unwahrscheinlich, dass das Tellur unter Umstanden licht- empfindlich ist. Sein specifischer Leitungswiderstand ist aber im- mer erst circa 1 Millionstel von dem des Selens und da es seiner Sprödigkcit wegen bisher nicht in die Form so dünner Blätter ge- bracht werden kann, als die ductilen Metalle, so wird seine Licht- empfindlichkeit unter gewöhnlichen Umstünden schwerlich nach- weisbar sein. Mir ist dieser Nachweis auch mit circa 0,01 Mm. dicken Platten, die zwischen erwärmten Glasplatten aus geschmol- zenem Tellur durch starken Druck ausgepresst waren, nicht gelungen. Bereits in meiner vorläufigen Mittheilung an die Akademie von 1875 habe ich angegeben, dass die Zunahme der Leitungs- fähigkeit des Selens durch Beleuchtung im annähernden Verhält- nisse der Quadratwurzeln aus den Lichtstäi-ken stehe. Bevor ich zur näheren Untersuchung dieser Frage überging, suchte ich mich erst zu vergewissern, dass gleiche Lichtstärken gleichfarbigen Lichtes bei demselben Selenpräparate unter sonst gleichen Verhältnissen auch sicher die gleiche Lichtwirkung zeigte. Es sollten diese Versuche zugleich die Frage entscheiden, ob das Selen sich zur Herstellung eines brauchbaren Photometers eignete, das dann vor den bisher benutzten den grossen Vorzug haben würde, dass es frei von den bei photometrischen Messungen so störenden persönlichen Fehlern des Beobachters sein und auch für den Vergleich verschie- denfarbigen Lichtes bestimmte Zahlenwerthe geben würde. Die zu diesen Versuchen benutzten Selenpräparate waren die- selben, wie ich sie in dem ersten Theile dieser Untersuchung be- schrieben habe. Sie bestanden aus zwei 0,05 bis 0,10 Mm. dicken Piatina-, Stahl- oder Kupferdrähten, die von einander isolirt auf einem Glimmerblättchen so befestigt waren, dass ein Zwischen- vom 7. Juni 1877. 311 raam von 0,5 bis 1 Mm. zwischen den Drähten frei blieb. Die Befestigung geschah auf die Weise, dass das Glimmcrblatt mit zwei Reihen feiner Löcher im Abstände von ca. 10 Mm. von einander versehen wurde. Durch diese Löcher w^urden die Drähte gezogen und die Enden so verbunden, dass ein Drahtgitter auf der Ober- fläche des Glimmerblattes entstand, dessen Drähte abwechselnd mit dem einen oder anderen der beiden Zuleitungsdrähte verbun- den waren. Auf dies (ixitter wurde nun eine etwa ^ Mm. dicke Platte amorphen Selens gebracht, darauf eine zweite Glimmerplatte auf dieselbe gelegt und diese mit der ersten Glimmerplatte fest verbunden. Darauf wurde das Ganze zwischen zwei kleine Metall- platten mit elastischem Drucke eingesperrt und dann mit diesen in ein Paraffinbad getaucht, welches auf eine Temperatur von 200° bis 21 0*^ C. gebracht war, und in dieser Temperatur mehrere Stun- den lang durch einen passenden Wärmeregulator erhalten wurde. Nach eingetretener Abkühlung hatte das Plättchen dann in der Regel einen Leitnngswiderstand von 500000 bis 1500000 Q. E. und eine Lichtempfindlichkeit, die einer Vergrösserung der Leitungs- fähigkeit durch diffuses Tagesliclit um 0,2 bis 0,5 entsprach; Liclit- empfindlichkeit und Leitungsfähigkeit pflegten nach etlichen Tagen etwa auf die Hälfte zurückzugehen. P^in solches Selen -Plättchen wurde nun auf den Boden eines etwa 30 Mm. weiten und CO Mm. langen Metallrohres befestigt, und die Zuleitungsdrähte mit ausser- halb desselben angebrachten isolirten Klemmen verbunden. Das Rohr selbst war um eine verticale Axe drehbar, so dass man das Selen-Plättchen durch Drehung des Rohres schnell und sicher von einer Lichtciuelle auf die andere richten konnte. An dem Gestelle, welches die Axe trug, war ein 1 M. langer Holzstab mit Milliuieter- Theilung so befestigt, dass die Axe mit dem Beginn der Theiluug zusammenfiel. Auf dem Holzstabe war ein Lichthalter mit Index verschiebbar, der zur Aufnahme der Normulkerze bestimmt war, die zum Vergleiche der gemessenen Lichtquelle diente. Zur Ausführung der Messung wurde der Apparat so aufge- stellt, dass der Maafsstab mit der Normalkerze einen rechten Win- kel mit der zu messenden Lichtquelle bildete, so dass man durch schnelle Drehung des Rohres von einem Anschlage zum anderen das Selen ohne wesentlichen Zeitverlust der Einwirkung der einen oder der anderen Lichtquelle aussetzen konnte. Die Contact- Klemmen des Rohres wurden dann in Verbindung mit den Zu- 312 Oesammt Sitzung leitungsdrahten eines empfindlichen Galvanometers gebracht, in wel- che durch einen Contactgeber eine passende galvanische Kette ein- geschaltet werden konnte. Je nach der Lichtempfindlichkeit des Selenplättchens und der Empfindlichkeit des Galvanometers wurden 1 bis 10 DanielTscho Elemente, unter Umständen auch noch stär- kere Batterien eingeschaltet. Es wurden nun zuerst 4 Normal- kerzen in einer Entfernung von 100 Cm. vom Selen-Plättchen neben einander aufgestellt und die auf dem Schieber befindliche Normal- kerze so lange genähert, bis beim schnellen Wechsel des Selen- rohres von einer Lichtquelle zur anderen keine dauernde Änderung der Ablenkung des Spiegels mehr eintrat, wenn auch der kurze Moment der Dunkelheit während des Überganges des Rohres aus einer Stellung in die andere stets ein kurzes Zurückzucken des Spiegels bemerkbar machte. Die Stellung des Index ergab eine Ent- fernung der Normalkerze von 49,1 Cm. anstatt 50, die es nach dem umgekehrten Quadrate der Entfernung hätte zeigen müssen. Der Grund dieser Verschiedenheit lag ersichtlich in der verstärk- ten Flamme der vier nebeneinanderstehenden Kerzen durch gegen- seitige Erwärmung. Bei einem weiteren Versuch wurde eine sehr gleichmässig bren- nende Petroleumlampe, welche in einem geschlossenen, inwendig geschwärzten Gehäuse mit Blendung aufgestellt wurde, in verschie- denen Entfernungen mit der Normalkerze verglichen, deren Flam- menhöhe durch häufiges Putzen des Dochtes auf 24 Mm. Höhe erhalten wurde. £ntfernnng der Lampe in Cm. 100 1 150 1 200 250 300 Entfernung der Normal- kerze bei gleicher Ab- lenkung des Spiegels 33,7 51,4 69,3 81,0 92,6 Berechnete Lichtstarke der Lampe in Normal- kerzen 8,8 8,5 8,3 9,5 10,5 Die Abweichungen der berechneten Lichtstärken sind durch die unvermeidlichen Schwankungen der Helligkeit der Normalkerze vom 7. Juni 1877. 313 erklfirlicb. Bei den grösseren Entfernungen macht sich die Be- leuchtung der Zimmerwändc durch die offenbrennende Normalkerze, durch welche der Beleuchtungswerth der letzteren erhöht wurde, sehr bemerklich. Um diesen Übelstand zu beseitigen, wurden zwei mit Gehäu- sen versehene Petroleumlampen in verschiedenen Entfernungen auf- gestellt, und die Entfernung der einen so lange geändert, bis Gleich- gewicht eintrat. Entfernung in Metern der englischen Petro- | leninlampe mit Dop- ! Petroleumlampe im pelflamme im Ge- Gehäuse häuse Verliältniss der Quadrate der Ent- fernungen Differenz 1 G 1,890 10,07 4-0,09 5,5 1 1,775 9,58 —0,40 5 1,G15 9,60 — 0,38 4,5 1,495 1,290 10,10 9,G0 4-0,12 —0,38 3,5 1,090 0,930 10,50 4-0,52 10,40 4-0,42 Mittel 9,98 314 Oesammtaitzung Unzweifelhaft wurde die Anwendung grosserer Sorgfalt anf diese Versuche zu weit übereinstimmenderen Resultaten fuhren. Es genügte mir hier durch die Versuche den Nachweis zu führen, dass das Selen-Photomoter auch ohne Anwendung besonderer Sorg- falt hinreichend genaue Vergleichsresultate giebt, um in der Tech- nik als practisch brauchbares Photometer verwendet werden zu können. Bei Beginn meiner Versuche mit dem Selen hoffte ich, dass sich mit Hilfe desselben ein Photonieter konstruiren lassen würde, welches directe Angaben der Lichtstärke geben könne, und bemühte mich zu dem Ende bestimmte Relationen zwischen der Lichtstarke und der Zunahme der Leitungsfähigkeit des Selens zu finden. Es zeigte sich jedoch, dass die Leitungsfähigkeit desselben von zu vielen, nicht controllirbaren Factoren abhängt, um direct als Maass der Beleuchtung benutzt werden zu können. Namentlich tritt die Dauer der Beleuchtung, ebenso wie die Lichtstärke, als ein wirk- samer Factor auf. Bei Modification I bewirkt andauernde Be- leuchtung eine fortschreitende Vergrösserung der Leitungsfähigkeit, während bei Modification II die Leitungsfälligkeit schon nach kur- zer Zeit, oft schon nach 5 bis 10 Secunden ihr Maximum erreicht und dann erst schneller, dann langsamer, wieder abnimmt. Diese Eigenschaft der Vergrösserung oder Verminderung der Leitungsfähigkeit durch die Dauer der Beleuchtung tritt bei ver- schiedenen Selen-Präparaten in sehr verschiedener Stärke auf. Je sorgfältiger man verhindert hat, dass das Selen sich bei seiner Um- wandlung aus dem amorphen in den krystallinischen Zustand über 100° C. erhitzt, desto geringer ist seine Leitungsfähigkeit, und desto langsamer steigt dieselbe durch die Dauer der Beleuchtung. Das in der ersten der folgenden Versuchsreihen, die mit A bezeichnet ist, benutzte Selen-Plättchen war durch Eintauchen in ein auf 100° C. erhitztes Petroleumbad umgewandelt, während das zu der mit B bezeichneten Versuchsreihe benutzte Plättchen langsam mit seinem Petroleumbade bis 100° C. erhitzt und dann mehrere Stunden in dieser Temperatur erhalten wurde. Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, dass durch eine, vor der Diaphragma -Öffnung einer hellbrennonden Petroleumlampe aufgestellte Linse ein circa 14 Mm. grosses, scharfes Lichtbild auf das Selenplättchen gewor- fen wurde. Durch einen mit Alaunlösung gefüllten 3,5 Cm. dicken Glastrog wurden dunkle Wärmestrahlen möglichst absorbirt. Der vom 7, Juni 1877, 315 elektrische Strom ging nur während der Messung und nur so lange durch das Selen-Präparat, bis der Spiegel des aperiodisch schwin- genden Galvanometers seine Ruhelage erreicht hatte. o s ü 'S 1 ■£ > o > Je Ä IS c CD Cj es ^ C « es o c c c bC O) .^ s Xi 3 ^^ 'S .t2 tu ^ s 3 Q cn C 'V s a> CD r^ S - QO g:s »o a> •*rf r^ 3 zf s C ka J^ S V ^ r^ >■ .c 4) C; ee ^ J?; -< J iC Ol o 0. N c 5t: ttO OO S es C c S o c P5 'S c CS Q o c c s CO 0) O CO JC CO CN CO CN GS ^ CN 1 t^ Ca : 75 Oi ,00 Ci »« .1. CO 00 ' CS = OS I G^f^ämmUitzung Am folgenden Tage hatten beide Plättchen im Dunkeln nahe dieselbe Leitungsfähigkeit wie vor dem Versuche. Wie ersichtlicby tritt die Lichtwirkung bei dem viel schlechter im Dunkeln leiten- den Selen- Plättchen der zweiten Versuchsreihe viel langsamer ein, so dass sie erst nach Verlauf von 6 Stunden ihr Maximum er- reichte. Die grossen Unregelmässigkeiten sind wahrscheinlich Folge verschiedener Temperatur. Die Zimmertemperatur war während des Versuches von 21 auf 25° C. gestiegen. Ein gan2 verschiedenes Verhalten zeigt nun bei dauernder Be- leuchtung das Selen, welches bei einer Temperatur von 200° bis 210° in krystallinisches umgewandelt und dabei längere Zeit in dieser Temperatur erhalten ist. Die in der folgenden Tabelle ^- sammengestellten Messungen sind in oben beschriebener Weise mit einem Plättchen der Mod. II ausgeführt Es wurde 1 Dan! eil dazu verwendet und dasselbe jedesmal so lange eingeschaltet, bis die Ablenkung ihr Maximum erreicht hatte, was nach etwas 10 Secunden der Fall war. Das unbeleuchtete Selenplattchen gab eine Ablenkung von 35 Scalentheilen. vom 7, Juni IS 77, 317 o "53 Xi 1— ( o 1 i3 ->o ' r^ .^ ^ ^ o ^ r^ ^^ o 1 A 1 1-H O oo 1 £ -vo 1-H 1 "ä' - ^^ 1 '"^^ ^ .a 1 O ^ "*i< r* 1 o ^ o J3 CO 1 o CO 1 .a 1 O ^ o CO und leitet dann im abgekühlten Zustande die Elektricität so wie die wirklichen Metalle, d. i. in der Weise, dass die Lei- tungsfähigkeit mit steigender Temperatur abnimmt, während sie bei dem bei 100° C. umgewandelten krystallinischen Selen, wie bei der Kohle, mit steigender Temperatur zunimmt. Dabei leitet die erstere, von mir mit II bezeichnete Modification sehr viel besser als die letztere, von mir I genannte Modification*). Man kann sich nun die Modification II als eine Mischung oder Verbindung von krystallinischem und metallischem Selen vorstellen. Eine vollständige Umwandlung in metallisches Selen ist nicht mög- lich, da das letztere im reinen Zustande bei gewöhnlicher Luft- Temperatur kein stabiler Zustand ist und sich bei eintretender Ab- kühlung bis auf einen durch Mischung oder Verbindung mit kry- stallinischem Selen vor Rückbildung geschützten Rest wieder in krystallinisches Selen, unter Aufnahme latenter Wärme, zurück- bildet. Ein ganz analoges Verhalten finden wir beim Ozon. Wenn man reinen Sauerstoff der Gaselektrolvse durch den von mir be- schriebenen Ozon -Apparat 2) unterwirft, so wird ein Theil des Sauerstoffs in Ozon umgewandelt. Entzieht man das gebildete Ozon durch eine eingelegte Silberplatte oder auf andere Weise fortwährend der entstandenen Mischung von Sauerstoff und Ozon, ') Um (Heso rein zu erlialteii, muss mau das amorphe Selen in dfinnen Platten in Steinöl oder einer anderen Wärme leitenden Flüssigkeit auf circa 100° C. erhitzen und längere Zeit in dieser Temperatur erhalten. Braucht man diese Vorsicht nicht, so erhitzt sich das in dickeren Stücken umgewan- delte Selen durch Abgabe latenter Wärme dermafscn, dass schon eine wei- tere Abgabe von latenter Wurme, also eine theil weise Umwandlung in Mo- dification II eintritt. Ks lassen sich hieraus viele scheinbare Widerspruche in den Angaben verschiedener Experimentatoren erklären. ') Po gg. Ann. Band 102, pag. 120. ^ vom 7. Juni 1^77. '621 so kann man nach und nacli die ganze Säuerst ofl'nicnge umwan- deln. Beseitigt man das gebildete Oz(»n dagegen nicht, so tritt bald die Grenze auf, wo keine weitere Ozonbildung mehr statt- findet, da nur eine bestimmte Menge Ozon durcii Mischung mit unactivem Sauerstoff vor Rückbildung in diesen geschützt wird. Wahrscheinlich ist das Ozon eine ^von latenter Wärmit freie'^, al- lotrope Modification des Sauerstoffs und könnte als metallischer Sauerstoff bezeichnet werden ebenso wie das hyppothetische me- tallische Selen. In diesem ^von latenter Wärme freien" oder y^raetallischen^ Zustande haben die Körper das grösste Bestreben, in chemische Verbindung mit einander zu treten, und er ist wahr- scheinlich allgemein als der sogenannte activc Zustand der Körper, wie er im Status nascendi auftritt, zu betrachten. Da die Wärme die Stabilität der latente Wärme haltigen allotropen Zustände der Körper vermindert, so erklärt diese Anschauung auch die ziemlich allgemein beobachtete Begünstigung chemischer Umbildungen durch P>wärmung. Ebenso erklärt sie die allgemein beobachtete That- sache, dass die elektrolytische Leitung durch Erwärmung begünstigt -wird, da man annehmen muss, dass auch die chemischen Verbin- dungen verschiedener Körper allotrope, latente Wärme haltige, Molekular-Zustände annehmen, die erst in den ^metallischen" Zu- stand zurückgeführt werden müssen, bevor sie neue Verbindungen eingehen können. Die That.<$ache, dass auch einfache Körper wie Kohle, Tellur, Selen nach Art der Elektrolyten leiten, indem ihre Leitungsfähigkeit bei erhöhter Temperatur grösser wird, wurde dann beweisen, dass bei dieser Leitung wirklich ein elektrolytischer Vorgang stattfindet, dass sich also an der einen Anode z. B. me- tallisches Selen, an der anderen eine höhere oder mehr latente Wärme enthaltende, allotrope Modilication desselben abschiede, von denen wenigstens die erstere bei gewöhnlicher Temperatur im rei- nen Zustande nicht stabil ist, sich also nach Aufhören des Stro- mes, oder vielleiciit n(»ch während seiner Dauer, durch Wiederauf- nahme latenter Wärme zurückbildet. In ähnlicher Weise hätte man sich die chemische Wirkung des Lichtes so vorzustidlen, dass die Ätherschwinguiigen der chemischen Lichtstrahlen die Stabilität der ^latenten Wärme iialtigen** allotropen Molekularzustände aufheben und dadurch den activen oder metallischen Zustand der bestrahlten Körpcrmoleküle herstellen. 322 Gesammtsitzung An der Hand dieser Theorie ist nun die Wirkung des Lichte? auf das Selen in der Weise zu erklären, dass den Lichtstrahlen, welche die Oberfläche des Selens treffen und bis zu einer gewissen, sehr geringen Tiefe in dasselbe eindringen, eine ähnliche Wirkung zugeschrieben wird, wie die höhere Temperatur sie ausübt. Sie reduciren das krjstallinische Selen zu metallischem, sehr viel besser leitendem, und machen die latente Wärme des ersteren frei. Nach Aufhören der Beleuchtung bildet sich die metallische Selenober- fläche wieder in krystallinisches Selen zurück^ da der metallische Zustand nur bei Beleuchtung oder bei hoher Temperatur stabil ist. Dass diese Wirkung wesentlich nur durch die dem Auge sicht- baren Strahlen des Spektrums und nicht auch durch die ausserhalb des sichtbaren Spektrums liegenden, chemischen und dunklen Wärme- strahlen ausgeübt wird, ist zwar bisher nicht zu erklären. Viel- leicht werden aber später eingehendere Untersuchungen den Nach- weis fuhren, dass jedem Körper eine bestimmte Schwingungsdauer der Ätherwellen entspricht, welche bei ihm das Maximum der che- mischen Lichtwirkung ausübt, oder auch, dass die Verminderung der Stabilität der allotropen Modificationen der einfachen Körper am stärksten durch Atherschwingungen mittlerer, die der zusammen- gesetzten Körper mehr durch Atherschwingungen kleiner Wellen- länge bewirkt wird. Dass die Lichtwirkung auf die besser leitende, schon metalli- sches Selen gelöst haltende Mod. II weit schneller von statten geht und weit grösser ist, als auf das ungemischte krystallinische Selen, erklärt sich z. Th. dadurch, dass bei dem ersteren eine ge- ringere Menge krystallinischen Selens zu reduciren ist, um eine lei- tende metallische Oberfläche herzustellen, zum Thcil aber auch da- durch, dass die gut leitende Oberfläche wohl nur an wenigen Punk- ten mit den Zuleitungsdrähten in dirccter leitender Verbindung stehen. Es wird fast überall vom Strome noch eine nicht in den metallischen Zustand übergeführte Selenschicht zu durchlaufen sein, von deren Leitungswiderstande die Stärke des Stromes abhängig ist. Zur Erklärung der merkwürdigen Erscheinung der Ermüdung des Selens bei andauernder Lichtwirkung muss man annehmen, dass das krystallinische Selen in höherem Grade durchscheinend ist als das metallische. In diesem Falle wird sich die Licht- wirkung anfangs auf grössere Tiefen erstrecken und schlecht lei- vom 7. Juni 1S77. 323 tendes krjstallinisches Selen in gut leitendes metallisches umwan- deln. Sobald aber die Selenoberflüche eine zusammenhängende metallische Schicht geworden ist, so wirkt diese als ein Schirm, welcher das Licht von den anfänglich in grösserer Tiefe umge- wandelten metallischen Molekülen abhält und diesen dadurch ge- stattet, sich in krystallinisches Selen zurückzubilden. Bei einfach krystallinischem Selen tritt diese Ermüdung scheinbar nicht ein, im Gegentheil nimmt die Leitungsfähigkeit desselben durch Bestrahlung, wie früher nachgewiesen ist, mehrere Stunden lang zu. In Wirk- lichkeit tritt die vollständige Licht Wirkung aber nur sehr viel lang- samer ein, da nach mehrstündiger Beleuchtung das Maximum der Lichtwirkung erreicht ist und dann ebenfalls ein Rückgang der Leituugsfähigkeit constatirt ist. Dass die Lichtwirkung sich auf die Oberfläche und die der Oberfläche zunächst liegenden Selenschichten beschränkt, davon kann man sich leicht durch Vergleich der Lichtwirkung auf die beiden Seiten eines Selen-Plättchens überzeugen. Die Herstellung derselben bedingt, dass das Drahtgitter auf der einen Seite die Oberfläche des Plättchens berührt, während die andere Seite des Gitters von einer dünnen Selenschicht bedeckt ist. Wird die erstere Seite beleuchtet, so ist die Lichtwirkung 2 bis 3 mal so gross, als bei Beleuchtung der letzteren. Es bleibt noch die verschiedene Lichtwirkung der farbigen Lichtstrahlen und der störende Einfluss derselben auf die Verglei- chung verschiedenfarbigen Lichtes durch das Selen-Photometer zu erörtern. Ich habe die Angaben Sale's bestätigt gefunden, dass die Lichtwirkung erst mit den sichtbaren violetten Strahlen des Spek- trums beginnt, von da ziemlicii gleichmässig bis zum Roth steigt, im Ultraroth noch vorhanden ist und durch die darüber hinaus liegenden Strahlen nicht mehr stattfindet. Die nachstehende Versuchsreihe wurde mit einem schmalen, nur aus 2 parallelen Platindrähten in 1 Mm. Abstand bestehenden Selenplättchen bei Anwendung von 4 DanielTschen Elementen ausgeführt. Das Spektrum wurde durch ein Glasprima und eine hell brennende Pe- troleumlampe mit Spalt hervorgebracht. 324 GtsammtsUzung 0; M S s _q_ |"l30 1 j ö A.! 158 1 1 tzi o . 165 Gelb Roth i 5 0) c Q Ablenkung 148 170! 188 180 150 Liohtwirkiing 0 9 19 26 39 13! 49 10 41 11 Differenzen 9 10 7 -8 !-30 Diese ohne besondere Sorgfalt und nur zur Orioutiruiig aus- geführte Versuchsreihe zeigt doch schon hinlänglich, dass das Selen- Photonieter nicht ohne Weiteres zur Vergleicliung verschiedenfarbigen Lichtes benutzt werden kann. Es führt dies auf die Frage, was man sich bei der photo- metrischen Vergleichung verschiedenfarbigen Lichtes eigentlich zu denken hat. Eine Vergleichung der durch unsere Sehorgane her- vorgerufenen Helligkeitsempfindung ist unausführbar und ganz in- dividuell. Das Licht dient uns aber auch nicht dazu, eine mehr oder weniger grosse Helligkeit zu empfinden, sondern dazu, ent- fernte Gegenstände deutlich unterscheiden oder erkennen zu können und ein richtiges Photometer sollte verschiedenfarbiges Licht als gleich angeben, wenn es uns in gleicher Weise entfernte Objecte erkennbar machte. Mit der Empfindung gleicher Helligkeit fällt diese Eigenschaft durchaus nicht zusammen. Betrachtet man eine Land- schaft abwechselnd durch ein blaues und ein gelbes Glas, so er- scheint sie uns im letzteren Falle viel heller; aber es ist darum, wenn das gelbe Glas viel Licht absorbirte, doch nicht ausge- schlossen, dass man durch das blaue Glas die Gegenstände der Landschaft viel deutlicher erkennt. Das blaue Licht, welches in unser Auge gelangt, hat in die- sem Falle für uns einen höheren Beleuchtungswerth, wenn es auch eine geringere Helligkeitsemptindung hervorruft. Den so definirten Beleuchtungswerth des farbigen Lichtes sollte ein für praktische Zwecke dienendes Photometer angeben. Die bisherigen Photometer, welche auf Hervorbringung gleicher Helligkeitsempfindung beruhen, sind hierfür durchaus ungeeignet. Selbst abgesehen von dem verschiedenen Beleuchtungswerthe des farbigen Lichtes, ist es nicht möglich, sich ein bestimmtes Urtheil darüber zu bilden, wenn zwei verschiedenfarbige Beleuchtungen gleich hell sind. Jedenfalls ist ein solches Urtheil ein durchaus vom 7. Juni 1877. 325 subjectives. Das Selen- Photometer hat vor diesen Pbotoinetern nun allerdings den grossen Vorzug, dass es unzweifelhafte Angaben der Lichtwirkung des Lichtes aller Farben macht; diese Angaben sind aber nicht direct verwendbar, da das Selen von verschieden- farbigem Lichte in verbciiiedenem Grade beeinilusst wird. Auch die Ermittelung und Benutzung einer Scala für die Licht Wirkung der verschiedenen Farben des Spectrums zur Correctur der An- gaben des Selen -Photometers reicht nicht aus, da es durchaus nicht feststeht, welchen Beleuchtungswerth die farbigen Strahlen des Sonnenspektrums haben. Ware aber auch eine Scala dafür ermittelt, so hatte sie doch nur einen ganz beschränkten Werth, da sie zur Vergleichung des Beleuchtuugswerthes farbigen Lichtes terrestrischer Lichtquellen nicht anwendbar wäre. Ich habe nun versucht, auf empirischem Wege eine Scala des Beleuchtungswerthes verschiedenfarbigen Lichtes, welches auf das Selen die gleiche Lichtwirkung ausübt, herzustellen. Es wurde eine feine Druckschrift auf weissem Papier in einer Entfernung von ca. 5 Meter durch ein Fernrohr betrachtet. Eine gleichmässig und mit ziemlich weisser Flamme brennende Petro- leumlampe konnte vom Beobachter durch einen Schnurlauf der Druckschrift so lange genähert werden, bis dieselbe in dem sonst dunklen Räume eben losbar war. Dieselbe Procedur wurde wie- derholt, nachdem eine farbige Glasscheibe vor die Lampe gesetzt war. War die Lampe so weit genähert, dass die Druckschrift wie- der eben lesbar war, so hatten beide Beleuchtungen den gleichen Beleuchtungswerth. Wurde nun die Lichtwirkung auf ein in der Ebene des Papiers angebrachtes Selen-Plättchen jedesmal bestimmt, 80 hatte man in dem Verhältnisse dieser Licht Wirkungen einen Factor, mit welchem die Angaben des Selen-Photometers für glei- chen Beleuchtungswerth dieses farbigen Lichtes zu multiplicircn waren. Es sollten in dieser Weise die Coefficieuten für alle Far- l>en des Spectrum» ermittelt und so eine Correctur-Tabclle für die Vergleichung verj>chiedenfarbigen Lichtes gebildet werden. Leider ergab sich aber, dass die Augen der Beobachter durch die An- strengung des Erkennens der Druckschrift bei schwacher Beleuch- tung und namentlich auch durch den schrolfen Wechsel der Licht- farbe in solchem Maassc und bei verschiedenen Personen so un- gleich angegriffen wurden, dass keine übereinstimmenden Resultate zu erreichen waren und die Versuche aufgegeben werden mussten. 326 Gesammtsitzung Es ist zu hoffen, dass es anderen Beobachtern mit besseren Hilfs- mitteln gelingen wird, eine solche Correctur- Tabelle für gleichen Beleuchtungswcrth farbigen Lichtes herzustellen. Die Lichtempfind- lichkeit des Selens wurde uns dann zu einem Photometer verhelfen haben, welches nicht, wie alle bisherigen, nur farbloses oder gleich- farbiges sondern Licht aller Farben vergleichen könnt« und dabei frei vom persönlichen Fehler des Beobachters wäre. Doch selbst ohne eine solche Corrections- Tabelle hat das Selen-Photometer den wesentlichen Vorzug vor anderen, dass es nicht, wie diese, bei geringen Differenzen der Lichtfarbe zu fal- schen Schätzungen verleitet, sondern bestimmte Angaben macht, über deren Bedeutung man sich verständigen kann. Hr. Siemens legte hierauf folgende Abhandlung von Hrn. O. Hansemann vor: Über den Einfluss des Lichtes auf den elektrischen Leitungswiderstand von Metallen. Die hier beschriebene Untersuchung nahm ich vor auf Veran- lassung meines Freundes, Dr. Werner Siemens. Sie sollte die Folgerungen prüfen, welche Dr. Richard Börnstein^) aus sei- nen Versuchen über den Einfluss des Lichtes auf den elektrischen Leitungswiderstand von Metallen gezogen hat. — Dr. Born stein hat seine Versuche nach zwei verschiedenen Methoden ausgeführt, und dabei ausserordentlich weit von einander abweichende Resul- tate erhalten. Die eine Methode, Messung der Leitungsfähigkeit der Metalle im beleuchteten und nicht beleuchteten Zustande ver- mittelst der Wheatstone'schen Brücke, ergab, im Mittel aller Ver- suche, eine Zunahme der Leitungsfähigkeit durch die Beleuchtung *) „Der Einfluss des Lichtes auf den elektrischen Lcitungs widerstand von Metallen." Habilitationsschrift von Dr. R. Börnstein. vom 7. Juni 1S77, ."327 von nur etwa — - Procent; wogegen die unden; Methode, welche 100 ^ ^ auf der Veränderung des iogarithniischen Decrements bei einem geschlossenen MultipHcator, durch Veränderung des im Stromkreise befindlichen Widerstandes, lieruht, Zunahmen der Leitungsfähigkeit bei der Beleuchtung der Metalh* bis zu 3, 4, und 5 Procent ergab. Bei der ersten Methode wurde eine relativ ziemlich starke elektro- motorische Kraft, ein Leclanche-Element, angewandt; bei der zwei- ten dagegen liefen durch die untersuchten Metallstreifen nur die sehr schwachen Ströme, welche der schwingende Magnet durch Jn- duction in der geschlossenen MultiplicatorroUc erzeugte. Diesen Unterschied in den angewandten elektromotorischen Kräften be- nutzte Dr. Born stein, um die grossen Unterschiede in den nach den beiden Methoden erhaltenen Resultaten zu erklärten, indem er annahm, dass der elektrische Strom die Lichtempfindlichkeit der Metalle schwäche. Die Richtigkeit dieser Annahme vorausgesetzt, müsste also eine übrigens gleich genaue Methode, bei welcher eine zwi- schen den von Dr. Borns tein angewandten Stromstärken lie- gende elektromotorische Kraft benutzt wird, auch Resultate er- geben^ welche sich zwischen den von Dr. Born stein erhaltenen Grenzen bewegen. — Die Wahl einer anderen elektromotorischen Kraft kann daher zu gleicher Zeit einen Prüfstein bilden, sowohl für die Folgerung Dr. Born Steins in Bezug auf die Lichtempfind- lichkeit der Metalle, wie auch für die Annahme über die Einwir- kung des elektrischen Stromes auf die Lichtempfindlichkeit. Von Dr. Siemens und mir wurde nun eine Methode gewählt, die im Wesentlichen darin besteht, einen sehr schwachen Strom mög- lichst constant zu erhalten, in dessen Kreis sich der zu unter- suchende Metallstreifen und ein Galvanometer befinden; und als- dann die Veränderungen im Stande des Galvanometers zu beob- achten, während der Metallstreifen abwechselnd beleuchtet und nicht beleuchtet wird. Die elektromotorische Kraft wurde erzeugt durch ein Thermo- Klement Eisen -Kupfer, dessen Enden durch kochendes destillirtes Wasser einerseits und durch fliessendes Wasser der städtischen Wasserleitung andererseits in einer Temperatur -Differenz erhalten wurden, welche während der kurzen Dauer jedes einzelnen Ver- suches äusserst constant blieb. Die elektromotorische Kraft des 32 ft GefiammfsHznng Thermo-Eleuientes bei der ange>vnndten Temperatur-Differenz wurde gU'ich 0,0009 Daniell gefunden. Das benutzte Galvanometer ist ein sogenanntes Thomson- sches mit concavem Spiegel, welcher das Bild eines beleuchteten feinen Spaltes auf die Scala projicirt. Die Empfindlichkeit des Galvanometers variirte je nach der Einstellung der benutzten Richt- niagnete. Sie ist desshalb bei jedem einzelnen Versuche besonders bestimmt worden. Die Beleuchtung des Galvanometer-Spaltes ge- schah durch eine verdeckte Petroleumlampe; ebenso die schwache Beleuchtung der Scala. Zur Beleuchtung des Metall Streifens be- nutzte ich eine Laterne für elektrisches Licht, in welcher nur in einigen Fällen eine Natriumflamme, in den meisten Fallen Petro- leumlicht sich befand. Die Lichtstrahlen gingen zuerst durch eine Glaslinse, welche dieselben parallel richtete, dann durch einen Spalt, hierauf wieder durch eine Linse, welche das Bild des Spal- tes auf den Metallstreifen projicirte, und zuletzt noch durch eine etwa einen Zoll dicke Schicht von Alaunlosung. Die zur Untersuchung gelangten Metallstreifen: Silber, Gold, Piatina und Aluminium, waren an der Ruckwand eines Holz- kastens befestigt, dessen Vorderwand eine spaltformige Öffnung hatte; dicht davor stand ein Schirm, w^elcher in einer runden Öff- nung das Gefass mit der Alaunlösung trug, und vor diesem war ein zweiter Schirm angebracht, welcher mit Hülfe einer Schnur gehoben und gesenkt werden konnte, um so aus einiger Entfer- nung die Beleuchtung oder Nichtbeleuchtung des Mctallstreifens bewerkstelligen zu können. Bei dem Heben und Senken dieses Schirmes entstand jedesmal ein Contact zweier Messingdrähte, und dadurch wurde ein elektrischer Strom geschlossen, in dessen Kreis sich ein Chronograph befand, welcher die Zeiten der Beleuchtung und Nichtbeleuchtung registrirte. Der hier erwähnte Chronograph ist ein etwas veränderter Schreibtelegraph, auf dessen Papierstreifen, ausser den Zeichen, welche das Sekundenpendel einer Uhr und die soeben angeführten Bewegungen des Schirmes in der Mitte des Streifens erzeugten, noch zwei unterscheidbare Zeichen, an den beiden Seiten des- selben, durch Niederdrücken zweier Knöpfe gemacht werden kön- nen. Diese Knöpfe, welche bequem mit zwei Fingern derselben Hand zu regieren sind, benutzte ich, um die Galvanometer -Beob- achtungen der Zeit nach zu registrircn. vom 7. Jmi 1S77. r>20 Zwischen dem Galvanometer und dem Metall streifen, welcher untersucht werden sollte, war ein Commutator angebracht, der es ermöglichte, den Metallstreifen in den Stromkreis einzuschalten, während eine Rolle Kupferdraht von nahezu gleichem Widerstände ausgeschaltet wurde, oder umgekehrt. Dieses Ein- und Ausschalten durch den Commutator konnte mit Hülfe einer Schnur aus dor Entfernung geschehen. Was nun die Anordnung der beschriebenen Apparate anbe- trifft, so bemerke ich, dass das Thermo-Element, das Galvanometer mit Scala, der Apparat zur Beleuchtung der Metallstreifen, der Holzkasten zur Aufnahme der letzteren, die Rolle Kupferdraht und die Leitungdrahte, bis auf ein kleines etwa zwei Meter grosses StQck, in einem Räume sich befanden, welcher durch eine Thurc mit Spiegelglasscheiben mit dem Nebenzimmer verbunden ist. Diese Thüre blieb wahrend der Versuchte und lange vorher geschlossen. Beide Rtiume konnten auch bei Tage vollkommen verdunkelt wer- den. In dem Nebenzimmer, vor der Glasscheibe der Thure, stand ein Tisch, auf dem sich die Laterne zur Beleuchtung der Galvano- meter-Seal a, ein Fernrohr zur Beobachtung derselben und der be- schriebene Chronograph befanden. Ausserdem waren die Schnure daran befestigt, welche zur Bewegung des Beleuchtungsschirmes und zur Veränderung des Commutators dienten, so dass alle Beob- achtungen gemacht und alle nothwendigen Veränderungen bewerk- stelligt werden konnten, ohne den eigentlichen Versuchsraum zu betreten. Das Stück der Drahtleitung, welches, wie ich soeben erwähnte, in das Nebenzimmer gt^leitet war, diente dazu, um durch Aus- schaltung eines bestimmten Widerstandes aus dem Stromkreise die Empfindlichkeit des Galvanometers prüfen zu können, ohne die den Experimentirraum verschliessende Glasthure zu öffnen. Die Aus- schaltung geschah in der Weise, dass zwei von der Guttapercha Umhüllung des Drahtes befreite Stellen desselben vermittelst eines Gewichtes gegeneinander gepresst wurden. Die Vorbereitung zu den eigentlichen Beleuchtungsversuchen fand stets an dem einen, und der Versuch selbst erst an dem fol- genden Tage statt, so dass die Metallstreifen sich jedesmal längere Zeit vorher in der Dunkelheit und ausserhalb des Stromkreises befanden. 830 Gesammtsitzung Der Strom des benutzten Thermo-Elementes erzeugte am Gal- vanometer einen Ausschlag, welcher weit hinter der Grenze der Beobachtung lag. Mit Hiilfe eines Magnetstabes unter dem Gal- vanometer wurde desshalb, bei geschlossenem Stromkreise, die Magnetnadel zuerst in das Gebiet der Beobachtung zurückgeführt und alsdann die, durch Combination des Erdmagnetismus und des eben erwähnten Stabes, entstandene Richtkraft, mit Hülfe eines, über dem Galvanometer befindlichen, verstellbaren Magnetes, so weit geschwächt, bis die Empfindlichkeit des Instrumentes den gewünschten Grad erreicht hatte. Nachdem der Stromkreis geschlossen, die Beleuchtungslampen angezündet, beide Zimmer verdunkelt und die Zwischenthüre zuge- zogen war, wartete ich, bis der Stand des Galvanometers mög- lichst constant wurde, bevor ich zu den Versuchen überging. Bei diesen wurde alsdann in folgender Weise verfahren: Ich stand am Fernrohr und beobachtete die Scala, die rechte Hand am Chronographen, die linke an der Schnur des Commutators. Ein Gehülfe hielt die Schnur des Beleuchtungsschirmes. Die Pa- pierrolle des Chronographen wurde in Bewegung gesetzt und durch ein Zeichen mit den beiden Knöpfen der Anfang des Versuches notirt. Jedesmal, wenn nun das Bild des Spaltes auf der Scala, und zwar dessen rechte Grenze, Einen Sealentheil nach rechts hin überschritt, machte ich ein Zeichen mit dem rechts gelegenen Knopfe; und jedesmal, wenn dasselbe nach links hin Einen Sealen- theil überschritt, ein Zeichen mit dem links gelegenen Knopfe; so dass jedes dieser Zeichen, je nach seiner Lage auf der Papierrolle, die negative oder positive Ablenkung des Galvanometers um Einen Sealentheil anzeigte. Ausserdem hatte ich noch besondere Zeichen für grössere Ablenkungen gewählt, für den Fall, dass die Ab- lenkungen zu rasch geschehen würden, um bei jeder einzelnen Veränderung um Einen Sealentheil das Zeichen zu geben. Der Stand des Galvanometers bei dem Anfange der Beobachtungen, welchen ich als Nullpunkt betrachtete, wurde notirt. Nach einigen Sekunden brachte ich alsdann durch den Commutator die Draht- rolle aus dem Stromkreise und den Metallstreifcn in denselben. Eine Zeitlang bewegte sich hierauf der Lichtspalt auf der Scala ziemlich stark, weil die Widerstände der Drahtrolle und des Metallstreifens immer etwas verschieden waren. Sobald derselbe sich beruhigt hatte, gab ich dem Gehülfen ein Zeichen und nun vom 7. Juni 1877, 331 bewerkstelligte dieser abwechselnd die Beleuchtung und Verdunke- lung des MetallstrcitVns, walirend ich, ohne zu wissen, ob Beleuch- tung, oder Nichtbeleuchtung stattfand, die Bewegung des Lichtspaltes beobachtete uud in der beschriebenen Weise auf dem Papierstreifen des Chronographen notirte. So erhielt ich bei jedem Versuche eine Reihe von Zeichen auf dem Papierstreifen des Chronographen, mit deren Hülfe die Bewe- gung der Magnetnadel des Galvanometers wahrend des Versuches durch eine Curve dargestellt wurde. Bei allen Versuchen befand sich in der Mul- tiplicatorrolle ein Widerstand von . . . 0,60 S. E. Das Thermo-EIement hatte einen Widerstand von 0,12 ^ ^ und die Leitungsdrähte einen Widerstand von 0,11 ^ ^ Zusammen befand sich daher im Stromkreise ein Widerstand von 0,83 „ ^ welcher unverändert blieb. Versuch I. Widerstand in der Drahtrolle 1,84 S. E. Empfindlichkeit des Galvanometers: —0,03 S. K. Widerstand gaben 4-270**^ Aus- schlag; daraus berechneter Gesammtausschlag des Thermostromes : 26000 Sc. Die Bewegungen der Magnetnadel wurden beobachtet, ohne dass Veränderungen des Beleuchtungsapparates Statt fanden. — Hierzu Curve F. Versuch IL Widerstand der Drahtrolle und Empfindlichkeit des Galvano- meters wie bei 1. Der Beleuchtungsapparat i) wurde abwechselnd 0 Bei den ersten Versuchen wurde die abwechselnde Beleuchtung und Nichtbeleuchtung durch kleine Drehungen des Beleuchtungsapparates bewerk- Htelligt und erst später benutzte ich den beschriebenen beweglichen Schirm. [1877] 26 332 Gesammtsitzung in die Stellung der Beleuchtung und Nichtbeleuchtung gebracht, ohne dass aber Beleuchtung des überhaupt noch nicht im Strom- kreise befindlichen Metallstreifens stattfand. Hierzu Corve II. Versuch III. Wiederholung des Versuches I. Hierzu Curve III. Versuch IV. Wiederholung des Versuches II. Hierzu Curve IV. Versuch V. Wiederholung des Versuches II mit Einschaltung eines zwi- sclien Glimmerplättchen liegenden Goldstreifens von 38 Mm. Höhe, 4 Mm. Breite und einem Widerstände von 1,84 S. E. Hierzu Curve V. Versuch VI. Empfindlichkeit des Galvanometers wie vorher. Der Gold- streifen wurde nun abwechselnd beleuchtet und nicht beleuchtet und zwar mit Natriumlicht. Hierzu Curve VI. Versuch VE. Wiederholung des Versuches VI; jedoch war die Empfindlich- keit des Galvanometers noch gesteigert worden: — 0,03 Wider- stand gaben +328^^ Ausschlag, woraus sich ein Gesammtausschlag von 30000*^' berechnet. Eine Veränderung um xifVü" Procent im Widerstände des Goldstreifens entsprechen Einem Scalentheil. — Hierzu Curve VII. com 7. Juni iS77. 333 Versuch VIII. Beleuchtung des Goldstreifens mit Petroleum licht, welches auch bei alleu folgenden Beleuchtungsversuchen angewandt wurde. Empfindlichkeit des Galvanometers wie bei VII. Hierzu Curve VIII. Versuch IX. "Wiederholung des Versuchs VIII, jedoch war die Empfind- lichkeit des Galvanometers etwas verringert worden: — 0,03 S. E. Widerstand gaben H-295**^ Ausschlag. Hierzu Curve IX. Versuch X, Beleuchtung eines auf Glas frei liegenden Silberstreifens von 30 Mm. Höhe, 3 Mm. Breite und 5,3 S. E. Widerstand. Empfind- lichkeit des Galvanometers: — 0,03 Widerstand gaben H-112** Aus- schlag, woraus ein Gesammtausschlng von 22700'^ sich ergibt. 1**^ entspricht, wie bei dem Goldstreifen, etwa YJ?(nf i^rocent des Widerstandes des Silberstreifens. Hierzu Curve X. Versuch XL Beleuchtung eines anderen, ebenfalls auf Glas freiliegenden Silberstreifens von denselben Dimensionen, der Höhe und Breite nach, wie bei X, aber mit einem Widerstände von 5,16 S. E. Empfindlichkeit des Galvanometers: — 0,03 S. E. Widerstand ga- ben + 104"^ Ausschlag. Gesammtausschlag hiernach 20600^. j^^fltfflQ Procent des Widerstandes des Silberstreifens entsprechen Einem Scalentheil. Hierzu Curve XI. Versuch XII. An Stelle des Silberstreifens wurde eine sehr empfindliche Thermosaule (Antimon -Wismuth) mit berusster Fläche angebracht 26" 334 Gesamm U itzung und die Theriuosäule mit einem Galvanometer verbunden. Die Strahlen des Petroleumlichtes, welches zur Beleuchtung der Metall- streifen diente, gaben eine Erwärmung der berussten Fläche von -+-44*'^. Die directe Bestrahlung seitens eines hohlen Messingwür- fels, in welchem Wasser kochend erhalten wurde, ergab, nach Wegnahme der die dunkelen Strahlen fast ganz absorbirenden Alaun- lösung, einen Ausschlag von H-SO"'^ Die Wärmewirkung des Messingwürfels ist also jedenfalls grösser, als diejenige der hellen Strahlen des Petroleumlichtes. Nachdem dies constatirt war, wurde an Stelle der Thermosäule wieder der Silberstreifen des vorigen Versuches gebracht, und dieser nun in derselben Weise den Wär- mestralilen des Messingwürfels ausgesetzt, wie bei den Beleuch- tungsvcrsuchcn den Lichtstrahlen. Empfindlichkeit des Galvano- meters: — 0,03 S. E. Widerstand ergaben 4-108^'' Ausschlag. Also Gcsammtausschlag: H-22,000^'' und 1"*' gleich fffffff Procent vom WiderStande des Silberstreifens. Hierzu Curve XII. Versucli XIII. Wiederholung des Bestrahlungsversuches XII. Hierzu Curve XIII. Versuch XIV. Beleuchtung eines auf Glas freiliegenden Aluminiumstreifens von 27 Mm. Höhe, 4^ Mm. Breite und einem Widerstände von 4,2 S. E. Empfindlichkeit des Galvanometers: —0,03 S. E. Wi- derstand gaben -|-107**^" Ausschlag. Daraus folgt Gcsammtausschlag gleich 18200*'' und 1**" gleich ^oVo t*i*ocent des Widerstandes des Aluminiumstreifens. Hierzu Curve XIV. Versuch XV. Wiederholung des vorigen Versuches. Empfindlichkeit des Galvanomitrrs: — 0,03 S. E. Widerstand gaben -1-9 7"*^^ Ausschlag. Daher Gesannntausschlag 16500"'', und 1**^' gleieh 10^5^ Procent des Widerstandes des Aluminiums. Hierzu Curve XV. vom 7, Juni 1877. 335 Versuch XVI. Alles geschah wie hei dem Heleuchtungsversuch XV; die Be- leuchtung wurde aher durch einen zweiten feststehenden Schirm verhindert. Empfindlichkeit des Galvanometers wie bei XV. Hier- zu Curve XVI. Versuch XVII. Wiederholung des Versuches XVI. tlierzu Curve XVII. Versuch XVm. Beleuchtung eines frei auf Glas liegenden Platinstreifens von nur 3 Mm. Höhe und 10 Mm. Breite und mit einem Widerstände von 3,32 S. E. Empfindlichkeit des Galvanometers: — 0,03 S. E. Widerstand gaben 4-210"^' Ausschlag. Daher Gesammtausschlag: 28700'^ und 1"^ gleich jjf^ Procent des Widerstandes des Platin- streifens. Hierzu Curve XVIII. Versuch XIX. Wiederholung des Versuches XVIII. Hierzu Curve XIX. — Eine Betrachtung und Untersuchung der die Beleuchtungs- versuche darstellenden Curven liisst einen Einfluss der Beleuchtung auf die elektrische Leitungsfähigkeit der untersuchten Metalle nicht erkennen, obgleich eine Veränderung des Widerstandes der Metall- streifen um ^}^y Procent schon deutlich hätte hervortreten müssen. Dass dies nicht etwa durch die bei der Beleuchtung stattfindende, entgegengesetzt wirkende Erwärmung der Metallstreifen verhindert wurde, beweisen die Curven XII und XIII, welche ergeben, dass diese Erwärmung keinen bemerkbaren Einfluss ausübte. Die Fol- gerungen, welche Dr. Börnstein aus seinen Versuchen 336 Ge$ammt8iUung über die Lichtcmpfindlichkcit der Metalle gezogen hat, sind daher durch meine Versuche in keiner Weise bestä- tigt worden. Obgleich ich die, nach der von mir angewandten Methode er- haltenen Resultate als ungleich sicherer und schlagender betrachte, ;ils die Resultate, welche die Dämpfungsinethode ergeben kann — bei dieser zeigt sich eine Widerstandsveränderung um 1 Procent durch ^ bis 1 Sealentheil am Galvanometer au, wogegen die gleiclie Veränderung, bei jener, 140 — 250 Scalentheilen entspricht — so habe ich dennoch einige Versuche nach der Dämpfungsmethode angestellt. — Ich benutzte dazu ein Galvanometer, bei welchem, in bekann- ter Weise, die Ablesung der Scala durch ein Fernrohr mit Faden- kreuz geschah. Die Schwingungszeiten des Magneten waren za kurz, um genau so verfahren zu können, wie Dr. ßörnsteio; denn, bei einem (TSten Ausschlag von ungefähr 400'% konnte ich erst die vierte Elongation mit einiger Sicherheit bis auf etwa -^ Sealentheil bestimmen. Die Multiplicatorrolle des Galvanometers war von einem Drahte 2 mal umwickelt, welcher mit einem Daniell, einem Rheostaten und einem Schlüssel zu einem Kreise verbunden wurde. Durch diese Einrichtung war es leicht möglich, am Galvanometer immer einen ganz bestimmten Ausschlag zu erzielen. Derselbe betrug bei allen Versuchen 420,0'**'. Nach dem Loslassen des Schlüssels wurde alsdann die vierte Klongation bestimmt. W Indem ich abwechselnd den Widerstand W in den Kreis 100 der Multiplicatorrolle brachte, was durch Ausschaltung eines Stückes des Leitungsdrahtes in der früher beschriebenen Weise geschah, erhielt ich bei den Widerständen: • W W \ W W w w— I w \W——-\ \v Tr— --. w :ir— -- 100 100 100 f 100 I I I i I i I 335,1) :;:35,3 334,i) 335,3 335,0 335,3 334,9 | 335,4 335,0 335,4 335,0 335,6 334,9 335,3 335,0 \ 335,3 ■ihj:r ■ 1 '. 1 M ^ 1 ; wri-^rdtn J ;■ j 1 ■ ,u yhM/i^d. : 1 ! \- - + ' 1 1 (*m hm (**i 'tiJ^yM lMh< l Bd\~ ~i i* . ffÄ " fcÄ*. m -r iwr L + r * T "' ^ ^ % \i\ ^ ^ . _ .»..li* |1 h» BfL }-al». &L ■ n — - -\ r4 - v\ ^ *oa :i ±J4tSt -fr: ' r ^'-H ■ i-t- l'nbfltiuhtft.. I I ' iB^tiaMet. ruimüi^fi liesfrnhll mar. /^f^Uäi U: l^lhta&fthil. ■Btf.tt. J-L- u: 41: '^^- \ I Tafm. i J- 1 1 i». ^ - ~ ' - ! ■LiZ.:-r ' 4 - 44 r* 4 -C r (* ji-t-f f^ifi. 1 nak. 1 1 ^ 1 ~^ -|-- 1 lUb o(A t. n,6ii««iM 1 ^"r^r 1 <■* 1 1 'i - 1 „ — ^ 5 1 Bfltf'Mjiiny S/ -^ 1 1 1 ~ ■—- ä 1 (Ä^ "/ "id. f/n^AuC ^ 1 1 l^efO^i 1 L- -L .„■ ---Ir J ' ' -I--I- (' - ■ 4 !-i ^ - i i ^ i ~ - - - -^- rtl] L. 1 " ii •"r— - •l ^. % 1i J 1 1 (' - - -- — ''_LÄiit''1 -Ä*.« 1 . _u-pi;L^^ 1 «i • 1 ^ ' 1 " ' ^T 'i 1 i'»M. ^ 1 3 üae IM - ' - IM 1^ t- — / 1 1 n — A 1 '^1 — L vom 7, Juni i877. 337 Sealentbeile Differenz zwischen dem ersten Ausschlag und der vierten Elongation. In diesen Zahlenreihen tritt die Veränderung des Widerstandes om 1 Procent in jedem einzelnen Falle deutlich hervor. Im Mittel betragt der Unterschied zwischen dem ersten Ausschlag und der vierte^ Elongation, bei den Widerständen: TF: 334,96»^ >^-j^:335,36«<= mithin die Zunahme, durch Verminderung des Widerstandes um 1 Procent, 0,4»^ Die folgenden Zahlen sind nun die Unterschiede des ersten und vierten Ausschlages, welche sich ergaben bei der abwechselnden Beleuchtung und Nichtbeleuchtung des in den Stromkreis einge- schalteten Platinstreifens der früheren Versuche XVIII und XIX. Unbel. Bei. i Unbel. Bei. I Unbel. Bei. i Unbel. ■ Bei. 333,8 333,9 333,9 1 ; 333,9 333,9 333,9 333,9 i ' 333,8 334,0 333,9 333,8 ; 333,9 i ' 1 1 333,8 ; 333,7 1 333,8 333,9 i 1 Im Mittel, bei der Beleuchtung, wie bei der Nichtbeleuchtung: 333,86. Also auch hier: keinerlei Einwirkung der Beleuch- tung auf den elektrischen Leitungswiderstand. 338 • GesammtsUzung Hr. Dove las über die intensive Wärme am 5* Juni 1877. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Hevue acientifique de la France et de l'etranyer, N. 49. Juni 1877. Paris. 4. Numiamatic chronicle. 1877. Part. 1. N. Series. N. LXV. London. 8. W. F. G. Behn, Leopoldina, Heft XIII. N. 9. 10. Dresden 1877. 4. rrra PharaoKs Daughter, London 1868. and See. Edition, ib. 1874. 8. 2 Ex. Vom Verf. The Transactiona of the H, Iriah Academy, Vol. XXVI. Science I — V. Dublin 1876. 4. Liat of the Council and 0/ficera and Memhera of the R. Iriah Äcademy; Du- blin, 31at, qf July 1876. ib. 8. In der Nacht vom 13. zum 14. Juni starb Hr. v. ßethmann- Hollweg, Ehrenmitglied der Akademie, auf Schloss Rheineck. vom 14. Juni 1877. 339 14. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Virchow las: Der Hospitaliter-Orden vom heiligen Geist, zumal in Deutschland. Von jeher hat sich die Aufmerksamkeit derjenigen, welche sich mit der früheren Entwickelungsgeschichte des ahendländischen Krankenhauswesens beschäftigten, mit einer gewissen Vorliebe den Ileiliggeistspitälern zugewendet. Dafür durften hauptsäch- lich zwei Grunde niaa.ssgebend gewesen sein. Der eine ist der, dass mit der Ausbreitung des Ordens vom heiligen Geist un- verkennbar eine allgemeine Änderung in der Auffassung der Spi- täler überhaupt eintritt, eine Änderung, welche so gross ist, dass man in ihr die Grundlage des modernen Krankenhauswesens suchen darf. Allerdings gab es auch schon vorher zahlreiche und zum Theil gut gehaltene Anstalten der Art; ich erinnere nur an die in Deutschland ziemlich häufigen Johannisspitäler. Allein der Ge- danke, dass ein gut gehaltenes Spital zu der Ausstattung einer Stadt gehöre, dass es gewissermaassen eine sociale Noth wendigkeit sei, war ein neuer. Bis gegen das Ende des 12. Jahrhunderts wurde wohl die Mehrzahl der Spitäler, wenigstens soweit es sich um selbständige Anstalten und nicht nur um Infirmarien der Klöster und Stifter handelte, vor den Städten angelegt. Diese domus hospi- tales extra niuros waren, wie die Gasthäuser an den Hriicken und Gebirgspässen, vorzugsweise für Pilger und Reisende bestimmt, oder sie dienten für die dauernde Aufnahme der Aussätzigen, welche man aus der menschlichen Gesellschaft ausstiess. Mit den Heilig- geistspitälern erscheinen, anfangs allerdings mit nicht wenigen Aus- nahmen ^), bald jedoch in schnell wachsender Zahl, die domus ') H<'ih*f;«;iMstsi»italer ausserhalb der Stadt werden erwähnt von Hatu!)urg (Gernet Mitt!ieihinj;en aus der aheren Medicinalgesihi«lite Hamburgs. 1869. S. 70), von Stettin (Friedeborn, Historische Beschreibung der Stadt Alten- SteUin. 1G13. S. 31»)» von Spandau (Riedel, Cod. diplom. Vol. XI. Abth. I. p. 4. Aum.), von Terleberg (ibid. Vol. VII. p. 6ü), von Salzwcdel (Dann eil 340 GesammUitzung hospitales intra raoeiiia, freilich noch keine Krankenhäuser in un- serem Sinne, aber doch Humanitatsanstalten innerhalb der Ge- meinde, und wenngleich nicht ausschliesslich für Angehörige der Gemeinde bestimmt, so doch vorzugsweise ihnen zugänglich. Wäh- rend die Aussenspitäler in der Regel nicht nur kleine, höchst kümmerliche xVnstalten waren und blieben, bis die Mehrzahl von ihnen ganz verschwand oder sich in blosse Pfründenanstalten um- wandelte, ist eine nicht geringe Zahl der Heiliggeistspitäler — ich er- innere nur an die von Frankfurt, Lübeck, Wurzburg, Bern, Wien — im Laufe der Jahrhunderte gewachsen und in verbesserter Gestalt in die neue Zeit übergegangen, zum Theil als eigentliche Kranken- häuser, zum Theil als Siechenhäuser. Indess weit mehr entscheidend ist wohl ein anderer Grund gewesen, das Interesse Vieler gerade für die Heiliggeistspitäler anzuregen. Knüpft doch der Anfang ihrer Geschichte an den Na- men desjenigen Papstes an, der den kühnsten und weitesten Ver- such gemacht hat, die Gesammtheit der menschlichen Interessen in der Organisation der katholischen Kirche zusammenzufassen. Für Innocenz III. waren die Heiliggeistspitäler eines der vielen Mittel, durch welche er die Gesellschaft an den römischen Stuhl zu fesseln suchte, und sicherlich eines der wirkungsvollsten. Musste es nicht den tiefsten Eindruck hervorbringen, zu sehen, wie der gewaltige Papst, der den Kaiser demüthigte und Könige entsetzte, der unerbittliche Verfolger der Albigenser, seinen Blick mitleids- voll auf die Armen und Kranken wendete, wie er die Hülflosen und Verkommenden auf der Strasse aufsuchte und die unehelichen Kinder vor dem Wassertode rettete! Es hat etwas Versöhnendes Kircheligeschichte der Stadt Salzwedcl. Halle 1842. S. 79, 115, Urknnden- bucb S. 3), von Saiigerhausen (Schöttgen und Kreysig. Diplomat, et script. bist. Germ. Altciib. 1753. I. p. 715. Sani. Müller, Cbronicka der uralten Bergstadt Sangcrbauscn. Li'ipz. und Frankf. 1731. S. 4G), von Naumburg (Lepsius, Histor. Nachr. vom Augustinerkloster zu Naumburg. 1835. S. 170), von Quedlinburg (v. Eratb, Cod. dipl. Qucdlinb. Frankf. a. M. 1764. p. 333, 871), von Wfirzburg (C. Heffner und F. Rcuss, Wurzburg und seine Um- gebungen. 1852. S. 30), von Augsburg (Mcncken, Script, rer. Germ, praes. Saxonicaruui Lips. 1728. T. I), von Straubing (G. Kolb, Geschichte der Wohlthätigkeitsanstalten der Stadt Straubing. Landsb. 1858. S. 22), und von Bern (B. L. Messmer, Der Burgcrspital von Bern. 1831. S. CO). vom 14. Juni 1877, 341 und Bestechendes, dass in derselben Zeit, als auf seinen Antrieb der vierte Kreuzzug ins Werk gesetzt wurde, der Gedanke in sei- ner Seele keimte, eine grosse Organisation von wesentlich huma- nem Charakter durch die ganze Christenheit ins Leben zu rufen, und dass in demselben Jahre (1204), wo in Constantinopel das neue lateinische Kaiserthum eingesetzt ward, das von ihm neu er- baute Hospitale S. Spiritus au der alten Tiberbrücke als künftiger Mittelpunkt dieser Organisation geweiht werden konnte. Es war dies freilich noch nicht jenes Spital, von dem ein späterer fran- zösischer Autor ^) gesagt hat: etablissement utile, le plus bean, le plus grand, le mieux ordonne peut-etre, qui existe encore actuelle- ment, je ne dis pas dans la ville reine des cit«8, je dis dans aucune Bociete civile de TEurope. Aber es war doch von Anfang an das herrlichste und grosste Spital der Christenheit. Die Ansprüche der Menschen wachsen schnell. Was den Zeit- genossen als ein Unerhörtes entgegentritt, sinkt in einigen Jahr- hunderten zum Gewöhnlichen herab. So dürfen wir uns auch nicht wundern, dass der erste, von Inuocenz aufgeführte Spitalbau nicht lange genügte, selbst nicht den bescheidenen Ansprüchen jener Zeit, so dass schon Papst Sixtus IV. in seiner Bulle vom 21. März 1477 von aedificia angusta, depressa et minus accomoda, ita ut exilii potius quam recuperandae sanitatis et salutis causa existerent^), spricht. Aber die wiederholten Neubauten brachten doch das Archihospitale Sancti Spiritus immer wieder in einen prächtigen Zustand, und noch bis in die neuere Zeit konnte man .zugestehen, dass es in vielfacher Beziehung eine Musteranstalt ge- blieben war. In solche vergleichende Betrachtungen mischt sich freilich leicht viel Übertreibung, und gerade die Besprechung der Humanitätsan- stalten ist am wenigsten frei davon geblieben. Hurter^) geht so weit zu sagen: „Alle wohlthätigen Anstalten, deren jetzt noch das Menschengeschlecht sich erfreut, alle Obsorge um die Verlassenen und Dürftigen von dem ersten Augenblicke ihrer Geburt bis zur *) de la Porte du Theil in den Mcmuires et extr. VI. 152 (citirt bei Hurte r, Gesch. Papst Innocenz III. Hamb. 1834. Bd. II. S. 751). '•') Bullarium roraanum. Aug. Taurin. 18G0. T. V. p. 2-17. 3) Hnrtcr, Gesch. Papst Innocenz III. Hamb. 1842. Bd. III. S. selbe. *) Lucae Ilolstenii Cod. regularnm, obscrvationibus critico-historicis a M. Brookie illustratus. T. V. p. 499. 344 Gesammtsitzung bar nach seiner Erwählung zum Papst einen Brief an die ge- sammte Christenheit erlassen hat, worin er denen, welche proBti- tuirte Mädchen lieirathen, Nachlass ihrer Sunden zusagt (Epist. Innocent. 112), spreche dafür, dass sein Geist sich anhaltend mit diesem Gegenstande beschäftigt habe. Gewiss beweist dieser Brief die grosse Theilnahme, welche der Papst den verwahrlosten Fami- lien-Zuständen der ewigen Stadt zuwandte, aber er bietet kein Ma- terial für jenes Maass der Exstase, welches das Wunder der gleich- zeitig aus der Tiber hervorgezogenen 427 Kinderleichen voraussetzt. Sicherlich hatte Innocenz eine Reihe von Localmotiven, welche bestimmend wurden für Ort und Art der Anlage und Ein- richtung des römischen Spitals. Unzweifelhaft wollte er in einer Zeit, wo Rom durch die verderblichen Kämpfe der Parteien, na- mentlich der Guelfen und Ghibellinen so grosse Verwüstungen er- litten hatte, nicht nur durch den Bau als solchen, sondern noch mehr durch die Einrichtungen des neuen Hauses eine wirksame und dauernde Hülfe bringen. Der Ort, den er wählte, gestattete es, diese Hülfe den Einwohnern, wie den fremden Pilgern in glei- cher Weise zugänglich zu machen. In der Nähe der Peterskirche und des Vatikans gelegen, ganz nahe dem Übergange über die Tiberbrücke, hat das Ospedale S. Spirito heutigen Tages freilich eine noch mehr geeignete Lage für die Pilger, als in jeuer Zeit, da die Päpste noch im Lateran residirten. Dennoch waren schon damals in der späteren leoninischen Stadt zahlreiche Heiligthümer zusammengedrängt. Innocenz brachte Alles dies in eine sehr glück- liche Verbindung. Seiner Verfügung nach sollte alljährlich am Sonn- tage nach der Oktave der Erscheinung Christi das Schweisstuch des Herrn in feierlichem Zuge unter Festgesängen aus der Peters- kirche dahin gebracht werden, und der Papst selbst sollte eine Ansprache an das Volk über christliche Liebeswerke und deren Einfluss auf Sündenvergebung halten, zugleich aber an alle An- wesenden Brot, Fleisch und Wein austheilen (Epist. Innoc. IIL Paris. 1682. T. IL p. 98. Lib. X. Epist. 179). Es war dies sicher- lich die am meisten volksthümliche Form, in welcher jemals der Träger der höchsten Kirchengewalt mit dem Volk selbst in un- mittelbare Berührung getreten ist. Der Ort war durch alte Tradition geheiligt. Hier hatte, der Erzählung nach schon 715, Ina, der König der Angelsachsen, nach seiner Thronentsagung selbst ein Bewohner Rom*s (seit 727), vom 14. Juni 1877. 345 eine Kirche und ein Gasthaus errichtet, in welchem Fürsten und Geistliche Angliens im katholischen Glauben unterwiesen werden sollten *). Die Kirche führte den Namen Ecclesia S. Dei Geni- tricis virginis Mariae in Saxia oder Sassia, das Gasthaus liiess gleichfalls das Hospitale 8. Mariae in Saxia, mit dem häufigen Zusatz de urbe, oder auch wohl kurzweg die Schola Saxonum (s. Anglorum). König Oft'a von Mercia erweiterte die Schola später (794) durch neue Schenkungen und verband damit ein Xeno- dochium. Aber wiederholte Brände (816 und 847) zerstörten das Haus, und obwohl immer wieder aufgebaut, war es doch auch in den letzten Parteikämpfen gänzlich zerstört worden. Hier, auf diesem nahezu ältesten Hoden der Hospitalität in Rom, beschloss Innocenz seinen Neubau zu errichten. Gewann er doch damit zugleich einen sicheren Besitz für die neue Stiftung. Denn das alte Sachsen- spital hatte durch alle Wechsel des Geschickes einen gewissen Be- sitzstand bewahrt. Als ich im Herbst 1871 das Archiv des Hau- ses selbst durchforschte, fand ich in den alten Guterverzeichnissen noch 3 englische Ortsnamen, Wintele, Scofrath et Wimpin in Anglia, neben sonst fast ausschliesslich italienischen aufgeführt. Es war aber aller Wahrscheinlichkeit nach ein anderer und vielleicht gerade der am meisten zwingende Grund vorhanden, der eben diese Stelle als die prädestinirte erscheinen Hess. Der Car- dinial Morichini^) giebt an, dass in dieser Gegend (in que' con- torni) schon Symmachus, der 498 Papst wurde, ein Spital errich- tet hatte, welches seine Nachfolger restaurirt und vergrösser t hät- ten, welches aber später herabgekommen sei. Von diesem Spital ist allerdings später nicht mehr die Rede. Dagegen erwähnt In- nocenz selbst (Epist. p. 63. Lib. I. Ep. 97), wie schon angeführt, dass an dieser Stelle durch Guido von Montpellier ein Heilig- geistspital errichtet war. Dieser Umstand ist gewiss nicht gering zu veranschlagen, wenn man erwägt, dass die ganze weitere Orga- nisation, welche Innocenz schuf, au Guido anknüpfte. 1) Gregoro villi!, Gcächichtu der Stadt Koni im Mittelalter. Stiittg. 1859. Bd. II. S. 4G7. ''') C. L. Moriohini, Degli istituti di caritu per la siissistenza c l'edii- oazione dei poveri o dei prigionieri in Roma. Uom. 1870. Kdiz. nov. p. 99. Kr citirt dazu Fanucci Trattato di tutte le opere pic delf alnia cittu di Koma. Kom. 1601. Lib. I. cap. 2. pag. 15. 341) GesamnitsiUung Wir kommen damit an den dunkelsten und vielleicbt nie ganz aufzuklärenden Punkt dieser Ereignisse. Guido von Montpellier ist eine so eigenthümliche, um nicht zu sagen, fremdartige Erschei- nung, er taucht so unvermittelt als eine fertige Persönlichkeit auf, dass irgend eine Vorgeschichte seiner Entwickelung nicht mehr hergestellt werden kann. Auch die Arbeit des Hrn. A. Ger- main ^), dem alle Archive in Montpellier offen standen, hat nur negative Resultate ergeben. Guido (Guy) war darnach weder ein Graf, noch ein Abkömmling dos einheimischen Grafengeschlechts. Er wird zuerst in einer Bulle P. Innocenz von 1198 als Stifter eines vorher nie genannten Ileiliggeistspitals zu Montpellier, viel- leicht des ersten dieses Namens überhaupt, in die Geschichte ein- geführt. Mit ihm zugleich erscheinen Magister et fratres ipsius domus, also eine wirkliche Organisation, ein Orden. Waim das Hospital von Montpellier gegründet ist, wissen wir nicht. Es ist nur bekannt, dass es in der Vorstadt Pyla- Saint- Gely, am Wege nach Nimes und in der Nähe des Verdanson, lag, und dass es nach einem mehr als 300jährigen Bestand durch den Vandalismus des Jahres 15G2, der sich gegen alles Katholische richtete, zer- stört wurde. Wir wissen ebensowenig, wie es kam, dass in einer Zeit, wo die Marien -Verehrung sich so stark ausbreitete, gerade die ideellere Gestalt des heiligen Geistes zum Symbol der Hospita- lität genommen wurde, und zwar mit solchem Erfolge, dass selbst das alte Hospitale S. Mariae in Saxia seinen Namen und seinen Schutzpatron umtauschen musste. Mehr verständlich ist die freiere, weltliche Richtung, welche Guido seineu Einrichtungen gab. Schon seit langer Zeit war vieler Orten im Occident eine Genossen- schaftsbeweguiig zur Geltung gekommen, welche die Formen suchte, in welcher die Laienwelt sich an der praktischen Thätigkeit der Kirche betheiligen könne. Seit Chrodegang von Metz die erste Con- gregation von regulirten Chorherren (Canonici) ins Leben gerufen und damit gewissermaassen eine Vermittelungsform gefunden hatte, waren ähnliche Einrichtungen auch auf das Hospital wesen vielfach in Anwendung gekommen. Auf diesem Grunde ruhte namentlich ') Publications de la soe'U'te archeologiquc de Montpelüer. 1859. No. 27. Do la charitc publiij[uc vt liospitaliurc u Montpellier uu moyeii-age p. 502. sq. vom 14, Juni 1877, 347 die so einflussreiche Congregation der Hospitaliter des beil. Anto- nius von Vienne. Nicht wenig mochte auch der bewegliche siidfranzösische Geist dazu beitragen, dass man ohne lange Vorberathung sofort in die Arbeit trat. Dazu kam die Nähe Spaniens, das Beispiel der Araber, welche in der Sorge für Arme und Kranke so weit gin- gen, dass allein in Cordova 50 Krankenanstalten bestanden haben sollen^ endlich die Bewegungen der ketzerischen Männer von Lan- guedoc, — Alles das mochte zusammenwirken, dass Guido den Versuch wagte, auf rein weltlichem Boden einen neuen Hospita- literorden zu erschaffen, und dass dieser Versuch so sehr ein- schlug, dass nicht nur an mehreren Orten Frankreichs, sondern alsbald auch in Rom selbst Heiliggeisthäuser im Anschlüsse an das Mutterhaus gegründet wurden. Innoscenz III. nennt in der Bulle von 1198, in welcher er das Hospital von Montpellier in seinen Schutz nimmt, ausser 7 französischen Häusern deren zwei in Rom: das eine bei S. Agatha am Eingang in die Stadt, das andere bei S. Maria jenseits der Tiber (donium quam habetis in urbe Roma juxta S. Mariam trans Tiberim, cum domo quae est in loco qui dicitur S. Agatha in introitu urbis Romae). Ks ist von Einzelnen behauptet worden, dass es schon vor 1204, ja schon vor Guido Heiliggeistspitäler gegeben habe. Ich leugne die Möglichkeit nicht, finde aber noch keine ganz bewei- senden Belege für die Thatsache. Volz (Das Spitalwesen und die Spitäler des Grossherzogthums Baden. Karlsr. 1861, S. 109) führt die Heiiiggeistspitäler von Freiburg im Breisgau, PfuUendorf, Brei- sach und Überlingen als solche ältere an. Von dem Heiliggeist zu Freiburg nimmt er an, dass er schon 1120 bestanden habe. Ebenso soll das Spital zu Memmingen nach Schelhorn (Kleine histo- rische Schriften. Memming. 1789, S. 237) schon 1010 von Heinrich Herrn von Kirchheim und Weissenhorn, Grafen zu Maurstetten ge- stiftet sein. Die Thatsache der früheren Existenz mag richtig sein, aber es wäre erst zu erweisen, dass diese Spitäler ursprünglich dem heiligen Geiste gewidmet waren. Wahrscheinlich handelt es sich hier, wie an vielen anderen Orten, um ältere Spitäler, welche erst später dem Orte vom heiligen Geist übergeben und nach dem- selben genannt wurden. Schon 90t Guido gab es an vielen Orten Spitäler, welche von regulirten Chorherren verwaltet wurden; ich [1877] 27 348 Gesammtsitznng erinnere nur an die schon erwähnten Ganoniker des OrdenB vom heil. Antonius von Vionne, welche um das Jahr 1093, zar Zeit der Herrschaft des Antonius- Feuers, als ein eigentlicher Hospi- taliterorden auftraten (Helyot II, p. 108). Mit ihnen hängt we- nigstens die Meminingor Spitalgeschichte unmittelbar zusammen. Jos. Frhr. v. Hormayr-Hortenburg (Die goldene Chronik von Ho- henschwangau. Mönchen 1842, 8. 56) berichtet darüber, dass ,)den Brüdern und Schwestern des heil. Geistes von S. Anton*^ das Pilgerhaus und später das seit 1178 bestandene Spital eingeräumt wurden, und dass K. Friedrich II. 1215 das Patronatsrecht der Pfarre Memmingen an das Matterspital S. Anton zu Vienne in der Dauphine schenkte. Der Orden vom heil. Antonius war aber keineswegs der einzige seiner Art. So steht es urkundlich fest, dass 1183 der Ritter Wittegow von Albegg den Michaelsberg bei Ulm an das Kloster Reichenau zur Errichtung eines Hospital hauses übertrug; in diesem wurden Ganoniker von der Regel des heil. Augustin eingesetzt und aus ihm ging später das Ulmer Heilig- geistspital hervor (Vgl. mein Archiv Bd. XVIII, S. 296). Einen ähnlichen Fall treffen wir in Mainz. Nach Schaab (Geschichte der Stadt Mainz. II. S. 173) lag das älteste Hospital dieser Stadt neben der Domkirche an der Stadtseite. Schon 1 145 hatte Erz- bischof Heinrich die Verwaltung dem Propst der regulirten Chor- herren zu Gottesthal im Rheingau übertragen. Erzbischof Sifrid verlegte es 1236 mit Bewilligung des Domkapitels an den Rhein neben die ehemalige S. Gereonskapelle, übergab es dem Orden vom heil. Geist und legte ihm auch diesen Namen bei. Solche vorbereitenden Einrichtungen ebneten der späteren Or- ganisation des Heiliggeistordens die Wege, aber gewiss nur in der Art, dass der letztere nachträglich in die Verwaltung schon be- stehender SpitÄler eingesetzt wurde. ^) Jedenfalls habe ich kein Dokument aufgefunden, welches mit voller Sicherheit darthut, dass schon vor Guido ein wirklich so genanntes Heiliggeistspital vor- handen war. Die am meisten bezeichnende Angabe bezieht sich ') Ein Beispiel aus späterer Zeit wurde nach Fechter das Spital an don Schwellen zu Basel liefern, welcnes sebou 1265 erwähnt wird, jedoch erst 1409 den Religiösen des heil. Geistes übergeben sein soll (Vgl. mein Archiv 18G0. Bd. XVIII. S. 294). vom 14. Juni 1877, 349 auf das Hotel-Dieu von Coustancc^), indess wäre doch auch diese noch genauer zu prüfen. Man hat spater, mit Aufwand von mancher Gelehrsamkeit, den Nachweis fuhren wollen, dass der Ordo S. Spiritus ein alter, ja der älteste christliche Ritterorden^ eine eigentliche Militia gewesen sei, ja dass er bis auf S. Martha und ihren Bruder, 8. Lazarus selbst, zurückführe. Mit grosser Entschiedenheit hat schon llelyot^} diese Erfindungen zurückgewiesen. Ich möchte dabei nur noch auf Zweierlei hinweisen. Erstlich darauf, dass, soweit ich habe er- mitteln können, irgend ein Zusammenhang zwischen dem S. La- zarus-Orden und dem heil. Geistorden niemals existirt hat, ja dass sich eher ein gewisser Gegensatz nachweissen lässt. ^) Sodann ') Helyot (II. p. 218) erzählt von den Rcligieux Ilospitaliers de THotel-Dieu de Cout^tance in der Norniandie, dass sie auf ihrem Ordcnskleid ein ganz ähnliches Kreuz trugen, wie die Canoniker vom heil. Geist, und dass sie deshalb, und weil ihr Hotel-Dieu dem heil. Geist geweiht war. Versuche maclito]i , in den Orden des heil. Geistes von Montpellier incorporirt zu werden, um sieh dadurch der Jurisdiction des Bischofs von Constance zu entziehen. Es gelang ihnen aber nicht. Sie waren ursprüng- lich durch den Bisehof 120U als regulirte Clcriker vom Orden des heil. Augustin in das Hotel-Dieu eingesetzt. ') Uistoire des ordres monastiques, religieux et militaires et des con- gregations seculieres. Douay 1714. T. II. p. 193. '} Der Umstand, dass an einigen Orten Aussätzige in Heiliggeistspitälern verpflegt wurden, oder dass dieselbe Verwaltung über Krankenhäuser bei- derlei Art gesetzt war, hat auf die Verhältnisse der beiden Orden zu ein- ander keinen Bezug. Abgesehen davon, dass in der Regel dieses Verhältniss erst Jahrhunderte nach der Zeit, von der wir hier handeln, eingeführt wor- den ist, sind die meisten der einschläglichen Angaben nicht einmal ganz klar. Ich habe Beispiele der Art in meiner Arbeit über die Geschichte des Aussatzes und der Spitäler, besonders in Deutschland, (Archiv f. path. Anat. u. 8. w. 18C0. Bd. XVIII. S. 298. Bd. XIX. S. 52, 66) von Ulm, von Flau in Meklenburg und von Aachen mitgetheilt. Das am meisten verwickelte Verhält- niss, welches mir vorgekommen ist, betrifft das „ Hospital S. Antonii oder zum heil. Geist** in Halle, von welchem behauptet wird, dass es für die Sonder- siechen erbaut sei (v. Dreyhaupt, Chronik des Saalkreises, Halle 1750. Bd. I. S. 952. Bd. II. S. 246), und welches zuerst 1241 erwähnt wird. Sicherlich handelt es sich hier um eine Reihe successiver Umbildungen, nicht um ein ursprüngliches Verhältniss. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass nach allgemeinen Bestimmungen die Brüder oder Schwestern des Ordens 27» 350 Gesam m tsitzunfj darauf, dass allerdings in späterer Zeit, namentlich in Frankreich, der Adel sich in die Cominenden des heil. Geistes eindrängte und dass ganz spät, im 17. Jahrhundert, ein wirklicher französischer Ritterorden, bloss der Willkür des Königs unterstellt, auftritt. Aber weder die Schöpfung Guido's, noch die von Innocenz hatten irgend etwas an sich^ was darauf hindeutete, dass man sich die grossen ritterlichen Hospitaliterordeii, welclie kurz zuvor entstanden waren, zum Muster nehmen wollte. Beide ruhten allem Anschein nach mehr auf bürgerlichem Grunde. Durch die berühmte Bulle Inter opera pietatis (XIII Cal. Julii Indictione VII Incarnationis dominicae Ao. 1204), welche Inno- cenz im 7. Jahre seines Pontifikats erliess, übertrug er die Leitung des bei 8. Maria in Saxia nouerbauten Hospitals an Guido und den Orden vom heiligen Geist. Guido wird ausdrücklich Magister hospitalium S. Mariae in Saxia et S. Spiritus in Monte Pessulano genannt; neben ihm erscheinen Fratres, regulärem vitam professi, und der Ordo regularis, qui secundum Deum et institutionem fra- trum Hospitalis S. Spiritus in eodem loco per nos institutos esse dignoscitur. Soweit wird die schon bestehende Institution einfach herübergenommen und bestätigt. Der Spitalmeister wird von aller Gewalt der Bischöfe und Prälaten eximirt, das Hospital selbst nur der päpstlichen Jurisdiction unterstellt. Ausdrücklich fügt der Papst als Grund hinzu: cum Ecclesia S. Mariae in Saxia et Hospitale constructum ibidem ad nos nullo pertineant mcdio (salvo quod derlei ejusdem Ecclesiae debent ex nostro mandato Basilicae Prin- cipis Apostolorum in scrutinio, Baptismo et Laetania). Allein schon in derselben Bulle findet sich ein gewisser schwarzer Punkt. Guido und seine Brüder waren sämmtlich Laien und in ihren Häusern gab es keine Geistlichen. Innocenz bestimmt nun, dass in der Kirche S. Maria in Saxia stets mindestens 4 Geistliche (clerici regulam ejusdem hospitalis professi), und zwar unmittelbar der Disciplin des Papstes untergeordnet sein sollten. Freilich wurde vom heil. Geist, wenn sie vom Aussatz befallen wurden, nicht ausgestossen werden sollten. In dem Cap. LI der Ordensregel von 15C4 heisst es: Sta- tiiimus, ut si quis Fratrum nostroruui vel Soronim in leprac morbuai inei- derit, in Domo sancti Spiritus provideatur ei tanquam uni ex aliis Fratribus in aliquo lueo Donius. vom 14, Juni 1877. 351 zugleich verordnet, dass sie sich in andere als geistliehe Geschäfte des Hospitals in keiner Weise einmischen, vielmehr alle anderen sine contradictione et murmuratione dem Meister und seinen Ver- tretern überlassen sollten. Allein diese schwache Zumischung des geistlichen Elements hat in Wirklichkeit den Anfang zu weiteren Änderungen gebildet, welche endlich dahin geführt haben, den Orden zu zersprengen, und den letzten, von demselben noch übrig gebliebenen Rest in Rom zu einer rein hierarchischen Institution zu machen. Der Ordensgeneral oder Komthur gehörte wfihrend der letzten Jahrhunderte der liuchsten Prälatur an; ihm schlössen sich Canonici reguläres und eine gewisse Zahl geistlicher Brüder, früher auch von Schwestern an, welche nach einer besonderen Regel lebten. Das Laienelement wurde schon im 15. Jahrhundert, zur Zeit Sixtus IV, gänzlich hinausgedrängt (Helyot II. p. 206). Ob dies das Ergobniss war, welches Innocenz erwartete? ob es sein Ziel war, eine lebensfrische und viel versprechende Laien- brüderschaft dadurch allmählich umzubilden, dass er ihnen von Anfang an eine Zumischung geistlicher Elemente zufugte? wer mag diese Fragen beantworten! Unwahrscheinlich ist es nicht, dass die Veränderung, welche sich später vollzog, von Anfang an beabsichtigt war. Denn schon nach dem Tode Guido*s verstärkte Innocenz selbst die Einwirkung der Curie. Während in der Bulle von 1204 festgesetzt war, dass den beiden Spitälern von Rom und Montpellier ein einziger Meister vorstehen sollte, der von den Brüdern beider Spitäler gewählt wurde, in der Art, dass, wenn er jenseits der Alpen stürbe, die Wahl in Montpellier, wenn er dies- seits stürbe, die Wahl in Rom stattfinde und dazu das entferntere Spital 2 — 3 Brüder absende, so verordnete die Bulle von 1208, ut Caput et magisterium ordinis perpetuo perscveret in urbe apud hospitale S. Spiritus in Saxia, ita quod rector ipsius praesit uni- versis fratribus omnesque sibi teneantur impendcre obedientiam et reverentiam regulärem, cum autem hospitalis Montis Fessulani rectof fuerit eligendus, de consilio et assensu rectoris hospitalis quod est apud urbem, regulariter eligatur. Hier ist demnach die Trennung beider Anstalten und der Vorrang der romischen schon bestimmt ausgesprochen , und es ist nicht richtige wenn Germain die Unterordnung Montpellier's unter Rom erst Gregor IX. (1228) oder wenn Cinque Gentili die Trennung beider Spitäler Hono- rius III. (1218) zuschreibt. Beides ist in der erwähnten Bulle 352 Gesammtsitzung Innoceiiz III. (Epistol. Innoc. p. 188. Bd. XL Ep. 104) schon an- geordnet, und man kann als sicher annehmen, dass die Stellung des Hospitals in Saxia als Archixenodochium des Ordens schon von dieser Zeit an festgestellt war. Die Nachfolger Innocenz' hat- ten nur auf diesem Wege weiter zu gehen und sie trugen keinen Anstand es zu thun. Schon Alexander IV. nennt in einer Bulle von 1256 den Ordensmeister Commendator (Helyot II. p. 204) und Eugenius IV. setzt seinen Nepoten Pietro Barbo, den späteren Papst Paul II., der gar nicht zum Orden gehörte, ohne Weiteres zum Commendator ein ^). Sixtus IV. und Julius III. versuchten, einzelnen Missbräuchen zu steuern. Ersterer erkannte neben dem, durch den Convent der Brüder zu wählenden Ordensmeister, der jetzt Praeceptor genannt wurde, einen Cardinal als Protector an, liess ihn aber wählen^). Allein jeder neue Versuch führte nur in mehr beschleunigtem Tempo die Auflösung des Ordens herbei, und schon im 16. Jahrhundert ist fast die ganze grosse Organisation zertrümmert. Den letzten Schlag führte jedoch erst Pius IX., indem er durch ein Breve vom 1. Juli 1847 auch die regulirten Chorherren vom heiligen Geist unterdrückte. Der Cardinal Morichini konnte daher seinen Überblick der Spitalge- schichte mit den Worten schliessen: DelT antico istituto di Guido di Montpellier ora non resta altra memoria si non che quella del capo deir ordine, che si chiamava maestro generale o commenda- tore di S. Spirito. Spesso i meriti del commendatore sono pre- miati colla porpora cardinalizia^). Das italienische Königreich hat endlich auch diesen Rest beseitigt, und der Orden vom heiligen Geist gehört nunmehr in allen seinen Theilen nur noch der Ge- schichte an. Leider ist uns die alte Ordensregel nicht erhalten. Wir wis- sen nur, dass sie sich der Regel des heil. Augustin anschloss. Die erste formulirte Regel, die wir kennen^ stammt von dem Or- densgeneral (ordinis praeceptor et generalis magister) Bernardinus Cyrillus und trägt die Jahreszahl 1564. Sie ist abgedruckt in ^) (Erniencg. March. de Ciiique Gentili) Resocunto statistico per Tanno 18B5 degli Ospedali di Roma dipendeiiti dalla coiiiniidsione istitaita della Sant. di nostro Sigiiorc Papa Pio IX. Ronia ISOG. p. XIV. •-') Bullar. roiii. T. V. p. 289. Bulle vom 11. Febr. 1483. ^) Murichini 1. c. p. 111. vom 14. Juni 1877, 3ö3 dem Codex regularum von Lucas Holsteuius (T. V, p. 503) und in einer besonderen Ausgabe: Regula Sacri Ordinis S. Spiritus in Saxia. Lugduni apud Guilelniuni Barbier. Typogr. Reg. MDCXLVII. Obwohl in der Einleitung gesagt ist. dass sie den alten Hin- richtungen (veteruni nostroruni institnta patrum) entspricht, so merkt man ihr die Differenz von drei Jahrliunderten doch sehr stark an. Sie steht ganz auf gi^stlicliem Hoden und sie wider- streitet daher diametral der ursprünglichen Ordnung von Mont- pellier. Im Cap. XX Vr heisst es sehr bezeichnend: Correctio Cle- ricoruni et specialium aliorum ad Praceptorem laicum non per- tineat, sed ad Cardinales, quibus a Domino Papa ipsa domus fuerit recommendata. Wollen wir die alteren Verhältnisse näher kennen lernen, so bleibt uns nichts übrig, als in die Specialgeschichte der Heiliggeistspitäler einzugehen. In dieser Beziehung erwähne ich die Spitäler von Ulm, Memmingen, Rothenburg an der Tauber, Rostock u. s. w., von dy'uen ältere Urkunden erhalten sind. Die bekannt gewordenen Ordnungen der meisten übrigen Ileiliggeist- spitäler datiren erst aus der Zeit der Reformation oder noch später. Aus diesen Zeugnissen geht hervor, dass auch die deutschen Heiliggeistspitäler von dem Archispedale di S. Spirito in Saxia abhingen, dass von dort die Ernennung oder Bestätigung ihrer Meister oder Provisores geschah, und dass sie dorthin als Zeichen der Abhängigkeit eine kleine jährliche Geldsumme zahlen nmssten. Nach der Bulle von 1204 sollte das römische Hospital durch seine Sammler Almosen nur erheben in Italien, Sicilien, England und Ungarn, während die Collectoren von Montpellier frei in allen andern Provinzen sammeln sollten. Honorius III. scheint daraus eine wirkliche Thcilung der Jurisdiction gemacht zu haben (He- lyot n. p. 204. Oermain 1. c. p. 503). Nach dieser Eintheilung müsste Deutschland zu Montpellier gehört haben. Indess noch nirgend ist mir irgend eine Spur einer solchen Beziehung vorge- kommen. Dass der arme Heinrich und der dem Aussatze ver- fallene Fürst Nicolaus von Werle (Meklenburg, im 14. Jahrhundert), Heilung suchend, nach Montpellier zogen, kann hier natürlich nicht in Betracht kommen, da es sich dabei um die berühmte Facultät und nicht um das Heiliggeistspital handelte. An anderen Nach- richten fehlt es ganz. Obwohl vielleicht kein Land mehr Heilig- 354 Gesammtsitzung geistspitäler hervorgebracht hat, als Deutschland, and obwohl gerade in der ersten Zeit nach 1204 die Mehrzahl der Heiliggeist- spitfiler in der Mark Brandenburg, Meklenburg, Pommern, Schle- sien, Sachsen, Bayern gegründet ist, so scheint doch nirgend eine Theilung der Herrschaft zwischen Rom und Montpellier sur Er- scheinung gekommen zu sein. Ich muss es daher zum mindesten als unwahrscheinlich bezeichnen, dass in Wirklichkeit jemals in Deutschland eine andere Jurisdiction über die Heiliggeistspitäler, als die des römischen Erzspitals bestanden hat. Eine eigenthüm liehe Unterabtheiluug tritt, freilich in wenig deutlicher Gestalt, in Sudwest-Deutschland hervor. Von Stephans- felden im Elsass berichtet Schöpflin (Alsatia illustrata. 17G1. T. II. p. 451. Alsatia diplomat. No. 425 und 465): Domus Hospitalis S. Spiritus Canonicorum regulae S. Augustini, plurium in Alsatia et extra Alsatiam mater, ab Ilospitali ejusdem ordinis, quod Romae est, in Saxia nuncupato, pendens, ante ann. 1220 alendis paupe- ribus et speciatim infantibus expositis a Werdensibus, Alsatiae Landgraviis, brcvi post Hospitale Romanum constructa est, cui domus feminarum olini quoque adhaesit. Offenbar ist hierin ein beson- deres Vorhältniss angedeutet. In einem Verzeichnisse der Ordens- güter im Archiv des römischen Hospitals, vielleicht aus dem 18. Jahrhundert, welches sonst nur Namen aus Spanien und Italien enthält, fand ich die Angabc: „in Stefanfeld Prioratus^. Dieser Ausdruck ist einigermaassen ungewöhnlich. Ein Prior an der Stelle, wo sonst Rector oder Magister gesagt wird, findet sich freilich bei mehreren Spitälern erwähnt, gelegentlich sogar abwechselnd mit Rector und scheinbar damit gleichbedeutend. Indess die Bezeichnung Prioratus besagt offenbar mehr, und ich möchte glauben, dass sie eine besondere Bedeutung habe. In der That erwähnt Sehelhorn (a. a. O.), dass das Memminger Heiliggeistspital «unter Stephansfelden stand''. Weiteres ist mir bis jetzt nicht bekannt geworden, indess lässt sich erwarten, dass auch bei anderen Spitälern im Elsass und Breisgau ähnliche Verhältnisse bestanden haben. Weiterhin befinden sich im Archiv des Erzspitals unter der Bezeichnung: Rubricella de priorat. ein Paar Bände. Eine Stelle in dem II. Bande weist auf eine analoge Einrichtung im fernen Osten hin. Der Praeceptor des Hospitals zu S. Spiritus und Ge- neralmeister Albertinus de Ruuere (Albertino della Rovere) bestä- tigt die Wahl des Prior oder Praeceptor des Spitals von Riesen- vom 14. Juni 1877. 355 bürg in Ostpreussen 1510. Dabei wird ausdrücklich ein Prioralus Risimburg erwähnt. Damit stimmt die Angabe von Moricliini (1. c. p. 1 10), dass der Orden bis zum Ende des vorigen Jahr- hunderts Gommenden und Prior ate besessen habe. Eine fernere Bestätigung endlich orgiebt sicli an einem noch mehr entfernten Punkte. Das älteste Hospital in Siebonbürgen, das zu Hermannstadt, war dem h. Geist gewidmet. Nach einer Urkunde von 1503 stand es zunächst unter dem Hause in Ofen und mit diesem unter dem in Wien, an welches es jährlich eine Mark oder vier Dukaten zu zahlen hatte ^). Wahrscheinlich war diese Zahlung für Rom bestimmt. Denn im Allgemeinen ist über- all festgehalten, dass die Localspitäler durch eine kleine jährliche Zahlung ihr Abhängigkeitsvcrhältniss von dem Erzspital materiell bezeugten. Selbst das Hospital von Montpellier musste, nachdem es sich ofticiell dem Erzspital zu Rom unterworfen hatte, jährlich 3 Goldgulden zahlen, wie eine Bulle Papst Nicolaus IV. von 1291 ausspricht (Helyot H. p. 204). Die ältesten, mir bekannten Anordnungen der Art stammen noch von Innocenz III. selbst her. In einer Urkunde von 1207 bestätigt er die Gründung des Spitals in Zürich mit der Auflage, dass dasselbe jährlich einen Goldgulden nach Rom entrichten solle (Schöpflin Historia Zaringo- Badensis V. p. 131). Aus dem Jahre 1209 besitzen wir seine Bestätigungsurkunde des h. Geist zu Halber- stadt (Epist. Innoc. III. p. 1G4. Lib. XI. Ep. 69). Derselbe war durch den Grafen von Blankenburg bei dem Kloster zum h. Michael ad opus iufirmorum et pauperum gegründet worden. Nos, sagt In- nocenz, ad jus et potestatem Romanae ecclesiae ac utilitatcm S. Spi- ritus in Saxia recipimus. Als Zins (census) sollte es dem letzteren jährlich zwei Mark reinen Silbers zahlen. In gleicher Weise wurde der neu gegründeten Capella ad honorem S. Spiritus in der Vor- stadt Wiens die jährliche Zahlung von 1 Mark auferlegt (Epist. Inn. p. 219. Lib. XI. Ep. 169). Etwas Ähnliches berichtet Brockie (Holstenii Cod. regul. V. p. 502) von Memmingen, und zwar noch aus der Zeit nach der Reformation, welche grade hier die katho- '} Friedr. Müller, Geschichte der siebenbürgischen Iluspitäler bis zum Jahre 1G25. Programm den evangelischen Gymnasiums in Schässburg. Wien 1858. S. 27. 35G GesammUitzuriß lische Spitalverwaltuug unberührt gelassen hatte. Ja, in der Mitte des 17. Jahrhunderts übernahm das Hospital in Memmingen auch noch die Verwaltung des in Folge der Reformation zerrütteten Hospitals in Wimpfen. Pro his duobus hospitalibus in Germania sitis Praeceptor Xenodochii Memmingcnsis, in recognitionem sub- jectionis Archihospitali Romano debitae, annuatim exsolvere solebat Septem Bizantinos aureos, prout ex antiquis monumentis urbis Mem- mingensis eruitur. Brockie setzt hinzu: Nee ambigere licet, quin reliqua amplissima Xenodochia per varias Gatholici orbis provin- cias dispersa hoc idem praestiterint, prout phirima, quae per Hispa- nium, Belgiam, Hungariam, Poloniam supersunt, etiamnum hodie debitum suum pensum annuatim huic Archihospitali Romano tan- quam totius sacri ordinis supremo Capiti persolvunt et ejusdem Praeceptorem tanquam supremum Magistrum Generalem omnium Hospitalariorum S. Spiritus agnoscunt. Bei der sehr losen Organisation des Ordens vom heil, Geist kann man nicht annehmen, dass diese materielle Auflage und die damit ausgedrückte Unterordnung unter Rom überall in gleicher Weise angeordnet worden sind. Auch da, wo wir die Gründongs- und Bestätigungsurkunden besitzen, ist häufig weder von einer Geldzahlung, noch von einer ausdrücklichen Anerkennung der Obergewalt des Erzspitals die Rede. An manchen Orten wird freilich ganz ausdrücklich vorbehalten, dass der Spitalmeister von Rom aus bestätigt werden müsstc. Wir wissen dies von Ulm (mein Archiv Bd. XVI II. S. 297) und von Pforzheim, von letzte- rem Orte durch die genaueren Mittheilungen von Mone ^). Es heisst hier: 1) Der Markgraf Rudolf und seine Frau übergeben (durch Urkunde vom 16. Sept. 1323) das Spital dem Orden der Spital- brüder des heil. Geistes zu Rom mit der Vermögensverwaltung, Krankenflege, Gottesdienst und Nutzniessung nach den Regeln ihres Ordens. 2) Bruder Heinrich von Pforzheim, Spitalmeister zu Wimpfen und Grüningen (Markgröningen bei Ludwigsburg), der dazu bevoll- *) F. J. Mo HC, Über Armen- und Krankenpflege früherer Zeit. Aus dem XII. Bande der ZeiUichr. für die Geschichte des Oberrheins. Karls- ruhe 1861. S. 77. vom 14. Juni 1S77, 357 macbtigt ist, empfängt das Spital statt des Meisters und Ordens zu Rom. 3) Das Spital wird unmittelbar unter das Ordensspital zu Rom gestellt. 6) Wenn ein Spitalmt^ister zu Pforzheim abgebt, so sollen der Meister und die Brüder zu Markgröningen einen anderen einsetzen, der dem Herrn von Pforzbeim genehm ist, bis derselbe oder ein anderer von dem Meister zu Rom bestätigt wird. Allein diese Verhältnisse sind gewiss nicht überall maass- gebend gewesen. Erzbischof Sifrid von Mainz behielt, als er 1236 das alte Spital dem Orden vom heil. Geist übergab, das Recht, den Rector zu ernennen, ausdrücklich sich und seinen Nachfolgern vor. Über das 1242, schon fünf Jahre nach Erbauung der Stadt, in die Ehre des heil. Geistes und der Jungfrau Maria gegründete Hospital zum h. Geist in Elbing, wie über das zu Thorn Hess sich der deutsche Orden das Patronatsrecht sofort durch den päpstlichen Legaten ertheilen; auf Grund dieses Rechtes führte er später durch einen Unterspittler die unmittelbare Verwaltung (mein Archiv 18G1. Bd. XX. S. 480). Au vielen Orten reservirten sich die städtischen Behörden das Recht, den Rector zu ernennen und die Verwaltung einzurichten. Man muss sich in dieser Beziehung daran erinnern, wie weit- gehende Goncessionen Papst Innocenz schon in den beiden Bullen von 1198 an Guido und den Orden gemacht und in der von 1204 wiederholt hatte. Nicht nur hatte er sie von jeder anderen kirch- lichen Gewalt, als der päpstlichen, eximirt, sie von jeder Art von kirchlichen oder weltlichen Gelöbnissen befreit ^), sondern er hatte ihnen auch das Recht verliehen, Kirchen zu bauen, Kirchhöfe zu errichten, Geistliche anzustellen. Daraus erklären sich manche sonst sehr auffällige Localerscheinungen. Ich verweise auf eine Urkunde des Bischofs Hermann von Schwerin für das Heiliggeist- spital zu Rostock, die ich in meinem Archiv 1861. Bd. XX. S. 491 auszüglich mitgetheilt liabe, und in welcher nicht nur alle diese Gerechtsame aufrecht erhalten, sondern auch dahin ergänzt ^) Inhibeuius iie a te Fili Magister vcl successoribus tuis et Fratrihus llobpitalium eorundem exigat ulla cccicsiastiou saccularisve persona ftdclitates, huniagia, jurameiita vel seeuritates aliquad, quae a Laiciä frequentantur. 358 GesammtMtzxtng werden, dass zur Predigt des göttlichen Wortes im Spital an Festtagen jeder berufen werden könne^ quem rector dictae domus decreverit. Dass sich diese Bestimmung auf Geistliche bezog, scheint mir nicht zweifelhaft, aber auch so gewährt sie eine un- gewöhnliche Freiheit ^). Trotzdem behielt der Meister des Krzspitals zu Rom gegen- über allen Provincialspitälern sein Recht der Aufsicht und der Vi- sitation. Ob dasselbe häufig und mit Erfolg geübt worden ist, vermag ich nicht zu sagen. In dem Spitalsarchiv zu Rom fand ich nur ein Visitations- und ReformationsprotokoU, welches unter Clemens VIIl (1592 — 1605) durch Sallustius Taurusius^) aufge- nommen ist, der sich Archihospitalis Apostolici S. Spiritus in Saxia de urbe Praeceptor et totius Ordinis S. Spiritus Generalis Magister, in partibus et locis Franciae atque superioris et inferi- oris Germaniae et Poloniac spccialiter deputatus Visitator et Re- formator nennt. Von seiner Wirksamkeit in Deutschtand habe ich keine Spur aufgefunden; die Reformation und die grosse, ihr vor- aufgehende Umwälzung in den deutschen Städten hatte schon ohne ') P^'rcilich wäre dies wenig, wenn es richtig wäre, was Hr. Fried r. Muller von dem Spital von Schässburg in Siebenbürgen erzählt, dass es nänilii'li dort der bürgerlichen Gemeinde zugestanden hahe, „ans ihrer Mitte eine bis dahin weltliche Person zu einer geistlichen Stelle (der des Spitalgeistlichen) zu befördern** (a. a. O. S. 32). Allein er verwechselt hier offenbar den Rector und den Spitalgeistlichen. Die Sache betrifft übrigens nicht den Heiliggeist-, sondern den Antonius -Orden, in Bezug auf welchen im Juhro 1487 durch einen förmlichen Vertrag zwischen der Stadt Schass- burg und dem Rector und Praeceptor der Häuser des Antonius -Ordens in Ungarn ausgemacht w^uwle, dass nach dem Tode eines Rectors der Rath der Stadt das Recht haben solle, einen geeigneten Mann zum Rector der Kirche und des Spitals zu wählen, und dass der Orden gehalten sein solle, den- selben in den Orden und auf die Regel des h. Augustinus anzunehmen. Da der Betreffende durch diese Aufnahme eben nur regulirter Chorherr des An- tonius-Ordens wurde, dieser Orden aber gleichfalls keinen im engeren Sinne geistlichen Charakter hatte, so bleibt das Vertragsverhältniss ganz innerhalb der traditionellen Grenzen. ') Ermenog. di Cinque Gentili (1. c. p. XXXIX. Not.) filhrt in dem Verzeichnisse der Ordensmeister Saluzio Taruggi da Monte Pulciano, Arcivescovü di Pisa (1695 — 1601), auf. vom 14. Juni 1877. 359 dies die Mehrzahl der Heiliggeistspitäler in bürgerliche Hand ge- bracht. Ein illustratives Heispiel von der Art der Verhandlungen in der Aufsichtsinstanz besitzen wir aus Siebenbürgen von dem schon erwähnten Spital von Hermannstadt. Der Rath der Stadt hatte den „Prior" des Hospitals seiner Stelle entsetzt und einen anderen an die Spitze der Verwaltung gestellt. Darauf theilt der Bischof von Siebenbürgen in einem Schreiben vom 10. Sept. 1456^) mit, dass sich der Ordensgeneral in Rom, Matthaeus (Pietro Mattei de Capucinis 1443 — 78) an ihn gewandt und ihn in seiner Eigen- schaft als Judex et Commissarius ac protector hospitalis S. Spiri- tus in Cibinio requirirt habe, den vertriebenen Prior wieder in sein Amt einzusetzen. Der Ausgang dieses Rechtshandels ist nicht bekannt. Wir wissen nur, dass einige Jahre später mit einem an- dern Rector wiederum Streitigkeiten ausbrachen, in welchen König Matthias von Ungarn zu Gunsten der Stadt intervenirte; er ver- langte die Auslieferung des Rectors und ermächtigte den Rath, einen anderen Rector einzusetzen. Immerhin geht aus diesen Verhandlungen hervor, dass im 15. Jahrhundert die Immunität des Heiliggeist-Ordens in Sieben- bürgen, wie in Deutschland, gebrochen war und dass sowohl Rischöfe, als Fürsten in die inneren Verhältnisse desselben ein- griffen. In Deutschland geschah dies sehr häufig, nicht nur durch Bischöfe und Landesherren, sondern auch durch städtische Obrig- keiten, welche von sich aus ganz neue Organisationen der Spitäler vornahmen und an die Stelle der Ordensbeamten städtische Provi- soren und Procuratoren setzten 2). Und die Curie war nicht mehr stark genug, sich diesen unzweifelhaften Übergriffen zu wider- setzen. Dass es dahin hat kommen können, dass ein Orden, der unter so selten glücklichen Umständen in das Leben gerufen, durch 1) Fr. Malier a. a. O. S. 53. ') Ein besonders lehrreiches Beispiel dafür liefert die Geschichte des Heiliggeistspitals zu Rostock, welche ich in meinem Archiv Bd. XX. $. 4S9 fi*. ausführlich gegeben habe. Man vergl. übrigens meinen Vortrag fiber Hospi- täler und Lazarette (in der von v. Holtzendorf und mir herausgegebenen Sammlung gemeinverständlicher Vortrüge Bd. III.) Berlin 1869. S. 15. ß. 3G0 Gesammtsitzung den kräftigsten Papst in die Welt eingeführt und mit den grossten Privilegien ausgestattet war, ohne irgend einen gewaltsamen Ein- griff, wie er so manchem anderen Hospital! terorden tödtlich wurde, gleichsam in sich selbst abgestorben ist, das weist auf grosse Man- gel seiner Organisation hin. Als der hauptsächlichste darf wohl jetzt, wo der Orden zu den Todten gcthan ist und seine ganze Ge- schichte hinter uns liegt, der bezeichnet werden, dass der "Wider- streit der humanen und der hierarchischen Interessen von dem Zeitpunkte der Versetzung des Ordens von Montpellier nach Rom an in immer zunehmendem Maassc in ihm zum Ausdruck gekom- men ist. Innocenz mochte die beste Absicht haben, die rein hu- mane, weltliche Form, in welcher sich der Orden in Montpellier entwickelt hatte, der ganzen Christenheit zu Gute kommen zu lassen. Auch hat er selbst im Grossen und Ganzen diese Form nicht angetastet. Er beliess dem Orden die freie Wahl des Meisters, er gestattete es, dass die Bruder und Schwestern ohne Gelübde in den Orden eintraten und darin wirkten, er eximirte den Orden so- gar von der Gewalt aller Bischöfe und Prälaten. Aber er hatte nicht Papst sein müssen, um auf den Versuch zu verzichten, eine so viel versprechende und so schnell herangewachsene Corporation an die allgemeine Organisation der Kirche anzuschliessen. Von 1198 bis 1204 betrachtete er die Sache in ihrer natürlichen Ent- wickelung. Im letzteren Jahre, in der Bulle Inter opera pietatis, als er sein neues Spital in Rom eröffnete, schob er die 4 Geist- lichen ein, welche stets in dem Spital thätig sein sollten, wenn- gleich ohne irgend eine Einwirkung auf die praktische Thatig- keit des Ordens. Zugleich stellte er einen einzigen Meister an die Spitze, der jedes Jahr die beiden Hauptspitäler in Montpellier und Rom visitiren sollte. Dieser Meister sollte aus der, in einem Convent vollzogenen Wahl der Ordensbrüder hervorgehen. Dies war gewiss eine sehr milde Einwirkung, und doch störte sie die Ho- niogeneität des Ordens und brachte eine gewisse Verwirrung in das Rechtsverhältniss des Spitals von Montpellier. Aber schon 1208, als Guido starb, genügte auch diese Organisation dem Papst nicht mehr. Er sprach jetzt den Vorrang des römischen Spitals offen aus und bewilligte Montpellier dafür einen eigenen Rector. Dies war aber von da an natürlich ein untergeordneter Posten. vom 14. Juni 1877, 361 Wir haben schon gesehen, dass von diesem Anfange aus mit Folgerichtigkeit der Generalat des Meisters des römischen Erz- spitals, die endliche Verbindung desselben mit der Prälatur und die Ernennung des erst Praeceptor, dann Commendator genannten Meisters durch den Papst selbst sich ergeben hat. Selbst die alte Confraternitiit war mit der fortschreitenden Consolidation des hierar- chischen Verhältnisses nicht zu vereinbaren. Schon die Coexi- stenz von Brüdern und Schwestern in demselben Hause wurde in der Weltstadt zu einer Unmöglichkeit. Der Cardinal Morichini (1. c. p. 94) citirt in diiser Beziehung das Wort eines Chronisten des IG. Jahrhunderts: in quelT etil dcl Venerabilc Guido s'atten- deva piü a fare il bene, e meno a pensare il male, e cosi le suore servivano gli ammalati nelT infermeria. Nachdem die Schwestern von der Krankenpflege ausgeschlossen waren, blieb ihnen noch eine Zeitlang die Pflege der Findlinge, aus deren Zahl sie sich recrutirten (Mo- richini p. 433). Sie blieben als Augustiner -Nonnen dem Spital angeschlossen, führten aber den Namen monache di S. Tecla, weil ihnen ganz in der Nahe ein Kloster mit einer der heil. Tecla ge- weihten Kirche eingerichtet war*). Allein im 17. Jahrhundert, unter dem Pontifikat Alexanders VII. wurden sie ganz unterdrückt. Auch das Wahlrecht der Brüder beseitigte Eugenius IV., indem er die Stelle des höchsten Ordensbeamten für einen Nepoten frei- machte. Allerdings erneuerte er, wie Sixtus IV. sagt, confrater- nitatem proborum virorum, a praedccessoribus suis hactenus institu- tam, tunc tarnen intermissam, aber sehr bald wurde aus dieser Arciconfraternitu (seit Leo X. 1513 della caritti genannt) ein blosses Beiwerk, eine Art von Ehrenamt, zum Theil ein so formelles, dass Sixtus selbst und viele seiner fürstlichen Gaste ihren Namen in die Mitgliederliste eintragen konnten. In Wirklichkeit sank der Orden um so tiefer, je höherer Glanz sich um das Erzspital sammelte. Es wurde eine wesentlich ita- lienische Institution, welche die Fühlung mit der übrigen Welt ver- lor. Die Ccntralisation, welche gewonnen wurde, war nur eine scheinbare. Ausserhalb Italiens wurden die Fäden, durch welche die Provincialspitäler mit dem Mutterhaus in Rom zusammenhin- gen, immer schwächer. Mochte auch an einzelnen Orten, wie ') Roma antica e luoderna. Rom. 1750 T. I. p. 120. 362 GesammUitzung in Stephansfclden und in Wien, ein neuer Knotenpunkt gewonnen sein, der seine Umgebungen einigermassen in der Verbindung er- hielt, 80 A^hlte doch jede regelmässige Pro vincial- Organisation. Das schon angeführte Beispiel des Spitxils von Pforzheim lehrt ja, dass auch Provincialspitäler unmittelbar dem Mutterhaus un- terstellt wurden. Dieses aber trug wenig Sorge dafür, die Ver- bindung zu unterhalten. Ja, es scheint, dass man in Rom über- haupt keine Kenntniss von der Mehrzahl der Provincialspitäler hatte. Vorgeblich hatte ich gehofft, in den Archiven des romischen Mutterhauses vollständige Verzeichnisse der Heiliggeistspitäler zu finden. Es ist möglich, dass Manches davon mit dem Eintritt des sardinischen Regiments beseitigt worden ist, aber schwerlich hat man in Rom jemals eine vollständige Übersicht gehabt. In der Abschrift einer Bulle Papst Nicolaus IV. von 1291 im Transsum- ptum privitegiorum hospitalis S. Spiritus in Saxia de urbe, welches noch im Ordensarchiv befindlich ist, werden aufgeführt in regno Alemaniae die Spitäler de Crefelt et de Wimpina (in einer anderen Abschrift Winipino), de Vionna, de Comundia, de Manuch et Cra- couia, de Stetina cum vineis. In der Rubricella de priorat. P. I. wird zwischen 1416 — 59 Glogouia major und P. II. p, 405 Risimburg Pomcsan. diooc. Prioratus 1510 erwähnt. Dazu kommt der schon erwähnte Prioratus Stephansfeld. Das ist Alles, was ich aus den Akten des Archivs notiren konnte. Ausserdem erwähnt Saulnier ^) in einer Verbindung, welche auf Deutschland hinzuweisen scheint, welche jedoch nur zum Theil zutrifft, die Domus Malmogiensis, Stenauiensis, Grosglowiensis, Resemburgensis, Raudusiensis, Rubeacensis. In dem mehrfach an- gezogenen Resoconto statistico von 1865 (Erm. di Cinque Gentili) werden aus einer (scheinbar früheren) Bulle Papst Nicolaus IV. an- geführt le chiese coi loro aunessi ospedali di Novoforo, di Men- nin, di Vienna e di Cracovia, aus der von 1291 le chiese di Grefeld e gli ospedali di Concordia e di Stettino. Schelhorii schreibt in einem 1789 veröffentlichten Citat aus dieser Bulle Mu- nich statt Manuch. ') Fr. Petrus Saulnier, De oapite sacri ordinis S. SpirituB dissertatio, in qua orlus progressusque ordinis totius ao hpcciutim Romanae Domus am- plitudo, praerogativum jus et oeconomia disseruntur. Lugd. 1649. 4. p. 83. vom 14. Juni 1877. 3G3 Ich bin nicht im Stande, alle diese Namen zu deuten. In Bezug auf Concordia finde ich in meinen Notizen ein Citat aus der Rubricella de priorat. P. I. p. 48: Concordia Confraternitas sub nomine S. Spiritus in Eccl. S. Andreae de porta grenaria Concor- diac. dioecesis. Petr. Aquilej. Schwerlich dürfte es etwas mit Deutschland zu thun haben. Novoforo könnte Neumarkt, die Domus Stenauiensis ^) das Spital zu Steinau in Schlesien, Comundia viel- leicht Gmunden sein. Winipina oder Winipino ist offenbar Wim- pfen, Mennin muss auf Memmingen bezogen werden. Manuch ist wohl statt Munich verschrieben und soll München bedeuten. Lassen wir die unverständlichen Namen bei Seite und übergehen wirKrakau, so bleiben uns also als der Ordensleitung bekannt Stephansfelden, Wimpfen, Memmingen, Crefeld, Stettin, Rieseuburg, Gross-Glogau, Neumarkt (?), Steinau (?), Wien, Gmunden (?) und München, im Aussersten 12 deutsche Spitäler. Nach einer ganz oberflächlichen Schätzung musste aber um 1291 die Zahl der Heiliggeistspitäler selbst innerhalb derjenigen Grenzen , welche das gegenwärtige deutsche Reich umfasst, mindestens über 50 betragen. Es wird einiges Interesse gewähren, damit das Yerzeichniss deutscher Ileiliggeistspitäler zu vergleichen, welches ich gleichzeitig vorlege. Dasselbe macht auf Vollständigkeit keinen Anspruch, dürfte indess wenigstens die hauptsächlichsten Spitäler enthalten. Aber auch in seiner unvollständigen Gestalt genügt es vollkommen, um zu zeigen, wie schlecht die Organisation gewesen sein muss, bei der eine so grosse Zahl von Anstalten, selbst solcher, welche durch päpstliche Bullen bestätigt sind, sich der dauernden Aufmerk- samkeit des Mutterhauses entzogen hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach hängt dies damit zusammen, dass diese Anstalten den jähr- lichen Zins an das Erzspital nicht zahlten. Dies wird sich viel- leicht durch weitere Localforschungen aufklären lassen. Dabei wird es sich empfehlen, die Frage von der Bedeutung der Priorate, auch mit Bezug auf Glogau und Riesenburg, weiter zu verfolgen. Mone^) sagt, man könne nicht behaupten, dass alle Spitäler, ^) Cives stynavicnses in <»iner Urkunde von 1310. H. Wuttke, Städte^ buch des Landes Posen. Leipz. 1864. Cod. dipl. urb. Posn. p. 17. Domi' nus Stinavie. ibid. p. 23. ^) Mone, über Armen- und Krankenpflege früherer Zeit S. 7. [1877] 28 3G4 Gesammtailzung die dem beil. Geist geweiht waren, von dem Orden der heil. Geist- bruder verwaltet wurden. Es lässt sieb bei der Lückenhaftigkeit der localen Überlieferungen allerdings nicht beweisen, dass dies überall der Fall war. Aber es scheint mir, dass die Gegner erst positiv darzuthun hätten, dass es überhaupt Spitäler gegeben bat, welche dem heil. Geist gewidmet waren und trotzdem dem Orden nicht unterstanden. Möglicherweise gab es, worauf die Beispiele von Mommingon und Halle hindeuten, Antoniusspitäler, welche dem heil. Geist gewidmet waren; vielleicht kam auch hie und da, wie der Fall von Coustunce zu lehren scheint, bei irgend einer andern Congregation das Gleiche vor. Die Beispiele aus badiscben Be- zirken sind jedoch noch so wenig substantiirt, dass sie nichts be- weisen können. Würde aber auch dargethan, dass es hier schon vor 1204 Ileiliggeistspitäler gab, so ist doch kein Zweifel, dass nach 1204 alle badischen Spitäler der Art dem Orden übergeben wur- den. Ich trage daher nicht das mindeste Bedenken^ bis auf Weiteres alle als Ileiliggeistspitäler bezeichneten Hospitäler des 13., 14. and 15. Jahrb. als Domus religiosae, Gotteshäuser des Ordens zu nehmen. Von der Mehrzahl lässt sich dies direct beweisen. Von denen in Nord- und Ost-Deutschland, deren ( Gründung in das 13. Jahrb. fällt, folgt dies schon aus dem Unistande, duss ihre Gründung meist mit der Gründung oder Neueinrichtung der Städte, vielfach mit der fort- schreitenden Colonisation der Länder zusammenfiel und sieb in einer gleichsam schematischen Form nach der einmal aufgestellten Kegel vollzog. Eine grosse Zahl der Ileiliggeistspitäler in der Mark Brandenburg, in Meklenburg, Pommern und Schlesien datirt knrc nach dem Beginn der Germanisirung des Landes. Der Elbinger heilige Geist, der sich sehr bald während der Herrschaft des Deutschordens zum Landesspital von Preussen entwickelte, wurde schon fünf Jahre nach Gründung der Stadt, 1242 gestiftet, und es ist gewiss sehr charakteristisch, dass die Heiliggeistspitäler von Lübeck (1234) und Hamburg (1248), soweit wir bis jetzt wissen, später entstanden, als das von Riga, der Tochterstadt der alten Hanse, welches schon 1225 bezeugt ist. Wie ich schon früher nachgewiesen habe, ist das älteste, in Deutschland als solches be- kannte lleiliggeistspital das von Brandenburg, welches schon 1204 erwähnt wird (Riedel, Cod. diplom. Bd. VIII. Abth. I. S. 45). Dann folgt das Hospital von Zürich 1207, darauf die von Halber- stadt und Wien 1209, von Spandan und Breslau 1214. Auch für vom 14. Juni 1877. 365 die nächsten Oecennien kann man wohl sagen, dass im Osten Deutschlands die neue Bewegung in weit ausgedehnterem und schnellerem Maasse sich vollzog, als im Westen und Süden. An zahlreichen Orden lasst sich darthun, dass in diese An- stalten sowohl Manner als Weiber aufgenommen wurden. Da- gegen ist mir ausser Rom, Montpellier^) und Stephansfelden kein Ort bekannt, wo zugleich eine Findelanstalt mit einem Heiliggeistspital verbunden war. Mone (a. a. O. S. 26) erwähnt aus dem 14. Jahrhundert von Freiburg im Breisgau ^der funden kindlin hus^, aber es ist nicht ersichtlich, dass es mit dem heil. Geist in irgend einer näheren Beziehung gestanden habe. Das- selbe gilt von Ulm, wo 1386 ein Findelhaus erwähnt wird (Mein Archiv Bd. XIX. S. 299). Diese Aufgabe ist also sicherlich nur in vereinzelten Fällen weiter verfolgt worden. Auch die Auf- nahme von Schwangeren, welche im Capitel XLI der Ordensregel ausdrücklich vorgesehen ist (pauperes foeminac praegnantes gra- tanter suscipiantur et eis charitative ministretur), finde ich nur ein- mal, bei dem Spital von Pfullendorf. In einem Briefe vom 8. Sept. 1288 (Mone a. a. O. S. 49) defmirt der Magister hospitalis S. Spi- ritus panperum die Aufgabe der Anstalt dahin, quod nudi vestiun- tur, esurientes reftciuntur, debiles colliguntur, mulieres pregnantes usque ad sex septimanas favorabiüter tractantur, viduis, orphanis et peregrinis, de quocunque locorum aduenerint, cena et pandium de consuctudinc hospitalis non negatur. So vollklingend diese Sätze sind, so muss man sich die Mittel, welche zu der Erfüllung sol- cher Zusagen zur Verfugung standen, doch recht klein denken, und von der Mehrzahl der Anstalten darf man annehmen, d«iss sie für die eigentliche Krankenpflege recht wenig, für Gebärende und Findlinge gar nichts thaten, dass vielmehr die Aufnahme sie- cher Personen und die vorübergehende Bewirthung von Pilgern und Fremden das wesentliche Ziel ihrer Thätigkeit war. Daher die gewöhnliche Bezeichnung hospitale inflrmorum, höchstens mit dem Zusätze: et peregrinorum. Später, als sich das Pfrundner- wesen weiter entwickelte, als es, schon seit dem Ende des 13. Jahr- ') Gcrmain 1. c. p. 505. Not. 2. llurter, Gesch. P. Innoconz. IV. S. 456. Aimi. 27C (darnach hatte das Findclliaiis zu Montpellier schon 1204 bestanden). 28» 3C6 Gesamtutsitzung liunderts, Gebrauch wurde, sich in diese Spituler einzukaufen und sie als Versicherungsanstalten für die verschiedensten Fabrlichkeiten des Lebens zu behandeln, wurde der medicinische Zweck durch den ökonomischen an den meisten Orten ganz überwuchert. Nur in den grösseren Städten blieb, namentlich nachdem die bürgerliche Ge* meinde sich der Verwaltung bemächtigt hatte und die Spitalpfleger bestellte, der humane Gedanke lebendig und nur da entwickelte sich das Spital zu dem eigentlichen Krankenhause, wahrend es überall sonst zur Pf'ründenanstalt und zum Siechenhause herabsank. Dem gemischten Charakter der aufzunehmenden Personen ent- sprach von Anfang an der gemischte Charakter der Confraternitat oder, wie der deutsche Name lautet, der „Sammnung^. Bei dem heil. Geistspital zu Halberstadt heisst es in Urkunden von 1288 und 1304: Provisor, conversi fratres et sorores conversae hospi- talis S. Spiritus ^). Zu Rothenburg an der Tauber stand dem Meister eine Meisterin zur Seite, und die Sammnung bestand aus Brüdern und Schwestern. In Aalborg waren, ausser einem Prior und einer Priorin, 13 Brüder und 23 Schwestern zur Kranken- pflege bestellt^). In Ulm werden noch 1338 Schwestern erwähnt. Die Stellung dieser Schwestern war ursprünglich eine den Brüderu ganz gleichartige, und noch die Ordensregel von 1564 verordnet im Cap. XCVil. Quidquid in Regula constitutum est, de Fratribus et Suroribus intelligitur, ut eidem regulae subjaceant: quia indignum satis videretur, si in Domo S. Spiritus acceptio vel correctio Fra- trum vel Sororum duobus raodis fieret: Undc ordinatum est, ut si- cut sub una Regula vivimus, ita sub eisdem judiciis Regulae sub- jecti esse debemus. Trotzdem sucht man vergeblich in der Regel nach irgend einer weiteren Bestimmung über die Organisation der weiblii'hen Abtheihing: weder eine Meisterin, noch eine Betheilung der Soliwestfrn an Berathuugen oder Conventen ist irgendwo zu erkenniMi. Auch in den Provinzen verschwand die Meisterin sehr bald; »clion im 14. Jahrhundert ist, wenigstens in Deutschland, kaum noch von ihr die Rede. In Frankreich scheint sich das ') G. A. V. M filverstedt. Hut in Biikau bei Magdeburg ein Kloster U-stimdeu? «. 23. ^) Munter Kircliengeäch. von Däueiuark und Norwegen II. S. C56, oi- tirt bei Hurter IV. S. 227. vom 14. Juni 1877. 367 Verhältniss hier und da etwas länger gehalten und mehr ausge- bildet zu haben; wenigstens spricht Ilelyot (II. p. 217) davon, dass die Schwestern des heil. Geistes in Bar-sur-Aube, in Neuf-Chateau und an anderen Orten in besonderen Häusern wohnten, während sie in Besan^^on und anderswo in denselben Hospitälern mit den Brüdern sich aufhielten. Übrigens hatte die Einrichtung der Provincialspitäler des heil. Geistes wenig an sich, wodurcli sie sich von andern Spitälern, die durch regulirte Chorherrn geleitet wurden, unterschied. Ich nenne in dieser Beziehung die Spitäler der heil. Catharina, wie sie in Regensburg, Esslingen, Stuttgart bestanden; die Verhältnisse der- selben habe ich in meinem Archiv Bd. XVIII. S. 301. 304 zum Theil erörtert. Auch hier sind Schwestern mit einer Meisterin vorhanden, und es ist von Interesse, dass in einem solchen Spital der heil. Catliarina, dem zu Paris, schliesslich die Brüder beseitigt wurden und nur die Schwestern übrig blieben. Heiyot (II. p. 293) nennt diese Genossenschaft einfach Ilospitaliers de Ste. Catherine und es erhellt nicht, dass sie einen wirklichen Orden bildeten oder einem solchen angehörten. In Esslingen ertheilte 1247 der Bischof von Constanz der Spitalgenosscnschaft die Regel des heil. Augustinus, und 1318 wurde ihnen erlaubt, auf dem Oberkleide das Zeichen der Brüder des Spitals auf dem Berge Sinai zu tra- gen, wie es sonderbarerweise 1376 auch die Brüder im Heilig- geistspital zu Ulm erhielten. Eine ähnliche Verwischung der Or- densverhältnisse zeigt sich im Osten. So wird von Inowraclaw berichtet (Wuttke, Städtebuch des Landes Posen S. 326), dass 1268 die Kreuzherrn vom rothen Stern (fratres cruciferi stellati ordinis S. Augustini) daselbst eine Kirche des heil. Geistes und ein Spital hielten, welches zum Matthiasstift der Krenziger in Breslau gehörte ^). Aus dem Allen geht nur von Neuem hervor, wie wenig straff die Centralisation Seitens des Erzspitals in Rom geübt wurde, und wie wenig es zulässig ist, die römische Ordens- *) Wenn hier keine Verwechselung vorliegt, so wäre damit hezcngt, was wir oben verinissten, dass amh zur Zeit des heil. Geislordcns Spitäler anderer Orden unter dem gleichen Namen existirt haben. Indess ist zu er- innern, dass in Ungarn aufh die Brüder vom heil. Geist Cruciferi hiessen, und dass daraus auch für die ungarische Spitaigeschichte viele Schwierig- keiten erwachsen. 3G8 Gesammtsitzung Tegel auf die Beurtheilang der Oesammtheit der ProvincialspitSIer anzuwenden. Darin lag, wie schon früher angedeutet ist, einer der Grunde des Zerfalls des Ordens. Solitc der Orden einmal ein religiöser sein, so bedurfte er einer strammen Centralisation. Aber in den Provinzen erhielt sich der weltliche Charakter der Bruderschafken viel reiner als in Rom. Meister und Bruder, wenngleich sie Pro- fess thaten, blieben doch Laien, und der Spitalgeistliche wurde streng auf seine kirchlichen Obliegenheiten beschränkt Damit war die Überleitung in rein weltliche Ordnungen, wie sie das 14., 15. und 16. Jahrhundert brachten, sehr erleichtert. In der Regel nahm die Bürgerschaft die Umwandlung in die Hand. Die Recto- res s. Provisores wurden nunmehr durch den Rath, häufig auch aus dem Rath ernannt, und die Bruder und Schwestern traten ans der Stellung von Pflegern in die von Pfleglingen oder Pfrundnem Ober, neben welchen das eigentliche Subject, die infirmi et aegro- tantes, entweder ganz verschwand, oder wenigstens sehr zurück- gedrängt wurde. Auf alle Falle verlor sich das geistliche Ele- ment in Deutschland ganz uud gar aus den Spitalern. Wahrend das Erzspital in Rom ganz in die Ordnung der Hierarchie aufge- nommen wurde, flelen die deutschen Provincialspitäler ganz in bürgerliche Vcr^-altung. Der Name - Burger spital**, wie ihn noch heutigen Tages die alten Heiliggeistspitaler von Würzburg, Bern und anderen Orten tragen, ist die charakceristische Signatur des deutschen Zweiges. In Frankreich vollzog sich inzwischen die dritte Art der Me- tamorphose. Das Hospital zu Montpellier erholte sich nie wieder von dem Schlage, welcher ihm durch die Gunst Innocenz III. zu- gefugt war. Als es, wie erwähnt, im Jahr 15G2 zerstört wurde, fand man nicht einmal die Mittel, um es wieder aufzubauen; nach Germain stehen niKh heute die Ruinen des niemals vollendeten Neubaues. Dagegen blieb der Orden des heil. Geistes von Mont- pellier bestehen und die Papste Paul V. (1G19) und Gregor XV. (1621) gaben endlich dem Meister desselben sogar den Generulat über Frankreich und alle anderen Provinzen der Christenheit zu- rück, mit Ausnahme von Italien, Sicilien, Ungarn und England. Urban V. (1G25) hob auch den Vorrang des römischen Ordens- generals auf. Statt einer Regeneration ging daraus jedoch eine vom 14, Juni 1877, 369 unglaubliche Verwirrung hervor, deren endliches Ergebniss die Um- bildung in einen rein königlichen Rittororden war. Auf 80 verschiedene Weise endete die merkwürdige Bewe- gung, welche Guido von Montpellier eingeleitet hatte. Jede der drei grossen Culturnationen hat sie auf ihre besondere Weise auf- genommen und fortgeführt. Aber nur in Deutschland ist man, wie es mir scheint, dem ursprünglichen Gedanken des Stifters einigermaassen treu geblieben. Häufiger als in irgend einem an- deren Lande, erinnert noch heute der Namen des heiligen Geistes an die Zeit, wo man unter diesem Banner zuerst den schönen Versuch machte, in dem Spital dem siechen und kranken Armen die Wohlthaten der Familie, dem Elenden und Fremden wenig- stens zeitweilig das Gefühl einer Heimath zu bereiten. Verzeich niss deutscher H e i 1 i g g e i s t s p i t äi 1 e r. (Die Jahreszahl bedeutet entweder die Zeit der Gründung oder der Um- wandhmg eines älteren Spitals in ein lleiiiggeistspital oder die erste Er- wähnung eines solchen.) 1207 Zürich 1220 Stephansfelden 1228 St. Gallen 1230 Oppenheim 1233 Bern 1236 Mainz 1265 Basel 1272 Speyer - — - H22 Nieder-lngelheim 1225 Constanz 1257 Viilingen 1275 Pfuliendorf (12. Jahrb.) 1297 Freiburg i. Br. (1120) 1238 Coblenz (an der Breisach (12. Jahrb.) 1286 Cöln 13. Jahrb. Meersburg 1291 Crefeld 1322 Pforzheim 1344 St. Goar ? 1363 Ueberlingen (12. Jahrb.) 1355 Meyen 1386 Radolfzell 1411 Waldshut 370 GeaarmntsiUung 1240 Ulm (1183) 1209 Ualberstadt 1258 Biberach 1241 Halle Rothenburg a. N. 1246 Quedlinburg Kirchheim 1267 Helmstedt Mergentheim 1284 Magdeburg 1291 "Wimpfen 1292 Sangerhausen Reuth'ngen Eisenach 1322 Markgröningen Naumburg 1301 Wittenberg Northeim 1223 Memmingen (1010) 1252 Augsburg 1281 Rothenburg a. Tauber 1291 München 4 ^% M #~K V V V 1319 Würzburc 1248 Hamburg 1331 1349 Nürnberg Meirichstadt Weilheim 1465 1234 Rendsburg Lübeck 1355 Aub 1358 Passau Straubing 1218 Parchim Dinkelsbübl 1250 Wismar 1451 Eicbstfidt 1260 Rostock 1298 Schwerin .i_ Mollen 1283 Frankfurt a. M. __ Oldeslo 1358 Limburg a. L. — Ratzeburg Fritzlar 1299 Ribnitz 1361 Gadebusch 1218 Höxter 1364 Stargard in Mekl. 1370 Plau 1280 Dortmund A ^^ m X^ JL, AM %m 14. Jahrb. Sternberg 1552 Neu-Brandenburg 1204 Brandenburg 1577 Röbel 1214 Spandau Krakow 1231 Salzwcdel Crivitz 1251 Stendal 1278 Berlin 1299 Perleberg vom 14, Juni 1877. 371 1300 Pritzwalk 1237 Stettin 1309 Wittstock 1262 Greifswald 1313 Werben 1263 Stralsund 1319 Gardelegen 1269 Demmin 1321 Nea-Ruppin 1309 Bartb 1343 Gransee 1319 Cösiin 1362 Prenzlau 1320 Anclam 1377 Angermünde 1369 Scbivelbein Havelberg Beigard 1390 Treuenbrietzen Colberg Seebausen Rugenwalde Frankfurt a. 0. Stolp Königsberg i. Neum. Stargard Müncheberg Pyritz 1552 Kyritz Gollnow Damm 1214 Breslau Greifenberg a. R. 1261 Bunzlau Treptow a. R. 1264 Görlitz Wollin 1273 Brieg Uckermündc 1275 Glatz Pasewalk 1283 Sagan Treptow a. Toll. 1290 Steinau (1209?) Greifenhagen 1296 Glogau 1302 Ober-Beuthen 1320 Freistadt 1347 Strebten 1242 Elbing 1451 Koben Thorn Namslau 1256 Königsberg Lüben Danzig Marienburg 1268 Inowraclaw (?) 1396 Pr. Holland 1510 Riesenburg 1209 Wien 1271 Meran Brixen 1225 Riga Sterzing 1376 Reval 372 Sitzung der phys.-math, Klasse vom 18, Juni 1877. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Memoires de V Academie Imp. des sciences de St, Pitersbourg. VIL Serie. T. XXII, N. 1—12. T. XXIII, N. 2 — 8. T. XXIV, N. 1—3. St. Pe- tersbourg 1874—1877. 4. Nachrichten und gelehrte Denkschriften der K» Universität zu Kasan, Jabig. 43. 1876. Kasan. 8. (russ.) Atti del R. Istituto Veneto di seiende, lettere ed arti. T. I. II. III. Disp. l — 3. Serie V. Venezia 1874-1877. 8. Annales de chimie et de physique, S»'»ric V. Mai 1877. T. XI. Paris 1877. 8. Puhlication des K. Preuss, Geodätischen Institutes. — Astronomisch-geodätische Arbeiten im Jahre 1870. Berlin 1877. 4. P. Gervais, Journal de Zoologie. T. VI. N. 2. Paris 1877. 8. Bulletin de la Societe math. de France. T. V. N. 4. ib. eod. 8. The American Journal of science and arts. Series III. Vol. XIII. N. 78. New Haveu 1877. 8. 18. Juni. Sitzung der physikalisch -mathemati- schen Klasse. Hr. Borchardt las über die Darstellung der Kummer'schen Fläche 4. Ordnung mit 16 Knotenpunkten durch die Göbersche biquadratische Relation zwischen 4 3-- Funktionen mit 2 Variabein. Oesammtsitzung vom 21. Juni 1877. 3 73 21. Juni. Gesammtsitzuiig der Akademie, Hr. V. Sybel las über Graf Lelirbach. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Rad jugoslavenske Akademije znanoati i umjetnosti. Knjiga XXXIX. Zagre- bu 1877, 8. Mit Begleitschreiben. Verhandlungen der j)hi/itikai.-medtcin. Gesellschaft :u JVurzbiirg, Neue Folge. Bd. X, Hefts. 4. Würzburg 1877. 8. Atti della R. Accademia dei Lincei, Anno CCLXWIV. 1876—1877. Serie Terza, Transunti Vol. I. Fase. 6. Roma 1877. 4. Annalele Societatii Academice Romane, Sess. aun. T. IX. Bucuresci 1876. 8. T. Ciparin, Granimteca Limbei Romane, Parte II. Sintctica. ib. 1877. 8. Astronomischey magnetische und meteorologische Beobachtungen an der K, K. Sternwarte zu Prag im J. 1876, Jahrg. 37. Prag 1877. 4. Tydschriß voor Indische Taal-, 1 and- en Volkenkunde, Deel XXIII. Aft. 2-6. Deel XXIV. Aft. 1. 2. 3. Batavia 1875—77. 8. Mit Begleitschreiben. Notulen, XIV. 187C. N. 1. 2. 3. ib. 1877. 8. Het Maleisch der Molukken door F. S, A, Clercq, ib. 1876. 4. Verslag van eene Verzameliny Handschrißen, door Mr. L, C, van den Berg, ib. cod. 8, Catalogus der ethnologische A/deeling van het Museum. 2. druk. ib. 1877. 8. V. Schmidt, Assyriens og Aegyptens gamUi Historie, Dell. II. KjobenhavD 1872 — 77. 8. Vom Verf. durch Hrn. Lepsius überreicht. *Puppi Alexandrini Collectionis quae supersunt e libris manu scriptis edidit tat. interpret, et commcnt. instruxil Frid. Hultsch, Vol. II. Bcrolini 1877. 8. The 5e Annual Rvport of the Board of Directors o/ the zoological Society of Philadelphia, Philadelphia 1877. 8. Mittheilungen der antiquaribchcn Gesellschaft in Zürich, Bd. XIX. Heft 2. 3. 4. Zürich 1876/77. 4. 374 Gesammtsitzung 28. Juni. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. A. W. Hof mann legte eine Abhandlung vor: Versuche über die Einwirkung des Chlor-, Brom- und Jodmethyls auf Anilin. Vor einigen Jahren habe ich der Akademie eine Abhandlung vorgelegt, in welcher die Darstellung und die ^Eigenschaften des Monomethylanilins eingehends beschrieben sind. Derselbe Gegen- stand ist vor Kurzem von Hrn. A. Kern bearbeitet worden. In einer an die Deutsche Chemische Gesellschaft gerichteten Mitthei- lung hat derselbe über seine Resultate ausführlich berichtet.^) Alle seine auf die Darstellung des Monomethylanilins abzielenden Ver- suche sind fruchtlos gewesen und er gelangt schliesslich zu der Ansicht, dass man das Monomethylanilin bisher überhaupt nocL nicht hervorgebracht habe. „Wenn ich**, s.igt Hr. Kern, „hier zunächst positiv nachzuweisen versucht habe, dass mit einer Me- thylhalogen Verbindung kein Monomethylanilin zu erhalten ist, so soll damit die Existenzfähigkeit desselben nicht bestritten sein, wohl aber, dass es bis jetzt noch nicht (sie!) dargestellt wurde.** Ich muss gestehen, dass mir der logische Zusammenhang zwischen Hrn. Kern's negativen Versuchen und den positiven Ergebnissen, welche ich nach anderer Methode arbeitend, gewonnen habe, unverständlich ist. Selbst vorausgesetzt, dass Hr. Kern seine Versuche über die Einwirkung des Jodmethyls auf das Anilin mit vollendeter Sachkcnntniss und Sorgfalt ausgeführt hätte — was ich nicht behaupten will — so wurde sich aus seinem Misserfolg noch lange nicht ergeben, dass Andere mit Brommethyl oder Chlor- methyl experimentirend nicht glücklicher gewesen seien. Es liegt gewiss ebenso sehr im Interesse der Wissenschaft wie eines jeden Experimentators, dass die Angaben eines Jeden von Anderen nach den verschiedensten Seiten geprüft und, wie dies so oft nöthig ist, berichtigt werden, allein es zeugt denn doch von nicht geringer Selbstüberschätzung, wenn ein Forscher auf Grund einiger negativer Resultate hin sich alsbald für berechtigt hält, die positiven. Schritt für Schritt durch Zahlen bekräftigten Angaben eines Fachgenossen ohne Weiteres in Abrede zu stellen. Die Anzweiflung seitens Hrn. Kern's von Thatsachen, welche ich der Akademie als Ergebniss sorgfältiger Versuche unterbreitet 0 Kern, Ber. Cbem. Ges. X. 105. vom 28. Juni 1877. 375 habe, legt mir die wenig erfreuliche Pflicht auf, einen Gegenstand, der an und für sich nur ein beschränktes Interesse bietet, in der heutigen Sitzung nocliinals zur Spruche zu bringen. Meine ersten Versuche, das Anilin zu methyliren, gehen bis zum Jahre 1850^) zurück, allein sie wurden in sehr kleinem Maafs- Stabe ausgetuhrt, und das damals mit Brommethyl und Jodmethyl dargestellte Methylanilin war, wie ich dies bereits selbst hervor- gehoben habe-), mit Anilin verunreinigt. Erst vor wenigen Jahren**) habe ich das Studium dieses Kör* pers unter gunstigeren Bedingungen wieder aufgenommen. Die Methylderivate des Anilins waren mittlerweile Gegenstand der in- dustriellen (iewinnung nach einem von Hrn. Bardy angegebenen Verfahren geworden, welches wesentlich in einer glficklich disponir- ten Substitution des Chlormethvls für Brom- und Jodmethvl be- steht. Jedermann weiss, dass im Augenblick grosse Mengen von „Methylanilin ^ durch die Einwirkung von Methylalkohol auf salz- saures Anilin bei hoher Temperatur und unter Druck fabrikmässig dargestellt werden. Mit Versuchen beschäftigt, welche erhebliche Quantitäten (meh- rere Pfunde) vollkommen reinen Monomethylanilis erheischten, ver- suchte ich vor einigen Jahren (1874) ob man nicht von dem Me- ihylanilin der Industrie ausgehend zu der reinen Mouoverbindung gelangen konnte. Ein mir zur Verfügung stehendes Methyluniliu erwies sich noch stark anilinhaltig, schien also für den in Aus- sicht genommenen Zweck besonders geeignet. Nach Abscheidung des Anilins in der Korm von Sulfat blieb ein zwischen 190 — 193** siedendes Oel, in welchem das Monomethylanilin, wenn es vorhan- den, enthalten sein musste. Die Leichtigkeit, mit welcher Acetyl- chlorid auf primäre und secundärc Amine einwirkt, während tertiäre nicht angegriflen werden, bezeichnete das genannte Chlorid als ein Agens für die Trennung der in dem Ole vorausgesetzten beiden Basen. Der WtsucIi bethätigte diese Erwartung. Ohne alle Schwierigkeit bildeten sich reichliche Mengen einer prachtvoll kry- stallisirenden Verbindung von charakteristischem Schmelzpunkte, deren Analyse genau der Formel des erwarteten monomethylirten Acetanilids ') Hofiuunn, Ann. Chem. l'huriii. LXXIV, 151. *'') Derselbe, Monatsbericht. 1874. 327. ^) Ebendas. 324. 3 7 G GesammU itzung Ha N ,H,o; CsHj C c„ . entsprach. Mit Salzsäure zerlegt lieferte diese Acetverbindung eine bei 190—191° constant siedende Base, welche in der Form des Platinsalzes mehrfach analvsirt sich als reines Monomethyl- anilin erwies. Ich habe nach diesem Verfahren grosse Quantitäten Monomethylanilin gewonnen und Hr. Smyth^) hat sich derselben Methode bedient, um das gesammte für seine Untersuchung der Monomethylanilinsulfosäure nothige Material darzustellen. Wie übereilt und unüberlegt seine auf negative Versuche ge- stutzte Schlussfülgerungen gewesen ist, hat Hr. Kern sehr bald erfahren müssen. Fast unmittelbar nach seiner Mittheilung ist eine Arbeit von Hrn. Paul He pp^) über das Monomethylanilin erschienen. Hr. Hepp stellt die Base aus derselben Acetverbindung dar, welche mir als Ausgangspunkt diente, allein er gewinnt diese Verbindung nach einem neuen und sehr eleganten Verfahren, indem er das Anilin zunächst acetylirt, das Acetanilid alsdann in eine Natrium- verbindung verwandelt und diese mit Jodmethyl behandelt Cs H5I Ce II5 "I Cß Hs 1 Cf. Hs HIN C2H3O hJ H N C3H3OIN CoHaOlNO Na i C H. J Die Eigenschaften des von Hrn. Hepp dargestellten Monomethylanilins fallen begreiflich mit denen des von mir gewonnenen zusammen. Ich könnte hier abbrechen, allein der Aufsatz des Hm. Kern hat einige Versuche veranlasst, welche zunächst zu meiner Be- lehrung unternommen wurden, von deren Ergebnissen jedoch auch Andere mit Nutzen Kenntniss nehmen dürften, insofern dieselben nicht nur das Monomethylanilin in inlegrum restituiren — was durch die Arbeit des Hrn. Hepp bereits zur Genüge geschehen war — sondern auch den Beweis führen, dass den irrigen Schlussfolgerungen des Hrn. Kern nicht einmal richtige Versuche zu Grunde gelegen haben. Wenn man sich mit Versuchen über das Verhalten des Anilins zu den Halogenderivaten des Methylalkohols beschäftigen will, so *) Smyth, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft VII, 1240. 3) Hepp, Daselbst X, 327. vom 28, Juni 1877. ^11 liegt es nahe, auf die Erfahrungen zurück zu gehen, 'welche über die Einwirkung der Alkohol-Haiogenidc auf das Ammoniak vor- liegen. In dieser Beziehung sind die Beobachtungen von Interesse, welche ich ^) vor nahezu 30 Jahren über die Einwirkung des Jod- methyls auf das Ammoniak mitgetheilt habe. L&sst man bei der Temperatur des siedenden Wassers eine concentrirte Lösung von Ammoniak auf Jndmethyl einwirken, so wird das letztere schnell aufgelöst und die Lösung enthalt nunmehr in überwiegender Menge das letzte Product, welches sich überhaupt bilden kann. Aber neben diesem letzten Product lassen sich sämmtliche möglichen niedrigeren Substitutionsproductc nachweisen, so dass man in der That nicht weniger als 5 verschiedene jodwasserstoifsaure Salze in der Losung hat, nämlich die Verbindungen H, N . HJ; ^J. N . HJ; .^S > N . HJ; (CH,), N . HJ; (CIl3)3 N . CH3 J. In kleinster Menge bildet sich hier die secundäre Base; allein durch später in grossem Mafsstabe ausgeführte Versuche,^) ist es mir gelungen, auch diesen Körper im Zustande der Reinheit zu erhalten. Die Reaction verläuft also ganz den Traditionen getreu, welche aus dem Studium der Substitutionsprocessc im Allgemeinen her- vorgegangen sind. Das Auftreten sämmtlicher Substitute lässt schliesseu, dass sich zuerst die einfachen Glieder der Reihe bilden, welche alsdann unter dem fortdauernden Einflüsse des Substitutions- agens theilweise, oft nahezu vollständig, in die höheren Glieder übergehen. Je kräftiger das Substitutionsagens ^ um so weiter wird sich die Substitution erstrecken und um so zahlreicher werden die Glieder sein, die überhaupt auftreten können. Im vorliegenden Falle wird die Substitution bei Anwendung von Jodmethyl tiefer eingreifen, als durch die Einwirkung von Brommethyl und letzteres wird immer noch höher gegliederte Substitutionsproductc liefern, als das Chlormethyl. Ausserdem liegt es auf der Hand, dass man, wenn hochsubstituirtc Producte verlangt werden, einen Uebcrschuss des Substitutionsagens, dass man dagegen, wenn es sich um die ') Hof mann, Ann. Chem. Pharm. LXXDC, 16. 3) Hofmann, Lond. R. S. Proc. X, 380. 378 Gesam m tsitzung Darstellung der Anfangsglieder der Reihe handelt, den Korper, in w'elchem sich die Substitution vollziehen soll, im Ueberschusse an- wenden muss. Wenn man Jodmcthvl auf Anilin einwirken lasst, so werden sich offenbar sänimtliche Methylä>ubstitute bis zum Jodmethylat des Dimethylanilins hinauf bilden können und es wird von den beson- deren Bedingungen des Versuchs — von den Verhältnissen, in welchen die Korper aufeinanderlrefllen, von dem Lösungsmittel, von dem Grade der Verdünnung, von der Temperatur — abhängen, in welchem Stadium der Substitution die Reaction mit Vorliebe stehen bleiben und welches Product vorwaltend auftreten wird. Um eine möglichst grosse Menge von Monomethylanilin zu erhalten, wird man einen möglichst grossen Ueberschuss von Anilin in Action treten lassen müssen. Allein mit der Erzeugung des Monomethylanilins ist die Auf- gabe nicht gelöst, es handelt sich noch um eine gute Methode, die monomethylirte Base in Gegenwart der dimethylirten zu erkennen. Da beide Substanzen in ihrem chemischen Charakter übereinstimmen und fast genau bei derselben Temperatur sieden, so musste man an ein Agens denken, welches der Natur der Sache nach nur auf den einen Bestandtheil der Mischung einwirken konnte. Da lag es denn wieder nahe, die von mir schon früher angegebene Be- handlung des Gemenges mit Acetylchlorid zu versuchen, allein man würde nicht vergessen dürfen, dass dieses Chlorid bisher nur zur Abscheidung der monomethylirten Base aus einer monomethyl- anilin reichen, nicht aber zum Nachweis derselben in einer mono- methyl armen Mischung angewendet wurde. Man würde nicht er- warten dürfen, wenn nur wenig Monomethylanilin vorhanden wäre, dass die Acetverbindung, trotz ihrer stark ausgeprägten Krystalli- sationsfähigkeit, so ohne Weiteres in Krystallen anschösse und man würde Sorge tragen müssen, den Ballast von essigsaurem und salzsaurem Dimethylanilin zu entfernen, um der Acetverbindung Spielraum zum Krystallisiren zu verschafien. Dies gelingt denn auch in der That ohne Schwierigkeit, 8ei*s durch Abdestilliren des essigsauren Salzes, sei's durch Ausschütteln der Flüssigkeit mit Acther; allein es leuchtet ein, dass man noch viel schneller zum Ziele gelangen muss, wenn man die Bildung von salzsauren Salzen ganz und gar vermeidet. Zu dem Ende braucht man nur dem Acetylchlorid ein anderes Acetylirungsagens vom 28. Juni 1877. 379 zu sabstitaireo. Ein solches bietet sich in dem Anhydrid der Essigsaure. Um die mit Hülfe dieses Anhydrids gebildete Aceto verbin düng als Index für die Gegenwart von Monomethylanilin betrachten zu dürfen, musste zunächst festgestellt werden, dass das Anhydrid keinerlei Wirkung auf das Dimetliylanilin ausübt. Obwohl eine solche Wirkung kaum wahrscheinlich war, so hätte möglicherweise doch eine Umsetzung nach der Gleichung Q jj J C, Ha O j ^^ jj^ ^ J C, H3 O j eintreten können. Um diese Frage zu entscheiden wurden 12 Grm. vollkommen reines Dimethylanilin (dargestellt durch Destillation von Trimcthyl- phenylanimoniumhydroxyd und zwischen 192 — 193° siedend) mit 5 Grm. Essigsäurcanbydrid gemischt. Das in die Flüssigkeit ein- gesenkte Thermometer zeigte nicht die geringste Temperaturver- änderung, eine Erscheinung, aus der sich alsbald erschiessen liess, dass keine R(;action stattgefunden habe. Die Mischung wurde nun destillirt; sie begann bei etwa 140° zu sieden. Der Siedepunkt stieg alsdann auf 193°, bei welcher Temperatur er sich erhielt, bis nur noch ein paar Tropfen Flüssigkeit im Siedekolben zurückge- blieben waren. Dieser kleine Rückstand wurde Tage lang an der Luft stehen gelassen, ohne das eine Spur von Krystallen entstan- den wäre. Nun wurde dem Destillate 1 Grm. Monomethylanilin (aus der Acetverbiudung gewonnen) zugesetzt; alsbald erfolgte eine starke Wärmeentwickelung, das Quecksilber stieg um 30 Grade und als man nun von Neuem destillirte, war selbst bei 220° noch eine erhebliche Menge von Flüssigkeit in dem Kolben geblieben, welche beim Erkalten zu einer prachtvollen Kry Stallmasse von dünnen vier- seitigen Tafeln erstarrte. In heissem Wasser gelöst lieferten die gepressten Tafeln die langen Spiessc von Methylacetanilid, wie ich sie früher beobachtet hatte. Als das Destillat nochmals destillirt wurde, wiederholte sich diese Erscheinung; allein es hatten sich diesmal viel weniger Kry stalle gebildet; aber selbst bei einer dritten vierten und fünften Destillation erschienen noch Krystalle^ bei der letzten allerdings nur noch in sehr geringer Menge. Es war somit eine einfache Methode des Nachweises von kleinen Mengen Mono- methylanilin in selbst erheblichen Quantitäten von Dimethylanilin gegeben. [1877] 2» 380 Gesamnitsitzung Die Entscheidang der Frage, ob sich bei der Einwirkung von Chlormetbyl, Brommctliyl und Jodmetbyl auf Anilin Monomethyl- anilin bilde, unterlag jetzt keiner Schwierigkeit mehr. In seiner Abhandlung über die Darstellung des Monomethyl- anilins fasst Hr. Kern das Ergebniss seiner Versuche über diese Frage in folgenden Worten zusammen: ^Ich halte es mit diesen Versuchen demnach für vollknmnien erwiesen, dass bei der Ein- wirkung von Jodmethyl auf Anilin unter keinen Verhältnissen Mono- thylanilin entsteht und halte ich dies mit dem von mir schon früher Mitgetheilten^) zusammen, so darf ich mich wohl allgemein dahin ausdrücken, dass durch Einwirkung von Chlor-, Brom- und Jod- methyl auf Anilin kein Monomethylanilin erhalten wird, sondern dass die Substitution, wie schon damals ausgesprochen, sich stets auf die beiden Amidwasserstoffatome des Anilins erstreckt, und zwar so, dass das einmal angegriffene Aniliiy olecul sofort in Dime- thylanilin übergeführt wird.'' Meine eigenen Versuche haben zu folgenden Resultaten geführt: Versuch mit Chlormethyl. Das Chlormethyl wurde nach der vortrefflichen Methode von C. E. Groves durch Einleiten von trockner Salzsäure in reinen Methylalkohol bei Gegenwart von Zink- chlorid dargestellt. Es strich durch mehrere Flaschen, welche Alkali enthielten^ dann durch Wasser, welches keine saure Reaction mehr annahm und endlich durch Schwefelsäure, um mit Anilin zusammen- zutreten. 150 Gr. der trocknen Base waren in 3 kleine Ballons vertheilt, deren jeder seinen Rückflusskühler hatte, so dass man das Anilin während der ganzen Operation im Sieden erhalten konnte. Nach zwei Stunden traten erhebliche Mengen von Chlormethyl aus dem letzten Ballon aus; so dass die Operation unterbrochen wer- den konnte. Beim Erkalten erstarrten die Flüssigkeiten in Folge reichlicher Ausscheidung eines Chlorhydrats. Es wurde nunmehr trockner Äther eingebracht, und auf diese Weise 100 Gr. reinen salzsauren Anilins erhalten, aus denen sich die Menge des zur Wirk- samkeit gelangten Chlormethyls zu 39 Gr. berechnet. Die ätheri- sche Lösung lieferte mit verdünnter Schwefelsäure noch 41.2 Gr. Sulfat, so dass aus dem Chlorhydrat und Sulfat zusammengenommen 98.2 Gr. Anilin wiedergewonnen wurden, also nur 51.2 Gr., für die Bildung von Methylanilinen, zur Verwendung gekommen waren. ') Kern, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft MII, 771. vom 28, Juni 1877. 381 Boim Verdampfen dos Athors blieb oin basisches Ol zurück, welches alsbald bei der Behandlung mit Essigsäiireanhydrid einen starken Gebalt an Monomethylaniiin zu erkennen gab, denn die Temperatur der Mischung stieg um mehr als 80 Grade. Nach mehrfacher Destillation wurden aus dieser Mischung 34 Gr. reinen Methylacet- anilids, entsprechend 24,4 Gr. Monomethylaniiin erhalten. Diese hatten aber zu ihrer Bildung 11.5 Gr. Clormethyl bedurft und dem Reste 39 — 11.5 = 27.5 Gr. entsprechen 32.9 Gr. Dimethylanilin. Nun sind 24.4 Gr. Monomethylaniiin aus 21.2 Gr. Anilin, und 32.9 Gr. Dimethvlanilin aus 25.3 Gr. Anilin entstanden; es wären hiernach also im Ganzen 21.2-1- 25.3 = 4G.5 Gr. Anilin methylirt worden. Die Differenz 51.2 — 46.5 = 4.7 zeigt, das jedenfalls eine kleine Menge des gebildeten Methylac^tanilids in der Mutterlauge geblieben war. Diese Löslichkeit beeinträchtigt die Ausbeute an Monomethylaniiin, immerhin zeigt der Versuch, dass sich auf 4 Thcilc Dimethylanilin, zum wenigsten 3 Theilc Monoverbindung ge- bildet hatten. Versuch mit Brommethyl. 124 Gr. Anilin in ätherischer Lösung wurde bei gewöhnlicher Temperatur mit 50.5 Gr. Brom- methyl zusammengebracht. Nach Verlauf von 24 Stunden hatten sich 81 Gr. bromwasserstoffsauren Anilins ausgeschieden, woraus sich die Menge des in Wirksamkeit getretenen Brommethyls zu 44.2 Gr. ergiebt. Kleine Verluste sind bei einem so ausserordent- lich fluchtigen Körper wie das Brommethyl kaum zu vermeiden. Aus der ätherischen Lösung wurden ausserdem 86.6 Gr. Anilin- sulfat erhalten, so dass im Ganzen 100 Gr. Anilin wieder ge- wonnen, mithin nur 24 Gr. methylirt wurden. Die aus der ätheri- schen Lösung abgeschiedene Mischung von Basen lieferte nun durch mehrmaliges Destilliren mit Essigsäureanhydrid, — beim Zusatz derselben war auch in diesem Falle eine beträchtliche Temperatur- erhöhung eingetreten — 10 Gr. Acetverbindung, entsprechend 7.2 Gr. Monomethylaniiin. Zu ihrer Bildung sind 6.4 Gr. Brommethyl er- forderlich gewesen; der Rest 44.2 — 64 = 37.8 Gr. hat zur Er- zeugung von 24 Gr. Dimethylanilin gedient. 7.2 Gr. Monoverbindung sind aber aus G.2 Gr. Anilin, 24 Gr. Dimethylanilin aus 18.4 Gr. Anilin entstanden. Es sind also im Ganzen 6.2 -h 18.4 = 24.6 Gr. Anilin methylirt worden. Diese Zahl stimmt aber so genau, als man dies überhaupt nur erwarten kann, mit der Menge von 24 Gr., welcho zur Verfugung stand. 29* 382 Gesammtsitzung Hiernach hatte sich also in diesem Falle auf 3.3 Theile Dirne- thylanilin 1 Theil Monomethylanilin gebildet. Versuche mit Jodmethyl. 150 6r. Anilin in ätherischer Lösung würben bei gewöhnlicher Temperatur mit 76 Gr. Jodmethyl in Wechselwirkung gebracht. Nach einigen Tagen hatten sich 113 Gr. jodwasserstoffsauren Anilins ausgeschieden, aus denen sich die Menge des in AVirksamkeit getretenen Jodmethyls zu 72.6 Gr. berechnet. Die ätherische Lösung lieferte auf Zusatz von ver- dünnter Schwefelsaure noch 111.8 Gr. Sulfat, so dass 120.7 Gr. Anilin zurückgewonnen wurden, also nur 29.3 Gr. zur Methylirung gekommen waren. Als der nach dem Verdampfen des Äthers bleibende Rückstand mit Acetanhydrid behandelt wurde, gab die starke Wärme- entwicklung alsbald die Gegenwart erheblicher Mengen von Mono- methylanilin zu erkennen. Nach mehrfacher Destillation wurden 9 Gr. der Acetverbindung erlialten, welche 6.5 Gr. Monomethyl- anilin entsprechen. Zu ihrer Bildung waren 8.6 Gr. Jodmethyl erforderlich, und es sind demnach 72.6 — 8.6 = 64 Gr. Jodmethyl zur Bildung von 72.2 Gr. Diraethylanilin verwendet worden. 6.5 Gr. Monomethylanilin sind aber aus 5.6 Gr. Anilin, 27.2 Gr. Dimethyl- anilin aus 20.9 Gr. Anilin entstanden. Hiernach waren in dem Versuch 6.5 4- 20.9 = 26.2 Gr. Anilin methylirt worden, während die Differenz des in Arbeit genommenen und wieder gewonnenen Anilins 29.3 beträgt. Bei der Einwirkung von Jodmethyl auf Anilin sind demnach 4.2 Theile Dimcthylanilin auf 1 Theile Monomethyl- anilin entstanden. Aus den beschrieben Versuchen erhellt, dass wenn man nur Sorge trägt^ einen recht grossen Überschuss von Anilin anzuwen- den, bei der Einwirkung des Jodmethyls 21.2 pCt., bei der des Brommethyls 25.2 pCt , bei der des Chlormethyls sogar 45.7 pCt des angegriffenen Anilins als Monomethylanilin erhalten wurden. Allein es verdient hervorgehoben zu werden, dass diese Zahlen Mini- malwerthe darstellen; bei den zahlreichen Operationen sind, der Löslichkeit der Acetverbindung, zumal aber ihrer Flüchtigkeit mit d<'n Wasserdämpfen wegen, erhebliche Verluste ganz unvermeidlich. Könnte man diese Verluste vermeiden, so würde sich das Verhält- nis» noch wesentlich günstiger gestalten. Um zu sehen, ob eine Bildung von Monomethylanilin auch ohne einen Überschuss von Anilin stattfindet, wurde ein zweiter Versuch angestellt, in welchem 1 Mol. Jodmethyl auf 1 Mol. Anilin vom 2^. Juni iS77. 383 zur Anwendung kam. Zu dem Ende wurden 25 Gr. Anilin und 38.8 Gr. Jodmethyl in ätherischer Lösung bei gewohnlicher Tem- peratur gemischt. Aber selbst n«ich S Tagen war die Reaction nicht beendet, denn bei gelindem Erwärmen schieden sich neue Mengen von jodwasserstoffsaurem Anilin aus. Erst nach mehr- facher Destillation erfolgte keine weitere Salzbildung mehr, w^obei jedoch begreiflich viel Jodmethyl verloren ging. Es wurden schliess- lich 30 Gr. jodwasserstöffsauren Anilins entsprechend 19.2 Jod- methyl erhalten. Das mit Schwefelsäure ausgefällte Sulfat wog 6.0 Gr. so dass im Ganzen IG.O Gr. Anilin zurückerhalten wurden, mithin 8.1 Gr. methvlirt worden waren. Durch Destillation mit Acet- anhydrid entstanden aus dem Gemenge von Nfono- und Dimethylanilin 1.3 Gr. der Acetverbindung, welche 0.9 Gr. Monomethylanilin ent- sprechen. Hieraus berechnet sich, da die Menge des verbrauchten Jodmethyls bekannt ist, die Menge des gebildeten Dimethylanilins zu 7.G Gr. Es waren also auf 1 Theil Monomethvlanilin in diesem Versuche 8.5 Theile Dimethylanilin erzeugt worden oder aber eg hatten sich nur 12.5 pCt. des angegriffenen Anilins in Mono- methylanilin verwandelt. Immerhin bleibt es bemerkenswerth , dass sich unter so un- günstigen Verhältnissen noch eine so erhebliche Menge der mono- methylirten Base gebildet hatte. Jedenfalls aber ist durch die im Vorstehenden beschriebenen Versuche über die Einwirkung des Chlor-, Brom- und Jodmethyls auf das Anilin, die auf irrigen Untersuchungen fussende Ansicht des Hrn. Kern^ das sich mit Hülfe der Methylhalogenide kein Monomethylanilin erhalten lasse, unzweifelhaft widerlegt. Nach diesen Erörterungen könnte es fast überflüssig erscheinen, auf die Bildung des Monomethylanilins bei der fabrikmässigen Dar- stellung des „Methylanilins^ nach besonders einzugehen. Ist es ja doch in diesem Processe schliesslich nur das Chlorraethyl in condicione vascendi^ welches die Methylirung besorgt. Gleichwohl hat mir die erneuete Beschäftigung mit diesem Gegenstande mancher- lei Aufschlüsse verschafft, welche vielleicht auch Anderen will- kommen .sein möchten. Über die Beobachtungen, welche Hr. Kern bei der Fabrika- tion des Methylanilins im Grossen gesammelt hat, sind von demselben Mittheilungen an die chemische Gesellschaft in Zürich gemacht worden, über welche Hr. R. Gnehm der Berliner Gesellschaft be- 384 Oesammtsitzung rieb tot hat^). ^Aus denselben geht hervor, dass die MethyliroDg des Anilins mittelst Holzgeist und Salzsäure sich stets auf die beiden Amid Wasserstoffe erstreckt, so zwar, dass das einmal an- gegriiTene Anilinmolecul sofort in Dimethylanilin übergeht. In dem Reactionsproduct konnte nämlich Hr. Kern, selbst wenn die Me- thylirung, sei es absichtlich oder unabsichtlich , keine vollständige war, neben Dimethylanilin wolil noch intactes Anilin^ nie aber die mouomcthylirte Base nachweisen." Nach dem bereits oben Gesagten bedarf es keiner weiteren Erklärung mehr, weshalb Hr. Kern, auf directc Bildung von Kry- stallen durch Chloracetyl sicli verlassend, zu negativen Resultaten gelangt ist. Mit Hülfe des Essigsäureanhydrids lässt sich nach- w^cisen, dass das Monomethylanilin der con staute Begleiter des Dimethylanilins ist. Mir ist bis jetzt kein ^Mcthylanilin^ des Handels durch die Hände gegangen, in welchem ich nicht Mono- methylanilin — wenn auch meist nur in geringer Menge — auf- gefunden hätte. Der Güte der HHrn. Martius und Mendel sohn- Bartholdv verdanke ich eine Reihe von Handelsmustern, meist älteren Datums, welche Hr. Richard Barnes im hiesigen Labo- ratorium nach dem oben beschriebenen Verfahren auf ihren Ge- halt an Monomethylanilin untersucht hat. In allen Fällen gab sich dieser Gehalt alsbald durch eine Temperaturerhöhung beim Zu- satz des Anhydrids zu erkennen. Es wurden folgende Procente gefunden : Holliday, Huddersfield 0.7 pCt Clavel, Basel 2.5 - Vedles, Paris 5.1 - Bindschcdlcr und Busch 5.3 - Aber auch das im Augenblick fabricirte „Methylanilin " ent- hält Monomethylanilin, obwohl in ganz unwesentlicher Menge. Das gewohnliche Handelsproduct der Firma Tillmanus & Co. in Crefeld enthält nach meinen Versuchen 1.5 pCt. Monomethyl- anilin, das Product, welches in den Werkstätten der Berliner Actien- gesellschaft für Anilinfabrikation bei der Darstellung des Methyl- viülets zur Anwendung kommt, nach Versuchen, welche Hr. Dr. Geyger, der Dirigent dieser Abtheilung, nach demselben Ver- fahren angestellt und mir freundlichst niitgetheilt hat, zwischen 1 ') Kern, Bcriclite der Dcutuchcii Chemischen Gcselljjcliaft VIII, 771. vom 28, Juni 1877. 385 and 2 pCt. Monomethylanilin^). Koine dieser Proben lieferte mit Chloracetyl behandelt aläbald Krystalle der Acetverbindung, allein auch in keiner derselben entstand auf Zusatz von verdünnter Schwelsäure ein Niederschlag von Anilinsulfat wie in dem Pro- ductc. welches mir vor einigen Jahren als Rohmaterial für die Darstellung des Monomethylanilins gedient hatte. Hieraus geht hervor, dass das ^ Methylanilin ^ ik'H Handels im Augenblick ein andiTes ist, als vor 3 Jaliren, was nicht auffallen kann, wenn man bedenkt, dass man in den ersten Jahren der Methylviolet- fabrikation nicht wusste, was man heute weiss, das nämlich das Dimethylanilin das eigentliche furbgebende Product ist. Auch diu viel geringere Reinheit des Methylalkohols mag, wie dies von Hrn. Krämer betont worden ist, dazu beigetragen haben, das früher vielfach anilin- und monomethylanil inhaltige Producte in den Handel gekommen sind. Das „Methylanilin-, aus welchem ich vor mehreren Jahren das Monomethylanilin zuerst im reinen Zustande dargestellt hatte, stammte aus der Fabrik von Hrn. Tillmanns zu Crefeld, in welcher damals Hr. Friedrich Hobrecker die Fabrikation des •jMethylaniiins'' eben begonnen hatte. Ich frug daher bei Hrn. Hobrecker an, ob sich noch über die Abkunft des Products, mit dem ich gearbeitet hatte, etwas feststellen lasse, und habe um- ») Hr. John Spiller (Lond. K. Soc. Proc. XXI, 204) hat vor einiger Zc aus den No!)i'nproducte zu über- tuenden: >i<* siodeten zwisrhen 100° und 218^'. Durch mehrfache Destillation hat Hr. Harn<*.s das unter 200° siedende getrennt, ßui der Behandlung der niedrig siodendi'n Fraction mit Acctanhydrid wurden sfhliessliih Ivrystalle erhalten, die aher mir Methyhuetanilid nichts gemein hatten. Der hei 145° liegenlzpunkt charakterisirt diese Substanz als Aeettuluidid. Mit Salzsäure zerlegt, lieferte .^ie in der That reines Paratoluidin vum Schmelz- punkt ib^. Munomethylauiliu acheiuen also diese Producte nicht zu enthalten. 386 Gesammtsitzung gehend die erwünschte Auskunft erhalten. Obwohl gegenwärtig ir einem ganz anderen Zweige der chemischen Industrie arbeitend, war Hr. Hobrecker, indem er sein Arbeitsjournal nachschkig, gleichwohl noch im Stand, mir genau die Details der Operfttion anzugeben, aus welcher das zu meinen Versuchen verwendete ^Me- tliylanilin^ hervorgegangen war. Nach seiner freundlichen Mit- theilung bestand die Beschickung des Autoclaven aus 40 Thin. Anilinchlorhydrat, 60 Thln. Anilin und 35 Thln. Methylalkohol. Die Mischung wurde zunächst zwei Stunden lang auf 200° erhitzt und alsdann noch weitere 10 Stunden lang zwischen 235 und 240^ erhalten. Diese Verhältnisse haben sich denn auch in einem neuen Versuche auf das Gländzendste bewahrt. Hr. Dr. Heinrich Buff von der Firma H. Tillmanns in Crefcld hat mit der liebenswür* digsten Bereitwilligkeit, für welche ich ihm sehr dankbar bin, in den Werkstätten der Crefelder Fabrik einen Versuch im Grossen nach den (»ben angegebenen Verhältnissen ausfuhren lassen. Bei dieser Operation wurden 80 Kilogramm methylirten Products von genau den Eigenschaften erhalten, welche ich früher beobachtet hatte. Bei der Untersuchung erwies sich dasselbe aus 25 Thln. Anilin 30 Thln. Monomethvlanilin und 45 Thln. Dimethvlanilin zusammengesetzt. Die Analyse wurde in diesem Falle, nach Ab- scheidung des Anilins als Sulfat, mit Acetylchlorid ausgeführt, in- dem man überdies Sorge trug, die wässerige Mutterlauge der Kry- stalle von Methylacetanilid nach dem Eindampfen mehrmals mit Äther auszuschütteln. Man erhielt auf diese Weise noch erheb- liche Mengen der Verbindung. Aus 100 Gr. des mir von Hrn. Buff übersendeten Productes wurden nach Entfernung des Anilins als Sulfat, theilweiso direct krystallisirt, theil weise durch Aus- schütteln mit Äther 41.7 Gr. der Acetverbindung erhalten, welche 30 Gr. Monothylanilin entsprechen^). *) Ich habe bei dieser Gelegenheit wieder grosse Mengen des früher von mir beschriebenen pruclitvollcn Methyiacctanilids in Händen gehabt, weiche ich des Ocftercu in Krystuilen vun 1 Decimeter Lange habe anschiessen sehen. In vom 28. Juni 1877. 387 Diese Versuche zeigen, dass auch die Ansicht^ welche Hr. Kern über die fabrikmussigc Darstellung des ^Methylanilins'^ aus- gesprochen hat, nicht stichhaltig ist. Nach allen diesen Ergebnissen scheint mir wohl die einfache Annahme gerechtfertigt, es erfolge die Bildung der Methylsubstitute des Anilins wie die der Substitntionsproductc im Allgemeinen, d. h. es wird zunächst das erste Substitut gebildet, aus dem alsdann die anderen durch progressive Substitution entstehen. Ist dem aber so, so wird auch, wenn man in den methylirten Anilineu wieder Wasserstoff an die Stelle der Methylgruppen treten lasst, der Abbau, wie vordem der Aufbau, stufenweise stattfinden. Schon vor vielen Jahren habe ich^) gezeigt, dass sich das Chlorid des Teträthylammoniums bei der Destillation in Chloräthyl und Triäthylamin, das Chlorhydrat des Triäthylamins in Chloräthyl und Diätliylamin, das Chlorhydrat des Diäthylamins in Chloräthyl und Athylamin, das Chlorhydrat des Athylamins schliesslich in Chloräthyl und Ammoniak spaltet. Es gelingt aber nur schwierig, die verschiedenen Reactionen auseinander zu halten. In der Regel bilden sich mehrere Producte dieser umgekehrten Substitution neben einander. Am Schliisse seiner Arbeit citirt Hr. Kern Versuche, welche Hr. Ad. Weber in ähnlicher Richtung über die Einwirkung der W^ärnie auf das salzsaure Dimethylanilin angestellt hat. Diese Versuche sind in einer Inaugural-Dissertation (Zürich 1876) be- schrieben, die mir leider nicht vorliegt. „Zu Gunsten meiner oben ausgeführten Ansicht*^, sagt Hr. Kern, „muss icii auch von Hrn. Ad. Weber ausgeführte Versuche meiner früheren Ahliandlnng ist der Schmelzpunkt zu 104° an^egelien, diese An- gabe ist fehlerhaft ; iirh vormuthc es sollte 100.4 heissen. Hr. Ilepp (Beriehfe der Deutschen Chem. Gesellschaft X, .^27) hat den Schmelzpunkt hei 101 bis 102° gefunden. Nach sehr sorgfaltigen Heobachtungen mit den verschiedensten Präparaten, . das Dimethylanilin auf einen Überschuss von feurig geschmolzenem Anilinchlorhydrat tröpfeln, so wird be- greiflich zuletzt alles Dimethylanilin in Anilin zuruckverwandelt. Die Versuche verlaufen also grade so, wie es sich der Theorie nach erwarten lässt. Sehliesslich ist es mir eine angenehme Pflicht Hrn. Dr. Georg Körnirr für die Sorgfallt, Sachkenntniss und Ausdauer zu danken, mit welcher er mich bei Anstellung der beschriebenen Versuche hat unter.stiitzen wollen. Hr. A. W. Hofmann las ferner: Über die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf die Isonitrile. Seit ich vor etwa zehn Jahren in der Einwirkung von Chloro- form oder chloroformbildenden Körpern auf Monamine eine allge- meine Rcaction anfland, in welcher die Isonitrile sowohl der Fett- als auch der aromatischen Reihe gebildet werden, habe ich mich zu wiederholten Malen mit diesen Substanzen beschäftigt, bin aber stets bald wieder von dieser Beschäftigung abgekommen, weil ich meine Arbeitsgenossen nicht allzulange mit dem auf die Dauer nahe- zu unerträglichen Gerüche dieser Körpergruppe belästigen wollte. 390 GesammUitzung In den letzten Wochen sind einige Versuche, die Thioameisen- säure darzustellen, Veranlassung gewesen, das Studium der Isoni- trilc wieder aufzunehmen. Indem ich der Gesellschaft einige Er- gebnisse mittheile, zu welchen diese Studien bereits gefuhrt haben, ist CS mir eine angenehme Pflicht, Hrn. Dr. Richard Kirchner und Hrn. Wili am Simpson für den wahrhaft opfermuthigen Bei- stand zu danken, welchen die Genannten mir bei dieser Unter- suchung haben leisten wollen. Die ThioformylsHurc konnte sich möglicher Weise aus den geschwefelten Formamidcn gewinnen lassen, deren Darstellung bis jetzt nicht versucht worden ist, aber keine allzugrossen Schwierig- keiten zu bieten schien. Man weiss aus den schönen Untersuchungen Cahours'^), dass die Nitrile 1 Mol. Schwefelwasserstoff zu fixiren im Stande sind und es war kaum zu bezweifeln, dass die Isonitrile unter geeigneten Bedingungen ein ähnliches Verhalten zeigen wür- den. Der Versuch hat diese Voraussetzung bestätigt. Ich habe zunächst in der aromatischen Reihe gearbeitet und zwar im directen Anschluss an die Versuche von Cahours, wel- cher bekanntlich das Benzonitril durch Behandlung mit Schwefel- wasserstofiF in Thiobenzamid übergeführt hat. Giesst man reines Isocyanphenyl in einen mit trockenem Schwe- felwasserstoff gefüllten Ballon, so beobachtet man zunächst keine Veränderung, allein nach und nach verliert die Flüssigkeit die Leichtbeweglichkeit und hat sich nach Verlauf einiger Tage in eine gefärbte krystallinische Masse verwandelt, welche an der Glaswand des Gcfässes fest anhaftet. Man nimmt sie in Äther auf, der sie leiclit löst, und krystallisirt die nach dem Verdampfen des Äthers zurückbleibende noch unreine Substanz aus siedendem Wasser um. Beim Erkahen scheiden sich zarte weiche Blätter aus, welche alle Merkmale eines chemischen Individuums tragen. Sie stellen in der That das gesuchte Thioformanilid oder Phenylthioforma- mid dar. Diu Gewinnung des Isocyanphenyls im Zustande der Reinheit ist eine umständliche und zeitraubende Operation. Der Gedanke lag daher nahe, zu versuchen, ob man nicht statt des reinen Iso- cyanphenyls das noch anilinhaltige Rohproduct anwenden könne, welches man bei der Einwirkung von Chloroform auf Anilin in ») Cahours', Compt. rcntl. XXVII, 293. vom 28, Juni 1877. 391 Gegenwart von alkoholischer Kalilösuug so leicht erhält. Dahin abzielende Versachc sind denn auch nicht ohne Erfolg geblieben. Versetzt man eine möglichst concentrirte alkoholische Losung von Kalihydrat mit Anilin und giesst alsdann langsam Chloroform zu, so erfolgt bekanntlich eine stürmische Reaction^ in welcher sich reichliche Mengen von Isocyanphenyl bilden. Ich habe bisher aequivalente Mengen der aufeinander reagirenden Korper — 1 Mol. Anilin, 1 Mol. Chloroform und 3 Mol. Kalihydrat — angewendet, ohne jedoch behaupten zu wollen, dass man auf diese Weise die vortheilhafteste Ausbeute erlange; zur Ermittelung der besten Ver- haltnisse sind weitere Versuche im Gange. Wird dem auf die angegebene Weise erhaltenen Rohproduct nach dem Erkalten noch eine stark gesättigte alkoholische Lösung von Kaliumsulf hydrat zugefugt, so ist bereits nach einigen Stunden eine erhebliche Menge der gesuchten Substanz entstanden. Leider bilden sich gleichzeitig andere Körper in beträchtlicher Qualität, ausserdem sind stets viel Anilin und Chloroform unverändert in der Flüssigkeit enthalten, so dass die experimentale Ausbeute an der neuen Thioverbindung sehr wesentlich hinter der theoretischen zurückbleibt. Ich habe schon früher gezeigt, dass 1 Mol. Chloroform je nach den Um- ständen auf 1 oder 2 Mol. Anilin einwirken kann, entweder Iso- cyanphenyP) oder Methenyldiphenyldiamin^) bildend: Co Ht N h- CIT Cl. == Ct H, N -V- 3HC1 2Ce H; N H- CII CI3 = C,3 H,2 N, -h 3HCI. Es ist nun gerade die letztgenannte Base^ welche stets in reichlicher Quantität neben der Thioverbindung erzeugt wird. Versetzt man die Alkohollösung, wie sie in dem eben be- schriebenen Versuche erhalten wird, in der Kälte mit Wasser, so schlägt sich ein goldgelb gefärbtes Ol nieder, welches Neigung zum Krystallisiren zeigt. Dieses Öl ist ein Gemenge von Thioforma- nilid mit Isocyanphenyl, Methenyldiphenyldiamin, unverändertem Anilin und Chh)rüfürm. Durch Behandlung mit Chlorwasserstoff- säure, welche das Isocyanphenyl je nach den Umständen in Methe- nyldiphenyldiamin oder Anilin und Ameisensäure umsetzt, das Methenyldiphenyldiamin in schwerlösliches Chlorhydrat überführt ') Hufmann, Monatsber. 1877, 655 0 Hof mann, K. Soc. Lond. Proc. IX, 229. 392 Gesammisitzung und endlich das unangegriffcne Anilin in der Form von salzsaurem Salz auflöst, verwandelt sich dieses Öl in einen Krjstallbrei, der nach dem Verdampfen des Chloroforms an der Luft zu einer ruth- lich gefärhten krystallinischen Masse erstarrt. Die Mutterlauge des Öles liefert nach der Übersättigung mit Salzsaure beim Stehen noch einen gelblichen krystallinischen Absatz, welcher neben wenig Thioformanilid vorzugsweise das Chlorhydrat der Methenylbase enthält. In der von diesen Kry stallen ablaufenden Flüssigkeit ist nur noch salzsaures Anilin gelöst. Die Reinigung der neuen Substanz bietet keine Schwierigkeit. Die rothe krystallinische Masse mit den später abgesetzten Kry- stallen wird in siedendem Wasser gelöst. Da sich hierbei stets eine kleine Menge der Substanz zersetzt, so ist es wunschenswerth diese Operation möglichst schnell auszuführen. Zweckmässig trägt man den Krystallbrei in bereits siedendos Wasser ein. Es bleibt eine kleine Menge färbender Substanzen auf dem Filter und aus der Flüssigkeit scheiden sich beim Erkalten in reichlicher Menge zarte Blättchen von Thioformanilid ab, während die Mutterlauge das salzsaure Methenyldipheuyldiamin enthält. Sie wird, wenn man letzteres gewinnen will, alsbald mit Natronlauge versetzt, du sich die Methenylbase, wie ich bereits früher gezeigt habe, in saurer Lösung schnell in Ameisensäure und Anilin zerlegt. Die mit kaltem Wasser gewaschenen Krystalle des Thioform- anilids werden nunmehr in siedendem Alkohol gelöst, wobei noch eine kleine Menge färbender Substanzen zurückbleibt. Versetzt man die heiss filtrirtc Lösung mit heissem W^asser bis sich die Flüssigkeit anfängt zu trüben, so erhält man beim Erkalten eine prachtvolle, aus verfilzten^ nahezu weissen Nadeln bestehende Kr}'- stallisation der reinen Thioverbindung. Durch nochmalige Kry- stallisation aus reinem Wasser werden lange vollkommen weisse Nadeln gewonnen. Das Thioformanilid schmilzt bei 137.5''; allein es erleidet beim Schmelzen bereits eine partiale Zersetzung: die nahezu geruchlose Substanz entwickelt deutlich den Geruch des Isocyanphenyls , und gleichzeitig wird Schwefelwasserstoff in Freiheit gesetzt. Das Thioformanilid spaltet sich also in die Verbindungen, aus deneu es entstanden ist. Sein Verhalten zu Lösungsmitteln crgiebt sich aus der Beschreibung seiner Darstellungsweise. Bemerkenswerth ist die intensive und haftende Bitterkeit aller Lösungen. Noch vom 28, Juni 1877. 393 verdient die Löslicbkeit des Thiokörpers in kalter und selbst ver- dünnter Kalilauge und die unveränderte Ausfallung desselben aus dieser Lösung durch Säuren erwähnt zu werden; ein Verhalten, welches Stoff zum Nachdenken giebt. Lost man das Thioform- anilid in heisser Kalilauge, so entsteht durch Säuren kein Nieder- schlag von unverändertem Thiokörper mehr. Die Lösung enthält nunmehr Schwefelwasserstoff und Ameisensäure in der Form von Kaliumsalzen neben freiem Anilin. Dieses Verhalten darf man bei der Darstellung des Thioformanilids nicht unberücksichtigt lassen. So lange freies Alkali vorhanden ist, können die Lösungen nicht ohne sehr erheblichen Verlust zum Sieden erhitzt werden. Die Zusammensetzung der Thioverbindung ist durch Bildungs- und Zersetzungsweise des Körpers zur Genüge gegeben. Die Formel C; H, NS = C HS } N H i ist aber auch durch die Analyse der bei 100° getrockneten Sub- stanz festgestellt worden. IV. The orie. Versuch. Q 84 61.31 I.') 61.91 II. 60.96 III. 61.23 H; 7 5.11 5.45 5.46 5.46 N 14 10.22 — S 32 137" 23.36 " lÖO.OO — Was die Beziehung des Thioformanilids zu dem isomeren Thiobenzamid anlangt, so braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass sie dieselbe ist, wie die zwischen den beiden Nitrilen, aus denen sie entstehen. Wenn man die beidrn letzteren durch die Formeln Nitril. Isonitril. Cr Hb C ~~ N an, 1 N E:5 C darstellt, so ist die Construction der denselben entsprechenden Thio- verbindungcn: ) Nur einmal umkrystalisirt. 394 Ge Rammt Sitzung Thiobenzaniid. Thioformanilid. I ) ifc HSC--NH, HN-iCSH. Diese Formeln deuten denn auch die Spaltungen der beiden Körper an. Wahrend das Thiobenzaniid durch Kochen mit den Alkalien in Schwefelwasserstoff, Benzoesäure (PhenylameisensSure) und Ammoniak zerlegt wird, liefert das Thioformanilid, wie bereits bemerkt wurde, SchwefelwasscrstolT, Ameisensaure und Anilin (Phenylammoniak). Ich beabsichtige, diese Untersuchung weiter fortzusetzen und hoffe demnächst im Stande zu sein, einerseits Mittheilungen über die Umbildungen des Thiofornianilids zu machen, andererseits einige Thioformamide der übrigen Reihen zu beschreiben. Ilr. A. W. Ilofmann las ferner: Über das Polysulfhy- drat des Strychnins. Vor nahezu zehn Jahren habe ich eine eigenthümliche Ver- bindung des Strychnins mit dem Wasserstoff hypersulfid entdeckt^), welche man leicht durch Vermischen einer kalt gesättigten Losung von Strychuin in starkem Alkohol mit einer alkoholischen Lösung von gelbem Schwefelammoniuni erhält. Die Krystalle — grosse Nadeln von der Farbe des Kaiiumbichromats — erwiesen sich im Wasser, Alkohol und Schwefelkohlenstoff vollkommen unlöslich, so dass sie für die Analyse nur mit kaltem Alkohol abgewaschen zu werden brauchten. Die Möglichkeit, dass sich freier Schwefel ausgeschieden habe, hatte mich indessen veranlasst, sie in der Re- gel auch noch mit Schwefelkohlenstoff auszukochen. Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Schwefelbestimmungeu in den Krystallen hatten zu Werthen geführt, aus denen sich die Formel C;^i 11^4 N«j 0;i S3 = G-ji Hja Nj Oo . 1*2 S3 1) Uofmann, Monatsbericht. 186S, 189. vom 28, Juni 1877. 395 ableiten Hess und ich hatte in diesem Sinne die Krvstalle als eine Verbindung von 1 Mol. Strychnin mit 1 Mol. eines Wassersloff- hypersulfids von der Formel IL Sj aufgefasst. Dieser Auffassung schien das Verhalten der rothen Krvstalle zu den Säuren zu eut- sprechen. In Berührung mit denselben — mit concentrirter Schwe- felsaure z. B. — entfärbten sie sich, und auf Zusatz von wenig Wasser schieden sich farblose durchsichtige Öltropfchen aus, welche sich längere Zeit unzersetzt erhielten^ aber schliesslich in Schwefel- wasserstoff und Schwefel zerfielen. Die Existenz einer so merkwürdigen Strychninverbindung ver- anlasste mich natürlich zu dem Versuche, ähnliche Verbindungen mit anderen Alkaloiden hervorzubringen; es wurden zumal Brucin, Chinin und Cinchonin in ganz gleicher Weise mit alkoholischer Schwefelammoniumlusung behandelt, ohne dass indessen ähnliche Erscheinungen wie bei dem Str}'chnin beobachtet worden wären. Diese Untersuchung ist später von Hrn. Wichelhaus und von Hrn. E. Schmidt^) wieder aufgenommen worden. Dieselben und namentlich der letztere haben, allerdings nicht durch alkoho- lisches Schwcfelammonium, wohl aber durch Einleitung von Schwe- felwasserstoff in die alkoholische Losung verschiedener AlkaloTde, zumal des Brucins, unter Mitwirkung der Luft, Schwefelsalze er- halten. Die so dargestellte Strychninverbindung soll aber nach Ilrn. Schmidt von derjenigen, die ich beschrieb, in mancher Be- ziehung abweichen. Während sich letztere (mit Hülfe von Schwe- felammonium erhalten) durch eine ganz bemerkenswerthe Stabilität auszeichnet — es beünden sich in der Thal unveränderte Krystallo derselben seit nahezu 10 Jahren in meiner Sammlung — soll die durch Schwefelwasserstoft* gebildete Verbindung viel leichter zer- setzbar sein. Auch in der Farbe sei ein Unterschied vorhanden. Mit Schwefelammonium dargestellt hat das Strychninsalz, wie be- reits bemerkt, die Farbe des Ealiumbichromats; die mit Hülfe dos Schwefelwasserstoffs gewonnene Verbindung soll dagegen eine weit hellere Farbe besitzen. Die Analyse der beiden Substanzen hat im Übrigen zu denselben Werthen geführt. Ist man nun in der That berechtigt anzunehmen, dass hier wirklich zwei verschiedene Substanzen vorliegen? Ich habe nach beiden Methoden arbeitend Präparate erhalten, welche sich, was 1) Schmidt, Berichte der Deutschen Chem. Gesellschaft VIII, 1267. [1877] 30 396 Gesammtsitzung Farbe und allgemeinen Habitus angebt, nicht von einander unter- scheiden liesson. Auch in ihrer Bestiindigkeit zeigten beide keine auffallende Verschiedenheit; allerdings habe ich die mit Schwefel- wasserstoff gewonnene Verbindung nur erst eine kurze Zeit lang beobachtet, indessen entwickelt auch das mit Schwefelammonium dargestellte Product in feuchter Luft langsam Schwefelwasserstoff. Endlich gehurt ein weiter unten zu erwähnendes sehr charakte- ristisches Verhalten beiden Präparaten an. Die nächste Veranlassung, diesem Gegenstande von Neuem im Versuche näher zu treten, lag für mich in der abweichenden Interpretation, welche Hr. Schmidt den bei der Analyse der Strychninverbindung gefundenen Werthen angedeihen lässt. Wäh- rend ich die bereits erwähnte Formel aus denselben abgeleitet hatte, führten dieselben Hrn. Schmidt zu dem Ausdruck: C-ji H23 N«j OaJ.- ^j" P T-f V r^ I "^ ^^ \J21 '^2« -^^2 ^'2 li¥ o und es warf sich die Frage auf, welche von beiden Formeln der Wahrheit am nächsten komme? In dem Ausdruck, welchen Hr. Schmidt für den Strychnin- Körper vorgeschlagen hat, figurirt das Wasserstoff hypersulfid mit der Formel, welche ihm gewöhnlich, zumal von den Lehrbuchern, zugeschrieben wird. Allein ich habe bereits früher*) darauf auf- merksam gemacht, dass diese Formel jeder experimentalen Begrün- dung entbehrt und lediglich in der Voraussetzung gewählt worden ist, es müsse das Wasserstoft'hypersullid dem Wasserstoff hyperoxyd entsprechend zusammengesetzt sein. Wenn man aber auch für einen Augenblick von dem Umstände, dass die Formel H0S3 auf schwachen Füssen steht, absehen will, so hat auch eine Verbindung von 2 Mol. Strychnin mit 3 Mol. dieses problematischen Wasserstoffhypersul- fids an und für sich nur eine geringe Wahrscheinlichkeit. Sie fin- det weder in der Zusammensetzung der Strychninsalze noch auch in den Verbindungsweisen des Schwefelwasserstoffs, welche man hier doch in erster Linie ansprechen müsste, eine Stütze. Die '} Loc. cit. siipra. vom 28. Juni 1877. 397 einfache Elementaranalyse liisst die Frage ganz unentschieden. Weiter unten habe ich die Werthc beider Formeln neben einander gestellt, allein man braucht sich nur daran zu erinnern, dass die beiden concurrirenden Ausdrucke für diesen hochgegliederten Kör- per, bei gleicher Anzahl von Kohlcnstoffatomen, nur durch 1 At. Wasserstoff, welches die neue Formel mehr enthält, von einander abweichen, um einzusehen, dass die Unterschiede in der beiden Formeln entsprechenden Zusammensetzung innerhalb der Gränzen der Versuchsfehler liegen. Es schien klar, dass die Losung auf einem andern Wege zu suchen war. Man durfte in der That hoffen, durch eine gesonderte Bestimmung des ausserhalb des Strychninmoleculs befindlichen Wasserstoffs der Entscheidung der Frage näher zu kommen. Diese Bestimmung konnte auf verschiedene Weise bewerkstelligt werden. Am einfachsten schien es, den mit Schwefel gesellten Wasserstoff in Jodwasserstoff überzuführen und die Menge des verbrauchten Jods volumetrisch zu ermitteln. Der Anwendung dieser Methode stellt sich aber die Neigung des Strychnins sogenannte Superjodide zu bilden, erschwerend in den Weg, denn obwohl eine solche schon vor vielen Jahren ent- deckte Verbindung neuerdings analysirt worden ist, also in Rech- nung genommen werden konnte, so war doch die Möglichkeit vor- banden, dass sich mehr als eine Verbindung bilde, der Erfolg also immerhin zweifelhaft. Unter diesen Umständen habe ich meine Zuflucht zu einer Lo- sung von arseniger Säure genommen, mit deren Hülfe man das au- gestrebte Ziel ebenfalls zu erreichen hoffen durfte. Enthielt die Strychninverbindung ein Wasserstoffhypersulfid von der Formel IL Sj, so musste, vorausgesetzt, dass keine secun- däron Reactionen eintraten, der durch arsenige Säure hervorge- brachte Niederschlag As^ Sc enthalten, 311, S.^ -+- Asa O3 = 3112 O -+- Asa Sc; hatte andrerseits das in der Strychninverbindung vorhandene Ily- persulfid die Zusammensetzung ILj S3, so musste ein Niederschlag von der Formel Asj S9 entstehen, 3Ha S3 -h Asa O3 = 3Hj O -+- As, S9. Der Versuch hat nun das bemerkenswerthe Ergebniss geliefert, dass der durch arsenige Säure gebildete Niederschlag weder As^ S« 30* 398 Gesammisitzung noch Asj S9 ist, sondern constaut die Zasammensetzung As^Su zeigt, so dass man zu dem Schluss geführt wird, es seien in der Verbindung neben dem Strychnin auf 2 At. Wasserstoff 6 At Schwefel, also HjSe, entbalten, 3H2 Se -f- As, O3 = 3Ha O -+- As, S,8. Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, dass man ab- gewogene Mengen der Krystalle mit einer Lösung von arseniger Säure in Salzsäure übcrgoss. Wird die Flüssigkeit eine Stunde lang gekocht, so ist die Zersetzung vollständig und man hat nun- mehr einen hellgelben Niederschlag, welcher nach dem Auswaschen bei 100° getrocknet wird. Da das durch Säuren in Freiheit ge- setzte Wasserstoffhypersulfid schnell Schwefelwasserstoff entwickelt, so konnte man befürchten, es möge trotz der Gegenwart der arse- nigen Säure eine kleine Menge Schwefel verloren gehen. Die Operation wurde daher in geschlossenen Röhren ausgeführt und zwar in der Art, dass die in einem kleinen Röhrchen befindlichen Krystalle erst nach dem Zuschmelzen der Digestionsröhre mit der Säure in Berührung kamen. Die Röhren wurden dann einige Zeit im Wasserbade erhitzt. Diese Vorsicht ist indessen nicht einmal nöthig. Auch beim directen Ubergiessen wird der Schwefelwasser- stoff von der arsenigen Säure vollständig fixirt. Je nach dem Atomverhältnisse, in welchem der ausserhalb des Strychnins befindliche Wasserstoff zu dem Schwefel stand, je nach- dem sich also durch die Einwirkung der arsenigen Säure As^ Sj H- S3 = As2 Se oder As^ S, 4- Ss = As, Sg oder endlich As^ S9 4- S» = As-j Sig bildete, mussten sehr ungleiche Mengen von Niederschlag erhalten werden; nämlich für Theoretische Procente 39.49 33.79 28.07. Für die Versuche wurden Präparate verschiedener Darstellung angewendet und zwar beziehen sich die Versuche I bis VI auf Salze, welche mit Schwefelammonium gewonnen wurden, während zu Versuch VIT ein mit Schwefelwasserstoff bereitetes Salz diente. I. II. lU. IV. V. VI. VII. Theorie. Versuchs- Procente 28.23 28.33 27.97 28.12 28.38 28.G7 28.G2 28.07. Der Schwefelgehalt dieser Niederschläge konnte, da ja die Schwefelprocente der Strychninverbindung bekannt sind, nicht zwei- vom 28. Juni 1877. 399 felhaft sein; er wurde gleichwohl in der Mehrzahl von Fallen noch- mals expcrimental festgestellt und zwar mittelst Salpetersäure in zugeschmolzener Röhre. Den drei Niederschlagen entsprechen die folgenden Schwefel- gehalte: JVS-j og iVSj 09 \f^ 0|g Theoretische Schwefelprocente 5G.14 65.75 79.34 Die im Versuche gefundenen Schwefelmengen zeigen unzwei- deutig, dass dem gebildeten Niederschlage die Zusammensetzung AS3 S18 angehört. I. II. III. IV. Theorie. Experimentale Schwefelprocente 78.66 79.88 79.65 78.50 79.34. Die mit Hülfe der arsenigen Säure erhaltenen Zahlen bieten eine Übereinstimmung, wie sie bei derartigen Versuchen kaum be- friedigender erwartet werden kann. Es schien gleichwohl wunschenswerth^ auch noch auf anderem Wege Anhaltspunkte für die Beurtheilung der zur Entscheidung vorliegenden Frage zu gewinnen. Erhitzt man die rothen Krystalle der Strychninvcrbindung mit einer Lösung von ßleiacetat in Eisessig, so tritt vollständige Zer- setzung ein, indem Bleisulfid entsteht. Ehe man den Niederschlag abfiltrirt, muss die Flüssigkeit stark mit Wasser verdünnt werden, da sich erhebliche Mengen von Schwefel in Eisessig lösen. Der Vorsicht halber wurde auch in diesem Falle zunächst in geschlossener Röhre operirt. Es genügt aber, die Krystalle mit einer Lösung von Bleiacetat, die mit Essigsäure versetzt ist, zu erhitzen. Der schwarze Fiederschlag behält in diesem Falle die Form der Kry- stalle, die Umsetzung ist aber eine vollständige. Die weiter unten verzeichneten Analysen II und 111 sind auf diese Weise ausge- führt worden. Je nachdem entweder Hj Sa oder H^ Sj oder Hj Se in der Strychninverbindung vorhanden war, musste der Niederschlag die Zusammensetzung PbS-.. oder PbSs oder PbSe besitzen und in fol- gender Menge erhalten werden: PbS, PbSa PbSs Theoretische Procente 93.87 70.13 46.28 Gefunden wurden: I. n. III. Theorie. Versuchs-Procente 45.60 46.47 46.64 46.28 400 Gesammtsitzung Die für Versuch 1 und II verwendete Präparate waren mit Hülfe von Schwefelammoniam, das für III mit Schwefelwasserstoff gewonnen worden. Versuche, der ßleilösung eine Silberlosung zu substituiren, misslangen. Die Menge des in verschiedenen Operationen gebilde- ten Niederschlags war eine wechselnde; stets aber wurden grossere Quantitäten erhalten, als der theoretischen Voraussetzung ent- sprachen Die Ursache war bald gefunden. Es hatten sich nicht unerhebliche Mengen von Schwefelsäure gebildet, welche nur durch gleichzeitige Silberreduction entstanden sein konnten. Nach den Ergebnissen der oben angeführten Versuche ist der Strychninkörper eine Verbindung von 2 Mol. Strychnin mit einem ans 2 At. Wasserstoff und 6 At. Schwefel bestehenden Atomcom- plexe, mithin als 2C31 033 Nj O3 • Hj S . S5 zu befrachten. Es braucht kaum besonders daraufhingewiesen zu werden, dass sich diese Formel von der ursprünglich von mir vor- geschlagenen für dieselbe Zahl von Kohlenstoifatomen nur um 1 At. Wusserstoff unterscheidet, welches erstere Formel weniger enthält. Die Elementar-Analzse allein hätte mithin in diesem Falle zu einer bestimmten Auffassung der Verbindung nicht führen können, wie sich bei der Vergleichung der den verschiedenen Annahmen ent- sprechenden Werthe alsbald ergiebt. H3 S2 1X3 S, H2 Se Verb. Verb. Verb. Kohlenstoff . . 58.20 58.33 58.47 Wasserstoff . 5.77 5.56 5.33 Stickstoff . . 6.47 6.46 6.49 Sauerstoff . . 7.39 7.43 7.42 Schwefel . . . 22.17 22.22 22.29 100.00 100.00 100.00 Die Versuche haben folgende Zahlen ergeben: I. II. Kohlenstoff . 58.09 58.79 Wasserstoff . 5.41 5.46 Schwefel . . — _ III. IV. V. VI. VII. — — 22.53 22.55 22.54 22.18 22.03 vom 28. Juni 1877. 401 Der gefundene Wasscrstoffgehalt spricht indessen ebenfalls un- zweideutig für die oben aufgestellte Formel. Wie bat man nun aber die Constitution dieses seltsamen Strych- niukörpers zu deuten? Ist man berechtigt, denselben als eine Ver- bindung von 2 Mol. Strychnin mit einem Wasserstoffhypersulfid von der Formel IL Sc aufzufassen? Oder soll man denselben der von Boucbardat entdeckten Gruppe der Superjodide an die Seite steHen, welche neuerdings mit so schönem Erfolge von Ilrn. Jör- gensen studirt worden sind? Dafür, dass hier die Strychninverbindung einer eigenthumlichen Säure, eines Wasserstoffhexsulfids Ilg Ss, vorliege, scheint der Um- stand zu sprechen, dass Mineralsäuren — concentrirte Salzsäure eignet sich am besten zu dem Versuche — ein klares eigenihum- lich riechendes Öl aus den Krystallen ausscheiden, welches man wohl für einen definirten Körper zu halten geneigt ist. Das öl hat den Geruch des aus den Alkalipolysulfiden ausgeschiedenen WasserstoffsschwelVls, und besitzt, wie dieses, die Fähigkeit, Pflan- zenfarben zu bleichen. Auch zerlegt es sich, wie letzteres, nur langsam in Schwefelwasserstoff und Schwefel. Nun schreibt man dem Wasserstolfschwefel, wie bereits erwähnt, gewöhnlich die For- mel H;j So zu, alleni es wurde auch schon darauf hingewiesen^ dass dieser Formel jede experimentale Grundlage abgeht^ und es ist ge- wiss bemerkenswerth, dass Thenard*), welcher nach Feststellung der Zusammensetzung des Wasserstoffhyperoxyds offenbar eine analoge Zusammensetzung des Wasserstoffschwefels erwartete, in seiner grösseren Arbeit über diesen Gegenstand ausdrücklich her- vorhebt, dass er in den von ihm untersuchten Präparaten wech- selnde Mengen von Schwefel aufgefunden habe, dass aber alle seine Analysen mehr als 4 At. Schwefel auf 1 Mol. Schwefelwasserstoff ergeben hätten. Gegen die Annahme der Existenz einer Säure H^ Se lassen sich indessen gleichfalls ins Gewicht fallende Gründe geltend machen. Zunächst muss ich anführen, dass es mir trotz mancher Versuche nicht gelungen ist, eine solche Säure unzersetzt aus dem Strychnin- körpcr in andere Verbindungen überzuführen. Die durch ursenige Säure oder Bleisalz hervorgebrachten Niederschläge sind offenbar keine Salze der Säure IL. Ss sondern mechanische Gemenge der ») Theiiard, Ann. Cbim. Phys. XL VIII, 79. 402 GesammUitzung gewohnlichen Sulfide mit Schwefel, wenigstens lassen sich reich- liche Mengen von Schwefel mittelst Schwefelkohlenstoff aus den- selben ausziehen. Ebensowenig ist es geglückt, sei's durch Sauren, sei's durch Alkalien, die schwcfelrciche Substanz unverändert dar- zustellen oder neu zu binden. Versetzt man die Krystalle mit Salzsäure, und nimmt alsdann die ausgeschiedenen Tropfchen ic Äther auf, so giebt diese Lösung mit arseniger Säure behandelt nicht mehr einen Niederschlag von derselben Zusammensetzung, wie derjenige, welcher durch directe Behandlung der Krystalle mit arseniger Säure erhalten wurde. Dasselbe gilt von den alkalischen Lösungen, welche beim Kochen der Krystalle mit Ammoniak oder Natronlauge entstehen. Die von dem ausgeschiedenen Strychnin abfiltrirten Flüssigkeiten lieferten, mit arsenige Säure geprüft, nicht mehr den früheren Niederschlag, sie enthielten also kein der hypo- thetischen Säure Il^Se entsprechendes Ammonium- oder Natriumsalz. Dieses Verhalten würde eine einigermassen befriedigende Er- klärung finden, wenn man für den Strychninkörper eine ähnliche Constitution annähme, wie sie den durch die Einwirkung des Jods auf Alkaloide entstehenden Substanzen zugeschrieben wird. Man betrachtet diese Substanzen als Verbindungen der jodwasserstoff- sauren Salze mit Jod, und denkt nicht daran, allen den in zahl- reichen Verbindungs-Verhältnissen auftretenden Jodkörpern ent- sprechende Jodwasserstoffsäuren anzunehmen. Ein derartiger von Jörge nscn analysirter, charakteristischer Jodstrychninkörper hat die Zusammensetzung C21 IT» N3 O. . HI . lo. Nun kann es allerdings wohl Niemanden einfallen, dem Schwe- felkörper die analoge Formel 2C21 XI22 N2 Oo . Hg 0 . S5 zuzuschreiben, denn als geschwefeltes Sulfhydrat aufgefasst, müsste dasselbe mit Säuren übergössen jedenfalls alsbald Schwefelwasser- stoff entwickeln. Wohl aber Hesse es sich als die Strvchninver- bindung eines schwefelreichercn Schwefelwasserstoffs betrachten, vielleicht gerade des dem Hyperoxyde entsprechenden Hypersulfids, dem sich noch Schwefel zugesellt hätte, also etwa als und die Öltropfen, welche sich bei der Behandlung der Verbindung vom 28, Juni 1877» 403 mit Säuren ausscheiden, musstcn dann als eine Losung dieser nddi- (ioncllen Schwefclmcnge in dem WasscrstoiTsulfide angesehen ^'erden. Weitere Versuche sind nothig, um zu entscheiden, ob der einen oder der anderen Auffassung der Vorzug gebührt. Hrn. Dr. Oscar Dübner bin ich zu besonderem Dank für die Umsicht und Ausdauer, mit welcher er mich bei den beschrie- benen Versuchen hat unterstützen wollen, verpflichtet. Hr. A. AV. Hof mann las ferner r Über T e t r a p h e n y 1 m e 1 a m i n. In einer vor mehr als zwanzig Jahren erschienenen Abhand- lung*) habe ich einige Versuche über die Einwirkung der Wärme auf das mit Hülfe des Chlorcyans aus dem Anilin dargestellte Melanilin mitgetheilt. Dieser Körper, den ich heute Diphenyl- guanidin nenne, liefert beim Erwärmen auf 170°, unter Anilin- und Ammoniakentwicklung, eine durchsichtige, schwach gefärbte, spröde Harzmasse, welche unlöslich in Wasser ist, sich aber in Alkohol auflöst. Aus der Analyse dieses Harzes, welches nicht weiter gereinigt wurde, sowie der Bestimmung des Verlustes, welchen das Melanilin beim Erhitzen erleidet, folgerte ich für diese Verbindung die Zusammensetzung welche Formel 3 Mol. Melanilin — 2 Mol. Anilin 3C„H,3N3 — 2C«H, N = Q^H^sN, darstellte, indem ich die Ammoniakentwicklung einer secundären Zersetzung zuschrieb. Später (1800) fand ich*^), dass sich eine Base von derselben Zusammensetzung aber etwas niedrigerem ») Hof mann, Ann. ai..Mi. Vharni. LXXIV, 10. >) Ilofmaun, Monatäbericht. 1800, 580. 404 Gesammtsitzung Schmelzpunkt bei der Entschwefelung des Diphenylharnstoffs in Gegenwart von Ammoniak erzeugte; und vor einigen Monaten haben die Hrn. Weith und Schroeder^) gezeigt, dass man auf dem letzt genannten Wege auch eine Base erhielt, welche genau den Schmelzpunkt des aus Chlorcyan gewonnenen Melanilins zeigt. Bei Wiederholung der Versuche habe ich die Richtigkeit der er- wähnten Angabe bestätigt. Bei den wiederholten Schmelzpunktbestimmungen, welche zu diesem Behufe gemacht wurden, traf es sich einige Mal, dass man das Mclanilin über den Schmelzpunkt hinaus erhitzte, wodurch die üben erwähnte durchsichtige, harzartige Masse gebildet wurde. Einige Röhrchen, mit dieser Masse gefüllt, waren mehrere Wochen liegen geblieben; als man sie nach Verlauf dieser Zeit von Neuem beobachtete^ hatte sich das Harz in eine krystallinischo Materie umgesetzt. Diese Erscheinung, welche ich früher niemals beob- achtet hatte, gab Veranlassung, die Einwirkung der Wärme auf das Diphenylguanidin von Neuem zu untersuchen. Löst man den durch mehrstündiges Erhitzen des Guanidins auf 170 bis 180° erhaltenen Harzkuchen in Alkohol auf, so können Tage verstreichen, ehe sich der beim Verdampfen des Alkohols bleibende Rückstand oder die mit Wasser gefällte Substanz ver- ändert erweist. Endlich aber ist ein Zeitpunkt gekommen — dessen Eintritt durch Wärme beschleunigt werden kann — bei welchem das ausgeschiedene Harz nach kurzer Frist krystallinisch erstarrt Durch öfteres Lösen des Harzes in Alkohol und Fällen mit Wasser, oder durch Lösen in Salzsäure und Fällen mit Alkali kann die Umwandlung wesentlich beschleunigt werden. Durch mehrfaches ümkrystallisircn der Kry Stallmasse aus sie- dendem Alkohol erhält man meist radial vereinigte und schliesslich verfilzte Nadeln, welche in Aether schwer, in Wasser unlöslich sind. Sie schmelzen bei 217°. Die Analyse der bei 100° ge- trockneteten Substanz führte zu der Formel: welche in der Untersuchung eines schönen Chlorhydrats sowie eines Platinsalzes Bestätigung fand. *) Weith und Schrocder, Berichte der Deutschen Chemischen Ge- sellschaft VII, 937. vom 28. Juni 1877. 405 Seiner Zusammensetzung nach lasst sich dieser Körper als ein vierfach phenyllrtes Melamin auffassen: C27 H23 Ns = C3 Hj (Ce 115)4 Ne , welches durch Abspaltung von 2 Mol. Anilin und 1 Mol. Ammoniak aus 3 Mol. Diphenylguanidin entstehen wurde: 3C„H„N3 = 2C6H,N 4- H,N 4- C^rH^Ne. Chlorhydrat. Man erhält es beim Kochen der Base mit concentrirter Salzsäure; die Krystalle derselben verändern sich, ohne sich zu lösen. Setzt man nunmehr Alkohol zu der sieden- den Flüssigkeit, bis die Krystalle gelost sind, so scheiden sich beim Erkalten schone, weisse, längliche, rhombische Prismen aus, welche häufig die Figur einer durchschnittenen Linse zeigen. Das Salz, «welches im Wasser nur wenig loslich ist, enthält: C:^H«N6.HCI. Durch Vermischen der kochenden Lösung dieses Salzes mit Platinchlorid fällt das Platinsalz zunächst als hellgelber, amor- pher Niederschlag, welcher sich aber schnell in ein Haufwerk rhom- bischer Nadeln verwandelt. Die Platinbestimmung dieser schönen Verbindung, welche in Wasser, Alkohol und Aether unlöslich ist, fuhrt zu der Formel: 2[CoTH2,N6.HCl],PtCl4. Noch will ich bemerken, dass das Tetraphonylmelamin ein sehr schwer lösliches Nitrat bildet, welches sich aus heisser, wäss- riger Lösung von feinen Nadeln absetzt. In seinen physikalischen wie chemischen Eigenschaften steht das Tetrapbenylmelamin dem Triphenylmelamin sehr nahe, welches ich früher beschrieben habe^). In einer Beziehung unterscheiden sich indessen beide Körper. Die triphenylirte Base zersetzt sich beim einfachen Aufsieden mit Salzsäure in Ammoniak und cyanur- saures Phenyl: C3ll3(C6ll5)3N6 + 3H,0 = CsCHeHOaN.Oa + 3H3N. Ich erwartete, dass die neue Substanz analog dieselben Pro- ducte und ausserdem noch Anilin liefern würde. 1) Hofmann, Monatsbericht. 1S70, 196. 406 Gesammtsitzung CjHaCCcIUNfi -H SHjO = CaCCßHOaNaO, + 2H3N -+- CsHtN. Allein siedende Salzsäure lässt das Tetrapbenylmelamin voll- kommen unverändert; selbst nach mehrstündigem Krbitzen mit Salz- säure und Alkohol in zugeschmolzenem Rohr auf 100° hatte sich kein cyanursaures Phenyl gebildet. Es war indessen eine Ver- änderung eingetreten, welche noch näher erforscht zu werden verdient Ich habe bei dieser Gelegenheit auch das Ditolylguanidin durch Entschwefelung des Ditolylsulfobarnstoifs (Schmelzpunki 176°) in Gegenwart von Ammoniak dargestellt. Diese Substanz, eine schone, in feinen Nadeln krystallisirende, bei 168° schmelzende Base ist offenbar identisch mit dem von W. Wilson^) durch Einwirkung des Chlorcyans auf (starres) Toluidin erhaltenen Körper. Das Dito- lylguanidin verhält sich unter dem Einflüsse der Wärme genau wie das Diphcnylguanidin. Es entwickelt sich Toluidin und Ammoniak, und es bleibt ein liarz, welches allmählich, aber sehr langsam krystallinische Structur annimmt. Der Körper ist nicht analysirt worden, wird sich aber wohl als tetratoluvlirtes Melamin ausweisen. Die Base bildet ein in Wasser fast unlösliches, auch in Alkohol schwer lösliches Chlorhydrat, welches in feinen con- centrisch vereinigten Nadeln krystallisirt. Für freundliche Unterstützung bei diesen Versuchen bin ich Hrn. Römer zu bestem Dank verpflichtet. ') W. Wilson. Chem. Soc. Ann. J. III. 134. vom 28. Juni 1877, • 407 Hr. W. Peters legte vor: Herpetologiscbe Notizen. I. Über die von Spix in Brasilien gesammelten Eidechsen des Königlichen Naturalien-Kabinets zu München. Unter den von Spix in Brasilien gesammelten und von ihm 1825 (Animalia nova sive Species novae Lacertarum) beschriebenen und abgebildeten Arten befanden sich noch immer einige, die einer erneuerten Untersuchung bedürftig waren, um sie mit den spater beschriebenen vergleichen und die Synonymie derselben feststellen zu können. Unser Mitglied^ Hr. von Siebold, ist nun so gütig gewesen, mir die zweifelhaften Arten zu übersenden und erlaube ich mir die Resultate meiner Untersuchungen vorzulegen. Ich folge hierbei, wie bei meinen früheren Mittheilungen über die Spix' scheu Flederthiere und Batrachier der Reihenfolge, in welcher sie in dem oben angeführten Werke beschrieben sind. 1. Iguana squamoaa Spix, 1. c. p. 5. Taf. 5. — Bahia, Para. 2. Iguana viridis Spix, 1. c. p. 6. Taf. 6. — Rio San Fran- cisco und Itapicuru. 3. Iguana caerulea Spix, l. c. p. 7. Taf. 7. — Rio San Francisco. 4. Iguana emargiiiata Spix, 1. c. p. 7. Taf. 8. — Rio San Francisco. ö. Iguana lophyroides Spix, 1. c. p. 8. Taf. 9. — In Wäldern von Rio de Janeiro und Bahia. Alle diese Nominalartcn gehören, wie Wagler (Naturl, Syst, Amphih, p. 147) schon richtig bemerkt hat, zu Iguana tuberculata Laurenti. G. Lophyms xiphosurus Spix, 1. c. p. 9. Taf. 10. Vom Solimoens. Auch diese Art, welche schon von Seba I. Taf. 109. Fig. 4 kenntlich dargestellt ist, wurde von Wagler mit Grund zu Lacerta superciliosa Linne gezogen, nach welcher H. Boie die Gattung Ophryohsa aufstellte. 7. Lophyrus rhambi/er Spix, I.e. p. 9. Taf. 11. Vom Solimoens. Wag 1er hat schon darauf hingewiesen, dass diese Art mit der Agama catenata des Prinzen Maximilian zu Wied identisch ist und da dieser letztere sie bereits im Jahre 408 GesammtsiUung 1821 (Beiße nach Brasilien, II. 247) beschrieben und benannt bat, ist sein älterer Name dem von Spix unbedingt vorzuziehen. Aus dieser Art bildet "Wagler (1. c. p. 150) seine Gattung Enyalius^ wobei zu bemerken ist, dass er dieselbe durch die Anwesenheit einer Querfalte an der Kehle von der Gattung Ophryoeaga unter- scheidet, bei der sie fehlen soll, während 0. superciliosa dieselbe in der That sehr entwickelt hat. Letztere unterscheidet sich von den zu Etiyalius gezogenen Arten nur durch den mehr zusammen- gedrückten und nicht allein auf der Basis, sondern bis zum Ende mit einem Schuppenkamm versehenen Schwanz. EnyaUus ist da- her mit Ophryoessa zu vereinigen, wie dieses auch bereits von Wiegmann (Herpet, Mexic, p. 15) geschehen ist. 8. Lophyrus margaritacetis Spix, l. c. p. 10. Taf. 12. Fig. 1. Von Hahia und Solimoens. Ich kann diese Art nur als eine einfarbige Varietät der vorhergi^hcnden betrachten, da ich in dem Bau und in der Pholidosis nicht den geringsten Unterschied zwischen beiden finden kann. Auch die Berliner Sammlung hat in neuerer Zeit ein paar solcher einfarbiger Exemplare aus Bra- silii'n erhalten. 9. Lophyrus ochrocoUaria Spix, 1. c. p. 10. Taf. 12. Fig. 2. Vom Amazonen Strom. Ebenfalls von Waglcr (l. c. p. 150) schon richtig mit Linnes Lacerta umbra vereinigt, welche Du- meril et Bibron mit Recht von Wagler's Gattung Ilypsibatus als Ilyperanodon (Uperanodon) getrennt haben 10. Lo^yhyrm panthera Spix, 1. c. p. 11. Taf. 13. Fig. 1. Ich würde das bei Ecga gefangene Exemplar unbedingt als «•in jiing(.*s Exemplar von Ilypsibaius punctatus Dum. Bibr. {Erp. (Jen, IV. p. 258) betrachten, wenn ich nicht wegen der geringen Zahl der Lippenschilder, unten und oben jedorseits nur vier, zweifelhaft wäre. Es stimmt nnt dieser Art durch die feinere Be- schuppung und den auf den Schwanz ausgedehnton Ilückenkamm überein und weicht eben dadurch von //. plica Linne ab. Es kann nicht mit Ayama picta Wied, wie es geschehen ist, vereinigt werden, da diese letztere weder Büschel von Stachelschuppen in der Nähe des Trommelfells, noch nach der Beschreibung des Prin- zen zu Wied zu urtheilen, ein grosses Occipitalschild hat. Leider ist mir eine Vergleichuug mit dem Exemplar des Prinzen nicht vom 28. Juni 1877. 409 mehr möglich, da die Sammlung des letzteren nach Amerika (New-York) verkauft worden ist. 11. Lophyrus alhomaxillaris Spix, 1. c. p. 11. Taf. 13. Fig. 2. Von Rio de Janeiro und Para. Ist schon von Wagler (l. c. p. 150) mit Recht als das Junge von Agama catetiataV^i^ü bestimmt. 12. Lophyrus atireonitens Spix, 1. c. p. 12. Taf. 13**. Vom Amazonenstrom; ist, wie Wagler (L c. p. 149) be- reits erkannt, ein jüngeres Exemplar von Ophryoessa superciliosa Linne. 13. Agama hispida sive tuberculata Spix, 1. c. p. 12. Taf. 15. Fig. 1 (Foemina) tuberculata^ Fig. 2 (Mas) hispida. Aus Rio de Janeiro und ßahia. Das feinschuppigere, als Weibchen bezeichnete Exemplar ist übereinstimmend mit Tropi- durus torquatuB Wied, die mit grösseren Schuppen versehenen, auf der Tafel als hispida bezeichneten und als Männchen betrachteten Exemplare gehören dagegen einer anderen Art an, welche neuer- dings von Reinhardt und Lütken als Tropidurus macrolepis (Vi- densk. MeddeL nat. Forening. 1861. p. 227) beschrieben worden ist, 14. Agama semitaeniata Spix, 1. c. p. 13. Taf. 16. Fig. 1. Aus den bergigen Gegenden von Sincura in der Provinz Bahia. Diese eigenthümliche, später nicht weiter beachtete Art gab Wagler (1. c. p. 146) Veranlassung zur Aufstellung der Gattung Platyuotus. Bei genauer Vergleichung mit Tropidurus torquatus Wied finde ich kein einziges wesentliches Merkmal, um sie von diesem gene- risch zu unterscheiden. Die Stellung der Nasenlöcher ist ganz die- selbe, erscheint aber auf den ersten Anblick etwas verschieden, weil das ganze Thier sehr abgeplattet erscheint. Die Supraorbital- schildcr bilden fünf Längsreihen, von denen die der zweitiuneren Reihe, wie gewölinlich sehr breit sind. Eigenthümlich für diese Art ist auch die glatte Beschaffenheit der Rücken- und Bauch- schuppen. Ich kann Platynotus kaum als eine Untergattung von Tropidurus betrachten. Es befinden sich drei Exemplare in dem Münchener Cabinet. 410 Gesamm ts itzung 15. Ägama nigrocollaris Spix, 1. c. p. 13. Taf. 16. Fig. 2. — Aus dem Innern von Bahia. Die beiden Exemplare sind etwas kleiner, stimmen sonst aber ganz mit der p. 12 als hispida bezeichnctcu und auf Taf. 15 Fig. 2 abgebildeten Art überein. 16. Agama cyclurus Spix, 1. c. p. 14. Taf. 17. Fig. 1. Aus der Umgebung von Baliia. Ist ein noch jüngeres Exem- plar derselben, wie erwähnt, neuerdings als Tropidurus macrolepis Rhdt.-Ltkn. beschriebeneu Art. 17. P oly citrus marmoraius Spix, p. 14. Taf. 14. Aus den Wäldern bei Rio de Janeiro. Über die Überein- stimmung dieser Art mit Lacerta marmorata Linne hat kein Zwei- fel geherrscht. 18. Polychrus acutirostris Spix, 1. c. p. 15. Taf. 14*. In Wäldern von Bahia. Wiegmann (ITerp, mex, p. 46. Auro.) stellte diese Art, freilich ohne sie gesehen zu haben, in die zweite Abthoilung seiner Gattung Laemanctus^ Ilr, Cope (Proc, Äc» Nat, Sc. Philadelphia. 1864. p. 176) bemerkte dagegen, dass sie ein wahrer Polychrus sei. Das interessanteste Resultat meiner Unter- suchung ist die vollständige Übereinstimmung derselben mit Poly- chrus anomalus Wieg mann (1. c. p. 16.). Übrigens stimme ich Hrn. Cope bei, dass Laemanctus Htzingeri, undulatus (et ohtusi- rosiris) Wieg mann besser mit Urostrophus Vautieri Dum. Bibr. in eine Gattung zu vereinigen sind, obgleich die beiden ^) ersteren gekielte, der letztere glatte Schuppen hat. 19. Anolis violaceus Spix, 1. c. p. 15. Taf. 17. Fig. 2. Aus der Umgegend von Parä. Ist schon früher richtig mit Anolis punciatus Daudin vereinigt worden. 20. Gecko aculeatus Spix, 1. c. p. 16. Taf. 18. Fig. 3. In den Wohnungen bei Rio de Janeiro. Dieser Gecko ist identisch mit dem in demselben Jahre von dem Prinzen zu Wied ') L. ohtusiroatris halte ich nur für ein älteres Exemplar Ton L. undu- latuSj mit dem es auch zusammen gefunden wurde. vom 28. Juni 1877. 411 (Beitr. Naturg, Bras. I. p. 102 u. 104) als G, incanescens et arma- Uut und später von Cuvier 1829 (Rt>gne. an. 2. cd. IL p. 54) als Uetnidactylus inabuia beschriebenen Art. Schon zwei Jahre früher beschrieb sie Rad de als Gecko tuherculosiis (Mein, Soc, ItaL Modena. 1823. XIX. 2. p. 63). 21. Gecko cruciger Spix, I. c. p. 16. Taf. 18. Fig. 3. Ans der Provinz ßahia. — Das Exemplar ist verloren ge- gangen; nach der Beschreibung ist der Rucken mit Tuberkeln ver- sehen und darn. Paris 1877. 8. Socif'tt^ enfoMolugiipte de Belgique. Ser. II. N. 39. Bruxelles 1877. 8. Sitzungsberichte der viathem. - naturwiss. ('lasse der K. Akademie der Wissen- schaften in Wien. Jahrg. 1877. N. XIV. Wien. 8. B. Boncompagni, Bullettino. T. X. Marzo 1877. Roma. 4. E. Plantamour et R. Wolf, Determination t^l^graphique de la dijjference de longitude entre l' Obserratoire de Zürich et les stations astronomiques du Pfänder et du Gäbrisi. Gcneve 1877. 4. F. Freiherr von Richthofe n, China, 1. Bd.: Einleitender Theil, Berlin 1877. 4. Vom vorg. K. Ministerium. * Geologische Karte des westlichen Süd-Tirols, nach eigenen Auf nafimen entwor- fen von Dr, O, It. Lepsius 1875(76, Berlin, fol. 2 Ex. MONATSBERICHT DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN zu BERLIN. Juli 1877. Vorsitzender Sekretär: Hr. Curtius. 2. Juli. Sitzung der philosophisch -historischen Klasse. Hr. Buschmann las den dritten Theil seiner Abhandlung üb(T die Ordinal-Zahlen der mexicanischen Sprache. 5. Juli. Öffentliche Sitzung der Akademie zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Der an diesem Tage Vorsitzende Sekretär der Akademie, Hr. Curtius, eröffnete die Sitzung mit folgender Rede über Bo- den und Klima von Athen. Leibnizens Name ist uns das Symbol einer alle Zweige der Wissenschaft umfassenden Gemeinschaft, welche wir als ein un- scliätzbares Vermächtniss um so fester halten, je mehr sich das Bcwusstsein dieser Gemeinschaft verdunkelt. Denn wie die Forschung in die Weite und Tiefe fortschreitet, wird ihr Gesammtgebiet einem orientalischen Weltreich immer ähnlicher, welches in Satrap ien aus einander geht, die von keinem Mittelpunkte mehr übersehen, ge- schweige denn geleitet werden können. [1877] 32 426 Öffentliche Sitzung Unter diesen Uuistiinden ist nichts erwünschter, als wenn es gelingt die aus einander gehenden Richtungen an einzelnen Punkten zu vereinigen, wo sie einander unentbehrlich sind, und wo bietet sich dies ungesuchter dar, als da, wo die geistige Entwickelung eines Volks im Zusammenhange mit der Natur seines Landes und Klimas Gegenstand der Untersuchung ist? In diesem Sinne hat Karl Ritter als Mitglied dieser Ge- nossenschaft die Wissenschaft der Erdkunde neu l)egrundet. Von historischer Forschung ausgehend hat er in echt philosophischem Sinn an dem Thatsächlichen sich nicht genügen lassen können, sondern ist nach allen Seiten den Ursachen nachgegangen, unter deren Einiluss Stämme und Völker ihren geschichtlichen Charakter ausgebildet haben. Je deutlicher ihm aber dabei die von der körperlichen Beschaffenheit der verschiedenen Racen, von Klima und Atmosphäre, vom Relief des Erdbodens, von der Vertheilung des Wassers, vom Vulcanismus, von den Seeströmungen u. s. w. ausgehenden Einwirkungen wurden, um so weniger konnte er physicalische Untersuchungen von dem Kreise seiner Studien aus- schliessen. So wurde die philosophisch-historische Betrachtung mit der Methode exakter Naturforschung in Verbindung gesetzt und diese Verschmelzung bezeugt sich auch in der persönlichen Ge- meinschaft, welche Ritter mit Sömmering, mit Alexander V. Humboldt und Leopold v. Buch zu gemeinsamer Forschung verband. Wissenschaften, welche auf der Gränze verschiedener For- schungsgebiete gegründet werden, sind, so anregend sie wirken, als besondere Fächer schwer zu erhalten. Wjis in ihnen geleistet wird, muss der einen oder der andern Seite zufallen. Auch war Ritters ganze Wissenschaft zu sehr mit seiner Persönlichkeit verwachsen. Mit jener inneren Sammlung und Ruhe des Gemüths, die Allen unvergesslich ist. die ihm näher treten durften, ging er, wie ein Weiser des Alterthums, dem stillen Wirken der Natur nach und belauschte den Zusammenhang zwischen ihr und der Geisterwelt. Sein Leben und Forscheu war in seltener Weise aus einem Gusse, und wenn bei seinem reich gesegneten Wirken Eins zu beklagen ist, so scheint es mir dies zu sein, dass er nach deutscher Gelehrten Art seinen geographischen Weltgang zu syste- matisch angelegt hat. Statt diejenigen Länder vor allen andern in Angriff zu nehmen, wo die Wahrheit seiuer Anschauungen am vom /}. Juli iH77, 427 hellsten oinleucbten miisstc, hat er an verhältnissmiissig undank- bare Stoffe, an die Lander geschieh tsloser Völker, deren Be- trachtung ganz dem Naturforscher anheimfällt, seine besten Kräfte gewendet und sein Lebenswerk ist unvollendet, wie der Torso eines idealen Marmorbildes, der im Steinbruch liegen geblieben ist. Nachdem ich zum zweiten Male längere Zeit auf griechischem Boden gelebt habe, ist mir das, was Ritter uns zuerst wieder deutlich gemacht hat, lebendiger als je vor die Seele getreten; denn Griechenland und in Griechenland Attica — das sind die- jenigen Plätze der bekannten Erde, welche für Ritters Gedanken der dankbarste Boden sind. Hier liegt die grösste Fülle geschicht- licher Entwickclung vor, hier die schärfste Charakteristik aller naturlichen Verhältnisse. Wenn irgendwo, so muls hier sich zeigen lassen, dass das Land nicht bloss der zufällige Schauplatz ist, auf dem sich eine Völkergeschichte abspielt, sondern dass ein tieferer Zusammenhang vorhanden ist und wie die beiden Faktoren, der geistige und der materielle, auf einander wirken. Was Athen gewesen ist, haben wir von Kindheit auf ermessen gelernt, und doch — staunen wir nicht immer von neuem, wenn wir uns einmal zu vergegenwärtigen suchen, wie alle Zweige des menschlichen Könnens und Wissens hier zum ersten Male zur vollen Entfaltung gediehen sind? Hier herrschte die grösste Knergi« in Gestaltung des äussern Lebens^ wo es galt die praktischen Auf- gaben des Gemeinwesens, wie Wasserbau, Wegebau u. s. w. zweck- mässig und würdig, zu erledigen, und ungehemmt daneben jener mächtige Zug zum Idealen, der jedem Erzeugnisse des Handwerks den Stempel einer höheren Würde gab. Hier das rührigste Ge- schäftsleben im Gedränge des Markts und des Hafens und dabei der tiefste Zug zur Sammlung des Gemüths, ein Zug zum Denken und Dichten, der keine Ruhe hatte, bis er im Wort wie in Stein und Erz das Innerlichste, was ein Menschenherz bewegen kann, zum Ausdruck gebracht halte, so dass eine nationale Kunst erwachsen ist, wie sie in dieser Vielseitigkeit weder vorher noch nachher sich irgendwo entfaltet hat. In Athen sind die Bedingungen, unter denen ein geordnetes Gemeinwesen bestehen kann, zuerst mit vollem Ernst erwogen und erprobt; alle Formen antiker Gemeindeverfassung mit ihren feinsten Uebergängen sind hier zuerst ausgebildet. Für Rechtsordnung und Finanzwesen sind Athens Einrichtungen mass- gebend geworden; die gerichtliche wie politische Beredsamkeit ist 89* 428 Öffentliche Sitzung hier einheimisch, wie überhaupt die kunstmassige Ausbildung der Prosa; der philosophische Gedanke ist hier zuerst auf die nächsten und höchsten Probleme des menschlichen Bowusstseins gelenkt. Nach Zeit und Raum, wie nahe bei einander haben auf attischem Boden die Männer gelehrt, an welche noch heute alle Philosophen anknüpfen ! Welche ethischen Kräfte, die noch das sinkende Romer- thum zu halten vermochten, sind von der attischen Stoa ausgegangen und welche Anregung für die gesammte Naturkunde hat sich an die Forschungen des Mannes angeschlossen, welcher auf den Terrassen am Ilissos auf und nieder wandelnd seinen Schulern den Begriff des organischen Lebens enthüllte! Weil hier Alles zn Hause w^ar, wodurch sich ein höher geartetes Menschenleben von dem einer gedankenlosen Masse unterscheidet, ist Athen die geistige Mutterstadt aller Grofsstädte des hellentstischen Orients geworden, die zweite Ileimath aller gebildeten Römer, deren Stadt Juvenal unmuthig eine Griechenstadt nannte. Durch Athen ist das Griechi- sche die Verkehrsprache der gebildeten Welt geworden und da- durch auch das Organ der neuen weltbewegenden Macht, welche nach Athens Untergang in die Menschengeschichte eingetreten ist. Trotzdem giebt es bis auf den heutigen Tag in der alten und neuen Welt für den Bildungsstand eines Menschen keine wichtigere Frage, als die, ob er seinen Entwickclungsgang über Athen genommen habe, und in unserem Vaterhinde betrachten wir es ja vorzugsweise als den besten Bestandtheil unserer wissenschaftlichen Vorbildung, dass wir bei voller Empfänglichkeit des jugendlichen Sinnes in Athen einheimisch geworden sind. Wie wunderbar diese räum- und zeitlose Weltmacht einer kleinen Griechenstadt! Hat es nicht den Anschein, als wenn der Mensch nur hier die Bedingungen gefunden habe, unter denen es ihm möglich war sich nach allen Richtungen voll und frei zu ent- falten, und forschen wir nicht unwillkürlich nach der Beschaffen- heit des Landes, wo diese Entwickeln ng sich vollzogen hat? Merkwürdig ist, wie schon die Alten dem attischen Lfindchen eine besondere Aufmerksamkeit zuwendeten und ihr Nachdenken darauf richteten, die Natur desselben mit seiner Geschichte in Zu- sammenhang zu bringen. Wie fein und einsichtsvoll urteilt Thuky- d i d e s , wenn er in der massigen Begabung des Bodens von Attica eine segensreiche Mitgift der Natur erkennt, indem das Land da- durch vor den gewaltsamen Katastrophen bewahrt wurde, welchen vom ö, Juli 1S77. 429 die üppigeren Unilnnde untcrlngon und dadurch der friedlich statigen Entwickelung von innen heraus verlustig gingen. Das erste Werk antiker Litteratur, in welcliera der Versuch gemacht worden ist, die Natur eines Landes wissenschaftlich zu behandeln, ist die dem Xenophon zugeschriebene Schrift 'von den Einkünften', eine Schrift, in welcher das Klima von Athen, die Tragfähigkeit des Bodens, die Schätze des Meers und des Landes, die Lage Attikas in Bezug auf Krieg und Frieden, die mögliche Erhöhung der einheimischen Wolilstandsquellen eingehend erörtert werden. Pia ton schildert ein ideales ür-Athen in phanta- stischen Umrissen; man sieht aber, wie sorgfältig er die gegebenen Lokalitäten betrachtete und stets vor Augen hatte. Das ist bei einem eingeborenen Patrioten nicht zu verwundern. Aber Aristoteles, der Fremde, der halbbarbarische Nordländer und ein Mann, der mit dem Gange, den die Geschichte Athens genommen hat, nichts weniger als einverstanden war, auch Aristoteles kann nicht um- hin, dem Lokal von Athen (Mue gewisse normale Bedeutung ein- zuräumen. Denn wenn er von den räumlichen Voraussetzungen eines in wünschenswerther Vollkommenheit sich entwickelnden Staates spricht, entlehnt er die Züge des Landschaftsbildes, die er giebt, unverkennbar von Athen. Beide Philosophen waren also, wenn sie diese Ansicht auch nicht theoretisch durchgebildet haben, im Grunde davon überzeugt, dass die ausserordentliche Geschichte Athens mit der Lage und (jiestalt von Attica nahe zusammenhänge, ja sie konnten sich gar keine recht gedeihliche Normalentwicke- lung denken, ohne ähnliche Bodenverhältnisse vorauszusetzen. Die Peripatetiker gingen in der wissenschaftlichen Betrachtung und Verwerthung der attischen Landschaft noch weiter und Theophrast wies darauf hin, dass bedeutende Entdeckungen, die in Attica ge- macht seien, durch die Formen seiner Berge veranlasst worden wären. Denn wenn nicht der Horizont im Nordosten der Stadt durch so scharfe Formen, wie die des Lykabettos und Pentelikon geschnitten wären, würde man nicht so leicht auf die Bestimmung der Sonnenwende gekommen sein und Athen dadurch zu einem be- rühmten Sitze der Astronomie und der Jahresberechnung ge- macht haben. Wer heute nach Athen kommt, ohne etwas von der Vergan- genheit zu wissen und nur mit einem gebildeten Auge die Gegend mustert, der muss den Eindruck haben, dass dies Land zu etwas 430 Öffentliche Sitzung ganz Besonderem von der Natur berufen sei. Es ist kein reicher Natursegen, der ihn bezaubert; es sind keine ausserordentlichen Gegensätze von Flöhe und Tiefe, welche ihn erschüttern; er empfangt vielmehr den wohlthuenden Eindruck einer wunderbar mannigfaltigen und doch harmonisch gestalteten, von Berg und Meer mild um- fassten, für geordnete Wohnsitze vorzüglich eingerichteten, menschen- freundlichen Landschaft. Er überblickt eine Ebene, die gross ge- nug ist eine ansehnliche Stadt zu ernähren, aber doch so massig, dass sie von jedem höheren Punkt klar überblickt werden kann. An drei Seiten ist sie von Bergen umgurtet, welche zum Schutz der Einwohner und zur Nährung der Quellen hoch genug sind, am höchsten im Norden, wo gegen das buotische Nebelland eine Wetterscheide wünschcnswerth war. Hier am Farnes liegen die höchsten und engsten Pässe; hier war eine feste Grenze, die dem ziellosen Weiterdringen eine huilsame Schranke setzte und anderer- seits die cantonale Selbständigkeit Atticas verbürgte. Die anderen Berge im Osten und im Westen sind niedriger, milder, wegsamer; sie dienen nur als Gliederungen des zu gemein- samer Geschichte berufenen Ilalbinsellandes. Südwärts folgt das Auge der gemächlichen Abdachung zum offenen Strande. Hier ist kein Abschluss, keine Schranke; hier liegt der inselreiche Golf mit dem jenseitigen Eestlandc frei vor dem Auge ausgebreitet. Das sind die Grundformen, welche das attische Ländchen als ein besonderes Glied des griechischen Continents absondern und innerhalb desselben der Hauptebene ihre festen Umrisse geben. Im Innern aber ist diese Ebene wiederum so reich gestaltet, dass man sie wie ein wohl gegliedertes Kunstwerk überschaut. . Von NO nach SW wird sie durch einen Höhenzug durchsetzt, das Felsgebirge der Turkobüni, das die obere Ebene in zwei Fluss- thäler scheidet. Das liissosbett zieht sich schluchtartig zwischen den Vorbergen des Hymettos hin ; der Kephisos, der am Parnes und Pentelikon seine weitzerstreuten Quellen sammelt, senkt sich mit nie versiegender Wasserfülle in das breite Saatland hinunter, den schönen Fruchtgarten des Olivenwalds, auf welchem zu allen Zeiten der Wohlstand von Athen beruhte. Jedes der Flussthäler hat wieder seine besondere Gliederung, seine ausgebildeten Stufen. Oberhalb der Stadt konnte man das Wasser auffangen, um es den Gegenden zuzuführen, die den Thal- sohlen ferner lagen, und so die ganze Ebene mit einem Bewässerungs- vom 5, Juli 1877, 431 netze zu überziehen. Dort aber, wo die Zwillingsbäche einander nahe kommen, springt mitten in die Ebene der über Land und Meer weit sichtbare, kühn geformte Felskegel des Lykabcttos vor, mit dem wiederum eine neue Ilöhengruppe beginnt, ein kleines Gebirge tur sich, das auf seinen Velsstirnen die Altäre und Tempel der Athener trug und auf seinen Abhängen die ältesten Ansiedelun- gen; vorne Areopag und Akropolis, dahinter das breitgelagcrtc Pnyxgabirge, das der llissos wie ein Stadtgraben im Süden um- zieht. So gering die Erhebung ist, haben die Höhen dennoch den Charakter der Grossartigkeit. Durch Wassergewalt und Erdbeben zerklüftet, voller Spalten, Grotten und Höhlen, haben sie einerseits ubgewaschene Felskanten und jähen Absturz, andererseits nach SW abgelagerte Krdmassen, die den Fuss bedecken und einen rampenartigen Zugang bilden. Seewärts beginnt das Anschwem- mungsland, das einförmige Halipedon, welches aber den unschätz- baren Dienst leistet, die Piräusinsel als Halbinsel mit dem Fest- lande zu verbinden und den hlick frei über den Golf zu öffnen. Wohin man sieht, da ist auf engem Raum die reichste Gliede- rung und Formenfülle. Jeder Schritt verändert die Aussicht, jeder neue Gesichtspunkt bietet ein neues Hild. Was wir in Tanz und Musik den Rhythmus nennen, den gleichmässigen Fluss einer an- mnthig geordneten Abwechslung, dieselbe Verbindung von Stetig- keit und Bewegung ist auch in den Berglinien von Attika. Alles bewegt sich und bildet doch zusammen eine ruhige Harmonie. Für die Einrichtung der Wohnsitze war aber so gesorgt, dass keine Unsicherheit, kein Missgriff möglich war. Die städtische Ansiedelung war auf der centralen Ilöhengruppe inmitten der bei- den Flusse vorgezeichnet, und in ganz Hellas giebt es keine Stadt- burg, die zwischen den überhohen Felskuppen, wie Akrokorinth und Ithome, einerseits und den unscheinbaren Erdhügeln in Sparta und Theben andererseits so ganz das richtige Mafs hält, wie die Akropolis von Athen. Man wohnte auf den zum Feldbau unbrauch- baren, trocken und gesund gelegenen Felshöhen, oberhalb der besten Ackerfluren, angesichts des nahen Meers. Man hatte das Gefühl einer normalen Zusammengehörigkeit von Land und Volk; jeder Winkel war zweckmässig beinitzt und in den eng begränzteu Räumen erwuchs eine starke Heimathsliebe, eine volle Zufrieden- 432 Öffentliche Sitzung heit mit dem Gegebenen, eine treue Anhänglichkeit an das Alt- gewohnte und Piergebrachte. Andrerseits hatte man eine Mannigfaltigkeit von Anregung, welche jedes Erstarren und Zurückbleiben unmöglich machte; mau hatte einen See-Horizont, der von den nordarkadischen Bergen bis Porös und Hydra reicht. Akrokorinth wird au jedem klaren Abend- hiuimel sichtbar; die nächsten Höhen öffnen den Blick auf die Cykladen. Man fühlte sich im Mittelpunkte von Hellas. Jede Einseitigkeit, die sich in abgeschlossenen Hergkantonen ausbildet, oder auch in breiten Uferländern, wie lonien, wo die Menschen nur Küstenleute sind, war hier unmöglich. Der Farnes nähert sich schon dem Alpencharakter griechischer Gebirge und auch die niedrigsten der attischen Höhenzüge sind rauh genug, um Muskeln und Lungen ernsthaft in Anspruch zu nehmen. Zu allen Zweigen menschlicher Arbeit war nicht blofs Gelegenheit, sondern Nöthigung vorhanden. Man musste, um behaglich wohnen zu können, die Eriindungen machen, welche nöthig waren, um in dem spröden Kalk- felsen den Baugrund zu ebnen, Brunnen, zu graben und Wege zu bahnen. Man musste alle Erwerbzweige pflegen, welche der insel- reiche Golf, der das ganze Jahr hindurch leicht zu befahrende, mit seinem Fisch- und Salzreichthum, die kräuterreichen Berge, die frucht- tragenden Niederungen verlangten. Die ganze Ebene ist wenig über 2 deutsche Meilen tief und doch finden wir an den Dünen des Stran- des, auf dem alten Seeboden des Halipedon, in den Thalsohlen der Flüsse, an den Hügeln, Vorbergen und Gebirgen lauter verschiedene Vegetationssphären, die ihre besondere Bewirthschaftung verlangen. Kommt man aus dem Schatten des Oelwalds, wo die Bäume, die noch heute die ältesten Monumente von Attica sind, als die ehr- würdigsten Schätze des Landes von einer Generation der andern übergeben werden, wo emsiger Fleiss auf das Nächste beschränkt nach altem Herkommen still und ununterbrochen fortarbeitet, nach dem eine halbe Stunde entfernten Hafen, wo eben so aus natür- lichen Voraussetzungen das ruheloseste Verkehrsleben wogt, so glaubt man in ein anderes Land gekommen zu sein. Diese Gegen- sätze erklären aber, wie neben der Anhänglichkeit an das Herge- brachte, neben der Stätigkeit und Heimathstreue , die ein Grund- zug im Charakter der autochthonen Athener ist, sich der rastlose Unternehmungssinn und der Trieb in die Weite entwickelt hat, wie er mit der Lage des llalbiusellandes eng zusammenhängt. vom ö. Juli 1877. 433 Attica ist in allen Beziehungen ein von der Natur scharf charaktcrisirtcs Land ; so auch in seinen atmosphärischen Verhält- nissen, und da klimatische Extreme in ihren nachtheiligen Folgen am unmittelbarsten empfunden werden, so ist von den Athenern nichts so dankbar anerkannt worden, als dass ihnen ein besonders gluckliches Mafs zu Theil geworden sei, eine Mischung der Tem- peratur, welche von erschlaffender Gluth ebenso entfernt war, wie von einer abstumpfenden Rauhheit des Klimas. Dazu kommt die Regelmässigk^^-it dos Kalenderjahrs, die Sicherheit im Wandel der Jahreszeiten. Mit guter Zuversicht konnte der Athener sein Ge- schäftsleben ordnen, sein Land bestellen und sein Schiff zur ersten Ausfahrt rüsten. Auch in den Winden und Gegenwinden herrscht ein Rvthmus, auf dem der ganz«» Golfverkehr beruht. Von dem Zuge vulkanischer Herde, der Griechenland quer durchschneidet, abgelegen, ist Attica vor gewaltsamen Heimsuchungen gesichert und in gesetzmässigem Gange sorgt mit mütterlicher Treue die Natur für Alles, was dem Lande Noth thut. Ist die Regenzeit ge- schlossen, beginnen die thaureichen Nächte und nirgends ist diese unsichtbare Segenspende in Cultus und Poesie dankbarer anerkannt worden, als bei den Athenern, die ihre Stadt- und Staatsgottheit als Thaugöttin (Pandrosos) feierten. Attica ist auch im sonnigen Süden ein vorzugsweise sonniges Land. Nach den genau.sten Berechnungen zählt man durchschnitt- lich 330 helle Jahrestage und nur etwa anderthalb Prozent sind völlig sonnenlos. Die Helligkeit der Luft ist namenthch für Athen charakteristisch. Wenn man von Korinth kommt oder von Theben her über den Kamm der Berge steigt, empündet man immer mit neuer Freude die durchsichtige Klarheit, den Glanz des Himmels, der diese Ebene wie ein Festkleid schmückt. Dieses Vorzugs waren sich die Athener am meisten bewusst und Hessen sich gern von ihren Dichtern als die 'im Aether wandelnden Erechtheus- söhne' preisen. Athen ist durch .sein Klima sehr ausgezeichnet, aber es ist nicht verwöhnt und verzärtelt. Es hat im Sommer mehr Hitze zu ertragen als ihm seinem Breitengrade nach zukommt und hat weniger Gunst vom Meer, als man bei einer Golfstadt erwarten sollte. Das kommt daher, dass Attica als südlicher Ausläufer eines breitgelagerten Gebirgslandes unter dem vorwiegenden Einfluss des contineutalen Klimas steht, obgleich die Berge von Attica ange- 434 Öffentliche Sitzung Bcliwemmtti Inseln sind und die ganze Halbinsel schon als ein Stück vom Archipetagus anzusehen ist. Attica ist also auch klimatisch ein Uebergangsland und sein Nordrand, der Parnes, an welchem die Wolken Böotiens hangen, ist eine Sclieidewand zwischen zwei ganz verschiedenartigen Atuio- sphären. Daher die unaufliörliche Aufregung in der Luft, die Luft- strömungen, welche unausgesetzt über den Boden des schmalen Ilalbinscllandes hinziehen und bei vollkommen wolkenlosem Himmel zu Stürmen anschwellen. Attica ist ein Kampfplatz der Winde. In diesem Kampfe ist aber der im Winter schneidig kalte, im Sommer heisse, trockene Nordwind der unbedingt überlegene. Ihm gehören 178 Tage des Jahrs und der milde, feuchte Seewind kann nur wie ein schwacher Oegenhauch aufkommen. An allen Höhen der Stadt erkennt man die Nordscite als Wetterseite; man sieht den ältesten Ansiedlungsspuren an, wie die Bewohner sich von den ausgesetzten Stellen zurück gezogen haben. Das alte Priesterge- schlecht der Heudancmoi hatte seinen Namen davon, dass seinen Ceremonien die Macht zugeschrieben wurde die Atmosphäre zu" beruhigen und es ist gewiss nicht unwahrscheinlich, dass in dem wüsten Bergvolk der Kentauren, welche die Athener so gern dar- stellen, die dämonische Gewalt der Winde veranschaulicht ist. Boreas ist ein lästiger Hausgenosse der Athener, ein Friedenstörer in dem sonst so behaglich und harmonisch eingerichteten Ländchen. Nach dem weichen Anhauch der Seeluft wird seine jähe Gewalt, welche schon die Alten mit einem Mark und Bein durchbohrenden Geschoss verglichen, doppelt peinlich und dass sie aller Ehren un- geachtet, die dem gestrengen Herrn wie billig erwiesen wurden, seine Anhänglichkeit an Attica übel empfanden, geht schon daraus hervor, dass, wenn sie sich ein Land ungestörter Festlust und Seligkeit ausmalten, dasselbe dahin verlegten, wo kein Boreas wehe, in das llypcrboreerland , dessen Auffindung freilich erst das Re- sultat einer an das Ziel gelangenden Nordpolfahrt sein könnte. Die attische Windplage hat aber auch ihr Gutes. Sie hängt ja mit der Klarheit des Himmels, mit der reinen Beschaffenheit der Luft eng zusammen; sie fegt alle schädlichen Dünste aus. Wenn das alte Athen einmal einer furchtbaren Epidemie unterlag, so erfolgte dies in einer Zeit, wo die Bevölkerung zum ersten Male in die engen Quartiere zweier geschlossener Grofsstädte ein- gezwängt waren, und Perikles' Gegner haben es gewiss nicht unter- vom 5, Juli 1877, 435 lassen, das aus politischen Gründen von ihnen verwünschte Miiuer- systcm, das den freien Windzug hemme, als eine der Ilauptursaehen des entsetzlichen Unglücks darzustellen. Die Tage der Tramon- tana gelten ja auch heute noch immer als die gesünderen, als die nervenstärkenden, welche zu körperlicher und geistiger Thätigkeit die Lust wecken. Die besondere Kauheit der attischen Luft hatte aber in ähnlicher Weise wie die des Bodens den Vortheil, dass sie dag Volk durch den Wechsel der Temperatur abhärtete und ilim diejenige Stählung gab, welche man im Gegensatz zu den weich- lichen loniern an den derberen und freiheitsmuthigen Nordländern bewanderte. Daneben genossen ja die Athener den ganzen Segen ihres in vorzüglichem Grade südliclien Himmels. Die Natur war ihnen keine feindliche, missgünstige Macht, welcher die Bedingungen eines leidlichen Daseins abgerungen werden müssen , sondern leicht ge- währt und reichlich spendet sie, was zum Leben gehört. Sie macht auch dem Unbemittelten dns Dasein sorgenfrei und erzieht den Menschen, weil das Leben und Athmen unter diesem Himmel an sich eine Freude ist, zur Massigkeit und Bedürfnisslosigkeit. Er ist von den kleinen Bescli werden, die das Leben des Nordländers am meisten verkümmern und hemmen, ungleich freier; ein Himmel wie der von Athen macht das Auge hell, weckt und schärft die Beobachtung, stimmt das Gemüth heiter und reizt zu einem thätigou Gebrauch aller Kräfte. Er stärke die leibliche und geistige Ge- sundheit, indem er es das ganze Jahr hindurch den Menschen mög- lich machte, in Luft und Licht thätig zu sein. Unter freiem Himmel arbeiteten die Handwerker, lehrten die Philosophen, sangen die Chore, wirkten die Staatsmänner. Dies Leben im Freien war Grundlage eines wahren Gemeindelebens in der Arbeit für den Staat wie in der Feier der Feste. Auch dem Aermsten war die Mufse nicht versagt; das Beste war Allen gemeinsam; darum war ihnen auch eine das Gemeindeleben störende Ueberschätzung des häuslichen Behagens fremd, und auch in dieser Beziehung kannto man keine solche Sonderung der Stände, wie sie da eintritt, wo Alles davon abhängig ist, wie weit Jemand zufällig die Mittel in Händen hat, um alle Schwierigkeiten des Lebens für sich und die Seinen glücklich zu überwinden. Nichts aber ist, wenn wir die Geschichte des Landes im Zusammenhang mit seiner Natur in's Auge fassen, von grösserem Interesse als die Wahrnehmung, wie 436 Öff entliehe Sitzung auch die vorhandenen Mangel den Athenern zu Vortheil und Segen gediehen. Der Mangel an solchen Friichtebenen , wie sich Thessalien, Buotion^ Lekonien, Elis, Messanien derselben rühmen konnten, machte Attica zu einem verachteten Ländchen, das die nach fettem Landbesitz gierigen Stämme des Nordens ganz bei Seite Hessen. Die Folge war, dass Attica unter allen Kustenlandschaften allein aus polasgischer Urzeit sich ohne gewaltsame Unterbrechung har- monisch hat gestalten können und in friedlicher Kntwickelung allen griechischen Ländern vorangegangen ist. Die dünne Humusdecke aber war Veranlassung, dass der Boden um so sorgfältiger bestellt wurde und der Erfolg war, dass die attischen Baum- und Garten- früchte schmackhafter waren als die aller anderen Länder. Damit stimmt, dass die auf trockenem Boden gezogenen Feldfrüchte auch heute noch zarter, feiner, aromatischer gefunden werden; sie wer- den unter den Namen 'Xerika feilgeboten. Kein griechisches Ge- birge liefert duftigere Kräuter als der Hymettos, die altberühmte Bienenweide, und selbst die Ziegen und Schafe, die auf solchen Höhen geweidet haben, werden, wenn zum Osterfest die Heerden gemustert werden, von den Kennern besonders gewürdigt. Von dem sorgfältigen Fleisse, zu welchem die dünne Humus- decke den Athener nöthigte, zeugen an allen Abhängen die müh- sam abgestuften Terrassirungen; davon zeugen auch die Urkunden alter Pachtkontrakte, in denen ausdrücklich vorgesehen wird, dass die Erd lagen der Grundstücke nicht vermindert werden sollen. Ebenso gab die Trockenheit des Bodens, die mit dem regen- armen Klima und der frühen Entwaldung des Gebirges zusammen- hängt, den Athenern die Nöthigung, alle Wasseradern an und in den Berghängen sorgfältig aufzusuchen, um sie in unterirdischen Fclsgängen nach dem Mittelpunkt des Landes zu führen und gleich- zeitig den Wasservorrath in den Flussbetten oberhalb der Stadt nach beiden Seiten so zu vertheilen, dass kein Strich des bestell- baren Landes leer ausging. Mit wahrer Bewunderung folgt man allen Vorkehrungen, auf denen das weise System des attischen Wasserhaushalts beruht, diese bescheidenen, aber unvergänglichen Anlagen der arbeitstreuen Athener, deren unterirdische und über- irdische Canäle noch heute ihre heilsamen und treuen Dienste leisten. com J. Juli 1877, 437 Durch keinen Fleiss konnten die Athener ihr Land zu einem reichen Lande machen, und wenn die Vegetation auch eine grosse Mannigfaltigkeit zeigt, so waren die einheimischen Erzeugnisse für eine in zwei Grofsstädten neben einander sich ansammehide Be- völkerung auf die Dauer doch völlig ungenügend. Darin lag der unabweisbare Antrieb für Athen, aus seiner cantonalen Beschrän- kung herauszugehen, das Meer mit zu Attica zu rechnen, erst see- tüchtig und dann seemächtig zu werden. Wenn nun die ausgc- wählteste llafongelegenheit am Strande, wie sie keine Phantasie günstiger sich ausmalen könnte, dazu kam mit einem inselreichen Golfe, wo die Schiffe Schritt für Schritt sich von dem heimischen Strande weiter hinaus wagen konnten, wenn endlich die zum Flottenbau unentbehrlichen Mittel den Athenern durch die Silber- minen von Laurion dargeboten waren, so erkennt man, in welchem Grade ihnen ihr geschichtlicher Beruf durch die natürliche Begabung des Bodens vorgezeichnet war, ebenso wie der plastische Thon vom Kerameikos und Gap Kolias und die Fülle des edelsten Marmors im Hymettos und Pentelikon den attischen Boden zu einem aus- gewählten Sitze der bildenden Künste gestempelt haben. So war Attica durch das, was es hatte und was es nicht hatte, ein Land einzig in seiner Art. Jede Gabe wollte verwerthet sein, jeder Mangel weckte die Erfindungskraft. Die Anhänglich- keit an den heimathlichen Boden, welche die Grundbedingung einer glorreichen Geschichte ist, beruht aber nicht darauf, dass ein Volk mit mühelosem Behagen dem Ueberflusse im Schofse sitzt, sondern das verbindet Volk und Land, dass lange Reihen von Geschlechtern ununterbrochen daran gearbeitet haben, alle Unbequemlichkeiten ihrer Wohnsitze zu überwinden, alle Schätze zu verwertben, alle Mängel zu ersetzen. Je eifriger man den Spuren der Gescbichte auf dem Boden und im Boden nachgeht, um so deutlicher erkennt man, dass wohl nie ein Volk in seiner Ileimath so zu Hause ge- wesen ist, wie die Athener in Attica, und wir fühlen Alle, wie unmöglich es ist, sich die Athener anderswo ansässig zu denken. Ein Volk, das so mit seinem Lande verwachsen ist und sich das- selbe so angeeignet hat, ist auch entschlossen, sein volles Eigen- thumsrecbt in Anspruch zu nehmen und keinerlei fremde Iloheits- rechte anzuerkennen. Das gab ihnen den Muth, den Massen über- seeischer Barbaren, denen noch keine Griechenschaar Trotz ge- 4^8 Öffentliche Sitzung boten hatte, am Strande von Marathon entgegenzutreten nnd noch bei Chaironeia für die Unabhängigkeit ihres Bodens zu bluten. Der Besitz eines soldien Landes flufst dem Volk endlich auch • ein stolzes Selbstgefühl ein, und so viel reichere Nachbarländer auch die Athener um sich sahen, so betrachteten sie ihr Ländchen mit seinen Bergen, seinem Meer und Himmel doch als ein Juwel unter allen Ländern der Erde, um das auch die Götter gehadert hätten, als einen Edelsitz, den die Gottin Athena selbst für ihre Kinder ausgesucht habe, und dieser Heimathstolz erfüllte sie mit einer zweifellosen Zuversicht und mit einem unerschütterlichen Glauben an ihren hohen Beruf. Ohne diesen Glauben wäre Athen nimmer zu dem geworden, was es uns heute noch ist Man bildet sich wohl ein, dass an hervorragenden Platzen der Geschichte ein gewisser Segen hafte, dessen Wirkung nicht aus- bleiben könne, und deshalb hat man es bei Errichtung des neuen Griechenlands für eine Art Pflicht gehalten, die alten Städte wie- derum zu Mittelpunkten der Geschichte zu machen, wie wenn man versprengte Truppen um alte Fahnen sammelt. Ein solcher Cultus geweihter Stätten beruht auf Täuschung und kann leicht zu dem gefährlichen Irrthum verleiten, als wenn man geschichichtlichen Ruhm durch Tradition des Namens erhalten könne, demselben Irrthum, durch welchen so viele Enkel erlauchter Geschlechter hinter den Wappenthoren ihrer Ahnen verkommen sind. Der Boden macht die Geschichte nicht, so wenig wie er im Stande ist, den Verfall eines Volkslebens zu verhindern. Der Keim, dem das Leben cntspriesst, ist die sittliche Kraft, der Sinn für die höchsten Lebensziele, der Muth sie entschlossen zu ver- folgen. Nur die rastlose Energie eines reich begabten Menschenge- schlechts hat Attica zum Schauplatz einer solchen Geschichte ge- mjirht. Ist diese Kraft lebendig, so tritt jede Gunst der Oertlich- koit in volle Wirksamkeit und auch die Mängel werden zum Segen; fehlt sie, so werden auch die Vorzuge ins Gegentheil verkehrt. Unter dem Sonnenhimmel von Athen hat Jahrhunderte lang die wüsteste Barbarei geherrscht und ein träges Dahinleben, wie es sich dort entwickelt, wo dem Einflüsse eines le van tini sehen Klimans keine selbstständige Kraft entgegentritt. Athen zeigt uns also an einem hervorragenden Beispiel, wie Alles davon abhängt, dass das rechte Volk an die rechte Stelle vom 5. Juli 1877. 4;U> komme, damit die normale Entwickelung voll und glücklich ge- deihe, wie jede Pflanzt? eine besondere Beschaifenheit von Luft und Erde verlangt, damit das, was sie sein soll, zu voller Wahr- heit werde. Das ist das geheimnissvolle Verhältniss zwischen dem Mate- riellen und dem Geistigen in der Geschichti'; ein Verliältniss, das allerdings nicht nach unabänderlichen Gesetzen geordnet ist. Es hat auch seine Geschichte. Rohe Naturvölker leben ganz unter dem Bann der natürlichen Bestimmungen. Mit dem Fortschritt menschlicher Erfindung und Erfahrung werden sie mehr und mehr zurückgedrängt. Die Geschichte des Alterthums hat nun den eigen- thümlichen Reiz, dass sie uns eine voll, frei und reich entwickelte Cultur vor Augen stellt, welche die Bande nicht abgestreift hat, die sie mit der Aussen weit verbindet. Hier hat sich bei aller Selbstständigkeit des geistigen Lebens eine wirkungsvolle Wechsel- beziehung erhalten, so dass das Geistige und das Körperliche gleich- sam organisch verbunden wie Leib und Seele zu einander gehören. Suchen wir für diese harmonische Wechselwirkung, wie ich sie an den Athenern und Attica nachzuweisen versucht habe, nach einem bezeichnenden Ausdruck, so möchte ich am Leibniztage wagen, sie eine prästabilirte Harmonie zu nenn(*n, ein Verhältniss, dessen Erforschung den Naturforscher wie den Historiker in gleichem Mafsc in Anspruch nimmt. Hierauf hielt Hr. Dill mann, als seit dem letzten Leibniztage neu eingetretenes Mitglied, folgende Antrittsrede: Fast 150 Jahre war das Feld brach gelegen, in welches ich vor 3 Decennien zu selbständiger Arbeit eintrat. Dass Hebräisch, Arabisch, Aramäisch immer wieder neue Gelehrtenkräfte an sich zieht, dafür ist durch die Bedeutung der Literaturen dieser Sprachen hinlänglich gesorgt. Die vierte der Schwestern stand unbeachtet bei Seite; was man von ihr wusste, war nicht viel mehr als was der treffliche Hiob Ludolf gelehrt hatte. Erst der Umschwung der gesammteu Sprachlehre von der blos beschreibenden und philo- 440 Öffentliche Sitzung sopliirenden zu clor vergleichenden und geschichtlichen Bebandlang der Sprachen, wie er in diesem Jahrhundert vor sich ging, brachte auch dem Geez (oder Äthiopischen, wie man es seit der Mitte des XVI Jahrhunderts zu benennen sich gewohnte) und den verwandten Dialccten wieder erneute Aufmerksamkeit eiil, indem man darin ein wichtiges Mittelglied in der Entwicklungskette der semitischen Sprachenfamilie erkannte; und das viele neue Handschriftenmaterial, das zur selben Zeit bei dem reger werdenden Verkehr zwischen Morgen- und Abendland aus Abyssinien nach Europa kam, bewies zugleicli, dass auch die in dieser Sprache erhaltene Literatur um- fangreicher und wichtiger sei als man geglaubt hatte. Hier gaVs auf einmal viel zu thun. Dass ich gerade in diese Arbeit eintrat, würde ich einen Zufall nennen, wenn es vernunftig wäre von Zu- fall zu reden. Ich hatte mich durch Studium der Philosophie, Theologie und der orientalischen Philologie in H. Ewald* s Schale für das Bibelfach ausgebildet und wollte zunächst zum Zweck einer neuen Bearbeitung des Henochbuchcs die betreffenden Geez-Hand- schriften in Frankreich und England vergleichen. Da wurde ich durch Aufträge von den Verwaltungen des britischen Museums und der Bodleiana zur Katalogisirung ihrer alten und neuen abyssini- schen llandschriftensamnilungen veranlasst und damit war mein Schicksal entschieden. Wer mit unzulänglichem grammatisch- lexikalischem Apparat Handschriften einer ausgestorbenen Sprache liest, ist auf eigenes Beobachten und Suchen angewiesen; jeder Fund, den er da macht (und wie viel solche giebt es in einem neuerschlossenen Gebiet!) fesselt ihn noch fester an seinen Gegen- stand; aus der Masse des (iefundenen erheben sich neue Gesichts- punkte und Fragen, die wieder in anderer Richtung zu suchen treiben. Buhe lässt's einem nicht mehr, bis das ganze Gebiet durch- laufen und durch Verarbeitung des Gefundenen dem innewohnenden Gestaltuiigstrieb Genüge geschehen ist. So habe ich während 20 meiner besten Lebensjahre die Hälfte meiner Arbeitszeit und Kraft aufgewendet, bis ich durch Ausgaben der wichtigsten Texte und durch eine den Anforderungen der heutigen Sprachwissenschaft entsprechende Neubearbeitung der Grammatik und des Lexikons, dieser Sprache und Literatur den ihr gebührenden Rang im Ge- biet des Semitismus verschafft hatte. So mühselig diese Arbeit mit fast nur handschriftlichem Material war, so still und einsam war sie; der Gelehrten, die ihr mit Vcrständniss folgen konnten, vom 5. Juli iS77. 441 waren wenige, und von Seiten eines grosseren Pablicums war an Theilnahme nicht zu denken. Abyssinien, so interessant Land und Leute in vieler Hinsicht sind, hat niemals in die grosse Geschichte eingegriffen; nicht einmal für die Geschichte der Kirche ist es von Wichtigkeit geworden ; dass eine Anzahl sonst ganz oder theilweisc verlorner jüdischer oder altchristlicher Huclier und allerlei alte und absonderliche Sitten und Bräuche sich dort erhalten haben, ist nahe- zu Alles, was die Theologen daran interessirt. Wer also dort sich vertiefte, begab sich wie auf einen verlorenen Posten. Ich kann Sie versichern, dass bei solchen langen dürren Arbeiten, ohne un- mittelbaren Nutzen für das Leben, ohne merklichen Einfluss auf die dominirenden Wissenschaften, auch den Entsagungsvollsten oft das Gefühl der Öde, die Furcht vergeudeter Kraft und Mühe über- kommt, ganz zu geschweigen davon, dass aus Mangel der nöthigcn Geldmittel auch manche wünschenswerthe Aufgabe ganz oder 'halb unausgeführt bleiben niuss. Aber die Zugkraft der wissenschaft- lichen Befriedigung, zumal in der Jugend, überwindet auch diese Schwierigkeit, und Arbeiten, die nicht sofort in der grossen Welt angestaunt oder ausgebeutet werden, laufen auch nicht Gefahr, übereilt oder in schiefe Bahnen geleitet zu werden. Was ich aber während jener Arbeitsjahre oft vermisste, ist mir später in reichem Maafse zu Theil geworden; die Ergebnisse der Arbeit sind nun viel- gebrauchtes Gemeingut, und eine ziemliche Zahl mittelbarer oder unmittelbarer Schüler aller Orten greift jetzt unterstützend ein. Dass auch Sie durch meine Aufnahme in Ihre Mitte meinen Leistungen Ihre Anerkennung hinzufügen wollten, empfinde ich als eine hohe Auszeichnung. Gestatten sie mir, dass ich heute öffent- lich Ihnen meinen Dank dafür ausspreche! Aber in die Akademie tritt man nicht ein, um auszuruhen, sondern um die Wissenschaft in seinem Theile nach Kräften zu fördern, eine Aufgabe, erfreulich an sich und doppelt erhebend für den, der berufsmässig viel mit Kreisen zu verkehren hat, welchen Stillstand der Wissenschaft oft erwünschter wäre als Fortschritt. Selbst auf dem abyssinischen Gebiet habe ich die Arbeiten, die ich mir einst vorgenommen, noch keineswegs abgeschlossen. Der Druck des ältesten Sprachdenkmals, des Bibeltextes, wartet seit lange auf günstigere Zeiten zu seiner Vollendung. Eine Bearbeitung der Geschichte dieses Reichs und seiner Beziehungen zu den an- grenzenden afrikanischen Völkern, genauer und zuverlässiger als [1877] 33 442 Öffentliche Sitzung J. Bruce sie gegeben^ auf Grund der fortlaufenden einheimischen Kunigsannalcn seit dem XIII. Jahrhundert liegt noch iiumer in meinem Plan. Für die Entwirrung des Sprachengewirres der abyssinischen Völker und ihre linguistische wie ethnographische Eingliederung ist noch viel zu thun, obwohl von mehreren Seiten schon schöne Anfänge darin gemacht sind. Auch die Rechts- bücher mit ihrenf) Gemisch von jüdischen, kanonischen und bjcan- tinischen Elementen verdienten eine genauere Untersuchung, nicht zu gedenken anderer, mehr kirchlicher oder theologischer Bücher. Aber wie keiner auf einem speciellen Gebiet semitischer Zunge n>rdernd eingreifen kann, ohne zugleich fortwahrend seinen Blick auf die andern zu richten und aus ihnen zu schöpfen, so habe auch ich mich niemals auf den Vorpostendienst im tiefen Süden be- schränkt oder zu beschränken gedacht. Schon durch Amt und Berdf gehört längst meine Ilauptthätigkeit einem örtlich und seit- lieh weit davon entlegenen Gebiete an. Die israelitischen Bibel- bücher, wenn man sie auch nach Eröffnung der assyrisch -baby- lonischen Quellen nicht mehr unbedingt die ältesten schriftlichen Denkmale der semitischen Völker nennen kann, behaupten doch immer ihren Bang als die edelsten und wichtigsten Geisteserzeug- nisse des semitischen Alterthums, als ein unversiegbarer Born, aus welchem religiöses Leben und Denken der Menschheit sich fortwährend erneuert, darum in ihrer Art eben so würdig, immer genauer wiedererkannt und verstanden zu werden, wie aus andern Gründen die classische Literatur. Die Zeiten, wo sie, vor Be- rührung mit profaner Wissenschaft ängstlich gehütet, ganz als ein Ding für sich behandelt zu werden beanspruchten, sind nun doch vorüber. In den Fluss allgemeiner geschichlicher Betrachtung ge- stellt, sind sie auch Gegenstand allgemeiner Wissenschaft, und ziehen aus dieser Licht, wie sie selbst hinwiederum ihr Mittel der Forschung reichen. Je jünger aber diese allgemein-geschichtliche Betrachtungs- und Erklärungsweise der althebräischen Literatur ist, desto mehr gibts noch darin zu thun und umzugestalten; die sich häufenden epigraphischen Entdeckungen, der Fortschritt der Ägyp- tologie und Assyriologie haben ihr neue Probleme gebracht; eine ganze Reihe religionsgeschichtlicher, archäologischer, chronologi- scher, ethnographischer und geographischer Fragen knüpft sich daran au. Ich glaube nicht, m. H., dass Sie derlei Untersuchungen nur darum, weil sie mit der Bibel zusammenhangen, aus dem Kreise vom 5. Juli 1S77. 443 der akademischen Wissenschaften ausgeschlossen betrachten. Viele dieser Untersuchungen können aber gar niciit geführt werden, ohne die jüngeren Quellen und Hilfsmittel nicht blos bei den Classikern und Byzantinern, sondern noch mehr bei den Orientalen selbst, zu- meist der immer reicher zu Tag geförderten syrischen und arabi- schen Literatur zu Rathe zu ziehen. So wird, wer in den ge- nannten Zweigen tiefer dringend arbeiten will, auch mit dem übrigen semitischen Schriftenkreise im Zusammenhang bleiben müssen, und findet auch hier wieder Stücke genug, die in selbständiger Weise seine Aufmerksamkeit und Thätigkeit in Anspruch zu nehmen ver- mögen. — Und endlich die Sprachen selbst, diese wunderbar kunst- vollen Gebilde des denkenden Geistes der Völker und Völkerfamilien, sie werden keinen, der auch nur von einer oder zweien den Orga- nismus bis in seine kleinsten Glieder, Gefässe und Fasern selb- ständig durchforscht und begriffen hat, aus dem Zauberkreis ihrer Anziehungskraft wieder gänzlich entlassen. Jeder neue Text, und wärens auch nur einige Inschriftenzeilen, wirft ihm sprachliche Ausbeute ab. Nacii der grammatischen Seite ist hier freilich für die Uauptsprachen (mit Ausnahme des Syrischen), selbst für einige ältere oder neuere Nebensprachen, der erheblichste Theil der Arbeit vorerst gethan, aber naciizuholen, zumal an der Hand neuer Funde, gibts immer noch Vieles, und noch manche feinere und schwierigere Fragen harren einer befriedigenderen Lösung. Viel weiter zurück sind wir in der Behandlung des Wortschatzes. Nicht blos dass hierin zu jeder der semitischen Literatursprachen (mit Ausnahme des ein für allemal abgeschlossenen Hebräischen) fast jeder neu bekannt gemachte Text auch einigen Zuwachs bringt; noch viel mehr ist zu thun in der Sonderung des Sprachgutes und Sprach- gebrauchs nach seinen örtlichen und zeitlichen Nüancirungen , in der Unterscheidung des in jeder Sprache individuell Entwickelten und des allgemein Semitischen, des Eigenen und des aus der Fremde Eingebürgerten, und halte ich derlei Beobachtungen zu machen für , wichtiger und richtiger, als nach vorgefasste oder doch nicht allge- mein gültigen Theorien, wie z. B. von der ursprünglichen Zweilautig- keit aller semitischen Wurzeln logische Schemata der Bedeutungs- entwicklung der einzelnen Wurzeln und Wurzelgruppen zu ent- werfen. Der Weg der empirischen Beobachtung ist der langsamere aber sicherere. Erst wenn ein besserer empirischer Unterbau da ist, lassen sich auch die Wechsel, welche die einzelnen Wurzel- 33* 444 Öffentliche Sitzung stoife bei den einzelnen Völkern durchlaufen haben , vollstfindiger übersehen und die Gesetze derselben, so weit sie da sind, erkennen. Vollständiger, sage ich, denn ganz fehlt ihre Erkenntniss auch jetzt schon nicht. Die Oesetze werden aber zum Theil sehr viel andere sein als in dem arisch- europäischen Sprachenkreis, und nichts kann verkehrter sein als mit den dort gefundenen Gesetzen unmittelbar auch auf semitischem Gebiet operiren zu wollen. Nicht jedes taugt für jeden. Dass die Semitisten keine Sprachvergleichungs-Wissen- schaft erzeugten oder auch nur besonders anstreben, hat seinen guten Grund. Die grammatischen Formen und ßildungsmittel sind in den semitischen Sprachen theils einfacher theils ihrem Ursprung und Sinn nach durchsichtiger, als in den indogermanischen Sprachen, wo sie grösstentheils bis zur Unkenntlichkeit abgeschli£fen sind. Entdeckungen, wie sie Bopp und seine Nachfolger für diese machten, waren für jene nicht erst zu machen. Auch die Gesetze der all- mähligen Deconiposition der Bildungsformen in den jüngeren und entarteteren Sprachen sind schon reichlich erkannt und brauchen nur übersichtlich zusammengestellt zu werden. Bezuglich der Wech- sel der Wurzelstoffe aber von Volk zu Volk liegen die Verhält- nisse hier sehr viel anders, theils einfacher, theils regelloser. Die noch weiter zurückliegenden Fragen über Ursprung und Verbreitungs- geschichte der semitischen Sprachen und Völker und ihren Zu- sammenhang mit andern Völker- und Sprachfamilien müssen wir zwar meines £ij^achtens im Auge behalten, aber auf rein linguistischem Wege werden sie dermalen nicht zu lösen sein. Ich habe mich, da Sie mir das Wort gegeben, über Fächer und Richtungen meiner bisherigen und fernerhin beabsichtigten wissenschaftlichen Thätigkeit genügend ausgesprochen. Wie viel ich noch werde arbeiten und ausführen können, hängt nicht von mir allein ab, sondern von dem, der dem Menschen Leben und Kraft gibt. Hr. Curtius, als Sekretär der philosophisch - historischen Klasse, beantwortete diese Rede folgendermafsen : Mit besonderer Freude erfülle ich den mir heute gewordenen Auftrag, Ihre inhaltreiche Ansprache zu erwidern und Sie damit vom ö. Juli 1877. 445 in den Kreis der Akademie einzufuhren. Mehr als drei Decennien einsamer Arbeit haben Sie einem Sprachstamm gewidmet, der mit seinem ganzen Sprachschatze vergessen und vorschollen war. Während auf dem Boden klassischer Alterthumskunde nur in Stein und Erz neue Quellen der Sprache und Geschichte an das Tages- licht zu treten pflegen, ist es, wie Ihr Beispiel zeigt, auf orienta- lischem Gebiet noch möglich, ganze Litterat uren aus dem Staube der Bibliotheken an das Licht zu ziehen und unerwartete Erndten heimzubringen. Sie haben, wie alle Entdecker, von der grossen Heerstrasse fern, ganz auf Sich angewiesen, ein entlegenes Gebiet menschlicher Cultur, von dem Sie nicht wissen konnten, wie viel Ertrag es Ihnen liefern wurde, um äusseren Erfolg unbekümmert^ nur der Sache zugewendet, mit jugendlichem Muth und eiserner Beharr- lichkeit durchforscht. Sie hatten dabei das Gluck, dass die lingui- stische Forschung genügend herangereift war, um Sie mit einer sichern Methode auszurüsten. So konnte es Ihnen gelingen, in Ihrer Grammatik und dem Worterbuche Werke hervorzubringen, welche in seltner Weise zugleich bahnbrechend und abschliessend waren. Das sind Monumente deutscher Geisteskraft, und die An erkennung, die Sie nicht gesucht haben, ist Ihnen um so sicherer zu Theil geworden. Sie haben die volle Mühe des Urbarmachens gehabt, aber auch die eigenthümlichen Vorzüge, die damit verbunden sind, den Vor- zug, aus dem Vollen arbeiten, mit dem Gegenstande allein Sich beschäftigen und Bleibendes schaffen zu können, das nicht in Frage gestellt werden kann. Das Fach, das Sie eingerichtet haben, ist Ihr geistiges Eigenthum. Doch der enge Kreis eines Arbeitsfeldes hat Sie nicht ge- halten. Indem Sie der semitischen Sprachenfamilie eine verlorene Tochter wieder zuführten, haben Sie zugleich das Verhältniss der verschiedenen Sprachstämme zu einander, die heiligen Urkunden der Semiten nach ihrem geschichtlichen Charakter und die Bedeu- tung des ganzen Völkergeschlechts für die alte Culturgeschichte nie aus dem Auge verloren. Lange Zeit hat man sich die semitische Bildung nur als eine der Grundlagen gedacht, auf welchen die Cultur der christlichen Menschheit beruht. Jetzt erst hat man angefangen zu begreifen, wie tief die Semiten in die Culturwelt der klassischen Völker ein- 44G Öffentliche Sitzung, gegriffen haben, nicht nur in Handels- und VerkehrsverhaltDissen, sondern auch in Sitte und Gottesanschauung; man wird immer mehr einsehen müssen, wie einseitig es sei, der Hellenen religiöse Anschauungen sammtlich aus arischen Keinen herleiten zu wollen. Sie Selbst erkennen in dem regeren Verkehr zwischen Abend- und Morgenland ein Zeichen der Zeit. Den uralten Gedankenaas- tausch zwischen Ariern und Semiten umfassender zu erkennen, die belebenden Einwirkungen ihrer gegenseitigen Berührungen bestimm- ter nachzuweisen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Culturge- schichte und nichts wird uns willkommener sein, als wenn Sie neben den eigentlichen Fachstudien, die Sic als orientalischer Phi- lologe und Bibelforscher betreiben, auch auf diesem weiteren Ge- biete geschichtlicher Betrachtung uns die Ergebnisse Ihrer For- schungen kennen zu lernen Gelegenheit geben. Mit dem herzlichen Wunsche, dass den hohen Arbeitszielen gegenüber die volle Kraft Ihnen nicht versage, heisse ich Sie, hochverehrter Herr College, Namens der Akademie in unserer Mitte willkommen! Hr. Waitz, als Vorsitzender der Central-Direction der Monu* menta Germaniae historica, erstattete folgenden Bericht: Wenn os mir obliegt, an dem heutigen Tage einen kurzen Be- richt über di'ii Fortgang der Monumenta Germaniae historica zu erstatten, so habe ich vor allem des Verlustes zu gedenken, den sie durch den Tod des Mitgliedes der Centraldirection, des langjährigen Herausgebers der Monumenta G. H. Pertz erlitten. Ich habe an anderer Stelle versucht, die grossen, für alle Zeiten unvergesslichen Verdienste zu würdigen, welche Pertz sich um das von dem Frei- herrn vom Stein begründete Unternehmen erworben, welches er 50 Jahre hindurch mit kräftiger und einsichtiger Hand geleitet, und ert>t dann abgcgi-bi^n hat, als das Alter auch von ihm seinen Tribut forderte und er überzeugt sein konnte, dass durch das Reichskanzleramt und die von diesem herangezugene Akademie eine Fortführung in dem ursprünglichen Geist des Unternehmens, vom 5. Juli 1877. 447 und mit erweiterten Mitteln nnd 'Kräften gesichert sei. Pertz bat besonders die Abtbeilung Scriptores gefördert und in den 20 Kolio- bandcn die er publiciert, der Geschieh tsforscbung des Mittelalters, nicht blos Deutscbhmds, auch Italiens, Frankreiclis und aller der Lande, die mit dem Römischen Roicli in Verbindung kamen, eine ganz neue Grundlage gegeben. Daran reihen sich 4^ Bände Leges, von denen zwei von ihm bearbeitet sind, die dem Studium der Deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte die wesentlichste För- derung gebracht. Und auch für alle anderen Abtheilungen sind um- fassende Sammlungen angelegt, die zu ergänzen und zu veröiFent- lichen jetzt die Aufgabe derer ist, die bei des eingetretenen Thei- lung die Leitung der einzelnen Abtheilungen übernommen haben. Von den Auetores antiquissimi, die unter Hrn. Mommsens Leitung stehen, ist der Druck des liandes welcher den Kutrop mit den Zusätzen des Paulus Diaconus und der griechischen Übersetzung des Paianios enthält, bearbeitet von Dr. H. Droysen, und des Salvian, herausgegeben von Prof. Ilalm in München, begonnen. Andere Theile sind in Vorbereitung, einige dem Abschluss nahe. In der Abtheilung Scriptores ist die zweite Hälfte des zweiten Bandes Deutscher Chroniken bearbeitet von Prof. Weil and in Gies- scii, erschienen. Von der Scriptores rerum Langobardicarum et Itali- carum s. VII -IX sind f)0 Bogen gesetzt, welche die sogenannte Origo gentis Langob., das Chronicou Gothanum, des Paulus Historia Lan- gobardorum mit den späteren Fortsetzungen, zu denen im weiteren Sinne auch die Weise des Andreas und Erchempert gerechnet werden können, und des Agnellus Liber pontiiicalis ecclesiae Ravennatis, diesen bearbeitet von Dr. Holder-Egger, enthalten. Das Ma- nuscript für den weiteren Inhalt des Bandes ist druckfertig. Von Paulus ward gleichzeitig eine Octavausgabe veranstaltet. Neue solche Handausgaben sind im Lauf des letzten Jahres erschienen von der Vita Ileinrici IV, besorgt von Prof. Wattenbach, den Opera Liudprandi von Prof. Dümmler in Halle; die des Richer ist eben vollendet. Bei Liudprand und Richer ist auf die Handschriften, welche als Autographa der Verfasser zu gelten haben, in München und Bamberg, zurückgegangen, mit ihrer Hülfe der Text an ein- zelnen Stellen verbessert, beim Richer vollständiger als es früher geschehen, die Lesart erster Hand angegeben. So eben hat auch der Druck des 24. Bandes der SS. begonnen, an dessen Spitze eine bisher unbekannte, für die Geschichte des beginnenden 13. Jahr- 448 Öffentliche Sitzung Imnderts wichtige Fortsetzung der Chronica regia Coloniensis, oder wie sie neuerdiugs genannt ist, der Annales maximi Colon., er- scheint. Für die Fortsetzung dieses und der folgenden Bände so wie für die zu Nachtragen der 12 ersten bestimmten Voll. 13 — 15 ist nach Kräften gearbeitet worden, und hoffentlich wird auch der Druck von Vol. 13 im Lauf des nächsten Jahres beginnen kön- nen. Ebenso steht für die Sammlung der Deutschen Chroniken die Fortsetzung in naher Aussicht. Grossere Reisen waren hier dies Jahr nicht erforderlich; ich habe nur einige Tage in Sangal- len, Zürich und München gearbeitet, anderes besorgten die Mit- arbeiter anderer Abtheilungen, Dr. Ewald, Dr. Meyer, Dr. Partsch, ausserdem A. Mo linier in Paris und Prof. Pauli in Güttingen während eines längeren Aufenthalts in England. In der Abtheilung Leges hat Prof. Boretius in Halle die Handschriften der Capitularia in der Vaticana ausgebeutet. Für die Lex Wisigothorum ist manches neue Material durch Dr. Bai st in Madrid gewonnen. Prof. So hm in Strassburg hat die Lex Ribuaria in Angriff genommen. Prof. Loersch in Bonn und Prof. Frensdorff in Göttingen sind mit der von ihnen über- nommenen Sammlung und Bearbeitung der älteren Reichsgesetze und Stadtrechte beschäftigt. Längere Vorbereitungen erfordert die Herausgabe der Urkun- den, zunächst der Sächsischen Kaiser, in der Abtheilung Diplo- mata. Der Leiter derselben, Prof. Sickel in Wien, und seine Mitarbeiter sind dafür auf Reisen in der Schweiz, Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland fortwährend und mit bedeuten- dem Erfolg thätig gewesen; über die Ergebnisse der Schweizer Reise hat Sickel in einer eigenen Schrift Nachricht gegeben. Für die Abtheilung der Epistolae unter Prof. Watte nb ach s Leitung hat Dr. Ewald eine Reise nach Italien ausgeführt, die hauptsächlich den Handschriften der Briefe Gregor d. Gr. in Monte Cassino und Rom gewidmet war, aber auch manche andere Arbeit erledigte, vor allem die Vergleichung der wichtigen Lucchcser Handschrift der Gesta poutificum Romanorum, der neuerdings, wenn auch wohl mit Unrecht, der erste Platz unter allen vindi- ciert worden ist. Prof. Dümmler hat in der Abtheilung Antiquitates die Sammlung der Karolingischeu Gedichte fortgesetzt, auch einzelnes vorläufig im Neuen Archiv veröffentlicht, von dem der 2. Band un- vom ö. Juli 1877. 449 ter Prof. Watte nbachs Redaction erschienen ist, und das fortführt über Reisen und andere Arbeiten der Mitglieder der Central- direction nnd ihrer Mitarbeiter Nachricht zu geben, kleinere Stucke aus den Sammlungen der Monumenta — so namentlich manches aus den Arbeiten ihres langjrihrigen eifrigen Mitarbeiters Beth- mann — sowie kritische Untersuchungen über Geschichtsquellen des Mittelalters zu veröffentlichen. Ich kann diesen Bericht nicht schliessen, ohne mit besonde- rem Dank der Förderung zu gedenken, welche die Arbeiten sowohl hier wie in Wien und anderswo durch die Übersendung von Hand- schriften, Chartularien, einzeln auch Urkunden, erfahren haben. Öffentliche und Privat- Bibliotheken — ich nenne die der Stifter Melk und Voraue in Österreich, des Fürstlichen Hauses Thurn- und Taxis zu Regensburg, des Fürsten Lobkowitz in Prag — haben mit gleicher Liberalität ihre Schätze dargeliehen, und wo es erforderlich war, haben das Auswärtige und das Reichskanzler- Amt jederzeit auf das bereitwilligste ihre gewogentliche Vermittelung eintreten lassen. Hierauf verlas Hr. Curtius, als Sekretär der philosophisch- historischen Klasse, den Bericht über die von der philosophisch- historischen Klasse gestellten Preisaufgaben: Gemäss §. 63 ihrer Statuten hatte die Akademie d. 2. Juli des Jahres 1874 die folgende Preisaufgabe gestellt: ^Der Ursprung und die Abfassungszeit der uns unter Plu- tarchos' Namen überlieferten Schrift ns^t t'Xu a^trxovTwv Totg (ptKoTOfpotg^ ihr Verhältniss zu den uns bekannten verwandten Darstellungen, die für sie benützten Quellen und die Art ihrer Benützung sollen untersucht w^erden.*^ Der Lösung dieser Aufgabe ist eine Arbeit mit dem Motto: Tardi ingenii est rivulos consectari fontes rerum non videre gewidmet. Diese Arbeit überschreitet nun zwar die Grenzen der Aufgabe, welche die Akademie gestellt hatte, indem sie eine vollständige Zusammenstellung und kritische Textesausgabe 450 Öffentliche Sitzung der aus deiu Altertbum überlieferten Lehren der Philosophen und der auf solche Sammlungen zurückzuführenden Bruchstucke, ein vullständiges Corpus Piacitorum geben will. Allein in den ausführlichen, dieser Znsammenstellung vorangeschickten Prole- gomenen werden die Quellen, der Ursprung, die Abfassungszeit und das Verhältniss ihrer verschiedenen Bestandtheile so eingehend untersucht, und in dieser umfassenderen Untersuchung ist die von der Akademie verlangte spcciellere so vollständig enthalten, dass die Akademie keinen Anstand nehmen kann, die ihr überreichte Arbeit als eine Lösung der von ihr gestellten Aufgabe anzunehmen. Ebenso muss die Akademie aber auch den wissenschaftlichen Werth dieser Arbeit anerkennen. Die verwickelten Fragen, mit denen sie sich beschäftigt, werden in derselben mit umfassender Gelehrsam- keit, musterhaftem Fleisse, methodischer Sicherheit und kritischer Besonnenheit, gründlich, sorgfaltig und scharfsinnig untersucht; und sind auch nicht alle Ergebnisse des Verfassers unanfechtbar, so ist es ihm doch gelungen, für die Benützung wichtiger Quellenschriften zum erstenmal eine wissenschaftlich gesiclierte Grundlage zu schaf- fen, und einen kritisch gesichteten Text derselben herzustellen. Die Akademie erkennt daher in dieser Arbeit eine wesentliche Bereiche- rung der auf die griechische Pliilosopliie bezüglichen Forschung, und eine sehr befriedigende Beantwortung der von ihr gestellten Aufgabe und ertheilt derselben in Anerkennung dieser Vorzüge den Preis. Der Verfasser ist Herr Hermann Di eis in Hamburg. Aus dem vom Herrn von Miloszcwsky gestifteten Legate für philosophische Preisfragen wurde am 2. Juli des Jahres 1874 die folgende Preisaufgabe gestellt: „Unter den Einwirkungen, welche die deutsche Philosophie seit Leibniz von der ausserdeutschen Philosophie erfahren hat, ist die der englischen Philosophen — Locke's, Berkeleys, D. Hu- me's, Shaftesbury's und di-^r übrigen englischen Moralisten, Reid's und seiner Nachfolger in der schottischen Schule — von besonde- rer Bedeutung. Die neueren Werke über die Geschichte der deut- schen Philosophie haben auch diese Thatsache nicht übersehen; aber keines derselben war bis jetzt in der Lage, sie so vollständig an's Licht zu stellen, wie dies durch eine monographische Unter- suchung über den Einiluss, welchen die einzelneu deutschen Phi- vom 5. Juli 1877. 451 losophen von englischen Vorgängern erfuhren, über die Verbreitung, welche die Schriften der letzteren in Deutschland fanden, und über die Spuren, die sie in der deutschen Philosophie zurückliessen, geschehen kann. Um diese Lücke auszufüllen, bestimmt die Kgt. Preussische Akademie der Wissenschaften aus den Mitteln der Mi- loszewsky'schen Stiftung einen Preis für die Lösung der folgenden Aufgabe: Die Akademie verlangt eine ins Einzelne eingehende Un- tersuchung über den Einfluss, welchen die englische Phi- losophie auf die deutsche Philosophie des 18ten Jahrhun- derts geübt hat, und über die Benützung der Werke eng- lischer Philosophen durch die deutschen Philosophen dieses Zeitraums." Es wurde auf die Lösung dieser Aufgabe damals, da die in den Jahren 1865, 1868 und 1871 gestellte Preisaufgabe unbeantwortet geblieben war, der verdoppelte Preis von 200 Ducaten gesetzt. Es ist keine Bearbeitung dieser Aufgabe eingegangen. Die Akademie wiederholt dieselbe und bestimmt für deren Lösung wei- ter die in diesem Jahr aus dem Miloszewsky'schen Legat neu ver- fügbar gewordene Summe von 100 Ducaten. Die ausschliessende Frist für die Einsendung der dieser Auf« gäbe gewidmeten Schriften, welche nach Wahl des Verfassers in deutscher, lateinischer, französischer oder englischer Sprache ab- gefasst sein können, ist der 1. März 1880. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und dieses auf dem Ausseren eines versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Ertheilung des Preises von 300 Ducaten = 2775 Mark geschieht in der öffentlichen Sitzung am Leibnizischen Jahrestage im Monat Juli des Jahres 1880. Derselbe verlas darauf den von der vorberathenden Com- mission der Bopp -Stiftung, bestehend aus den HEL Lepsin s, A. Kuhn, Steinthal, Schmidt, Weber, abgestatteten Bericht: Die unterzeichnete Commission beehrt sich hiermit, gemäss § 11 des Statuts der Bopp -Stiftung, für die bevorstehende Feier 452 Gesammtsitzung des Leibnizischen Jahrestages folgenden kurzen Bericht aber die Wirksamkeit der Stiftuug im verflossenen Jahre and den Vermö- gensbestand derselben zu erstatten. Für den 16. Mai ist die Verwendung des Jahresertrages der Stiftung als Unterstützung wissenschaftlicher Unterneh- mungen beschlossen, und die erste Rate desselben (900 Mark) dem Professor Cappeller in Jena, die zweite dem Dr. Verner in Halle a. S. zuerkannt worden. Der Jahresertrag der Stiftung hat im vergangenen Jahre durch Ankauf einer 5^ Hypothek zu 36,000 Mark eine sehr erhebliche Steigerung erfahren und beträgt fortab jährlich 1851 Mark, indem zu den Zinsen der Hypothek noch die von 900 Mark in 4^^ Consols und von 300 Mark in 3^^ preussischer Prämien-Anleihe hinzutreten. Es stehen somit zunächst jährlich 1800 Mark zur Disposition. 12. Juli. Gesanimtsitziing der Akademie. Hr. Waitz las über das Heerwesen des Deutschen Reichs im X. bis Xn. Jahrhundert. Hr. du Bois-Reymond machte eine Mittheilung über die Rückkehr des Hrn. Dr. Sachs aus Venezuela. vom i2, Juli i877, 453 An eingegangenen Schriften warden vorgelegt: £. Narducci, Intorno ad un manoscritto della Bihlioteca Alessandrina con- tente gli apici dt Boezio, Roma 1877. 4. Extr. Vom Verf. Schmidt, Unser Sonnenkorper, Heidelberg 1877. 4. Vom Verf. Chr. Nehls, Über graphische Integration. Hannover 1877. 8. Vom Ver- fasser. Proceedings of the scientific meetings of the zoological Society of London for the year 1877, Part. 1. Jan. & Febr. London. 8. J. Lawrence Smith, Examination of American Minerals', 8. Vom Verf. Transactions of the zoological Society of London, Vol. X. Part. 1. London 1877. 4. B. Boncompagni, Bullettino dt hihliografia e dt storia delle scieme mate- matiche, Tomo X. Apriie 1877. Roma. 4. Actes de la SocietS d'ethnographie puhl. par E. Madier de Montjau, Session de 1876. Paris 1877. 8. Max Braun, Lacerta Lilfordi und Lacerta Muralis, Wurzburg 1877. 8. Tenth oainual report of the Peahody Institute of the city of Baltimore, June 1 1877. Baltimore 1877. 8. Job. Böckh, Bemerkungen zu der „neue Daten zur geologischen und palae- ontologischen Ij^nntniss des südlichen Bakony" betitelten Arbeit. Buda- pest 1877. 8. Boletin de la Institucion Libre de Ensefianza, Ao. I. N. 1 — 5. Madrid 1877. lievue scientifique de la France et de r Etranger, No. 53. 30 juin 1877. Pa- ris. 4. Bulletin de la Societe de geographie. Avil 1877. Paris. 8. Proceedings of the philosophical Society of Glasgow. 1876 — 77. Vol. X. N. 2. Glasgow 1877. 8. Journal of the chemical Society, N. CLXXIV. June 1877. London. 8. rermeszettudomiviyi Kozlöny, VI. Kötet 1874. VH. Kötet 1875. VIII. Kötet 1876. Budapest 1874—76. 8. Schriften des Vereines zur Verbreitumg naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Bd. XVI. 1875/76. XVIL 1876/77. Wien 1876/77. 8. Mit Begleitschreiben. J. Zenti, Elenco dei doni pervenuti alla biblioteca comunale di Verona dal 1864 al 1875. Premessa una relazione intorno alla bibliokca stessa dal 1858 al 1875. Verona 1875. 8. Bullettino dell' Instituto di Corrispondenza archeologica per l'anno 1876, Roma 1876. 8. Annali deW Instituto di Corrispondenza archeologica. Vol. XLVIII. Roma 1876. 8. 454 Gesammteitzung vom 12, Juli 1877, Atti deUa Reale Accademia dei Lincei, Anno CCLXIII. 1875/76. Parte terea. Memorie della classe di scienze morcUi, atorivhe e filologiche, Roma 1876. 4. Mit Begleitschreiben. Atti della Societä Jtaliana di svienze naturcUi. Vol. XIX, Fase. 1. 2. 3. Mi- lano 1876/77. 8. C. Hermann, Ungarns Spinnen -Fauna. I.Band. Budapest 1876. 4. Horvath, Monographia Lggaeidamm Hungariae. ib. 1875. 4. K. L. Kerpely, Ungarns Eisenerze. (Ungarisch.) ib. 1877. 4. Bartsch, Rotatorin Hungariae. ib. 1877. 4. W. S. Johnson, Hogg no a Veth forditta etc. AI. Duka. ib. 1876. A. Greguss, Ggula Greguss usszegyüjtutt Ertekezsei. ib. eod. H. Helmholtz, Nepszerü Tudomdngos Eloaddsok. Fordittak L. Eötvös es J. Jendrassik. ' ib. 1874. 8. R. Prortor, Mos vildgok mint a mienk: forditta C-snsznr. ib. 1875. 8. John Lubboek, A Törtenelem Elötti IdGk forditta J. Greg, T. 1. 2. ib. 1876. 8. John Tyndall, A HC mint a mozgds Eggik neme forditta K, Jeszovies. ib. 1874. 8. Termhzethudomangi Ertekezesek. ib. 1875. 8. Memoires de la Societe des sciences phgsiques et naturelles de Bordeaux. Tome IX. Paris 1873. T. X. Fase, complementaire. 1875. Tome XI. (2me. Serie). Fase. 1. ib. 1877. 8. Mit Begleitschreiben. Abhafidlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd. VI. N. 3: M. Stein- schneider, Polemische und apologetische Literatur in arab. Sprache^ zwischen Muslimen, Christen und Juden. Leipzig 1877. 8. Sitzung der phyH.-math. Klasse vom iß. Juli 1877, 455 • 16. Juli. Sitzung der physikalisch - mathemati- schen Klasse. Hr. Auwers las üIkt Resultate aus den Durchgangs -ßeob- achtungeu von Bradley's Quadranten. Hr. W. Peters las über die von Hrn. Prof. Dr. K. Möbius 1874 auf den Maskarenen und Seychellen, sowie über die von Hrn. Dr. Sachs im vorigen Jahr in Venezuela gesammelten Am- phibien. I. Sammlung des Hrn. Prof. Dr. K. Möbius auf den Maskarenen und Seychellen. I. Subcl. Pholidota. ClIELONII. 1. Sternothaerus mgricans (Donndorf). — Ein Exemplar; auf der Seychellen- Insel Mähe Von einem Neger gebracht. Lacertilia. 2. Chamaeleo tigris Cuv. — Ein Exemplar auf der Insel Mähe am 5. Febr. 1875 gefangen. Überall braunschwarz oder braun und graufleckig, an den Körperseiten mit schwarzen Querstreifen, am Bauche grau, an der Hrust roth marmorirt. Im Schlaf hatte es den Kopf nach oben gerichtet, die Augenlider bis auf einen feinen Querspalt geschlossen und eine graue Grundfarbe mit brau- nen runden Flecken an den Seiten. 3. Pachydactylus cepedianus (Peron). Auf Mauritius und den Seychellen in Wfildern und Garten häufig, läuft sehr schnell an den Bäumen auf und abwärts. Am Abend und in der Nacht lässt es helle wohlklingende fast gleich hohe Töne hören. Die hartschaligen Eier findet man an Blättern festgeklebt. 45G Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 4. Ilemidactylus macidatus Dum. Bibr. — Insel Ron da. 5. „ frenatuB Schlegel. — Gross Baie. 6. y^ Peronii Dam. Bibr. — Gr. Baie. 7. Gongylus Bojeri Desjardins. — Fouquet; Black River. 8. Euprei)es cyanogaster (Lesson). Ein behendes tombakglänzendes Thier, welches auf der klei- nen I e longue (Seychellen) häufig unter Cocospalmen war. 9. Liolepisma Bellii Gray. — Ins* Ronda. 10. ÄblepharuB Boutonii Desjardins. Serpentes. 11. Leptohoa Dussumieri (Schlegel). Ein Exemplar mit zugenähtem Maule, auf Mähe von einem Apotheker geschenkt. Es hatte bei ihm schon längere Zeit ge- standen und wusste er nichts Ober den Fundort anzugeben. Es hat die Nasofrontalia mit den Praefrontalia vereinigt, wie es die Abbildung von Schlegel, nicht aber die von Jan und die Beschreibung von Dumeril et Bibron zeigt 12. Tropidonotus seychellensis Dum. Bibr. Lebend auf Mähe durch Neger erhalten. II. Subcl. Batrachia. Caeciliae. 13. Caecilia rostrata Cuvier. Auf Mähe nahe Port Victoria (30. Jan. 1875) am Fuss des Gebirges aus nasser Erde ausgegraben, die hauptsächlich aus dungartig riechenden Pfianzenmassen bestand, auf welcher Bananen und Aroideen gepflanzt waren. Sie waren den Leuten wohl bekannt. Wenn man tief grub, quoll Wasser hervor. In klares Wasser ge- setzt, bewegen sie sich lebhaft schlängelnd. Beim Athmen ging die Kehlhaut auf und nieder. Die Farbe war dunkel violet, der Kopf etwas heller. Durch starken Weingeist wurde hellgrGner mm iß, Juli 1877, Abi Farbstoff ausgezogen. Die Augen erschienen wie schwarze Punkte, umgeben von einem hellvioleten Ringe. Anura. 1 4. Rana mascareniensis Dum. B i b r. Sehr häufig in der Nähe von Port Victoria auf Mähe auf einem nassen qnellenreichen Bergabhange. Sie quacken in der Nacht und hören beim Aufgang der Sonne auf. lu einer Nacht (29. bis 30. Januar) fiel starker Regen und da schwiegen sie, fin- gen aber nach Aufgang der Sonne bei fortdauerndem Regeu an zu quacken bis gegen 10 Uhr. Ilir Ton ist höher und schärfer und dauert länger an als der von Eana esculenta, 1 5. Megalixalus infrarufas Günther. Auf Mahc von einem Neger gebracht. II. Sammlung des Hrn. Dr. Carl Sachs in Venezuela. Pholidota. Chelonh. 1. Testudo tahulata Walbaum. — Nom. ind. „Morrocoi**. Ca- labozo. 2. Cinosternon Bcorpioides Linne. — „Galapago^. Calabozo. 3. PodocnemtH expansa Schweigger. — Calabozo. 4. Chelys fiinbriata Schneider. — „Jicotea**. Calabozo. Lagertilia. 5. Phyllodactylus tuberculosus Wiegmann. Ein Exemplar aus Calabozo zeigt durchaus keine Verschie- denheit von den aus Californien stammenden Originalexemplaren. 6. Tropidurus hüpidus Spix. — Calabozo. 7. Ameiva vulgaris Lichten stein. — Calabozo. 8. Cnemidophorus lemniscatus Daudin. — Calabozo. 9. Amphisbaena alba Linne. — Calabozo. [1877] 34 458 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Serpentes. 10. Cephalolepis squamosa (Schlegel). — S. Fernando de Apiire. 11. Spilotes corais Cuv. — Calubozo. 12. Liophis (Opheomorphus) Merremii Wied. — Calabozo. 13. Liophis melanoius Shaw. — Calabozo und S. Fernando de Apure. 14. Lygophis lineatns Linne. — Calabozo. 15. Dromicus (Alsophis) maculivittis n. sp. Im Habitus sehr ähnlich dem A, angulifer von Cuba. Fron- tale und Frenale doppelt so lang wie breit; Parietalia sehr lang, hinten schräg abgestutzt, Temporalia 1-1-2, das erste lang, über demselben zwei kleine sich nicht berührende. 9 Supralabialia, von denen die enntcn fünf klein, das 8. das grösste ist, das 4., 5. und 6. ans Auge stossen. 10 Paar Infralabialia. das erste Paar hin- ter dem Mentale zusammenstossend, das 6. und 7. die grossten; 7 Paar stossen an die Submentalia, von denen die hinteren dop- pelt so lang sind als die vorderen. Körperschuppen in 17 Längsreihen, rhomboidal, gestreckter als bei A, augulifer und merklich schmäler als bei A, antillensis, mit zwei deutlichen Endgrübchen. 180 Ventralia, ein getheiltes Anale und 93 Paar Subcaudalia. Auf dem Rücken drei durch zwei gelbliche Linien getrennte olivenbraune schwarzgefleckte Längsstreifen, welche auf dem Hin- terrücken zu einer einzigen breiten sich auf den Schwanz fort- setzenden Binde zusammenfliessen; auf jeder Seite auf der dritt- letzten Schuppenreihe eine olivenbraune Längsbinde, welche auf den Schwanz übergehend hier sich auf der untersten Schuppenreihe hinzieht. Kopf oben olivenbraun, unregelmässig dunkler und hel- ler gefleckt. Oberlippenschildcr hellgelb und Lippenrand schwarz. SubmentaU und Kehlgegend mit grossen zusammenfliessenden schwar- zen Flecken, am Vorderhalse eine breite Binde bildend^ welche sich in zwei auf den Bauchschildern verlaufende seitliche Flecken« linien auflöst. Viele Bauchschilder am vorderen Theile ihres Sei- tenrandes so wie die Spitze der Seitenschuppen mit einem schwar- zen Fleck. Der übrige Theil der Unterseite des Körpers und des Schwanzes gelbweiss. vom IG, Juli 1877. 459 Totallänge 0,820; Kopf 0,023; Kopfbreite 0,012; Schwanz 0,225. Ein Exemplar aus Calabozo. 16. Scytale coronata Schneider. — Calabozo ii. S. Fernando de Apure. 1 7 . Scyta le Neuwiedii Dum. Bibr. — Calabozo. 18. Rliinostoma nasuum Wag l er. — Calabozo. 19. Ahaetidla liocercus (Wad.). — Calabozo. 20. Ilerpetodryaa fnsca (Linne). — Calabozo. 21. Dipsas annulata (Linne). — Calabozo. 22. Crotalus durissus Linne. — Calabozo. Batrachia. Caeciliae. 23. Caecilia dorsalis n. sp. (Taf.) Kopf abgeplattet, mit vorspringender abgerundeter Schnauze; Tentakelgrube hinter und unter dem Nasenloch, doppelt so weit von dem Auge wie von jenem gelegen. Körperringe 99 (neun und neunzig) sehr deutlich, vollständig, nur im ersten Drittel fin- den sich zwischen ihnen Spuren einiger unvollständiger Ringe. Auf dem Hinterrücken beginnt eine niedrige Längswulst, welche sich in das zusammengedrückte Schwanzrudiment fortsetzt, welches die AfteröiFnung um 2 Mm. überragt. Der After liegt in dem hinteren Thcile einer länglichen 5^ Millimeter langen Haftscheibe, von wel- cher sich auch bei C. compreBsicauda eine Spur findet. Gelbbraun olivenfarbig, die Ringfurchen schwarz. Totallänge 0,265; Kopf 0,008; Körperhöhe 0,007. Ein einziges Exemplar dieser ausgezeichneten Art fand Hr. Dr. Sachs in Angostura (Ciudad Dolivar) am Orinoco. Nur C, compressicauda lässt sich mit ihr vergleichen, ist aber durch die viel zahlreicheren und unvollständigen Körperringe, eine robustere Gestalt, kürzere Schnauze und verschiedene Färbung leicht von ihr zu unterscheiden. 34* 4C0 Sitzung der phys.-math, Klasse vom 16, Juli 1877. Anura. 24. Pleurodema Sackst n. sp. f Plettrodema Bihroni var. B., Günther CatoU. Batr. SaL p, 32. Ein von Hrn. Dr. Sachs in San Fernando de Apure gesam- meltes ausgewachsenes Exemplar stimmt hinsichtlich der Färbung überein mit dem, was Hr. Dr. Günther von einem Pleurodema aas Venezuela angiebt, welches er für eine Farbenvarietät von PL Bibroni betrachtet. Die vorliegende Art unterscheidet sich aber sowohl von PI. Darwini als PL Bibroni auffallend durch eine kürzere Schnaaze, viel kürzere Extremitäten (bei einem PL Bihronii von gleicher Grösse ist die 4. Zehe 15 Mm., bei der vorstehenden Art nur 9 Mm. lang) und die merklich grösseren Höcker unter der Basis des Mittelfusses. Die weisse Färbung der Seitendrüsen und der in- neren Seite der Oberschenkel ist nach Hrn. Dr. Sachs im Leben roth. 25. Bvfo marinus Linne. — Calabozo. Von diesem Thiere wurden die Schenkel zu physiologischen Untersuchungen verwandt. 26. Hyla crepiians Wied. — Calabozo. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Caecilia dorsalüFtrs. in natürlicher Grösse. „ 2. Kopf derselben von der Seite; zweimal vcrgrössert. „ 3. Analgegend ; zweimal vergrossert. 'i; ; ; I CO o cd cd N > • S Gesammtsitzung vom lU. Juli 1877, 461 19. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Websky las: Über riornquecksilber von el Doctor in Mexico. Unter den nicht z.ahlreichen Fundorten der seltenen Mineral- Gattung riornquecksilber (Quecksilbcrhornerz, Kaloniel = IlgCI) wird, wie aus einer Mittheilung von Burkart (Leonhards Jahrb. 1806. p. 411) hervorgeht, von den niexicanischen Mineralogen die Gegend des Bergwerksortes el Doctor im Staate Querctaro, ohn- weit Zimapan, in Mexico genannt. Burkart berichtet nämlich, dass Don Antonio del Castillo, Professor der Mineralogie an der Bergwerksschule in Mexico, dieses Hornquecksilber von el Doctor mit dem von Del Rio als Jodquecksilber unter dem Namen Coc- cinit in Anspruch genommenen, derben Mineral von Casas viejas in Mexico vereinigt, darin eine Verbindung von Quecksilberchlorur nnt einem Selen -Quecksilber -Sauerstoff- Körper angenommen und sie als Chlorselenquecksilber bezeichnet habe. Castillo gründet diese Ansicht auf einen chemischen Reactions -Versuch, wonach eine Probe des bezogenen Körpers, im Kölbchen erhitzt, in nie- derer Temperatur ein Sublimat von Kalomel giebt und einen Ruck- stand lässt der selenigsaures Quecksilber sein kann, weil derselbe sich vor dem Löthrohr, — ob auf Kohle ist nicht gesagt, mit einem selenartigen Geruch verflüchtet. Burkart theilt auch die sehr unbestimmt gehaltene krystallographische Diagnose Castil- lo's mit, welche auf rhombische Auffassung hinauslauft. Seitdem erscheint in den mineralogischen Compendien Chlor- selenquecksilber, wohl auch neben Coccinit als Gattung aufgeführt ist aber sicher nichts weiter als ein verunreinigtes Hornquecksilber anzusehen. Es hat Köhler (Poggend. Annal. LXXXIX. p. 146.) ein gelbes erdiges Mineral von S. Onofre in Mexico beschrieben, wel- ches in der That als selenigsaures Quecksilber -Oxydul auf dem Wege der qualitativen Analyse von ihm bestimmt worden ist; ein Original -Exemplar dieses Vorkommens wird in dem hiesigen mi- neraligischen Museum aufbewahrt und lässt die Identität mit einer Anzahl ähnlicher Stufen, die auf einem anderei; Wege in die Vor- räthe des Museums gelangt sind, zweifellos erkennen. 462 Gesammtsitzung Auf der anderen Seite passen alle Angaben Burkart's über die Aggregation der Krystalle, das Mitvorkommen von regulini- schen Quecksilber, welches reichlich in den Zwischenräumen der Krystalle vorhanden ist, im Besonderen aber der Umstand, dass das derbe Mineral auf dem frischen Bruch zeisiggrün sei, durch den Einfluss des Lichtes aber grünlichgrau werde, so wie schliess- lich die Angabe, dass das Mineral bei el Doctor auf Gängen von Kalkspath breche. Benierkenswerth itst folgender Umstand, dass Burkart noch als weiteren Fundort, „eingesprengt in dichten Kalkstein von Cu- lebras'' angiebt, eine Localität die vielfach in den Lehrbüchern citirt wird, über die ich aber vergeblich den mit den Local -Ver- hältnissen von Zimapan durch mehrjährigen Aufenthalt bekannten verstorbenen Obcrbergrath Erbreich interpellirt habe. Nun erkennt man an dem einem Exemplar der oben erwähn- ten Stufen, dass das darauf befindliche sehr ansehnliche Nest der grünlichgrauen Quecksilber -Verbindung sich unmittelbar an eine sehr verzweigte Einlagerung des unter dem Namen Onofrit be- kannten selenhaltenden Zinnobers anschliesst, so zwar, dass man, vom Standpunkte der genetischen Geologie, das letztere, den selen- haltigen Zinnober, als die primäre Bildung, das grünlichgraue Mi- neral als ein Umwandlungs-Product des letzteren annehmen muss^ eine Erscheinung, deren Analogie auf vielen anderen Zinnober- Lagerstätten beobachtet ist. Der vorhin genannte Onofrit ist als ein Vorkommen von San Onofre in Mexico (Karsten, 1828. Karstner's Arch. XIV. p. 127. — IL Rose, Poggcnd. Ann. XL VI. p. 315.) beschrieben worden; anderseits berichtet Dana (Mineralogie, IV. ed. p. 502.) dass be- reits Brooke von einem selenhaltigen Schwefelquecksilber von Culebras in Mexico unter dem Namen Riolit spricht, welche Be- zeichnung später von Fröbel einem Selensilber von Tasco, süd- lich von Mexico, beigelegt worden ist. Aus alledem ist wohl anzunehmen, dass alle hier berührten Fundorte, mit Ausnahme des zuletzt genannten südlich von Mexico gelegenen Tasco, locale Bezeichnungen mehrerer geologisch ver- wandter und darum wahrscheinlich nicht weit von einander liegen- den Localitäten sind, die man sich nordwestlich von Mexico, zwi- schen Zimapan und Queretaro denken kann; in der That ist der Habitus der in den grösseren Sammlungen fast immer anzutreffen- vom 19. Juli 1877. 463 den £xemplare des Onofrit so auffallend gleicbmässig, wie etwa das Vorkommen der Selenerze vom Harz. Seltener sind Exemplare, an denen die Umwandlungs-Prodiicte desselben mit vertreten sind; diese letzteren bilden nach der in dem hiesigen mineralogischen Museum vorhandenen Reihe uiiregel- mässig verzweigte Anhäufungen in einem grobkörnig individuali- sirten stellen\yeis durch Eisenoxyd kirschroth gefärbten Kalkstein, in ihren letzten Verzweigungen gelegentlich noch unveränderten Onofrit zeigend. Als unterste, zuweilen allein vorhandene Umwandlungsbildung treten 1 — 2 Millimeter grosse Kry stalle von haarbrauner Farbe auf, welche nach der unten besprochenen krystaliographischen Unter- suchung sich vollkommen mit bekannten Formen des Ilornqueck- silber's identificiren lassen. Darüber sind jene derben, frisch zei- siggrünen, stellenweis bis orangeroth gefärbten, in kurzer Zeit grünlichgrau werdenden Partien abgelagert, die theils in ein un- entwirrbares Haufwerk undeutlicher Krystalle ausgehen, theils mit einem Filz dünner Nadeln bedeckt sind; nichts destowcniger will es scheinen, dass auch diese Partien nichts anderes als krystalli- nische M«'issen von Hornquecksilber sind, aus denen sich die rei- neren, grösseren Kry stalle auf dem Wege der Umbildung ausge- schieden, während die umgebende Matrix die ganze Menge eines mitgebildeten, relativ unbedeutenden Quecksilber-Sauerstoff -Körpers in sich aufgenommen hat. Auch dem als reines Quecksilber-Chlorür betrachteten Horn- quecksilber aus den Zinnober-Gängen der Rheinpfalz sind gelb- liche Verunreinigungen nicht fremd und mögen an diesem Fund- orte dieselben aus basisch schwefelsauren Quecksilber bestehen; Klaproth's alte Analyse (Beiträge IV. p. 12) giebt 7,G# Schwefel- säure; an dem letzten Fundorte hat die Umwandlung zu Horn- quecksilber aus selenfreien Zinnober oder quecksilberreichen Fahl- erz stattgefunden. Dass die krystallographische Bestimmung der Krystalle aus Mexico genügt, um in den ermittelten Gestaltungen Hornqueck- silber zu erkennen, beruht auf der dieser Gattung eigenthümlichcn Formen-Association, welche auch an den vorliegenden Krystallen der Träger der Combinationen ist. Die Litteratur über die Morphologie des Hornquecksilbers ist beschränkt; übergehen wir die zu unbestimmt gehaltene, von Levy 464 Gesammtsitzung reproducirte Beschreibung Brooke's der Krystalle von Almaden in Spanien (Anual. of. Philos., new Seriös. Vol. VI. p. 285), so bleibt uns die Beschreibung der auf einer Kupferhütte zu Schmöllnitz zufällig entstandenen durch Schabus (Verh. d. Wiener Akad. IX. 1852. p. 394, Taf. 35. Fig. 7.), die Untersuchung eines Krystall- Fragmentes von Moschellandsberg durch Hessenberg (Abb. d. Senckenberg. naturf. Ges. I. 1854. 1855. pag. 24. Taf. I. Fig. 22 bis 24.) und die ausführlichen Arbeiten von Seh rauf über Kry- stalle von Moschellandsberg (Mineral. Beob. VlI. 1873. in d. Verh. d. Wiener Akad. - vergl. Atlas, Lief. IV. Taf. XL, Fig. 1—8.) übrig. Von der Mehrzahl der Autoren werden die dem quadratischen System angehörenden Krystalle des Hornquecksilbers so aufge- stellt, dass das quadratische Spaltungs-Prisma das Hexaid-Symbol erhält, und ein Haupt -Octaeder von 135°40' — ISG'^O' Seitenkante als Ausgangspunct genommen; nur Hessenberg hat sich veran- lasst gefunden, ein nicht beobachtetes Octaeder, das nach der ersteren Auffassung das Symbol = (3a:oob:c) erhalten würde, als Hauptform zu wählen. Ich werde nach der erst genannten Auffassung gehen und die von Schrauf adoptirten Elemente a: c = 1 : 1,72291 = 0,580413 : 1 benützen, da die von mir erhaltenen Abmessungen mit ihnen genug- sam übereinstimmen, zu einer etwaigen Verbesserung derselben aber nicht geeignet sind; wegen der Schwäche der Reflexe mnsste eine Verkleinerung des Bildes im Beobachtungs-Fernrohr zu Hülfe ge- nommen und in demselben Maasse die Einstellungs-Präcision ge- schwächt, auch der aus nicht ganz parallelen Individuen erfolgte Aufbau der Krystalle vielfach in Rechnung gestellt werden. Unter den älteren Krystallen findet man flache, tafelartige Formen , Fig. 1 . Taf. , an denen die Hexaüdflächen A = (a: ooa: ooc) als schmale Streifen die Seitenkanten des Octaeders zweiter Ordnung 7 = (4 a: ooa : c) abstumpfen, begleitet von einer noch beschränkteren Abstumpfung der horizontalen Combinations- kanten A | 7 durch e = (a : c» a : c). An den Ecken treten unter- geordnet die Flächen des Octaeders « = (3a : 3a : c) und die des von Ilessenberg und Schrauf beobachteten Dioctaeders ^ = (^ ' 7 • 7) ^u^* Diese Krystalle sind mcistentheils rauh und mit einer der schmalen Hexai'dflüchcn aufgewachsen, häufig ausgedehnt vom 19. Juli 1877. 4G5 in der Richtung der einen Nebenaxe und sclieinbar von rliombi- scben Habitus; sie mögen zu der irrthümlichen Auffassung Ga- st illo's Veranlassung gegeben haben. Au der Mehrzahl der Krystalle — und wie es scheint einer etwas späteren Bildungspcriodö angehörend — herrscht neben den in der Richtung der Hauptaxe sich ausdehnenden Hexardflächeu A = (a:ooa:ooc) das Octaeder « = (3a : 3a : c), Fig. 2. Taf. unter dorn dann in abfallender Ausdehnung die Octaeder i = (2a : 2a : c), r = (a : a : c) und das Prisma m = (a : a : cxjc) hin- zutreten; die Flächen von 7 = (4a: cx)a:c) und e = (a : ooa:c) nehmen nur untergeordnet Theil an der Oberflächbegrenzung. Diese Krystalle sind durchschnittlich glatt und glänzend und allein zu Re- flexions-Messungen geeignet. Es zeigen aber alle Combinations- kanten zwischen A, «, 7 und e eine Abrundung, welche Reflexions- erscheinungen hervorruft, die in gewissen auf Flächen-Symbole zu- rückführbaren Positionen culminiren. In Fig. 3 Taf. sind die Resultate der hierher gehörenden Beobachtungen in eine ideale Gestalt zusammengetragen, auf welche bezogen ich die Abmessungs- Resultate nach ihren Mittelwerthen aufführe. In der Vertical-Zone von « ist ausser den genannten Flächen noch die Basis c = (cx^a : 00 a : c), ein neues Octaeder z = (9a:0a:c) und das schon von Schrauf gefundene Octaeder p = (a : a : 3c) beobachtet worden. Normalenbögen c I z gerechnet = 15° 0' gemessen = 15° 15' Z U = 23° 56' — 23° 50' «li = 11° 32' — = 11° 29' i r — — 17° 4' — = 17° 11' r p — 14° 31,5' — = 14° 34' p m = 7° 47,5' — 7° 43' 90° 0' In der Vertical-Zone von 7 ist ausser der Basis noch als ziemlich breite in die Ilexaidfläche A sich verlaufende Fläche s = (a : 00 a : 2 c) gefunden worden. 466 GesammUitzung Normalenbögen c I 7 gerechnet = Sa"" 18' gemessen = 23° 8' .y I e — =36° 34' — = 36° 35' e I s — = 13° 57' — = 14° 5' 8 I A -- = 16° 11' 90° 0' Die übrigen Reflexe gebenden Oberflächen-Elemente gliedern sich nach drei Zonen; in zwei derselben tritt die Fläche q = (^•T*?) ^^"' welche zunächst die Kante e | a abstumpft; zwischen ^ und u liegt noch die Fläche ^i = {^ ' z ' Tl)'^ ^^" ^ "^^^ " ^^'*" weg dehnt sich der reflectirte Lichtbogen nach einem glänzenden Saum auf der Kante ^ | 7 der gegenüberliegenden Seite aus, für welchen man dieserhalb ein Symbol ^3 = (a:f:^) deduciren kann* Normalenbögen e I ^ berechnet = 19° 17' gemessen = 18° 41' ^ I ^, — =10° 10' — = 10° 21' ^, I « — =9° 43,5" — =9° 20' « I ^, — =9° 13,5" Zwischen A und den Octaedern r, i, «, so wie zwischen 7 und n zieht sich ein glänzender Saum hin, der auf der Kante r I A sich zuweilen als anderweitig bestimmbare Fläche n^ = (a:|^:c) ausdehnt; in dem Reflexbogen dieses Saumes liegt ferner die Fläche o und kann man aus dem Umstände, dass v{/ und ^ eine Vertical-Zone bestimmen, für die Oberflächen-Elemente dieses glänzenden Saumes folgende Symbole ableiten : auf Kante r A : ■ v{/ = (a:^:c) i A : : v^i = (a:f:^) « 1 A ; = 4-2 = (a:^:^) e 1 « : •f =(a:^:i) « 1 7 : ^3 = (ar^rfr) Die Bestimmung von \^ = (a : J : c) geschah in der Zone r I A in welcher A | 4^ | r | 4-2 belegen sind. tfonataber, flXAkal d Wss- Berlin IST! HORNQUECKSILBER ^^^I^ICO vom 19. Juli 1877. 467 Normalenbögen A I ^ berechnet = 2r 4,5' gemessen = 21° 24' ^ \t — = 28° 4' — =28° 25' r I x/.3 — =24° 46,5' Was schliesslich die nadelartigen Formen anbelangt, welche sich aus den frisch zeisiggrunen, an der Luft grau werdenden Par- tien erheben, so macht ihre Kleinheit und unbestimmte Endigung Schwierigkeiten; es scheint aber, dass die allein klar hervortreten-> den Säulenflächen nichts anderes sind, als die in der Richtung der Vertical-Axe abnorm verlängerten Hexaidflächen. Dass derartige Formgestaltungen dem Hornquecksilber nicht fremd sind, beweist ein gleichfalls im mineralogischen Museum der Universität befindliches Exemplar des Vorkommens von Moschel- landsberg, an welchem ein nach den Kantenrichtungeu bestimmter Krystall von lang-säulenförmiger Gestaltung aufgewachsen ist, den ich in Fig. 4 Taf. wiedergebe. Es herrschen an demselben die Flächen A = (a:ooa:ooc) und p = (a : a : 3c), untergeordnet erscheinen u = (3a : 3a : c), r = (a : a : c) und m = (a : a : oo c). An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: J. Swici-ianowski, Dio musikalische Skala in der Welt. 2. Aufl. Berlin 1877. 8. Mit Begleitschreiben. Htcords of tke geological survey of Tndia, Vol. IX. Part. 2. 3. 4. 1876. Mit Begleitschreiben. Revue scientifique de la France et de l'etranger, IL Ser. 7. Annec. N. 2. Paris 1877. 4. Con 8 tantin CS CO, Apogce des choses. Paris 1877. (6 Exemplare.) Mit BegleitHchrcibon. Hevue archt^ologit^ue, 18. Annee. G. Juin 1877. Paris. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, Jahrg. IL Heft 2. Athen 1877. 8. 468 Gesammtsitzung Arvhiv des Vereins für Siebenhüryische Landeskunde, Neue Folge. Bd. XIII. Heft 1—3. Hermannstadt 1876/77. 8. Mit Begleitschreiben. Jahresbericht des Vereins für Siehenhürg, Landeskunde für 1S75I76, ib. 8. Mor. Guist, Einige Bemerkungen zu den Homer idischen Hymnus auf Hermes. ib. 1876. 8. Afemoirs of the geological survey of India. Vol. XII. Part. 1. 2. Calciitta 1876. 8. Palacontoiogia Indica, Ser. X. 2. Molar teeth and other remnins of mamma- lia by IL Lydekker. Calcutta 1876. fol. Ser. XI. 1. Jurassic (Oolitiv) flura of Aach, by 0, Feistmantel, ib. eod. 4. J. Houlcz, Trois medaillons de poteries romaines. Paiis 1877. 4. Franc. Kossctti, Sulla temperatura delle fiamme. Padova 1877. %. Abhandlungen der historischen Classe der Königl. Bayerischen Akailemie der Wissenschaften. Bd. XIII. Abth. 2. München 1877. 4. (in 2 K.xenipl.) Mit Begleitschreiben. Compte rcndu de la Commission imperiale archeologii^ue pour Cannee JS72. St. Petersb. 1875. 4. avec Atlas in fol. — jwur fannee 187-3. ib. 1876. 4. avec Atlas in fol. — pour l'annee 1874. ib. 1877. 4. avec Atlas in fol. Mit Begleitschreiben. Zeitschrift des histor. Vereins für das württembergische Franken. Bd. 10. Heft 2. Heilbronn 1877. 4. jffeport of the Comtnissioner of Agricttlture for the year 1875. Washington 1876. 8. Monthly reports of the department of agriculture for the year 1875. ib. 1876. 8. for the year 1876. ib. 1877. 8. Bulletin of the United States Entomological Commission. N. 1. 2. ib. 1877. 8. Proceedings of the American philosophical Society. Vol. XV. Decemb. 1876. N. 96. Philadelphia 1876. 8. Vol. XVI. June to December 1876. N. 98. ib. 8. Astronumical and meteorological observations madc during the year 1874 at United States uaval observatory. Washington 1877. 4. Kaiserl. Akad. der Wissenschaften in Wien. Sitzungsberichte. Jahrg. 1877. N. XVII. 8. vom 26. Juli 1877. 4G9 26. Juli. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Schrader las über die Namen des Mem in den assyri- schen Inschriften. Hr. W. Poters las über die von Hrn. Dr. C. Sachs in Venezuela gesammelten Fische. ACANTHOPTERI. SCIAENIFORMES. 1. Sciaena amazonica Castelnau. — Nom. ind. „Curbina**. — Calabozo. Labriformes. Chromides. 2. Crenicichla macrophthalma Heckel? Drei ganz junge Exemplare, von denen das grösste nur 68 Millimeter lang ist, stimmen mit der vorstehenden Art durch die Flossenstrahlen, D. 22, 11; A. 3, 7, überein, haben aber in der Sei- tenlinie nicht 68, sondern nur 56 Schuppen. — Calabozo. Malocopterygii abdominales. SiLrROiDAE. 3. Sorubim lima Bloch-Schneider. — Nom. ind. ^Paleta**. — Calabozo. 4. Platy Stoma planiceps Agassi z. — ^Bagre" genannt. — Calabozo. 5. P laty Stoma fasciatum Linne. — ^Bagre rayado**. — Ca- labozo. 6. Platy Stoma Vaillantii Cuv. Val. — Calabozo. 470 Gesammtsitzung 7. Ilemisorulfim jilatyrhynchus Cuv. Val. — ^Dormilon^. — Galabozo. 8. Pimelodus maculatus Lacepede. — ^Bocconi*'. — Gala- bozo. y. Pimelodus ornatus Kner. — ^Guacamaja". — Galabozo. 10. ^ (Psemlopimelodtis) raninus Guv. Val. Das einzig(* Exemplar, 31 Gentimeter lang, stimmt darch die FloBscnstrachlen, 1). 1,6, A. 12, mit P. raninus G. V. uberein, hat aber doii Occipitalfortsatz bis zum Dorsalschild verlängert, was nur ein« Folge des Alterszustandes ist. Der Kopf ist mit kleinen Gra- nulationen bedeckt, welche bei jungen Exemplaren nicht auffallen. ^Pez sapo''. — Apure. 1 1 . Callophysus macropterus (L i c h t e n s t e i n). D. 1,6; A. 11; P. 1,11 ad 1, 12; V. 1, 5. y,Zamurito^. — Apure. 12. Anchenipterus galeatus (Linne). — Galabozo. l.'i. Doras armatulus C. V. — ^Sierra**. — Galabozo. 1). 1,6; A.n. Zwei junge Exemplare von 70 bis 85 Mm. Lange, mit 29 bis «30 Seitenschildern. 14 Doras alhomacnlatus n. sp. D. 1,6; A. 11 ad 12; V. 6. L. 1. 29. Seitenschilder sehr hoch, in der Mitte mit einem längeren, oben mit drei und unten mit zwei kürzeren nach hinten gekrümm- ten Dornen bewaifnet. Der Schwanz ist oben und unten hinter der Fetttlosse und Analtiosse mit dornigen Schildern bewehrt. Der llumeralstnchel reicht bis zum vierten Seitenschild und hat aussen wenigstens zwei Reihen von Dornen. Die Maxillarfüden roichen auf die Basis der Brustflossen. Schwanz braun« eine Reihe grosser weisser Flecke ober- und unterhalb der Seitenlinie, kleinere weisse Flecke am Bauche und auf der Schwauztiossc. Erste Ruckenflosse schwarz mit eini- gen grt)ssen weissen Flecken. Bartfaden schwarz und weiss be^ ringt. Zwei Exemplare, das grosste 7 Cent, (ohne Schwanzflosse) lang. Aus Calabozo. Ueisst ebenfalU , Sierra^. vom 26. Juli 1S77. 47 1 15. Rhinodoras niger YalencienDes. — „Sierra". — Cala- bozo. 16. Callichthys thoracatus Cuv. Val. — „Curito**. — San Fer- nando de Apurc. 17. Ilypoptopoma thoracatum Günther. — Galabozo. 18. Plecostomus horridus Kner. — „Panaque". — Galabozo. 19. Plecostomus (Lijiosarcus) par da lis Castelnau? D. 1, 13; A. 1, 4; V. 1, 5. L. lat. 27. „Coroncho''. — Galabozo. 20. Chaetostomus nigrolinealus n. sp. D. 2,7; A. 1, 4; P. 1, 6; V. 1, 5; C. 1/14/1. L. lat. 25. Kopf etwas länger als breit, mehr als ein Drittel der Total- lange (ohne Schwanzflosse); Interorbitalgegend convex, Schnauze convex, etwas breiter als lang. Auge klein, zwei bis 2|- Durch- messer von den Nasenlöcliern entfernt. Schnauze und Oberlippe mit rauhen dornigen Platten bekleidet. Interoperkel mit 40 bis 50 StJicheln, von denen die längsten bei dem erwachsenen Thier an Länge der Breite der Interorbitalgegend gleich kommen. Brust und Bauch ganz mit rauhen Platten bedeckt. Pectoral- stachel so lang wie der Kopf. Ruckenflosse etwas länger als hoch. Gaudalflosse eingebuchtet, die untere Spitze etwas länger als die obere. Fünf Schilder zwischen der 1. und 2. Rückenflosse. Sei- tenschilder sehr dornig, undeutlich, die posthumeralc Reihe und die darunter liegende deutlicher gekielt. Grau mit schwarzen, etwas wellenförmigen Längslinien von der Schnauze ausgehend, z. Th. sich auf den Körper fortsetzend und an Zahl variabel. Bei den jüngeren Exemplaren finden sich neun, bei den alten fünfzehn solcher Linien zwischen der Bauch- und Rückenflosse. Zwei Exemplare, ein altes 39 Cent, und ein junges 20^ Gent, langes, von Galabozo. Heisst Panaque. 21. Loricaria cataphracia Linne. — ^Agujeta". — Gala- bozo. 22. Loricaria rostrata KgdiB^iz, — Ebenfalls agujeta genannt. Galabozo. 472 GtiammUitzung Characim. 23. Erythrinus Gronorii Cuv. Val. — „Guarina*'. — Cala- bozo. 24. Prochilodus hrama Val. — D. 1, 10; A. 3, 8 ad 3, 11. L. laL ll.CO/9. — Calabozo. 25. Anostornua isognathusJLu^T. — San Fernando de Apnre. 2G. Leporinus Leschenaultü Cuv. Val. — Soll nach Um. Dr. Sachs ;,agua dulcc'' (Susswasscr) heissen. 27. Leporinus fasciatus Hl och. — Calabozo. 28. Tetra/jonopterus maculatun Linne. — Calabozo. 29. Anacyrlus affinis Günther. — Calabozo. 30. Cynodon scombroides Cuvier. 31. Cynodon vulpinus Agassiz. — Beide aus Calabozo, «P^* yara^ genannt. 32. Serrasalmo Nattereri Kner. — San Fernando de Apurc. Ist der gefurchtete Caribe- Fisch „caribe colorado^, welcher Menschen anfallt. 33. Serrasalmo irritans n. sp. D. 15; A. 33. Acul. abdom. 32. Eine Reihe von Zähnen am Gaumen. Körper halb so hoch wie lang (ohne Schwanzflosse), Kopfiringe ^ der letztern Schnauze convex, kurz, so lang wie ein Augendurchmesser. Das zweite In- fraorbitale ist länger als hoch; in der Bauchsäge 32 Zähne. Innere Fortsätze des ersten Kiemenbogens sehr kurz, knotig. 80 — 90 Schuppenquerreihen; Seitenlinie anfangs in einem concaven Bogen absteigend, dem Ende der Rückenflosse gegenüber einen schwachen convexen Bogen bildend. Die Gegend über der Seitenlinie schwarzblau gefleckt. Die Schwanzflosse mit einer die Mitte der Basis einschliessenden brei- ten schwarzblauen Binde, der breite Rand gelbweiss; die Analflosse roth, am Rande schwarz. Ein Exemplar, 17 Centimeter lang, von Fernando de Apuro. Ileisst ^caribo pinche^ und ist nicht so angriffslustig wie der vorige. vom 2b\ Juli 1877, 47:^ 34. Myletes duriveniris Cuvier. — Calabozo. 35. Myletes macropomus Cuvier. — Apure. Apodes. Gymnotini. 36. Stemarchus albi/rons Linne. — Wird, wie die folgenden „cuchilLa** (Messer) genannt. — Apure. 37. Stemarchus Sachsi n. sp. P. 12; A. 168; C. 17. Die Oberschnauze ist zugespitzt, drei mal so lang wie das Auge und wird von der dicken convexen Unterlippe überragt, wel- che letztere in der Mitte eine Vertiefung zur Aufnahme ihrer Spitze bildet. Zähne sind nicht bemerkbar. Die vordere Nasenöffnung liegt in der Mitte der Länge der Schnauze, die hintere dicht vor und über dem Auge. Die Schuppen der Seitenlinie sind grösser als die der Bauch- seite. Die Grundfarbe ist bräunlichgrau, allenthalben, namentlich aber auf dem Rücken, mit dunklem Pigment dicht bestreut. Totallänge 0,187; Kopf 0,018; Schwanzflosse 0,005; Körper- höhe 0,014. S. Fernando de Apure. 38. Bhamphichthys pantherinus Castelnau. — S.Fernando de Apure. 39. Sternopygus carapus Linne. — S. Fernando de Apure. 40. Sternopygus oirescens Val. — S. Fernando de Apure. 41. Gymnotus electricus Linne. — „Temblador''. — Calabozo. Symbhancuii. 42. Symbranchus marmoratus Bloch. — Calabozo. Rajioae. 43. Trygon hystrix Mull. Henle. — Apure. [1877] 35 474 Gesammtsitzung Hr. Curtius Jegte zwei griechische Inschriften vor, welche in einem anonymen Brief aus Constantinopel vom 10. Julius an die Akademie eingesendet sind. 1. Die erste steht auf einem abgestumpften Steinkegel von 0,75 Höhe. Der Stein ist im Besitz des Armeniers Kupidgi Oglu in Kadi kcui (Chalkedon); ein Grabstein, der seiner Namen wegen merkwürdig ist. EP I ANOZEPM O Aß POY o X < o Z-O^>.C{Z00OuJ 's Er- wähnung nur mit dem letzten in Beziehung gesetzt und die Meinung die, dass wie Cicero seinem Sach Waltergeschäft so viel Zeit abgewonnen, um sei- ner Neigung für die Dichter nachzuhängen (pro Sestio 58, 123 neqve poetcte^ quurum ego scmper ingenia dileri, tempori meo de/uerunt), ebenso der Sach- walter Flinius etwas subaiviti tempon's für des Freundes dichterische Venuche erflbrigen möge. vorn 2. August 1877. 481 einer unter RitsehTs Aegide scharfsinnig geführten Untersuchung Ilr. Stuorenburg*) die vielen aus dem Prooemium geschöpften Be- denken zu erledigen geglaubt in der Hypothese, dass die Bausteine desselben zwar sämmtlich von des Dichters eigener Hand geformt und geglättet, aber uuverkittet von ihm hinterlassen, in Unordnung gerathen und mit Verlust eines grosseren Stückes uns überliefert seien. Mir hat wiederholte und wie ich hoife unbefangene Prü- fung die entgegengesetzte Überzeugung befestigt, indem ich nicht nur, zu Lachmanns ursprünglicher Meinung zurückkehrend, keine Lücke in dem Text des Prooemium anerkenne, sondern auch im Übrigen keinen Anlass zu entdecken vermag zu der Annahme, dass nicht alle Theile desselben in wohlüberlegter Ordnung und befrie- digender Verknüpfung, wie sie vom Dichter selbst zum Ganzen ge- fügt worden, sich erhalten hätten. Ein Prachtstück Lucretiauischer Dichtung, wie dieses Prooemium nach meiner Meinung ist und wofür es bisher auch allgemein gegolten hat, ist es wohl werth, dass man es, wenn th unlieb, gegen unberechtigte Anfechtungen zer- störender Kritik zu schützen trachtet, und so versuche ich Plan und Gliederung desselben, wie ich sie zu erkennen meine, in einer der Abfolge des Textes sich anschmiegenden hermeneutischen Be- trachtung, mit nur soviel polemischer Zugabe als unvermeidlich schien, darzulegen. Lucretius hat allen Büchern seiner Dichtung**) mit besonderer *) De canninis Lucretiani lihro primo. Scr. Henricua Stuereuburg in Acta 8oviet(itU philoiugae Lipsienais Ed. Fr. Tiitschelius, Tom. II. Fase. U 187:?. S. 3C7ff. **) Ich nehme auch dus vierte nicht aus, dessen Prooemium Y. 1 — 26 d«Mi Versen des ersten Buches 026 — 950 mit geringen Abweichungen ent- sprechend ist. Tjaeliniann hat zwar angenommen, und nach ihm die späte- ren, TiUcretius seihst habe das vierte Buch ohne Prooemium hinterlassen, und di^r Herausgeber des Werkes, damit dies einzige Buch eines Eingangs nicht entlxdire, jene Verse des ersten Buches aus ihrem Zusammenhange heraus- gehoben und prooemii lovo an die Spitze des vierten Buches gestellt. Müssen wir ein so weitreichendes selbständiges Verfahren des Herausgebers anneh- men, so ist klar, welche Consequenzen daraus für die Beurtheilung und kri- tische Behandlung dieses Textes sich ergeben and wir dürfen uns ihnen nicht entziehen. Allein eine irgend zutreffende Analogie dieses Verfahrens ist mei- nes Wissens nicht aufgewiesen, und was wichtiger scheint, wer die zahlreichen 36' 482 Gesammtsitzung Kunst gearbeitete Prooemien vorangeschickt, reichere Aosfuhrung hat er dem des ersten Buches gegeben, das zugleich dem ganzen Werk als Eingang zu dienen bestimmt ist. Es umfasst die Wid- mung an C. Memmius, des Dichters Freund, und die seit Homer und Ennius den Dichtern geläufige Anrufung der Gottheit, beides sinnreich in Eins verschlungen. Denn nicht an die Muse wendet sich der Dichter (wie 0, 92 ff.) sondern an Venus, die in ihrer Doppeleigenschaft als Repraesentantin der schöpferischen Kraft in der Natur und als Schutzgöttin des Memmius, der ihr Bild auf seinen Münzen trug, einer ihm gewidmeten Dichtung, welche die Natur der Dinge zum Gegenstande bat, Liebreiz zu verleihen ge- neigt sein werde. Diesem doppelseitigen Gedanken einen entsprechenden Aus- druck zu geben, hat Lucretius an die Spitze seines Werkes, als ein TYi>.ctvyig Tr^TMnci', eine reich und schön gegliederte Periode gestellt, welche nach der Anrede Aeneadum geneirix, hominum dt- vcymque volujjtas, Alma Venus usw. (V. 1 — 4) mit dem Vordersatz per te quoniam genus omne animantum Concipitur visitque exortum lumina solis, Te, dea, te/ugiunt venti, te nuhila caeli usw. (V. 4 — 9) beginnt, sodann nach einem begründenden Zwischensatz na/ni si- mulac species pate/actast verna diei usw. (V. 10 — 20) den Vorder- satz mit den Worten quae quoniam renim naturam sola gubemas usw. (V. 21 — 23) wiederaufnimmt und endlich mit den Versen te sociam studeo scrihendis versibus esse usw. (V. 24 — 28) den Abschluss ge- winnt. Hienach hebt der Dichter, wenn ich den Gedankenzug in den äussersten Spitzen zu bezeichnen versuche, ungefähr mit folgender Anrufung der Gottheit an: 'Mutter der Aeneaden, Venus, die Du durch Erd' und Himmel wandelst, da durch Dich alle lebenden Wesen hervorgebracht werden und bei Deinem Nahen Wiederholungen von Versen und Versgruppen in Lucrotius' Dichtwerk, die noch manches bis jetzt kaum berührte Käthsel aufgeben, alle von den klei- neren aufsteigend bis zu den umfangreicheren übersieht, wird, wenn ich nicht irre, aus dieser durch so viele Thatsachen erwiesenen Neigung und Manier des Dichters ein Bedenken schöpfen gegen die Annahme, welche diese aller- dings umfangreichste (25 V.) aber dennoch die längste unter den übrigen (14 V.) in nicht so beträchtlichem Grade übersteigende Wiederholung dem Dichter seihst abspricht, zumal sie im Übrigen nichts von dem Charakter der sonstigen Wiederholungen Abstechendes aufweist. vom 2. Auf/ust 1877. 483 die Natur in friedlichem Glänze straiilt — denn so ist es, sobald die Natur ihren Frühlingsschmuck augelegt, kundigt sich allent- halben die Wirkung Deiner Macht und Deines Liebreizes an — da also durch Dich allein die ganze Natur beherrscht und ohne Dich nichts Frohes und Liebliches erzeugt wird, so wünsche ich Dich zur Genossin bei einer Dichtung über die Natur der Dinge zu haben, welche ich dem Memmius schaife, den Du jederzeit mit allen Gaben zu zieren wünschest: um so mehr verleihe Anmuth meinen Worten/ Doch dieses 28 Verse umfassende Satzgefüge, das einen zwar reich ausgeführten aber im Grunde einfachen und übersichtlichen Gedanken ergiebt, ist in den Ausgaben und — wunderbar genug — selbst bei Lachmann durch eine ungehörige Interpunction hinter solis V. 5, welche den ersten der beiden Vor- dersätze spaltet und die enge Zusammengehörigkeit der beiden mit quojiiam eingeführten Vordersätze (V. 4 und V. 21) aufhebt, auf das empfindlichste zerschnitten; und da man auf diese Weise den Zusammenhang verloren hatte, haben neuere Kritiker und £xegeten viel fruchtlose Mühe aufgewendet, durch Erklärung, ja selbst durch Umstellung von Versgruppen, einen angemessenen Gedankenfort- schritt zu gewinnen, den richtige Interpungieruug ohne Schwierig- keit erkennen lässt. Obwohl die Gliederung dieser Periode, die ich zu restituieren versuche, ihre überzeugende Kraft aus der Ein- fachheit und Klarheit des gewonnenen Gedankens zieht, so ist es doch nicht unerwünsclit auf die bestätigende Parallele einer analog geformten Periode hinweisen zu können. Denn wenn Lucretius schreibt 4,' 54 Principio quoniam mittunt in rebus apertis 55 Corpora res multae, partim diffusa solute, Robora ceu fumum mittunt ignesque vaporem, Et partim contexta mat/is condensaque, ut olim Cum teretis jionunt tunicas aestate cicadae^ Et vifuli cum membranas de corpore summo 60 yascentes mittunt, et item cum lubrica serpens Exnit in sjjinis vestem — nam saepe videmus Uhr um spoliis vepres volitantibus auctas — Quae quoniam ßunt, tenuis quoque debet imago Ab rebus mitti summo de corpore rerum, so leuchtet auch ohne mein Zuthun ein, dass dieser Satzbau in all seinen Gliedern mit der Periode des Pruoemiums sich deckt, mit 481 Gesammtsiizung welcher jenen zusammenzustellen nur die grössere Ausführlichkeit derselben verhindert haben kann*). Nach diesem Eingang fährt der Dichter in seiner Anrede an die Venus fort V. 29: 'Bewirke, dass inzwischen der Krieg allent- halben ruhe: denn Du kannst es: wenn Mars, der Lenker des Kriegs, auf Deinem Schoosse rulicnd, liebetrunkenen Blicks an Deinem Ant- litz hängt, dann bitte ihn mit schmeichelnder Rede, dass er Friede gewähre den Römern: denn in der Gefahr des Vaterlandes vermag *) Obwohl nicht ganz gleicher Art, wird doch nicht ohne Nutzen ver- glichen werden der Satzbau 3, 425 Princijno qunniam tcnuem constare minnti« Corporibus docui multoque minorilms esse Priucipiis /actum quam liquidus umor aquai Aüt nebttia auf fumus — nam lange mobllitate Praestat et a tenui causa magis icta movetury 430 Quippe ubi imagünbus fumi nebulaeque moretur, Qjuod genus iu somnis sopiti ubi cernimus alte Exhalare vaporem altaria ferreque fumum; Nam procul haec dubio nobis simulacra geruntur — Nunc igitur quoniam quassaiis undique vasis 435 Di/fluere umorem et laticem discedere cernisj Et nebula ac fumus quoniam discedit in aurasj Crede animam quoque dijfundi multoque perirt Ocius et citius dissolvi in corpora prima, Cum semel ex hominis membris ablata recessit. , Denn um andere mit unserer Frage in keiner Beziehung stehende Schwierig- keiten, an welchen die Stelle leidet, zu übergehen, wenn Lachmanu V. 428 nam in iam verwandelt, um hier den Nachsatz zu gewinnen, so hat er so- wohl hier des Dichters Argumentation verfehlt, der aus der grösseren Beweg- lichkeit die grössere Kleinheit der Urstoffe folgert, hier, wie 3, 203 ff., aU auch den notbwendigen Zusammenhang der ganzen Gedaukcnkette zerschnit- ten ; denn nimmt auch der zweite Vordersatz (nunc igitur quoniam V. 434) den Gedanken des ersten (principio quoniam V. 425) nicht wieder auf, so dient doch letzterer jenem zur nothwcndigen Voraussetzung und bildet mit ihm zusammen die erforderliche Prämisse für den Schlusssatz: 'da die Seele aus kleineren Körperchen als Wasser und als Kauch und Nebel besteht — denn das ist der Fall, da sie eine viel grössere Beweglichkeit hat — und da nun Wasser aus dem zerbrochenen Gefäss zerfliesst und Kauch und Nebel zerstiebt, so muss die Seele um so schneller zerstieben.' vom 2, Auijust 1877. 485 weder ich diesod Werk zu fordern iioeb Memmius dem gemeinen Wohle sich zu entziehen/ Und an diese geschloäscne Gedanken- kettü reihen sich sodann in der Überlieferung die Verse 44 IV. Omnin enim per ie divom natura necessest 45 ImiHortali aevo summa cum pace fruatur Semota ah nOfetrachtung nach einer ganz anderen Seite ge- drängt hätte. Der Veroneser Interpret des Virgil macht zu Georg. .*>, .'$ 'cetera quae vacuas tenuissent carmina mentes die Anmerkung vacuas meules scribentium intellef/eudum : sie Luvretius vacuas aures animumque sajacem. Der Grammatiker nennt nicht das liuch des Jjucretius aus dem er schöpft, aber den ähnlich klingenden Vers 486 GesammU'Uznng 4, 912 tu mihi da tenuis aures animumque sagacem kann er nicht meinen^ da hier das Wort (vacuas), um des willen er citiert, nicht steht. Die Anführung geht also auf unsere Stelle^ und der Scho- liast giebt den in den Handschriften abgebrochenen Versschloss vollständig. Daher schon H, Keil in seiner Ausgabe der Vero- neser Scholien das Citat auf den Vers des ersten Buches bezog und Bernays urtheilte, dass statt nach einer eigenen Ausfüllung dos lückenhaften Verses zu suchen, man die von dem Grammatiker dargebotene vollständige Form zu restituieren habe. Und wer wollte leugnen, dass diese Combination viel gewinnenden Schein hat? Lachmann selbst fügte sich ihr mit Preisgebung seiner eigenen früheren Meinung, indem er sie zugleich dahin ergänzte, dass, wenn Lucretius den Vers so geschHeben, wie ihn der Grammatiker ei- tlere, und also in diesem Memmius' Name nicht gestanden habe, vor demselben nothwendig einige Verse ausgefallen sein müssten, da ohne namentliche Anrede des Memmius der Übergang ein un- erträglich schroffer sein würde. So hätte uns also der Gramma- tiker eine Lücke zugedeckt, um uns zugleich eine andere grössere aufzudecken, und wir wären ihm zu doppeltem Danke verpflichtet. Überdies könnte man in der Thatsache, dass an derselben Stelle einige Verse fälschlich eingedrungen, den Anlass erkennen, der die echten Verse verdrängt habe. Doch wie dem sei, alles kommt dar- auf an, dass die aus dem Scholiaslen gezogene Fassung des Verses in jedem Punkte probehaltig sei; denn lässt sie zu w^ünschcn, so erhebt sich, allen Schein zerstörend, von Neuem der Zweifel, ob das Citat mit Recht auf unsern Vers bezogen worden. Und in der That, wenn Lucretius nach der getroffenen Ergänzung mit den Worten quod sujyerest racuas auris [animumque sagacem] Semotum a curis adhihe veram ad rationem, iW mea dona tibi studio disposta fideli Intellecta pritta quam sint conteinpta relinquas den Memmius einladet, ihm ein aufmerksames Ohr zu leihen, so trifft in der im Übrigen fein geformten Wendung das Epitheton sagacem meine Em- pfindung als eine ungehörige und störende Zuthat: denn in einer Auflorderung, wie diese, der vielleicht ein Ausdruck genügen konnte, wie 2, 1023 nunc animum vohis adhihe veram ad rationem, Kam tibi i^ementer noca res vwlitur ad auris Accidere, oder G, 920 nimium longis ambagihus est adeundum; Quo magis attentas auris animumque reposco^ erfüllt der Begriff der sagacitas keinen greifbaren Zweck: ein Wort, das Lucretius, an dem keine stilistische Tugend mehr vom 2. Antfust 1877, 487 zu rühmen ist als die Wahrung der Proprietät dos Ausdrucks, in dem Sinne zu gebrauchen pflegt, dass es, wie beim Hunde so beim Menschengeiste, die nachgeliende Spürkraft bezeichne, nirgend deut- licher als an der schönen Stelle 1, 402 multaque praeterea tibi pos- num cummemorando Ar(juv\enta Jidem dirtis ronradere 7mstriü. }'erum animo aatin hacc i'cMiijia parva saf/aci Smit jter quae pnssis cog- iioscere cetera tute. Namqiie cuues ut mnntiraf/ae persaepe /erai Sa- rihus inreJiiinit intectas Jronde quietes^ Cum semel institerunt t-estiffia certa viat^ Sic alid ex. ulio per te tute ipne ridere Talibus in rebus pnteris caecasque latebi'as Insinuare omnis et verum protrahere inde. Und so überall, wo das AVort begegnet (1, 130; 3G8; 2, 840; 1, 1022 = 5, 420), ist es mit dem Begrift* des Spürens und Su- chens und Forschens in Beziehung gesetzt. Betrachtet man vollends 4, 1)07 nunc quibus ille modia somnus per membra quietem Inriget at- que animi curos e pectore aolvat, Suavidicis potius quam mnltis ver- sibua edam, l^arrus vt est cijcni melior canor^ ille fjruum quam Cla- mor in aet/ieriis dispersuH nvbibus austri. Tu mihi da tenuis aurea animumque sagacem, ^e fieri vegiten quae dicam posse^ so zeigt sich nicht bloss in scharfer Bestimmtheit dieselbe Wortbedeutung von sagaj\ sondern man gewahrt zugleich, wie angemessen animus »a- 1/a.v. und tenuis aure-f zusammentreten, ebenso angemessen wie un- gc'schickt an unserer Stelle animna saga.v und t^acuae aures, wäh- rend liingegen, wie dort zwischen tenuis aures und animus saga.r^ so hier dasselbe fein abgewogene Gleichgewicht der Concinnität sich ergäbe, wenn mit Beseitigung von sagacem zusammenstünden vacu^is aures und anitnum semotum a ctiris, zw^ei Epitheta, deren analoge Bedeutung, wie sie in der Natur der Sache liegt, so über- dies durch ein Beispiel wie 2, 4G vacuum pectus lincunt curaque solutum ins Licht gestellt wird. Gerade an das Wort also, das alh'in dem Grammatiker verdankt wird und an das ohne den (irammatiker Niemand gedacht haben würde — denn animumque steht auch oline des Grammatikers Zeugniss fest — gerade an das Wort, welches uns den Platz für die unentbehrliche Anrede de« Mem- miiis verstellt, heften sich aus der Natur des Gedankens und der Wortbedeutung geschöpfte Bedenken, die, alles wohl erwogen, es schwer glaublich erscheinen lassen, Lucretius habe durch Kinfügung diese» vom Gedanken nicht geforderten sondern verschmähten Epi- thetons seinen eigenen Ausdruck schädigen und beeinträchtigen wollen. Denn selbst zugegeben, was mit Nichten eiuzuräumen, 488 Oesammtsitzung dass sagace^n dem Gedanken nicht hinderlich sei, so wurde das Wort doch hier durch das Gewicht des anderen Epithetons semo' tum a curis^ das durch das entsprechende vacutis noch gesteigert wird, in seiner Bedeutung entkräftet und zu nutzlosem Baliast her- abgedruckt. Und um dieses schlechtgewählten Epitheton willen sollen wir überdies eine Lücke anzunehmen genöthigt sein, für die sonst kein Indicium spricht? Freilich hat man gemeint, auch abgesehen von der vermissteu Anrede des Memmius, könne die mit quod siiperest anhebende Ge- dankenreihe nicht unmittelbar an das Vorangegangene sich an- schliessen, sondern werde unter allen Umständen eine Anzahl Verse vermisst, an welche Quod superest, die Reihe beschliessend, sieh anfüge. Denn dies, dass (juod superest nur den Abschluss einer Reihe bezeichnen könne, ist -das Ergebniss, welches Hr. Stuerenburg aus seiner Untersuchung des Gebrauchs dieser formelhaften Wendung bei Lucretius g«'zogen hat. Ich gestehe, dass mich seine Darlegung nicht überzeugt hat und dass ich nach wie vor die Meinung hege, qu^d superest, einem porro vergleich- barer als einem denique oder jtostremo^ diene dem Dichter als be- quenic Ubergangsformel zu Weiterem, das darum nicht nothwendig das Letzte zu sein brauclit oder als solches markieit werden soll*). Aber für unseren Zweck ist die Entscheidung dieser Frage unter- geordnet: denn welche Bedeutung man statuiert, was könnte hier zur Stützung eines quod snperest vermisst, oder was nur, das zweckmässig eingeschoben würde, ersonnen werden? Der Dichter hat an Venus das Gebet gerichtet, dass sie Ruhe und Frieden schaffe im Vaterland, auf dass er selbst seinem Werke obliegen und Memmius nicht durch Sorgen um das öffentliche Wohl abge- zogen werde. Und indem er die Gewährung der Bitte nach Dich- terart stillschweigend voraussetzt, fährt er fort 'was noch erübrigt, mein Memmius, wende Dein aufmerksames Ohr meiner Lehre zu.* Wie wäre das kein richtiger Fortschritt, kein angemessener Ab- *) Hrn. Stuerenburgs Intluctioii, diu das Material nicht erschöpft und im Einzelnen nicht unbefangen prüft, scheitert vülleuds an 5, 247 ff., einer Reihenfolge von Argumenten, deren zweitet«, mit quod siqjeretit eingeführt, je- nes Vorurtheil zu berichtigen geeignet war, während Hr. Stuerenburg sich vergeblich bemüht, die Stelle zu verdächtigen. voni 2. August 1877. 489 ßchluss der vorangegangenen Gedankenreihe? Und wie sollte nicht vielmehr des Dichters Absicht zerstört werden, wenn hier anderes gewaltsam zwischen Engzusammengehöriges eingedrängt wurde? Und noch von anderer Seite lässt sich der feste Zusammen- fichluss dor Gedanken an diesem Punkte aufweisen. Denn wenn Lucretius sagt vacuas aures animumque semotum a curia adhihe veram ad rationem, so begreifen wir leicht, von welchen Sorgen abgelenkt er des Freundes Gemüth zur Betrachtung seiner Lehre herüber- zuzieiien wünscht: hat er es ja eben bekannt^ dass nur wenn Friede walte und das Vaterland nicht von Kriegsgefahr bedroht sei, Mem- mius der Sorge um das Gemeinwohl sich entschlagen könne. xVber auch hier halt uns Hr. Stuerenburg den Sprachgebrauch des Lu- cretius entgegen, der cura nicht in dem einfachen und natürliclien Sinne, den es überall hat, sondern nur zur Bezeichnung der aus der Gütterfurcht entspringenden Besorgnisse (superstitiones und rc- J'ujkmes) anwenden soll. Kr schafft sich mit dieser Annahme selbst eine Schwierigkeit, auf die an anderer Stelle zurückzukommen sein wird. Was aber den Sprachgebrauch anlangt, so hatte ihn die von ihm selbst entworfene Liste der Beispiele von der Grundlosigkeit seiner Behauptung überzeugen können. Denn wenn curae, wo die Umgebung des Wortes es nahe legt, auch von superstitiöser Be- sorgniss verstanden werden kann, so sind doch z. B. die cuppedi- niü acres curae (5, 45; 3, 994) nicht etwa auch unter diesen Be- griff zu ordnen, und wer Stellen wie 5, 1423. 1431; 2, 363. 365 vergleicht, überzeugt sich bald, dass Lucretius keinerlei Besonder- heit der Bedeutung in dieses Wort gelegt hat, sondern den allge- meinen Begriff der Sorge seine spezielle Färbung aus dem Zu- sammenhang entnehmen lässt, in den er gestellt ist; und hier an unserer Stelle ist diese besondere Beziehung des Wortes so deut- lich und greifbar, dass nur wer aus anderen Gründen über man- gelnden Zusammenhang bereits entschieden hat, sie verkennen oder ableugnen kann. Wir entnehmen vielmehr aus der erkannten Ge- dankenverbindung an dieser Stelle ein neues Argument dafür, dass die dem Virgilinterprcten entlehnte Form des V. 50 quod superest vacuas auris [animumque sagacem] Semotum a curis adhibe veram ad rationem die ursprüngliche nicht sein könne, weil sie nicht bloss in dem E[)itheton sagacem Ungehöriges enthält sondern wegen der fehlenden Anrede des Memmius zur Annahme einer Lücke drängt, wo nichts vermisst wird und jeder Zusatz vom Übel ist Deno 490 Gesammtsitzung dass die unmittelbar vorher fälschlich eingedrungenen Verse nicht nothwendig den Ausfall anderer herbeigeführt haben müssen, ver- steht sich und Hesse sich aus Lucretius selbst belegen. Sind wir aber berechtigt, den in den Handschriften abgebrocheneu Vers aus Eigenem zu vervollständigen, so kann eine einfachere und ange- messenere Ergänzung nicht gefunden werden, als die von Lach- mann vorgeschlagene und wieder verlassene, die nichts Fremd- artiges einmischt und nur giebt, was nicht entbehrt werden kann: quod »uperest cacuas auris [animumque^ age, Memmi,] SenioiujH a curU adh'ibe veram ad rationem. Und dieses Resultat, auf dem Boden des Dichters geschöpft, kann durch das widersprechende Grammatikerzeugniss nicht er- schüttert werden, so wünschenswerth es auch ist, dass die Ent- stehung dieses in probabeler Weise aufgeklärt werde. Denn in diesem Falle, wo der Grammatiker vollen Versschluss, die Hand- schriften verstümmelten bieten, reicht es nicht aus, daran zu er- innern, dass auch sonst Grammatiker Verse des Lucretius in einer von den Handschriften abweichenden Form anführen, von der doch Niemand für den Text des Dichters Gebrauch zu machen sich ge- neigt findet (vgl. Lachmondam, Unde omnis natura creet res auctet alatque, Quove eadem rursum natura perempta resolvat, Quae 7WS materiem et genitalia corpora rebus Reddunda in ratione vocare et semina rerum CO Appellare suemus et haec eadem usurpare Corpora prima, quod ex Ulis sunt omnia primis, so ist es seine Absicht nicht, den ganzen Inhalt seines Werkes im Voraus anzugeben, sondern ein und das andere gewichtige Moment seiner Doctrin hebt er hervor, um von ihrer Bedeutung und ihren Zielen eine Vorstellung zu geben und Memmius^ Interesse zu er- regen; und dass er insbesondere die ^mmordia rerum, von denen er zu handeln gedenkt, auch dadurch in das Licht setzt, dass er vom 2. August 1877. 493 die verschiedenen Bezeichnungen erwähnt, deren er sich in seiner Darstellung seihst bediene, war zwar nicht erforderlich, ist aber nicht unnützlich, um den Charakter einer Lehre, die alles ohne Dazwischenkunft göttlicher Kraft aus den semina rerum crspriessen h'isst, gleich an der Schwelle kundzugeben. Gewiss hätte Lucretius nach dieser Vorbereitung sofort in die Darlegung seines Systems eintreten können; dass er diese Absicht gehabt und erst nachträglich sich eines andern besonnen habe, be- weist V. 55 de summa caeli ratione Disserere in dpi am et rerum primordia pandam keineswegs, da der auch sonst erkennbare rein poriphrasierende Gebrauch des incijnam (vgl. V. 126; 6, 906) die spezielle Bedeutung des Wortes nicht empfinden lässt. Genug, Lucretius gewinnt, bevor er seine philosophischen Principien zu entwickeln anhebt, vorerst noch eine Erweiterung des Prooeraium. Ohne ein verbindendes Wort beginnt er wie von Neuem V. 62 Hu- mana ante oculos foede cum vita iaceret usw. Verstehe ich diesen Abschnitt (62 — 79) recht, so ist es des Dichters Zweck, den Ge- währsmann seiner Philosophie, auf dessen Spuren er wandelt, nicht sowohl zu bezeichnen als sein Verdienst zu verherrlichen. 'Ein (krieche war es, der als die Götterfurcht (religio) die Menschen darniedergeworfen, sein Haupt ihr entgegen emporzuheben wagte und das Weltall forschenden Blickes durchwandernd das Werden der Dinge erkundete und mit der gewonnenen Erkenntniss die Götterfurcht bezwang.' Ist dies der Sinn dieses Abschnittes, so bedurfte es dafür meines Erachtens keiner Anknüpfung im Worte, sondern, nachdem der Dichter eben erst (V. 54 ff.) Inhalt und Qua- lität dieses Lehrgebäudes in wenigen Grundstrichen bezeichnet hatte, war von da der Fortschritt zu dem Urheber desselben ein natur- gemässer und in der Sache gegebener; und kein Grund ist abzu- sehen, warum das was das Natürliche und Einfache ist, nicht gleich Anfangs im Plane des Dichters gelegen sondern ihm erst hinterher in den Sinn gekommen sein soll, zumal Lucretius wiederholt in den Prooemien anderer Bücher in analoger Art den grossen Ungenann- ten (denn Epicurs Namen nennt er bei solcher Gelegenheit nie, nur einmal beiläufig in anderem Zusammenhang 3, 1042) gepriesen hat. Und knüpft er im fünften Buche an eine ähnliche Apotheose (V. 55) die W'orte Cuius ego ingressus vestigia dum doceo^ so kann die Wrgleichung des dritten Buches (V. 31) lehren, mit wie wenig Recht man an unserer Stelle Entsprechendes vermisst hat. Aus 494 Gesammtsitzung der besonderen Form aber, in welcher er hier seines Meisters Ver- dienst erhoben, wächst ihm ein neuer Gedanke hervor: Illud in hu rebus vereor, ne forte rearis Impia te rationis inire elementa viamqw (80 — 101). 'Da ich jenen Griechen preise, dass er mit der Fackel der Erkenntniss die (Totterfurclit bezwungen, so besorge ich, Du wälinst auf gottlose Lehren Dich einzulassen und den Weg des Frevels zu betreten, während gerade im Gegen theil die nunmehr niedergeworfene religio die Menschen oft zu frevelhaften Thaten getrieben hat', wie dies die in wenigen plastischen Zügen gezeich- nete Opferung der Iphigenia darthun soll. Wie innerlich dieser Gedankenzug dem früheren sich anfügt, bedarf keines Wortes, aber hier fehlt es auch nicht an sichtlicher Verbindung, nicht bloss in dem fast formelhaften in his rehiis^ sondern deutlicher noch weist illa religio (V. 82) zurück auf die religio^ welche Epicur in den Staub getreten. Die Folgerung aber überlässt Lucretius dem Le- ser zu ziehen, dass es demnach nicht gottlos sein könne, einer Pliilosopiiie sich anzuschliessen, welche von eben dieser Götter- furciit freimacht und sie bekämpft. Dann fährt er fort: Tutemet a nubis iam quovis tempore vatum Terrihqnis victus dictis desciscere quaeres usw. (V. 102 — 135). *Du wirst trachten, schon bei erster Gelegeniieit (iam quovis tempore) von uns abzufallen, ge- scheucht durch die Schreckbilder der Dichter (vatum) und ihre Träume von ewigen Strafen, denen zu widerstehen nicht möglich, wenn unerkannt ist die Natur der Seele, ob sie geboren oder bei der Geburt eingepflanzt wird, und ob sie im Tode zerstiebt oder in den Hades hinabgelangt oder in andere Wesen wandert, wie einst Ennius gedichtet, Ennius, der zugleich auch in unvergäng- lichen Versen vom Acheron gesungen, wohin nicht Seele noch Körper sondern bleiche Schattenbilder gelangen, von wo Homer ihm erschienen und die Natur der Dinge verkündigt habe. Darum muss man nicht bloss die himmlischen Dinge, des Mondes und der Sonne Lauf, und was auf Erden geschieht, sondern vor allem die Natur der Seele und des Geistes erforschen und wie es komme, dass Bilder Verstorbener uns im Traume erschrecken.' Kein äusse- res Band knüpft diesen Abschnitt an den vorigen, mit dem er ge- meinsames Ziel verfolgt: Lucretius bemuht, den Mcmmius seiner philosophischen Betrachtung nicht bloss zu gewinnen sondern auch zu erhalten, sucht jetzt anderen als den aus der Bekämpfung der religio geschöpften Befürchtungen, die ihn abwendig machen könuteu. vom 2, August i877, 495 im Voraus zu begegneu, und hatte er früher die Berechtigung die- ser Doctrin aus den Wirkungen der religio dargethan, so zeigt er jetzt, wie erspriesslich für die Ruhe des eigenen Lebens es sei, über Fragen der bezeichneten Art sich Klarheit zu schaffen. Liegt in diesen inneren Beziehungen der beiden parallelen Abschnitte die Gewähr dal'ür, dass sie in Einem Zuge gedacht und ausgeführt sind, so gewahrt man bei näherer Betrachtung selbst in der ge- wählten Form im letzteren Rücksichtnahme auf den ersteren. Vereor ne forte rearisy halte Lucretius V. 80 gesagt, Im^na te rationis inire elementa viamque Indugredi sceleris ^ hier dagegen, gleichsam einen fortgeschrittenen Standpunkt einnehmend, V. 102, a nobis tarn quovis tempore vatum Terriloquis victus diciis desciscere quaeres; denn desciscere kann nur, wer bereits gewonnen, sich wieder ab- wendet. Wenn hiernach von der Verherrlichung Epicurs herab bis zum Abschluss dieses letzten Abschnittes (V. 62 — 135) wohl- überlegter Plan erkennbar ist, so zeigt dieser Abschluss selbst, dass dieser ganze umfangreiche zweite Theil von dem ersten nicht losgelöst werden kann. Denn indem Lucretius V. 127 abschliesst quapropter bene cum superis de rebus (vgl. 5, 85) habenda Nobis est ratio, solis lunaeque meatus (vgl. 5, 76 ff.) Qua fiant ratione, et qua vi quaeque gerantur In terris (vgl. 5, 69 ff.), tum cum primis ratione sagaci Unde anima atque animi constet natura videndum (vgl. 3, 35 ff.) usw., hat er in die Schlussfolgerung mehr aufgenommen, als wozu der Anfang zu berechtigen schien. Denn der Unkenntniss der Na- tur der Seele hatte er es im Eingang (V. 112 ff.) zugeschrieben^ dass die Menschen sich von der Furcht vor dem Acheron mit sei- nen ewigen Strafen beunruhigen lassen. Wenn er nun den Schluss nicht so formuliert 'Daher muss man die Natur der Seele erfor- schen, sondern die gestellte Aufgabe in umfassenderer Weise so bezeichnet ' Daher muss man nicht bloss die himmlischen Dinge und was auf Erden geschieht sondern insbesondere das Wesen der Seele ergründen , so gewinnt dies seine Berechtigung daraus, dass er sich mitbeziehen kann auf das, was er bereits am Schluss des ersten Theiles (V. 54 fi'.) über den Inhalt seines Lehrgedichts in den Worten nam tibi de summa caeli ratione deumque Disserere incipiam angekündigt hatte. Auf diese Weise ist es dem Dichter zugleich gelungen, nicht auf Einem Punkte und nicht in registrie- render Vollständigkeit, aber um so eindringlicher im Zusammen- [1877] 37 49 G Gesammtsitzung hang der Erörterung, eine Vorstellung zu geben von dem Umfang und den Ilaupttheilen seines Lelirgebäudes. Doch ich muhe mich wohl vergeblich da Ordnung und Zu- sammenhang aufzuweisen, wo andere nichts als ein seltsames Durch- einander erkennen. Nicht bloss dass Lucretius, der V. 54 ff. be- reits Miene gemacht, in die Darlegung seiner Lehre selbst einzu- treten, dann ohne Noth und rechtes Motiv wieder ablenke, um erst nach beiläufig hundert Versen (149) auf dem Punkte wieder anzu- kommen, auf dem er bereits V. 54 ff. sich befunden, sei es auch ganz unerklärlich, dass der Dichter, nachdem er V. 51 (semotum a curia) die Freiheit des Memmius von superstitiöscr Besorgnisse die ihn zurückschrecken könne, nur mit Einem Worte berührt und vorausgesetzt habe, hinterher (V. 80 — 135) ausfuhrlich und ge- flissentlich die Bedenken, die ihn von dieser Betrachtung der Dinge fern halten oder abwendig machen könnten, zu zerstreuen unter- nehme. Da nun die Verse 50 — 61 vor 80 — 135 ihren Platz un- möglich haben, hinter 135 aber nicht ohne andere Nachtheile ge- stellt werden könnten, so sei in diesem Thatbcstande der Beweis enthalten, dass diese Theile des Prooomium nicht in Einem Guss geformt, sondern aus wechselndem Plan hervorgegangen, ohne rechte Verknüpfung und zweckmassige Ordnung von dem Herausgeber des Werkes, wie sie vorlagen, an einander gereiht worden. Allein zu geschweigen, dass, wie ich darzuthun versuchte, die Verse 50 — 61 fest und ohne Lücke an das Vorangegangene sich anschliessen, der Tadel, dass Vorweggenommenes nachträglich in umständlicher Erörterung ausgeführt werde, beruht lediglich auf der bereits ab- gewiesenen Deutung von curae in den Worten V. 51 semotum a curis. Denn nimmt man das Wort in dem Sinne, in welchem der Zusammenhang allein es zu nehmen gestattet, so zeigt sich ein wohlbegrundeter Fortschritt in der Gedankenentwickelung von V. 62 ab und ist dem Vorwurf, es werde auf Abgethanes zweckwidrig zurückgegriffen, der Anlass entzogen. Denn auch contempta relin- quas V. 53 kann jener Erklärung der curae keine Stütze gewäh- ren, da die Worte animum Semotum a curis adhibe veram ad ra- tionem (vgl. 2, 1023), Ne mea dona tibi studio dispoata fideli, Intel- lecta jrriuB quam sint contempta relinquas, ohne jede Hindeutung auf superstitiöse Beängstigung, den klaren und einfachen Gedanken aussprechen, dass nur wenn der Geist frei von ablenkender Sorge sich hingebe, Verständniss und damit richtige Würdigung des Dar- vom 2, August 1877. 497 gebotenen erzielt werden könne (vgl. 4, 912 ff.). Dass aber Lu- cTotius statt bei V. Gl sofort in die Entwickeliing seiner Theorie einzulenken, vorab von der Lobpreisung Epicurs (62) eine neue Gedankenreihe anhebt, um erst bei V. 149 mit der Darlegung des ersten Grundsatzes sein System selbst zu eröffnen, dieses Verfahren, wie es hier durch die Natur der Sache und den Zweck des Pro- oemium nahe gelegt war, hat auch im übrigen Werke so spre- chende Analogien (man vergleiche, um weniges beispielsweise an- zuführen, Abschnitte wie 6, 43 — 95 oder 3, 31 — 93), dass man darin, statt ein Merkmal der Uiifcrtigkeit, vielmehr die echte und ursprüngliche, im Grossen wie im Kleinen sich kundgebende Ma- nier des Dichters hätte anerkennen sollen. Doch wir haben das Prooemium noch nicht bis zu Ende durch- messen. Lucretius fahrt fort: Nee me animi fallit Graiorum U8Vf. (136 — 145). 'Aber es entgeht mir nicht, dass es schwer ist, die dunkeln Erforschungen der Griechen in lateinischen Versen ins Licht zu setzen, zumal die Neuheit der Dinge bei der Armuth der Sprache viel Neues in neue Worte zu giessen nöthigt. Aber Dein Verdienst und der Gcnuss Deiner Freundschaft spornt mich, keine Mühe zu scheuen, auf dass meine Dichtung mit hellem Licht Deinem Geiste das Dunkel der Dinge erleuchte.' Dieser kleine Abschnitt ist wohl am meisten den Kritikern ein Stein des Anstosses gewesen, die in manch faltiger Weise dem hier vorliegenden Ungeschick der Anord- nung zu steuern beflissen, nur darin übereinstimmen, dass die Verse an diesen Platz von Lucretius selbst nicht gestellt sein könnten. Das sei ein Gedanke, urtlieilte man, wie er in der vermeintlichen Lücke vor V. 50 Quod auperest — angebracht gewesen, dort wo nichts fehlt, nichts zugesetzt werden kann, und selbst wenn die Lücke eingeräumt würde, dennoch eine Äusserung wie diese mit ihrer Umgebung völlig unvereinbar sein würde. Oder es seien die Verse zwischen 61 und 62, oder aber hinter V. 79 einzu- schalten. Aber von den Graiorum obscura reperta (V. 136) konnte nicht wohl geredet werden, bevor in dem Graiun homo (V. 62 ff.) der Auetor der Doctrin gekennzeichnet worden, von da herab aber entwickelt sich eine Gedankenreihe, die durch Aufnahme jener Verse, an welchem Punkte es sei, nur zerrissen und geschädigt würde. Daher Hr. Stuerenburg, der die Unmöglichkeit durch Um- stellung zu helfen nicht verkannte, doch dabei beharrte, dass diese, wie er meinte, parenthesis loco zwischen zusammengehörige Theile 37- 498 Gesammtsitzung eingekeilten Verse (13G — 145) für diese Stelle von Lucretius selbst nicht bestimmt sein könnten. Und doch, wenn Lucretius, wie vir zu erkennen glaubten^ in den Versen Quapropter bene cum superis de rebus habenda Nobis est ratio usw. (127 ff.}, zugleich zurück- greifend auf früheres (V. 54 ff.), Aufgabe und Haupttheile seiner Darstellung in volleren Zügen bezeichnet hat, wie sollte nicht gerade hier in natürlichem Fortgang der Gedanken die Klage sich ein- stellen über die aus der Armuth der Sprache erwachsende Schwie* rigkeit des Unternehmens. Ist etwa dieser Zusammenhang zwi- schen Ankündigung und Klage ein wesentlich anderer oder minder angemessener als z. H. 1, 921 oder 5, 91 — 97 ff'., oder, nach anderer Seite vergleichbar, 3, 260 ff'. Und anderseits die im Gegensatz gegen die betonte Schwierigkeit nachdrücklich gegebene Versiche- rung, dem Freunde zu Liebe keine Mühe zu scheuen (vgl. 1, 410 ff*.), wo stünde sie wirksamer als hier am Ende des Prooemium, wo der Dichter nach allen Vorbereitungen endlich zur Sache kommt, oder an welchem Platze in allem früheren wäre sie auch nur er- träglich? Den Übergang vom Prooemium zur Darlegung des ersten Grundsatzes vermitteln die Verse 146 ff. Hunc igitur terrorem animi tenebrasque necessest Non radii solis neque lucida tela diei Discutiant sed naturae species ratioque, Princqnum cuius hinc nobis exordia sumeU Die Verse 146 — 148 kehren in anderem Zusammenhang und mit anderer Beziehung des igitur 2, 59; 3, 91; 6, 39 wieder, doch hin- dert dies ihre Benutzung an unserer Stelle nichts und dient die Partikel hier, wie ähnlich 1, 419, dem Rückweis auf die voran- gegangene Erklärung, dass man, um die auf Unkenntniss der Natur der Dinge beruhenden (112) terrores animi (103, 106, 111) zu zer- streuen, die himmlischen Dinge wie das Wesen der Seele erforschen (127 ff.) und so das Dunkel erhellen (144 ff.) müsse: aber dieses Zurückgreifen berechtigt nicht, die Verse 136 — 145 zu einer Paren- these herabzudrücken, die, wie sie selbst aus natürlichem Fortschritt der Gedanken sich ergaben, so dem Anschluss der Worte Hunc igitur terrorem animi usw. — 'diesen Schrecken der Seele also, wie gesagt, und das Dunkel muss die Erkenntniss der Natur zer- streuen' — erst die rechte Unterlage geben. vom 2. Au(jmt 1877, 499 Wir sind am Ende und haben keinen Anlass entdeckt, in die- sem Prooemium ein unfertiges und übel geordnetes Conglomerat von Einzelstücken zu erkennen. Wir sahen vielmehr, dass das Ganze, von einem wohldurchdachten Plane beherrscht, eine zweck- mässige Gliederung aufweist der Art, dass zwei Haupttheile, V. 1 — 61 und V. G2 — 145, sich sondern, die in sich ein jeder wohl ange- legt und durchgeführt, auch der beide mit einander verknüpfenden Beziehungen nicht ermangeln. Wollte man aber dennoch hierin Ursprüngliches und Nacharbeit unterscheiden, so konnte der Ver- dacht nachträglicher Ausführung nicht ein einzelnes Stück sondern nur den zweiten Theil in seinem ganzen Umfang und Zusammen- hang treffen, und wäre demnach der Ausschnitt nur so anzusetzen, dass nach Ausscheidung der Verse 62 — 148 an einander schössen die Verse 54 Nam tibi de summa caeli ratione deumque 55 D isser er e incipiam et rerum primordia pandam, Unde omnis natura creet res auctet alatque, Quote eadem rursum natura perempta resolvat, Quae nos materiem et genitalia corpora rebus Reddunda in ratione vocare et semina rerum 60 Appellare suemus et haec eadem usurpare 61 Corpora prima quod ex Ulis sunt omnia prtJnis, 149 Principium cuius hinc nobis exordia sumet, und principium cuius (149) seinen grammatischen Anschluss ge- wönne an reddunda m ratione (59). Aber des stilistischen Un- geschicks dieser Anknüpfung nicht zu gedenken, dieses immerhin organischere Verfahren würde dem, der es sich aneignen wollte, den Beweis auferlegen, dass alle die analogen Ausführungen, deren einige S. 497 bezeichnet sind, einer Überarbeitung des Gedichtes ihren Ursprung verdanken. Bis dieser erbracht sein wird, beharre ich meinerseits bei der Überzeugung, dass das ganze Prooemium in all seinen Theilen aus Einem Gedanken des Dichters geschöpft, nur Grundzüge echt Lucrctianischer Dichtweisc in scharfer Aus- prägung vor Augen stelle. 500 Oesammisitzung Hr. Helmholtz legte folgenden Aufsatz des Hrn. Dr. Theo- dor Gross vor: Über elcctrolytische Strome durch feste Salze. Der Verfasser der vorliegenden Mittheilung fand, dass feste trockne Salze schon bei gewöhnlicher Temperatur elektrolytisch leiten können. Die Untersuchung dieses Vorgangs, die weiter fort- gesetzt wird, ist umständlich und langwierig; daher werden zunächst einige Experimente kurz beschrieben. Die Salze wurden theils als Krystalle, theils als compacte durch Schmelzen hergestellte Massen verwendet; sie waren scharf getrocknet, und befanden sich während der Versuche unter einer gut abgeschlossenen Glasglocke neben Phosphorsäure -Anhydrid. Der Strom wurdo zu ihnen gewöhnlich mittelst Quecksilber-Elek- troden geleitet, indem sie mit einer Fläche in Quecksilber tauch- ten, und eine gegenüberliegende, mit isolirender Fassung versehene Flache mit demselben bedeckt war. Die Batterie bestand aus c. 20 Meidingern. Die schwächsten Ströme wurden an einem Multiplicator mit 20,000 Windungen nach- gewiesen. Kupfervitriol-Kry stalle von c. 2. ctmr. Höhe leiten mit Queck- silber-Elektroden unter Polarisation. An der pos. Elektrode bildet sich allmählig eine Kruste von schwefelsaurem Quecksilber, die den Strom unterbricht. In einem Falle wurde das graue und das gelbe Salz erhalten, in einem anderen nur das erstere. Der Wider- stand des Kupfervitriols scheint nicht nach allen Richtungen gleich zu sein. Ob dies mit den physikal. Constanten der Krystalle zu- sammenhängt, liess sich, schon wegen Mangel an geeignetem Ma- terial, noch nicht feststellen. Schwefelsaures Manganoxydul in Platten von c. 5""" Dicke leitet ebenfalls mittelst Quecksilber-Elektroden, und giebt starke depolarisircnde Ströme. Sind die Oberflächen des Salzes sehr ver- wittert, so wächst der Widerstand bedeutend; so dass man nicht im Stande sein wird, den depolarisirenden Strom nachzuweisen, und irrthümlich rein metallische Leitung annehmen könnte. Aber ob nicht in diesen und den folgenden Beispielen ein Theil des Stromes metallisch geleitet wird, lässt sich erst durch quantitative Versuche entscheiden. Chlorblei, im Platin-Tiegel geschmolzen und schnell abgekühlt, gab feste Scheiben von c. 4'"'" Dicke und 4. ctmr. Durchmesser, vom 2, Augmt 1877. 501 deren ursprünglich gute Leitung nach einigen Stunden, als die Menge der abgeschiedenen Jonen erst sehr gering sein konnte, stark abnahm. Also kann der Widerstand der festen Körper schon durch äusserst dünne schlecht -leitende Schichten an ihren Ober- flächen sehr vergrössert werden. Reibt man die Eintrittsfläche des Stromes trocken ab, so gewinnt derselbe fast seine frühere Stärke wieder. Durch Wiederholung dieses Verfahrens kann man bewir- ken, dass die negat. Quecksilber-Elektrode, wenn sie auch ur- sprünglich ganz rein war, das schmutzig graue Ansehen des blei- haltigen Quecksilbers erhält. Der depolarisirendc Strom ist, beson- ders wenn das Quecksilber gut anliegt, nachweisbar. Durch Er- wärmen des Chlorbleis auf c. 50^ wächst der Strom um mehr als das Doppelte. Das geschmolzene Chlorblei zieht sich bei dem Er- kalten stark zusammen, und legt sich um eingeschmolzene Metalle mit glatten nicht haftenden Flächen. Daher können Elektroden in Form von eingeschmolzenen Drähten^ die bei früheren Experimen- ten angewendet wurden, unsicheren Anschluss und grossen Wider- stand gegeben haben, so dass sich der depolarisirende Strom nicht nachweisen liess, und man rein metallische Leitung annahm. Eine Scheibe Jodsilber leitete besonders gut und mit starkem depolarisirenden Strome. Der Platin-Tiegel in dem das Jodsilber geschmolzen war bildete die positive, Quecksilber die negative Elektrode. Es wäre nicht schwer noch andre Salze anzuführen, die in derselben Weise wie die genannten ohne weiteres leiten; doch fin- den sich auch solche, die nicht so unmittelbar als Electrolyte er- kennbar sind. Krystalle von weinsaurem Kali-Natron (Seignette-Salz) leiten mit Quecksilber von gewöhnlicher Temperatur gar nicht oder un- sicher. Sind dagegen die Elektroden auf c. 40° erwärmt, so er- hält man starke polarisirendo und depolarisirende Ströme. So leitete u. A. ein prismatischer Seignette-Salz Krystall der eine Höhe von c. 3 ctmr. und Horizontal flächen von c. 3,5 d ctmr. hatte. Er selbst wurde nicht erwärmt, sondern ni\r mit dem war- men Quecksilber verbunden, und es ist gewiss nicht anzunehmen, dass die Wärme sofort durch seine ganze Masse verbreitet wurde; auch bleiben die Ströme, einmal eingeleitet, bestehen, wenn die Elektroden wieder Luft-Temperatur angenommen haben. 502 Gesamm Isitzung Vielleicht wird durch die Wurme eine verdichtete Luftschich: von der Oberfläche des Krystalls abgelöst; doch könnte auch an den Oberflächen fester Körper ein specilischer Übergangs -Wider- stand bestehen, wofür der Umstand zu sprechen scheint, dass ge- rade Körper mit stark verwitternden also l«»ioht zersetzbaren Ober- flächen wie Kupfer- und Mangan -Vitriol, besonders gut leiten. Aus möglichst klarem Kali-Alaun wurde ein Parallelepipedon von c. 2 ctmr. Höhe und 2 ^ ctmr. Grundfläche geschnitten, und mit einem hohen Rand von Siegellack versehen. Seine beiden Ilorizon talflächen wurden dann, um den Übergang des Stromes zo vermitteln, schwach befeuchtet und mit Quecksilber bedeckt, und 80 wurde es unter die Glocke neben Pliosphorsäure- Anhydrid ge- stellt und der Strom geschlossen. Noch über 48 Stunden sputer Hess sich selbst der depolarisirende Strom nachweisen. Die Lack- Fassung war sorgfältig und auf breiter Fläche befestigt, und der Krystall war ohne durchgehende Sprünge, und überdies ragte ein breiter Streifen desselben frei aus dem Quecksilber hervor, und war durch das Phosphorsäure-Anliydrid bis zur Verwitterung ge- trocknet; so dass wohl anzunehmen ist, dass nicht freie Feuch- tigkeit, sondern der Alaun-Krystall leitete. Es wurden f(;rner Versuche mit gefrorenen Substanzen ange- stellt. Was zunächst das Eis aus dostill. Wasser betrifft, so zeigte es sich bald als ein sehr schlechter, bald als ein besserer Leiter. Dies darf nicht befremden, da ich genöthigt war, kleine Quanti- täten Wasser schnell gefrieren zu lassen, und daher das Eis mei- stens sehr unregelmässig gebildet war. Sichre Resultate dürfte man am ersten erwarten, wenn man zwei Bleche ganz langsam in eine grössere Wassermenge einfrieren liesse. Dient ein Metallgefäss, in dem das Eis hergestellt ist, als die eine Elektrode, so kann man leicht grosse Widerstände erhalten, da es vorkommt, dass zwischen der Wand des Gefässes und dem Eise trennende Räume entstehen. Da destill. Wasser eine sehr schwache Salz-Lösung von un- bestimmter Zusammensetzung ist, wurden auch Versuche mit Star- keren Lösungen von bestimmtem Charakter unternommen. U. a. gab eine gefrorene sehr verdünnte Lösung von neut. schwefeis. Kali keine Leitung. Das Eis sah ungleichmässig aus, wie ein Ge- menge von reinem Eise und Salz. Sichre Leitung dagegen gaben gefrorene Lösungen von Chlorblei, Barythydrat und Kalkhydrat in destill. Wasser. Die beiden letzteren waren frei von Chlor, Be- vom 2. Aiujuai 1877, 503 sonders das Chlorblei - Eis leitet gut und hat ein eigcnthümliches gleichmässiges Aussehen; doch war bei allen dreien der depolari- sirende Strom deutlich nachweisbar. Der Gefrierpunkt dieser drei gesättigten Lösungen liegt oberhalb — 1° und die Temperatur des Eises war — 10^ bis — 15°. Das Eis wurde in Giascylindern ge- bildet die luftdicht verschlossen wurden, und die Elektroden, zwei eingefrorene Platinbleche, waren 1 — 2 ctmr. von einander entfernt. Wollte man annehmen, dass nicht das Eis, sondern eine Spur ungefrorener Salzlösung von sehr niedrigem Gefrierpunkt geleitet hat^ so wurde sieh die Abhängigkeit des Widerstandes von den erwähnton Beimischungen nicht wahrscheinlich erklären lassen. Hätte bei dem Gefrieren eine vollständige Trennung der gelösten Substanz von dem Wasser stattgefunden, so hätte man Theil- chen derselben, eingeschlossen von reinem Eise, und dieses müsste dann die gute Leitung vermitteln, was nicht anzunehmen ist. Es ist also wahrscheinlich, dass in den leitenden gefrorenen Lö- sungen, bestimmte feste Hydrate leiten. So könnte vielleicht mit Hilfe galvanischer Versuche entschieden werden, ob bei dem Ge- frieren ein Salz vollständig ausgeschieden wird oder nicht. Für die Bildung solcher Hydrate bei dem Gefrieren spricht auch das Verhalten des Kupfervitriols: Concentrirte Lösung von Kupfervitriol, in einem Reagenz-Glase gefroren, giebt zunächst ein blaues Eis in dem sich einzelne Büschel weisser Krystall- Nadeln finden. Allmählig überziehen diese die ganze Oberfläche des Eises; dasselbe wird dann auch im Innern entfärbt, und bildet schliess- lich eine weisse Porzellan-ähnliche Masse. Erwärmt man das Pjis, so wird es sich ausdehnen, und fester an die Elektroden drücken, und kann dann besser leiten, ohne dass sich sein specifischer Widerstand zu ändern braucht. Ahnliches könnte auch bei den andern festen Körpern stattfinden, so dass solche Versuche an sich keine sichere Einsicht gewähren. Exacte Widerstands -Bestimmungen lassen sich bei der be- schriebenen Anordnung der Versuche schwerlich ausführen, da man niemals weis, durch welchen Bruchtheil der Elektroden-Fläche der Strom wirklich übergeht. Besonders bei dem Eise sind die Ver- hältnisse ungünstig: Ein Theil der Elektroden wird fester ein- frieren als ein andrer, und wird dann hauptsächlich die Leitung vermitteln: In einigen Fällen war der Strom stundenlang durch Eis gegangen, so dass an der pos. kupfernen Elektrode eine ge- 504 Gesammtsitzung ringe Oxydation sichtbar war; aber nicht regelmfissig vertheilt, sondern irgend eine Stelle war allein oxydirt. Doch selbst bei einem vollständig gleichmässigen nur mecha- nischen Anschluss der Elektroden an die festen Elektrolyte durfte man die fiir den Widerstand derselben erhaltenen Zahlen nicht unmittelbar mit denen der Flüssigkeiten vergleichen: Flussigkeiteo benetzen die Elektroden und adhäriren an ihnen, während ein Haften der Elektroden an den festen Körpern nur in einzelnen Fällen zu erreichen sein wird. Es wäre aber unberechtigt die Adhäsion des Elektrolyten an die Elektroden ohne weiteres als unwesentlich für die Elektrolyse an zu sehen; vielmehr könnten dieser gerade Flächen zwischen denen keine oder sehr geringe Molekularkräfte wirksam sind, einen besonders grossen Übergangs- Widerstand leisten. Um daher für den Widerstand der festen Korper vergleichbare Zahlen zu erhalten, müsste man vielleicht den Strom zu ihnen durch Flüssigkeiten leiten, in denen sie un- löslich sind. Auf solche Versuche wurde hier nicht eingegangen, weil zunüeht die elektrolytische Leitung durch feste Salze mög- lichst einfach und vor Einwänden gesichert fest zu stellen war. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Abhwidlumjen herausgegeben von der Senvkenbcrgischen natu r/or svkenden Ge- sellschaft, Bd. XI. Heft 1. Frankfurt a. M. 1877. 4. Bericht über die SenckenbergiAche natu r/o rächende Gesellschaß, 1875 — 76. Frankfurt a. M. 1877. 8. Bulletin de la Socivte mathematiquc de France. Tome V'. N. 5. Paris 1877, 8. Bnllettino della Socivtd di Sciemc naturali ed economiche di Palermo. N. 8. Seduta dogli 8 luglio 1877. Palermo. 8. Suciete entumolugique. de Belgique. Ser. II. N. 40. Bruxclles 1877. 8. lievue scientifique de la France et de l't'trunger. V^II. Annee. 2. Serie. 28.jain. 1877. Paris. 4. n.J. Bid ermann, Die Rotnanen und ihre Verbreitung in fJsterreich, Graz 1877. 8. C. Marignae, Sur les equivalents chimiques et les poids atonniques, Gencve 1877. 8. G. vom Rath, Mineralogische Beitrage. Vom Verfasser. Instruments and publications qf the United States Naval Observatory, Wa- shington 1845— 7G. 4. Bulletin de V Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. T. XXUI. N. 4 et dernier. 4. B. Boncompagni, Bullettino. Tomo IX. Index. Tomo X. Maggiu 1877. Roma. 4. vom 9. August 1877. 505 6. Juli. Sitzung der philosophisch - historischen Klasse. Hr. Kiepert las über die geographische Lage des Schlacht- feldes am Granikus. 9. August. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. W. Peters las über die Ohrenrobben, Otariae^ als Nachtrag zu seiner im vorigen Jahre über diese Thiere gelesenen Abhandlung. Durch die Materialien, welche dem Verf. seit dem Juni v. Js. zugegangen waren, hatte er sowohl seine Untersuchungen über die Seebären oder Pelzrobben als über die Seelöwen oder Haarrobben weiter ausdehnen können. Neues Material verdankte er theils dem Hrn. Dr. Hilgendorf, welcher aus Japan zwei Arten von Ota- rien mitbrachte, Hrn. Gapitan Hutton in Otago (Neuseeland) und Hrn. A. Wichura in Südafrika^ theils der Zuvorkommenheit und Liberalität der Hrn. Milne Edwards und Gervais zu Paris und des Hrn. Clark zu Cambridge. Die Materialien des British Museums konnte er dagegen nicht zur nothwendigen Yergleichung benutzen, da nach der ihm gewordenen Mittheilung die Beamten des British Museums zwar eine ausgiebige Benutzung auswärtiger Museen beanspruchen können, aber keine Gegenseitigkeit in dieser Beziehung gestattet ist. Die Zahl der Arten äer Otarien, welche wissenschaftlich fest- gestellt sind, wurde auf 13 beschränkt, welche in drei Gattungen vertheilt wurden, 1. Gen. Otaria Peron s.S. Ohren kurz (15 — 20 Millim. lang); Behaarung straff und ohne Unterwolle. Knöcherner Gaumen des Schädels bis oder fast bis zu den Hamuli pterygoidei verlängert. 50 G Gesammtsitzung 1. 0. juhata (Forster). Um die Südhälfte Südamerikas herum von dem Lapl ata- Strom an der Ostküste bis zu der Bai von Callao und den Chincha- Inseln an der Westküste verbreitet. Localrassen: O» leonina Fr. Cuv. und 0. (7//oac T seh udi. 2. Gen. Eumetopias Gill. Ohren länger; Behaarung wie bei Otaria. Hinterer Rand des knöchernen Gaumens weit von den Hanmii pterygoidei entfernt 1. E, SteUeri (Lesson). . Im nördlichen Theil des stillen Oceans, von der Behrings- strasse einerseits nach Galifornien, andrerseits nach Kamtschatka herabsteigend. 2. E, Gilliespü (Mc Bain). Bis jetzt an der Küste von Galifornien und in Japan ge- funden, scheint nicht so weit nördlich hinaufzugehen, wie die vo- rige Art. Hierzu gehört ohne Zweifel Phocarctos eloiigattis Gray. 3. E, cinerea (Peron). Diese Art, welche mit 0, albicoUis Peron, 0. australis Quoy etGaimard und 0. lobata Gray identisch ist, gehört dem austra- lischen Meere an, wo sie in der Bass- Strasse, auf den Klippen an der südlichen Küste von Australien angetroffen worden ist. 4. E. Ilookeri (Gray). Antarktisches Meer. A uckl and -Inseln. 3. Gen. ARCTOCEriiALis Fr. Citvier. Mit längeren Ohren. Unter den Contourhaarcn lindet sich eine dichte Unterwolle, welche iudcss bei ganz jungen und ganz alten Thieren sehr spursam ist. Schädelbau und knöcherner Gaumen ähnlich wie bei der vorigen Gattung. 1. A. pusillus (Schreber). Um die Südspitze von Africa herum und auf den Crozeüuseln. vom B. August 1877. 507 2. A. falklandicus Shaw. An der Küste der Laplata-Staaten, bei den Falklands -Inseln und an der Südspitze von America. Früher vielleicht an der West- küste Südamericas bis nach Chile (Ph, porcina Molina?) und Peru (0. aurita Humboldt?) verbreitet. 3. A, brevipes Ptrs. Otaria cinerea Qiioy et Gaimard, Foy. Astrolabe. Zoolog. I, p, 89 (uon Peron). Früher sehr häufig in der Bass-Strasse, scheint diese Pelzrobbo ebenso wie die in derselben Gegend vorkommende Haarrobbe, 0. cinerea Peron, fast ganz ausgerottet zu sein. 4. A. elegans Ptrs. Antarktisches Meer: St Paul und Amsterdam. Vielleicht ge- hört hierher A, tropicalis (Gray), welcher von Hrn. Clark mit A, Forsteri vereinigt wurde. In diesem Falle würde der Verbrei- tungsbezirk sich bis nach Nordwest- Australien ausdehnen, wenn man sich auf die Angabe des Fundorts des A, tropicalis verlassen kann. 5. A, Forsteri Lesson. Neu-Seeland und antarktisches Meer südlich von Nou-Seeland. G. A. gazella Ptrs. Kerguelen-Inseln. 7. A. Philippii Ptrs. Juan Fernandez und Masafuera. 8. A, ursinus (Linne). Von der Behringsstrasse an der aroericanischen Küste bis nach Californien, an der asiatischen bis nach Japan verbreitet. 508 QesammUitzung vom 9. August 1877. An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: *R« Kossmann, Zoologische Ergebnisse einer im Auftrage der K. Akadestie der Wissenschaften zu Berlin ausgeführten Reise in die Küstengebiete des rothen Meeres, 1. Hälfte. Leipzig 1877. 4. 2 Kx. Mit Begleitschrei- ben. The proceedings of the Linneati Societg uf New South Wales. Vol. I. P. 4. Sydney 1877. 8. Bidrag tili kännedom af Finlands Natur och Falk. Haftet 20. 26. 26. Hei- singfors 187G/77. 8. Öf versigt af Finska Vetenskaps-Societtftens Forhandlingar» XVIII. 1875/76. ib. 187C. 8. Obsertations meteorologifpies publ, par la Societe des sciences de Finlande, Annee 1874. ib. eod. 8. Programm des evang. Gymnasiums in Schässburg, Schässburg 1877. 4. Revue scientifique de la France et de Vttranger» N. 5. Paris 1877. 4. G. B. Rossi Scott! , Alla memoria del Conte Conestabile della Staffa. Peru- gia 1877. 8. Vom Verf. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrg. 1877. N. XVIII. Sitzung der math.-naturw, Classe vom 12. Juli, 8. Sitzungsberichte der philos.-philol, und hist. Classe der k, b. Akademie der Wissenschaften zu München. 1877. Heft 2. München 1877. 8. Rad Jugonlavenske Akademije znanusti i umjetnosti. Knjiga XL. Zagrebu 1877. 8. Landicirthschirftliche Jahrbücher. Bd. VI (1877). Supplcmcntheft 2. Berlin 1877. 8. IG. Bericht der OberhessiscJien Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Gies- sen 1877. 8. W. F. G. Beim, Leopoldiua. Hoft XIIL N. 13. 14. Dresden 1877. 4. Sitzung der phys.-math. Klasse vom i3. August 1877. 609 13. August. Sitzung der physikalisch -mathemati- schen Klasse. Hr. W. Peters legte vor: Anneliden- Ausbeute S. M. S. Gazelle von Dr. Ed. Grube. Die von der Gazelle (Capitain von Schleinitz) mitgebrach- ten Anneliden, zu denen noch 2 von Dr. Buch holz gesammelte kommen, sind folgende: Chloeia flava (Pall). Salavatti (Corallenriff) ; Amboina, var.; Cap verde. Ämphinome vagans Leach an einem treibenden Baumstamm. A» (Eurythot) incarunculata Pet. Neu-Guinea. A, (Eurytlioe) pacißca Kbg. Tonga-Inseln, Hapai (Oorallenriflf). 15° 40' 1 N. Hermione hystrix Sav. Soleton-Bank --5 — ^.— ^- (50 Faden). 49°rS. Br. 47°55;2 0. ^ Laetmoince producta Gr. 7Q0 ^jTq j^ 5 GC°Tr2~0 ' Kerguelen Mount Campbell. PoJynoe (LejridonotuR) trissochaetus Gr. Tonga -Inseln, Hapai (Corallenriff). P, (L.) striata Kbg. Nordwest- Australien, Meermaidstrasse. P. (Laenilla) mollis M*^ Intosh. Kerguelen, Whale Bay (15 Fa- den), Successfull-Bay; Atlantischer Ocean. P, (L.) vesiculosa Gr. d. 14. Februar 1876, Maghalaensstrasse (30 Fad.). P, (Ilarmothoe) fullo Gr. d. 12. Februar 1876, 60 Faden; Ma- ghalaensstrasse Tuesday Harbour; Kerguelen Successfull- Bay. P. (Hermadion) magalhaense Kbg. Kerguelen Successfull-Bay (14 Faden), Betsy Cove; Maghalaensstrasse Puntarenas (1 — 2 Fad.), Tuesday Harbour. P. pycnolepis Gr. Neu-Britanien, Great Harbour (10 Fad.). Panthalis hicolor Gr. Congo. 510 Sitzung der physikalisch-mathematischfn Klasse Sthenelais incisa Gr. Congo. Sigalion Edwardsi Kbg. Madeira. S. amboinevsis Gr. Amboina. Psamvwhjce umhonifera Gr. Atlantischer Occan. Leanira fesiiva Gr. Madeira (50 Faden). Nereis (Platynereh) Eatoni W Intosli. Kerguelon; Maghalaens- strasse, Funtarcnas (1 — 2 Faden), Tuesday Harbour (2,5 — 4 Faden). N. (Ceratonereh) dicaricata Gr. Neu-Britanien, Great Harboor. Vanadis Greeffiana Gr. v. d. Oberfläche des Meeres, d. 28. Murz zwischen den Kerguelen und Australien, d. 21. April NW.- Australien, d. 14. Nov. 1875 Moretonbav. Lamproderma lotigicirre Gr. Neu-Britanien, Great Harbour. SyWs Buchholziana Gr. West-Africa. 10° 12'9 N. llyalinoecia jdati/brarichü Gr. 170 i Tic w (^^' ^^" ^^^ Cap- verdischen Inseln). //. hrevicirris Gr. d. 27. Octobcr 1875, Ostaustralien, Moreton- bay (45 Faden). Eunice antennata Sav. Salewatti (CorallenrifF). E, Frauenfeldi Gr. ? d. 14. Februar 1876, Maghalaensstrasse (30 Faden). E, complanata Gr. Timor, Atapupa (Corallenriff). E, dilatata Gr. Timor, Atapupa (Corallenriff). E, siciliensis Gr.? Fidschi-Inseln, Matuka. Lnmhriconereis magalha'ensis Kbg.? Ascension. L. amboine?iSi'8 Gr. Amboina. Aglaurides fxdgida Sav. Timor; Neu-Britanien, Great Har- bour. Ghjcera convoluta Kfst. Tafelbay (50 Faden). Goniada congoenais Gr. Congomiindung. NepJdhys trissophyllus Gr. Kerguelen Betsybay (10 Fad.); Bet- vojn 13. August 1877. 511 sy Covc, Kodes Bay, Foundry brancb (9 Fad.), Success- 45" S. füll Bay; Sudindischer Ocean vf?ürFr N. modesta Gr. d. 20. Februar 1876, Magbalaensstrasse. iV. cUbranchis Gr. Neu-Guinea, Mac Clure Bay. Cirratulus atrocoUaris Gr. hab. ? Cfiaetoj)teru8 variopedatus Ren. Magbalaensstrasse. 6° 27'8 N Sj)iochaetopterus tropicus Gr. t70~9A"Iö~\if' (SW. von den Cap- verdiscben Inseln). Maldane decorata Gr. Congo. Areiiicola piscatorum Cuv. var. Eerguelen. Trophonia kerguelarum Gr. Kerguelen, Successfull-Bay. Pijcuoderma congoense Gr. Congo. Brada niammillata Gr. Eerguelen. Sabellaria laevispinu Gr. Ascension* 70° 47' Phyllocomus crocea Gr. vyöfZTTT (zwischen den Crozets und Kerguelen). Thelepus M'^ Intoshi Gr. Eerguelen, Betsy Cove, Successfullbay ; Neu-Britanien, Great Harbour. Terebella (Amphitrite) kerguelensis M^ Intosh. Kerguelen, Suc- cessfull-Bay (14 Faden), Irish Bay (20 Faden), Whale 49° 1' S. Bay (15 Faden); Yo^'U'!)'. T, (Loimia) ochracea Gr. Nordwest- Australien, Meermaidstrasse. T, (Phyzelia) quadrilohata Gr. d. 12. Febr. 1876, Magbalaens- strasse. T. (Pistq) cristata Müll, var.? Congo. Artacama proboscidea Mgn. Kerguelen. Terebellides Stroemii Sars. d. 20. Februar 1876, Magbalaens- strasse; Atlantischer Ocean. Subella costulata Gr. Kerguelen, Great Whale Bay (15 Faden). [1877] 38 512 Sitzung der phijsikaJisch-jnathemaUschen Klasse S, torquata Gr. Westafrica; d. 27. Sept. 1375 Ostkuste von Australien. *S'. sjyectabiiis Gr. Salawatli (CorallcririflF). S, (Dasychone) Argus Sars. Im SargJissum an der Oberfläche des Meeres. Serpula (s-str.) jyatagonica Gr. Patagonion; Kerguclon. S, (Pomatoceros) corniculata Gr. Fidschi-Inseln, Matuka4 Perichaeta spee. ? Tonga-Inseln, Wawaii. P. subquadrangula Gr. Viti Lewu Revafl. P. spee.? hab.? Luinbricus Kerguelarum G r. Kerguelen, Betsy Cove. L. tongaensis Tonga- Inseln, Wawau. Laetmonice Kbg. Kinborg Ofversigt af Kong. Vetensk.-Akad. Förhandl. 1855. Laetmonice jirodiicta Gr. Oblonga, pallide carnea, tela tomentosa nulla tecta, eljtris al- bidis, segmentis 45 ad 47, nsquc ad 15- tum ferc latitudine crcs- centibus, a 22 -do dccrescentibus, anterioribus mediorum 5-plo, ceteris 6-plo vel 7-plo latioribus quam longis, cute laevi. Lo- bus capitalis triangulus, retrorsum angustior, subtus in lobum crasciusculum trigonum, acuminatum papillosum (tuberculum faciale Kbg.) produetus. Styli oculiferi brevissimi, oculis nigris minu- tis 2-nis. Tentaculum dimidia subtentaculorum longitudine inulto brovius, ut cirri laeve. Subtentacula papillis subtilissimis rigi- dulis densc obsita, segmentum 11-mum attingentia. Cirri ten- taculares teutaculo paulo longiores. Cirri dorsuales longiori- bus spinarum vcntralium plcrumque minus prominentes, articulo basali brevissimo, ventrales a media pharetra Orientes, apicem ejus attingentes. Pharetra dorsualis segmentorum cirrige- rorum simplex, ilabello setarum fortiorum dorsualium et fasciculo inferiore tenuiorum pallidiorum lateraliuni munita, segmentorum vom 13, August 1H77, 513 elytrophororum duplex, altera interior, flabello sctarum fulra- riim fortium, elytra tegente, altera exterior, spinis dorsualibus for- tissimis longissimis fuscis 4 ad 7 fasciculoque setarum tenuiorum laterali munita. Pharetra vcntralis dimidia ventris latitudine longior, spinis 3 longissimis fuscis armata. Setae elytra te- gentes levissime curvatae, Spinae dorsuales dentibus utrinque 4 recurvis glochinoideae, Spinae ventrales apice scopaeformes. Elytra totum dorsum tegentia, niarginem oppositum ejus pacne attingentia^ niagnitudine anteriora et posteriora versus valde decrescentia, utrinque 20, transversa rotundato-quadrangula, mar- gine posteriore maxime curvato, tenera albida, vix paulo pellucen- tia, moUissima, ciUlulis microscopicis repleta, margine exteriora versus satis late tenerrime striato. Orificiuni pbaryngis exsertilis Corona densissima papillarum fiililormium bifurcaruni, apice truncatarum, fasciculatim conjuncta- rum coronatum, maxillarum loco cartilaginibus 4 semiovalibus, latioribus quam altis, munitum, 2 superioribus, 2 inforioribus. Das grösste Exemplar 73 Mm. lang; grösste Breite am Bauch IG Mm., mit Rudern 28 Mm., mit Borsten 41,5 Mm. Die Unter- füliler 13 Mm. lang, verhältnissmässig viel länger als bei den an- dern Exemplaren, aber auch viel dünner. Kerguelen. Polynoe Sav. vgl. Grube Jahresbcr. d. Schles. Gcsellsch. für 1875 p. 60. Polynoe mollis M^^Intosh. Eujiolynoe mollis M^ Intosh, Ann. nat. bist* 4 Ser. XVII. 187G. p. 319. Oblonga, posteriora versus attenuata, albicans elytris albidis, segmentis 37, anterioribus 3-plo, ceteris plerumque 2-plo latioribus quam longis, supra interdum areis 2 ochraceis ornatis, anteriore majore utrinque attenuata, posteriore minore multo minus lata. Lobus capitalis suborbicularis fronte angustiore, processi- bus latcralibus acutis nuUis. Oculi anteriores plus minus mar- ginales prope tentacula paria, posteriores minores ponc medium positi, a margine remoti. Tentacula ut subtentacula cirri- 38* 514 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse que laevia^ snb apicc, colore cretacco, haud tumiüa. T. iinpar usquc ad segnientum 7-inuu) pcrtinciis, articulo basuli brevi, sab- t(^ntaculis cirrisquc tentucularibiis superioribus, aeque longia, paalo minus, iiiterdum inagis prüiuiueiis, paria \ longitudinis ejus, lobo capitali paulo longiora. Cirri dorsuales setas ventrales plerum* quc äiiperaiites, c. ventrales apiceiu pharetrae suae haucl attia- gentes. Pinnae mcdiae <^- latitudinis ventris, posteriores to- tarn latitudinenj ejus acquantes, pbaretrae in processam longuni acutum, apiccm aciculae c nea. Segmenta speciminis mutilati 95, 2-plo latiora quam alta. Lobus capitalis rotundato trapezoideus fronte latiora. Oculi 4, punctiformes nigri, rectangiilo latissimo collocati, anteriores cam posterioribus paene confluentes. Tentacula 2, papillas brevissi- mas rotundatas mentientia, ante oculos posita. Subtcntacuia nsque ad segmentum 8-vnm vel 0-num portinentia, appendice pin- nae 1 - mae cirriformi majore 3-plo fere longiora: Segmentum buccale supra band distinguenduni. Pin nae parium anteriorum 4 prorsus spectantes, p. 1-nii lobo capitali plus dimidio brevior, cum pinna paris 2-di aeque prominens. Ramus pinnarum dor- ßualis ventrali longior, ut bic extremitatem versus dilatatus laci- nia cirriformi acuminata, supra flabellum setarum posita, id tan- gcnte, ramus ventralis papilla rotundata similitcr coliocata or- natus. Lobuli ciliati nuUi. Cirrus ventralis apicem rami ven- tralis vix attingens. Setae rami dorsualis maximo uumerosac siniplices capillares, denticubs teiiuissimis ciliatae, perlongae cur- vatae, r. ventralis superiores rectae, acuminatae, breves, cete- rum similes, ad 4-nas, inferiores compositae, numerosae, appen- dice plus minus longa, articulis longis liiigelliformi. vom 13, Äuyust 1^77, 521 Elytra albida, totum dorsuiu tegentia, rotundato-quadrangula, paulo latiora (juam longa, marginc anteriore recto vel cavato, ex- teriorc leviter convexo, scrie papillarum pinuatarum plcrumque or- nato, stirps papillarum jam a baäi pinnata radiis utrinque 5 ad 8^ tenuissiniis, inferioribiis stirpe vix brevioribus. Länge des vorliegenden nicht vollständigen Exemplars 34 Mm. Breite am Baucb 1, mit Uiideru 2, mit Borsten 3 Mm., Elytren bis 1,4 Mm. breit. Ambüina. Psammolyce Kbg. Psammohjce umhonifera Gr. Semiteres transverse subtiliter ruguloso-striata, pallide carnea splendore sericeo, elytris albis; segmenta speciminis mutilati con- servata 31, subtus 3-plo latiora quam longa, antcriora dorso aU tiore quasi carinato. Lobus eapitalis parvus orbicularis, pinnis paris 1-mi interjectus. Tentaculum filiforme, articulo basali longitudinem^lobi capitcilis superanti subconoideo insidens, setis pin- nae 1-mae protentae vix longius prominens. Oculi haud observati. Pinna 1-ma lobo membranaceo extrorsum decurrente circumdata, eirris tentacularibus 2, (superiore cum tentaculo aeque prominente) lasciculoqui* setarum simplicium munita. Subtcntacula tilitbr- mia complanata, supra quasi suleo exavata, tentaculo multo longiora, margiuem elytri 1-mi anteriorem superantia. Bases elytrorum pa- ris 1-mi plica transversa in processum medium producta conjunctae. Segment um 2 -dum utrinque cirro dorsuali longo instructum. Pin nae (setis neglectis) longitudine dimidiam ventris latitudinem aequantes: pharetra dorsualis humillima quasi nulla, labio su- periore lato rotundato munita, flabello setarum lato, pone pharetram ventralem quoque decurrente munita, ph. ventralis verticalis apicc obtuse triangulo, cirrus ventralis eam vix attingens. Brau- ch iae brevissimae, obtusae, papillam mentientcs. Elytra subcoriacca, transversa rotundato quadrangula, setas usque paene ad apices tegentia, anterioribus 3 exceptis dorsum me- dium liberum linquentia, margine exteriore undulato et posteriore curvato iimbriatis, saperficie papillis microscopicis, haud ita parvis, ubsita, parte central! granulis calcarcis miuimis iucrustata, quasi um- 522 Sitzung der physikalisch-mathematischen KiassB boiiem rcferente. Fimbriue filifornies longissimac, in margine an- diilato ciilmiiia uiidaruni tencntes, G-nae, ccterae Serie contiima procurrentes. Elytroii l-nuim perinagnum, prorsus prodactunii luargine anteriore plica profunda bilobuni, lobuin capitalem partts- qiie vicinas onniino tegcns, paene tota superficie incriistatum. Länge dos iinvolLsfändigen Exemplars von 32 Segmenten 28 Mm., grösste Breite (am 7 ton Segment) 7, grrisste Dicke 4,75 Mni., der Fühler 3, die Untei-rühlcr 4 Mm. lang, der Riickeiicirrus, der am 2ten Segment vorkommt, 2 Mm., die Elytren bis 5 Mm. breit. Atlantischer Ocean. bereis L. s. str. Cuv. vgl. (irube im Jahresber. d. Schles. Gesellsch. Inr 1874. r>' y er eis (Plattjnereis) Eatoni M^' Int. Nereis Eatoni M° Intosh Ann. nat. bist. 4. Ser. XVII. 1876. p. 320. Brevius vermiformis, pallide carnea, solida, segnientis fere 85, anterioribus brevioribns, siipra 4-plo vel 5-plo latioribas, posteriori b US angustioribus 2-plo iatioribus quam longis. Lo^ bus capitalis segmento buccali paulo longior, latitudine -^ ejus aequante, paulo longior quam latus, parte frontali leviter attenoata brcvi. Oculi s Mm., bei einer vorderen Breite von 1,8 Mm. und einer hinteren von 2,2 Mm. ohne die Ruder. Moreton-Bay (Ost- Australien). Exinice Cuv. Emiice complauata Gr. Valde complanata, lata, initio tantum cyliodrata, lucide brun- nea allx)punctata; segmenta speciminis mutilati 100, usque ad 10-mum latitudine crescentia, cetera subacqualia^ illa fere 5-plo, haec 7-plo latiora quam longa. Lobus capitalis longitudine segmonti buccalis, fronte satis profunde biloba. Tcntacula quasi longius articulata, alba, impar usque ad scgmentum 8-vum, me- dia ad 4 -tum pertinentia. Oculi pupilla muniti. Scgmentum bnccale longitudinem proximorum 3 aequans, annulo posteriore l longitudinis totius segmenti aequante. Cirri tentaculares marginem illius anteriorem superantes. Cirri dorsuales brevio- res, a medio corpore longitudine dccrcsccntes, c. ventrales bre- vissimi, inde a pinna 5-ta toro ovali affixi. Setae capillares tenerae «nlbidae, anguste limbatac, ad G-nas, spatulatac tcoerri- mae ad G-nas, falcigerae paulo fortiores 8-nae, appcndicc brevi apice bidente limbato. Aciculae nigrae, initio l-na, a scgmento 28 -vo 2-nae, inferior hamata. 39» 530 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Braiicbiac brcvcs, summum ^ latitudinis dorsi attingentes, a piuna 19-nia usque ad postrcmam observatae, prioribus simpli- cioribus 6 exccptis plerumque radiis G munitae, iuitio cirro dor- suali breviorcs, tum loiigitudine oi aequales, cetcrae inde a 25-U eo longiores; radli apiccni versus minus decrescentes , infimi loDgi- tudiiic rhachis vel longiores. Das allein vorliegende unvollständige Exemplar hatte 100 Seg- mente und eine Länge von 72 Mm. und am Mundsegmeut eine Breite von 5, am 22sten Segment von 5,2, am GOsten von 7^5 Mm. Der unpaare Fühler ist 5 Mm., die Rückencirren höchstens 2, die Kiemen höchstens 3 Mm. lang. Timor. Eunice dilatata Gr. Pallidc carnea, leviter iricolor, posteriora versus valde com- planata; segmenta animalis mutilati 100, anteriora longiora angustiora, 3-plo et 4-plo latiora quam longa, sensim latitudine c.roscentia, posteriora inde a 52-do brevissima, latissima^ 17-plo latiora quam longa. Lobus capitalis segmento buccali paulo brevius, fronte profunde biloba. Tentacula omnino laevia, im- par usque ad segmentum 4 -tum, media usque ad 3-ium perti- nentia. Oculi nigri. Segmentum buccale longitudine proxima 3 aequans, ^ latins quam longum. Cirrl tentaculares obtasi, mar- ginem anteriorem ejus haud attingentes. Cirri dorsnales aca- minati, sensim longitudine decrescentes, anteriores Ulis paulo longiores, ventrales perbreves toris late ovalibus. Setae capil- lares flavae angusto limbatae, ad 5-nas, falcigcrae 8-iiae falce brevi limbata bidente, scalpratae tenerrimae ad G-nas, aciculae nigrae pinnarum anteriorum l,a pinna 28 -va 2-nae, inferior hamata. Branchiae a pinna 19-ma usque ad postremam conser- vatarum patentes, brevcs, lineam dorsi mcdiam rainime attingentes, priores simpliciores, 7-ma et ceterae pectiniformes radiis G, plerumque rhachi brevi longioribus, a 9-na cirris dorsualibua lon- giores. Maxiila paris 2-di dextra dentibus 4, sinistra 3 armata, maxilla paris 3-ii dextra denticulis G, sinistrarum altefa 4 cre- nata, altera simplex. Länge dos vorliegenden unvollständigen Exemplars 72 Mm., vom 13, August 1877, 531 Breite anfangs 5, am 22stcn Segment am Bauch noch 5,2, mit Rudern 7,5 Mm., am GOsten Segment 8 und 10 Mm., der unpaare Fühler 6, die längsten Kiemen 3 Mm. lang. Timor. Lumbriconereis Blv. Ehl. Luml/riconereis magalhaensis Kbg.? Longius vermiformis semiteres, minime splcndens et iricolor, Segment is fere 170, usque ad lO-mum citius, inde usque ad tri- entem corporis medium sensim tantum latitudinc crescentibus, tri- rntis posterioris decrescentibus, anterioribus fere 4-plo vel 3- plo, posterioribus 2-plo latioribus quam longis. Lobus ca- pitalis paulo latior quam longus, crassus semiovalis, ad basin Ic- viter eoarctatus, fronte non acuminata. Scgmentum buccale eo paulo brevius, 2-pla 2-di longitudine, annulis 2 aequalibus compo- gitum. Pharetrae setarum per se brevissiraae \ fere, anterio- res -J latitudinis corporis acquantes, paene aeque longae ac latae, Jabio anteriore paene nullo, posteriore brevissime digitiformi. Se- tac tenerae simplices et falcigerae, falcigerae summum 5-nae, Solls in pharetris anterioribus 17, capillares in anterioribus 80 observatae, initio 4-nae (raro 7-nae) sensim pauciores, leviter cur- vatae, sub apice perlongo angustc limbatae, inde a scgmento 18-vo longissimae 2-pla fere falcigerarum longitudine, dimidiam corporis latitudincm attingentes, uncinutac a pinna 18 -ma usque ad po- strcmam patentes, ut falces bidentcs limbatae. Maxillae paris 2-di (scu principales), quoad videre licuit, dentibus 4 armatae, paris 3-ii et 4-ti in apicem simplicem ex- euntes. Länge an 63 Mm., grösste Breite (im mittleren Drittheil) 2,3, mit den Köchern fast 3 Mm., Breite am Mundsegment 1,1 Mm. Kerguelen. Die Beschreibung von Lumbriconereis magalhaensis (Kinberg ÖtVers. af K. Vetensk. Akad. Förhandl. 1864 p. 168) und die Ab- bildung (Fregatt. Eugen. Resa Annul. Tab. XVIII. Fg. 35) stim- men ziemlich mit unserem Thier liberein, nur kann ich den Kopf- lappen nicht kuglig nennen, an einem zweiten zerstückelten Exem- plar ist er es noch weniger und länger als breit, die Sichelanhänge 532 Sitzung der phi/sIkaUsch-mathematt selten Klasse ünde ich scliinälor, und es ist mir auffallend, dass Kinberg nicht der Glnnzlosigkeit der Haut und der sehr langen Haarborsten ge- denkt. Lnmhriconereis amhoinensis G r. Linearis, anteriora versus pauk) crassior, pallide carnea, levi- ter irioolor; segmenta speciminis mutilati 130, anteriora fere 15 3-pl<>, proxinia 2-plo, media et posteriora alterum tantiim latiora quam longa vel breviora. Lobu?^ r.apitalis trianguliis acutus, minus tumidus, aequilaterus, segmentis proximis 2 pauIo longior. Segnientum buccale 2-do pauIo longius annulis aequalibus, po- steriore latitudinem Inbi capitalis superante. Pinnae, anterioribus 2 exceptis, satis prominentes, longitudino (labiis negloctis) -^ ad y latitudinis ventris aequantes, labiis 2 satis discedentibus; labia pin- Uc'irum anterior um longiora. anterius modo brevius, subovale, mo- do eadem longitudine cum posteriore digitiformi. posterius, si produc- tum, pharetra longius. Pinnae setas solas uncinifornies geren- tes labio anteriore paene nulio, posteriore brevi munitae. Setae pinnarum anteriorum 20 capillares et falcigerae: capillares ad 4-nas longissimae limbatae, leviter curvatae, interdum 3-plici labii posterioris digiliformis longitudine, una sinuata, falcigerae 4-nae vel 3-nae falce bidente longiuscula limbata, setue pinna- rum proximarum 20 capilhires (una brevior) et unciniformes 3-nae, unco bidente limbato, s. ceterarum unciniformes 3-nae. Maxillae paris 2-di. quoad videre licuit. dentibus 4 armatae, paris 3-ii et 4-ti simplices. Länge des vorliegenden unvt)llständigen Exemplars 50 Mm., Breite vorn fast 1. hinten nur O.G Mm. Amboina. G 0 n i a d a A u d . & E d w. Goniada nnujoettsis Gr. Ex pallide earneo margaritacea splendidula, leviter iricolor, parte dorsi media a lateralibus seposila; s 543 Ascension. Das betreffende Exemplar weicht von dem im Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft beschriebenen, von Upolu herstammenden in der Zahl der Kronpalccn und Kiemen ab, ist aber nicht im besten Zustande. Phyllocomufi Gr. nov. gen, Ampbareteorum familiae. Corpus vermi forme, sectione anteriore fasciculis setarum torisfjue uncinig(;ris munita, posteriore pinnulas uneinigcras fe- ronte. Lobus capitalis Simplex, latus. Tentacula haud obser- vata. 8egmenta anteriora 2 nuda, 3-ium et 4-tum branchi- feni, ut 5 -tum utrinque solo fasciculo setarum instructa. Bran- chiao f()liacea(; apice longo attenuato. PhijUocomus crocea Gr. Crocea, producta, sectione anteriore, scgmentis 17 com- posita, breviorc quam posteriore, segmentis 45, longitudine et lati- tudine valde decrescentibus, constante. Lobus capitalis trans- versus rotundato quadrangulus, latitudinem scgmenti buccalis paene adacquans, simplex, satis firmus, supra quasi cavatus; tentacula nulia. Segmentum buccale supra bre vi us subtus semiellipticum longitudine illius, areola ovali ad marginem anteriorem, fortasse ori- ficio quoque organi secretorii munitum, 2-dum supra buccali lougius, subtus brevius. Segmcnta proxima 3 ceteris paulo breviora, utrin- que fasciculo setarum 1, 4-tum et 5-tum sub co toro adumbrato mu- nita, 3-ium et 4-tum branchifera. Fasciculi setarum utrinque 15, pharetra depressa, anteriores 3 minores, tori uncinigcri transversi, angusti, haud ita tumidi, pharctras paene attingentes, utrinque 12, a segmcnto 6-to incipientes. Pinnulae sectionis posterioris appressae truncatac, margine superiore lobulum minu- tum ferentes. Setae capiilares apicem versus vix curvatae, au- guste limbatae, flavae splendentes, plus 12-nac. Uneini pectini- formes dentibus 5. Branchiae utrinque 4 dorsuales, permagnae, prorsus spec- tantes, foliaceae quasi lanceolatae Stria media longitndinali lineari splendente, basi lata, anterior segmento d-io, posteriores in [1877J 40 544 Sitzung der physikalisch-mathematiichen Klasse apicem loiigiorem productae, marginem frontis multo superaDtes, 4-to affixae, areola dorsuali, cuique propria, Orientes, areolae posteriora versus magiiitudiue crescentes, postrema segmentam 5-tuiii attingeus. Brauchiae posteriorum interiores cete- ris latiores, sese paene taugentes, area dorsi triangula interjecta, branchiae anteriores breviores, minus acuminatae, latius in- ter se distantcs. Länge 83 Mm., grösste Breite 7 Mm., Dicke 6,3 Mm., die vor- dere Leibesabthcilung bis zum letzten Borstenbündel 32 Mm., die hintere 31 Mm , die längste Kieme 7 Mm. lang und 2,5 Mm. breit. Zwischen den Crozets und den Kerguelen, 47° 15,5' S. Br. 70° 47' O. L. Thelepus Leuck. Mgn. (s. ampL Gr.) TerebeUa aucL e. p., Neottis Mgn., Phenacia Qfg» Branchiae utrinque 2 vel 3, filis simplicibus compositae, dorso segmenti 2-di et 3-ii vel 4-li quoque affixae. Fasciculi setarum a segmento 3-io incipientes utriuque 17 vel plus 17, scries unci- norum transversi ubique simpiiccs. Cetera cum TerebeUa genere consentientia* Thelepus M^ Intoshi Gr. Neottis antarcUca M^ Intosh. Ann. nat. bist. 4. Ser. XVII. 187G p. 321.») Vermiformis, anteriora versus minus tumida, rotundato - tetrago- na, ex griseo subfusca, altitudine initio latitudinem paene aequante, *) Da die Gattungen Thelepus Lciiek (char. cmend. Mgn.) und Ntot- tia Mgn. sich bloss dadurch unterscheiden, dass jene 2, diese 3 kiemen- tragende Segmente besitzt, so erachte ich dieses Kennzeichen nicht für hinreichend zwei Gattungen aufzustellen. Wohl aber halte ich es für er- forderlich, beide zusammengezogen als Gattung Thelepus (welches der ältere Name ist) den eigentlichen Terebellen gegenüber zu stellen, w^eil dort die Haarborsten nicht wie bei letzteren am 4ten, sondern schon am Sten Seg- ment beginnen, die Querreihen der Uakenborsten auch schon an den 6 auf vom 13. Äugu8t 1877, 545 Bensini decrescente; segmenta fere 79, anteriora (fere 20 vel plura) subtus plcrunique 3-plo latiora quam longa, pariete lateral! incrassato munita, saepe areolato vel tumido, dorsam aequum mar- ginante, toros uncinigeros humiliores amplectente, pariete ventrali similiter areolato in lateralem trauseunte vel transverse minus dense sulcato, segmenta posteriora angustiora, sensim alterum tan- tum, postremo paulo tantum latiora quam longa, supra et infra trans- verse sulcata, interdum longiora quam lata. Lobus capitalis scmicircularis. Segmeutum buccale pone tentacula utrinque punctis ocularibus numcrosis munitum. Tentacula maxime nu- niorosa plus 80^ sulco minus expresso, longiora segmenta fere 29 acquantia. Pbaretrae setigerae utrinque 31 ad 39, a segmento 3-io incipientes, obtuse triangulae margine inferiore rotuudato, tori uncinigeri a segmento 5-to incipientes, humillimi, initio a pbaretris satis distantes, aeque lati vel latitudine paulo cresccntes, inde a t. 13 -io fere decrescentes, pbaretras appropinquantes, a to- ro 24- to fere eas attingentes, valde imminuti, postremo pharetris paulo tantum latiores, semper laterales. Setae capillares fla- vae haud limbatae, ad 20-nas, distickae, alterae breviores tenuiores curvatae, alterae fortiores longiores, leviter sinuatae. Uncini mo- nostichi, maxime numerosi, aviculares. Brancbiae segmento 2-do, 3-io, 4-to affixae, ex serie filo- rum transversa constantes, anteriore duplici^ cum opposita inter- dum confluente, ultra pbaretras descendente, ceteris seriebus simplicibus minus latis, utrinque paulo inter se distantibus; fila brancbialia simplicia, longitudinem segmentorum 3 aequantia, raro superantia, lenitcr undulata, interdum cincinnata, raro in spi- rae modum contorta, dimidia fere tentaculorum crassitudine, serie- rum posteriorum ad 12 -na. Das einzige vollständige Exemplar war ein kleineres stark contrabirtes von etwa 50 Mm. Länge und einer grössten Breite von 4 Mm., die Kiemenfäden waren ungefähr 2 Mm. lan^. Allen das 4te folgenden Segmenten einfach und die Kiemen nicht verästelt sind, sondern aus einfachen neben einander sitzenden Fäden bestehen. Da nnn aber Kinberg bereits einen Thelepua aniarcticua aufgestellt hat, der mit Neottia antarcticua M*^ Int. nicht zusammenfällt, so dQrfte es sich empfehlen, letztere Art um zu taufen und nach ihrem Beschreiber zu nennen. 40' 54G Sitzung der ithy^ikalisch-mathemathischen Klasse andern fehlte die hintere Partie, meist auch fast alle Fühler. Ein auffaUond hmges gestrecktes in einer dünn- aber festwaiidigen Röhre enthaltt^nes mass nicht weniger als 293 Mm., hatte aber nur etwa 60 Segmente. Einzehie Exemplare, denen die wulstigen Fei- derchen der Seiten- oder auch der Bauchwaud fehlten, hielt ich anfangs für eine andere Art, doch konnte ich sonst keine durch- greifende Unterschiede wjihrnehmen. Kerguelen. Terehell a L. Sav. Terehella (Amphitrite) kenjuelensis M*^ Int. AmphUrite kerguelen sin M^'lntosli. Ann. nat. hist. 1876. p. 321. Vermiformis, rotundato tetragona, antcriora versus incrassata, minime tumida, dorso transverse striato utrinquc vitta incrassata, usque ad segmentum IG-tum procurrcnte, marginato, colore pallido; segmenta plus 50, anteriora brevia arcta 4-plo, tum 3-plo latiora quam longa, inde u 14- to latitudine decrescentia, longitudiac crescentia, * fere alterum tantum latiora quam longa, 29-mum et proxima 2 -J longiora quam lata, cetera sensim breviora, angustiora, a 27- mo dimidio fere latiora quam longa. Segmentum 2 -dum, 3-ium, 4- tum branchifera, utrinque lobo magno dilatata, postre- mo niaximo jam a fasciculo setarum incipiente, supra latiore, ce- toris dimidia ejus altitudine, semicircularibus, humilius iusertis. Lobus capitalis semiovalis margine infero reflexo in plicam ten- tacula ferontem transeunte. Tentacula nonnulla tantum conserva- ta, brevia crassa, sulco minus profunde cxarata. Scuta ventral ia distincta 10, a segmento 4-to incipientia quadrangula, priora al- terum tantum, posteriora dimidio latiora quam longa, postremum perangustum. Pharetrae setarum utrinque 17, latae, subtrun- catae, a segmento 4-to incipientes. Setae Üavae, Serie duplici dis- positae, rectae vel leviter curvatae, alterae fortiores, longiores, alterae minores. Tori uncinigeri a segmento 5-to incipientes, latissi- mi, scutis ventralibus dimidio latiores^ sensim magnitudine decrescen- tes, spatiis interjectis majoribus. Uncini tororum anteriorum 6 Serie simplici, ceterorum duplici coUocati, aviculares. vom IS. Avgnst 1S77, 547 Branchiae utrinqiie 3 fasciculosac quasi semipinnatao, trun- CO brevissimo crasso, secundum margincm interiorera seriem filoriiin simpliciuni densain niittente: fila trunco multo longiora, longitu- dineni scgmontorum 4 attingentia. Ein beinahe vollständiges P^xemplar von 198 Mm. Lange und einer grössten Breite und zwar an den vordersten Segmenten von 10 Mm. hatte 49 Segmente, von denen die längsten mittleren 7 Mm., die hintersten 4 Mm. massen. Kerguelen. Terehella (Loimia Mgn.) ochracea Gr. Brevius vermiformis parte anteriore tumida, rotundato - tetra- gona, posteriore, inde a sogmento 16 -mo, valde attenuata semite- reti; segmenta speciminis mutilati 43, subtilissime dense trans- verse striata ochracea, a lateribus circa toros uneinigeros ochra- ceos pallide olivacea, latissima (10-mum et proxima), subtus 3- plo, anteriora perbrevia 6-plo, posteriora 2-plo fere latiora quam longa, omnino ochracea. Segmenta 3 anteriora lobis laterali- bus dilatata; lobi oblique semicirculares, utrinque 2, anterior sub- tus cum opposito taenia angusta conjunctus, soli segmento 1-mo ad- dictus, posterior, paulo major, segmento 2-doet3-io communis, basi oblique decurrente. Scuta ventralia lata rcctangula, 2-plo fere latiora quam longa, a segmento 16-mo desinentia, postrcma 2 longiora quam lata. Pharetrae setarum utrinque 17, a sog- mento 4-to incipientes, breves, conicae, tori uneinigeri ante- riores, a segmento 5-to incipientes, tumidi, scutis ventralibus paulo minus lati, postremi 4 utrinque sese paene tangentes, posterio- res a segmento 20- mo omnino ventrales, multo minores, 3-pla latitudine inter se utrinque distantes. Setae splendidissimae plus 12-nae, et tenuiores, apice obliquo, anguste limbato, et multo for- tiores rectae, fragilissimae. Uncini pectiniformes dentibus 5. Branchiae utrinque 3, segmento 2-do, 3-io, 4-to affixae, magnae ochraceae, ramosae ramis longis suffruticosis, ramulis ter- minalibus brevissimis, 1-ma ceteris paulo major. Länge des vorliegenden unvollständigen Exemplars 43 Mm., grösste Breite 8,5; am Bauch 4,3 Mm., grosste Dicke G Mm., die 548 Sitzung der physikalisch-mathematiscJien Klasse längste Kieme 4.5 Mm. lang^ die breitesten Bauchschilder 5.8, die breitesten Tori 3,4 Mm. breit. Nordwest- A ustralicn (Meermaidstrasse). Terehella (Phyzelia) hilohata Gr. ßrevius vermiformis, pallida, parte anteriore ro tun dato - tetra- gona tuniida, posteriore a segmento IG-mo subtereti atteuuata. segmentis 61, anterioribus subtua 5-plo fere vel 4-plo, me- diis (per sc longioribus) alterum tantum latioribus quam longi^, posterioribus siniilibus, scd per se brevioribus. TentacnU fere 40, longiora segmentum 17-nium attingentia vel superantia. Lob US capitalis somicirculatus. Segmentum buccale utrinqne Serie punetorum ocularium brevi munitum. Segmentum 2-duui et3-ium branchifera, 3-ium lobo lateral i rotundato, haud ita lata. prope pharetram 4-ti incipiente, ad ventrem descendente instruc- tnni; lobus membranacciis pellnccns, striis albis a basi ad margiuem exteriorem vcrgentibua ornatus. Scuta ventralia ad segmentum 16 -tum desinentia, longitudine crescentia, latitudine decrescentia, anteriora 3-plo latiora quam longa, 10-mum jam quadratniu. Pharetrae setarum 17 a segmento 4-to. tori uneiniger! a 5-to incipientes. Setae capillaros apico leviter curvato, anguste limbato. Tori uneiniger! latitudinem seutorum ventralium paeue attingen- tes vel adaequantes, sectionis posterioris laterales tumidi, haud in pinnulas mutati. Uncini aviculares. Branchiae utrinque 2 fruticosae, stirpe brevi 3-partita, rami breves ramulos breviorcs paucos mittentes, ramuli minus compositi, in apicem saepe tricuspidem exeuutes. Länge 23 Mm. (die vordere Abiheilung des Leibes 9, die hin- tere 14 Mm.), Breite und Dicke am Tten Segment 2,3 Mm., die vordere Kieme 1,2 Mm. hoch. Maghalaensstrasse, den 12ten Februar 1877 auf 60 Faden Tiefe gefunden. Sahella L. Suv. Sahella costulata Gr. Paulo coniplanata, pallida; segmenta speciminis mutilati 15 tantum conservata, sections anterioris 8, supra sulco longitu- V(m 13. August 1877. 549 dinali munita, subtus biannulata, fascia transversa vix incrassata, quasi costula, minus paliida ornatä, subtus paenc 3-plo, s. poste- rioris 2-pIo latiora quam longa, longitudine per se majore subtus sulco longitudinali bipartita. Sectio corporis anterior alterum tantum longior quam lata. Collare satis altum, parte basali supra paeno usque ad segmentum 3-ium expansa, cum pa- riete dorsuali connata, subtus aream triangulam marginante, utrin- que bilobum, incisuris minime profundis, lobis ventralibus angustis- simis. Scuta ventralia minime expressa. Pharetrae setarum sectionis anterioris in lobulum exeuntes; setae flavae, band ita tenerae, leniter curvatae, anguste limbatae, fragiles. Tori un- ciuigeri sectionis anterioris minime tumidi tenues, aeque lati, posterioris tumidi, eadem latitudiue, omnino laterales. Uucini monostiebi avicularcs ad 50-nos. Brancbiae aequales albae, utrinque orbem efBcientes, longi- tudine segmeutorum 12, lamina basali humillima, collari omnino tecta, fila brancbialia longe barbata quasi lanosa, utrinque 17, parte infima tantum membrana conjuncta, basi rbachis satis crassa, apice nudo brevissimo, radioli rbachis mollissimi, flexiles, maxime infra partem extremam longissimi. Praeterea fila nuda breviora tenuiora utrinque ferc 9 observata. Laciniae tentaculares branchia- rum liand obscrvatae. Länge des einzigen sehr unvollständigen Exemplars ohne die Kiemen 22 Mm., des vorderen Leibesabschnittes 10 Mm., grösste Breite 4, Dicke 3 Mm., Halskragen 2 Mm. hoch, Polster der Un- cini der hinteren Leibesabtheilung 1,5 Mm. breit, Länge der Kie- men 19, der nackten Endspitze 1, der längsten Bärteichen 3 bis 4 Mm. Die oben beschriebenen Querbinden an der Bauchseite der vorderen Segmente könnten im Leben braun oder violett gewesen sein. Kcrguelen. Sdbella torquata Gr. Brevius vermiformis panlo complanata, ex luteo carnea vitta lata ventrali fusco-sangninea ab initio sectionis posterioris usque ad postremum decurrente, collari violaeco, branchiis violaceo et cretaceo-albo fasciatis, segmentis fere 144, sectionis anterioris 8, subtus 5-plo fere latioribus quam longis, posterioris arctioribus, 550 Sitzung der pJiysikalisch-mathemcUischen Klasse latitudine et longitudine sensiin decrcscentibus, initio G-plo, postre- Ulis forc 11-plo latioribus quam longis. Sectio corporis an- terior pacne ^ longior quam lata. Collarc humiHiinuin inte- grum, annulum moutirns, vix bnsin laminae branchialis iiifimaiD tegens. Scuta vtMitralia 2-plo tVn» latiora quam longa, sectio- iiis poBtmoris sulco longitudinali bipnrtita. Pharctrae setarnm brevissimae. Setae fragiles, soctinnis anterioris flavae forti«»- res, cujusque pbaretrae duplicis geiuTis, altcrae apico panlo sinuato angustius limbato, altorae rocto teiiuissimo brevi, ex disco orbica- lari prodeunto, s, sectionis posterioris alterae paleis aimiles, alterat» longissimac», tenorrimai» lineares decolores 2-Dae. Tori unciiiigcri sectionis anterioris tumidi, toris postcrioris alterum tantuni latiores. Uncini monostichi, aviculares, parte basal! pro- ducta. Branchiae aequales, utrinquc semiorbem efficientes, longitu- dine segmentorum fere 25, | lere corporis aequanles, lamina basali satis alta, ^ longitudinis branchiae aequante, violacea, fila branchia- lia utrinque 10, paeno ae(pie longa, dimidio inferiore mcmbrana conjunct;f, violace;), fasciis albis 5, apicem versus angustioribus, urnata, barbata, rhachi rigida, apice nudo brevissimo, barbulis subrigidis, longitudine crassitudinem rhachis 5-pIo fere superan- tibus. Länge 22 bis 24 Mm. ohne die G Mm. langen Kiemen, grosste Breite mit den Köchern ohne die Ror^!iten 2 Mm. Westafrica; der Fundort ist nicht näher angegeben. S er p lila L. Sav. Serpula (s. str, FliiL) pata^jonica Gr. Brevi US vermiformis gracilis, aequalis parte brevi postrema tantum repentc attenuata, comphmata, setis barbata, Segment is fere 90, sectionis anterioris 7, fere 3-plo, proximis 2-plo tantum vel 3-plo latioribus qvuim longis, postn^mis brevissimis rugiformi- bus. Sectio corporis anterior dimidio longior quam lata, lo- bis mcmbranae pallialis angustis, parte collari j- longitudinis sectionis superante, margine anteriore trilobo, laminam brancliiarum basalem tegentc, lobo vcntrali celeris latiore. Setae sectionis vom 13. August 1877. 551 anterioris capillares, haod limbatae, leviter curvatae ad 20-na8, s. fasciculi 1-mi differentcs dorso insertae, leviter lineam dorsi niediam versus vergentes, ceteris multo fortiores, geniculatae apice longo, ad genu dentibus validis 2 armatae, 9-nae. Setae sectio- nis posterioris oblique scalpratae, vix prominentes ad 7-nas, segmentorum postremorum ferc 20 longae, lineares, 3-nae, Un- c i n i aviculares. liranchiae aequales utrinque orbem efficientes, \ fere longi- tudinis corporis aequantes, lamina basali paulo adscendente. Fila branchialia utrinque 26, longitudinc paulo deercscentia, parte infinia tantum membrana conjuncta. Stylus operculifer dexter, muticus sinister. Operculum a style sepositum infundibuliforme, CO y brevius, haud ita expansum, extus et intus sulcatum, deuticu- lis fere 30 ad 50 brevibus obtusis crenatum. Tubus erectus leniter flexaosus^ albus, teres, plus minus distincte annulatim striatus, varicibus annularibus crassis laevibus, ter vel quatcr repetitis, longius inter se distantibus ornatus, soli- tarius vel plures conjuneti. Mir lagen nur ein paar jüngere 20 bis 24 Mm., mit den Kie- men 25 bis 30 Mm. lange und 2 Mm. breite Thiere mit ihren Röhren, aber leere Röhren von viel grösseren in ansehnlicher Zahl vor. Die längsten derselben massen 4,4 Mm. in der Dicke, an den Anwachsringen 7,5 Mm. im Durchmesser und 86 Mm. in der Länge, ohne ganz vollständig zu sein. Die Anwachsringe standen zuweilen 19 Mm., meistens aber nur 9 oder weniger aus- einander. Patagonien, 60 Faden; Kerguelen. Serpula (Pomatoceros) comiculata Gr.? Jahresber. d. Schles. Gesellsch. für 1861 p. 66. Colore carneo; segmenta speciminis mutilati fere 31, sectionis anterioris (paulo latioris quam longioris) 7.J-plo fere, posterioris brevissima, 10-plo latiora quam longa. Collare humile bilobum, utrinque plica lata iterum divisuni, striis albis longitudinalibus or- natuni. Lobi raembranae pallialis anteriora versus lineam dorsi niediam attingentes. Segmentum corporis primum subtus 652 Sitzung der phyiikaUsch-mathematischen Klasse pnpillis ininimis albidis obsitum. Fasciculi setaram sectinou anterioris lati aurei, iitrinque G obscrvati, setae fortes capilUres, supra levitor curvatae, angiistissiniü limbatae, ad 40-nas. Segmenti scctioiiis posterioris anteriora nonnulla setis nuda, setae s. cete- rorum tenerrimae decolorcs oblique scalpratae, ad 7-na8. Unciai 2>octinilV)rmos, ilontibus 6. l^raiichiae noqualos, spira gyrorum 5 adscendentes, lamioa basalis liiiniilis, gyri l-mi (;t 2-di taeniä torosä 8eparat«1; fiU branchialia inaxinie nuinerosa, breviter barbata, apice nudo bre- vi, gyri l-mi plus 30, paene \ lougitudinis membrana conjuncU. Stylus operculiiVr minister, supra brancbiam oriens, latus sab- tu8 carinatus, parte superiore (plus |- totius longitudinis aeqaante) nionibranä ejusdem latitudinis. supra rotundatn alatä, striis longi- tudinalibus albis ornata. Discus operculi leviter cavatas ambita ovato, unibonc ceutrali lato bumillimo, in laniinas 2 breves, poste- riora versus spectaiites, 3 - dentcs producto. Länge des hier beschriebenen sehr unvollständigen Exemplars ohne die Kiemen 10 Mm., der vorderen Körperabtheiiung bis zum Ende der Mantelhaut 5,5 Mm., bei einer Breite von 4 Mm., mit der Mantirlhaut 5.5 Mm., Länge der Kiemen IG Mm. Da.s früher von mir beschriebene Exemplar von Serjmla cor- vicnlaia unterscheidet sich dadurch, dass der Deckel im Verhält- niss kleiner ist, die obere geflügelle l^artie des Deckelstiels etwas weniger als die Hälfte der ganzen Länge beträgt, die getüpfelte und gestreifte Zeichnung der oben erwähnten Theile nicht bemerkbar ist und die Spira der Kiemen nur vier Umgänge macht. Die Jiöhn^ ist von keinem der beiden Exemplare bekannt, die Identität beider also noch nicht entschieden. Lumbricus L. (s. str. Hoff mann). Lumbricxis Kergiielai'utn Gr. Brevius vermiformis, teres, flavido - carneus segmenti s 02 simplicibus^ sectionis anterioris (i.e. ante clitellas sitae) 6-pIo, posterioris initio 8-plo, tum 4-plo latioribus quam longis, po- stremis repente attenuatis, linea alba vix elata bipartitis. Lo- hns capitalis brevis. aiigulo obtuso e quadrante segmenti buccalis vom 13. August 1877. 553 anteriore ortus, fronte latius rotundata. Clitellae tumidae, seg- mentis 4 supra omnino coalitis compositae, a 13 -mo incipientes. Segment um 17-mum et 10-num subtus iitrinque papilia 1 pe- culiari forti couica dura munita. Setae tenues liyalinae apicc vix curvato, singulac, utrinque seriebus 4 aeque distantibus dispositac. Länge 47 Mm., grosste Breite am IGten Segment 3,5, am Mundsegment 1,8, kurz vor dem Körperende 2 Mm. Kerguelen; auffallend durch den weit nach vorn gelegenen Gürtel und die beiden harten Papillen unter dem ITten und lOten Segment. Lutnbricus tongaensis Gr. Hrevi», parte anteriore, segmentis 11 constantc, tereti carnea robustiore, posteriore flavescente subpellucente subtus plana, ex- tremitate rotundata, clitellis jam a segmento 12 do incipientibus, a 18-mo desinentibus, pallide ochraceis, segmentis 111, partis anterioris 5-plo fere, posterioris 6-plo vel 7-plo latioribus quam longis, per se brevioribus quam illis, mauifestius bianmilatis. Lob US capitalis parvus, transversus quasi semiovalis, margine posteriore obtusangulo in segmentum buccale intrante, -^ latitudi- nis^ ^ longitudinis ejus adaequans. Segmentum buccale 2-pla 2-di longitudine. Setae geminae, utrinque distichae, decolores, apice vix incurvo, aegre distinguendae, ordinibus 4 aeque inter se distantibus. Clitellae segmentis 7, subtus tantum di- stinguendis compositae, sub 16 -to et 17-nio papillis 2-nis brevis- siniis munitae, pari utroque area minuta transverse ovali circum- dato. Länge 26,5 Mm., Breite am 6ten Segment (Maximum) 2,5 Mm., am Gürtel fast eben so gross, Gürtel etwas länger als breit. Von den Tonga-Inseln; auffallend durch den so weit nach vorn gelegenen Gürtel, nur in 1 Exemplar vorliegend. Perichaet^i Seh mar da. Perichaeta suhquadrangula Gr. Longius vermiformis, a medio posteriora versus ro'tundato quadranguia, postremo teres, fusca, minime pcUucens, splendore violaceo et viridi exccllens, cingulis sctigeris albidis, segmentorum bbi Sitzung der pInjsikalhch'mathemaUschen Klasse anterioruui 12 et postn^morum 9 crassioribiis elatis, ceterorum lae- viöäimoriiiii HnearibuA, nitentibus; scgmentis 111, anterioribos 6 costiilas lüiigitudinales numerosas forentibus 3-plo et 2-plO} proximis per so iongioribus alterum taiitnm, pone clitellas si- lis 3-plo lutioribus (juaru longis. Clitellae (haud tumidae) pal- liüiiiü unibrinae segmentis 2 coalitis (14- to et 15-ito) constantes. Aperturac genitaliuin poriqiu; doräiiales haud observata. Setae scgmcntorum sectioiiis antorioris et postremorum 36*iiae ad 40-Das, ceterorum ferc 40-nae ad 60-Da8. Länge 110 Mm., Breite 5 Mm., am Mundsegment 2 Mm. Viti Lewu Revafl. In dtMu Verzcicliniss der von der Oazelle mitgebrachten An- neliden, welches diesen Beschreibungen neuer oder wenig bekann- ter Arten vorausgeschickt ist, beündcn sich einige, die ich bei meinem jetzigen Material zur Vergleiehung von europaischen nicht zu unterscheiden vermag und statt deren ich vielmehr solche er- wartet hatte, die jenen namentlich den nordischen correspoiidiren. Diese Arten, auf die ich deshalb besonders aufmerksam mache, sind folgende: Hermiune hystrix Sav. von der Soletonbank, Chae- topteruH rariopedatus Ren. und TerebelUdes Stroemii Sara von der Maghalaensstrasse, Ariacavia proboscidea Mgn. und Arenicola pts- caiorum Cuv. von den Kerguelen. Letztere habe ich als Varietät bezeichnet, weil ich an den meisten kiementragenden Segmenten nicht 5, sondern nur 4 Ringel erkennen kann, das untersuchte Exemplar ist übrigens schlecht erhalten und wie bei vielen der vorliegenden Arten nur ein einziges. Verbesserung. S. 511 Z. 11 von oben lies Kerguelarnm statt k'ertfncfanwi; 7j, 7 von unten lies hilobata statt quadr'dobata. vom 13. August 1877. 553 Hr. W. Peters legte ferner eine neue merkwürdige Art von fliegenden Fischen, E.tocoetus cirriger, aus China und einen neuen Muraeniden, Ophichthys bitaeniatus^ aus Mombas, vor. Unter einer Sammlung von Gegenständen, welche ich der Giite des Hrn. Dr. Schetelig verdanke, befindet sich eine merkwürdige Form der fliegenden Fische, welche bisher noch unbeschrieben zu sein scheint und welche ich mir daher erlaube vorzulegen. Sic gehört zu denjenigen Arten, bei welchen nicht allein die Brust-, sondern auch die Bauchflossen verlängert sind, der zweite Strahl der Brustflossen zweispaltig und der dritte Strahl derselben Flosse (^twas länger als der vierte ist. Sie schliesst sich daher in der vortrefflichen Übersicht der Arten der Gattung ExocoeltiSy welche Hr. Dr. Lütken neuerdings {Vidensk. MeddeL naturh. For. 187(5. p. 389 fgg.) gegeben hat, durch die meisten Merkmale dem E, für- catus und comaius zunächst an, unterscheidet sich aber von allen durcli viele Bartfäden. Da das vorliegende Exemplar schon ziem- Hell gross ist, dürfte es zugleich den Beweis liefern, dass das Vor- kommen von Bartfäden nicht als Zeichen des Jugendzustandes zu betrachten sei, wie angenommen wurde (cf. Cat. Fishes BriL Mus, Günther. VI. p. 278). 1. Exocoetus cirriger n. sp. (Taf. Fig. 1.) D. 13; A. 12; P. 13; V. 1,5; C. 7/13/7. L. lat. 53. Höhe zur Länge wie 1 : 10, Kopflänge zu derselben wie 1 : 6. Der Unterkiefer überragt conisch die Zwischenkiefer und ist von einer herabhängenden Haut umfasst, welche in 16 bis 18 Tentakel- fäden ausgeht. Die Brustflossen reichen bis ans Ende der Basis der Rückenflosse; ihr erster Strahl ist mehr als halb so lang wie der zweite, welcher sich dichotomisch theilt. Die Bauchflossen, welche hinter der Körpermitte entspringen, erreichen die Basis der Schwanz- flosse. Die Analflosse ist ein wenig kürzer als die Rückenflosse, beginnt dem dritten Strahl der letzteren gegenüber und reicht nach hinten ein wenig über dieselbe hinaus. Die Schuppen sind gross und bilden nur vier Längsreihen zwischen der Rückenflosse und der Seitenlinie. Brustflossen am Ende, die Eodhälfte der Rücken- und After- flosse so wie die Mitte der Bauchflossen schwarz. hi^)(j Sitzung der plnjii,'math, Klasse vom i3, August 1877. Totallänge 0,180, ohne Schwanzflosse 0,155; Kopf (mit Un- terkiefer) 0,030; bis zur Basis der Hanchflossen 0,084; von dfii Baiichilossen bis zur Mitte der Basis der Schwanzflosse 0,062; von der Schnauzenspitze bis zur Basis der Rückenflosse 0,103; Kör- perhöhe 0,018. Ein Exemplar aus China, von Hrn. Dr. Sc he teil g. 2. Ophichthys bitaeiiiatus n. sp. (Taf. Fig. 2.) Spitz gekrümmte Zähne in einfacher Reihe auf den Kiefern, in doppelter auf dem Zwischenkiefer und Vomer. Die Schnauze ist fast doppelt so lang wie das Auge, welches fast in der Mitte zwischen der Schnauzenspitze und dem Mundwinkel steht. Der Schwanz bildet ^ der Totallänge. Keine Brustflossen. Die Rücken- flosse beginnt nahe hinter dem Mundwinkel, weit vor der Kiemcn- öfl'nung. Grünlich; jederseits an der oberen Körperseite eine breite Längsbinde und der Rand der Rückenflosse von schwarzer Farbe. Der Kopf schwarz punctirt. Totallänge 0.30; bis Mundwinkel 0,0055; bis Kiemonöffhung 0,019; bis After 0,185; Körperhöhe 0,005. Ein Exemplar von Mombas, gesammelt von Hrn. Hilde- brandt. Diese Art hat auf den ersten Anblick wegen der Zeichnnng und der weit vorgerückten Rückenflosse eine grosse Ähnlichkeit mit dem 0. melanotaenki Bleck er, unterscheidet sich aber von diesem durch die viel grössere Länge des Schwanzes, die zweireihigen Vomerzähne und weiteren Kiemenspaltcn. Erklärung der Abbildungen. Fiy. 1. Fjroconius virriijer Vtrs. "2. Ophichthi/8 hitatniiatus Ptrs. „ 3. Chaetnstomus uujrttliuvatuH Ptrs. (Monatsber. d. Js. p. 471.) ^ 4. Sternarchus Sn, konnte nicht Rucksid: genommen werden, \sv\\ sie nicht mit der nöthigen Sorgfalt angt stellt wurden, und namentlicli die Tlölienlage der Nullpunkte de Maafs.siäl)e nicht genügend gesichert war. Für die grosse Mehrzahl der Stationen ergiebt sich aus diesei neuern Beobachtungen keine dauernde Hebung oder Senkung de Wasserstandes. Ausnalimen hiervon machen nur die beiden Sta tionen Wittower Po^thaus (auf der Westküste von Rügen) unt Swinemünde. Dort ztMgt sich mit sehr grosser Walirscheinlichkei eine dauernde Hebung und hier eine dauernde Senkung des Was serstandes. Beide Kracheinungen erklären sich aber durch die ii demselben Zeitraum eingetretenen Änderungen der IStromlaufe ober halb der Heobaditungs- Punkte, die nicht unmittelbar an der Se« liegen, sondern etwa eine Viertelmeile davon entfernt sind. Mar darf daher eine Hebung oder Senkung des Bodens nicht voraus- setzen, die nach der Höhenlage der Umgebungen auch durchauü unwahrscheinlich ist. Die mittleren Wasserstände einiger Jahre stellen sich auf al- len Stationen merklich höher, als in andern Jahren. So gescliuli dieses beispielsweise 1874, wo der Unterschied gegen das folgende Jahr auf den verschiedenen Punkten 4 bis 8 Zoll, durchschnittlich 6,54 Zoll betrug. Die herrschenden Winde konnten hierzu nicht Veranlassung gegeben haben, da vor unsern westlichen Häfen das AVasser bei Nord- Ost-Winden, vor den östlichen aber bei West- Winden, am höchsten anschwillt. Man muss daher annehmen, dass die ganze Ostsee nicht immer dieselbe Höhe hat. In dieser Weise sinkt auch periodisch während des Jahres das Wasser im April und Mai durchschnittlich 2,8 Zoll unter den mittleren Stand, und hebt sich über denselben wieder im August und September um 2,5 Zoll. Da diese Erscheinung ohne Aus- nahme an allen an der Ostsee belegenen Stationen sich zu erken- nen giebt, so kann sie nicht durch Winde venanlasst sein, wohl aber erklärt sie sich durch die verschiedene Dichtigkeit des Was- sers, wenn dasselbe einen constauten Gegendruck in der Nordsee erfährt. Das Ostsee -Wasser hat sehr geringen Salzgehalt, der noch nicht 1 Procent (nach meiner Messung 0,78 Procent) betragt. Das spcciüöche Gewicht ist im Gefrierpunkte 1,00(32. Bei 3,34 Gra- V07n 18. Octoher 1877. 5G1 den C. nimmt es die stärkste Verdichtung an und bei 0 Grad fängt es schon an, zu gefrieren. Die näiiere Untersucliung seiner Dichtigkeit bei verschiedenen Temperaturen zeigte, dass es bei der mittUfreu Tiefe der Ostsee von 50 Faden in der Erwärmung von ungefälir -+-4 Graden bis zu -+-19 Graden C. sicii um jene G,3 Zoll ausdeluit, welche die Beobachtungen ergaben. Die Verbindung mit der Nordsee ist aber im Vergleich zur Grösse der Ostsee so boschräukt, dnss die Ausgleiclmng nur sehr langsam von stalten gellt, und daher wohl nie vollständig eintritt. Ilr. Virchow berichtet über die Untersuchungen des Prof. Paul Langerhans über die Bay von Funchal und legte folgende Mittheilung desselben vor: Zur Anatomie der Appendicularien. Von den vier Gattungen der Appendicularien, die Fol unter- scheidet, habe ich im Laufe dieses Sommers, vom Mai bis Sep- tember 1877, nur die beiden Genera Oikopleura und Fritillaria bei Funchal vertreten gefunden. Ich fing im Ganzen 7 Arten davon, 5 Oikopleura^ drei davon sind von Fol aus Messina beschrieben: 0. i'u/escens, fusiformis und dioica; eine vierte grössere Form steht der 0. cophocerca nahe, unterscheidet sich aber durch die Einfach- heit des Darmtractus und die Grösse von ihr; eine fünfte stimmt fast vollkommen mit 0, apissa überein, nur besitzt sie auf der vorderen KörperÜäche eine segelartigc Hautduplikatur, die unter- halb der Geschlechtsdrüsen sich anheftet. Ich will sie einstwei- len O. veJifera nennen; eine genauere Beschreibung dieser Arten verschiebe ich für später. Dem Genus Fritillaria gehören 2 Art«.'n an: Fr. furcata C. Vogt und eine Form, die sich von 7*>. formica Fol nur durch eine unbedeatende Abweichung in der Form des dorsalen mittleren Mundlappens unterscheidet und wohl als Varie- tät derselben aufgefasst werden kann. Alle diese Arten waren gelegentlich und in einzelnen Exem- plaren vorhanden: nur 0. veli/era war fast ohne Ausnahme häufig und füllte einmal, am 3. September, soweit ich fischen konnte, 41» 5G2 Gesammtsitzung über .} Stunde weit in die See hinaus in zahllosen ludividuen die Bay von Funchal. Der Schwanz der Appendicularien ist, wie Fol richtig be- merkt, aus der natürlichen Lage um 90" gegen den Körper gedreht, so das»« seine untere Kante rechts, seine obere Kante links liegt. Ich bitte d»Mi Leser, sich für die Lagehozclchnungen den Schwanz um OO"" nach rechts um seine Längsachse zurückgedreht zu den- ken. Wir bekommen dann die genetisch richtige Lage: in der Mitte des Schwanzes verläuft der Achsenstrang, darüber der Cau- dalnorv, zu den Seiten die beiden Muskelbänder und Alles als continuirliche Sagittaltlosse umg<*bend die Haut. Die Muskelbänder sind quergestreift; es gelang bisher nur, sie in einzelne Fibrillen zu zerlegen, und bei eiuigen Arten Kerne iu ihnen wahrzunehmen. Behandelt man nun eine frische Appendi- cularie mit 'JOjj-iger Kalilauge, so sieht man rascli jedes Muskel- band in zehn von vorn nach hinten, von der Wurzel des Schwan- zes nach der Spitze hin, auf einander folgende Platten zerfallen. Die Grenzen der Platten »ind zackig, wie bei den einzelnen Zel- len des Säugetliier-llerzmuskels. Die 10 Platten des rechten Mus- kelbandes entsprechen genau denen des linken; die erste ist eiu wenig kürzer als die darauf folgenden; die letzten beiden sind wie- der kürzer als die mittleren Platten. Die Kalilauge ist zwar das bequemste, aber nicht das einzige Mittel, die Platten hervortreten zu lassen; Kali bichrom., Salpetersäure von 20jf u. a. haben den- selben Effect, und oft werden die Grenzen der Platten nach dem Absterben des Thieres ohne irgend welche Agcntien deutlich er- kennbar. Ich fand diese Zusammensetzung der Muskelbänder aus je 10 sarkolemmlosen Platten bei allen darauf untersuchten Arten: näm- lich 0. velifcra und fusi/ormis. Fr. formica und furcata. Genauer als die Muskeln ist das Nervensystem bearbeitet wor- den. Ks würde mir hier auf Madeira, fern von allen Bibliotheken, nicht möglich gewesen sein, eine Übersicht über die betr. Littera- tur zu erlangen, wenn nicht llr. Prof. Kupffer die Freundlichkeit gehabt hätte, mir die bezüglichen Angaben mitzutheilcn. Der Cau- dalnerv, der über dem Achsenstrang der Chorda liegt, ist zuerst von Mertens*) gesehen worden; er beschreibt ihn als „schmalen, ') H. Mertcns, Mcm. Acad. St. Potersbourg, G.Serie. T.L 1831. p. 206. vom iH. October 1877. 563 zellig -bläschenförmigen Canal**. Iluxley^) hat an dem Cau- ihilnorven zuerst Anschwellungen beebachtet, von denen feine Fä- den entspringen. Dasselbe giebt Leu ckart^) an: „Der Hauptnerv tritt in die Wurzel des Ruderschwanzes und lässt sich fast bis an das Ende des Achsencylinders verfolgen. Eigentliche Nervenfasern fehlen in diesem Stamme; man unterscheidet nur eine streitige Masse, die von einer ziemlich dicken, doppelt conturirten Scheide umhüllt wird. Von Zeit zu Zeit kommen aus dem Nerven ein- zelne zarte und blasse Ausläufer hervor, die unter rechtem Win- kel abgehen und zwischen die Muskelfasern hineintreten. Sie entspringen bald isolirt, bald auch paarweise, in dem letzteren Falle gewöhnlich aus einer kleinen Verdickung, die einer Ganglien- Anschwellung nicht unähnlich sieht, obwohl sie in histiologischer Beziehung sich von den übrigen Nerven nicht unterscheidet." — Diese von Iluxley und Leuckart, sowie später von Gegenbaur^) gesehenen Anschwellungen hat nun Kowalcwsky*) nach einer Beobachtung seines Freundes Nogine, die er selbst bestätigt, für eine „Reihe von paarigen" Ganglien erklärt, aber ohne den von Leuckart so genau beschriebenen Nerven zu erwähnen, dem sie aufsitzen. Fol'') dagegen giebt die gangliöse Struktur nur für das grosse, in der Schwanzwurzel gelegene Caudalganglion zu; die kleinen Anschwellungen des Caudalnervcn, 20 bis 40 an Zahl, ha- ben nach ihm weder Kerne noch körniges Protoplasma und er- reichen nicht den Werth von Zellen. Sie sind übrigens bald iso- lirt, bald zu zwei oder vier symmetrisch angeordnet, selten zu dreien. Bei Oikopleura cophocerca und dioica zeichnen sich einzelne der zu den Muskeln gehenden Nerven dadurch aus, dass sie paar- weise in gleichen Abständen von einander vom Caudalnerv ent- springen, das erste Paar vor dem Caudalganglion, die anderen da- ') T. Huxley, Philosophical Trans. II. 1851. -) K. Leuckart, Zool. Untersuchungen. Heft II. Giesscn 18r>4. p. 85. ^) Gcgenbaur, Zur Organisation der Appcndieularion. Z. f. Zuulogic VI, 40G. 1855. ^) A. Kuwalowsky, Kntwickelungsgang der einf. Ascidien. Mem. Acad. St. Petersburg VII. Serie, X, N. 15 p. 13. 180«. ^) H. Fol, PUudes sur les Append. du Detroit de Messinc. Bale et Geueve 1872. p. 15 u. 23 ff. [iG4 Gesammtaitzung hinter. Diese Nerven enden mit hellen Ansch^'ellungen in dtn Muskehl. Es sind solcher Paare bei 0. cUoica drei, bei O. cojßho- ctrca sieben vorhanden. Meine Beobachtungen haben mich zunächst in Betreff der An- schwellungen des Caudalnerven dahin gefuhrt, dass dieselben ge- nau >vie das grosse Caudalganglion an der Wurzel des Schwanzes als echte Ganglien zu betrachten sind. Sie bestehen meist aus 2, Selten nur aus einer, gelegentlich aus 3 bis G deutliclien Zellen, an denen man körniges Protoplasma, hellen Kern mit Nucleolus, bindegoAvebige IluUe sowie den ein- und austretenden Nerven un- terscheiden kann. Ich muss mich also in dieser Beziehung au Kowalewsky's Angabe anschliessen. Die Yertheihmg dieser Ganglien auf die den einzelnen Mus- kelplatten entsprechenden Abschnitte des Caudalnerven ist bei 0. veli/era eine sehr ungleichmSssige. Der ersten Platte entspricht das grosse Caudalganglion, der zweiten kommt meist kein Ganglion zu, nur selten wurden hier 3 kleine Ganglien beobachtet. Der dritten Platte entspricht meist 1 Ganglion, der vierten 3, der fünf- ten 1 bis 3, der sechsten 3 bis 4, der siebenten 3, der achten 2 oder 4, den beiden letzten je 1. Die Totalsumme der kleinen Ganglien ist 12 bis IG. Alle entsenden peripherische Nerven, von denen ich vermuthe, dass sie meist zur Haut ihren Weg finden. Von dem stärksten der von Ganglien entspringenden Nerven, einem vom Caudalganglion aus rückwärts laufenden, ziemlich starken Ast ist das schon von Fol angegeben; ich konnte diesen Ramus recur- rens bei jungen Individuen der 0. veli/era zu einem neben der Wurzel des Schwanzes an der HinterflSehe des Körpers liegenden Sinnesorgan verfolgen, das mit einem langen starren Haare ver- sehen war und wohl aus einer grossen Zelle bestand. Bei er- wachsenen Individuen derselben Art fand ich dies Organ bis jetzt nicht. Im Gegensatz zu diesen unregelmässig entspringenden Ner- ven der Ganglien zeigen die Nerven der Muskelplatten eine regelmässige Anordnung und entspringen paarweise in fast gleichen Abständen von dem Stamm des Caudalnerven, oft dicht neben den Ganglien, aber nicht von ihnen. Der erste dieser Ner- ven entspringt kurz vor dem grossen Ganglion und wendet sich nach vorn; alle anderen ziehen nach hinten, entspringen an der vorderen Grenze einer Muskelplatte vom Stamm des Nerven und vom 18. Ocloher 1H77. 505 reichen bis etwa zur Miüo der Platte nach hinten. Diese Nerven ^;ind stets paarig und der rechte liegt dem linken in den vorderen Abschnitten genau gegenüber. Selten vom 5., meist erst vom G. Paar an liegt der Nerv der einen Seite etwas vor dem der ande- ren. An der 9. und 10. Muskelplatte habe ich bei 0. velifera bis jetzt diese Nerven noch nicht auffinden können. Bei FritiUaria formica konnte ich den Nerven der 10. Muskelplatte gut erkennen; bei dieser Art reichen die Nerven in den Muskelplatten fast bis zu dem hinteren Ende. Andere Arten liabe ich noch nicht genü- gend untersuchen können. Es ist indess wohl zweifellos, dass auch die von Fol bei 0, cophoccrla und dioica beobachteten Ner- venpaare diesen Muskclnerven zuzuzählen sind. Im Ganzen sind diese Muskelnerven stärker als die anderen von Ganglien entspringenden. Sie treten unter ziemlich rechtem Winkel nach beiden Seiten vom Caudalnerven ab, erreichen nach kur- zem Verlauf die Muskelplatten, treten in sie ein und biegen wieder ziemlich unter rechtem Winkel nach hinton, um dann, etwas ver- breitert und von Stelle zu Stelle leicht varicös anschwellend, in der Mitte der Platte stumpf zu enden. Äste scheinen nicht von ihnen auszugehen. Diese ganze Nervenendigung erinnert an das, was wir von den niederen Vertebraten wissen; dass die Kerne hier vollständig fehlen, ist um so weniger merkwürdig, als ja auch bei jenen durch vergleichende Studien nachgewiesen ist, dass dieselben kein nothwendiger Bestandlheil der Nervenendigung sind. Von einer Zwischensubstanz, die zu einer Anschauung führen könnte, wie sie J. Gerlach aufgestellt hat, ist bei diesen Platten nichts zu sehen. Die Deutung der hier mitgetheilteu Beobachtungen scheint mir nach dem, was uns die Arbeiten von Kowalewsky und Kupf- fer über die Stellung der Tunikaten gelehrt haben, eine sehr nahe liegende zu sein. Die Muskelplatten zeigen uns, dass der Appendi- cuiarienschwanz aus 10 Segmenten besteht. Die Nervenpaare, welche diese Muskeln versorgen, sind eben so viele Paare von Spinalnerven, wie sie von Kupffer') sehon bei der Larve von Ascidia menlnla beobachtet worden sind, und meine ganze Mitthei- ') C Kupffcr, Zur Kiitwickeluiig der einfachen Ascidien. M. S«liiil- ze's Archiv VIII, :;y3. 566 Gesammtsitzung lung ist somit nur eine Bestütigang und Erweiterung dieser Beob- achtung von Kupffer, von der ich 1S71 in Arendal Augenzeuge war. Eine auffallende Abweichung vom Vertebratentypus zeigt sich ailArdings bei den Appendicularien darin, dass die Ganglien des caudalen Rückenraarkea und die von ihnen entspringenden Ner- ven der Segmentaltheilung nicht folgen — wenigstens nicht beim erwachsenen Thiere. Dagegen ist in der Platten -Struktur der Muskeln eine grosse und sicher bedeutsame Übereinstimmung mit Amphioxus und den Cyclostomcn gegeben. Bei allen gemeinsam besteht die Stammesmuskulatur aus solchen Platten, die stets vom vorderen Ende eines Segmentes bis zum hinteren reichen. Bei Amphioxus und den Cyclostomen liegen in jedem Segment viele solche Platten neben einander, die Appendicularien haben jederseits nur eine. Dass die beiden Nerven eines Spinalnervenpaares in der hinteren Segmenten einander nicht genau gegenüberstehen, erin- nert ebenfalls an Amphioxus und die Cyclostomen. Ich denke so- mit in diesen Beobachtungen eine neue Stutze für die nahe Ver- wandtschaft zwischen den Tunikaten und den niederen Wirbellhier formen gegeben zu haben. Funchal, am 30. September 1877. Hr. Virchow berichtet über die am 13. August erfolgt« Rückkehr des Hrn. J. M. Hilde brau dt nach Monibassa. E: gelang dem Reisenden nicht, das Ziel seiner Reise, den Kenia, zi erreichen, obwohl er ihm bis auf 6 Tagereisen nahe kam. Di« feindliche Haltung der Wakwafi nöthigte ihn, 3 Monate in Kitu in Ukamba zu verweilen und endlich von da umzukehren. Indess ist es ihm gelungen, reiche botanische, zoologische, elhnographiscln etc. Sammlungen zu veranstalten und zurückzubringen. Ausführ liebere Berichte werden vorbereitet. vom IS. Octoher iH77, 5G7 An (lingegaiigonen Schriften wurden vorgelegt: IJ. lioiicompa^ni , UuUettino di hibliografin v di sfon'a dt'i/v svieuzc malt- matirha c jhiche. T. X. (iiu^no Liiglia 1877. liuiuu. 4. J. Kitter viui Pusiariu, Iht^ Stcrv/iiiftcr. IJndapost 1877. 8. 1). C. Borj^, ö butauisc/tt: SihrijtK'n. Duonos Aires 1870. 1877. 8. Scp.- Abl. XIV. N. 81. New Ilaven 1877. 8. Suci'vfe tfnfumnioiji'fjuc da Belyiqtic. Sit. I. N. 42. ' nruxolli's 1877. 8. L. Dclisl»*, Svtivc titir >'» mauntiLriU dr In BihhUthiquc Xuttunafa etr. Pa- ris 1877. 4. Kxtr. — , Fra»jincut da lUrnicr reylatra d* Ak'xandrc IV, ib. 8. Kxtr. St. Mariani, Mfinon'ff di ßxicu spf.rinv.ntnlv. Vol. I. II. III. Bulo^^na 1874—77. 8. Abnaiuifittc Xautico jxtru /«S/.S". MaV''/<."*/(t VvteHifkaps - AkadtmivuH Haiidlimjar. Xy Földj». Bd. lo. 14. 1. Stockholm 1874/75. 4. Mit Bf^leitsilirt-ibeii. liihany. Bd. 111. 2. ib. 1870. 8. njcvraiyt. Ary. -i-J. il). 1870. 8. CF. Waern, August in Ehrenscard, ib. eod. 8. M'jtcurufofjifika Jakttuyvlacr. Bd. 10. ib. 187(». 4. ('ata/oijU'.' ran de Buvkan vtc. in dv BibliothvL'k dvr Stv.rrrntracht tc Leiden. City, tlonr IL O. V. d. Sande Ilakhuy zv n. 'S (rrftvoiiliaße 1877. 8. Mit Bof^Ioitsrbreilu'ii. Vi'i'sla't ran d'.v/ Staat der Sterrenwavht te Leiden etc. ib. 1870. 8. Annitarin dcUa Sncieta dei Xufuralifti in Mudvna. S*)r. II. Anno X. Faso. 4. S^rr. II. Anno XI. P'asi*. 1. 2. Modma 1877. 8. Schriften der Universität zu Kiel a. d. Jahre tS7f). Bd. XXIII. Kiel 1877. 4. Mit Begleitsihroiben. f öffentliche Vorlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Winter' Semester 1S77I7S. Wien 1877. 4. 2 Ex. J'niyrant/n der K. K. Technischen Hochschule in Wien für das Studienjahr IS77j7S. ib. cod. 4. Fr. Volbebr, hie Einweihunysj'tier des neuen Universitdts- Gebäudes zu Kiel» Kiel 1870. 8. Bericht der Budapester Handels- und Gewerbekammer über Gewerbe und In- dustrie des Builapester Kammerdistrictes Jur die Jahre 1^70 — 1875, Bu- dapest 1877. 8. 568 Gesammisiizung Das funjziijjnhrijQ Duvtvrfuhi/aum des Akademikers Gahcimrath Juliann Frie- drich Brandt am 12. (24.) Januar n7G. St. Petersburg 1877. 8. Hevue ttvientißque de la France et de C ctranycr. N. 11. 12. 13. 14.15. Pa- ris 1877. 4. Mittheilungen des Vereina Jur Erdkunde zu Halle alS. 1H77, Halle 1877. 8. Itevue archeuloyique, — Extr. C. Carapanonj Dodune et sea ruines, Paris 1877. 8. J. de Witte, Satyre Bronze truuve a Dudone. ib. 1877. 4. Annales des Mines. Vlle. Serie. T. XL Livr. 1 de 1877. Paris 1877. 8. Vom vorg. K. Ministeriuni. Transactions of the zuological Svciety o/ London. Vul. X. P. 2. London 1877. 4. Preussische Statistik. XXXIX (1. Hälfte). XLllL XXXXIV. Berlin 1877. 4. Mit Begleitschreiben. Journal j'iir die reine und angewandte Mathematik, Bd. 83. Heft 1. 2. 3. ib. 1877. 4. A. Mühry, Über die exacte Natur- Philosophie. Guttingen 1877. 8. Mit Begleitschreiben. Jahresbericht des Naturhistorischen Vereins von Wisconsin für das Jahr 1S7(j — 77. Milwaiikee 1877. 8. 0. Fraui-hiui, Appendice al bozzetto La Terra non gira inturno al Sole. Napoli 1877. 8, Vom Verf. Mit Begleitschreiben. Journal of the chvmical Society. N. CLXXVL (1877. Vol. IL) London. 8. Bollettino della Societa Adriatica di scienze naturali in Tricste. Red. dal Prof. A. Vierthaler. N. L VoL IlL Trieste 1877. 8. Atti della H. Accademia dei Lincci. Anno CCLXXIV. 187G/77. Serie terza. TniNsunti. Vol. I. Faso. 7. CJiiigno 1877. Roma 1877. 4. A. Hirsch & E. Planta niour, Niccllement de 2)recis\on de la Suisse. Livr. 6. üem've 1877. 4. Abhandlungen der K. K. geologischen Ueichsanstalt. Bd. VII. Heft N. 4. (M. Vai-ek, Über Osterrexchisciic Mastodonten.) Wien 1877. 4. Mineral statistics of Victoria for the year 1^7(i. Melbourne 1877. ful. Bepurt of the chief Inspector of Mines etc. for the year 1H7G. ib. eod. fol. Mathematische Annalen. Separ.- Abdruck aus dem 12. Bande. Leipzig. 8. (R. Sturm, Über correlatire oder reciproke Bündel.) Annales de la Societc entomologi'' *fe Citoyr(q,hie, Aout 1«77. Pariü 1877. 8. A. de Lubaväky, Jun'iftisvln; Moiwyraphk'n und Au/stlize, Th. IV. St. Pe- tersburg 1878. 8. russ. Vom Verf. mit Begleitschreiben. Mittfwltitiiyeit tk'r Kttitf. und KuniyL geographischen OeselUvha/t in Wien, 187i;. Bd. XIX. Wien 187t;. 8. (>. Blau, L){(i Herren von Sophene und deren 31 Unzen. Wien 1877. 8. Sep.-Abdr. — , Die Kl t/war inchen Pyraethen und ihre Münzen, ib. cod. 8. Sep.-Abdr. Zvitschri/t der Deutacßien geoiagiachen Oeseiistha/t, XXIX. Bd. 2. Heft. April — Juni 1877. Berlin 1877. 8. f)jrersigt af KungL VetenAiipa Akademicna Förhandiingar, Arg, 34, 1877. N. 1. 2. 3. 4. Stockholm 1877. 8. Verhandlungen dett naturhistorisch-wedivintachcn Vereins zu Heidelberg, Neue Folge. Bd. 2. lieft 1. Heidelberg 1877. 8. A. Todaro, Hnrtus hotanicu» Panonnitanus. T. I. Fase. VII, VIII. Panor- nii 1S77. f«>I. Überreicht durch Hrn. Pringsheim mit Begleitschreib. M. Vivien de Saint- Martin, Xouveau Dictionnaire de Geographie uni- rt'rst'llr. Fase. 4. Paris 1877. 4. Verhandlungen der arehdohgisehen Oese/lscha/t zu Athen vom Januar 1S76 hi^s Januar tS77. Athen 1877. 8. Vom vorg. K. Ministerium. J. G. Grillo, Descriptitni de quelquei* especes nour, ete, Naples 1877. 8. Vom Verf. Journal o/ fhe chemieal Sucieh/. N. CLXXVII. 1877. Vol. II. Sept. Lon- don. 8. A Ijitst iif the 0/fieers and Fellmca n/ the chemieal Society, ib. eod. 8. Sitzunyüherichte der math.-phys. iHaase der k, b. Akademie der \V Utsenncha/ten zu München. 1877. Heft IT. München 1877. 8. Mi'moirett de l' Acadnnie de Stanislas IS/fi. Serie IV. T. IX. Nancy 1877. 8. The Journal u/ the Bombay Brauch of the lt. Asiatin Society, 187C. Bom- bay 1877. 8. G. vom Bat h, Mineralogische Mittheilungen, (Neue Folge.) Sep.- Abdruck. Leipzig 1877. 8. Schriften dcfi natuncisutenschajtlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Bd. II. 2. (Schiuss-) Heft. Kiel 1877. S. Mit Begleitschreiben. \V. F. G. Behn, Leopoldina. Heft XIII. N. 17. 18. Dresden 1877. 4. Journal of the Asiat ic Society of Bcngal, Vol. XLV. P. 1. 2. Calcuttft 187C. 1877. 8. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal, 1876. N. IX. X. 1877. N. I-V. ib. 187«;. 1877. 8. vom 18. October 1877, bll Bibliotheca Indica. Old Series. N. 368. New Series. N. 355 — 357. 300. 3G1. 364—307. 36f). 371—373. ib. 1876/77. 8. . New Series. N. 349 — 350. 352. 353. 362. 303. 370. ib. 1876. 1877. 4. G. Loren zoni, Giovamti iSantini. Padova 1877. 8. St. Vacca du Mondovi', La Pcdayoijia. 0>imo 1877. 8. Vom Verf. Jahrbücher des Vereins von Alterthuwsjhfunden im Rheinlande. Heft 59. 60. Bonn 1876/77. 8. Mittheilunyen der K, K. Central -Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst' und histor, Denkmale. Bd. III. Heft 3. Wien 1877. 4. Bulletin of the United States geotogical and geographical Sttn^et/ of the Ter- ritories. N.. 2. 4. 5. 6. See. Series. Washington 1875/76. 8. — N. 2. ib. 1874. — Vol. II. N. 2. 3. — Vol. III. N. 1. 2. 3. ih. 1876/77. 8. Cataloyue of the publications of the U. States geol. etc. Survey. 2. Ed. ib. 1877. 8. Bulletin of the U. States entomolngical Commission. N. 1. 2. ib. 1877. 8. Miscellaneous Publications. N. 1. 4. 5. 7. ib. 1874. 1875. 1877. 8. F. V. Ha y den, Preliminartf Report of the U. States geol. Survey of IVgo- ming. ib. 1877. 8. Proceedinys of the American philosophical Society. Vol. XVI. Philadelphia 1877. 8. Proceedings of the Academy of natural sciences of Philadelphia. P. I. II. FII. ib. 1876/77. 8. Journal of the Academy of natural sciences of Philadelphia. New Scrice. Vol. VIII. P. II. ib. 1876. 4. Memoirs of the Boston Society of natural hist(try. Vol. II. P. IV. N. V. Bo- ston 1877. 4, Annais of the astronomtcal Obserratory of Harrard College. Vol. X. Cam- bridge 1877. 4. A. Hyatt, Sponyes etc. Extr. 1876. 8. Vom Verf. — , Stephanoceras etc. Extr. Boston 1876. 8. Desgl. Bulletin of the Buffalo Society of natural Sciences. Vol. III. N. 4. Biifialo 1877. 8. Proceedinys of the Boston Society of natural history. Vol. XVIII. P. IIT. IV. (Jan. — July 1876. 1877. 8. The Canadian Journal of science, titterature and history. Vol. XV. N. V. April 1877. Toronto 1877. 8. F. X. Kraus, Sur les Horae Belgicae. Extr. Liege 1872. 8. IL Sohürmans, Inscriptions romaines d' Ar Ion. Extr. ib. 1876. 8. — , Inscriptions Beiges a l*etranger. (Suite.) Extr. ib. 1871. 8. Mittheilungen des hist. Vereines der Pfalz. VI. Leipzig 1877. 8. 572 Oesammtsitzung H. Scheffler, Die Naturgesetze. Tli. I. 1.2. II. 1.2. Leipzig 1876/77. 8. Mit Begleitschreiben. A. Agassiz, North American Starfishes, Cambridge 1877. 4 Sep.-Abdr. Vom Verf. Klon Stcphanus, Inschriften der Insel Sgros etc. Athen 1875. 8. (grie- chisch.) Annaies des Miues. Ser. VII. T. XI. Livr. 3 de 1877. Paris 1877. 8. — Vom vorg. K. Minist. Revue archeologique. Nouv. Serie. 18. Annee. 9. Sept. 1877. Paris 1877. 8. Memoires de la Societe de physique et d'hist. nat. de Genere. T. XXV. Part. I. Genevo 1876/77. 4. B. Boneompagni, Bullettino. T. X. Agosto 1877. Roma.1878. 4. J. Kör ÖS i, Die Sterblichkeit der Stadt Budapest in den Jahren 1874 und 1875 und deren Ursachen. Berlin 1877. 8. — , Untersuchungen über die Einkommen- und Hauszinssteuer für Budapest. ib. 1877. 8. Jan Kops & F. W. van Eden, Flora Batava. Afl. 237. 238. Ley- den. 4. S. C. Snellen van Vollen hoven, Pinacographia. Part. 5. Atl. 5. 'S Gra- venhage 1877. 4. L. Smith, A description of the Rochester etc. meteoric stones. 1877. 8. Extr. Die Fortschritte der Phgsik im Jahre 187-3. Jahrg. XXIX. 1. Berlin 1877. 8. 18te Plenar -Versammlung der hisUtrischen Ctmmission bei der k, bayerischen Akademie der U^issenschaften. Bericht des Secretariats. 4. Mit Begleit- schreiben. vom 2J. Oc tober 1877. 573 25. October. Gesainintsitzung der Akademie. Hr. Kanimolsberg las über das Atonigewicht dos Mo- lybdäns und über d'nt phosphormolybdänsauron Sulzo. /. Jjas Atomgewicht des Molybdäns. Berzelius verwandelte (1818) eine gewogene Menge salpctor- saures Hlei in molybdänsanres Blei^). Legt man bei Berechnung seiner Versuche die jetzigen Atg. von Stickstoft' und Blei zum (irunde. so erhält man Mo = 95,36. Diese der Wahrheit nahe kommende Zahl erschien jedoch Berzelius nicht sicher, und er deutete die Reduction der Säure durch Wasserstoff als einen ge- eigneteren Weg an. Svanberg und Struve versuchten 2) denselben im J. 1848, allein sie bemerkten, dass in Glasgefässen die Wasserbildung selir lange fortdauert, und es betrug in den beiden Versuchen, die sie anstellten, der (tewichtäverlust der Säure höchstens 17,3 p, C, d. h. es hatte Mich ein Gemenge von Metall und Bioxyd gebildet. Nach anderweitigen Versuchen blieben sie bei der Umwandlung von künstlichem und natürlichem Schwefelmolybdän (MoS^) in Molvbdän.^äure stehen. Zieht man nur die 10 Versuche mit dem künstlichen Schwefelmolybdän in Betracht, so sind die Maxima und Minima von Molybdänsäure, welche sie aus lüü Th. desselben erhielten, 1K),0712 und 89,6436 p. C. Hieraus folgt Mo = 97,15 und 90,5, von welchen Zahlen wegen der Flüchtigkeit der Säure die erste wahrscheinlich richtiger ist. Trotz dieser grossen Diife- ri'uzen nahmen Svanberg und Struve aus 7 jener Versuche das Mitt4'l, welches Mo = 92,14 ergeben würde. Mit allem Recht hat Strecker hervorgehoben, dass diese Zahl kein grosses Vertrauen verdiene.'*) Zu derselben Zeit bestimmte Berlin"*), wieviel Molybdänsäuro das krystallisirtc Ammoniaksalz beim Erhitzen liefert, und fand im >) Schweigg. J. 22, 51. 23,186. 2) J. f. pr. Ch. 44,257. ^) Theoricen find Experimente zur Bet>timniuiig der Atg. 8. 80. «) J. f. pr. Ch. 49, 444. 574 Gesammtsitzu7ig Mittel 81,5.S p. C. (81,012 ])i.s 81,555), woraus (N = 14) für Mo 91,72 und 112,25 folgt. Ilierbui war vorausg<»setzt, dass das Salz Am*Mo^O"-i- 3aq sei. Allein es ist Am'Mo'0=*-h 4aq ^) und hieraus berechnet sich mit 81,58 p. C. Säure Mo = 96,20. Später kündigte Dumas an-), seine Versuche halten zu der Zahl 96 gemiirt. In seiner hauptsächlich die Phosphomolybdale betreflfenden Arbeit vom .1. 1868^) bestimmte l)i*bray das Atg. des Molyb- däns llieils durch Reduction der Säure in Wasserstoff zu Metall, theils durch Analyse des Silbersalzes, und erhielt ebenfalls die Zahl 96. Später hat auch Meyer*) die Zahl 95,8 erhalten. Wenn hiernach die Zahl 96 den Vorzug verdient, so hielt ich es doch zum Zwick der Analvse von Phosphoniolvbdaten für noth- wendig, mich von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Hei Befolgung der einfachsten Methode — Reduction der Säure in Wasserstofl*, am besten im Platinschilfchen im IMatinndn* — Ix'.darf es nur der Vorsicht, die Temperatur erst dann möglichst zu steigern, wenn die Reduction zu Bioxyd erfolgt ist, damit nicht etwas Molybdän- säure verflüchtigt werde. Aus a.22.S MoO"* erhielt ich 2,15 Mo = 66,708 p. C. Hier- nach ist Mo = 96,18. Also ist das» Atg. des Molybdäns = 96. II. Rose empfahl die Reduction der Molybdänsäure in Was- ßerstoif zu Bioxyd zur quantitativen Bestimmung, ind(rm er angab, dass bei nicht zu starker Hitze die Reduction nicht weitergehe. Ist Mo = 96, so müssen 9 Th. MoO' = 8 Th. MoO'' = 88,89 MoO", der Verlust nmss also = 11,11 p. C. sein. In einem Ver- suche wurden 88,28 p. C. erhalten, während S vanberg und Struvc 88,:}44 p. C. gefunden hatten* Schon b«'i früheren Versuchen •*) hat es mir scheinen wcdlen, dass es doch sehr schwer ist, den richtigen Punkt zu trelfen, und J) Pogg. Ann. 127, 29G. 2) Institut 1857, t>81. ^) C. rend. 60, 7o2. *) Ann. von Li ob ig und Wohl er ICD, :U;o. *) Pogg. Ann. 127, 281. vom 2ö. Octoher 1877. 575 dasä selbst bei zufällig gut stiinmouden Zahlen die reducirto Masse leicht etwas Metall enthält, da zur vollen llcduetion Weissglüh- hitze durchaus nicht erforderlich ist. //. Zur Kenntnifts der phosphorinolybdänsauren Salze. Berzelius fand, dass Molybdänsäurc und Phospborsäurc eine Verbindung eingehen, dass bei mehr Phosphorsäure eine lös- liche amorphe farblose, bei überschüssiger Molybdänsäurc eine gelbe unlösliche Verbindung entsteht. L. Gmelin zeigte, dass wenn zu einer freie Säure enthalten- den Lösung von molybdäusaureni Ammoniak etwas Phosphorsäurc gesetzt wird, ein gelber Niederschlag entsteht, der sich in Kali farblos löst, und etwas Ammoniak, aber keine oder höchst wenig Phospliorsäure enthält. Svanbcrg und Struve verfolgten diese Erscheinungen wei- ter; sie entdeckten die Löslichkeit des gelben Körpers auch in Ammoniak, und sie sahen, dass die alkalische Auflösung durch Säuren wieder gelb gefällt wird. Die Analysen des bei 100° getrockneten gelben Salzes gaben ihnen Ammoniak und Wasser 9,49 u. 10,12 Phospliorsäure 3,63 Sie hielten die Phosporsäure für nicht wesentlich, das Salz für ein saures molybdänsaures Ammoniak. Als sie die Auflösung des Salzes in Kali bis zur Verflüchti- gung des Ammoniaks erhitzt hatten, entstand durch Salpetersäure wieder ein gelber Niederschlag, in welchem 4,89 p. C. Wasser, 11,23 Kali und Spuren (!) von Phosphorsäure gefunden wurden. Ohne zu erklären, welche Rolle die Phosphorsäure in diesen Verbindungen spielt, haben Svanberg und Struve erkannt, dass eine saure Lösung von molybdänsaurem Ammoniak das empfind- lichste Reagens für Phosphorsäure ist. Die Molybdänsäure ist seitdem ein viel gebrauchtes Reagens geworden und man hat die Natur des gelben Ammoniaksalzes zu verscliiedeuen Zeiten näher zu erforschen gesucht. [1877] 576 Gexammtsitzung Sonnenschein bewies im J. 185n), dass die Phosphorsänre ein wesentlicher BesUndtheil des Salzes sei, welches, bei 120^ ge- trocknet, enthält: 1. 2. 3. Molybdunsaurc 8G,70 86,11 85,42 Phosphorsauro 3,2 2,93 3,12 Ammoniak iniak 1 11,23 10,91 11,40 Wassci 100,95 99,95 99,94 Er wandte das Salz zur quantitativen Bestimmung der Phosphor- säure an, und fand, dass auch die Arsensäure, jedoch erst bei 100^, einen gelben Niederschlag bildet. Im J. 1856 wiederholte Seligsohn diese Versuche^), indem er auch das Ammoniak bestimmte. Als Mittel der Analysen ergab das bei 100° getrocknete Salz Molybdänsäure 90,74 Phosphorsäurc 3,14 Ammoniumoxyd 3,57 Wasser 2,55 100 Er stellte überdies durch Einwirkung von essigsaurem Kali, Na- tron, Baryt und Blei Salze dar, welche Ammoniak und diese Oxyde enthalten, und analysirte auch das gelbe Arseniat. Von späteren Analysen des Ammoniaksalzes sind folgende bekannt geworden : ») J. f. pr. Ch. 53, 339. ») J. f. pr. Ch. 67, 470. vom 25, Octoher iS77. 577 Nutzinger^) Spiess*) Eggortz») Sepp Molybdänsüure 92,70 92,10 91,28 8G,0 Phospliorsäurc 3,82 4,13 3,74 3,2 Atumoninmoxyd 3,48 3,77 3,31 5,9 Wasser — 1,32 99,G5 4,9 100 100 100 bei 100° bei 100° bei 95° getr. (Lu getr. ifttr. — 3,4 pCt. Wasser.) getr. Ausserdem hat man mehrfach bestimmt, wieviel des Salzes aus einer gegebenen Menge Phosphorsäure entsteht. Hiernach vrärc der Gehalt an Phosphorsaure (P'O^) in dem getrockneten Salz nach Ülsmann = 3,73 p. C. (bei 120° getr.), nach Lipowitz*) = 3,G07 p. C. (über Schwefelsäure getr.), Eggertz führt an, das Salz enthalte bei 140° nur noch 0,6 p. C. Wasser, fange später an sich zu zersetzen, sei aber bei 325° noch gelb. Es sei nicht krystallinisch, löste sich in 10000 Th. Wasser von 16°, in 6600 Th. Wasser, welches 1 p. C. Salpeter- säure enthält, und in 620 Th. Alkohol von 0,8. Nach Demselben verhindert Weinsäure seine Fällung, nach Lipowitz hat man gerade diese Säure der Molybdänlösung zuzu- setzen, um eine Abscheidung von Molybdänsäure zu verhindern. Inwieweit diese Analysen Aufschluss über die Natur des Sal- zes geben, lehrt die Berechnung der Mol. -Verhältnisse: P^O':Am'^0:MoO' Sonnenschein : 27 — 29,2 Seligsohn 1: 3,1 :29 Nutzingcr 1: 2,5 :24 Spiess 1: 2,5 :22,1 Eggertz 1: 2,4 :24,1 Sopp 1: 5 !26 ») Viertelj. f. pr. Pharm. 4, 549. 5') El). 9, 257. 3) J. f. pr. Ch. 79, 496. *) Pügg. Ann. 109, 135. 42< 578 Gesammtsitzung Abweichend von allen diesen Angaben behauptet Debraj ^), dass das Ammoniak- und das Kalisalz der gelben Phosphormolyb- dänsäure das Mol.-Verh. = 1 : 3 : 20 haben. Belege hat er nicht mitgctheilt, wohl aber die freie Säure und andere später zu er- wähnende Salze dargestellt. Nach dem hier Mitgctheilten ist es klar, dass die Zusammen- setzung des Salzes noch keinesweges feststeht. Zu seiner Darstellung wurde eine mit Salpetersäure versetzte Auflösung von molybdänsaurem Ammoniak mit reiner Phosphor- säure vermischt und im Wasserbade erhitzt. Der Niederschlag wurde kalt ausgewaschen. Das lufttrockene Salz verliert bei längerem Stehen über Schwefelsäure seinen ganzen nahe G p. C. betragenden Wasserge- halt. Wenn es alsdann auf 100° erwärmt wird, so erleidet es keinen Verlust, bei etwas höherer T. (120°) jedoch tritt ein sol- cher ein, weil Ammoniak frei wird, daher das Trocknen des Sal- zes für analytische Zwocke nicht über 100° geschehen darf. T. a) 1,439 verloren über Schwefelsäure 0,081. In Ammo- niak gelöst, gaben sie mit Magnesiamischung 0,088 Mg'P^O* = P'O' 0,056288. b) 2,07 wurden mit Ammouiumhydrosulfür digerirt; die dunkelrothe Auflösung gab mit HCl einen Nieder- schlag von MoS*, der in H. erhitzt 1,994 MoS* = MoO' 1,7946 lieferte. II. a) 1,353 verloren 0,08 Wasser und gaben 0,082 Mg^P-'O^ = P^O'^ 0,05245, und 1,296 MoS' = MoO' 1,664. b) 3,57 wurden mit HNaO destillirt. Aus der verdünn- ten HCl der Vorlage wurden 1,305 Am^PtCl^ und ») C. rend. 66, 702. vom 25, October 1877. 579 aus diesem 0,576 Pt erhalten. Jene entsprechen 0,15181, diese 0,15127 Am'^O. III. Aus 5,681 des bei 120^ getrockneten Salzes wurden 5,815 MoS'= 5,2335 MoO^ sowie 0,348 Mg'P'O' = 0,2226 P'-O* erhalten. Es ist auf den Wassergehalt von II. berechnet. I. II. III. Mittel Molybdänsüurc 86,70 86,21 86,68 86,53 Phosphorsäure 3,91 3,88 3,92 3,90 Ainmoniumoxyd 4,25 4,25 Wasser 5,63 5,91 5,77 100,25 100,45 Hier ist: P^O^Am^OrMoO'-.H'O in I. 1 : : 21,9 : 11,4 in IL 1 : 3,0 : 21,9 : 12,0 in III. 1 : : 21,8 im Mittel 1 : 2,98 : 21,9 : 11,7 Wir kommen weiterhin auf diu Formel des Salzes zurück. Phosphormolyhdänsaures Kali. Das Kalisalz gleicht dem Ammoniaksalz vollkommen. Be- dient man sich zu seiner Darstellung einer Molybdänsäure, welche ein wenig Ammoniak enthält, so geht dies in den Niederschlag über. Deshalb wurde 1 Mol. der Säure mit 1 Mol. kohlensaurem Kali zusammengeschmolzen, die Auflösung mit Chlorwasserstoif- säure stark sauer gemacht und mit Phosphorsäure erhitzt. Im lufttrockenen Zustande verliert das Salz über Schwefelsäure nicht den ganzen Wassergehalt; dies geschieht erst bei 120 — 140°. Dann erleidet es keinen weiteren Gewichtsverlust bis zu einer ziemlich hohen Temperatur. 580 GesammUitzuftg Seine Analyse bietet mehr Schwierigkeiten dar als die des Ammoniaksalzes. Von Barytwasser und von Silberauflösungen wird es beim Kochen nur wenig zersetzt. Fallt man das Molyb- dän zuerst als Schwefelmetall. und kocht dann mit Barytwasser, so fällt die Bestimmung der Phosphorsäure und des Kalis nicht befriedigend aus. Debray kocht die Losung in Ammoniak mit salpetersau rem Silber, bis beide Säuren gefällt sind. Ich habe ne- ben dieser Methode vorzugsweise eine andere benutzt, nämlich die schwach ammoniakalische Losung mit salpetersaurem Quecksilber- oxydul gefällt, und im Filtrat nach Entfernung des Qaecksilbers durch Schwefelwasserstoff, das Kali als Sulfat bestimmt. Das mnlybdän- und phosphorsaure Quecksilber wurde mit kohlensaurem Natron geschmolzen, die Auflösung mit Schwefelwasserstoff und Chlorwasserstoffsäure behandelt, und die Phosphorsäure im Filtrat vom MoS' durch Magnesiamischung bestimmt. Zunächst mag eine Reihe von Analysen, berechnet auf was- serfreie Substanz, hier folgen. 1. 2. 8. 4. 5. 6. 7. Molybdän- säure 90,30 90,86 88,92 90,25 89,23 (88,35) (87,92) Phosphor- säure 3,8G 4,11 3,89 4,17 3.97 3,90 4,12 Kali G,86 6,50 7,75 7,96 99,67 99,70 100 100 Das Mol.-Verhältniss ist: P'O^K'OiMoO' 1. 1 : : 23,0 2. 1 : : 22,0 3. 1 : 2,7 : 22,5 4. 1 : : 21,3 5. 1 : 2,5 : 22,1 6. 1 : 3,0 :22,4 7. 1 : 2,9 :21.0 vom 25. Ociober 1877. 581 Der durch Erhitzen auf 140 — 200° entweichende Gehalt an Wasser fand sich = 5,92 — 5,48 — 5,89 — 4,92 — 4,40 p. C. — Wie es scheint, verliert das Salz schon bei längerem Liegen an der 'Luft etwas Wasser. War es kurze Zeit über Schwefelsäure aufbewahrt, so verlor es nur noch 1,69 — 2,07 p. C. in der Wärme. Isomorphe Mischung des Kali- und Ammoniaksalzes. Als eine Auflösung von Molybdänsäure, welche etwas Ammo- niaksalz enthielt, mit Kali und mit Salpetersäure versetzt wurde, gab Phosphorsäure einen gelben Niederschlag, enthaltend Molybdänsäure (84,68) Phosphorsäure 3,88 Kali 3,66 Ammoniumoxyd 1,86 Wasser 5,92 100 Zur Kalibestimmung wurde das Salz mit Silbernitrat analysirt. Die Phosphorsäure war zweimal genau gleich gefunden. Mol.-VerhältnisB R'O : P'O* : MoO» : aq = 2,7 : 1 : 21,6 : 12 und K: Am = 1,09 : 1. Aus meinen Versuchen folgt, dass in den beiden gelben Sal- zen noth wendig mehr als 20 Mol. Molybdänsäure, welche Debray angenommen hat, enthalten sein müssen. Die Analysen sprechen in ihrer grossen Mehrzahl für 22 Mol. Die Frage ist an und für sich durch Analysen nicht leicht zu entscheiden, denn bei Annahme von 20MoO' kommen 0,0493 V'0\ bei 22MoO» 0,0448 P'O* auf 1 Th. MoO'. J 582 GeAammtsitzung Wohl aber fuhrt eine Discnssion der Analysen «um Ziel, wr bei wir hier sogleich auch die Möglichkeit von 24 \fol. MoO* i den Salzen berücksichtigen wollen. A. Berechnung der Molybdänsaure aus der gefundenen Phosphorsäure. (Die gefundene MoO^ ist eingeklammert.) 1) Ammoniaksalz. 20MoO' 24MoO' 1. 71»,3 (8(>,7) 95,16 2. 78,7 (86,21) 94,43 2) ] Kalisalz. 1. 78,3 (90,3) 94,0 2. 83,3 (90,86) 100 3. 78,7 (88,92) 94,7 4. 84.6 (90,25) 101,5 5. 80.5 (89,23) 96,6 6. 79,1 (88,^5) 94,9 7. 83,5 (87,92) 100,3 Hieraus geht doch deutlich hervor, dass weder 20 noch 24 Mc vorhanden sein können. Allein es Hesse sich einwenden, dass kleine Differenzen i Phosphorsäuregehalt relativ grosse im Molybdängehalt mit su iuhren. Gehen wir deshalb von der Molybdänsäure der Ana]ys< aus, und sehen zu, wieviel Phosphorsäure unter beiderlei Anna men vorhanden sein niusste. 1) Ammoniaksalz. 1. 4,28 (3,91) 3,56 2. 4,25 (3,88) 3,54 vom 2,5. Octoher 1877. 583 2) Kalisalz. 1. 4,45 (3,8G) 3,67 2. 4,48 (4,11) 3,73 3. 4,39 (3,89) 3,65 4. 4,45 (4,17) 3,42 5. 4,40 (3,97) 3,GG G. 4,3G (3,90) 3,G3 7. 4,34 (4,12) 3,61 Der höchste gefundene Gehalt (4,11) ist immer noch kleiner als der kleinste mit 20MoO' berechnete, und der kleinste gefun- dene (3,86) ist immer noch grosser als der grösstc mit 24MoO' berechnete Gehalt. Deshalb müssen diese Salze mehr als 20 und weniger als 24MoO' enthalten. Zu demselben Resultat hat eine Reihe von Versuchen geführt, bei welchen eine Lösung von phosphorsaurem Natron, deren Ge- halt an Säure vorher genau ermittelt war, mit Molybdänlösung ge- fällt wurde, welche nur Kali enthielt. Durch Wägung des Nie- derschlags ergab sich in 8 Versuchen, dass 142 Th. P'O* zwischen 3334 und 3660 Th. des gelben Kalisalzes geben. Enthielte dieses nun 20MoO', so mussten 3300 Th., entbleites 24MoO', so muss- ten 3880 Th. resultiren. Die Resultate liegen aber in der Mitte. Deshalb halte ich 22 Mol. Molybdänsäure für richtig. Berechnete Zusammensetzung des Ammoniaksalzes: 3Am'^0 4- P=0* = 22MoO' + 12aci Molybdänsäure 91,40 86,04 Phosphorsäure 4,10 3,86 Ammoniumoxyd 4,50 4,24 Wasser — 5,86 100 100 584 GesammtsUzung des Kalisalzes: 3K^0 4-P'0'4-22MoO' 4- 12aq Molybdänsäure 88,19 83,19 Pliosphorsäure 3,96 3,73 Kali 7,85 7,40 Wasser 5,68 100 100 der isomorphon Mischung beider: r 3 K'' O 4- P'O* 4- 22MoO' 4- 12aq 1 [ 3 Am=0 4- P*0* 4- 22MoO» 4- 12aq j Molybdänsäure 84,60 Phosphorsäure 3,79 Kali 3,76 Ammoniumoxyd 2,08 Wasser 5,77 100 Verhalten des gelben phosphQrmolybdänsaureu Ammoniaks zu Ammoniak. Das gelbe Salz ist in Ammoniak leicht loslich. Aus dieser Auflösung krystallisirt ein farbloses oder meist ganz schwach bläu- lieh gefärbtes phosphormolybdänsaures Ammoniak, welches Zen- ker bereits 1853 dargestellt und untersucht hat*). Dasselbe Salz erhält man weit einfacher, indem man das ge- wöhnliche krystallisirte molybdänsaure Ammoniak Am^Mo'O'* 4- 4aq mit einer Auflösung von Phosphorsäure versetzt, so dass P*0*: 5MoO^ vorhanden sind, und nach Zusatz eines Ammouiakaber- schusses eindampft. Die vielfach gruppirten langprismatischen sehr dünnen Krystalle sind in Wasser klar löslich, und diese Losang lässt auf Zusatz einer Säure das gelbe Salz fallen. ») J. f. pr. Ch. 58, 257. vom 26. October 1877. 585 Die Analyse dieses gut charakterisirten Salzes gab die scboa von Zenker erhaltene Resultate: Zenker Molybdänsäure 62,54 (62,64) Phosphorsäure 12,91 12,58 Ammoniumoxyd 13,00 13,50 Wasser (11,55) 11,28 100 100 Es ist also 3 Am-0 -H P-0* -f. 5MoO' 4- 7aq 5 Mo O' = 720 = 62,94 P^O' 142 12,41 3Am'0 156 13,64 7 aq 126 11,01 1144 100 Frisch gefälltes gelbes phosphormolybdänsaures Ammoniak lost sich in wässeriger Phosphorsäure nicht auf. Dampft man ab und erhitzt den Rückstand, so schmilzt er zu einer braunen Flüs- sigkeit, welche sich in Wasser grossentheils mit blauer Farbe löst. Durch Erhitzen mit Ammoniak wird sie entfärbt und giebt beim Verdunsten Krystallrinden, welche dem erwähnten Salz angehören, denn sie enthalten Molybdänsäure 62,33 62,12 Phosphorsäure 12,57 12,34 Ammoni umoxy d I ni( nicht bestimmt. Wasser Es wurden gewogen Mengen des krystallisirten Salzes durch Chlorwasserstoff- oder Salpetersäure zersetzt. Man bestimmte das Gewiclit des gelben Salzes (bei 120° getrocknet) und andererseits Molybdän, Phosphor und Ammonium im Filtrat. Die Absicht war, auf diesem Wege zu entscheiden, in welchem Verhältniss Phosphor und Molybdän im gclbeo Salze stehen. 6 Oesammtsitzung 1. 2. 3. 4. 5. 6. Gelbes Salz 65,20 60,70 60,55 62,61 62,95 64,31 Molybdänsäure 2,95 7,34 8,07 4,82 3,03 4,38 Pliüsphorsäure 10,24 10,86 11,77 10,17 10,22 Ammoniurnoxyd 10,06 10,39 13,39 12,81 10,74 Die luangelndti Übereinstimmung der Resultate macht jeden Schhiss auf das Atumvorhältniss im gelben Salze höchst ansicher. Die relativen Mengen Mo im gelben Salz und in der Flüssigkeit liegen zwischen 20:1 und 7:1, die des Phosphors zwischen 1:7 und 1:4,5. die des Ammoniums sind mehrfach =s 1:3. Verhalten des gelben phosphormolybdänsauren Kalis zu Kali. Erwärmt man das Salz mit einer Auflosung von Kaliumhy- droxyd, und fügt dieselbe vorsichtig und allmälig hinzu, so ver- schwindet die gelbe Farbe und es entsteht ein weisses unlös- liches Salz. Eine grössere Menge Kali lost es leicht auf. Von Sauren wird es zersetzt indem das gelbe Salz wieder entsteht Beim Trocknen verliert es Wasser. Die Analysen des wasser- freien haben gegeben: 1. 2. 3. 4. Molybdänsäure 79,41 78,87 78,03 77,63 Phosphorsäure 5,07 4,99 4,90 5,33 Kali 15,52 16,14 (17,07) (17,04) 100 liier ist das Mol.-Verhältniss: 100 100 100 K-0 : P'O': MoO-' 1 = 4,6 ; : 1 : 15,5 2 = 4,9 : 1 : 15,6 3 = 5,2 : 1 : 15,7 4 = 4,8 : : 1 : 14,4 vom 2ö. October 1877. Ö87 Hiernach ist das Salz 5K'0 4-P'0*+ 15MoO' 15MoO' = 2160 = 77,92 P^O* 142 5,12 5K'0 470 16,96 2772 100 Es wurde versucht, die Menge des gelben Salzes und die in der sauren Flüssigkeit enthaltenen Bestandtheile zu bestimmen. 1. 2. Gelbes Salz 44,06 37,25 Molybdänsauro 38,64 43,01 Phosphorsäurc 3,04 3,11 Kali (14,26) (16,63) 100 100 Auch hier sind die Mengen des gelben Salzes nicht immer die gleichen. Geht man von der oben angenommenen Zusammen- setzung des weissen Salzes aus, so enthält das gelbe 1. 2. Molybdänsäure 39,28 34,91 Phosphorsäure 2,08 2,01 Kali 2,70 0,33 44,06 37,25 Hieraus folgt von selbst, dass auf diesem Wege die gennu^ Zusammensetzung des gelben Salzes nicht zu bestimmen ist. Dagegen scheint das Yerhältniss der drei Bestandtheile im Filtrat nahezu constant zu sein, insofern K'O : P'O* : MoO' in 1 = 6,7 : 0,96 : 12 2 «= 7,0 : 0,9 : 12 vielleicht 6 : 1 : 12 ist. 588 Oesammtsitzung Der Wassergehalt des weissen Salzes ergab sich, nachdem es eben lufttrocken erschien, bei 200° = 8,03 p. C. 12 Mol. wurden 7,23 voraussetzen. Hat es aber längere Zeit an der Luft gelegen, oder wurde es über Schwefelsäure getrocknet, so gab es nur noch 2,03 — 1,28 — 0,43 p. C. Wasser. Erhitzt man die Flüssigkeit^ welche von dem amorphen weis- sen Salze abfiltrirt war, so entsteht eine starke Abscheidung von einem Salz in Gestalt weisser käsiger Massen. Dies ist dreifach molybdänsaures Kali, welches seinen geringen Phosphorgehalt ge-' wiss nur einer Beimengung von etwas des vorigen verdankt Zwei Proben lieferten nämlich 0,95 und 1,15 p. C, im Mitel 1,05 Phosphorsäure, und überhaupt Phosphorsäure 1,05 Molybdänsäure 75,50 Kali (15,88) Wasser 7,52 100 während K^O -h 3MoO' -f- 2,5 aq = K^Mo'O^^ 4- 2,5 aq hätte ge- bell müssen Molybdänsäurc 75,66 Kali 16,46 W^asser 7,88 100 Das weisse Salz löst sich in Kalilauge leicht auf; lässt man di(; möglichst wenig des letzteren enthaltende Flüssigkeit verdun- sten, so scheiden sich schliesslich kleine undeutliche Krystalle ab, welche auch nur sehr wenig Phosphorsäure enthalten und aas normalem molybdänsaurem Kali bestehen. gefunden 1. 2. Phosphorsäure 0,95 0,85 Molybdänsäurc 59,03 59,95 Kali (39,12) Wasser 0,90 100 vom 25. Octoher 1877, 589 K^O-hMoO' = K'MoO* iat Molybdänsäurc 61,77 Kali 38,23 100 Ich habe aus dem gelben Salze auf diese Art kein phosphor- säurereicheres erhalten können. Während aus dem gelben Ammoniaksalz 3Am^0-t-P'0* 22MoO' durch Ammoniak das farblose krystallisirte 3Am'0 P'0*-t-5MoO' entsteht, sahen wir aus dem gelben Kalisalz 3K20-+-PW-^22MoO» ein weisses unlösliches 5K*0 -H P'O* + 15MoO' sich bilden. Indessen hat Debray angegeben, dass er aus dem gelben Kalisalz und auch aus der freien Phosphormo- lybdänsäure ein Kalisalz = 3K^0 -h P'O* -h 5MoO' erhalten habe, ohne dasselbe jedoch näher zu beschreiben. Da es mir nicht gelang, durch Einwirkung von Kali auf das gelbe Salz eine gut krystallisirte Verbindang zu gewinnen , so schmolz ich 1 Mol. kohlensaures Kali mit etwa 2 MoL Molybdän- säure, versetzte die Lösung mit Phosphorsäure und erhielt durch Verdampfen Krystalle, welche durch Umkrystallisiren von ansehn- licher Grösse erlangt wurden. Sie sind luftbeständig, verlieren aber bei 190° 8,9 p. C, beim Schmelzen 10,62 p. C. Wasser. Die brannrothc Masse bleibt beim Abkühlen klar, und löst sich in Wasser zu einer schwach blauen Flüssigkeit. Die Analysen ergaben: 1. 2. 3. Molybdänsäure 55,21 56,00 Phosphorsäure 1*1,97 11,60 11,75 Kali 21,09 590 Gesammtsitzung Die ziivorlässigsteii Zahlen sind: Molybdansiiure Pliosphorsäuro Kali Wasser 56,00 11, CO (21,78) 10,62 100 d. h. dio Mol. sind = 5:1:3:7; das Salz ist (SK^'O -h P-0' -^ 5MoO') 4- 7aq berechnet öMoC» — 720 — 56,70 piQ5 142 11,18 3K^0 282 22,20 7HH) 126 9,92 1270 100 Es ist in Wasser ziemlich leicht löslich, die Losung rcsigi sauer, Zusatz einer Säure bewirkt, besonders beim Erwärmen, eii Fällung des gelben Salzes. Die Form der Krystalle ist eine zweigliedrige. Es sind Coi binationen eines rhombischen Prismas p von 108^ 30' mit stark Abstumpfung der scharfen Kanten, einem auf p gerade aufgeset ten Rhombenoktaeder o^ nebst dessen zweitem und drittem Pa« von welchen besonders letzteres stark hervortritt Also l I o — a:b:c p — a:b: ooc b = b: ooa q = b:c: oo a r — a : c: oo b berechnet beobachtet 2A = 126^ 12' 127" 15' o| 2B = 102 8 101 55 2C 101 30 vom 25. 0 Ctoher 1877, 591 berechnet beobachtet p:p = •108° 30' b — 125° 45' 125 45 q:q = 108 52 b = 125 34 126 40 r:r — 90 24 91 0 o:b = IIG 54 116 40 P = *140 45 q = 141 4 141 0 r = 153 6 153 20 Hieraus folgt a:b:c = 0,7199:1:0,71505. Die nahe Gleichheit von a und c nähern das System dem vierglied- rigen. Keine Zone ist vorherrschend ausgebildet; überhaupt sind die Krystalle mit einander stark verwachsen, und für scharfe Messun- gen nicht glänzend genug. Dieses Salz hat mithin ganz dieselbe Zusammensetzung wie das von Zenker entdeckte Ammoniaksalz. Ein anderes Kalisalz entsteht, wenn man das dreifach molyb- dünsaure Kali^ dessen Abscheidung vorher erwähnt wurde, in mög- lichst wenig Kalilauge löst und hierzu etwas Phosphorsäure fügt. Aus dieser Lösung schiessen lange weisse glänzenden Prismen an- deren Reaktionen ähnliche sind wie die des vorhergohendeo. Al- lein ihre Zusammensetzung ist eine andere. Bei 120° betrug der Gewichtsverlust 13,49 p. C. und nahm in höherer Temperatur nicht zu. Eine Probe verlor beim Schmel- zen 14,3 p. C. und hatte dann gleichfalls eine braune Farbe. [1S77] 43 .-r ..* 592 GeaammtHÜzung Die Analysen gaben 1 . 2. Mittel Molybdänsanre 56,44 56,37 56,40 • Phosphorsäurc 11,09 11,58 11,33 Kali (17,97) Wasser 14,30 14,30 100 Hier ist das Mol.-Verhultniss nahezu = 4,9:1:2,4:10, == 5:1:2,5:10 (5K^0 4- 2P=0'^ 4- lOMoO») 4- 20aq. lOMoO'-' = 1440 = 56,38 2P''0' 284 11,12 5K''0 470 18,40 20H^O 360 14,10 2554 100 Die Kry stalle sind rechtwinklige Prismen ab, begrenzt vo einem Rhombcnoktaeder o und der geraden Endfläche c. o == a:b:c a = a:aob:ooc b = b: ooa: oo c c = c: ooa: oo b berechnet beobachtet f2A = 115° 34' 116° 20' o j2B = 114 20 114 10 99 0 o:a ==: »122 50 b = 122 13 122 15 c = »130 30 [2C = Also B:b:c = 0,98327:1:0,82092. vom 25. Ociober 1877. 593 Zenker erhielt aus einer Auflösung von Molybdunsäurc in Clilorwasserstoffsäure, welche er nach Zusatz von wenig Phosphor- säurc concentrirtc und mit Kali sättigte, grosse messbare Krystalle, der Beschreibung nach den von mir gemessenen ähnlich, von glei- chen Reaktionen, worin er Phosphorsäure 7,24 Kali 17,77 Wasser 14,50 fand. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Phosphorsäurebo' Stimmung unrichtig, und das Salz ident mit dem zuvor beschrie- benen ist. Debray fuhrt an, er habe aus den Salzen 3R'0 -f-P'O^-l- öMoO' durch massige Wirkung einer Säure krystallisirte Salze von der Formel 5R''O4-2P^O'-M0MoO* erhalten, ohne sie jedoch zu beschreiben. Wie man sieht, gehört das oben beschriebene Kalisalz hierher. Die Auflösung dieses Salzes färbt sich auf Zusatz von Sal- petersäure intensiv gelb und setzt beim Erwärmen einen gelben Niederschlag ab, allein die Flüssigkeit bleibt gelb. Ein Versuch gab Gelbes Salz 24,36 Molybdänsäure 34,23 Phosphorsäuro 10,86 Kali (16,45) Wasser 14,10 100 Geht man von der Zusammensetzung des gelben Salzes aus, so hat man im Niederschlag in der Flüssigkeit Molybdäusäure 21,38 34,23 = 55,61 Phosphorsäure 0,96 10,86 11,82 Kali 2,02 (16,45) 18,47 (14,10) 100 43» 594 Gesammtsitzung Es wurden dann die Bestandtheile sich verhalten wie 1 : 1,6 1 : 11,3 1 : 8,1 Es scheint also, als ob 5 Mol. das des krystallisirten Sahes 1 Mo), des gelben bilden, während eine Verbindung aufgelost bleibt. welche reicher an Phosphorsdure und Kali ist als die ursprüng- liche. Aber auch dieses Verhaltea ist nicht geeignet, die Zusam- mensetzung des gelben Salzes sicher zu stellen. Hr. Weicrstrafs trug die folgende Mittheilung des Hrn. H. Schroeter zu Breslau vor: Über eine den Brennpunkts-Eigenschaften der Kegel- schnitte analoge Eigenschaft gewisser Oberflächen zweiter Ordnung. Bekanntlich ist der Ort eines Punktes in der Ebene, dessen Abstände von einem festen Punkte und einer festen Geraden in unverändertem Verhältnisse stehen, ein Kegelschnitt, für welchen der feste Punkt und die feste Gerade Pol und Polare sind, und zwar der Pol ein solcher ausgezeichneter Punkt (Brennpunkt des Kegelschnitts), dass die ihm zugehörige Strahleninvolution in Be- zug auf den Kegelschnitt eine circulare ist, d. h. alle Paare coo- jugirter Strahlen durch den Punkt rechtwinklige Strahlenpaare sind. Es existirt eine dieser Eigenschaft durchaus analoge für die Oberflächen zweiter Ordnung, welche bisher nicht in ihrer Voll- ständigkeit ausgesprochen zu sein scheint. Chaslea^) hat gezeigt, dass der Ort eines Punktes, dessen Abstände von swei festen 1) Joamal de math^matiqucs, publie par J. Liouville 1. 1. p. 330. V07n 25. October 1877. 595 windschiefen (im Räume sich nicht treffenden) Geraden in einem unveränderten Verhältnisse stehen, ein gewisses einschaliges Hy- perboloid ist von der besonderen Eigenschaft, dass seine Kreis- schnitte rechtwinklig stehen auf zwei erzeugenden Geraden dessel- ben. Auch lässt er a. a. O. erkennen, dass die beiden gegebenen Geraden conjugirte Strahlen (reciproke Polaren) in Bezug auf dies Hyperboloid sind. Es muss aber noch die characteristische Eigen- schaft desselben hinzugefugt werden, dass die diesen beiden conjugirten Strahlen zugehörigen Ebeneninvolutionen (d. h. die Paare conjugirter Ebenen in Bezug auf das Hyperboloid, welche durch jeden der beiden Strahlen gehen) circulare sind oder aus Paaren rechtwinkliger Ebenen bestehen. Diese Eigenschaft lässt erst die vollständige Analogie mit der ebenen Figur hervortreten. Nennen wir ein solches einschaliges Hyperboloid, dessen Kreis- schnitte zu zwei Erzeugenden desselben rechtwinklig sind (ein Hy- perboloid, welches erzeugt werden kann durch zwei projectivische Ebenenbüschel, deren Axen sich nicht treffen und deren entspre- chende Ebenen zu einander rechtwinklig sind) der Kürze wegen ein ,)krei8vcrwandte8 Hyperboloid^, so lässt sich folgender Satz aussprechen : Eine Oberfläche zweiter Ordnung, für welche zwei conjugirte Strahlen circulare Ebeneninvolutionen zu zu- gehörigen haben, ist ein kreisverwandtes Hyperboloid und hat unendlich viele solcher Paare conjugirter Strah- len mit zugehörigen circularen Ebeneninvolutionen. Ir- gend eines derselben besitzt die Eigenschaft, dass das Vcrhältniss der Abstände eines jeden Hyperboloidpunk- tes von den beiden Strahlen einen unveränderlichen Werth hat. (Dieser Werth ist für jedes solche Strahlenpaar ein anderer.) Ein besonderer Fall des kreisverwandten Hyperboloids ist das gleichseitig-hyperbolische Paraboloid, d. h. ein solches hyperboli- sches Paraboloid, dessen beide in der unendlich - entfernten Ebene enthaltenen Erzeugenden zu einander rechtwinklige Richtungen ha- ben. In diese Fläche geht jene über für den constanten Werth des Abstandsverhältnisses = 1. Auch bei dem gleichseitig-hyper- bolischen Paraboloid giebt es unendlich viele Paare conjugirter Strahlen mit zugehörigen circularen Ebeneninvolulionen, und jedes 596 GesammUitzung solche Strahlenpaar besitzt die Eigenschaft, dass alle Punkte des Paraboloids von beiden Strahlen gleich weit abstehen. Ein beson- deres Strahlenpaar dieser Art sind die Leitlinien der beiden Pa- rabeln in den Hauptschnitten. Der Unterschied zwischen den analogen Eigenschaften der ebenen und der räumlichen Figur bietet eine bei geometrischen Untersuchungen mitunter auftretende Erscheinung dar: Während in der Ebene bei jedem Kegelschnitt (und zwar zweimal) ein Paar von Pol und Polare vorhanden ist, bei dem die dem Pol zugehö- rige Strahleninvolutiou eine circulare ist, giebt es im Räume nicht bei jeder Oberfläche zweiter Ordnung conjugirte Strahlen mit zu- gehörigen circularen Ebeneiiinvolutionen. Damit solche vorhanden seien, muss die Oberfläche eine gewisse Bedingung erfüllen, näm- lich ihre Kreisschnitte müssen rechtwinklig stehen auf zweien ihrer Erzeugenden. Ist aber diese Bedingung erfüllt, dann giebt es un- endlich viele Paare solcher conjugirter Strahlen. Die a. a. O. von Chasles gegebene Herleitung des oben aus- gesprochenen Resultates entspricht nicht vollständig rein-geometri- schen Ansprüchen, weil sie schliesslich auf die analytische Glei- chungsform der Oberfläche zweiter Ordnung recurrirt. Auch eine neuerdings von Hrn. A. Schon flies ^) gegebene Darstellung lässt weder die characteristische Eigenschaft der Oberfläche zweiter Ord- nung erkennen, noch besitzt sie denjenigen Grad von Einfachheit, dessen die Herleitung dieser Eigenschaften fähig ist. Die vollstän- dige, auf rein geometrischen und durchaus elementaren Construc- tionen beruhende Ableitung des mitgetheilten Resultates behalte ich mir vor an einem andern Orte zu veröffentlichen. ^) Synthetigch-geometrischc Untersuchungen ilbcr Flächen zweiten Gra- des, Inaugural-Dissertation von A. Schön flies. Berlin 1877. vom 2ö. Octoher 1877. 597 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: D. Tommasi, liicercke fisico-chimiche etc. Extr. 1877. 8. Centraibliiti für praktische Augenheilkunde, Hercaugegeben von Dr. J. Hirsch- berg. Jahrg. I. Juli 187T. Leipzig 1877. 8. A. Uiccü, Relazione j'ra il minimo Angola vimale etc. Extr. 8. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrg. 1877. N. XX. Sitzung der math.-naturw. Classe. 8. 7?. htitutü Lonihardo di sciefue e lettere. Rendiconti. Serie IL Vol. IX. Milano 1877. 8. Memorie del B. Istituto Lombardo di scienze e lettere. Classe di ncienze ma- tematiche e naturali. Vol. XIII. — IV. della Serie III. Fase. III e ult. — Classe di lettere etc. Vol. XIII. — IV. della Serie IIL Faso. IIL ib. cod. 4. Iteports o/ the Mining Survetfors and Registrars. Quartcr Ended 30^**. June 1877. Melbourne 1877. fol. A. Favre, Rapport du President de la Socicte de physique de Geneve. 1877. 4. Vom Verf. Rivista Europea. Vol. IV. Fase. IL 16. Ottobre. N. Serie. Anno VII. Fi- renze 1877. 8. Memorie dell* Accademia delle scienze doli' Istituto di Bologna, Serie III. T. VIL Fase. 1. 2. 3. 4. Bologna 1876—77. 4. Rendiconto delle Sessioni dcll' Accademia delle scienze dell* Istituto di Bo- logna. Anno Accad. 1876—77. ib. 1877. 8. 598 Sitzung der physikalüch-mathematUchen Klasse 29. October. Sitzung der physikalisch -mathema- tischen Klasse. Hr. O. Kirchhof f las folgende Abhandlung: Zur Theorie der Bewegung der Elektricität in unterseeischen oder unterirdischen Telegraphendrähten. Sir William Thomson hat schon im Jahre 1855, von der Hypothese ausgehend, dass bei einem unterseeischen oder unter- irdischen Telegraphendrahte der Einfluss der Induktion, die eine Folge der Änderungen der Stromintensitat«»n ist, gegen den Ein- fluss der Ladungen vernachlüssigt werden kann, den Satz abgelei- tet, dass die Elcktricitut in einem solchen Drahte sich nach den- selben Gesetzen fortpflanzt, wie die geleitete Wärme. Ich erlaube mir der Akademie eine Ableitung dieses Satzes vorzulegen, die auf derselben Hypothese beruht, aber von allgemeineren Principien ausgeht, als die von Hrn. Thomson gegebene, und einige For- meln anzuknüpfen die, soviel ich weiss, noch nicht veröffentlicht sind. Die Grundlage der Rechnung sollen die Annahmen bilden, die Hr. Helmholt z in seiner Abhandlung im 72ten Bande von Bor- chardt's Journal ausgesprochen hat. Es handle sich um ein Sy- stem von sich berührenden, ruhenden Leitern, von denen jeder ein- zelne homogen ist, und die von einander sich unterscheiden durch ihre Leitungsföhigkeit und dielektrische Polarisirbarkeit; an ihren Berührungsflächen mögen constante elektrische Differenzen stattfin- den. Es seien x, y^ z die rechtwinkligen Coordinaten eines Punk- tes in einem der Leiter, «, y, w die Componenten der Stromdich- tigkeit, ccyß^y die Componenten dos auf die Volumeneinheit be- zogenen elektrischen Moments in ihm zur Zeit t^ /. die Leitungs- fähigkeit, k eine, die dielektrische Polarisirbarkeit des Leiters be- stimmende Constante; man hat dann 4- ÖX dy dz vom 29. October 1877. 599 U = — >. r— « = dx . = _;.|? /3 = -<^ 1) dy dw WO (f, das elektrostatische Potential, eine Funktion von x^y^z und ^ bedeutet. Diese lässt sich als aus 3 Theilen zusammengesetzt betrachten; der erste rührt her von der freien P^iektricität, die theils im Innern, theils auf den Oberflächen der Leiter sich befindet, der zweite von der dielektrischen Polarisation, der dritte endlich von den elektrischen Doppelschichten, die in den Berührungsflächen heterogener Leiter, zwischen denen elektrische Differenzen stattfin- den, liegen. p]s mögen diese Theile der Reihe nach Z7, F, W ge- nannt werden. Um Ausdrucke für sie bilden zu können, bezeichne man durch £ die Dichtigkeit der freien Elektricität im Innern, durch e diejenige an der Oberfläche für den Funkt {x, y, z) zur Zeit ^, durch &' und e' die entsprechenden Grössen für einen an- dern Punkt (.r', y\ 2'), durch rfr' ein Yolumenelement, durch ds' ein Flächenelement, in dem der Punkt (a/, y', s*) liegt, durch r die Entfernung der Punkte (o?, y, z) und (j/, y\ 2'); man hat dann a=f^.:0^. wo die Integrationen über den ganzen Raum und alle die Flächen auszudehnen sind, wo freie Elektricität sich befindet. Bei entspre- chender Bezeichnung ist ferner und endlich ist '=ß'i4*4*4i)- W ==ß''U''> wo ds' ein Element der Flächen bedeutet, an denen elektrische Differenzen ihren Sitz haben, n' eine Normale dieses Elementes und -iTrh' die entsprechende elektrische Differenz. GOO Sitzung der phyMikalisch-ma thematischen Klasse Aus der Bedeutung der Zeichen u, v, Wy e, e folgt du dv dio 3 e 8j: 8y 8-2 8< und, wenn man die Indices 1 und 2 auf zwei sich berührende Leiter bezieht und Ui die nach dem Innern des ersten, f?) die nach dem Innern des zweiten gerichtete Normale eines Elementes der Berührungsfläche nennt, UiCOB(nix) 4- t?iCOs(fiiy) -f- WiC08(niz) 4- tt-jCOs(fiiX) 4- r3C08(«3y) H- WiC0s(n.2z) = — — • o t Substituirt man in diese beiden Gleichungen die Werthe von u v^w aus 1), so werden dieselben und ds XA^ = - 2) dq> d(p _de Es ist leicht aus den aufgestellten Relationen eine partielle Differentialgleichung und Grenzbedingungen zu bilden, welche nur die eine unbekannte Funktion (jp enthalten. Zu diesem Zwecke sollen zunächst die 3 Theile von q) einzeln betrachtet werden. Aus dem Ausdrucke von U folgt, dass Ai7 = — 47re , und ferner, dass U selbst überall stetig ist, seine Differentialquo- tienten nach o;, ^, z aber an der Berührungsfläche zweier verschie- denen Leiter so unstetig sind, dass dU dU -- = — 4716. 8 Wi 8 W.J Der für V aufgestellte Ausdruck lässt sich durch partielle Inte- gration so umgestalten, dass man erhält vom 29, Ociober 1877. 601 /ds' — (rt'co8(w'x) H- ß'co8(n'y) 4- y'cos(n'z)\ , wo ds' ein Element der Oberfläche irgend eines der Leiter, n' die nach dem Innern dieses gerichtete Normale von du' bedeutet. Hieraus folgt, dass a/3 AV /dct 9y dass V selbst überall stetig ist, seine Differentialquotienten aber an der Berührungsfläche zweier Leiter so unstetig sind, dass ;: h r— = 47r(«iC08(7iia?) -f- PiCOSfniw) H- 7iCOS(ni2:) Olli OWj ^ -f- cco cos (fUi.v) 4- ß^cos (n^y) -+- 72C08(n2^)). Bei Rücksicht auf 1) werden diese beiden Gleichungen AV = — 4rrkA

.i^

für t = 0, so folgt aus 4) 4TrX % A 1+471* WO e die Basis der natürlichen Logarithmen bedeutet. Es ver* schwindet also Aq> immer, wenn es für ^ =z= 0, d. h. für einen Werth von <, verschwindet. Die Gleichung A()p = 0 ist gleichbe- deutend mit der Gleichung e = 0 wegen der Relation zwischen Aq> und s, aus der eben 4) abgeleitet ist. Es werde angenommen, dass in einem Augenblick keine freie Elektricität im Innern der betrachteten Leiter vorhanden ist, dann befindet sich hier nie freie Elektricität und an Stelle von 4) tritt die partielle Differentialglei- chung Aq) = 0. Ferner möge vorausgesetzt werden, dass elektrische Differenzen in dem betrachteten Systeme nicht wirksam sind, die Grössen h also verschwinden; dann lässt sich die Gleichung 5) durch die Bedin- gung ersetzen, dass (jp überall stetig ist. Hierzu kommt die Glei- chung G), die, wenn mau vom 29, Octoher 1877. 603 1 -\- ^Trk 4^ = ^ setzt, also durch 4tnyL die sogenannte Dielektricitätsconstante be- zeichnet, dt \ oTii on-ij öTii dop wird. Durch die Annahme, dass (p in der Art von / abhängt, dass es den Faktor enthält, wo v eine Gonstante bedeutet, verwandelt dieselbe sich in (^iH-»'M,)^-h(>.,-h»'^)^ = 0. Es soll diese Annahme gemacht und u imaginär gewählt wer- den; es wird dann q> complex; aber in dem reellen Theile dessel- ben hat man eine reelle Lösung der Gleichungen 4), 5), 6), da diese Gleichungen linear und homogen sind und nur reelle Coeffi- cienten enthalten. Das Leitersystem sei so gestaltet, dass alle Be- rührungsflächen verschiedener Leiter kreisförmige Gylinder sind, die die 2: -Achse zur gemeinschaftlichen Achse haben, und es sei, wenn Va^^y' = f gesetzt wird, q> nur eine Funktion von t, ;: und §. Die partielle Differentialgleichung für q> ist dann 3'flp 8'flp 1 dq> — - H H ^ = 0 und die Grenzbedingungen sagen aus, dass an den Berührungs- flächen 3cp

= e»' •:'"'* {ÄP(m$) -+- BQ(m^)) 7) setzt, wo A und B willkührliche Constanten bedeuten, die für die verschiedenen Leiter verschiedene Werthe haben können, und P und Q durch die Gleichungen defiuirt sind P(x) = 1 + -- -+- ^-^„ H ^ 2^ (2'4y Q(.) = -P(x)(lgf+0.577.)+-^4-^|.t*) a Zur Vervollständigung der Definition von QQe) muss noch hiniu- goffigt werden, dass der darin vorkommende lg.J reell sein soll, wenn .r reell und positiv ist, und sicii stetig andern soll, wenn i sich lindert. Da der reelle Theil von m positiv bleibt, so ist hier- durch Q(.r) eindeutig bestimmt für alle Werthe, die sein Argument in der Gleichung 7) erhält. Es hat dabei Q(mf) die Eigenschaft für ^ = oo zu verschwinden; für ^ = 0 ist Q(tn§) unendlich; P(m§) dagegen bleibt für ^ = 0 endlich und wird unendlich für ^ = oo. Der betrachtete Fall soll nun dahin spccialisirt werden, dass nur drei Leiter vorhanden sind, ein Kupferdraht vom Radius ^i, eine Hülle von Guttapercha, deren äusserer Radius ^ ist, und aus- serhalb dieser eine, sich ins Unendliche erstreckende Wassermasse. Auf den Kupferdraht möge der Index 1, auf das Wasser der In- dex 2 bezogen werden^ während die auf die Guttapercha bezug- lichen Grössen ohne Index bleiben sollen. Wegen der erwähnten Eigenschaften der Funktionen P und Q muss dann i?i = 0 und ^2 = 0 sein und die Stetigkeitsbedingungen sind, wenn man vofn 2.9. October 1877. 605 ^> = P'(x) , '-1^ = Q'(x) setzt, ÄP(m^;)H'BQ(tn§2) = ^sQC»»^,) (X -f- i'fA) (A P'(m^,) -h B Q'(m^a)) = (X, -h t'Mi) i5j Q'(m^). Daraus folgt, dass die Determinante X -h i'f^ — X, — vfXi , (X -f- j'/ia) j^,.\^ — (X, -h i'^i) ^^ P'imo,) P(m^O M2 verschwindet Der Modul von v soll so klein sein, dass u gegen Xj und X2 vernachlässigt werden kann; da /ü, |u, und /!^ nichtsehr grosse Zahlen sind und X sich als unendlich klein gegen X, und >^ betrachten lasst, so wird dann diese Gleichung Xi , (X 4- vi^) ^r/"N ~" ^1 n7~\ ^P'(m^i) P(rno,) (X H- i/fA) , — Xj TTT— '-7 , Xa = 0 Nun werde die Hypothese gemacht, dass der Modul von w^i, also auch der von m^, als unendlich klein angesehen werden kann; die Rechnung wird zeigen, dass es einen solchen Werth von m giebt. Setzt man der Kurze wegen 80 hat man unter der genannten Hypothese (30G Sitzung der iihysikalisch-mathematuchen KlasMe P(meO = 1 P'CmjO = wo, Q(w^,) = — Igvmji Q'O»^,) = — w^i P(wi^,) = 1 P'(m^,) = w^a Q(to^,) = — Ig7?/if2 Q'Oä^jO = — m^ Daher wird die Gleichung zwischen u und m 1» ^1 w^5 >.j 2 lg7Wf, ' Aa oder, du .2 -a (X-^l'fi)--^^- gegen 2 IgyWJ unendlich klein ist, a^i i^fa 2 ^, = 0. 8) Diese Gleichung ist von derselben Form, wie eine, auf die man bei der Theorie der Wärmeleitung in einem Stabe gefuhrt wird, woraus der Eingangs erwähnte, zuerst von Hrn. Thomson aus- gesprochene Satz folgt. Für das Innere des Drahtes ist bis auf unendlich Kleines P(mo) = 1 und daher nach 7) wo A die oben mit Ay bezeichnete Constante bedeutet, oder auch, wenn B eino neue Constante ist. (p = Ae''*-^'"^^ -h Be''^-'"'\ Nun mache man I' = in rom 29. Octoher 1877. 607 wo n eine reelle, posityre Grussc bedeuten soll; dann wird Um aus dieser comploxen Losung der für «jp aufgestellten Bedin- gungen eine reelle zu linden, mache man m = « — i/3 , Ä = C — iC , B = D -- iD' , wo « positiv sein muss, da der reelle Theil von m positiv sein sollte, und setze cp = dem reellen Theile des in 9) gegebenen Ausdrucks. So erhält man q) = e^'(Ccos(nt-\-ccz) -h C'»in(nt-i-ctz)) 10) + e~^' (D cos (nt — « r) + D'sin (nf — az)). Diese Gleichung stellt zwei Wellenzüge dar, von denen der eine in der Richtung der r- Achse, der andere in der entgegengesetzten Richtung mit der Geschwindigkeit n et fortschreitet, und bei denen die Höhe einer jeden Welle bei ihrem Fortschreiten in einem Verhältniss abnimmt, das durch den Werth von ß bestimmt ist. Die Dauer der Periode, die q) in Bezug auf die Zeit hat, ist 2^ n Zur Bestimmung von cc und ß hat man der Gleichung 8) zufolge ß^-^a' =: —^ ßct = nyL >i^?log^ die zweite von diesen Gleichungen zeigt, dass ß positiv ist, da et es ist. Ist >., die Leitungsfähigkeit der Guttapercha, = 0, so wird [1877] 44 G08 Sitzung der j)hy$ikalinrh'mathematisehen Klasse a = li h >irMog^ ^» Nimmt X von Null an zu, so muss von den Grossen « und ß zu- folge der zweiten der für sie aufj^^estellten Gloicliiingen die eine zu-, die andere abnehmen; zufolge der ersten nimmt fi zu und a ab. Je grösser die Leitungsfähigkoit der Guttapercha ist, um so grösser ist also die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen, um so scliiu'ller nehmen diese aber auch an Höhe bei ihnMn Fortschrei- ten ab. Ist >. sehr klein gegen n, so wird I J^ _( ^__\ o / ^!t ( 2:S\ l >.,o;logi- ^ ^ 1/ >.,^ilog^ ^ ^ Wenn der Draht in der Richtung der positiven j7- Achse als unbegrenzt anzusehen ist, so müssen die Constanten C nnd C in der Gleichung 10) gleich Null gesetzt werden, damit innerhalb des Drahtes (p nicht unendlich w^erde. Ist überdies für c = 0 qp = cosn^ , 11) so folgt aus 10) (f = e"^^ cos (nt — ctz) , Es soll nun noch der Fall behandelt werden, dass die Bedin- gung 11) besteht, der Draht aber bei z =z l begrenzt und hiermit der einen Belegung (^ines Condensators verbunden ist, dessen an- dere Belegung mit der Erde in gut leitender Verbindung steht. Ist r die Capacität des Condensators, so muss dann für z = l c^-f = -7r^?> ?-? 12) öt ^ oz ^ sein, da, wenn J die Intensität des Stromes in irgend einem Quer- schnitt des Drahtes bezeichnet, •^=-'^?^^f 13) ist vom 29. Octoher 1S77. 609 Zunächst werde der in 9) für 9 gegebene complexe Ausdruck der Bedingung 12) und der Bedingung angepasst, dass für 2 = 0 qp = e'*»' 14) ist; der reelle Theil davon genügt dann den Gleichungen 10), 11), 12). Setzt man cn TT ^, /., SO geben die Gleichungen 12) und 14) zwischen den in 9) vor- kommenden Constanten A und B die Relationen ^(7 4-w) = ilf (cosS'-htsinS) (74-^)6"»' — (7— m)€r«'«' = jV(co8*j-4-t8in>j) , d. b. 44# GIO Sitzung der physikalisch'inathejnatischen Klasse J/co8^ = e^^^-'H(y -ha) cos ic(l^z) -f- ßsma(l — z)) + e- ^^^''H(y— cc) cosa(l — z) -+- /3 sin « (/ — r)), Msin^ = e®"-=^((74-«)8in«(/ — r) — /3cos«(/ — r)) — e'^^^^'H(y — ct)»mct(l — z) — ßco8a(l — z)U Neos vj = e''"^ ( (7 H- «) cos ctl -h ß sin « /) zVsin Y} = e^^ ((7 4- «) sin « / — ß cos « /) + ^" '''((7 — fO^'^^"^ — ßcosctl)^ mit der Bcstinimung, dass Af und A' positiv sind; dann ist M a = ^^{yjcr^ß'^ ^ S = arctg ^ -h 3 — tj , wo der arctg im ersten Qnadrfinten zu wählen ist. M und er sind von r abhängig, während alle übrigen in den Ausdrücken von a und 6 vorkommenden Grössen davon unabhän- gig sind. Für z =z l hat man M = 27 , 3- = 0 , für z = 0 ilfcos3 = f'^'((7-|-«)cos«Z + ^sinrr/) + e"*^'((7 — rt)cosrtZ 4- /3sin«/) il/sin3 = e^^{(y-+'(c)s\nnl — ßcosal) — c""^' ((7 — «)sin«/ — ßcosnl). Nimmt man die Capacität des Condensators, also auch 7, als unendlich gross an, so hat man denselben Fall, wie wenn das Ende des Drahtes z =z l uumittelbar mit der Erde in gut leitende vom 29. October 1877. 611 Verbindung gesetzt ist. M und N erhalten dann den Faktor y; unterdrückt man diesen, was geschehen kann, ohne die Richtigkeit der Gleichungen für a und S zu beeinträclitigen, da in diesen nnr das Verhältniss von M und N vorkommt, so erhält man AfcosS = (e^^'---J-f-e-^<'-*>)co8«(/ — r) ifsinS- = («ßf'-') — 6-^f'-'>)sin«(/ — 2) xVcos vj = (e^' — e~'^') cos et l A^sintj = (e^'-f-e^^Osin«/. Hr. W. Peters legte vor: Übersicht der Amphibien aus Chinchoxo (Westafrika), welche von der Africanischen Ci CS ellschaft dem Berliner zoologischen Museum über- geben sind. A. Reptilia. Crocodilini. 1. Crocodllus vulgaris Cuvier. 2. ^ catapkractus Cuvier. 3. „ frontatus Murray. CHELONII. 4. Cinixys erosa Schweigger. 5. Sternothoßrus derbianus Gray. G. Trionijx triunguis Forskäl? Die westafricanische Art ist vielleicht von der des Nils verschieden, was sich aber leider nicht entscheiden lässt, da dem einzigen Exemplar der Schädel fehlt. 7. Cycloderma Äubryi Dumeril. Schild. G12 Sitzung der pht/aikalisch-mathemathischen Klasse Lacektilia. 8. Chamaeleo senegalensis Daudin var. gracilis Hallow. 1). n dilepis Leach. 10. Hemidactylus mabouia Moreau de Joannes. 11. Agama colonorum Daudiu var. nov. congica. Die in Chinchoxo vorkommende Art oder Abart stimmt mit A, colonorum in der Zahl der Schuppenreihen (68 bis 70 Längs- reihen), sowie überhaupt im Bau und in der Pholidosis des Kopfes und der Gliedmafaen uberein, die Zeichnung der jungen Exem- plare (bei den ausgewachsenen verschwindet sie) ist aber sehr verschieden und besteht in zwei Reihen schwarzer Ringe jeder- seits und in schwachen Strichen und Fleckchen längs der Mitte des Rückens auf olivenfarbigera Grunde.^) ^) Zwei andere Aganion, welche eigcnthümliche Localarten oder Rassen repräseutiren, sind: 1. Agama pfcticquda n. sp. In der Mitte zwischen A. colonorum und A. planiceps stehend, von der ersteren verschieden und dadurch mehr mit der letzteren übereinstimmend durch den ganzen Habitus, die beiden grösseren glatten Schuppen neben dem Occipitalschilde, die längere Schnauze und den mehr abgeplatteten und heller gefärbten Kopf. Ich hatte dieselbe daher auch früher {Monatsb, 1875. p. 197) zu derselben gestellt. Der Kopf ist um ein Drittel lunger als breit und ungefähr am eben so viel breiter als hoch, dvie bei den Oculiniden und es entwickelt sich kein äusseres Goenenchym. Danach sollen sie mit Dendrosmilia, Sti/losmilia u. Placophyllia zusammenfallen. Zu den eigentlichen Oculiniden rechnet er dann die Genera Milne E. u. Haimes und die Stylasteridae Gr. Andrerseits scheidet Pourtales aus der Familie der Oculmi- dae bloss die Stylasteridae und bringt sie in eine besondere Fa- milie, die den Eupsammidae und Echinoporidae nahe stehn soll, in- dem auch bei den Stylasteridae das Goenenchym mit Poren durcli- bohrt ist, mit ihnen vereinigt er wie Gray die Gattungen Disticho- jwra, Lepidopora und Errina^ Axohelia vereinigt er mit Madracis, Allopora inadeirensis Johnst. Zwei Zweigstückchen von 2 cm. Höhe dieser zierlichen Form kamen mit dem Schleppnetz westl. von Madeira aus 50 — 70 Faden. Dieselben stimmen g^nau mit der Beschreibung und Abbildung von Johnst. in Proceedings of the Zoological soc. of London. Juni 1862 überein. Johnston rechnet die Form zu Allopora^ weil die für Stylaster charakteristi- schen Poren und Ampullen fehlen, andrerseits würde für Stylaster die regelmässige Anordnung der Kelche an den Zweigen sprechen. Die Anordnung der Kelche weicht übrigens ebenso von Allopora wie von Stylaster ab, die Öffnungen derselben sind nämlich an dem fächerartig ausgebreiteten Stock alle nach einer Fläche hin gerich- tet, wie dies bei Cryptohelia u. Endohelia der Fall ist. Auch sehn wir am Stamm nur eine Reihe querverzogener Kelche nach der- selben Richtung hin angeordnet. Eigeuthümlichkeiten die mit dem compakten Goenenchym vielleicht ein neues Genus berechtigen würden. Cryptohelia pudica M. E. u. Haime. Drag. 60 aus 597 Faden in Br. 35° 21' S. u. L. 175° 40' 0„ lebend 3 Exemplare, in Drag. 62: Aus B. 14° 52,4 S. u. L. 175° 32'7 W. in Ü04 Faden todt. Die vorliegenden Exemplare halte ich nach der Beschreibung von Milne Edwards und den Abbildungen mit dieser Art für iden- tisch. Das am meisten erhaltene Stöckchen, fächerförmig ausge- breitet, ist 18 mm. hoch, der Stamm dick, die Zweige schlank, cy- lindrisch, die Kelche im Durchmesser zwei Millim., breiter als die G34 GesammUitzung Äste. Die Lippe, welche den Kelch bedeckt, überragt die Fossa, Avelche sie vollstäudig bedeckt. Sie bricht sehr leicht ab. Septen siud 24. Die Weichtheile sind weiss. Der Stamm zeigt eine eigeiithümliche Wucherung. Er eut- hfilt nanilich eine nohlung, die nach aussen von einer dünnen Kalklanielle gebildet wird, nach oben und unten ist eine Öffnung. In der Höhlung wohnt eine kleine Eunicide. Die Höhlung ist wahrscheinlich dadurcli entstanden, dass der Wurm sich an den Stamm festgesetzt hat, dadurch einen Reiz auf das Coenenchym ausgeübt hat, das nun lamellenformig überwucherte. Das Exem- plar von Milne Edwards stammte ursprunglich von Neu Guinea. Nach den ikiefen von Willanioes Suhms vom Challenger in der Z. Z. Bd. 1»75 wurde Cryptohelia bei Fidji und Tonga in 100 — 300 Faden und a. a. Orten zahlreich gedredscht, Pourtales fand eine ähnliche Form, Cryptohelia Peircei^ die sich wenig unter- scheidet, sie hat weniger und geringer entwickelte Septa auch eine etwas schwächer entwickelte Lippe, in der Floridastrasse in 270, 2G2, 324 und GOO Faden, dort todt. Demnach scheint in beiden Occanen CryjHohelia eine verbreitete Form in mittleren Tiefen zu sein. Stylaster. Die Gattung Stylaster ist von Allopora nur da- durch unterschieden, dass die Kelche an den Zweigen bei Stylaster in alternirendeu Reihen stehen, während sie bei Allopora unregei- massig zerstreut sind, mit andern Worten, bei Allopora wird auch an den Asten, wie am Stamm ein Coenenchym entwickelt, während dieses an den Asten bei Stylaster fehlt, ausserdem besitzt Allopora nach Milne Edw. ein ganz glattes Coenenchym, während dasselbe bei Stylaster Höcker und Warzen trägt; einen direkten Übergang zu Allopora bildet der Stylaster (jranulosus M. E. u. H., wo die Kelche an den Zweigen zerstreut stehn, das Coenenchym noch warzig ist. Nach M. E. u. H. zerfallen die Stylaster in drei Grup- pen, erstens solche, bei denen die Kelche an dem fächerfr)rraig aus- gebreiteten Stock nur gegenständig in Reihen stehn, dahin SL fla- helliformis Lam., gracilis M. E. u. H., ßloyranus Pourt., punctatus Pourt. u. Ditchassaingii Vau ri.^ zweitens solche, bei denen ausser den gegenständigen Kelchen noch auf Stamm und Ästen Kelche zer- streut stehn. Dahin Stylaster roseus Pall., sanguineus Vac, gern- inascens Esp., erubesceiis Pourt. u. complanatus Pourt., endlich vom i. November 1877. 635 Bolche, bei denen die Kelche zerstreut auf den Asten stebn. Su granulosus M. E. u. 11. Zur ersten Gruppe gebort ein Stylaster^ der in Br. 34. 9 S. u. L. 172° 35,8 O. aus 90 Faden, nordlicb von Tbree King islands gedredscbgt wurde. Drg. 58. St. laevis n. sp. (Fig. 5 a. b.). Glattes Stäuiinchen, mit brei- ter Basis aufgewachsen die Zweige in einer Ebene ausgebreitet. Das Stämuichen ist schwach gebogen und spaltet sich in 30 mm. Höhe in zwei glatte Aste, die unter spitzen Winkeln von einander abstolin. Stamm und Aste tragen kurz gestielte Kelche gegen- ständig an den schmalen Kanten, einzelne Kelche an den Asten tragen kleine Seitenknospen. Die Kelche haben einen Durch- messer von 1 mm., Septa 12, welche nicht die Kelchwand über- ragen. Das Coenenchym zeigt unter Loupenvergrösserung eine etwas rauhe Oberfläche, rein weiss. Shjlaster /labelli/ormis M. E. u. H. Feine Astchen dieser zierlichen Art wurden in Bougainville, Salomonsinseln, erlangt. Stylaster verrucosus n. sp. (Fig. 6 a. b.). Mit Cryptohelia pudica aus 597 Faden. Kurzes breites Stämmchen von 4 mm. Breite, aus dem in stumpfen Winkeln fächerförmig dünne, nicht coalescirende Zweige entspringen. Das ganze Stöckchen 15 mm. hoch. Die Zweige sind dünn und bestehen aus alternirend aus- einander entspringenden Kelchen, deren Öffnungen nach der Seite des Fächers zu gerichtet sind, jeder Kelch ist kurz gestielt. Die Kelchöffnung ist kreisrund mit 12 gleich grossen Septen, Durch- messer 1 mm. Das Coenenchym des Stammes, der keine Kelche trägt, ist fein gestreift und bedeckt mit kleinen, dicht stehenden Wärzchen, deren Spitze von einem Porus durchbohrt ist. Weiss. Auch hier besitzt der Stamm eine Höhlung die durch ein dünnes, sich über den Stamm erhebendes Kalkblatt gebildet wird und eine untere und zwei obere Öffnungen trägt. Auch in dieser hielt sich eine Eunicide auf. Zur zweiten Gruppe. Stylaster ohliquus n. sp. (Fig. 7 a. b. c. d.) mit St, laevis in 90 Faden Drg. 58. Ein dicker, glatter Stamm von G mm. Dicke spaltet sich in 30 mm. Höhe in zwei dicke glatte Äste von je 5 mm. Durchmesser, beide sind oben abgebrochen. Seltener G30 Geaammtsitzung vom Haupt stamm als von den Ästen entspringen nach zwei Seiteo liin eine Anzalil ruscb sich dichotom verästelnder Zweige unter stiimptVn oder rechten Winkeln, die gegenseitig nicht coalesciren. Die Zweige trugen Jiiternirende, kurz gestielte Becher, deren Öffnung schief auf die Au.sbreitungsebene der Aste und Zweige gerichtet ist. Audi am Stamm entspringen kurz gestielte Becher. Die Becher sind am Stamm mehr kreisrund an den Zweigen queroval. Durciimcsser 1 — 1,5 mm., 12 — 18 Septa, die nicht über den Raud des Kelches vorspringen und nach innen sich bedeutend verschniä- lern. Das Coenenchym ist fein gestieift und zeigt hier und da zerstreute Poren. AUopora oculina Ehrb. Die 5 Exemplare, welche lebend in B. 33° 59 S. u. L. 17° 52 O. aus 50 Faden gedredscht wurden, stimmen mit dem Originalexemplar Ehrenbergs in der Berliner Sammlung überein, nur sind sie etwas gracilcr und die Aste we- niger abgeplattet, als cylindrisch. Ein Stöckchen von 20 mm. Hohe hat fäclui förmig ausgebreitete Aste, ein anderes ist mehr baumfor- mig. Die Farbe des Stammes, sowie der Weichtheilc war ein zartes Kosenroth, das aber in Alkohol rasch verscliwand. Die- selbe Art sah ich im Capstadt museum, aus der Tafelbay stam- mend. A. mbüata Pourt. scheint nach Beschreibung und Abbil- dung wenig abzuweichen. Stylophoridae. Zwei Stylophoriden, zu Madracis gehörend, wurden bei Madeira in 50 Faden gefischt, eine zu derselben Gat- tung gehörende Art bei Bougainville, Salomonsinseln, in 40 Faden. Madracis asperula M. E. u. Haime. Nur ein kleines Zweigstück von Madeira, das mit der Beschreibung Milno Edw. und einem Exemplar der Berliner Sammlung, ohne nfihere Fund- ortsangabe, übereinstimmt. Madracis lleJlana Milne Edw. u. llaime. Nach Milnc Edw. unterscheidet sich M. Ilellana von asperula dadurch, dass der Stock incrustirend ist, und wc^niger verzweigt als iV. asper^da. Das Coenenchym schwach bedornt, die Kelche rund, wenig ge- drängt. Kelche 2 mm. Durchmesser. Damit stimmt eine Madra- ciSy welche in 48 Faden bei der Insel Bougainville gefischt wurde. vom i. November 1877. 637 Der Stock überzieht das Stammstück einer Antipathes^ von ihm erheben sich fingerförmige stumpfe, wenig verzweigte Aste. An der Spitze der Aste sind die 2 mm. im Durchmesser haltenden Zweige dichter gedrängt als an der Basis, wo das Coenenchym stark entwickelt, kaum porös und mit kleinen spitzen Dornen be- setzt ist. Die Farbe ist weiss. ASTRAEIDAE. 1 . Eusinilinae. Euphyllia rugosa Dana. Ein Exemplar aus der Meer- maidstrasse, Nordwest -Australien, stimmt mit Abbildung und Be- schreibung Danas uberein, nur sind die Rippen an der Kelch- wand weniger ausgeprägt. Dana fand sie an den Fidji. 2. Siylinaceae. Galaxea fascicularis L. Fand sich sehr reichlich auf einem Riff in der Kaiserin- Augustabay, Bougainvilleinsel. Sie bildete Stöcke an der Basis von Miileporen und Madrcporen oder auf abgestorbenen Flächen von Astraeen, oft bis an das Ebbe- niveau reichend. Die Tentakel sind lang und grün. Galaxea cespitosa Dana, Verrill, non O. Ellisii Mi In. Edw. u. Haime. Sie bildet flache oder schwach gerundete Massen, aus denen sich einzelne säulenförmige Parthieen erheben. Die Kelche haben einen Durchmesser von 6 — 7 mm., stehen dicht nebeneinander und sind häufig von ovalem Querschnitt. Milne Edwards u. Haime ziehen das Dana'sche Anthophyllum cae- 2)it08um zu ihrer Galaxea Ellisii, welche aber viel kleinere Kelche von nur 4 mm. Durchmesser hat und keulenförmige Polypen. Dana citirt die Art von den Fidjiinseln, Verrill von Sing- apore, von welchem Fundort sich auch Exemplare im Berliner Museum befinden. Die vorliegenden Stücke wurden bei Matuku> Fidjiinseln gefischt. 638 Gesammtsitziing Lithophy Uiaceae. MuBsa tenuidentata Mi Ine Edw. Dahin gehört ein baum- förmig verzweigter Stock aus der Galcwostrasse. Der Charakter^ dass die untersten Zahne der Sopten so gross wie die obersten sind, passt nicht auf alle Septen. Milne Edwards giebt als Fundort Singapore. Mussa costata Dana.? Das Exemplar von Neu Irland lässt sich nicht mehr genau bestimmen, da überall der Rand der Septen abgebrochen ist^ doch stimmt der allgemeine Charakter und die starke Entwicklung der scharfen Kelchrippen mit der Abbildung in Dana überein. Mussa cactus Dana. Zu dieser Art gehört ein Zweigstuck aus dem M*' Cluergolf in Neu Guinea. Symphyllia sinuosa Quoy-Gaym. Dieselbe bildet hohe, schmale, oben flache Stöcke von 11 cm. Breite, 25 cm. Höhe, und 39 cm. Breite. Die Thälcr erscheinen tiefer als bei Milne Edw. und Dana angegeben. Fand sich in Neu Irland. Coeloria, Die Coeloricn aus der Galewopassagr zeigen im Allgemeinen die Charaktere bekannter ostindischer Formen, zeich- nen sich aber alle aus durch die schwächere Entwicklung der Hügel und die Schmalheit und geringere Tiefe der Th&ler. Troti- dem mögen dieselben bloss als Varietäten zu betrachten sein. Coeloria labyrinthi/ormis L. var. tenera. Der Habitus, so- wie die Form der Thäler stimmt mit der als C. labyrinthi/ormü bekannten Art, dagegen sind die Thäler nur 4 — 6 mm. breit und 5 mm. tief. Die Hügel haben an der Basis eine Dicke von 2,5 — 3 mm. Coeloria stricta Milne Edw. u. Haime. Hier sind die kurzen Thäler abweichend von der typischen Art, nur 4 mm. breit und 2 — 2^ mm. tief, während die Zahl der Septen auf 1 cm. über- einstimmt. Coeloria sinensis var. ebendaher. vom 1. November 1877. 639 Ilydnophora polygonata Lam. Aus der Galewostrasse. Der Stock ist 30 cm. hoch, die polygonalen coalcscirenden Äste sind relativ schlank bis 12 mm. Dicke. Auf 1 cm. kommen 12 der dünneu Septen. Astraeaceae. Cyphastraea microphthalma Lam. u. Milnc Edw. non Ebrenb. Aus der Mcormaidsstrassc, eine unrcgelmässig knollige Masse, in der die Zellen bäufig etwas bervortreten. Cyphastraea capitata n. sp. Der Polypenstock bildet eine gleicbm^sig abgerundete, kopfförmige Masse, 1 5 cm. bocb und 9 cm. im Durchmesser, mit breiter Basis aufgewachsen. Das Coe- nencbym mit feinen verzweigten Dörnchen besetzt. Die Kelche sind annäbernd kreisrund und ragen höchstens 1 mm. über das Plateau hervor. Ihr Durchmesser beträgt 2 mm. und der Abstand der einzelnen Eelcbe von einander i — 2 mm. An der Basis treten sie weniger vor und stehn bis 3 mm. von einander entfernt. 3 Cyclen, die Septen des 1. u. 2. gleich gross, den Kelchrand überragend, schwach gezähnt am Rande und seitlich mit kleinen Dörncben. Die Septen des dritten Cyclus sehr niedrig und schwach entwickelt. Die Columella ist ganz rudimentär. Steht der C Savignyi M. E. u. H. nahe, docb hat diese eine höckrige Oberfläche, die Kelche sind grösser und die Septen gröber. Fand sich in Neu Hannover im Nordhafen. Astraea senegalensis M. Edw. u. Haime. Dieselbe steht der A, siderea Blainv. nahe, mit der sie die Eigenschaft theiit, fremde Körper, namentlich Muschelschalen zu überziehen, doch sind bei unsrem Exemplar die Kelche kleiner und weniger scharf begrenzt. Die Kelche sind nur 4 — 5 mm. im Durchmesser. Über- zieht Strombus bubonius Lam. Aus 5 — 6 Faden an der Küste von San Jago, Cap Verden. Prionaatraea sul/urea Val. Der Polypenstock ist kopf- förmig, oben abgeplattet, die Zellen an dieser Stelle abgestorben, ebenso an der Basis. Es existirt so nur ein Ring von lebenden Zellen, der den flachen Obertheil des Stockes etwas überragt G40 Gesammtsitzung Die Zellen der grössten Peripherie sind am grossten. Die Höhe des Stockes beträgt 14 cm., der grösste Durchmesser 17 cm. Die Höhe des Ringes lebender Zellen 6,5 cm. Das Absterben des obern Theils des Stockes kommt dabcr^ dass derselbe bis nahe an das Ebbeniveau gewachsen war, in die- sem Falle sterben die höchsten Polypen ab und nur in der Peri- pherie wachsen die Stöcke noch fort. Auf diese Weise entstehn zuletzt förmliche Plateauz^ deren Rand aus lebenden Korallenkelchen besteht und deren Oberfläche sich vorwiegend mit Alcyoniden, namentlich Xenien, Spoggoden, Nephthyen und wohl auch kriechenden Madreporen bedeckt. Ähn- liche Fälle werden auch bei Labyrinth -Korallen, Goniastraeen, Favien etc. beobachtet, besonders solchen, die innerhalb der seich- ten RiiTIagune wachsen. Neu Irland, Dorfhafen. Milne Edwards vermuthet, dass mit dieser Art die Favia complanata Ehrenbergs synonym sei. Das Exemplar im Berliner Museum, das nach der Bestimmung Ehrenbergs mit dem Namen Favia complanala bezeichnet ist, gehört aber zu Äcanthastraea Milne Edw. u. Haime. Prionastraea seychellensia Milne Edw. u. Haime. Der kopfförmige Stock aus der Galewostrasse stimmt mit den ioi Ber- liner Museum befindlichen Exemplaren von Ehren bergs Astraea deformis überein in Grösse der Zellen und Tiefe derselben, weicht aber ab durch die grössere Zartheit der Septa^ deren Rand mit fein bedornten Zähnchen besetzt ist und deren Fläche feine Dornchen trägt. Prionastraea pro/undicella Milne Edw. u. Haime. Die Zellen sind sehr tief, die Septen steil abfallend, die Kelche etwas ungleich polygonal. Von Neu Irland. Prionastraea robusta Dana. Aus der Galewostrasse. Dana unterscheidet diese Art von den nächstverwandten P, tesseri/era u. abdita nach dem Vorhandensein von Palis, der grösseren Solidität des Coenenchyms, den Sternleisten, welche gezähnte Dornen tragen, und den kleineren Zellen. In diesen Charakteren stimmt die vor- liegende Art mit P, robusta überein. Es sind unregelmässig ver- zweigte Stöcke, deren Zweigspitzen allein noch lebende Zelleu vom i, November 1877, G41 traget! and die namentlich an der Basis eine Tendenz zu mehr üächenhaftcr Ausbreitung zeigen. Die Wände der Kelchseptcn sind gekörnoU, die Ränder tragen Dornen mit zahlreichen Zälm- chen. Die Kelchränder sind sehr stumpf, was schon allein die Art von P. abdita unterscheidet. Cladocoraceae, Anomocora /ecunda Pourt. (Fig. 9. a. b. c. d. e. f.). Pourta- les beschreibt unter dem Namen Codosmilia f ecunda eine eigen- thümliche Koralle, welche er in G8 — 315 Faden in der Florida- strasse fand. Corallum elongated, conical, irregularly beut, showiug sometimes a succession of slight swellings and contractions atta- ched by a slightly thickened base. Costae finely granulated, ra* ther obäolete near the base. Calicle circular or subelliptical with deep fossa. Septa entire, granulated finely, not exserted, in six Sy- stems and four cyclcs, the fourth developed in part of the Systems only. The inner edge of the septa seuds out trabecules uniting together to form the rudimentary columella wich is howewer fre- qucntly absent. Dissepiments thiu but complete, moderatly abundant. Gemmation external at all heights but generally uear the calicle; abundant. Die Beschreibung passt gut auf einselne Exemplare einer Koralle, die in grosser Anzahl westlich von Madeira aus GO — 70 Faden todt mit dem Schleppnetz heraufkam, andere Exem- plare unterscheiden sicli aber auf den ersten Blick durch den Be- sitz einer wohl entwickelten schwammigen Columella. Der Kelch ist koniscli, lang gezogen, oft mannigfach gebogen, und zeigt häutig ringförmige Einschnürungen und darauf folgende kleine Anschwellungen. Die Kippen sind wohl entwickelt, granu- lirt und verschwinden gegen die Basis des Kelches zu. Die Öff- nung ist mehr oder weniger kreisrund. Die Septen in G Systemen und 4 Cyclen, der 4. nur in einigen Systemen entwickelt. Die Septen 1. und 2. Cyclus überragen den Kelchrand wenig. Alle sind stark grauulirt und häufig die des 3. Cyclus fein gezähnelt oder ihr Rand wellenförmig gebogen. Die Trabecula sind wohl entwickelt und vereinigen sich in einigen Kelchen in der Mitte zu einer schwammigen Columella, in andern ist die Columella schwach entwickelt und bei einzelnen fehlt sie ganz. [1877] 47 644 Gesammtsitsunff nen der gelappten Septen und der Septocos talstreifen stamper. Der Stock ist 10 cm. hoch und dehnt sich zu 26 cm. Länge ans. E, striatula n. sp. (Fig. 10. a. b.). Das Polypar stellt auf- recht stehende Blätter dar, die meist an den Rändern eingerollt und am Ende gelappt sind. Das Grösste ist 30 cm. lang. Der R^nd ist abgerundet und das Blatt verdünnt sich gegen den Rand zu nur sehr wenig. Das Coenenchym ist auf dem Bruch sehr dicht, das Blatt spröde und klingend auf Klopfen. Die Kelche stchn auf beiden Seiten des Blattes in wechselnden Entfernungen. Dieselben haben 4 — 5 mm. im Durchmesser, sind wenig erhaben und sehr seicht, 2 mm., eine Columclla ist nur schwach entwickelt. Die Leisten sind wohl entwickelt in drei Cyclen, ihr Rand mit schwachen Dornen besetzt, die Seiten mit spitzen Dornen. Im Ganzen ist die Bcdornuug auf der Inneuseit« des Blattes starker als aussen. Die Septocostalstreifen sind sehr zahlreich und be- stehen aus Reilien von niederen gezähnten Dörnchen. Es gehen bis 20 Reihen auf 5 Mm. Diese schöne Echinopore fand sich sowohl in der Galewo- strasse als in der Blanchebay in Neu-Britanuien. MeruUjiida. Merulina ainj>liata Sol. Ell. Diese weit verbreitete Art fand sich in der Kaiserin Augustabay in Bougainville als breite horizontal ausgebreitete Blätter vor. Die Art ist ausserdem aus dem ganzen indischen Oceau und dem stillen Meer bekannt Fungida Edw. Cycloseris cyclolites Lam. Diese Art fand sich zahlreich im Greetharbour in Neu-Britannien vor auf einer Bank von 1 — 2 Faden Tiefe mit Sandgrund. Pachyseris involuta n. sp. (Fig. 11. a. b.). Das Polypar blattförmig, die Blätter breit, aus schmaler Basis entspringend, am Rande oft etwas gelappt, die Seitenränder dütenförmig eingerollt. Aus einer trichterförmigen Basis entspringen mehrere solcher Blät- ter, die sich mit den Rändern theilweise decken und so einen trichterförmigen Stock darstellen. Die Blätter gleichförmig dünn, vom i, November 1877, 645 3 mm. Die Unterseite fein gestreift, die Streifen dichotomisch, wellig, nach dem Rande zu stärker werdend und granulirt. Die Ilugel sind niedrig, fast über die ganze Blattfläche parallel, nur selten zusanmientretend, die Thäler sehr weit und ofiPen. Die Hü- gel sind ohne scharfe Kante, nach beiden Seiten fast gleichmässig abfallend. Kelchcentren sind keine mehr zu erkennen, die Septen sind sehr dünn, fein granulirt, die Körner gehen nach unten in Sy- napticulae über. Es lassen sich abwechseld stärkere und schwä- chere Septen unterscheiden. Die Breite der Thäler beträgt 2 mm., die der Ilügelbasis 2 mm., die Höhe der Hügel 1 mm. Auf 5 mm. kommen 25 — 30 Septen. Mauer sehr dicht. Das eine der Blät- ter ist 30 cm. hoch. Mi lue Edw. und Haime scheiden die Ar- ten der Gattung Pachyseris in zwei Gruppen, die erste derselben hat hohe Hügel mit scharfen Kämmen, dahin gehören P. rugosa Lam. aus den australischen Moeren, Valencieimesi M. E. u. Haime aus Singapore und P, speciosa Dana aus dem indischen Ocean, endlich F. ßuctuosa Verrill von den Kingsmill-Inseln. Mit der P. speciosa Dan. stimmt sehr gut ein Exemplar aus der Königl. Sammlung in Berlin; es sind bei diesem stärkere und schwächere Septen zu unterscheiden, ich zähle 18 — 20 auf 5 mm. Dasselbe stammt aus Amboina. Ein zweites, grösseres mit dem allgemeinen Fundort „Ostindien'' ist derber, das Blatt dicker, es gehen 17 — 19 Septen auf 5 mm., specifisch möchte es sich aber kaum unterschei- den. Bei der zweiten Gruppe sind die Hügel weniger scharfkan- tig, sondern abgerundet, dahin gehört nach Verrill die Pachyseris ru(joHa Dana^s, für welche Verr. den Speciesnamen monticulosa vorschlägt, Pachyseris Murchisoni aus dem Eocen und P, levicollis Dana aus Ostindien, P. undata Dana aus Westindien. Am nächsten kommt unserer Art P, levicollis Dana, nach der Abbildung von Dana unterscheidet sich diese aber schon durch die Enge der Thäler und die grössere Steilheit der Hügel. Phyllastraea explanata Ag. (S. Verrill, Mus. of com- (larat. Zoology, List of the Polyps and Corals seut by tlie Mus. of compar. Zool. in exchange.) Die Beschreibung von Verrill passt auf die vorliegenden Exem- plaro aus der Galewostrasse. Breadly explanate, thin semicircular or subturbinatü fronds, smooth below with distant strong costae and many smalier iutermediate oues. The cells are smaller (als 64G Gesammtsitzung bei PIi. tubi/ex Dana) lesä romote with much tliickened laterally toothed septa which become ver}' thin betweeii the cells. Sein Exemplar stammt aus Tahiti. Die Exemplare stellen blattartige dünne Ausbreitungen dar, wellig gebogen, die Unterseite mit star- ken gekörnten Rippen, zwischen die sich am Rande kleinere ein- schieben. Die Dicke der Blätter beträgt durchschnittlich 5 mm., am Rande 2 — 3 mm. Die Durchmesser der schwalbennestartig ansitzenden Kelche betragen 9 mm. Die meisten stehn in vreiten Abständen von einander, selten sind zwei zusammen verschmolzen. Die Septeu sind stark überragend und grob gezähnt, meist 12 gleich entwickelt, zuweilen schiebt sich noch ein dritter Cyclus mit dünnen Lamellen ein. Eine schwammige Columella ist wobl ent- wickelt. Die Kelche besitzen starke dornige Rippen, die auf das Blatt übergchn, dort rasch dünner werden aber gezähnt bleiben, es gehn 8 auf 1 cm. Dana stellte zuerst die Gattung Phyllastraea für Phyllastrata tubi/ex auf und stellte sie zu den Astraeiden, Milne Edw. and Haime rechneten sie in die Gattung Mycedium Oken und stellten sie zu den Fungiden, Verrill 1. c. hält die Dana'sche Gattung sowie die Stellung derselben aufrecht, gestützt auf die groben (coarse) stark stachligen Seplae und die starken Rippen. Dieser Unterschied möchte kaum die Aul'steilung einer besondern Gattung rechtfertigen. Zur Stellung bei den Fungiden berechtigen das Vor- handensein eines Centralkelchs, um den sich die andern Kelche gruppiren, das Fehleu eines wahren Coenenchyms, das Vorhanden- sein von Synapticulae, endlich das blattartige Wachsthum. Es scheint fast von Fumjia zu Heri)etholUha und Cryptobacia^ von da zu Ilalomitra^ der von Verrill aufgiistellteu Gattung Trachyjtora und von da zu Mycedium einerseits und Echinopora andrerseits eine fortlaufende Entwicklungsreihe zu existireii, welche eine Zerstreuung dieser Gattungen in verschiedene Abtheilungen nicht erlaubt. Lophoseris cristata hiim. Vom M*^ Chiregolf an der West- küste Neu-Guineas. Die Exemplare weichen von denen aus Ost- indien nicht ab. llalomitra funyia Dana. Dana charakterisirt die Species: Circuhir, convex, bolow cou- cave, polyps öcattered, Corallium rather stout 4 — 6 linea thick vom L November 1877, 647 oririmes deep 1 — l^J- lin. broad, lamellae non radiate very promi- nent and thin, incisodcnticulate 3 — 4 1. long, ou margins G — 12 l. below cchinulatc radiating. Ein Exemplar von Bougaiuville stimmt mit dieser Beschreibung übereiu^ der Umriss ist breit oval, 1 1 cm. lang, 9 cm. breit, dicke nahe dem liand 1 cm. Die Septen sind niclit so vorragend, wie bei U. pileus Fall. Die ganze Form flacher. Podobacia crustacea Fall. Ein Stock auf kurzem dicken Stiel tellerförmig ausgebreitet aus der Galewostrasse, Durchmesser 1G,5 cm. Fungia (Ctenactis Agassiz) Ehrenbertji. Ein Exemplar von 30 cm. Lange, das sich nicht von den typischen ostindischeu- Exeujplaren unterscheidet, wurde in der Galewostrasse zwischen Salwatti und Neu -Guinea gefischt, ein anderes stammt von den liitfen Neu -Irlands. Dasselbe ist der Länge nach eigcnthümlich S förmig gebogen und im Ganzen höher als die typischen Exem- plare. Das Verbreitungsgebiet dieser Fungie ist sehr gross. Ehren- berg und He mp rieh fanden sie im rothen Meer. Dana citirt sie von Fidji, von ebendaher figurirt sie im Catalog des Museum Godeflfroy. Fungia Danai Mi Ine Edw. (i^. echinata Dana). Ein Exemplar aus deni Carteretharbour in Neu-Irland zeigt sehr schön die charakteristische Zähnelung der Septen. Der Durchmesser der Scheibe beträgt 13 cm. Der Mund hat nur die Länge von 24 mm. Dana citirt dieselbe von Fidji, Milne Edwards von Manila, Verrill von Singapore. Fungia discus Dana. Junge Exemplare von Carterethar- bour in Neu-Irland. Dana fand sie auf den Gesellschaftsinseln, Milne Edwards auf Madagaskar, das Verzeichniss des Museum (jodeifroy führt sie von Fidji an. Fungia dentata Dana. Zahlreiche Exemplare aus der Ga- lewostrasse. Die Grösse schwankt zwischen IG und 20 em. Sin- gapore Verrill und Museum Berol., Ceylon und China M. Edw., Suhl Dana, Fidji, Samoa Museum Godcffroy. » 648 Gesammlsilzwng Fungia horrida Dana. Ein Exemplar von 11 cm. DurcL- messer aus der Kaiserin-Augiista-Bay, Hougainville-Iusel im Sab- nionarchipel., stimmt überein mit Dana's Beschreibung and Abbil- dung. Dasselbe ist an einer Seite etwas gelappt Dana hatte sein Exemplar von Fidji. Fungia echinata Pall. Das in der Galewostrasse gefischte Exemplar ist dreihippig, die Lappen lang gestreckt, in jeden setzt sich der Mundspalt fort, der so eine Y förmige Gestalt hat. Ähn- liche Formen finden sich schon bei Es per abgebildet. In unsreui Falle war ein Lappen abgestorben, während die beiden andern noch frisch waren. Fungia actiniformis Quoy u. Oaim. (Fig. 12. a. b. c). Diese Fungie, welche sich durch die grobe einfache Bezabnung der Septen, sowie im Leben durch die langen cylindrischen am Ende geknöpften Tentakehi leicht charakterisirt, wurde in der Ga- lewostrasse in verschiedenen x\ltersstufen gefunden. Man findet zweierlei Formen ; bei den einen ist die Scheibe ausgebreitet, flach, mit flachem Boden und grosser Narbe, bei andern mehr becher- förmig, seilich comprimirt und kurz gestielt. Die Beobachtung der gestielten Jugend form giebt die Erklärung dieses Dimorphismus. Die festsitzende Fungie zeigte eine annähernd kreisrunde Scheibe von 6 cm. Durchmesser, die Oberseite ist wenig convcx , die die Unterseite schwacli concav, etwas seitlich von der Mitte heftet sich ein dünner cylindrischer Stiel au von 25 mm. Länge, der Scheibenboden geht durch eine trichterförmige Verlängerung in die- sen Stiel über. An der Übergangsstelle sitzen 2 kleine, gestielte Knospen neben einander, deren Wand melir kelchförmig ist, ihr Durchmesser beträgt nur 15 mm., eine kleine, stielförmige Verlän- gerung daneben zeigt die Narbe einer schon abgelösten Knospe. Die Knospe besitzt 6 Systeme und drei vollständige Cyclen, ein- zelne Septen des 4. Cyclus sind schon gebildet. Die Tentakel sind verhältnissmässig gross. Sie entwickeln sich in den neuge- bildeten Kammern immer erst nach der Bildung der Septen, erst auf der die Kammern bedeckenden Haut, später schiebt sich das nächstfolgende Septum über den Ursprung des Tentakels hinaus, so dass dieser auf das Septum, das seine hohle Kammer-Mündung nun in zwei spaltet, zu reiten kommt. Die Knospe wird, wenn vom 1, November 1877, 649 sie länger am Stiele sitzt, in ihrem cyclischen Wacbsthum gehin- dert'^ compriniirt sich und bildet nach der Ablesung die mehr tro- choide Form der Fungie, während die terminale Knospe die Schei- beuform darseilt. Die kleinste freie Fungie mit deutlicher Narbo mafs 8 cm. Durchmesser^ sie enthielt noch keine Geschlechtsprodukte. Die Weichtheile zeigen im Leben eine grasgrüne Farbe, radial vom Munde aus zeichnen sich die Fächer durch eine hellgrüne Far- be aus. Der Mund ist 2 cm. lang und faltig, die wurmförmi- gen geknöpften Tentakel sind blaugrau^ der Knopf weisslich. Der erste Tentakelkranz, der den G ersten Mundtentakeln entspricht, ist am grössten. Bei altern Individuen ist die radiäre Anordnung der Tentakel schwer zu erkennen, jüngere Individuen, bei denen erst 5 Cyclen entwickelt sind, zeigen dagegen diese noch sehr schön. Fungia acutidens n. sp. Fig. 13. Koralle kreisrund, oben convex, unten wenig concav, besetzt mit cylindrischen Papillen von ziemlich gleicher Grösse 1 — 1,8 mm., die kleinen Dörnchen an der Spitze tragen. Auf dem Centrum der Scheibe zerstreut, dicht, ()rdn(^n sie sich am Ilande zu radiären Reihen, die den Septen ent- sprechen. Oberseite stark convex, etwas ungleich, die Septen sind zahlreich, im Durchschnitt gehen 12 auf 1 cm., leicht wellig ge- bogen, dünn und von gleicher Hohe. Die Mundspalte erreichen 24 Septen, die senkrecht mit scharfen Rändern abfallen. Die Mund- spalte ist tief 18 mm. ohne Columella. Der Oberrand der Septen besitzt spitzige dreieckige Zähne, die scharf sind, nur selten trägt der Rand kleine Dörnchen, oft sind sie auch in zwei spitze Zähne gespalten. Ihre durchschnittliche Höhe beträgt 1 — 1,5 mm. Die Basis 1 — 3 mm., auf 1 cm. gehen durchschnittlich 8 — 10 Zähne. Die Fläche der Septen zeigt senkrechte Wärzchenreihen. Durch- messer der Scheibe 98 mm. Ein Exemplar von Neu-Irland, Carteret harbour. Fungia carcharias n. sp. (Fig. 14). Flach^ unten schwach concav, etwas wellig, oben schwach convex^ mehr oder weniger oval. Die Unterseite ist bedeckt mit stumpfen, gleich grossen, mitunter gezähnelten Wärzchen, die sich gegen den Aussenrand, ungefähr von der Mitte des Scheibenradius an zu Reihen ordnen^ G50 GesatnmUitzung die den Septen entsprechen. Die Scpten sehr zahlreich, derb, un- gleich, die grössern vorragend. Die Mandspalten erreichen 24. Die Septen sind leiclit wellig, seitlich dicht mit warzigen Körnern besetzt, so dass sie ein chagrinirtes Aussehn erhalten. Der Innen- rand fallt senkrecht nach der tiefen Mundspalte ab, der Oberrand ist mit feinen unregelmässigen Zähnchen besetzt, die stumpf sind und oft streckenweise fehlen, erst gegen den Aussenraud werden sie grösser und bilden am Rande der Scheibe eine Reihe spitzer dreieckiger Zähne. Das eine Exemplar hat einen langen Durchmesser von 10 cm., einen kurzen von 8,5, das andere einen langen von 12 cm. und einen kurzen von 7,2, die Mundspalte, nach dem langen Durch- messer gerichtet, ist 2,2 — 2,9 cm. gross. Zwei Exemplare aus der Kaiserin Augustabay, Bougainville- iusel. Fungia plana n. sp. (Fig. 15). Mehr oder weniger oval, die Unterseite flach oder leicht wellig, Oberseite flach oder im Ceutrum schwach erhaben. Unterseite mit zerstreuten verzweigten Dörn- chen, die in der Mitte spärlich zerstreut stehn, nach aussen aber an Zahl zunehmen und sich im äussern halben Radius in Reiben ordnen, die den Septen entsprechen. Die den Ilauptsepten ent- sprechenden ragen an Grösse und Bedorn ung vor den andern her- vor. Es sind deren 48. Die Septen sind ungleich, sehr dünn und zerbrechlich, wellig gebogen, die Mundspalte berühren 24, die nach innen senkrecht abfallen, die Septen höherer Ordnung sind sehr dünn und niedrig. Alle Septen auf der Fläche mit Dörnchon be- setzt, die spitzer sind und weniger dicht stehen als bei F. carcha- rias. Der Rand der Septen ist mit sehr feinen gleichgrossen, stumpfen Zälinchen besetzt. Auf 1 cm. kommen 5 grössere Septen. Länge 00 — 95 mm. Querdurchmesser 74 mm. Mundspalte tief, 15 mm. Zu dieser Art gehört vielleicht auch eine langgestreckte Form von demselben Fundort, die 120 mm. lang und 80 mm. breit ist. Die Warzen der Unterseite verhalten sich ähnlich, nur treten die Ilauptreihen weniger hervor. Die Septen sind zahlreicher. Auf- fallend sind einige derselben dadurch, dass sie ganz niedrig sind und eine Anzahl hoher, säulenförmiger Zähne tragen, so djiss das Septum wie aus hohen Säulchen zusammengesetzt erscheint, eine vom 1, November 1877, 651 genauere Betrachtung zeigt, dass dieses Septen betrifft, welche während des Lebens des Thiers verletzt wurden. Von Greet harbour, Neu-Britannien. Fungia pliculosa nov. sp. (Fig. 16). Annähernd kreisrund bis oval, die Unnterseite wellig gebogen, schwach concav. Ober- seite wenig convex, Narbe klein. Unterseite mit kräftigen, spitzen Dornen besetzt, die in der Mitte am kleinsten, nach aussen zu grosser werden und sich im äussern Viertheil des Radius in ra- diäre Reihen ordnen, die den Septen entsprechen. Die Dornen erreichen eine Länge von 2 mm. Die Leisten sind ungleich, sehr dünn und schwach wellig gebogen^ alle gleich hoch, die Ilaupt- septen fallen mit scharfen Rändern senkrecht gegen die Mundspalte ab. Die Septen sind besetzt mit Reihen gleich grosser feiner stumpfer Zäbnchen, die zuweilen fein gekörnelt sind; von jedem Zähnchen setzt sich ein senkrechter Kiel auf das Septum fort, das makroskopisch wie gefältelt erscheint. Die Fläche ist fein gekörnt. Längerer Durchmesser der einen 10 cm., kurzer 9,2, bei einer zweiten 12 und 9,5. Mundspalte 21 mm. Auch hier zeigen einzelne Septen die hohen cylindrischen Zähne, wie vorige. Aus der Kaiserin Augusta Bay. Bougainville, Salomonsar- chipel. Fungia symmetrica Pourt. Von dieser kleinen Fungie, welche Pourtales bei Florida in 350 — 450 Faden Tiefe fand, brachte das Netz aus 905 Faden in B. 14° 52,4 S. und L. 175° 82,7 W. zwei Exemplare von 15 mm. Durchmesser, beide waren todt und wie die begleitenden Stückchen von Cryptohelia schwarz, s. Draguebericht Nr. 62. Madreporida Edw. Turbinarina. Turbinaria crater Fall.? Ein dünner blattartiger Stock, aus breiter Basis aufsteigend, erst trichterförmig, dann mehr schild- förmig sich ausbreitend. Auf der concaven Innenseite erheben sich einzelne scharfe kammartige Leisten. Die Kelche niedrig, mit 2 G52 Gesammtsitzung bis 3 mm. Durclimesser und wenig vertieft, stebcn nameutlich ge- gen den Rand dicht, sind aber gegen die Basis za mehr zerstreut. Der Stock ist 22 cm. hoch, die grösste Breite des Blattes 30 cm. In der Moreton-Bay. T, einer asceiiK Ell. Sol. Ein becherförmiger Stock von der Meermaidstrassc. NW. -Australien. Eupsammina, Caenopsammia aurea Quoy u. Gaym. Dendrophyllia auraiitiaca Dana. Quoy und Gaimard beschreiben eiue Eup- sammide von Port Jackson und King Georges Harbour als „Zx)- hirphylUa aurea ramis brevibus ovatis aut compressis extrinsecas striatis, aureis stellis excoriatis. Polypis aurantiacis brevi teuta- culatis.^ Die Polypen \ Zoll lang. Dana fugt hiuza, dass die Kelche 6 — 8 Linien Durchmesser haben. Die Abbildung des lebenden Thiers in dem Atlas der Voyagc de TAstrolabe, Zoologie, und die ziemlich oberflächliche Bescbrei> bung passen auf eine schöne Eupsammide, welche in der Meer- mai dstnisse, NW.-Australien, in 3 Faden Tiefe erlangt wurde, wo sie auf der Schale einer Perlenmuschel aufsass. Aus breiter Basis erhebt sich ein dickes, horizontal ausgebrei- tetes Coenenchymlager, dessen Oberfläche porös und fein gestreift erscheint. Aus ihm erheben sich Kelche von 0,5 — 2 cm. Höhe und 12 mm. Durchmesser, ihre Öffnung ist entweder oval oder kreisrund. Drei Cyclen, wovon die Septen des ersten uud zwei- ten Cyclus gleich gross, die des dritten nur schwach entwickelt sind. Die Septen überragen die Kelchwand nicht und fallen steil nach dem Boden des Kelches ab. Die Columella ist wohl entwickelt, schwammig und füllt das Kelchlumen bis auf 5 mm. aus. Die Ausseuwand der Kelche zeigt feine wellige Längsstreifen, die sich auf das Coenenchym fortsetzen. Die Knospen entspringen zu einer oder zweien von der dem Centrum abgekehrten Seite des Stockes, so dass die Kel> eh(» radiär vom Centrum ausgehende einfache oder gegabelte Rei- hen bilden, die sich schliesslich isoliren uud einen Kranz von kur- zeu Asten an der Peripherie des Stockes bilden. vom i. November 1877. 653 Durchmesser des Stockes 26 cm., Höhe 8 cm. Die Farbe des todten Stockes braun, im Lebeu tief orange- roth. Dendrophyllia granosa n. sp. Stock baumformig, niedrig aus breiter flächenhaft ausgebreiteter Basis aufsteigend. Der 10 mm. im Durchmesser haltende Stamm theilt sich bald in unregelmässig abgehende Aeste, welche in Becher von 9 mm. Durchmesser aus- gehen. Die Septa sehr zahlreich, dünn. Die Wand der Becher zeigt feine glatte Rippen, die sich auf den Stamm fortsetzen und bis über die Basis erstrecken. Die Rippen tragen ein bis zwei Reihen feiner Körner. Es gehn am Kelche 1 1 Rippen auf 5 Mm., am Stamm 13. Die Weichtheile sind lebhaft karminroth. Höhe des Stocks 58 mm. Fand sich in 50 Faden Tiefe westlich von Dirk Ilartog in Wcstaustralien. Erklärung der Tafeln. Taf. I. Fig. 1. Bathycyathus elegans n. sp. a. Ein freier Kelch natürlicber Grösse. 6. Kelch von oben. c. Junger Kelch von oben. d. Ein Scptum isolirt vergrössert. Fig. 2. Desmophyllum gracile n. sp. a. Kelch in natürlicher Grösse. 6. Kelch von oben, zweimalig vergrössert. Fig. 3. Flabellum latum n. sp. a. Ganzer Kelch, natürliche Grösse. 6. Kelch von oben. <^»54 Gesamwtxitzttng Fig. 4. Flahellnm Martensii n. sp. n, Kelch von der Seite. ff. Von oben, nutiirl. Grösse. Fig. 8. Lophohelia tahulosa n. sp. a. Zweig vergrossert. /;. Kelch mit Anshiiclitnng. <\ Kelrh mit Aii^biichtting, deren Kündrr sich zur RChre empor- krummen. d. K(di*]i mit Knospe. e. Keli'h mit zwei seitlirhen Knospen. Fig. 9. /• Ammuvura ß'cunda Pourt. Kelch geöffnet von der Seite mit Co- liimella. Taf. II. Fig. .0. Stiilaater laevis n. sp. rt. Sttick, ntitfirlii'he Grösse. ft. Kelch vei^rössert. Fig. G. Stf/laster verrucosus ii. sp. (t. Stock, naturliche Grösse, /i. Zweig, vergrossert. 1^'ig. 7. Stijlaster ohliquus n. sp. fi. Stock, nutürl. Grösse h, f. Zweige vergrossert. d. Kelcli. Fig. 9. Anomocora fecunda Pourt. a. Kelch mit zahlreiclien Knospen, von denen drei die Kelchfiff- finng verschliessen. h. Seitliche Ansicht der Koralle natilrl. Grösse. ('. Kelch mit terminalen suceessiven Knospen. d, Kelch von oben ohne Ci»lumella. c. Kelch mit Colnmella. Taf. 111. Fig. 10. Echinopora striolata n. sp. n. Blattfurmiger Stofk. Ä. Kelch vergrösscrL Fig. 11. Pachyseris involuta n. sp. rr. Stuck eines Blattes von innen. h. IMattförniigcr Stock von innen. c. Bhtitf. Stock von aussen. f ...insd^^^ W^F% ...M m'- ^■h J Jjll f^K^o 0 ,, ^ HL "' Jt. iJ. € >^ ül 0 ai^a l.liiilliycv.illiüN elejans. E.Desmophyllam^rarile !1. HühRlIiiiN klum . 't.FI. Marifiisii 8 l.ophnheliü liibulosa 9'""5 Aiioiiiornra fpcuiida. li. Stvl;isi?r l.iovis G St verrucosus 7 St obliijiius 9. Anomocota («mäj* bl I ^M- \w "^ WwjM W " j^'uaB ^^^^^^^^mLu^ . i 1 j"' ...|g ^a \ / <<^M F .^ 1 V ' •^/^■^S' ' '^SSSäfy ''% «SaI MW' ^M iPW f C'-^ //' : * .^Bsp A V>B«^Ki }^^^' • '- f^^ A Ofl^Qi mk^^' •■ " fi^^ Wl'h- > V "'■^"''Wlilifc ^% '-■--^i) " ;-^/,>^ lü.Gcliinnpora striolatü. 11. Pach>'seminvolnla. 13.Fui^f,\3. atVxwferok-». • : i'lii il ii EÜfi ; f ' • I 1. I Wh ii Tl. Slvl.isicr laevis 6. Sl verrucosus 7. Sl. oblioiius !l Anornnt-ora fecunda ■ 'I . ' ü 1(1. EL'lmiiijmra slriolata, 11. Pachysepis irvalula. 12.Fu[i|ia actlniforrais. C56 Gesammtsitzung 8. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Rammeisberg las folgende Abhandlung: Über die Zusammensetzung des Aeschynits und Samarskits. Aeschynit. Herzelius gab den Namen Aeschynit einem Mineral von Minsk, welches Hartwall in seinem Laboratorio im J. 1828 einer Analyse unterwarf, die 5G p. C. Titansäure, 20 Zirkonsäure, 15 Ceroxyd u. s. w. ergab, jedoch nur als eine vorlaufige betrachtet werden durfte.^) Während die Kry stallform des Minerals durch 6. Rose und später durch Kokscharow genauer erforscht wurde, war die Er- mittelung seiner chemischen Natnr Gegenstand wiederholter Unter- suchungen Hermanns seit dem J. 1844; diese Untersuchungen fahrten zunächst zu der Entdeckung, dass in der Titansäure ein sehr bedeutender Gehalt an Tantalsäure steckte, welche sodann, nachdem H. Rose das Niob gefunden hatte, von Hermann als Niobsäure erkannt wurde. In seinen späteren Analysen verwandelt sich die Niobsäure zuerst in niobige und Niobsäure, dann in niobige und Ilmensäure, später in niobige, ilmenige und Ilmensäure. Die Gcsammtmenge der Metallsäuren, bei Hartwall = 56 p. C, schwankt bei Hermann zu den verschiedenen Zeiten zwischen 45 — 47—50 — 59 p. C. Das Verhältniss der zur Gruppe des Tantals gehörigen Säu- ren und der Titansäure findet sich 1844 = = 33: 12 = 2,7: 1846 35 : 10,5 3,3: 1850 33:26 1,3 1856 33:22 1,5 1865 32: 15 2: 1866 33: 16 2 ') Jahresb. 9, 195. 12;"Funäa aclmihrmis 13 F. acutidcns 14. F. carrhanas. 15 F. plana Iß.pliciilosa 058 Gesammtsitzung Das V. fr. groben Pulvers fand ich = 5,168, w&hrend dw jiltcron Angaben sind «'),14 Brooke, 5,188 — 5,21 Breithaupt, 5,08 — 5,1 Hermann, 5,118 Kokscharow, 5,23 Marignac. Der Gang der Untersuchung war im Ganzen der von Ma- rignac vorgezeichnete. Das Aufschliessen mit saurem Fluorkalinm erfolgte leicht und vollständig. Die Metall säuren. Aus der Losung der Doppelflaorurc schied sich beim Erkalten ein Gemenge von Titan- and Kieselfluor- kalium ab, dessen Titan- und Kaliumgehalt bestimmt wardc^ und welches kein Tantal enthielt.*) Die relativen Mengen von Niob und Titan wurden erhalten, indem dieselben in Form von Doppel- fluoruren nach Marignac 's Vorgang unter Zusatz von Chlorwas- serstoff säure bei gewöhnlicher Temperatur mit Zink behandelt wur- den; die zu Sesquioxyd reducirtc Titansäure wurde mittelst über- mangansauren Kalis bestimmt. Ausser Si, Ti und Nb fand sich in der Losung der Fluorure nur etwas Eisen. Die Abwesenheit des Zirkoniums liess sich hierbei mit ziem- licher Sicherheit darthun, insofern die Bildung der charakteristi- schen schwer löslichen, aber gut krystallisirenden Doppelfluorure desselben nicht bemerkt wurde, welche mit denen des Titans und Niobs nicht isomorph sind. Die unlöslichen Fluorure, durch Schwefelsäure zersetzt, gaben eine Lösung, aus welcher Thorium, Cer und Yttrium als Oxalate gefällt wurden. Die daraus erhaltenen braunen Oxyde wurden mit saurem schwefelsaurem Kali geschmolzen. Beim Auslaugen blie- ben die Doppelsulfate von Cer (La, Di) und Thorium zurück. Durch Auflösen derselben, Fällen mit HKO, Auflösen in Chlor- *) Mit saurem Kalisulfat gab die Saure eine in kaltem Wasser klar lösliche Masse. vom 8. November 1877* 659 Hassers toffsäure, Abdampfen zur Trockne und Kochen der Lösung mit unterschwefligsaurem Natron wurde die Thorsäure abge- schieden. Die vermuthliche Thorsäure wurde in krystallisirtes Sulfat verwandelt. 0,905 desselben, mit Ammoniak heiss gefällt, gaben 0,462 bräunliches Oxyd, sowie 0,804 BaSO* = SO* 0,276. Hier- nach sind mit 160 Th. = 2S0' 267,8 Th. basischen Oxyds verbun- den, und da ThO* = 266 angenommen wird, so war das Salz normales Thoriumsulfat. Die untersuchte Probe würde einem Hy- drat ThS'0^-f-5aq entsprechen. Gefunden Th = 234 = ThO' 51,55 51,05 2S 64 SO' 31,01 30,50 80 128 aq 17,44 5aq 90 100 516 Eine Trennung der Cermetalle wurde, nachdem die Gegen- wart des Gers durch die Bildung des gelben Sulfats von GeO^ und die des Didyms durch sein Absorbtionsspectrum erwiesen war, durch Kochen der Losung mit Magnesit versucht, führte indess ebensowenig zum Ziel wie andere Methoden. Auf die Berechnung ist die relative Menge der einzelnen kaum von Einfluss. Im Nachfolgenden ist die zu 2,01 p. G. SiO' und 0,56 AI O' für Orthoklas erforderliche Menge = 0,52 K'O in Form von 3,09 anhängendem O. in Abzug gebracht, und es ist meine Analyse mit derjenigen Marignac^s und der letzten von Hermann zu- sammengestellt. 48* 660 Gesammtsitzung Marignac Hermann Niobsäure 32,51 29,33 33,59 Titansaure 21,20 22,300 16,12 Thor8fiure 17,55 15,75 22,57 Ceroxyd Lanthan u. Didynioxyd 19,41 24,09 14,34 Ytter- u. Erbinerde 3,10 1,12 4,30 Eisenoxyd 3,71 3,52 6,20 Kalk 2,50 2,73 2,16 99,98 98,860 99,29») Es ist also die Menge der Metallsauren 53,71 51,63 49,71 Titan- u. Thorsäure 38,75 38,05 38,69 Cer- u. Yttriumoxyde 22,51 25,21 18,65 Die Hauptdifferenz ist das umgekehrte Verhfiltniss von Ti und 1 bei Hermann bei gleicher Gesammtmcnge beider. Ein Zweif an der Identität des Stoffs ist «aber nicht wohl statthaft. Die Berechnung der Elemente und Atomverhältnisse crgiebt Rg. Marignac Atg. At. At. 94 Nb 22,80 0,242 20,58 0,219 48 Ti 12,72 0,265 13,38 0,279 284 Th 15,44 0,066 13,86 0,059 138 Ce 1G,42 0,119 20,52 0,149 92 Y 2,46 0,027 0,89 0,010 56 Fe 2,60 0,047 2,46 0,044 40 Ca 1,80 0,045 1,96 0,049 ') Worin 0,18 Ziiinsüiire. •-*) Und 1,07 Wasser. 3) Und 1,5 Wasser. vo7n 8. November 1877. 661 Also (3 Ca = 2R gesetzt) R:Nb:Ti,Th Rg. = 0,223:0,242:0,331 = 0,92 : 1 : 1,37 Mar. == 0,236:0,219:0,338 = 1,08 : 1 : 1,54 Beide Analysen stimmen also darin überein, dass sie R:Nb =1:1 At. ergeben; ebenso ist R:(Ti,Th) evident = 2:3 (gefunden = 1 : 1,49 und 1 : 1,43. Untersucht man, in wie weit die Analysen dem einfachen Ver- bal tniss R'Nb*(Ti, Th)') entsprechen, so zeigt sich 1) dass das Mittel beider ganz genau R'Nb' ergicbt; 2) dass R^(Ti,Th)' in meiner Analyse am besten hervor- tritt ; 3) dass die Abweichung vorzugsweise in dem gefundenen Verhältnisse Nb : Ti li^gt. Dies ist bei M. = 4 : 5,2 , bei mir = 4 : 4,4. Da auch hier das Mittel der Proportion 4 : 5 sehr nahe liegt, so lässt sich bei der indirekten Trennung beider Elemente recht wohl annehmen, dass diese Mittelzahl die richtige sei, und es durfte, trotz aller Mängel der Methoden, aus Marignac's und meiner Analyse doch als un- zweifelhaft sich ergeben, dass der Aeschynit die Verbindung R*Nb»(Ti,Th)«0" (I) darstellt. Berechnet man diesen Ausdruck mit Zugrundelegung der von Marignac gefundenen Verhältnisse der R, so erhält man: 662 GesammtsUzung 2Nb = = 188 = Nb'O* 31,27 2,4 Ti 115,2 TiO^ 22,39 0,6 TL 140,4 ThO* 18,62 0,96 Ce 132,5 Ce'O' 18,16 0,24 Y 22,1 Y'O' 3,24 0,4 Fe 22,4 Fe'O» 3,72 0,4Ca 16 CaO 2,60 140 224 100 860,6 Die vou luir gefundenen Werthe führen zu dem wenig ab- weichenden Ausdruck R'Nb'(Ti,Th)*0* (II) der, Th:4Ti, und die R gemäss der Analyse genommen, liefert: 3Nb = 282 = Nb'O* 31,17 3,2 Ti 153,6 TiO' 19,82 0,8 Th 187,2 ThO' 16,46 ],4Ce 248,4 Ce'O' 22,60 0,4 Y 36,8 Y^o» 3,61 0,6 Fe 33,6 Fc'O» 3,73 0,6 Ca 24 CaO 2,61 20 0 320 100 1285,6 Die Elemente R = Ce, La, Di, Y, Er, Fe sind zu je 2 At. sechs- werthig gteich dem Aluminium, und die Verbindung R^Nb'O* kommt als Fergusonit vor. Da nun 1 Mol. derselben äq. 4R0' ist, so liegt es nahe, den Äschynit als r R'Nb'O« 1 \3(TiTh)0'j I l3(TiTh)0''j oder als \8(Ti,Th)0'/ ^ zu betrachten. vom 8, November 1877. C63 Das Niobat ist Drittel -Niobat, da R''^Nb'''0» = ftNb'O^ mit R'Nb'O« äquivalent ist. n Samarskit I. Samarskit vom Ural. Im J. 1839 beschrieb G. Rose ein neues Mineral, welches, von Aeschynit begleitet, in Orthoklas eingewachsen, bei Miask im Ilmengebirge vorkommt^ und nannte es Uranotantal, weil er da- rin beide Elemente gefunden hatte* ^) Es zeigt beim Erhitzen ein Verglimmen, wie Gadolinit u. s. w. H. Rose erkannte nach der Entdeckung des Niobs die me- tallische Säure des Minerals als Niobsäure und gab ihm den Na- men Samarskit. Er hat es zu verschiedenen Zeiten unter seiner Aufsicht analysiren lassen, die Resultate boten jedoch solche Ver- schiedenheiten dar, dass er zuletzt das Mineral nicht mehr mit saurem schwefelsaurem Kali aufschliessen Hess, weil bei den Me- tallsäuren ausser Eisenoxyd leicht auch Zirkonsäure, Thorsäure und Ceroxyde bleiben können, indem sie als Sulfate oder Kali- Doppelsulfate schwer lösliche Verbindungen bilden. Aus diesem Grunde wurde bei den letzten Analysen, die H. Rose (1863) für definitive hielt, das Aufschliessen mit kohlensaurem Kali vorge- nommen.*) Es ist nöthig, die Versuche in ihrer historischen Reihenfolge zusammenzustellen : ») Pogg. Ann. 48, 555. 3) Pogg. Ann. 118, 497. 664 Gesammtßitzung o oo o o o ^ oo oo O C£> O ^ tf^ #^ ^ ^ O i-i ^ O o (M OO Oco-^coo^cooc^^oocN^ o o »o oo CO o o 00 CN •• J. I I «^ I I I -" I o o 05 et) CO lO t^ o o o o o •^ o o o o 5- I O (M 1^ CO O -^ oo 00 I CO o t^ o ' o CO C5 CM Od CO Od I I CO CO 00 -^ Oi •« »o h* CO t^ CO CO 94 I I CO o CS CO CO c& o ^. "^^ I I CO r-N ' I o e x o- oo CO co' I I r- I o> 0) M a <1> ::$ u CO a> 0^ d s s s OO CS ::3 ::d c ^ oo 00 O 'S C a O CO O t> •- ^ •'^ r" l> S3 52; N H 0) >^ CO CO C^ '^ i-i t^ •» «^ M 0 -^ ^H CO s ■3 •« 3 X TS 0 ä> 14 00 0 S 00 c S X ^ C. J^ " «, w :5 P M w ^ X o ca 'S e » OO vom 8. November 1877. 665 No. 1. 2. 3 sind von Peretz, 4 und 5 von Ghandler, 6 von Finkener und 7 von Stephans ausgeführt. Bei 1. 2. 4. 5 Avurde saures schwefelsaures Kali zum Aufschliessen benutzt. Hiernach haben die letzten Analysen etwa 6 p. C. weniger Motallsauren ergeben, als die früheren; sie liefern aber auch viel weniger Eisen und Uran, und dafür treten nicht blos die Oxyde der Yttrium- und Cermetalle (letztere früher übersehen) in erheb- lich grösserer Menge auf, sondern sie ergeben auch einen Gehalt von etwa 10 p. G. an den Oxyden des Zirkoniums und Thoriums. Wenn man den complicirten Gang der beiden letzten Analy- sen naher ins Auge fasst, wird man zu der Einsicht geführt, dass die Resultate trotz aller angewandten Sorgfalt und Umsicht man- ches zu wünschen übrig lassen. In keinem Fall war es überflüs- sig, die Analysen des Samarskit zu wiederholen, und hierbei ins- besondere die Erfahrungen zu benutzen, welche wir Marignac bezüglich der Doppelfluorüre der seltneren Elemente verdanken. Mein Material bestand aus Bruchstücken von schwarzer Farbe und stark glänzendem muschligem Bruch, hie und da mit rothem Orthoklas verwachsen. Das Volumgewicht des Samarskits ist früher gefunden worden von G. Rose = 5,625 H. Rose = 5,617; 5,717 Wornum = 5,614 Peretz = 5,680 Ghandler = 5,739; 5,746. Ich habe die Zahl 5,672 erhalten. H.Rose zeigte, dass das V.G. des S. nach dem Verglimmen geringer ist; er stellte viele Versuche in dieser Hinsicht an, suchte auch die spec. Wärme vor und nach dem Glühen zu ermitteln.*) Die Analysen I und III sind mit saurem Kalisulfat gemacht; in II ist saures Fluorkalium zum Aufschliessen benutzt worden. Bei Anwendung des ersteren wurden die abgeschiedenen Me- tallsäuren ebenfalls mit saurem Fluorkalium geschmolzen. Da sich ) Po gg. Ann. 74, 469. 103, 320. GßG Gesammtsitzung die Schmelze bis auf einen ganz geringen Rückstand in Wasser löst, so folgt die Abwesenheit von Th, Ge, La, Di in den Metall- säuren, denen allenfalls nnr Zirkonsäure beigemengt sein kann. Die Kaliumdoppelfluorüre wurden der fraktionirten Krystalli- sation unterworfen. Hierbei Hess sich die Abwesenheit des Tan- tals mit Sicherheit constatiren. Der erste Anschuss jedoch, des- sen Menge verhältnissmässig gering war^ bestand grösstentheils aus Kalium-TitauQorid, dann, mit Schwefelsäure zersetzt, lieferte er Titansäure, welche die bisherigen Versuche nicht augeben« Der Samarskit wird zwar direkt von saurem Fluorkalium sehr leicht zersetzt, jedoch ist diese Methode deshalb nicht sehr zu em- pfehlen^ weil in die wässrige Auflösung des Kalium-Niobfluorids zwar alles Zirkonium, aber auch viel Eisen übergeht. Der Gang der Analyse ist im Allgemeinen folgender: Die Schmelze mit saurem schwefelsaurem Kali wird nach vollständiger Zersetzung des Minerals noch einmal mit Schwefel- säure erhitzt mit der Vorsicht, dass ein Theil derselben nicht ver- fluchtigt wird. A. Die durch Kochen mit Wasser abgeschiedenen Metallsäu- ren werden zur Entfernung von Zinn und Wolfram mit Ammonium- hydrosulfür und dann mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure behan- delt. Nach dem Wägen schmilzt man sie mit saurem Fluorkalinm, löst in Wasser, lässt einen Theil der Doppclfluorure krystallisiren und zersetzt die Mutterlauge durch Schwefelsäure, um den Rest der Niobsäure zu gewinnen. Die Krystalle, bestehend aus Ka- lium-Niobfluorid (oder Oxyfluorid) und etwas Kalium -Titanfluorid, werden genau nach der von Murignac bei der Analyse des Aeschy- nits angegebenen Methode in saurer Lösung mit Zink behandelt, worauf man das zu Sesquioxyd reducirte Titan volumetrisch be- stimmt. B. Die saure Flüssigkeit wird mit Ammoniak fast neutrali- sirt und mit oxalsaurem Ammoniak gefällt. Der Niederschlag be- steht aus den Oxalaten der Cer- und Yttrium-Metalle, dereu Tren- nung und Bestimmung in bekannter Art erfolgt. C. Das Filtrat wird mit Ammoniak gefällt Der Nieder- schlag ist wesentlich Eisen- und Uranoxyd, die man durch kohlen- saures Ammoniak und Ammoniumhydrosulfür trennt Im Filtrat finden sich nur geringe Mengen Maugan etc. vom 8. November 1877, 6G7 Bei diesem Gange musste sich das Zirkonium in A, das Tho- rium in B finden. Allein aus der Lösung der Doppelfluorure schieden sich die leicht kenntlichen Krystalle des Zirkoniumsalzes nicht ah. Wurden die auskrystallisirten Doppelfluorüre mit Schwe. feisäure abgedämpft, und der Rest mit Wasser behandelt^ so gab die saure Flüssigkeit, nachdem durch Erhitzen die Niobsäure ab- geschieden war, keine durch Ammoniak fällbare Substanz, während doch die Zirkonsäure in dem Uberschuss der freien Säure selbst beim Erhitzen hätte aufgelost bleiben müssen. Aber die Oxyde der Oxalate aus B konnten Zirkonsäure und Thorsäure enthalten. Nun wissen wir^ dass die Oxalate beider sich in oxalsaurem Ammoniak lösen, dass sie, wie Bunsen noch neuerlich vom Thoriumsalz gezeigt hat, beim Erkalten der kochen- den Lösung sich nicht abscheiden, während dies bezuglich der klei- nen Mengen aufgelöster Oxalate des Gers und Yttriums der Fall ist. Wiederholt habe ich diese Versuche angestellt, niemals löste oxalsaures Ammoniak wesentliche Mengen auf. Ich bin demnach vollkommen überzeugt, der Samarskit enthält kein Zirkonium und Thorium. Wenn man erwägt, dass die letzten Analysen (No. 6 und 7) 15 — 16 p. G. Geroxyde und Yttcrerde gegeben haben, und dass ich, wie wir sogleich sehen werden^ fast dieselben Mengen finde, so ist klar, dass die 10 p. G. Zirkon- und Thorsäure nicht in dem Niederschlag der Oxalate enthalten sein können, dass sie aber auch in den Metallsäuren nicht verborgen sind, habe ich oben gezeigt, und folgt bezüglich des Thoriums schon aus der Unlöslichkeit des Kalium-Thoriumfiuorids. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir auch einige Bemerkun- gen über die von H. Rose^) vorgeschlagene Trennungsmethode der Niobsäure von der Titan- und Zirkonsäure erlauben. Schmilzt man die Metallsäuren des Samarskit mit kohlensaurem Kali, so bleibt beim Behandeln mit Wasser allerdings ein wesentlicher Bruch- theil ungelöst, der indessen fast nur aus Niobsäure besteht, und sich, wenn man das Schmelzen und Auslaugen noch einigemale wiederholt, auf eine geringe Menge reducirt. Aber auch diese enthält noch Niobsäure, denn sie löst sich beim Abdampfen mit ») Analyt. Chemie 2, 340. 668 Gesammtsitzung Schwefelsäure nicht vollständig auf. Durch Kochen mit Wasser fällt titanhaltige Niobsäure nieder. Bei den folgenden drei Analysen wurde in I und III saures Kalisulfat, in II saures Fluorkalium zur Zersetzung benutzt I. IL III. Mittel Zinnsäure 0,26 0,18 0,22 Titansäure 2,20 Niobsäure 54,16 1,081 56,53J 55,50 1,08 55,34 Yttererde ] \ 12,14 Erbinerde 4 12,03 9,68 4,08 8,80 3,82 Ceroxydi) 3,38 4,92 4,68 4,33 Uranoxyd 13,08 10,81 11,94 Eisenoxyd Vfanganoxyd 14,04 1,08 100,0 14,30 98,5 99,83 Aus dem Mittel berechnen sich die Elemente und die Atome Sn 0,17 Ti 0,65 Nb 38,81 Y 6,99 Er 3,57 Ce 3,69 U 9,95 Fe (Mn) 10,01 Atome 1,5 0,141 1,36/ 41,3^ 42,8 7,55 1 2,11 I 13,66 = 6,83 R 4,00 ) 4,11 18,0 / 9,0 Fe ') Einschliesslich Di und wohl auch La. vom 8. November 1877. 669 n. Samarskit aus Nordam erika. Der Samarskit ist an mehreren Stellen, insbesondere in Mit- chell County, Nord-Carolina gefunden worden, und Edward Dana hat neuerlich Krystalle desselben beschrieben.^) Derselbe hatte die Gute, mir das Material für die nachfolgende Untersuchung mitzu- theilen. Das V. G. ist = 5,839, also etwas hoher als das des urali- schen. Es wurde gefunden = 5,72 L. Smith, = 5,45 — 5,69 Dana»). Der amerikanische Samarskit enthält eine nicht unbedeutende Menge Tantalsäure. Aus der heissen Losung der Kaliumdop- pelfluoride scheidet sich das schwerlösliche Salz K^TaFl' sofort ab; nach partiellem Eindampfen der Mutterlauge blieb dieselbe klar. Ich habe die Fällung analysirt und darin gefunden: Kalium 21,16 Tantal 41,01 Silicium 1,65 Fluor (36,72) 101,54 Die Tantalsäure hat ein V.-G. = 7,388 (7,6 nach Mariguac) und färbte vor dem Löthrohr die Phosphorsalzperle im Reduktions- feuer nicht. Die aus der Mutterlauge erhaltene Niobsäure hat ein V.-G. = 4,578 (453 Marignac). Sie giebt ein dunkelbraunes Glas. Dagegen fehlt hier die kleine Menge Titausäure, welche im uralischen S. vorkommt. Die Ceroxyde enthalten sehr wenig Didym, sie sind daher blassgelb und ihre Menge ist überhaupt gering. Auch in diesem Samarskit habe ich vergeblich nach Thorium und Zirkonium gesucht. ») Ann. f. of Sc. 1876. Vol. 11. >) Textbook of Min. 1877. S. 339. 670 Oesammtsitzung Kieselsäure 0,56 Zinnsäure 0,16 Tantalsäure 14,36 Niobsänre i 41,07 Erbinerde 10,80 Yttererde 6,10 Ceroxyd 2,37 Eisenoxyd(Mn) 14,61 Uranoxyd 10,90 100,93 Berechnung. At. Si 0,26 0,9 Sn 0,13 0,1 38,2 Ta 11,77 6,5 Nb 28,81 30,7 Er 9,40 5,6 Y 4,84 5,2 12,2 = Ce 1,88 1,4 Fe 10,23 18,3 = U 9,08 3,8 = 6,1 ft = 9,15 Fe Für die stocliiometrische Berechnung der Samarskitanalysen ist es nothig zu wissen, ob das Eisen als Fe oder als Fe vorhan- den sei. Kocht man feinstes Pulver mit Ghlorwasserstoffsäure, so er- hält man eine gelbe Flüssigkeit, welche kein Eisenoxydul ent- hält. Der bedeutende Gehalt des S. an Uran lässt die Frage ent- stehen^ ob U O' als Vertreter von Fe O' und der übrigen RO' oder als elektro-ncgativer Bostandtheil, analog der Wolframsäure man- cher Tantalite etc., zu denken sei. Faktisch ist dies nicht zu ent- scheiden^ allein die einfachere Constitution des Minerals verleiht der letzten Ansicht grosseres Gewicht. Dann sind die Atom Verhältnisse im Samarskit: vom 8. November 1877. 671 Ural Amerika R 42,8 ü 4,1 . 46,9 Z 1 - R 15,8 15,2 d. h. es ist (R , U) : R — 2,97 : 1 = 2,80: oder nahe = 3:1. Offenbar besteht das Ganze hauptsächlich aus Halb-Nioba- ten (Tantalaten) == 2ftO»-h3Nb'0* = R'Nb'O'», welchen das Uranat 2RO*-+-5ÜO» = R'Ü^O'* isomorph beigemischt ist. Da in beiden Abänderungen U:R nahe = 1:10, so ist die Formel des Samarskits r8(R'Nb^O'0l 1 ¥?\}' G"' J wo Nb im amerikanischen zugleich Ta einschliesst. Ta:Nb == 1:5. Beide Abänderungen unterscheiden sich ausserdem nur wenig, insofern im S. vom Ural aus Amerika ft : Fe = 1 : 1,3 1 : 1,5 Ce:Y,Er = 1:2,4 1:7,7 Y : Er = 3,6 : 1 1:1 Der S. von Mitchell County ist bereits von amerikanischen Mineralogen analysirt worden, jedoch niemals vollständig, so dass daraus kein Schluss auf seine Zusammensetzung sich ziehen Hess. 672 Gesammtsit ztmg Allen *) Swallow') Smith») Zinnsäure 0,08 0,16 0,31 Tantalsaure Niobsäure 18,60 1 37,20 j 56,21 55,13 Yttererde Erbinerde 14,45 12,84 14,49 Ceroxyd 4,25 5,17 4,24 Kisenoxydul (Mn) 11,65 14,93 13,27 Uranoxyd 12,46 9,91 10,96 Kalk 0,55 — Gluhvdrlust 1,12 0,52 0,72 100,36 99,75 99,12 Es ist wahrscheinlich, dass das Verhältniss Ta:Nb in ver- schiedenen Stücken variirt; bei Allen ist es gleich 1 :3,3. Die Krystallform des Samarskits steht der des Tantalits und Niobits sehr nahe, wie schon Hermann und Kokscharow ge- funden haben. E. Da na 's Messungen^) amerikanischer Krystalle bestätigen dies. Es wurde das Hauptoktaeder a:b:c, ein anderes = ^a:-}^b:c, die ersten Paare a:b und 2a:b:ooc, das dritte Paar a:c:cx:>b und die beiden HexaYdflächen a und b beobachtet, und Dana leitet ans seinen Messungen a:b:c = 0,545:1:0,518 ab. Er vergleicht den S. mit dem Tantali t (Niobit) und Yttro- 1) Dana, Textbook 340. «) Proc. Boot. Nat. Hbt. Soc. 1875, 17. ») Am. J. Sc. 1877, 13. *) Am. J. Sc. 1876, 11. vom 8. November 1877, 673 tantalit, und erinnert daran, dass der Samarskit mit dem Niobit in regelmässiger Verwachsung gefunden werde. Die Axenverhältnisse sind: a : c Samarskit 0,545:0,518 Tantalit 1 0,817:0,821 Schranf Niobit j Yttrotantalit 0,54 : 1,33 A. Nordens kiöld. Die a sind = 1 : 1,5 : 1 , die c = 1 : 1,5 : 2. Bei dieser Isomorphie ist es bemerkenswerth, dass der Zusam- mensetzung nach N-::f'} - « E F A 10 16 21 25 27 B 6 11 15 17 C 5 9 11 I) 4 6 E 2 F war eine Losung, die in 100 Thcilen 30 Th. krystallisir- ten Salzes [Cu S O4 -+- 5 Hj O] enthielt. Von dieser Losang waren 100 Volumtheile in E mit 33|, in 7) mit 100, in C mit 300, in B mit 700, in A mit 2900 Volumtbeilen Wassers versetzt. Durch diese von -der verdünnten zur concentrirten Losung ge- henden Ströme wird in der verdünnten Lösung Metall aufgelöst, in der concentrirten Metall ausgeschieden. Erst wenn eine gleich- massige Concentration hergestellt ist, hört der Strom auf. Für die Arbeit, welche der Strom leistet, würde man das ent- sprechende Äquivalent in der Arbeit der Anziehungskraft zwischen dem Salz und dem Wasser zu suchen haben, welche sich auch in den Wärmewirkungen zu erkennen giebt, die beim Mischen von Lösungen desselben Salzes zu beobachten sind. Demnach ist der von mir beobachtete Strom aufzufassen als Reactionsstrom gegen die Wanderung der Ionen, wie der Polarisa- tionsstrom Reactionsstrom gegen den Zersetzungsstrom ist. Denn wird irgend ein Salz elektrolysirt, so wird immer die Lösung an der Anode cojicentrirter, an der Kathode verdünnter. Meine Ver- suche erg(;ben, dass dann eine elektromotorische Kraft auftritt, welche der der elektroly sirenden Batterie entgegenwirkt. vom 8, November 1877, 677 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: ,, B. Boneompagni, Buliettino. T. X Sett. 1877. Roma. ^ Herne scientißque de la France et de C etrangcr. N. 13. Paris 1877. 4. The Madras Umversiti/ Calendar 1877—78. Madras 1877. 8. Bulletin de la Suciete mathe/natüjue de France. T. V. N. C. Paris 1877. 8. A. Büuvet, Etüde sur la dissociation etc, Paris 1877. 4. Mit Begleit- schreiben. Bulletin de la Societe Ouralienne d'amateurs des sciences naturelles, T. III. 2. Ekatherinbourg 1876. 4. (russ.) Societa Toscana di scienze naturall. Adunauza del lo. Luglio 1877. 4. W. F. G. Behn, Leopuldina. Heft XIII. N. 19. 20. Dresden 1877. 4. Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Jahrg. 1876. Berlin 1876- 8. Atti della l(. Accademia delle scienze di Torino. Vok XII. Disp. 1 — 5. (Nov. 1876— Gingno 1877.) Torino. 8. Buliettino dell' Osservatorio della Betjia Universita di Torino, Anno XI. (1876.) ib. 1877. 4. Proceedings of the Cambridge philosophical Society, Vol. III. P. 1. 2. Cam- bridge 1876. 1877. 8. Transactions of the Cambridge philosophival Society, Vol. XI. P. 1. ib. 1871. Vol. XII. P. 1. 2. ib. 1877. 4. Mit Begleitschreiben. " Schu:eizerische meteorologische Beobachtungen, Suppl. -Bd. jLief. 3. Jahrg. XII. 1875. Lief. 6. Jahrg. XIV. 1877. Lief. 1. 2. 4. 12. November. Sitzung der philosophisch-histori- schen Khisse. Hr. Waitz las über die verschiedenen Texte des Liber pon- tißcalis. 678 Gesammtsitzung 15. November. Gesammtsitzuug der Akademie. Hr. W. Peters hielt einen Vortrag über zwei fossile Wirbelthiere, Probatrachns vicetinus und Hemitriehas schisticola, aus den Tertiärbildungen von Ponte bei Laver da im Vicentinischen. Hr. Beyrich bat mir zwei aus den älteren vicentinischen Tertiärbildungen herrührende Versteinerungen von Wirbelthieren zur Untersuchung übergeben, welche der Örtlichkeit wegen, von welcher sie stammen, von besonderem Interesse sind. Derselbe bemerkt über ihr Vorkommen Folgendes: ^ Die beiden Wirbelthierreste stammen aus einem kohienfuh- renden Lager, welches nach den an Ort und Stelle von dem Fin- der derselben gemachton Angaben, in den beiden Thälern verläuft, die sich am sudlichen Abfall der Sette Comuni von dem nördlich von Salcedo gelegenen Dorfe Ponte ostwärts gegen Laverdä und westwärts gegen Valle inferiore im Thale des Chiavone bianco herabziehen. Die Ablagerungen, in welchen diese beiden Thäler eingeschnitten sind, geboren zu der Schichtengruppe, welche Suesz als Schichten von Laverdä ausgezeichnet hat, und welche bedeckt wird von den durch ihren Conchylienreichthum berühmt gewordenen Tuffen von Salcedo und Lugo. Im Hangenden letzterer Tuffe zieht sich, mit Unterbrechungen, ein Kalklager hin, in welchem zahlreich Korallen und Mollusken der Fauna von Castelgomberto gefunden werden, und darüber folgen mächtige Tuffmassen, in denen die fisch- und pflanzenreichen Kalkschiefer von Salcedo eingebettet sind. Dtis Lager von Ponte gehört demnach einem älteren, als unteroligocän zu betrachtenden Horizont an als die Schiefer am Chiavone bei Salcedo, welche mit Unrecht in einen andern Hori- zont versetzt wurden als die Kohlenlager von Monte Viale und von Zovencedo." Die eine der Versteinerungen besteht in dem Abdruck eines ungeschwänzten Batrachiers, von welchem man die Wirbel, die Darmbeine, die hinteren Extremitäten und den mittleren und hin- teren Theil des Schädels deutlich erkennen kann. vom lö, November 1877, 679 Die Wirbelsäule hat eine Totallünge von nur 15 Millimeter, ebenso viel wie die Länge des Schädels vom Hinterhaupt bis zum vorderen Ende des Stirnbeins betrügt. Es ist dieses ein Verhält- niss, wie es von keiner lebenden Art bekannt ist. Der Atlas ist so lang wie die beiden folgenden Wirbel zusammen; der zweite Wir- bel, welcher mit seinen Querfortsätzen eine Breite von 10 Milli- metern hat, zeichnet sich dadurch aus, dass seine Querfortsätze nach dem Ende hin etwas verbreitert sind und hier eine Neigung zu euier gabelförmigen Theihing zeigen, während die des 3. bis 5. Wirbels mehr cylindrisch erscheinen und zugleich sich allmählig verkurzen und mehr nach vorn gerichtet sind. Der 6. und 8. Wir- bel zeigen einen sehr viel kürzeren, grade nach aussen gerichteten Querfortsatz, der 7. nur auf der rechten Seite die Spur eines sol- chen, während die Fortsätze dieser Wirbel bei den lebenden Ba- trachiern ebensowohl entwickelt zu sein pflegen, wie die der vor- hergehenden. Das Kreuzbein ist noch z. Th. in dem Schiefer stecken geblieben und die linke Seite zeigt den Abdruck eines cy- lindrischen, am liusseren Ende in keiner Weise verbreiterten Quer- fortsatzes, welchem sich das vordere Ende des in seiner natür- lichen Lage gebliebenen Darmbeins anschliesst, während das Darm- bein der anderen Seite aus seiner Lage verdrängt ist. Sehr auf- fallend ist die ausserordentliche Kurze der Darmbeine, deren Länge nicht mehr als 5 Millimeter beträgt und kaum die Breite des gan- zen Kreuzbeins erreicht. Das Steissbein gibt sich als eine längs der Mitte des Beckens verlaufende Crista zu erkennen. Die hintere Extremität ist ebenfalls durch ihre Kurze ausge- zeichnet, indem der Oberschenkel 13^, der Unterschenkel 6^, der Tarsus eben so wie der längste Metatarsalknochen nur 2^ Milli- meter lang sind. Die Phalangen der Zehen sind nur theilweise erkennbar. An der rechten Seite schliesst sich an den nur theil- weise erkennbaren Metatarsus die Querreihe der ersten fünf Pha- langen an und auf die vierte von diesen folgen hinter einander drei Phalangen, von denen die letzte die Gestalt eines Endgliedes hat. «Man darf daher nach der Zahl der Phalangen, vier, wohl anneh- men, dass dieses die vierte längste Zehe gewesen sei. Diese ist aber ebenfalls auffallend kurz gewesen, da diese vier Phalangen zusammen nicht mehr als drei Millimeter lang sind. Von dem Schädel ist speciell wenig zu sagen; er ist, wie er- wähnt, im Yerhältniss zum übrigen Körper auffallend gross und 680 Gesamiut Sitzung •1 die Schläfengegend besonders entwickelt. An jeder Seite nach aussen von der letzteren befinden sich die Abdrucke von kleinen Skeletstücken, welche dem Suspensorium und dem hinteren Thcile des Unterkiefers angehört haben durften. Vergleicht man diese R<'8te mit den lebenden Batrachiern, so wurden die kurzen hinteren FJxtremitaten mehr auf eine kroten- als froschähnliche Art deuten, während die schmale Form der Quer- fortsätze des Kreuzbeinwirbols sie mehr den letzteren als den er- stcren anschliessen. Die Kürze der Extremitäten deutet auf ein langsames, kriechendes, nicht springendes oder schwimmendes Thier. Der im Verhältniss zu dem übrigen Körper so auffallend grosse Kopf entspricht dem, was wir im allgemeinen bei den Wirbelthieren im Jugendzustande beobachten und was als permanenten Zustand bei Thieren früherer Erdperioden anzutreffen uns nicht besonders in Erstaunen setzen dürfte. Denn dass das vorliegende Exemplar nicht etwa als ein Larvenzustand zu betrachten sein dürfte, geht hinreichend hervor aus der hohen Entwickelung des Skelets und aus dem Mangel irgend eines larvenartigen Anhanges. Ich möchte diesen fossilen Batrachier, welcher den Erdschichten angehörte, in welchen die ersten Spuren schwanzloser Batrachier auftreten, als den Vorgänger der in miocenen und pliocenen Schichten so häufi- gen und unserer heutigen Gattung Bana sich viel näher anschliessen- den Arten betrachten. Die angeführten Eigenthümlichkeiten: über- wiegende Grösse und besondere Auftreibung der Schläfengegend des Kopfes, auffallende Kürze der hinteren Körperhälfte, des Beckens und der hinteren Extremitäten dürften es wohl rechtferti- gen, sie als eine besondere Gattung zu betrachten, für welche ich den Namen Probatrachus (viceiinus) vorzuschlagen mir erlaube. Die zweite Versteinerung besteht in einem Fischchen von 47^ Millimeter Totallänge. Das Skelet ist fast vollständig von der rechten Seite zu sehen und wird nur undeutlich für die Beob- achtung durch eine Quetschung, welche unglücklicherweise gerade den Kopf und ausserdem den oberen Theil des Körpers getrof- fen hat. Die Wirbel, Rippen und Flossen lassen keinen Zweifel über die Zugehörigkeit desselben zu den Teleostei, Oben und unten sind noch einige abgefallene Schuppen erhalten. Die cjxloide Bildung derselben, mit zahlreichen feinen concentrischen Ringen, die ven- vom 15, November 1877. 681 trale Lage einer noch ziemlich wohl erhaltenen Bauchflosse, die deutlich erkennbare Gliederung des ersten Strahls dieser Flosse und der vordersten einfachen Stralilen der Analflosse lassen die Art als zu den Malacopterygii abdominales gehörig erkennen. In dem Theil, den ich für den Oberkiefer halte, lassen sich mit einer scharfen Lupe ein paar winzige Zähne erkennen; der Augendurchmesser übertrifft die Schnauzenlänge; in der Brustflosse hissen sich 13 Strahlen erkennen, in der Baucliflosse ein gegliederter einfacher und acht verzweigte. Die Analflosse beginnt dem ersten der 20 Schwanzwirbel gegenüber und scheint unter dem sechstletzten zu endigen. Auf dem Rücken, bald hinter der Brustflossenbasis sieht man einzelne verzweigte Strahlen, die man bis zu der Gegend, welche dem Anfange der Analflosse gegenüber liegt, verfolgen kann und von denen einige mit den Dornfortsätzen im Zusammenhange stehen. Dem 5. Schwanzwirbel gegenüber beginnt eine zweite Rückenflosse mit einem einfachen gegliederten Strahl, auf welchen zuerst etwa acht zusammenliegende verzweigte Strahlen folgen, hin- ter denen sich bis zum scchstletzten Schwanzwirbel noch vereinzelte verzweigte Strahlen mehr oder weniger deutlich erkennen lassen. Die gabelige Schwanzflosse lässt ausser den un verzweigten 17 ver- zweigte Strahlen erkennen. Die einzelnen Wirbel des Schwanzes sind sehr deutlich, wäh- rend die des Rumpfes nach vorn hin mehr oder weniger undeutlich zu erkennen sind. Es dürften in den Rumpftheil der Wirbelsäule etwa 18 Wirbelkörper eintreten. Von allen Gruppen der lebenden Malacopterygii abdominales dürfte nach den angeführten Merkmalen die der Clupeini als die unserem Fisch am nächsten stehende bei der Vergleichung in Be- tracht zu ziehen sein. Es gibt zwar keine einzige Gattung der- selben mit zwei Rückenflossen und das dürfte ihn auf den ersten Blick weit von ihnen entfernen. Bis auf die letzte Zeit kannte man aber auch nur Clupeengattungen mit einer kurzen Rücken- flosse, so dass dieses sogar als ein Kennzeichen in die Charakte- ristik der Familie der Clupeini aufgenommen worden ist. Ganz neuerdings hat nun dagegen Hr. Dr. Hilgendorf (Leopoldina. 1877. Heft Xin. p. 127) eine der Albula sehr nahe verwandte neue Gattung, Pteroihrissus^ mit einer sehr langen Rückenflosse aus Ja- pan kennen gelehrt, welche eben dadurch von allen anderen Gat- tungen dieser Familie abweicht und die Kluft zwischen dieser fos- 682 Gesammtsiizung silen Gattung und den übrigen lebenden Clupeen enger macht. Hoffentlich werden bald mehr und noch besser erhaltene Exemplare gefunden werden, welche die Bildung der Kopfknochen und die Flossen in einem vollkommener erhaltenen Zustande besser erken- nen lassen, als dieses bei dem vorliegenden einzigen Exemplare möglich ist. Ich habe die bisher noch nicht beschriebene Gattung und Art als Hemitrichas schisticola bezeichnet. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Probatrachus vkentinua Ptrs. Fig. 2. Hemitrichas schiaticoia Ptrs. Nach den in der Berliner paläontologischen Sammlung befindlichen Exemplaren. Co rr igen dum. Die von mir (Motiatsber. d. Js. p. 422) aufgestellte neue Gat- tung Microdiscopus (sumatranus) beruht, wie ich mich neuerdings durch Vergleich mit Oxyglossus {Fhrynotjlossus) laevis Gthr. von den Philippinen überzeugt habe, auf einer mit diesem übereinstim- menden oder sehr nahe verwandten Art und muss daher wieder eingezogen werden. y.-.Mliri Berl,A'itiVi:;3ensdi ;87(p&8f Probalrachus vicclnius SHemilnchas schisticola. KuiL-tsn^TalliCEohi vom 15. November 1877. 683 An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Revue de la France et de Cetranger, N. 19. Paris 1877, 4. Proceedings qf the London mathematical Society, N. 119. 120. 121. London 1877. 8. Leiter a del Pro/, Pietro Rtccardi aW ili"K Signor Comm. Ceaare Correnti. Extr. Modena 1877. 8. Jahrbücher der K, Akademie gemeinnütziger Wiseenachaften zu Erfurt, Neue Folge. Heft VIII. IX. Erfurt 1877. 8. P. Riccardi, SuUe Opere di Aieasandro Volta, Modena 1877. 4. Vom Verf. Urkundenbuch der Stadt Lübeck, Th. 1. 2. 3. 4. Lübeck 1843 — 1873. 4. Mittheilungen aus dem K, Zoologischen Museum zu Dresden, Herausgegeben von Dr, A. B, Meyer, Dresden 1877. 4. Vom Herausgeber. Bollettino della Societä Adriatica di Scienze naturali in Trieste, Vol. III. N. 1. 2. Trieste 1877. 8. Journal de Zoologie par P, Gervais. T. VI. N. 4. 5. Paris 1877. 8. Mittheilungen der natur/orschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1876. N. 906 — 922. Bern 1877. 8. Mit Begleitschreiben. Verhandlungen der Schweizerischen natur/orschenden Gesellschctft in Basel, 59ste Jahresversammlung, Jahresbericht 1875/76. Basel 1877. 8. Mit Begleitschreiben. 22. November. Gesammtsitzung der Akademie. Hr. Buschmann las über die süd- indischen Sprachen: den I. Theil. <>^< i Ovsammtsitzuntj Ilr. Wt'lisky legte eine Arbeit des Professors Max Bauer in Königsberg vor: Über (las Krystallsy stem und die Ilauptbreohungs- Coel'fieienten des Kaligliin mers. Der Kaliglininier. dieses so weit verbreitete und wichtige und wegen mancher seiner Eigenschaften so interessante Mineral, das schon so oft die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen hat , setzt dem Studium nach manchen Richtungen liiu so grosse Schwierigkeiten entgegen, dass er in mehr als einer Beziehung noch viel weniger bekannt ist, als eine grosse Anzahl von viel seltene- ren, weniger wichtigen und weniger interessanten Mineralien. Bis vor Kurzem befand man sich sogar noch im Unklaren über die Kry stallform unserer Substanz, die dem rhombischen System anzugehören schien, von dem sie allerdings nur wenig abweicht Die optischen Untersuchungen Tschermak's haben aber zuerst im Gegensatz zu früher angestellton den völlig ausreichenden Be- weis geliefert, dass die Form nicht rhombisch sein kann, sondern dass sie dem 2 -h 1 gliederigen Systeme angehört, ein Resultat, das N. von Kokscharow in seiner kürzlich erschienenen ausge- zeichneten Arbeit ^) auch vom krystallographischen Standpunkte aus bestätigte. Ich habe im Folgenden ebenfalls den Winkel bestimmt, den die Ebene der optischen Axen mit der Basis, der Ebene der leich- testen Spaltbarkeit, macht, und dabei Werthe gefunden, die mit den von Tschermak ermittelten nahe übereinstimmen. Dabei wurde eine Methode angewandt, welche eine sehr grosse Genauigkeit zu- lässt und die ich weiter unten beschreiben werde. Ausserdem habe ich mich aber auch bemüht, Werthe zu er- mitteln, welche beim Glimmer bisher noch nicht bekannt waren, nämlich die drei Hauptbrechungs-Coeflicienten desselben und die Längon der Elasticitätsaxen, die mit jenen einfach zusammen- hängen. ') UI)or (las KrvNtallsy.^ttMii un w'Jt'i und iVoü = A' C;.<|. In der Figur ist ferner noch angegeben der grössto Kreis JN«, d a: oo b : c sein würde. Wäre dieser Glimmer rhombisch krystallisirt, so musste die Mittellinie genau senkrecht zur Spaltungsfläche sein, parallel mit der dazu senkrechten Axe c und es musste diese Normale mit den beiden scheinbaren und wahren Axen in einer Ebene liegen; die dritte [1877] 60 G90 Geaammtsitzung Richtung musstc nothwendig durch die Fcrnrohrniitte geben, 'vrenn die zwei aiidoren Richtungen hindurchgehen. Da der Versuch zeigt, dass dies nicht der Fall ist, so kann kein rhombischer Kry stall vorliegen. Ob derselbe aber nun monoklin oder triklin ist, geht hieraus nicht hervor, sondern erst aus der Messung der Bögen A'a? und A'«»-,. Diese Messung geschieht nun bei der angegebenen EinrichtUDg des Instruments nach F. E. Neu mann folgendennafsen *): M.'in stellt bei einer beliebigen Lage des Beobachtungs- Fern- rohrs die Glimmerplatte so, dass die eine scheinbare optische Axo in der Mitte des Sehfelds erscheint, indem man den Schnittpunkt der Kreuzt'äden mit der schwarzen Hyperbel der betreffenden Axe durch Drehung der Platte vermittelst der inneren Goniometerdreh- axe, so dass also das Fernrohr fest bleibt, zur Deckung bringt. Alsdann giebt die Fernrohraxe die Richtung der scheinbaren opti- schen Axe des Glimmers in der betreffenden Stellung der Platte gegen das Fernrohr an. Nun dreht man unter stett»r Beibehaltung dieser gegenseitigen Stellung von Fernrohr und Krystallplatte den Glimmer mit dem Fernrohr und mit dem Theilkreis so, dass man zuerst den fernen Punkt auf der Spaltungsfläche des Glimmers ge- spiegelt und dann so^ dass man ihn im Fernrohr direct sieht. Der am Theilkreis abzulesende Winkel der dadurch gegebenen beiden Stellungen des Beobachtungs-Fernrohrs ist das Doppelte desjenigen Winkels, den die scheinbare optische Axe mit der Spaltungsebene macht, und das Complement dieses letzteren Winkels ist der Bogen Nuü (resp. iVciü,), der Winkel der optischen Axe mit der Nonnale zu der Basis. In dieser Weise wird zuerst der Bogen iVw, dann der Bogen Niß^i bestimmt. Diese Methode erfordert drei verschiedene Einzelbeobachtungen, die einer sehr ungleichen Genauigkeit fähig sind. 1) Einstellen der schwarzen Hyperbel der betreffenden opti- schen Axe auf den Schnittpunkt der Kreuzfäden. 2) Directes Anvisiren eines Punkts mittelst des Fernrohrs. 3) Anvisiren des Spiegelbilds desselben Punkts auf der Spal- tungsfläehe, ebenfalls mittelst des Fernrohrs. Die zweite und dritte Beobachtung kann mit aller nur irgend wünschenswerthen Genauigkeit vorgenommen werden. Das Plält- >) Vergleiche die p. 704 citirte Arbeit von Müttrich. vom 22, November 1877. C91 chen spiegelte so vorzüglicli, dass bei wiederholten Einstellungen des Spiegelbilds fast stets dasselbe Resultat erhalten wurde und jedenfalls waren die Abweichungen immer höchst unbedeutend. Unter allen Umständen sind die dadurch erzeugten Beobachtungs- fehler sehr viel kleiner, sogar verschwindend im Verhältniss zu denen, die sich aus der ersten Beobachtung, der Einstellung des schwarzen Balkens, ergeben, auf welche die Abweichungen der durch die verschiedenen Einzelbeobachtungen ermittelten Werthe der Win- kel Nm und iVte-i von einander wohl allein zurückzuführen sind. Es handelt sich hier um das Einstellen auf die Mitte einer ziem- lich breiten schwarzen Zone, wobei, wenn auch die Ränder lebhaft roth und blau gefärbt sind, doch noch eine so grosse einheitlich schwarze Stelle übrig bleibt, dass erhebliche Unsicherheiten in der Einstellung nicht zu vermeiden sind. Vorläufige Versuche hatten ergeben, dass nach der fünften Einstellung des Axenbilds die arith- metischen Mittel der erhaltenen Werthe durch Hinzunahme vieler weiterer Ablesungen sich nur noch um Beträge ändern innerhalb der Grenzen von 2', was bei dieser Zahl der Ablesungen ungefähr den wahrscheinlichen Fehler des direct abgelesenen Winkels aus- machen würde. Da wir aber nur den halben Winkel brauchen, so ist auch der so bestimmte Werth von Nm und Nw^ nur mit einem wahrscheinlichen t*ehler von 1' behaftet, wenn mindestens fünfmal neu auf das Axenbild eingestellt worden war. Ich habe diese Einstellung bei beiden Axen je sechsmal vor- genommen und dabei für das Licht des rothen Glases folgende Werthe ermittelt für N^ und Nwii iVw iVc', — 1. 32°16'45" 32° 12' 45" 2. 32°15'0" 32° 15' 25" 3. 32° 9' 45" 32°13';20" 4. 32°13'0" 32° 16' 45" 5. 32° 13' 45" 32° 13' 45" G. 32° 16' 30" 32°13'0" Mittel 32°14'7y' 1 32° 14' 10" 50 692 Gesammtsitzung und daraus: iV>'i — Nu: = 0° 0' 24' Die Differenz der durch die Mittel gegebeneu wahrscheinlich- sten Endresultate ist also viel geringer als der wahrscheinliche Fehler des Resultats, wir müssen also annehmen, dass streng: Nüj = Nwi und dass: i\^a, = i\V., = 32M4' ist, unter Weglassung der doch jedenfalls unsicheren Secunden. Berechnet man nun noch zur Sicherheit aus den Einzelbeob- achtungen den wahrscheinlichen Fehler des Endresultats und der verschiedenen Einzelbeobachtungen nach den bekannten Formeln, so erhält man für ersteren in ungefährer Übereinstimmung mit dem Obigen für Nm und Nmi den wahrscheinlichen Fehler = 0!85 und jede Einzclbeobachtung ist mit einem solchen von 2J0 behaftet. Durch dieses Ergebniss, N(u = A^c«;,, ist nun (unter Berücksich- tigung des sonstigen Verhaltens des Glimmers) bewiesen, dass in der That die scheinbaren optischen Axen (und damit nothwendig auch die wahren) symmetrisch zu der durch den Bogen Nee gege- benen Ebene liegen, was unzweifelhaft auf ein 2 -+- 1 gliedrigos Krystall System hinweist. Diese Symmetrie wird, wie jvir unten sehen werden, noch weiter dargethan durch die gegenseitige Lage der schwarzen Lemniskaten in dem Axenbilde zwischen gekreuzten Nicols. b) Winkel der scheinbaren optischen Axen. Auch dieser wurde am Goniometer bestimmt, an welchem aber zu die- sem Zweck das mit dem Theilkreis drehbare Fernrohr wieder durch ein feststehendes ersetzt war, wie es bei gewöhnlichen Winkelmes- sungen angewandt wird. Die Polarisations-Vorrichtungen wurden wie oben angebracht. Die Ebene der scheinbaren Axen wurde pa- rallel zum Theilkreis eingestellt, jede Axe mit dem Schnittpunkt der Kreuzfäden zur Deckung gebracht und abgelesen. Es ergeben sich dabei folgende Werthe: vom 22, November 1877. 693 «iwi — 64* 13' 0" 13' 0" 30' 30" 8' 0" 2' 0" 30' 30" 15' 30" 2' 30" 16' 0" 19' 0" 64° 5' 30" im Mittel : c« 'x, = 64° 14' S-^". Die Extreme liegen hier weiter auseinander als in obiger Win- keltabelie. Dies hat zwei Gründe. Einmal sind dort nur die hal- ben, hier die ganzen direct beobachteten Winkel angeführt, also sind dort die Extreme verhältnissmässig nur halb so gross, als hier. Dann wird hier zweimal auf den breiten schwarzen Balken eingestellt, dort nur einmal, die Quelle der Unsicherheit, die hier zweimal wirkt, hat dort nur einmal ihren Einfluss ausgeübt. Oleich- w^ohl beträgt der wahrscheinliche Fehler des Mittelwerths nur 2J04, während der jeder Einzelbeobachtuug 6^6 ausmacht. Im Folgenden nehmen wir als wahrscheinlichsten Werth des scheinbaren Axenwinkels unter Fortlassung der unsicheren Se- cunden : ÜJ w 1=64° 14'. c) Berechnung der scheinbaren und wirklichen Ab- weichung der Ebene (Mittellinie) der optischen Axen Die obigen Beobachtungen haben uns als Grundlage für diese Be- rechnung ergeben: iVu; = iVtt;, = 32°14' wwi = 64° 14'. Daraus folgt für den Bogen Na: Na = 2°by 694 Gesammtsitzung und dies ist die scheinbare Abweichung der Ebene der optischen Axen oder der optischen Mittellinie von der Normale zur Spaltungs- fläche. Diese letztere selbst macht also mit der Axencbene (Mittel- linie) einen Winkel von 87° 5', was mit den von Tschermak er- mittelten Werthen ziemlich übereinstimmt. Jedenfalls können die an verschiedenen Glimmersorten in diesen Werthen gefundenen Diffe- renzen nichts Überraschendes haben, wenn man die grossen Unter- schiede ins Auge fusst, die in optischer Beziehung auch sonst bei verschiedenen Glimmersorten vorhanden sind. Um nun die wahre Abweichung der optischen Axenebene zu bestimmen, d. h. den Winkel den die Ebene der wahren optischen Axen o oder deren Mittellinie a mit der Spaltungsflache oder deren Normalen X macht, hat man zu berücksichtigen, dass jede wahre Axe 0 nothwendig in der Ebene einer scheinbaren Axe w und der Normalen A' der Spnltungsfluche liegen muss und dass sie mit die- ser Normale A' einen kleineren Winkel machen muss, als die schein- baren Axen tt?, und zwar muss dieser Winkel No und Noi auf bei- den Seiten der Symmetrie-Ebene derselbe sein. Legt man in obiger Figur auch die wahren Axen o und Oj in den Mittelpunkt der Ku- gel, so kommen ihre Pole o und o, auf die Bögen Nw und A'tt-i zwischen N und w und X und u-, so zu liegen, dass No = i\'0| ist. Um die Lage von o und v^ genau zu fixiren, hat man dann die Beziehung: sin X'j- = ß sin No oder . ^^ sin Nw sm Ao = — p — - wo ß der mittlere Brechungs-Corffficient des Glimmers ist. Bei einem später zu erwähnenden Versuch wurde gefunden : 3= 1,54136. Daraus ergiebt sich : No = No, = '20'' 15' als Winkel, den die wahren optischen Axen mit der Normale zur Spaltungsfläche machen. vojH 22, November 1877. 695 Endlich findet man aus dem Dreieck oNa^ in welchem der Winkel oiVa = 85°23' von früheren Rechnungen her bekannt ist: iVa=l°42' als Winkel der Ebene der wahren optischen Axen (oder der wah- ren Mittellinie) mit der Normalen der Spaltungsfläche; der Winkel mit der Spaltungsfläche selbst beträgt also: 88° 18'. In welcher Richtung die optische Axenebcne geneigt ist, konnte leider nicht bestimmt werden, da das Glimmerplättchen keine regel- mässige Begrenzung hatte. Alle diese Beobachtungen wurden auf einem höchstens unge- fähr zwei Quadratmillimeter grossen Theil der Oberfläche des Glim- merplättchens gemacht, indem der ganze übrige Theil der Ober- fläche mit Tusche geschwärzt und der Glimmer dadurch undurch- sichtig und nicht spiegelnd gemacht worden war. Es wurde hier- auf eine andere ebenso grosse Stelle mittelst eines nassen Pinsels von der Tusche befreit und das vorher untersuchte Stück ge- schwärzt. An der so hergestellten freien Stelle wurden dieselben Untersuchungen wiederholt, um zu erkennen, ob der Glimmer über- all dasselbe optische Verhalten zeige oder nicht. Es wurden dabei innerhalb der Beobachtungsfehler dieselben Werthe gefunden, wie vorhin. Es folgt daraus für das betreffende Glimmerplättchen eine grosse Homogeneität in physikalischer Beziehung, abweichend von andern Glimmerplättchen, die an verschiedenen Stellen schon auf nicht bedeutende Entfernungen sehr merkliche Differenzen in ihrem optischen Verhalten erkeimen lassen. Wegen dieser Homogeneität wurde im Nachfolgenden auch nur noch eine Stelle des Glimmers untersucht, aber auch jetzt noch der grösste Theil desselben mit Tusche bedeckt gelassen, um Alles unnöthige und störende Seitenlicht auszuschliessen. Resultate der vorstehenden Untersuchung: 1) Der Glimmer ist nach seinem optischen Verhalten mono- klin. 2) Die optische Axenebene ist senkrecht zur Symmetrie-Ebene, die Mittellinie liegt in dieser. 3) Es beträgt der Winkel : a) der scheinbaren Mittellinie mit der Spaltungsfläche 87° 5', der scheinbaren Mittellinie mit der Normale der Spal- tungsfläche 2° 55', 696 Gesammtsitzung b) der wahren optischen Mittellinie mit der SpältuDgsflfiche 88° 18', der wahren optischen Mittellinie mit der Normale der Spaltungsfläche ^ 42'. Die Richtung der Neigung der Mittellinie konnte nicht bestimmt werden. 4) Es beträgt der Winkel : der scheinbaren optischen Axen 64° 14', der wahren optischen Axen 40° 21'*). 5) Es ist der AVinkel der optischen Axen mit der Normale der Spaltungsfläche, und zwar: der scheinbaren 32° 14', der >vahren 20° 15'. Zusatz. Unmittelbar vor der Drucklegung dieses schon seit August d. J. druckfertig vorliegenden Manuscripts kommt mir noch die briefliche Mittheilung N. v. Kokscharow's an G. vom Rath zu ^), worin der erstgenannte verehrte Forscher seine frühere Mei- nung, dass der Glimmer monoklin mit einem Axenwinkel alc ^= 90° 0' 0" sei, ändert und annimmt, der Glimmer sei rhombisch mit monoklincm Ansehen, welche letztere Annahme den hier geworde- nen optischen Verhältnissen widerspricht. Krystallographische Er- örterungen liegen nicht im Plan gegenwärtiger Abhandlung, aber die Ansicht eines so verdienten und erfahrenen Mineralogen, wie N. V. Kokscharow, legt die Frage nahe, ob nicht vielleicht die kleinen Winkel, welche wir als gegen rhombische Symmetrie spre- chend angeführt haben, nur zufällige und durch irgend welche äusseren Einflüsse im Glimmer hervorgerufene Erscheinungen, viel- leicht Druckwirkungen seien , wie man ja in der That solche ab- norme optischen Erscheinungen nicht selten in den Krystallen aller möglichen Substanzen zu beobachten Gelegenheit hat. Lägen hier solche abnormen Erscheinungen vor, so würden zum rhombischen System, wie es Kokscharow aus seinen Messungen folgern zu müssen glaubt, die optischen Erscheinungen nicht nothwendig mehr im Widerspruch stehen, wie es jetzt der Fall ist. * ) Die Bestimmung siebe unter II p. 703. Diese Zahl ist nur der Voll- stäudigkeit wegen schon hier mit aufgezählt. 3) Neues Jahrbuch 1877 p. 798 ff. vom 22. November 1877. 697 Ich glaube nach Berücksichtigung aller Thatsachen nicht, dass ein Grund vorliegt, solche abnormen Erscheinungen hier anzuneh- men, sondern dass die Verhältnisse in optischer Beziehung mit Noth- wendigkeit die Annahme eines monoklinen Krystallsystems erfor- dern. Die Gründe, die mich zu dieser Annahme bestimmen, sind die folgenden: Zunächst das völlige Übereinstimmen der zwei ge- messenen Winkel Nm und Nwi an dem vorliegenden, im höchsten Maass physikalisch gleichartigen und daher sicher von grösseren Druckwirkungen verschont gebliebenen Glimmerplättchen, dessen verschiedene Stellen sich optisch ganz gleich verhalten, was wohl kaum der Fall wäre, wenn durch äussere Einflüsse oder auch durch innere Spannungen oder durch irgend welche andere Zufälligkeit diese Abweichungen von dem Verhalten rhombischer Systeme her- vorgebracht worden wären. Sodann die durchgehende Übereinstim- mung sämmtlicher bis jetzt ausgeführter genauer Ermittelungen am Glimmer nach dieser Richtung hin, nicht nur am Kaliglimmer (von Tschermak und mir), sondern auch an einem vesuvischen Magne- siaglimmer (von Hintze), wobei zu bemerken ist, dass jeder der drei genannten Beobachter eine andere Bestimmungsmethode ange- wandt hat. Diese Übereinstimmung der Resultate, erhalten von verschiedenen Beobachtern an verschiedenem, jedenfalls zum Theil vorzüglichem Material, vermittelst Anwendung ganz verschiedener Methoden, durch Zufälligkeiten erklären zu wollen, dürfte jedenfalls sehr gewagt erscheinen. Die kleine Zahl genügend genauer opti- scher Bestimmungen reicht allerdings leider noch nicht hin, die Sache vom physikalischen Standpunkt aus als abgeschlossen be- trachten zu lassen, die Zeit wird diese Bestimmungen vermehren und dann ein definitives Urtheil ermöglichen, bis dahin wird aber der Zwiespalt zwischen den Resultaten optischer und krystallogra- phischer Forschung fortdauern müssen, wenn nicht vielleicht er- neute krystallographische Untersuchungen die Zulässigkeit und Nothwendigkeit der Annahme des monoklinen Systems auch von dieser Seite her erkennen lassen. CÜÖ Gesammlsitzung IL Bestimmung der Hauptbrechungs-Coe/ficienten des Glimmers *). Es bedeuten et, ß, y beziehungsweise den kleinsten, mittleren und gröbsten Brechungsindex ; und a, ^, c die diesen entsprechen- den Elasticitätsaxen, so dass man hat: 1 a = — , a a) Der mittlere Brechungs-Coefficient ß. Zu dessen Bestimmung wurde, weil Prismenbeobachtungen ausgeschlossen waren, eine Methode benutzt, die diese Bestimmung auf einem Spaltungs- plättchen auszufuhren gestattete. Sie ist nicht gerade der höchsten Genauigkeit fähig, giebt uns aber den mittleren Coefficienten ß und noch einen zweiten bis zur dritten Decimale genaa, so dass immerhin durch weitere Verwerthung der für ß gefundenen Zahl Sehr angenäherte VVerthe für « und y erhalten werden. Diese Methode besteht darin, dass man das Glinimerplättchen auf ein unter einem stark vergrössernden Mikroskop möglichst scharf eingestelltes Object legte. Dadurch wurde das Object an- sichtbar und es bedurfte einer gewissen vom Brechungs-Coefficien- ten und der Dicke des Plättchens abhängigen Verschiebung des Ob- jectivs, um dasselbe Object .ibermals möglichst scharf zu sehen. ') Die hier angewandte hat vorder sonst sehr zweckmässigen Methode tod Kohl raus eh, durch Untersuchung der totalen Reflexion auf einer senkrei'ht zur optischen Mittellinie gesohliffcnon und in eine stärker brechende Flüssigkeit eingotauohtcn Krystallplatte die Huuptbrechungs-Coefficienten zu bestimmen, deu Vorzug, ganz allgemein anwendbar und von der Grösse der Brechungs-Coeffi- oienton unabhängig zu sein. Durch Eintauchen des Plättchens in Schwefel- ki>hlenstoff kann die angedeutete Untersuchung beim Gltmmer allerdings sehr gut ausgeführt werden. Ich hoffe, spater Untersuchungen nach dieser Methode mittheilen zu können. Um hier noch mit benutzt werden zu können, wurde mir die betreffende Arbeit Kohlrauscirs zu spät bekannt. vom 22. Nocember IS77. 699 Der Brechungs-Coöfficient lässt sich dann aus der Dicke des Ph'Ut- chcns und aus der Grösse der Verschiebung berechnen. Diese Me- thode hat u. A. Wild ^) zur Bestimmung der Brcchungs-Coefficien- ten von Glasplättchen verwendet, die er zu photometrischen Unter- suchungen brauchte. Ist d die Dicke einer Phitte, v die nach ihrem Auflegen auf das Object nöthige Verschiebung dos Mikroskop-Objectivs zur Her- stellung eines scharfen Bildes, endlich n der gesuchte Brechungs- Coefficieut, so ist: d n= . d — r Die Beobachtungen wurden mit einem Hartnak'schen Mikroskop angestellt und zwar in der Weise, dass man sowohl die Dicke der Platte, als auch die nöthige Verschiebung ausdruckte in den Win- keln, um die man die Mikrometerschraube des Instruments drehen musste, einerseits um nach dem Auflegen des Glimmers wieder scharf einzustellen, andererseits um von einem im Niveau der obe- ren Flache des Glimmerplättchens liegenden sch.irf eingestellten Punkt auf einen im Niveau der unteren Fläche liegenden Punkt scharf einzustellen. Diese Drehungswinkel wurden mittelst einer an der Mikrometerschraube angebrachten Krcistheilung gemessen. Zur Messung wurde, um eine starke Vergrösserung zu haben nnd zugleich einen möglichst grossen Spielraum zwischen dem Ob- jective und dem Object, ein schwaches Objectiv mit einem starken Ocular combinirt. Als Object diente eine Probeplatte mit Diato- meen, deren feine Gitter und scharfe Rander jedesmal eine scharfe Einstellung gestatteten. Es wurde auf eine passende Diatomee scharf eingestellt, dann der Glimmer fibergeschoben und wieder eingestellt, und zwar war dabei im Mikroskop ein Nicol so einge- schaltet, dass das eine Mal nur senkrecht, das andere Mal nur pa- rallel zur Ebene der optischen Axen schwingende Lichtstrahlen ins Auge gelangen konnten. Bei beiden Stellungert des Nicols, die ich als erste und zweite unterscheide, wurde die Verschiebung ge- messen. Als Mittel aus 10 verschiedenen Beobachtungen ergeben sich die folgenden Zahlen für diese Verschiebungen : ') Pogg. Auii. n9. 259. 18ÖG. 700 Gesammts itzung für die erste Stellung des Nicol: 128?3, für die zweite Stellung des Nico!: 133?4, mit einem berechneten wahrscheinlichen Fehler von -J-**. Um nun auch die Dicke des Plättchens im Drehungswinkel der Mikrometerschraube ausgedrückt zu erhalten, stellt man nach Entfernung der Diatomeenplatte erst so ein, dass ein Punkt aaf der oberen, dem Objectiv zugekehrten Seite des Glimmerplattchens möglichst scharf eingestellt ist. Alsdann bestimmt man die Ver- schiebung t^i, die nöthig ist, um einen Punkt an der Unterfläcbe des Glimmers durch diesen hindurch genau zu sehen. Diese Ver- schiebung ist offenbar nicht gleich der Dicke selbst, denn die durch den Glimmer gehenden Lichtstrahlen erleiden eine Brechung, die bewirkt, dass man um einen geringeren Betrag als die Dicke d das Objectiv verschieben muss. Dieser Betrag sei ri. Dagegen ist leicht einzusehen, dass diese Dicke gleich der Summe der bei- den auf angedeutete Weise erhaltenen Verschiebungen sein muss: und es werden bei dieser Dickebestimmung dann v und Vi ohne Einschaltung eines Nicols gemessen. Als Mittel ans 10 Beobachtungen ergab sich mit einem wahr- scheinlichen Fehler von .}°: d = 365°3. Wollte man das absolute Maass der Dicke in Millimetern ausge- drückt haben, so müsste man noch bestimmen, um Avieviel Milli- meter bei einer ganzen Umdrehung der Mikrometerschraube das Mikroskop verschoben wird. Dieses absolute Maass ist aber bei der Bestimmung der Brechungs-Coefficienten unnöthig. Hier ge- nügt es, r/, V und i\ in demselben aber ganz beliebigen Maass, hier in Graden der Drehung der Mikrometerschraube ausgedrückt zu haben. Aus den erhaltenen Zahlen für d^ v und Vy ergiebt sich: ""' ~ 365,3" — 128,3 "" 237,0 "" ^'^^^^^' 365,3 _ 365,3 _ ""'' ~ 365,3 — 133,4 "" 231,9 ~ ^'^^^-^' rom 22. November 1877, 701 welche Werthe unter Berücksichtigung der eben angegebenen wahr- scheinlichen Fehler als in der zweiten Decimale noch richtig sich ergeben haben, von da ab sind sie unsicher. Der Coefficient W| entspricht Lichtschwingungen senkrecht zur Ebene der optischen Axen ( wobei übrigens von der kleinen Ab- weichung der optischen Axenebene von der Stellung senkrecht zur Spaltungsfläche abgesehen ist), es ist der mittlere Brechungs-Coef- ficicnt j2. Der Coefficient w,i entspricht Schwingungen parallel der Ebene der optischen Axen oder genauer parallel der zweiten Mittel- linie, die den stumpfen Winkel der optischen Axen halbirt. t},| ist der grösste Brechungs- Coefficient 7, demnach die zweite Mittellinie die Richtung der kleinsten, die Richtung der ersten Mittellinie so- mit diejenige der grössten Elasticität. Der Glimmer ist also, was den Charakter der Doppelbrechung anbelangt, negativ, wie man das auch direct beobachten kann und wie es bei allen Kaliglim- niern der Fall ist. Wir haben also nach unserer Eingangs gegebenen Bezeich- nungsweise: /3z=z 1,5413G, 7= 1,57525. Von diesen beiden, wie erwähnt bis zur dritten Decimale si- cheren, Coefficienten soll nun zunächst nur der mittlere ß weiter benutzt und derselbe zur Ermittelung von a und 7 in der sogleich anzugebenden Weise benutzt werden. Der hier gefundene Werth für 7 kann dann für den später zu bestimmenden Werth derselben Grosse als Controle dienen. 702 GeHammtsitzung Wir haben oben die absolute Dicke des Pluttchens unbestiinnit gelassen, weil sie zu dem unmittelbaren Zweck der Bestimmung dt'r Brechungs-Coefficienten nicht nöthig war. Wir wollen abtr diese Bestimmung nun hier doch noch ausführen, da wir zu an- deren Zwecken den absoluten Werth von d in Millimetern kennen müssen. Vermittelst eines mit Mikrometer versehenen horizontal- gestellten Mikroskops wurde ermittelt, dass eine zweimalige Um- drehung der Mikromelerschraube (also eine Drehung derselben um 720*^) das Objectiv um O"',"'^''^ verschob, daraus ergiebt sich dann für die der Dicke entspreciiende Dreiiung von 365^3: rf = 0"\'"472. Um den Grad der Genauigkeit der hier angewandten Methode etwas eingehender zu prüfen, wurde die Dicke d auch direct mit- telst des Sphärometers gemessen. Diese Messung ergab: fZz=0"VM71, also vollige Übereinstimmung der zwei ersten Decimalen, eine Ab- weichung von nur einer Einheit in der dritten. Die Messung der Verschiebung des Mikroskops, die zur Bestimmung der Brechungs- Coefficienten dient, kann natürlich ebenso genau ausgeführt werden, als die zur Bestimmung der Dicke dienende, also wird man auch die Endresultate für gleich genau halten müssen. Es folgt als« auch hieraus, dass wir den mittleren Brechungs-Coefficienten für genau in den zwei ersten Decimalen halten dürfen. Im Folgenden soll der direct erhaltene Werth: d = 0"V"47 1 als der muthinasslich genauere benutzt werden. h) Der w^ahre Winkel der optischen Axen. Aus dem oben angeführten Winkel der scheinbaren Axen und dem mittleren Brechungs-Coefficienten ergiebt sich der Winkel der wirklichen opti- schen Axen ooi. Es ist: vom 22, November iH77. 703 O <7/ . ,, X sin (\ w w,) sin 32^7 s.n(ioo.)= - -^--= ,,54,-36' also: ^00, = 20° 10|' und 00, = 40° 24', oder unter Fortlassung der Brucbtbeile der Minuten : 00, = 40° 21'. Die Kenntniss dieses Winkels ist einmal an sich wichtig und seine Ermittelung von Werth, dann fuhrt er uns aber auch zu einer Beziehung zwischen den drei Hauptbrechungs-Coefficienten, die wir weiterhin zur Ermittelung dieser Werthe benutzen werden. Es ist nämlich: . 00^ Id^—l)^ sin - = 1/ .j - ^ 2 r fl — & und das für unsere Zahlen angewandt, giebt: sin 20° lOf ' worin rechts bekannt ist: ft'=-i.^ = 0,42092; unbekannt sind c^ und . 0 COS , Dabei haben a, b^ c und d die von früher her bekannte Bedeu- tung, X ist die Wellenlänge des angewandten homogenen, hier rothen Lichts, M, und ri sind die Winkel, welche im Innern des Kr}'Stalls die einem beliebigen dunkeln Ringe entsprechende Strahlenrichtung mit den beiden wahren optischen Axen cinschliessen, und endlich ist (/), der W'inkel derselben Richtung mit der optischen Mittellinie, w ist die Nummer des betreffenden schwarzen Rings an der jewei- ligen optischen Axe, von dieser aus gerechnet. Dabei müssen die Nummern der inneren Ringe (welche nach der anderen Axe hin- liegen) und der äusseren (welche von der anderen Axe ab liegen) mit entgegengesetztem Vorzeichen eingeführt werden. Ich bemerke noch, dass hier und in dem citirten Aufsatz von A. Müttrich dieselben Buchstaben benützt sind. ') Fogg. Ann. CXXI, 193 und 398. 1864. ^) Kine für manche Heclinung etwas bequemere Form dieser Gleioliung \ai ganz am Schluss unmittelbar vor der letzten Tabelle angegeben. vom 22, November 1877, 705 Diese Formel setzt unter Anderem voraus, dass die Begren- zungsflächen des Plättchens genau senkrecht auf der optischen Mittellinie stehen. Dies ist hei unserem Glimmer, wie ohen ge- zeigt wurde, nicht ganz genau der Fall, aher die Abweichung ist so gering, dass hei Voraussetzung der genau senkrechten Stellung keine merklichen Fehler entstehen werden, so dass man also diese genau senkrechte Stellung im Folgenden voraussetzen kann. Die Messung der Entfernungen der dunkeln Ringe ist mit grosser Genauigkeit möglich, im Allgemeinen mit derselben, mit der der Winkel der scheinbaren Axen gemessen w^erden kann, daher sind auch die auf diese Weise ermittelten Endresultate im Allge- meinen sehr genau. Die Messung geschah auch hier mit dem Go- niometer, auf dem die Platte so befestigt war, dass die Axenebene dem Theilkreis parallel war und das dieselbe Einrichtung zur Er- zeugung des Axenbildes hatte, wie früher, bei der Bestimmung des scheinbaren Axenwinkels. Es wurde dann der Reihe nach auf die dunkelsten Stellen der schwarzen Lemniskaten und Hyperbeln ein- gestellt, die entsprechenden Winkel abgelesen und so die Entfer- nung der Ringe bestimmt. Tn der folgenden Tabelle sind die einzelnen unmittelbar ge- fundenen Winkelwerthe angegeben. Es sind Mittel aus je 7 Ab- lesungen jedes einzelnen Winkels, die sich zum Theil um 20' von einander entfernen und die einen wahrscheinlichen Fehler von 2' enthalten. Die Tabelle giebt die Entfernung eines jeden dunkeln Rings (und jeder Hyperbel) von den beiden benachbarten an. Die beiden Vertical reihen A und B geben die auf die beiden optischen Axen A und B bezuglichen Werthe. In der letzten Reihe sind die Dif- ferenzen je der entsprechenden Werthe aus den Reihen A und B angegeben. Die Ringe sind von der Axe (Hyperbel) an gezählt, die von ihnen umschlossen wird. [1877] 61 70G Genammisitzung Nummer der Ringe. Axe A, Axc B. Differenzen. 4. äusserer Ring 3. äusserer Ring 2. üusserer Ring 1. äusserer Ring Optische Axe ]. innerer Ring 2. innerer Ring 4° 29' 49" 4° 40' 4" 4° 55' 26" 5° 25' 13" 6° 10' 3" 7° 52' 22|" 4° 28' 1 7" 4° 36' 22" 4^56' 0" 5° 25' 9" 6° 9' 3" 7° 51' 0" -h r32 t 'lan Or AC%M 4- 3' 42 — 0' 34" — 0' 4" 4- 1' 0" -4- l'22f Diese Tabelle zeigt zunilchst, dass die Verhältnisse um die beiden Axen herum, rechts und links von der Symmetrie- Ebene, ganz gleich sind, wie auch schon die gleichen Entfernungen der optischen Axen von der Normalen zur Spaltungsfiäche haben er- warten lassen. Die Entfernungen der schwärzen Ringe um die Axe A und die entsprechenden um die Axe Z? unterscheiden sich, wie die letzte Verticalreihe zeigt, nur um Grossen von einander, die kleiner sind als die Bcobachtungsfehler. Nur die Differenz in den Entfernungen des zweiten und dritten äusseren Rings um die beiden Axen ist grösser als diese Fehler. Der Grund dieser grösse- ren Differenz ist unklar. Jedenfalls darf man aus dieser einzelnen Zahl heraus nicht auf einen wirklich vorhandenen Unterschied der Verhältnisse um die beiden Axen herum schliessen, im Gegentheil bestätigt die angeführte Tabelle in schönster Weise die schon aus früheren Beobachtungen gefolgerten Symmetrie -Verhältnisse, ver- möge deren der Glimmer dem monoklinen System zugetheilt wurde, da sie das triklinc System ausschlössen. Tn den folgenden Rechnungen wird man nun zunächst, w*eil um die beiden Axen theoretisch absolute Gleichheit herrschen mnss, vom 22. November 1877. 707 aus den Zahlen der Reihen A und B die Mittelwerthe nehmen und erhält dann, bei Vernachlässigung der unsicheren Secunden für die Entfernungen der einzelnen Ringe die folgenden Werthe: Nummer des Rings. Entfer- nungen. 4. äusserer Ring 3. äusserer Ring 2. äusserer Ring 1. äusserer Ring Optische A xe 1. innerer ] Ring 2. innerer Ring 4° 29 O QQf 4° 38 4^56 5° 25' 6° 10' 7° 52' Diese direet beobachteten Winkel, wie sie die Tabelle giebt, sind die Winkel in der Luft, in unserer Formel sind aber die entspre- chenden Winkel im Innern des Krystalls enthalten. Um diese mit hinreichender Genauigkeit aus den beobachteten Winkeln zu berech- nen, kann man sich, wegen des geringen Abstandes von den opti- schen Axen, des mittleren Hrechungs-Coefficienten bedienen. Unter Berücksichtigung der Winkel der optischen Axen, wie sie oben ge- funden wurden, ergeben sich dann die in der Formel vorkommen- den Winkel für jeden einzelnen schwarzen Ring, und diese Winkel sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: 708 Gesammtsitzung Nummer des Rings. if, 1 1 4>i 4. fiusserer Ring 10° 22^' 50° 44^' 30° 33f 3. äusserer Ring 8M2' 48° 39' 28° 23' 2. äusserer Ring 5° 47' 46° 9' 25° 58' 1. äusserer Ring S'^ C 43° 28' 23° 17' 1. innerer Ring 3° 41' '36° 41' 16° 29' 2. innerer Ring 8° 34' 31° 48' 11° 37' Setzt man nun diese Werthe in die Formel ein, so erhält man eine Reihe von Gleichungen, deren jede sich auf einen bestimmten Ring bezieht und deren jede einen Ausdruck für A' giebt, wobei man setzt: K = In diesen Gleichungen ist nur a^ und (? unbekannt und wir haben damit also, unter Berücksichtigung der Gleichung auf S. 703, die Möglichkeit, diese beiden Werthe zu berechnen. Die Gleichungen, die sich in der angedeuteten Weise ergeben, sind nun die folgenden und sie beziehen sich in derselben Reihen- folge wie in der vorstehenden Tabelle auf die einzelnen Ringe: 4 = 0,161933 K 3 = 0,121540 ii 2 = 0,080942 K 1 = 0,040745 K 1 = 0,040025 Ä' 2 = 0,080135 Ä^ 4. 0,040483 a', 3. 0,040485 ä; 2. 0,040471 ä; 1. 0,040745 A; 1. 0,040025 A; 2. 0,040067 A; Diese Gleichungen stimmen, wie man aus der letzten Reihe sieht, untereinander sehr gut. Fasst man sie zusammen, so er- hält man: 0,525320 A'= 13 oder 0,040409 A" = 1 . vom 22. November 1877. 709 Die Coefficienten in der dritten Reihe des obigen Systems von Gleichungen weichen von dem Goe^cienten von K in dieser letzten Gleichung sehr wenig ab und es betragt der wahrscheinliche Fehler dieses Schlussresultats 0,0000895, während jede Einzelzahl mit einem solchen von n . 0,000127 behaftet ist, wo n die Nummer des Rings bedeutet. Aus der letzten Gleichung ergiebt sich nun: dCo'-O 1_ _ ^— 2>.6» ""0,040409 — ^*'^*^^' somit: , , 2>. 6'. 24,7461 a* — . und d, so erhält man für die verschiedenen Werthe von dz n (für die verschiedenen inneren und äusseren Ringe) die in der nachfolgenden Tabelle zu- sammengestellten Werthe von i/>i, neben denen die beobachteten Werthe von 0, aus der früheren Tabelle angeführt sind. Endlich enthält die letzte Verticalreihe die Differenzen der beobachteten und berechneten Werthe von (/>i, die wie man sieht nicht gross sind. 712 Oe^ammUiizung vom 22. November 1877. Nummer des Rings. c/)i be- c/)i beob- Diffe- rechnet. achtet. renz. 30° 31' 30° 33V 4- 2i' 28° 20' 1 28° 23' 3' 25° 57' 25° 58' 1' [ 23° 16' 23° 17' V 16° 28' 16° 29' V 11° 34' 11° 37' 3' 4. äusserer Ring 3. äusserer Ring 2. äusserer Ring 1. äusserer Ring 1. innerer Ring 2. innerer Ring An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt: Report qf the forty -sixth Meeting of the British Association for the advance- ment of science etc, London 1877. 8. (Prescnted hy the British Asso- ciation for the Advancemeut of Science.) A. Reumont, Federigo Manfredini etc. Firenze 1877. 8. Vom Ver- fasser. List of the Linnean Society of London. 1876. 8. The Journal of the Linnean Society. Zoology. Vol. XIII. N. 65 — 71. ib. 1876/1877. 8. Botany, Vol. XVI. N. 89—92. ib. 1877. 8. Schweizerisches ürkundenreg ister. Bd. II. Heft 5. Bern 1877. 8. Proceedings tf the London niath. Society. N. 48. 49. London 1877. 8. L. Netto, Livestigayoes historicas e scientißcas sobre e Museu Imperial e Nacional de Rio de Janeiro. Rio de Janeiro 1870. 8. Vom Ver- fasser. Atti della Accademia fisico-medico-statistica di Milano. Anno Acad. 1877. 8. Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Volkerkunde Ostasiens. Heft 11. November 1876. Yokohama, fol. The Transactions of the Linnean Society of London. Ser. II. Zoology. Vol. I. P. 4. Botany. Ser. II. Vol. I. P. 4. London 1876/77. 4. Nova Acta Rey. Soc. Scient. Upsaliensis. Vol. extra Ord. edit. Upsaliae 1877. 4. Mit Begleitschreiben. Sitzung der phys.'math, Klasse vom 26. November 1877, 7 1 3 BuUettino di Archeologia christiana del Comm, G. B. de Rossi, 3. Serie. Anno X. N. 4. Anno IL N. 1. Roma 1876/77. 8. Polybiblion, Part, techn. 2e. Serie. T. III. Livr. 11. Part, litt, 2e. Serie. T. VI. Livr. 5. Paris 1877. 8. lievue scientifique de la France et de Vetranger, N. 20. Paris 1877. 4. Temi di Premio proposti dal B, Istituto Veneto. 1877. 8. K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Sitzung der math.-naturw, Classe vom 18. Oct. N. XXX. 1877. Wien. 8. Urkunden- Buch der Stadt Lübeck. Th. V. Lief. 1—10. Lübeck 1875 — 1877. 4. 26. November. Sitzung der physikalisch -mathe- matischen Klasse. Hr. Helmhültz las: Über galvanische Ströme, verursacht durch Concentra- tions-Uuterschiede; Folgerungen aus der mechanischen Wärmetheorie. Als elektrochemisches Äquivalent eines Ion wollen wir dieje- nige Menge desselben betrachten , die durch die gewählte Strom- einheit in der Zeiteinheit an der entsprechenden Elektrode ausge- schieden wird. Die Überfuhrungszahl n^ auf das Kation bezogen (Hittorf s 1 — ), giebt, wie bei Wiedemann, denjenigen Bruch theil des Äqui- valents des betreffenden Kation, der von der Stromeinheit während der Zeiteinheit durch jeden Querschnitt der Strombahn in der be- treffenden Lösung nach der Kathode hingeführt wird. Andererseits wandert in entgegengesetzter Richtung das Quantum (l — n) des Anion, wodurch (l — n) das Kation an der Kathode frei wird, was 714 Sitzung der phi/sikalisch-matkematUchen Klasse mit der Menge n nacli dieser Seite geführten Kations vereinigt, die an der Kathode frei werdende Menge 1 giebt. Ebenso ist anf der andern Seite das Quantum n des Kation weggeführt, dadurch n des Anion frei geworden. Dazu kommt (l — n) des zugefuhrten Anioii. Wenn nun das Kation ein Metall ist, welches sich an die Elektrode ablagern kann, so schwindet dort (l — n) des Metalls aus der Lösung und (l — «) des salzbildenden sauren Körpers ist weggeführt worden, also wird ebenda (l — n) des Salzes wegge- nommen. Andererseits verbindet sich das frei werdende Anion mit dem Metall der Elektrode und es tritt also 1 Äquivalent Me- tall hier neu in die Lösung, während n des Metalls fortgeführt und (l —n) des Anion zugeführt ist. Dies giebt hier eine Ver- mehrung der Salzmenge um (l — n) des Äquivalents für Zeiteinheit und Stromeinheit. Ist das Metall der Elektrode gleich demjenigen, welches in der Lösung enthalten ist, so ist das ganze Resaltat der Elektrolyse dasselbe, als wenn ein Äquivalent Metall von der Anode an die Kathode, und (l — n) Äquivalent Salz in der Losung von der Kathode zur Anode geführt wäre. Wenn nun die Salzlösung an der Kathode concentrirter ist als an der Anode, so werden durch diese Überführung die Unter- schiede der Concentration ausgeglichen. Die Flüssigkeit nähert sich dabei dem Gleichgewichtszustände, dem die Anziehungskräfte zwischen Wasser und Salz auch in den Vorgängen der Diffusion zustreben, nämlich dem Zustande gleichmässiger Vertheilung des Salzes. Also werden die in dieser Richtung wirkenden chemischen Kräfte ihrerseits auch wiederum den elektrischen Strom, der in ihrem Sinne wirkt, unterstutzen können. Dass nun die hierbei eintretende Arbeit der chemischen Kräfte in diesem Falle, nach demselben Gesetze, wie andere elektrolytische chemische Processe als elektromotorische Kraft wirkt, lässt sich aus der mechanischen Wärmetheorie herleiten. Einen reversiblen Process ohne Temperatur -Andeningen, wie er zur Anwendung des Ca rnot 'sehen Gesetzes gefordert wird, können wir in folgender Weise herstellen. 1) Wir lassen in die Anode das Quantum positiver Elektri- cität E langsam in constantem Strome eintreten, nehmen aus der Kathode dagegen das Quantum -i-J^^weg, oder was zu demselben Resultat führt, wir lassen -\- ^ E m die Anode ein-, — ^E aus- treten, umgekehrt an der Kathode. Wenn P^ und P^ die Werthe der vom 26. November 1877. 715 elektrostatischen Potentialfunction für die beiden Elektroden sind, so ist die Arbeit, ^velchc geleistet werden muss, um diese Darch Strömung zu bewerkstelligen. Ist die Dauer der Durchströmung gleich ^ so ist die Stroniintensität nach elektrostatischem Maass gegeben durch die Gleichung Jt = E. 2) Unter Einfluss dieser Durchströmung kommt in der elektro- lytischen Zelle, die wir mit zwei gleichartigen Metallelektroden ver- sehen und mit einer Lösung desselben Metalls von ungleichmnssi- ger Concentration gefüllt denken, eine Überfuhrung des Salzes im Elektrolyten zu Stande. Die Veränderung, die hierdurch im Zu- stande der Flüssigkeit entsteht, können wir aber dadurch beseiti- gen, dass wir aus allen Schichten der Flüssigkeit, wo der Strom die Flüssigkeit verdünnt, soviel Wasser als zugeführt wird, ver- dampfen lassen, umgekehrt, wo der Strom die Flüssigkeit concen- trirt, die entsprechende Menge Wasser durch Niederschlag von Dämpfen zuführen. Wenn man in dieser Weise den Zustand inner- halb der Flüssigkeit vollkommen constant erhält, so muss das Anion ganz an seiner Stelle bleiben, weil sich von diesem an kei- nem Ende etwas ausscheidet und nichts dazukommt. Vom Kation dagegen muss durch jeden Querschnitt der Strombahn eine der Stromstärke vollkommen äquivalente Menge gehen, da an der Anode ein volles Äquivalent aufgelöst an der Kathode niedergeschlagen wird. Da nun die Verschiebung des Anion gegen das Wasser, sich zu der des Kation gegen das Wasser, wie (l — n):n verhält, so muss das Wasser mit einer Geschwindigkeit vorwärts gehen, welche (l — n) von der des Kation beträgt. Wenn also 1 elektrolytisches Äquivalent des Salzes verbunden ist mit q Gewichtstheilen Wasser, und durch ein Flächenstück d'M der Strom von der Dichtigkeit i, die Quantität idj) des Kation, in Äquivalenten ausgedrückt geführt werden soll, so müssen durch dasselbe ^ . (l — n) iiIm Gewichts- theile Wasser gehen, um die Theile der Anode an ihrer Stelle zu erhalten. Diese ^ (1 — n)i,düj betragende Menge Wasser führt mit sich als aufgelöste ßestandtheile (1 — n)i,d(tj Äquivalente des Kation 716 Sitzunff der jfhjsilcaUsch'inathematischen Klasse sowohl als des Anion. Die Elektrolyse treibt durch denselben Querschnitt n,i.dw des Kation vorwärts und (l — n)i,d'M des Anion rückwärts, daher in Summa ein Äquivalent des Kation vor- wärts geht und das Anion an seiner Stelle bleibt. Wenn wir also mit w, y, lo die Componenten der elektrischen Strömung parallel den o?, y, z bezeichnen, berechnet nach der Menge Elektricität, die in der Zeiteinheit die Einheit der Fläche passirt: so ist die Zunahme der Wassermenge in dem Volumen -Elemente c/.r, dy^ dz nach bekannten hydrostatischen Gesetzen für die Zeit- einheit {g g 8 1 {8 8 3 1 " a^ '^^ ^* — "^^ "^ " 3^ 1^^ ^^ ~ "^^ "^ '" 3i ^* ^^ ~ n)] jrfx. dy.rf.' }!• Da im stationären Strome — -f- — -f- TT- = 0 \ 1.. 8 w 8 r 8 m? ! ! ^x dfj dz An der Oberfläche der Elektroden dagegen würde durch das Flächen-Element duj die Einströmung des Wassers verlangt werden 7(1 — w) [wcosa -h ü.cosft -h ^^coscjrfcf« . . . . } 1^ , wenn er, 6, c die Winkel zwischen der gegen die Flüssigkeit ge- richteten Normale des Elements r/w und den positiven Coordinat- axen bezeichnen. Wenn wir den obigen mit rf.r, dy, dz multiplicirten Ausdruck über das ganze Volumen der Flüssigkeit integriren, so erhalten wir durch bekannte Methoden partieller Integration denselben Wertb, den der letzte mit dw multiplicirte Ausdruck giebt, wenn wir ihn über die Oberfläche integriren. Das Wasser also, welches sich im ganzen Innern sammelt, und nach unserer Voraussetzung durch Verdampfung entfernt wer- den soll, wird gerade genügen, um an den Elektroden flächen wie- der niedergeschlagen die dort verlangte Zufuhr zu geben. ^Hierbei vom 26, November 1877, 717 kann natürlich, sowohl die Ansammlung des Wassors im Innern, wie das Niedergeschlagenwerden auf der Oberfläche stellenweise auch negative Wertbe haben. 3) Die Verdampfung, beziehlich wo sie negativ ist, Nieder- schlag des Dampfes, kann so geführt werden, dass man durch Zu- • loitung von Wärme zu jedem der Volumelemente die Temperatur während der Verdampfung constant erhält. So lange Wasser aus einem Volumen-Elemente der Flüssigkeit entfernt werden soll, lässt man den Dampf damit in Berührung. Schliesslich trennt man beide und lässt den Dampf unter weiterer Zuführung von Wärme bei constanter Temperatur sich so weit dehnen, bis er einen bestimm- ten Constanten Druck f^ erreicht hat. Wo die Verdampfung nega- tiv sein soll, wird der Dampf natürlich aus dem Druck f^ entnom- men und unter Abgabe von Wärme bei constanter Temperatur zu- nächst ohne, nachher mit Berührung der Flüssigkeit comprimirt, bis er Wasser geworden ist. Da der Dampf, der mit den concen- Irirteren Theilen der Flüssigkeit in Berührung ist, geringeren Druck liat, als der mit verdünnteren Theilen in Berührung stehende, so wird bei dieser Verdampfung Arbeit gewonnen, wenn das Wasser aus den verdünnten Theilen in die concentrirten übertragen wird; verloren, wenn umgekehrt. 4) Die elektrische Strömung kann so langsam gemacht werden, dass die dem Quadrat ihrer Intensität proportionale Wärmeent- wickelung wegen Widerstandes der Leitung verschwindend klein wird im Vergleich mit denjenigen Wirkungen, die wir bisher be- sprochen haben und die der ersten Potenz der Intensität propor- tional sind. Ebenso konnte die Diffusion, welche zwischen verschieden concentrirten Theilen der Lösung vor sich geht, durch Einschal- tung enger Verbindungsröhren auf ein Minimum zurückgeführt wer- den, ohne dass die elektromotorische Kraft des Apparats, die wir berechnen wollen, dadurch geändert wird. Wir können deshalb diese beiden irreversiblen Processc ver- nachlässigen und das Carnot-Clausius'schc Gesetz auf die re- versiblen anwenden. Da alle an dem Processc theilnehmenden Körper dauernd gleiche Temperatur haben sollen und alle dieselbe, so kann keine Wärme in Arbeit und durch die reversiblen Processc auch keine Arbeit in Wärme verwandelt werden. Es muss also die Summe der gewonnenen und verlorenen Arbeit für sich ge- 718 Sitzung der physikalisch-mathemaHicken Klasse nommen gleich Null sein, und ebenso die Summe der ab- und zo- gefuhrten Wärme. Daraus gelien zwei Gleichungen hervor. Die eine, welche sich auf die Wärme bezieht, sagt nichts An- deres aus, als was schon ohne Betrachtung des elektrolytischen Vorgangs gewonnen werden kann, nämlich dass die gleiche Wärme- menge erzeugt wird, wenn das Metall der Elektroden in eine con- * centrirte Salzlösung eintritt, die stufenweise verdünnt wird, wie wenn es direct in die verdünnte Losung eintritt. Die zweite Gleichung sagt aus, dass bei dem oben be- schriebenen reversiblen Processe die mechanische Arbeit gleich Null sein müsse. Arbeit ist theils 1) für Eintreibung der Elektricität verwendet. Wenn P^ und P^^ ^*^ Werthe der Potentialfunction in der Anode und Kathode sind, und in der Zeit i die Elektricitätsmenge -h E in P^ eingetrieben aus P^. weggenommen wird, so ist die Arbeit für die Zeiteinheit, wie schon oben bemerkt 2) theils wird Arbeit durch den sich dehnenden Dampf gelei- stet. Dieser Dampf entwickelt sich zunächst unter dem Druck 7>, der dem Sättigungsgrade der Flüssigkeit mit Salz entspricht; dann dehnt er sich bei constanter Temperatur bis zum Druck pi. Nennen wir die Arbeit für die Masseneinheit W und das Volumen der Masseneinheit F, beide immer auf die gleichbleibend gegebene Temperatur bezogen, so ist = i>-T"-t- Ip.dv l 1^. Die Gesammtgrösse dieser Arbeit 5v^ ergiebt sich mittels der in 1 und 1 ^^ aufgest<»llten Werthe der Strömung gleich --/dw ,W.q(l — n){ucosa -4-rcosfc -f- w»cosc| = 3ß . . . . } 2. vom 26. November 1877. 719 Durch partielle Integration des dreifachen Integrals und mit Berücksichtigung der Gleichung 1. finden wir Hierin sind n und W Functionen von q. Wenn man also setzt q(l—n)dW= rf* } 2^, wo * eine neue Function von q bedeutet, oder auch 4>=j,(l-n)--d;> J2, worin /?, der Dampfdruck über der betreifenden Salzlösung, eben- falls Function von // ist, so erhält man 3ß = — /c?w.*{MCOsa -h rco8 6 -h wcosc} . . . 2^. Die Parenthese in diesem Ausdrucke bedeutet die zur Grenzfläche des Elektrolyten senkrechte Stromcomponente. Diese ist nur an den den Elektroden zugewendeten Theilen der Grenzfläche von Null verschieden. Ist die Concentration der Flüssigkeit, also q^ u^ 2>, * längs jeder einzelnen Elektrode constant, so wird m = J(*, - *j } 3. und die Gleichung der Arbeit •» Pt — P = * — *t =jq.(l-n).~^-dp j3.. Pjt — ^a ^^^ ^^^^ ^^^ Werth der elektromotorischen Kraft, den die elektrolytische Zelle in der Richtung von der Anode zur Kathode, also in Richtung des von uns angenommenen Stroms, hervor- bringt. Diese Gleichung zeigt also die Existenz einer elektromotori- schen Kraft an, deren Grösse nur von der Concentration der Flüs- sigkeit an den beiden Elektroden abhängt, nicht von der Verthei- lung concentrirterer und verdunnterer Schichten im Innern der Flüs- 720 Sitzung der physikalisch-mathemathischen Klasse sigkcit, ein Scbluss, der in den neulich der Akademie mitget heilten Versuchen von Ilrn. Dr. J. Moser seine Bestätigung findet. Bei Zimmertemperatur ist die Druckverminderung, welche der Dampf über der Losung der meisten Metallsalze zeigt, sehr unbe- dW deutend, und deshalb die Grosse - — innerhalb dieser engen Gren- dp zcn des Druckes annähernd constant zu setzen. Sie kann dann vor das Integrationszeichen treten. Andererseits ist nach W Gl 1- ner's Versuchen die Verminderung des Dampfdrucks der in con- stant bleibender Wassermenge gelosten Salzmengc direct, also un- serem q umgekehrt proportional. Bezeichnen wir den Dampfdruck des reinen Wassers bei diT Temperatur des Versuchs mit dem bis- her unbestinnnt gelassenen p^,^ so ist also zu setzen )'• wo h eine von der Art des Salzes abhängige Constaute bezeich- net. Also P,-P, = h~ (i-r,) — l- U ^Pj Vo — P J In IntervaHen, wo (i — ti) einen constanten Werth hat, wurde dies werden dp pO — Pa ) Die hierin vorkommende Grosse ■ ■ hat jedenfalls einen positiven Werth. Wenn man für die geringen Dichtigkeiten, welche die Wasserdämpfe bei Zimmertemperatur haben, das Mario tte'sche (besetz als gültig voraussetzt, und das Volumen der Masseneinheit des Dampfes unter dem Drucke j> mit T^ bezeichnet, so ist, wie oben in Gleichung 1 ^ bemerkt TT^ = p,V^ fp!dV. vom 20. November 1877. 721 Nach Mariotte's Gesetz ist V = -i^' V V Ipdr = r,.i7,.log.( M dp p } als angenähert richtiger Werth. Daraus ergiebt sich, dass die elektromotorische Kraft der Zelle positiv ist, wenn an der Kathode die Flüssigkeit concentrirter, und also qj^ <: Qa und pj^ < p^ ist, was ebenfalls durch eine grosse An- zahl von Beobachtungen des Hrn. J. Moser bestätigt ist. Für geringe Concentrationen und dem entsprechend geringe Verminderungen des Dampfdrucks über der Lösung geben die For- meln 4^ und 4(1 auch das Gesetz der Zunahme der elektro- motorischen Kraft mit steigender Goncen tration der Lö- sung, da auch der Werth von (l — n) nach Hittorf's Untersu- chungen für geringe Concentrationen nahe constant ist, für grössere dagegen steigt. Das S der folgenden Tabellen ist die q proportionale Wasser- menge, die mit einem Gowichtstheil des wasserfreien Salzes ver- einigt in der Lösung vorkommt, A die elektromotorische Kraft nach den Beobachtungen von Hrn. J. Moser in Tausendtheilen eines Danieirschen Elementes (Cu, CUSO4, ZnSO*, Zn) ange- geben. Die Grösse sollte constant sein nach Gleichung 4^. Für eine Zelle mit Kupfervitriol-Lösung und Kupfer-Blektroden ergeben sich folgende Werthe: [1877] 52 722 Sitzung der physikalisch-Tnathematischen Klasse Kupfersulfat St Sa A beob. A berech- net *J Werth von 1 — n nach Hittorf 128,5 4,208 1 27 27 0,0550 0,724 für Ä — 6,35 6,352 25 23,75 0,0552 8,496 21 21,45 0,0562 17,07 16 15,94 0,0548 34,22 10 10,45 0,0575 0,644 für S > 39,67 Als berechnete Werthe von A sind diejenigen angegeben, welche man erhalt, wenn man den Werth von q aus der ersten Beobachtung auch für die andern Beobachtungen beibehält. Beim Zinksulfat und Zinkchlorid, welche auch in concentrir- toren Losungen angewendet werden können, treten für diese stär- kere Abweichungen ein,*) zugleich mit starkem Wachsen des (l — ti). *) Nachtraglicher Zusatz (Januar 1878). Neuere Ver- suche von Hrn. Moser zeigen in der That, dass beim Zinkchlorid die Grösse — = T" bei grosseren Concentrationen auf das andert- op halbfache wächst, und nicht mehr als nahehin constant angesehen werden kann. vom 26, November 1877, 723 Zinksulfat. s. Sa A beob. A berech- * net 1 • *7 1 1 Werth von 1 — n nach Hittorf 163 1,972 36 29 0,0543 2,963 28 26,4 0,0635 0,778 für S = 2,524 4,944 22 23,1 0,0707 0,760 für S — 4,052 10,889 18 18,0 0,0673 0,636 für Ä— 267,16 Zinkchlorid. s. Sa A beob. A berech- net >? Werth von 1 — n nach Hittorf 99 19 21,5 24,7 0,0333 0,70 für Ä = 332,87 9 40,4 36,0 0,0258 5,66 42,9 42,9 0,0290 2,33 67,1 56,2 0,0243 1,08 für S = 2,774 1,22 120,9 65,9 0,0158 0,67 200,0 0,0108 724 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Die starken Abweichungen, die namentlich bei den höheren Concentrationen eintreten, erklären sich wohl theils durch das Steigen des Werthes von (l — n) für die dichteren Lösungen, theils durch die stärkere Verminderung des Dampfdrucks* Da die Ge- setze beider Änderungen für diese Salze noch nicht untersucht sind, konnte ich eine eingehendere Rechnung nicht anstellen. Für die Berechnung des absoluten Werthes der elek- tromotorischen Kraft ist noch Folgendes zu bemerken. Die bisher gebrauchte Stromstärke J ist nach elektrostatischem Maass gemessen; ebenso ist die elektromotorische Kraft P^ — P^ nach elektrostatischen Einheiten bestimmt. Nach elektromagnetischem Maass gemessen wird die Stromstärke / übergehen in und die elektromotorische Kraft 31 = ©.(/»,- P„), WO 6 die von Hrn. W. Weber bestimmte Geschwindigkeit ist. Nach den Bestimmungen von Hrn. Friedrich Weber ist für ein DanielTsches Element (Cu, CuSO*, ZnSO*, Zn) die elektro- motorische Kraft in elektromagnetischem Maass Ctm.^.Gr.* >?t^ = 109540000 r^ Secd.2 Nun zersetzt die elektromagnetische Stromeinheit W. Weber's, de- ren Einheit ist VUgr, Mm. _ VGr. Ctm. ~ Secd.""" "" ^'^^' Secd. in der Seeunde nach R. Bunsen 0,0092705 Mgr. Wasser und — ^ mal so viel Kupfersulphat CuSO*, d.h. 0,082147 Mgr. Wenn wir also, wie in den Zahlentabelien, mit S die Menge Wasser bezeichnen, die mit einem Gewichtstheil des wasserfreien vom 26, November 1877. 725 Salzes iu der Auflösung euthalten ist, so ist für die Versuche mit Kupfervitriol Qq:S =: 0,0082147 Secd. j/^r^:!. Ist nun die Verminderung des Dampfdrucks durch die angewendete Salzlösung bekannt, so ergiebt sich die Constante b aus der Glei- chung &b worin der Druck p auch nach absolutem Kraftmaass, als —rii zu berechnen ist. ctm. secd. Unsere Gleichung 4g wird 3( = ©(P,-PJ = (e4).F(l-n)logY|?j. Der Werth der Constante & braucht also nicht bekannt zu sein für die Berechnung des 9C nach elektromagnetischem Maass. Da wir die Gültigkeit des Mari otte 'sehen Gesetzes für den Dampf vorausgesetzt haben, ist das Product &.b.V=&q.po,Vo'^^^^^' P Das Verhältniss ist nach WüUner's Versuchen bei vielen P Salzen fast constant bei geänderter Temperatur. Das Product Po . Vq dagegen wächst annähernd proportional der absoluten Tem- peratur, was innerhalb der Grenzen der Zimmertemperatur nicht viel ausmacht In der That zeigen die Versuche keinen erheblichen Einfluss der Temperatur auf die elektromotorische Kraft der be- sprochenen Zellen, wenigstens ändert sich dieselbe keineswegs in so starkem Verhältniss, wie der Druck der gesättigten Dämpfe, Um die Übereinstimmung des absoluten Werthes der elektro- motorischen Kraft unserer Ketten mit der durch die Formel gege- benen zu prüfen, fehlen noch ausreichende Data über die Dampf- spannung der gebrauchten Salzlösungen. Benutzt man die Glei- chung 4^, um aus der von Hrn. J. Moser gefundenen elektromo- 726 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse torischen Kraft der Zellen mit Kupfersulfat- Lös ongen die Grosse — — — für die einprocentige Lösung bei 20° C. zu berechnen, so Po erbält man diese Grösse gleich 0,00082, während Hr. Wüllner') dieselbe Grösse gefunden hat für Rohrzucker = 0,00070, für salpetcrsaures Kali . . . = 0,00229, für schwefelsaures Natron . . = 0,00236. Dass das Kupfervitriol sich in dieser Beziehung zwischen Rohr- zucker und den Alkalisalzen einreihe, ist nach seineu chemischen Eigenschaften wahrscheinlich.-) Um genauere Bestimmungen zu er- halten, sind Versuche im hiesigen Laboratorium in Vorbereitung. Immerhin zeigt diese Rechnung wenigstens schon soviel, dass die angestellte Betrachtung einen theoretischen Werth. der elektromoto- rischen Kraft giebt, der von derselben Grössenordnung ist, wie der beobachtete. Da sich hierbei auf beiden Seiten der Gleichung Factoren, die aus den verschiedenurügsten physikalischen Untersuchungen gewonnen sind und deren einer über hundert Millionen beträgt, wegheben müssen, so ist dies vorläufige Ergebniss immerhin vou einiger Bedeutung. ') Poggendorff's Aiinalcn CHI S. 556. '^) Nachträgliche Anmerkung (Jan. 1878). Hr. J. Moser hat seitdem Bci«timmungen der fraglichen (irusse ausgetufirt, wobei er statt Queck- silber Wasser und wässerige Lösungen anwendete. Er erhielt den Werth 0,00086 im Mittel aus drei Versuchen. vom 26. November IST 7. 727 Hr. W. Peters legte vor: Über Äcicularia Virchowii, eine neue Annelidenforin von Prof. Dr. P. Langerhans. Am 27. September d. J. fing ich in der Bai von Fuuchal mit dem pelagischen Netz sechs Exemplare eines vollkommen durchsichtigen und farblosen Thieres von der Gestalt einer Sagitta. Die Länge der Thiere beträgt 0,5 bis 1,0 cm., die Zahl der Seg- mente 24 bis 33. Das konische Kopfsegment, ohne alle Anhänge und Sinnesorgane, ist mit dem Mundsegment zu einem Kopf ver- einigt, der ein wenig dicker ist, als die darauf folgenden Segmente. Das Mundsegment und die beiden folgenden tragen jederseis einen grossen, oft am Rande umgeklappten Cirrus foliaceus, dessen An- heftung in Fig. 4 mit a, b und c bezeichnet ist. Vom 4ten Seg- ment an sind je zwei blattförmige Girren vorhanden (Fig. 1 u. 2), deren Anheftungsstellen in Fig. 4 bei d und d! sowie bei e und ef angegeben sind. Nach hinten nehmen die Girri dorsales und ven- trales allmählig an Grösse ab (Fig. 3); das Analsegment trägt zwei grössere platte Girren. Vom 4ten Segment an befinden sich zwischen dorsalem und ventralem Girrus je 2 bis 3 kleine Acicu- lae (Fig. 4), welche im vorderen Körpertheil klein sind und ganz in der Haut liegen, die an dieser Stelle eine leichte Hervorragung zeigt. Nach hinten nimmt diese Prominenz sowie die Stutznadeln an Grösse zu, ungefähr vom 17. Segment an prominiren die letz- teren mit ihrer Spitze über die Haut des kleinen Höckers, in dem sie liegen (Fig. 4). Andere Borsten sind nicht vorhanden. Anal- segment und die drei ersten Segmente sind ganz borstenlos. Der Darmkanal beginnt mit einem quergestellten Mund (Fg.2o); er hat in den ersten drei Segmenten eine dicke Wand aus schma- len Gylinderzellen (Fig. 1 u. 4 w); vom 4. Segment an werden die Epithelicn gross und hell, so dass sie beim lebenden Thiere an Chorda-Zellen erinnern. Der Anus liegt genau hinten zwischen den breiten Analcirren (Fig. 3). Die Lippen (Fig. 4 l) sind vor- stülpbar; mit ihnen eine kegelförmige Zunge, die an der Rücken- wand des Munddarmes liegt (Fig. 1 u. 4 z). Auf der Oberfläche dieser offenbar aggressiven Zwecken dienenden Zunge mündet eine Gruppe von Stäbchendrüsen, welche in einem besonderen Sack im Mundsegment über dem Darm sich befinden (Fig. 1 u. 4«). 728 Sitzung dar phyuikalUch-maÜiematUchtn Klas8$ Das Nervensystem besteht aus einem Bauchmark und deutlich getrennten Strängen (Fig. 2). In jedem Segment liegt ein Paar von Ganglien, die in den vorderen Segmenten naher aueinander rücken (Fig. 2 u. 4 ß, y, ^, £.). Vom Ganglion des 2. Segmentes aus gehen die Sclilundcommissuren zu dem zwischen Drusensack und Haut liegenden Hirn (Fig. 4 «.). In den Epithelzellen der Cirren, welche zum Theil mit Cilien besetzt sind, finden sich eigenthuniliche Gruppen von StubcheufoN likeln, welche wie zusammengesetzte Augen aussehen. Ich habe dieselben leider nicht genauer untersuchen können^ da ich seitdem das Thier nicht wieder gefangen habe. — Obwohl von den sechs Exemplaren keins geschlechtsreif war, unsere Acicularia mithin vielleicht noch an Grosse zunehmen kann, so macht es dennoch ihr«^ ganze Organisation unzweifelhaft, dass wir keine Larve eines anderen Thieres, sondern einen wohl aus- gebildeten eigenthumlichen Organismus vor uns haben, dessen Stel- lung bei den freilebenden chätopoden Anneliden ist. Die Acicularia stimmt mit Tomojyteris darin uberein. dass ihre Borstenbewaffnung auf einige Stütznadeln reducirt ist, und es schien mir bezeichnend, dieser Eigenthümlichkeit im Namen Ausdruck zu geben. Aber während bei Tomopteris die Nadeln in den Cirri tcntaculares sitzen, zeigt Acicularia umgekehrt die ersten Segmente ganz borstenlus, und unterscheidet sich dadurch sowie durch den kleinen, aller An- hänge entbehrenden Kopf und die eigenartige Zunge von den Gym- nocopen. Die Gestalt der Cirren und die Form des Nervensyste- mes machen es trotzdem wahrscheinlich, dass wir für Acicularia wie für Tomopteris die nächsten Verwandten bei den Phyllodoceen linden werden. Erklärung der Figuren. Fi^. 1. Vonleronde dorsal. Vordoroiide veiitrul. llintoremle. - 4. Vord«Ten(lc seitlich. n, hj 0. AnlK'i'tiiii^;sijl<-IIc der Ciireii dfs 1., 'J., 3. Segnicuios. •> %x ^.1 ; ■■ ': j i/^'iü-^ ^1 1 '-- :• ■■ ill w vom 2f). y. November. CJesaninitisitzung der Akademie. Ilr. du ßois-Reyni(Mi 2 Ammat = 2„ 16280 7 Da nun Hrn. Lepsius zufolge 0'"525 ein V ausmachen, so hätten wir 8547'". Hierauf ist zu erwidern: 1" X^^ ist nicht Aar, 3600. 2» y^ ist nicht JSer, 600. 3" ►S-T ist wohl 60, aber als Längen maafs nie etwas an- deres als das sechzigfache Sa nie 60 Ellen. 4" U ist nicht ammat, sondern alju. 5" Der Umkreis von Khorsabad ist iiicht 8547"', sondern 6790"'. Wir werden die einzelnen Punkte beleuchten: 1« Das Zeichen für die Zahl 3600 ist <^ (oder ^^ so kommt es auch in der Sintfluthinschrift vor (II, l. 1 1 et passim). Das Zeichen selbst, und die Glosse erklärt es in der Inschrifteu- sammlung des britischen Museums (W. A. I. IV, pl. 69, 1. 22. 68. 78) durch Sar, geschrieben Sa-ar, das t«^ckt durch JÜT^^T^j d. i. 200 -f- AOO (= G(M>). So z. 15. liest man in allen Sargoninschriften (Dour- Sarkavan p. 7, 1. 81). 1 7ier VI uü. L talenta. d. i. 600 -h 360 -\- 50 = 1010. W'enn hior JT^ > besonders zu rechnen wiire, z. B. als »S'ör, «o niüssle doch wenigstens das Einheitszeichen wiederliolt sein. Das- selbe zeigt an, dafs J[^ ^ | «'ilj?» inc andere kloint^re Zahl 7) kann man ausdrücken durch n nialiscs \Vi«'derholrn des Zeichens. )►" Das Zeichen ^t_T (^^*') bedeutet nie 60 Ellen, sondern immer, wi(» auch in der Sonkerehtafel, 60 «S'a (Klafter zu 12 Halb- ') Man <]arf mir in<*lit den Einwurf inaolien, wunini man nicht dann li»'I»or j^N'ich JT te er durcli 3J Neren au."- (Iruekon, was er einfaeh hewerkstellij;te, indem er den Ausdruek AVr 5[2^__^»^ in seine lU>standtheile /«'rlegte, um so die Nereneinheiten und den Bruohtheil auszudrueken. S<» werden also zu erklären sein : C^ C_^^ y^ IJ nvr (800), C^ f^ T^ H "^'' (^000), "^^ JZ^V ^t^ y^ y^ 2J uer (1400), "^^^ Jj]^^ y^ y^ ^^ 2J ner (ICOO), ii. s. w. In unserer Stelle hatte aueh ^esrhriehen werden können yyi TT r( 3J tierx wie man auch für Ij Klafter drei Stab, oder fiir 1G35 : 2 /«e/* 7 soas 15 findet. vom 6, December 1877, 745 eilen). So liest man zweimal in dem berühmten Micbaiixsteine von einem Felde welches 3 ifs (Soss) lang und 1 Us (Soss) 50 Sa (Klafter) breit ist. Es ist klar, dafs das $So88 oder Stadium hier mehr als 50 Sa hat. Beides sind eben die Maafse der genannten Tafel. So steht es auch da in unserer Khorsabadin Schrift, und da müsste doch mindestens vor Allem erst der Beweis geliefert werden, dafs das ^ijT von Khorsabad nicht dasselbe ist, als das von Senkereh und von Ktesiphon (cf. W. A. I. t. I. pl. 70, 1. 9, 11). Das Gegentheil der Lepsius'schen Theorie, nämlich die Identität dieser Ausdrücke in den drei Orten, für welche schon die Präsumption von vorn herein spricht, ist aber darzuthun. In Senkerch wie in Khorsabad besteht dieselbe Stufenreihe vom Klei- nern zum Gröfsern, der vier Werthe: U Qanu Sa Us. Aufserdem ist das Verhältnifs des Qanu zu Sa wie 1 : 2 in bei- den Documenten dargethan, denn in Senkereh steht dieses geradezu, und in Khorsabad liest man als Variante für 1^ «9a: 3 Qanu, Das Verhältnifs des U zu Qanu als 1:6 wird auch von Hrn. Lep- sius^ und mit Recht, beibehalten. Da nun das Zeichen Sa nie- mals Zwölf bedeutet, bezieht sich auch hier, wie in Senkereh und Ktesiphon das Sechszigfache, nicht auf das U^ sondern auf das zunächst vorhergehende Sa als Einheit. Endlich findet sich der letzte Terminus der Senkerehtafel k'asbu (so zu lesen vergl. Sintflutht. VI. 1. 11), die Parasange von 30 Stadien, in derselben Khorsabadinschrift als Wegmafa wieder. (Dour-Sarkayan p. 5). Also die fünf Abstufungen der ersteren sind im Sargontexte nachzuweisen. 4" Nirgends findet sich ein Beweis, dafs Z7 gleich amtnat^) VA\*i sei. Letzteres kommt nur einmal vor (Grofse Nebuchad- n<*zzarinschrift col. VIII, 1. 45), und aucli da noch in einer Zu- sammensetzung ammatfjagar^ welches ich schon 1853 als Stadium erkannt (S. Böckh, Monatsber. der K. Akademie zu Berlin 1853). Es findet sich 490 ammaUjagar, und an einer andern Stelle (col. VI, I. 25) 4000 (\fa(/ary für etwas anderes: hieraus folgt doch walirlich nicht die Identität des U und des ammat! ^) In einem verstummelten Syllabare liest man ammatUj aber ist es das Wort ,Elle"? 74G Gesatumtsitzumj 5^ Da nun unbestritten ein U zum Qanu wie 1 : 6 ein Qanu zum Sa wie 1 : 2 ein Sa zum US wie 1 : 60 ein US zum A>r wie 1 : 10 ein Ner zum *Sar wie 1 : 6 so wurde die Angabe, nacb der Theorie meines geehrten Freun- des, für den Unjfang der Ringmauer von Khorsubad 195,140 U ausmachen; auf 6790'" würde dieses für jedes U^ d. i. für die ver- mcintliclie Elle des Hrn. Lepsius fünf und dreifsig Millimeter, oder anderthalb Zoll betragen. Dieses ist der riclitige Schlufs, der aus derselben zu ziehn i:27425 Qanu, Stab 1™6455 Sa, Toise, Klafter 3"'291 r.s, Stadium 197'"46 Ner, Meile 1974'"6 Sar, Scliöuus, Doppelparasange-) 11847™6 Die assyrische Notation ist aufser dem gewohnlichen Decinial- System folgende: ^ .... 5 y^ 400 ^ .... 10 15c C^y^ {ner) 600 y, ^ {Sus) 60 >ayt der Finger ist, so mufs r die i'anze Elle sein. Dazu kommt noch eine andere schlagende Bestätigung, die ich in der Abhandlung noch nicht h'*r- beigezogen habe. Das Sechsfache des F heifst auf der Tafel von Senkereh, auch von OppiM't unbestritten, qanu. Das ist offenbar das hrbräische n:;:, qtlneh (spätgriechisch a-xsxd), welches in der Vision des Ezechiel (40, o. 43, 13) eine Assyrische Mefsruthe von 6 ganzen Ellen ist; f4>lglich ist auch der sechst«» Theil des ryaiiu die ganze Elle, nicht die halbe. Ich sollte meinen, dafs hier- mit die in sich vollständige Reihe der Mafse von Senkereh ein für allemal festgestellt wärt». Di«» Ruthe, qami^ hat fi Ellen, /'oder ammat; die Elle hat <> Hände, tjcitux die Hand hat 5 Fing«»r, uhan. Nach Oppert aber wird auf der Tafel von Senkereh die Elle selbst gar nicht erwähnt, sondern nur sein f\ die halbe Elle. Da er nun mit uns anerkennt, dafs das qanu = <> U war. si> ist ihm auch das qamt, trotz der hebräischen Ruthe qaueh. nicht eine g ganzen Ellen, sondern eine halbe Ruthe von G halben Ellen, die er cannt nennt, zu r:'ri455. Da er ferner jetzt auch zustimmt, dafs das V in G Theile getheilt war, so kann ein solcher Theil auch nicht eine Hand sur iiiie ni»"siin; 00, 3 X 600, 1 X 60, 1^x12, 2 Ellen (= 16280 Ellen) welche zu O«? 525 = 8547'» sind. ') S. die Abhandluug p. 132; wo auch angemerkt ist, tlafa für ,1^ ia" auch das gleichwerthigc „3 qatii" vorkommt. 750 Gesammtsitzuntj So nach mt'iiier von Scbrader und Delitzsch gebilligten Lber- setzmig. Herr Oppert aber übersetzt folgendermarsen : iV ^ i T 1 t ^ wfr, 1 X 7-20, li X 12, 2 U (uh'r: L>(H) 2(U) 200 200 400 400 400 m, 1 X 720, l|x 12, 2 6^ das i>t: 3jJ iier zw 7200 6^ odt-r: 20(K) sa zu 12 T =24000 U 1 .s«.s zu 720 r = 720 f' 1.» sa zu 12 r = 18 U 2 ^; = 2 6- 24740 r >vt*K-lie zu 0':'27425 = 0784^9 sind. Statt Ü784';'9 si-tzt t-r (Et. p. 28) ()790*" und erliält durch diese kleine Krhöhung genau die Zahl der Fiandin'schen Messung, welche 2 X 1750'" -h 2 X 1645'»= twOO'" ergab; eine scheinbar schlagende Übereinstinunung zwischen Inschrilt und Nachmessung, die aber auf folgenden Prämissen ruht. Es ist nicht leicht dtMi ursprunglichen Gedankengang aus der verwickelten Darstellung klar herauszufinden: doch dürfte er sich auf Folgendes reduciren lassen. Die Persischen Paläste, sagt er, seien meist quadratisch an- gelegt, aber nicht streng quadratisch, sondern in der Regel so, dafs zwei Seiten des Rechtecks ein wenig länger seien als die beiden andern (Ktal. p. 10, oben p. 3). Er führt 7 Paläste auf, von denen freilich zwei die beiden Seiten wie 3 : 4 haben, wenn dies auch nicht sehr genau stimmt. Von den 5 andern aber haben die kleineren Seiten 125, 48, 20, 28, 28 Ellen (zu 0';'5485), die gröfseren 1201, 48J, 20jV^ 20 J, 28^ Ellen (Et. p. 11). Diese vviii- zigen Überschüsse sollen beabsichtigt gewesen sein. Wahrschein- lich hätten, sagt er, religiöse Gründe der genauen Quadriruug ent- gegengestanden. Dasselbe Princip, einen Cberschufs über das ur- sprünglich gemeinte Quadrat zuzufügen, sei augenscheinlich auch in Khorsabad befolgt, wo nach Flandin die kleine Seite 1G45'" die längere 1750'!* der ganze Umfang also G790'" betrage. Die kleine Stite vervierfacht gebe das gt?meinte (Quadrat in einer runden leicht auszusprechenden Zahl und werde in der keilschriftlichen Angabe vorangesetzt, dann f(dge der Überschufs in einer kleineren zugefug- ten Zahl (Et. p. 12). Nun betrage in Khorsabad der Gesammt- umfang, nach seiner Lesung, 24740 U, Davon bezeichnen die runden 24000 U den Umfang des ursprünglich gemeinten Quadrats, 740 U vom 6. December 1877, 751 den des Überschusses. Die Quadratseite betrage also 6000 U. Da nun Flandin diese zu 1645"^ gemessen habe, so kommen auf jedes t^0';'27425. Folglich sei U nur eine halbe Elle, und die ganze Elle betrage das Doppelte davon 0',"5485. Dies sei die Länge der assyrischen Elle, verschieden von der babyloni- schen, der er die Länge von 0'"525 läfst. Die Tafel von Senkereh widerlegt dies jetzt freilich direkt, indem sie beide Ellen gleich- wertliig Setzt. Da aber die obige Vergleichung sich mit einer Elle von 0',"525 nicht verträgt, so schliefst er daraus, statt die künst- lich herbeigeführte Vergleichung zu verwerfen, nicht nur, dafs hier halbe statt ganzen Ellen gemeint seien, sondern auch, dafs die aus derselben gewonnene ganze Elle giöfser als 0'V525, nämlich 0'"548 gewesen sei, unterscheidet also die assyrische von der babyloni- schen Elle, und berechnet danach alle übrigen mit der Elle in Be- ziehung stehenden Mafse und Mafsangaben. Was hat es nun aber mit der obigen Zahlen -Vergleichung selbst für eine Bewandnifs? Sie beruht offenbar auf zwei Faktoren. Der eine ist die Voraussetzung, dafs Flandin's Messung der noch vorhandenen Theile der Umfangsmauer von Khorsabad sich mit der Angabe des alten Architekten decke. Das mufs aber im Gegen- theil durchaus bestritten werden, weil Flandin zunächst nur eine lange Seite und eine kurze Seite des Haupt -Rechtecks gemessen und diese verdoppelt hat, die inschriftliche Angabe aber in dem Gesammtumfang nothwendig die kleineren Ausbaue und eine sehr bedeutende jetzt zerstörte P>weiterung auf der Seite des Palastes mit inbegriffen haben mufs. Der andre Faktor ist seine Lesung der Inschrift des Sargon. Diese begründet er folgendermafsen. Die beiden Zeichen ^^ ^ und j , von welchen das erste im Anfange unsrer Inschrift in vierfacher, das zweite in dreifacher Wiederholung erscheint, hat er unmittelbar sich folgend gefunden in einer andern öfters wiederkehrenden Inschrift des Sargon ^), die er so übersetzt: 1 ner 6 sm 50 (Talente) ») Bütta, Mon. de Niiiive, t. III, pl. 18ter,96; 22, 16; 38, 03; 46, 7J ; Oppert, Duur - Sarkayan p. 7, 81. 752 ' Gesammts iizung Er nimmt also die beiden Zeichen JH^ J äIs eiue zusammengc- liörige Gruppe für das einfache Wort ner, lu der Khorsabad- Inschrift findet er die beiden Elemente dieses seines ner getrennt und vervielfacht. Wenn er nun diese Gruppe so decomponirt, dafs er JIl y für }, und ] für ^-, das Ganze also für ^ = 1 ner nimmt« und diese Werthe auf jene Inschrift anwendet, so erhält er seine obige Üliersetzung ^ ^ J- ^ ^ -j |- = y^ = 3^ Ner, Die folgende sehr merkwürdige Deduktion niufs ich aber originaliter anführeo. da ich vergebens bemüht war, ihr einen Sinn abzugewinnen. Nur soviel sehe ich, dafs statt 1^, das er mit (?) versieht, nach seiner wörtlichen Vorschrift, \~\ stehen mufste. Man versuche sich an dem mathematischen Räthsel, das er hier aufgiebt. ^LV^xpressiun cnmposee de quatre IC^ et de trois ] veut donc dire 34. La question de la composition reste ouverte, a savoir, si JZl^ ßig- nilie ] et | 5 de ner, ou bien, si l'excedant des JH^ est enonce avec le nombre de l'autre element comme denominateur. Nommons le premier composant r, le second **, nous aurions ainsi: r .s = 1 r r5 = 1^(?) r r s 5 ^ 2 r r r s 5 = 2J r r r 8 8 8 ^=zZ r r r r 8 s 8 ^ 3^} Nous traduisons donc le passage de Sargon: (^jJ^ai fait le pour- tcMir de la ville de) 3 niillos <'t d'un tiers, plus un Stade, 3 Cannes et 2 U (Etal. p. 13)> Wenn er dann den ner zu 7200 (statt 600) V nimmt, und den huh zu 720 (statt 60), und dazu \\ sa = 18, und 2 U hinzuzähh, so erhält er die 24740 ^''(p. 28), welche zu 0'?2742, die verlangte Summe von 6784'"9 ergeben, die man Flandin*s Summe von 6790"^ gleich setzen kann. Dieso Lesung und Berechnung der Inschrift beruht auf einer ganzen Reihe von Unmnglichkeiten. Zwei gesonderte, nicht in eine einzige Gruppe verbundene Zeichen ideographischer — nicht phoneti- scher — Art m^' 1 sollen das einfache Wort Ner ausdrücken ^). ') Das Zeichen T 1, wird hier vor ^^V gesetzt, und vor j" nicht wiederliolt. Das Letztere war offoiibar um so weniger nötliig, da sich die 1 wiederholte, und man ehcnsogut sagen konnte 1 $ar und 1 «er, wie 1 iar vom 6, December 1877. 753 Giebt es dazu in der Keilschrift irgend eine brauchbare Parallele? Von diesen zwei Zeichen soll dann aber sogar das zweite auch für sich aliein zuweilen den Ner bezeichnen (Etal. p. 4). Dann wurde also das erste Zeichen in der Gruppe gar nichts bedeuten. Diese auffallende Behauptung modificirt er allerdings in seiner obigen Mittheilung (p. 4) dahin, dafs, wenn nur ein Zeichen für Ner stehe, dieses nicht | , sondern K geschrieben werde. Er führt dafür eine Stelle aus Rawlinson III, 38, obv. IG an, wo er die Angabc findet: ]!( ^ ^ ^| <^ 2 Ner, 7 sus, 15 (Jahre). Aber auch diese Behauptung des belesenen Assyriologen kann ich auf das bündigste widerlegen, da beide Formen in ein und derselben Inschrift wechseln, also bedeutungslose Va- riationen sind. Er vergleiche nur unsre obige Khorsabad- Inschrift, wie sie auf den Stieren von Niniveh, wo immer | ge- braucht wird, und wie sie auf den beiden Cylindern des Sargon erscheint, von denen er den einen selbst (Dour- Sarkay an p. 19, 65), den andern Rawlinson I, 36, 55, publicirt hat, und wo beidemal fC dafür gebraucht wirdi Wie käme ferner die Zahl 400 dazu, ein Zeichen für sich zu erhalten, statt der bekannten Zusammen- setzung ^ y 4 X 100, da dies weder in das Decimal- noch in das Sexagesimal-System passen würde. Und, wenn HH^ 200 äö, I 400 ^a bedeuten soll, wie kommt es, dafs dann keine Andeu- tung von Sa dabei ist, wie es doch nöthig wäre? Oder, wenn er statt der 200 und 400 sa auf ^ und ^ ner, wie er es im Etalon thut, zurückgehen wollte, wie kommt es, dafs nicht die gebräuchlichen Zeichen für diese Brüche gesetzt wurden, und wie, dafs keine An- deutung vorhanden ist, dafs hier die Drittel als ner verstanden werden sollen? Ist es endlich in irgend einem System erhört, dafs man eine Gruppe wie HZl^ j welche -J^-l-f ner, oder 200-1-400 m bedeuten soll, derartig auflösen könnte, dafs ihre einzelnen Be- standtheile, wie hier, beliebig vervielfältigt und dann summirt wer- den könnten, und zwar immer so, dafs die kleinere Einzelzahl gegen alle sonstige Ordnung der gröfseren vorangesetzt wird? und ner. Die 1 bleibt aber auch sonst vor Mafsen weg. So fehlt sie in 2 Exemplaren der Khorsabad Inschrift vor dem iui, nämlich bei BotUi, Mon. de Ninive t. III, 27, 55; und Oppert, Doar-Sark. 7, 90. 754 Gesammtfiitznng Warum schrieb man nicht: 3 ner^ 4 ftiitt^ 21^ m, 2 U? So fragt er (Ktal. p. 13 und oben p. 2) selber, und antwortet darauf, weil man die 24000 U als Umfang des ursprunglichen Quadrats von dem Uberscliufs gesondert halten wollte (!). Und warum schrieb man nicht statt 4x200-1-3x400 gleich 2000 sa? So fragt er weiter oben p. 4 Note; und giebt eine mir unverständliche Antwort darauf. Er mufstc vielmehr die Frage so stellen: warum schrieb man nicht 3J ner? denn dafür waren ja alle einzelnen Zeichen vorhanden, wie er selbst am Schlüsse derselben Note sagt. Die Antwort auf diese in seinem Sinne allein richtige Frage bleibt er schuldig. Nachdem ich nun diesen Stand der Sache im Allgemeinen dargelegt, und gezeigt zu haben glaube, dafs Oppert's System von Ilalbmafsen völlig unhaltbar ist. dafs namentlich sein l\ nicht eine halbe, sondern eine ganze Elle bedeutet; ferner, dafs seine Berechnung des Umfangs von Khorsabad, wie er in den Inschrif- ten verzeichnet ist, auf einer Reihe ebenso kunstlich erdachter als unmöglicher Voraussetzungen beruht, und andrerseits «auch die Mafse von Flandin keineswegs den ganzen Mauerbau umfafsten; ferner dafs unter den durch die entzogene Basis hinfällig gewordenen Resultaten sich namentlich auch der Unterschied zwischen einer babylonischen und einer assyrischen Elle befindet, der nun auch durch die Tafel von Sonkereh direkt widerlegt wird; nachdem endlich auch Oppert^s Zustimmung erfolgt ist in dem wichtigsten Punkte der Unterabtheilung der Elle in 6 Hände und 30 Finger: bleibt nur noch übrig einen Blick auf die von ihm besonders her- vorgehobenen 5 einzelnen Punkte zu werfen um sie, so weit dies noch nicht im Vorausgehenden geschehen, zu erledigen. Er behauptet unter No. 1 : Das Zeichen für den «ar, 3600, sei nicht IH^ sondern K^l (oder 4^)* ^^ citirt dafür die Sintfluthinschrift II, 11. Die entsprechenden Stellen in Smith^s Übersetzung (Soc. of bibl. arch. vol. III, p. 544, col. II, 10 — 14; VI, 31. 32) lehren aber, dafs hier von einem otcjoc unmöglich die Rede sein kann, sondern nur von einer allgemeinen Bezeichnung, welche Smith durch „measure** wieder giebt. Ebenso wenig giebt bei näherer Prüfung das vierspaltige Syllabar dem Zeichen <^K die ]U»deutung t«^oc, oder auch nur die Aussprache xar, weil lin. 22. 23 die Zeichen ^^K und .^^ oifenbar eine andre Aus- sprache hatten als ^^ lin. G8 ff. Dagegen hat die von mir (Abb. p. 133) angeführte Ansicht von Delitzsch, dafs in dem vierspal- vom 6. Decemher 1877, 755 tigen Syllabar (Rawl. IV, p. 69, 1. G8 — 78; Delitzsch, Lesest. 2te Ausg. p. 61) unter den 11 angeführten Bedeutungen von .^^, die letzte, welche einfach lautet: yt.^^ ^®' sar^^ wirklich den a-ci^oc bezeichne, für den ruhig Erwägenden Alles für sich. Denn hier wird mr^ im Gegensatz zu den zehn früheren Bedeutungen, offen- bar als terminus technicus gefafst. Da nun bekanntlich ^^ das neuassyrisehe Zeichen für das altbabylonische J[^]^^ ist ^), so heifst dies nichts andres, als y^^^i^ ist mr.^ Daraus geht aller- dings zugleich hervor, dafs nach dem Syllabar auch das assyrische Zeichen ^^ den Tci^oc bezeichnete; doch darf es nicht befremden, dafs in den beiden einzigen Fällen, welche bisher den 3*«jo- für 5 ist bisher, so viel ich weifs, den Assyriologen unbekannt; es musste daher von Oppert erst nach- gewiesen werden. An sich wäre es im Decimalsystem, wie die Rö- mische V, nicht unmöglich. Unmöglich aber sind überhaupt sowohl im Decimalsystem als im Sexagosimalsystem einfache Zahlzeichen für 200 Und 400; endlich sind die Zeichen JZ^^ und | als von ihm unrichtig erklärt nachgewiesen worden. Die Liste der einfachen thoils dem Sexagesimal- theils dem Decimalsysteme angehtlrigon Zeichen beschränkt sich vielmehr auf die folgenden: T 1 < ^ (>g^T), T GO (GOt; M V (T) 100 T*" (T^J 1^) ^^^ (10xG0>) ner eim>rkt mm gruHRf Kürzii iiiiil citit; iiiilit uiiljutriii-lilliciie S(.-litft'lK'it des ; dfls, der liusomlers rtclits hinlcii clwiis ulrgeplut[(.-t ist, Dif beni tVontiiliii »itid sulir lludi. dii! pariclaltu faat ganz vcrsirii Dil! grtlsstu Itreitu li<'gt über der ( Hirsi-giiid un den iiiit>-ri-ii S- Ilu'ik-n der Pnrietiiliu. In der Kieiitun-; der .Stiniimlit an d.-r Vu slirn eine suliwuelie Criula rrnutali.-j. Siiminllielie Niilite des Seil dueliCH in ihren luiulere^n Tlieileii fiiirk gezacki, so Jcdocli vDii den queren Nähli-n (Ci>ri)n:iria und Laml«Ic>idosJ di« '. jeder ScitenliülTle diese Zeielien sliirkereil Wai;li«t]iiiiiis xeigt. parietalen KmiijKiirieii lii-gen ganz naiii' an der Pleilnalit, das r ein wenig inelir iiaeli VDrii, als das linke. An d«r Lauilidi iipringl der iiiiire Theil des linki-n ^olieiikels fiber das l'ari vor, während der untere virtieti isl; reehts ist die gutizc J gegend vertieft. Aiieli an der l'feilnidil stellt das link« l'ari liüher, das reehle niedriger. In der Ilinloransielit (Fig. .'i) sieht man die 'iiieroiirvo ii mein Imit gerundet. Diu Oln-rseliuppr, welehe, wie selion erw; nivdrig und plati !.■>). wird naeli unten dareli L'ine «eliurf iibge>i Linea «emieirenljiri.H suprima lu'grenzt. Der Zwiäelii>n raunt seilen letzterer und der Linea sii|ii'riiir wird diireli einen di.' irt Mm. breiien «iiierwulÄl eingeH.jiiimen, der nur in der .1 dureh einen tiefen, nnniittelbar über der l'i'oMibernntiii exleriuk lejjenen Kindnick nnlerl>n>elien wird. Die tJiilcrärhuppe int gi mit einer .seliarfen Crista exlmia. »i'ljr ausge|>r:igteil Muskrili und Hliirkeii Cerelieltiu-Wiilbnngen. Selir groesii Eiiii:iäuriii eloidea. Die Norm» basilari:« (t-'ig. it) lüsat die Kürze Üe» llji haupte» und ili': Itreiie des Milli'lliuiipli'a netit deiiltieli lier ti-clen. Das l'iiramen oeeipital- im (inn/ires fclilen. Au der iniiureii FI, vom 17. Decemher 1877, 11^ der Gelenk fort Sätze jederseits eine tiefe dreieckige Grube mit der Spitze gegen die Mitte. Die Apophysis basilaris stark höckerig, nach vorn schmal. Warzenfortsätze vcrhaltnissmässig klein, etwas schmal, mit tiefen und sehr breiten Incisuren. Sehr lange Griffelfortsätze. Flugelfortsätze hoch und ihr äusseres Blatt sehr weit. Grosse Ohrlöcher. Tiefe, sehr schräg gestellte Kiefer- gelenkgruben. In der Norma facialis (Fig. 2) erscheint das Gesicht gegen den breiten, mächtigen Schädel gracil und nicht hoch. Die Joch- bogen, obwohl hinten stark ansgebogen^ liegen im Ganzen den Sei- tentheilen des Schädels nahe an; die Backenknochen treten wenig hervor. An dem Proc. frontalis ossis malaris jederseits eine starke, nach rückwärts vorspringende Tuberosität. Die Augenhöh- len sind massig gross, mehr breit und etwas niedrig, daher beträgt der Index nur 79,2. Die Nase kurz und breit, daher ihr Index nahe an die Platyrrhinic reichend; der Rücken stark eingebogen und nach unten vortretend; beide Nasenbeine verletzt, das rechte mehr, als das linke, die Spina sehr kräftig. Das linke Nasenloch etwas tiefer und schmaler, als das rechte. Sehr scharfer vorderer Rand der Nasenöffnung. Fossae caninae massig tief; jederseits über dem etwas platten und schiefen Foramen infraorbitale mehrere spitzige überhängende Knochen vorsprünge. Alveolarfortsatz niedrig, nicht unbeträchtlich vortretend. Gaumen sehr breit, mit einem Index von 95,6. Die Zahncurve nach hinten weit geöffnet. Der Unterkiefer ist kräftig, aber doch nur von massiger Stärke. Das Kinn tritt sehr stark, in fast progenaeischer Weise vor, bildet jedoch unten eine breite Basis mit eckigen Endpunkten und läuft nach oben in ein niedriges Dreieck aus. Das Mittelstück des Kie- fers ist ziemlich hoch, die Seitentheile, an denen freilich durch den Vt-rlust von Backzälnien (während des Lebens) und Obliteration der Alveolen eine starke Verkleinerung stattgefunden hat, schwächer, die Aste ziemlich breit, der Kronenfortsatz weit nach vorn vorge- neigt und durch eine tiefe Incisur von dein steilen Gelenk-Fortsatz g<*trennt (Fig. 1). Die Kieferwinkel stark nach aussen %'orge- bogen. Die Eigenthümlichkeiten der Vorderansicht werden wohl am besten charakterisirt, wenn man die Querdurchmesser vergleicht: 780 Sitzung der physikaNsch-mathemathischen Klasse Unterer Frontaldurchmesser 103 Mm. Temporaida rchmesser 137 ^ Jugaldurchmesser 140 ^ Malardurchmesser 100 ^ Kieferwinkeldistanz 106 „ Darin tritt die ungewöhnliche Breite des Kopfes gegenüber dem Breitendurchmesser des Gesichts auf das deutlichste hervor, la den Tabellen ist ein noch ausgiebigeres Material der Vergleichung gegeben. Hier will ich nur noch darauf aufmerksam machen, dass die Vergleichung der vom Ohrlochc aus gemessenen Radien der Schädelkapsel eine ganz hervorragende Entwickelung der Stirn- und Scheitelwölbung gegenüber der schwachen Hinterhaupts Wöl- bung ergeben und dass der sehr kurze (horizontale) Durchmesser des Hinterhaupts (vom hinteren Rande des Hinterhauptsloches bis zur Hinterbauptswölbung) nur 57 Mm. = 31,8 pCt. der Gesamoit- länge beträgt. — Meine früheren Bemühungen, acht albanesische Schädel zu e^ langen, waren nicht von Erfolg begleitet. Freiherr v. Lichtenberg, an den ich mich deshalb gewendet hatte, erklärte diese Anfgabt wegen der ängstlichen Wachsamkeit der Einwohner für unlösbar. Dagegen schickte er mir mit folgendem Briefe d. d. Ragusa, 2U. Juli 1874, einige Schädel von einem benachbarten Platze. „ In der Hoffnung, Ihnen nicht lästig zu fallen^ erlaube ich mir mit diesen Zeilen ein Kistchen mit 4 Schädeln^ dem Resul- tat einer auf einem altserbischen Begräbnissplatze angestellten For- schung zu übersenden. „Schon vor etlichen Jahren hatte ich im Vereine mit einen französischen Collegen bei Tupauski groblje in der Herzegovina einen ähnlichen Versuch unternommen, bei welchem aber ve- nig fehlte, dass wir beide unseren Begräbnissplatz dort hätten angewiesen bekommen. Diesmal war die Sache weniger gefahr- lich. „Auf einer Jagdpartie im verflossenen Winter entdeckte icb zufällig in der Nähe der türkischen Landzunge von Kiek, auf den Wege von Smerdan nach Slivno, ein altserbisches Leichenfeld, welches zu durchforschen ich nur auf eine günstige Gelegenheit wartete. vom 17. December 1877. 781 ^Yor Kurzem habe ich nun in Gesellschaft von zwei österrei- chischen Seeoffizieren, welche auf dem in der Bucht von Kiek sta- tionirten Kanonenboote standen, mich an das Unternehmen gemacht und das mitfolgende Resultat erlangt.^ „Die von einem der Offiziere gemachte Zeichnung der Gräber liegt hier bei (Taf. II). Die Anzahl der letzteren beträgt ohnge- fähr 500; sie lassen sich in zwei Classen, wie Fig. 1 u. 2, theilen. Fig. 4 kömmt auf dem ganzen Platze nur zweimal vor. Traditio- nen knüpfen sich hier, wie an die meisten solcher, in der Herze- govina und Bosnien häufig vorkommenden Leichenfelder^ keine an. Man hält sie für Gräber der alten Serben und jedenfalls gehören sie der Zeit vor der türkischen Invasion an. Die hier in Frage stehenden liegen, wie alle, weit entfernt von jeder Spur früherer Wohnplätze, auf einem sanft aufsteigenden, steinigen Bergabhange, bei 500' über dem Meere, und sind zum Theil mit schweren Stein- platten (Fig. 1), zum Theil nur (Fig. 2 u. 3) durch 1' hervorste- hende, unregelmässigc, um das Grab gesetzte Steine markirt. Viele der scliweren Platten tragen keine Marken oder nur sehr unkennt- liche; am häufigsten erscheint Fig. 5, 6, 7, 8 u. 9. Die bei Fig. 6 vorkommenden Zeichen (a, b, c) erscheinen besonders oft allein, aber auch vereint mit Wappen, wie in Fig. 5, 7, 8 u. 9. Die Fig. 4 ist, wie schon gesagt, nur zweimal, davon einmal ohne jedwede Verzierung vorhanden. Die in Fig. 10 u. IIa erscheinende Zeich- nung kömmt nur auf je einem Grabsteine vor, wobei noch beson- ders das in Fig. 11^ ersichtlich gemachte, die Seitenflächen zie- rende Relief bemerkbar ist. Dieses Grab, dem unsere erste Nach- forschung galt, fanden wir leer. Es schien, aber vor sehr langer Zeit, schon einmal geöffnet worden zu sein.^ „Ausser diesem, öffneten wir noch 4 Gräber, zwei wie in Fig. 1 und zwei wie Fig. 2. Erstere enthielten circa 1 J' unter der Deckplatte einen aus Steinplatten recht künstlich zusammen- gefügten Steinsarg von 1' Höhe, 2' Breite und 6' Länge. In bei- den lag eiu Skelet mit über der Brust gekreuzten Armen, mit dem Kopfe gegen NW. Mit dem Schädel des Skeletts ein Dreieck bildend, in der Höhe der Schultern, lagen noch zwei Schädel; die dazu gehörigen Gebeine fanden sich in Unordnung am Fussende. Nur in einem Grabe waren die Schädel so weit erhalten, dass sie des Mitnehmens werth erschienen: sie bilden, mit einem 4ten, in einem kleinen Grabe, Fig. 2, gefundenen, die Sendung. Diese kleinen 7^2 Sitzung der physikalisch-mathematuchen Klasse Graber euthielten ebenfalls einen Steinsarg, der aber Dar den Gros- senverhältnissen eines ausgewachsenen Mannes entsprach. Kinder- skelete fanden wir keine.* Nach dem Mitgetlicilten kann kein Zweifel darüber sein, dass es tiich hier um christliche Gräber handelt, und schon dadurch wird es in hohem Maasse zweifelhaft, ob wir noch au die Mög- lichkeit denken dürfen, Überreste eines eigentlich illyrischen Stam- mes vor uns zu sehen. Auch die Lage der Kiek weist auf ein Gebiet hin, welches innerhalb der Grenze der slavischen Occupatiou gelogen ist. Die heraldischen Embleme konnten die Vcrmuthung anregen, ob liier nicht italienische Grabstätten zu suchen seien, indess die Entfernung des Gräberfeldes von allen bewohnten Platzen^ die Grösse desselben und schliesslich auch die Beschaffenheit der Schädel selbst scheinen eine solche Yerninthung auszuscbliessen. Es mag daher richtig sein, dass es wirklich altserbische Grabstät- ten sind. Leider war nicht näher bezeichnet, welches die 3 Schädel sind, welche zusammen in einem Grabe gefunden wurden, und welches der eine Schädel, der in dem kleinen Grabe (Fig. 2) enthalten war. Indesi^ spricht Manches dafür, dass der als No. II bezeichnete Schädel mit dem zuletzt erwähnten identisch ist. Es ist ein klei- nerer, offenbar weiblicher, er hat einen Unterkiefer und sein gan- zer Erhaltungszustand ist ein anderer, als der der 3 übrigen, von denen zwei sicher, der dritte wahrscheinlich jüngeren Männern angehört haben, alle jedoch ohne Unterkiefer und ziemlich gross sind. Der weibliche Schädel ist leicht, hcllweisslichgelb und brü- chig; die männlichen dagegen sind sämmtlich braun, verhaltniss- mässig schwer, sonst aber in ihrem Erhaltungszustand unter sich so weit verschieden, dass die Wahrscheinlichkeit nicht gering ist, dass sie nicht zu derselben Zeit in das Grab niedergelegt wurden sind. In Bezug auf die einzelnen Schädel beschränke ich mich auf wenige beschreibende Angaben: 1) Der Schädel No. I ist ein noch jugendlicher, dessen Zähne noch gar nicht abgeschliffen, dessen Backzähne namentlich mit noch unversehrten Kronen versehen sind. Das Geschlecht ist schw*er festzustellen. Die Formen sind im Allgemeinen zart, die Stirn niedrig und senkrecht, die Wülste gar nicht entwickelt. Trotzdem vofn 17, December 1877. 783 mochte ich glauben, dass or einem jüngeren Manne angehurt habe. Seine Farbe ist sehr braun, seine Oberfläche vielfach von Larven- gängen durchsetzt und am Hinterhaupt abgeblättert. £r hat eine gute Capacität (1450 Cub. Cent.) und erscheint schon bei der ersten Betrachtung kurz und hoch, namentlich aber sehr breit. Sein Breiten- index beträgt 84,5. der Höhenindex 75,G, was einem Brachyce- phalus von mittlerer Höhe entspricht. Die Vorderstirn ist, wie gesagt, senkrecht, zugleich breit, mit voller Glabclla und deut- lichen Höckern, aber ganz schwachem Stirnnasenwulst; die Hin- terstirn ist hoch und sehr breit (der Coronaldurchmesser beträgt, wie bei dem Albanesen, 128 Mm.). xVn den sehr breiten Parie- talia erK'heint die Scheitelcurve vorn ganz flach, allein schon von der Mitte der Pffilnaht an beginnt ein schräger Abfall nach hin- ten. Die stärkste Wölbung des Hinterhauptes liegt in der Mitte der Oberschuppe; trotzdem ist das Hinterhaupt im Ganzen kurz. ZugK'ich ist es durch eine Abphittung und Seitwärtsschiebung der rechten Seite schief. Die horizontale Länge des Hinterhauptes be- trägt nur 28,4 pCt. der Gesammtlänge. Plana temporalia undeut- lich. Breite Ala sphenoidealis, besonders links; jederseits tempo- rale Fontanellknochen, links ein dreieckiger, der an die Schlä- fenschuppe stösst, rechts an derselben Stelle 3 grössere, fast dach- ziegelförmig über einander greifende, so dass von der Spheno- parietalnaht nur eine 4 Mm. lange Strecke übrig bleibt. An der Sutura sphenozygoniatica ein tiefer Kindruck mit vorspringender Knochenfalte, dt>r sich noch etwas auf das Stirnbein fortsetzt. Au- guli parietales sehr kurz, Squamae temporales kurz und steil. Nähte des Schädeldaches wt'uig gezackt. Der Lambdawinkel ganz niedrig, fast in eine gerade Linie aufgelöst; in der Naht kleine Schaltknochen. Jederseits grosse Emissaria mastoidea. Das Foramen magnum occip. gross, mit dickem, wulstigem Rand. — Am Gesicht, welches nie- drig erscheint, treten die hohen, nach oben und innen stärker aus- gezogenen Orbitae stark hervor. Die kräftige, aber schmale Nase tritt mit einem 20 Mm. langen, oben eingebogenen, unten ausgebo- genen Rücken weit vor. Da die Apertur niedrig ist, so kann die Nasenform aquilin gewesen sein. Der Index beträgt 5L6, ist also stark mesorrhin. Der Alveolarfortsatz ist niedrig und ortho- gnath. Der harte Gaumen kurz (Index 80,8); die Zahneurve fast hufeisenförmig. 784 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 2) No. II ist der schon erwähnte, deutlich weibliche Schädel mit Unterkiefer. £r ist sehr zierlich, leicht, im Ganzen von gelb- lich weisser Farbe, nur in der Mitte von einer kalkigen Schicht überzogen, hinten schwärzlichgrau, rauh, wie erodirt, offenbar durch längere Berührung mit Feuchtigkeit. Er ist etwas klein (1300 Cub. Cent.) und hat einen Breitenindex von 77,5 bei einem Höheniudex von 77,2, ist also ein massig hoher Mesocephalus. In der Seiteuansicht zeigt er eine mehr lange und vorn flache Curve. Die Stirn ist ziemlich gerade, mit schwachen Tubera, einer An- deutung von Crista und ziemlich stark vortretenden, jedoch glatten und nicht scharf abgesetzten Wülsten. Von der Mitte der Pfeil- uaht an beginnt der Abfall der Curve, der langsam bis zum Lam- bdawinkel fortgeht. Hier bildet die stark gewölbte Oberschuppe einen kleinen Absatz. Die Plana temporalia erreichen die Tubera parietalia. Schläfeugegend tief und schmal; der untere Theil der Coronaria synostotisch, der Schläfenfortsatz des Stirnbeins vorge- wölbt, die Sphenoparietalnaht ganz kurz (links 2 Mm), Ala kurz und stark eingebogen, Squama temporalis platt. In der Nornia verticalis erscheint der Schädel lang und schmal. Die oberen Nähte sind wegen der Veränderungen der Oberfläche unkenntlich; es lässt sich nicht erkennen, ob sie synostotisch waren. Das Hinterhaupt erscheint auch in der Unteransicht lang und voll, mit schwachen Muskellinien, aber starken Cerebellarwölbungen. Die horizontale Länge des Hinterhauptes beträgt 32,9 pCt. der Ge- sammtlänge. Das Foramen magnum ist länglich (Index 82,8), mit stark vortretendem, fast dachförmig ausgezogenem hinterem Rande; vor dem vorderen Rande 2 etwa Johannisbeergrosse, rundlich-eckige Processus papilläres dicht neben einander. Platte Apophysis basilaris. Tiefe Kiefergelenkgruben. — Das Gesicht ist massig hoch und schmal. Orbitae mehr ins Breite gezogen (Index 73,8). Nase an der Wurzel breit, mit einer hohen Curve in den Nasenfortsatz des Stirnbeins eingreifend, am Rücken flach gewölbt; der vordere Theil der Nasenbeine leider defekt. Apertur massig breit, etwas schief, mit Pränasalgruben; Index 50, also mesorr hiner Typus. Sehr kurzer, leicht prognather Alveolarfortsatz. Tiefe Fossae caninae. Gaumen mehr länglich, mit fast parallelen Schenkeln der Zahncurve; da jedoch fast alle Backzähne fehlen und ihre Alveo- len obliterirt sind, so ist die Form des Gaumens dadurch stark beeinflusst. Kräftiger, aber zierlicher Unterkiefer mit schwach vom 17, Deceinber 1877. l^b prognathem Alveolarfortsatz, wenig schrägen Gclenkfortsatzen und spitzig vortretendem Kinn. 3) Der Schädel No. III ist offenbar männlich und nach der schwachen Abnutzung der Zähne auch noch jugendlich, wenngleich die sehr rauhe, vielfach angefressene Beschaffenheit der Oberfläche ihm eher ein ältliches Aussehen giebt. Er ist leider mehrfach ver- letzt, namentlich nu der Basis occipitis, der linken Schläfenschuppe und der Stirn. Er besitzt eine Capacität von 1425 Cub.C, einen Breitenindex von 83,5 und einen Ilöhenindex von 74,8, ist also gleichfalls ein Brachycephalus von mittlerer Höhe. Auch der äussere Eindruck ist der eines breiten und kurzen Schädels. Die Stirn ist hoch, etwas schräg, mit sehr starken Wülsten, hinter denen man durch ein Loch die ungemein weiten Stirnhöhlen sieht. Die Scheitelcurve fällt sehr schnell von der Tuberullinie an ab, dagegen ist die Oberschuppe des Hinterhauptes stark gewölbt. Hier sieht man jederseits in dem unteren Abschnitt der Schenkel der Lambdanaht ungewöhnlich grosse, namentlich lange Wormsche Knochen, die an der Stelle der hinteren Seitenfontanellen an- fangen und sich, in einer Breite von 16 Mm.^ 48 Mm. weit in der Naht fortziehen. Rechts ist der Schaltknochcn durch eine zackige Längsnaht noch wieder in 2, vor- und übereinander gelegene Hälften getheilt. Auch an der Spitze des sehr flachen Lambdawinkels ein Paar kleine Schaltknochen (Os apicis bipartitum). Die dadurch be- dingte Breite des Hinterhauptes fällt um so mehr in die Augen, als die Scheitel höcker nur schwach entwickelt sind. Plana teni- poralia undeutlich. An der Ala splftnoidealis jederseits ein grosser, dreieckig nach hinten angesetzter, temporaler Schaltknochen (25 Mm. lang, 12 hoch), der die Ala ganz von dem Angulus pa- rietalis trennt; nach vorn wird das Verhältniss wegen Synostose des unteren Abschnittes der Coronaria undeutlich. In der Basilar- ansicht tritt die Breite des Kopfes und die Kürze des Hinter- hauptes recht deutlich hervor; die horizontale Länge des letzteren beträgt nur 24 pCt. von der Gesammtlänge. Das Poramen mag- num ist ungewöhnlich gross, namentlich lang; die Apophysis basi- laris sehr flach, breit und höckerig, mit einer Incisur jederseits. — Das Gesicht vorhältnissmässig hoch, die Orbitae sogar sehr hoch (Index 91,1). Nase am Ansatz etwas breit, in den Nasenfortsatz des Stirnbeins eingreifend, mit eingebogenem, etwas' flachem Rücken, leider im vorderen Theil defekt; Iudex 50, also mesorrliin. Alveolar- 786 Sitzung der physikalUch-mathematischen Klasse fortsatz niedrig, fast orthognatb. Gaumen mehr lang, Zahncurve wenig ausgeweitet. Das ganze Gesichtsskelet etwas nach rückwärts gestellt. 4) Auch der Schädel No. IV ist, nach der geringen Abnutzung der Zähne zu urtheilen, ein jugendlicher, sicher ein männlicher. Bei einer Capacität von 1410 Cub. Cent, besitzt er einen Breiten- index von 77,2 und einen Höhenindex von 72,4; er ist also ein niedriger Mesocephalus. Seine Färbung ist tief gelbbraun, die Knochen vcrhältnissmässig fest und glatt, nur hie und da posthumc Erosion. In der Seitenansicht erscheint er lang: über den sehr starken Stirnnasenwülston beginnt mit einer tiefen Glabella eine scliräge, fast fliehende Stirn mit schwachen Tubera. Der Abfall der Scheitelcurve fangt erst hinter der Tuberallinie an, geschieht dann aber sehr schnell. Stärkste Vorwölbung des Hinterhauptes an der Spitze der Oberschuppe. Vcrhältnissmässig einfache Nähte des Schädeldaches. Synostosis sagittalis posterior, coronaria inferior. Hohe, jedoch nicht deutlich abgegrenzte Plana temporalia. Sehr breite Alae sphenoideales mit hoch aufsteigenden Spitzen, platte Squaraae temporales. Niedrige Ilinterhauptsschuppe mit starker Linea semicircularis superior und Protuberantia externa. Trotz der scheinbaren Länge des Kopfes beträgt die horizontale Länge des Hinterkopfes nur 22,7 pCt. der Gesammtlänge. Das Foramen magnum ist gross, rundoval, mit sehr dickem Rand und gros- sen, rechts getheilten Gelcnkhöckern; der vordere Rand springt scharf nach aussen vor. Apophysis basilaris etwas platt, höcke- rig, durch seitliche Einschnitte wie abgesetzt. Starke Griffel- und Flügelfortsfitze. — In der Vorderansicht erscheint das Gesicht niedrig, aber schmal, ebenso der obere Theil der Stirn. Die Orbitae hoch, mit stark vorspringendem Oberrand. Die Nase tritt stark vor und macht eher einen schmalen Eindruck; sie setzt hoch in den Nasenfortsatz des Stirnbeins ein, ihr Rucken ist nicht scharf und etwas eingebogen. Nach dem Index von 50,9 ist sie mesorrhin. Sehr tiefe Fossae caninae. Alveolarfort- satz kurz, etwas prognath. Gaumen mehr lang, Zahncurve gross und elliptisch. Fassen wir die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen, so ergiebt sich für die 4 Schädel von dem alten Gräberfelde auf der Kiek im Mittel vom 17. December 1877. 787 eine Capacität von 1396,5 Cub. Cut. ein Hrcitenindex ^ 80,6, ein Höhenindex „ 74,2, ein Nasenindex ^ 50,6. Es sind danach massig grosse und m&ssig hohe Brachy- cephalen mit mesorrhiner Bildung. Ihnen gegenüber erscheint der Albancsenkopf durch seine Grosse (1650 Cub. Cent.) und seinen immensen Breitenindex (91,5) recht abweichend; man kann ihn in der That als einen hyp€'r- brachy cephalen Kephalonen bezeichnen. Allein es l&sst sich nicht leugnen, dass trotz dieser, möglicherweise individuellen Eigcn- thümlichkeiten zahlreiche Zuge von Verwandtschaft hervortreten. Dies ist noch mehr der Fall, wenn man den verhältnissmassig klei- nen, mesocephalen Weiberschädel (No. II) aus der Berechnung hcr- uuslässt. Ffir die 3 Schädel von jungen Männern aus der Kiek erhält man im Mittel eine Capacität von 1428,5, einen Breitenindex von 81,7. Der Höhen- und der Nasenindex werden durch das Ausscheiden d<'8 Weiberschädels nicht wesentlich geändert. Dagegen kommt das Vcrhältniss von Sagittal- und Horizontal umfang — ein recht wichtiges Maass — bei den Männerschädeln der Kiek sehr nahe dem bei dem Albanesen: dort beträgt es 68,2, hier 66,4. Die Schädel von der Kiek sind unter einander nicht so sehr verschieden, dass man nothwendig auf fremde Mischung schliesson müsstp. Auch der Weiberschädel, der ja auch aus anderen Grün- den am leichtesten als ein fremder angesehen werden könnte, hat doch auch viele Züge, welche dagegen sprechen, seine ehemalige Trägerin selbst einem fremden Stamme zuzuschreiben; vielleicht war dies jedoch bei ihrer Mutter der Fall. Namentlich die Nasen- bildung stimmt so sehr mit derjenigen der Männerschädel, dass es schwer wird zu glauben, es sei das nicht die typische Stammes- nase. Obwohl stark vortretend^ ist sie doch mesorrhin. Und gerade in diesem Punkte steht der Albanese ganz in gleicher Linie. Immerhin zeigt die Schädelcapsel der Gerippe von der Kiek erhebliche Verschiedenheiten in Bezug auf das Verhältniss von Länge und Breite. Es sind nehmlich 2 Schädel (der weibliche No. II und der männliche No. IV) mesocephal, 2 dagegen brachycephal. Freilich ist es eine hohe Mesocepbalie, daher erhalten wir im 788 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Mittel für alle 4 einen brach ycephalen Index. Indess gegenüber dem hyperbrachycephalen Albanesen ist die Mesocephalie der einen Hälfte der Klek-Schädel nicht aus den Augen zu verlieren. Sehr homogen erscheint die Kieker Gruppe in Betreff des Breitenhöhen- und des Auricularhöben-Index, und gerade hier fin- det sich ein scharfer Gegensatz zu dem Albanesen. Man konnte dies vielleicht erklären durch die kephalonischc Ausbildung der Schädelkapsel, wodurch dieselbe weit über ihre Basis erhoben wor- den ist, und es wäre möglich, dass auch dies eine mehr indivi- duelle Abweichung ist. Dies mit dem vorliegenden Material zu entscheiden, ist unmöglich. Dagegen kann ich noch einige andere Vergleichungsobjekte beibringen, um die Stellung der Kieker Schä- del etwas genauer zu definiren. Durch die freundliche Besorgung des Hrn. Dr. J. A. Kaz- nacic, Direktor des Civilhospitals in Ragusa, besitze ich 5 Schä- del aus 2 Leichenkellern dieser Stadt. In seinem Briefe vom 4. September 1873 schreibt er darüber: „Die Schädel gehören der niederen Volksklasse an. Da man hier erst seit Kurzem die Leichen abgesondert in der Erde begrabt, so war es mir unmöglich, ihre individuelle Gehörigkeit mit Be- stimmtheit zu eruiren. Da sie jedoch ganz bestimmt einer Klasse angehören, in welcher der südslavische (serbokroatische) Stamm, mit sehr seltenen Ausnahmen von Verbindung mit anderen Stämmen, absolut überwiegt, und da der grösste Theil jener Schädel einer Zeit entstammt, wo die Communikation mit fremden Stämmen viel seltener als jetzt war, so kann man fast mit Sicherheit behaupten, dass die Schädel dem serbokroatischen Zweige der slavischen Stämme angehören.^ Betrachtet man diese Schädel im Einzelnen, so stellt sich Folgendes heraus: 1) No. I ist ein männlicher, grosser, etwas plumper, ziemlich schmaler Schädel von gelbbrauner Farbe, sehr derbem Knochen- bau und stark entwickelten Sehnenansätzen. Sein Raum beträgt 1465 Cub. Cent. Der Breitenindex ergiebt 80,7, der Höhenindex 78,5; er ist demnach hypsibrachycephal. Seine beträchtliche Höhe erklärt sich zum Theil durch eine ungewöhnliche Erhebung der Gegend der vorderen Fontanelle. In der Seitenansicht erscheint er verhältnissmässig lang mit hochgewölbter Curve. Die Stirn ist fliehend, mit ausgeprägten Wülsten, aber schwachen Tu- vom 17. December 1877. 789 bera. Die Curve steigt bis zur Kranznaht fortwährend an, fällt dann langsam, von der Tuberallinie an 'schneller ab, wölbt sich aber an der Oberschuppe des Hinterhaupts so stark, dass die Pro- tuberantia schon weit nach vorn an ihrem untern Abschnitte liegt. Das Planum temporale reicht bis an das Tuber par. und bis an das untere Ende der Lambdanaht. Die Alae sphenoideales an sich massig breit, aber nach unten stark eingefaltet und nach oben in eine schmale Spitze ausgezogen, so dass die Sphenoparietalnaht rechts nur 8, links 7 Mm. misst. Am Schläfentheil des Stirnbeins rechts eine kleine, ganz flache Exostose. Anguli parietales sehr kurz. Squamae temporales kurz und platt. In der Norma verticalis erscheint der Schädel lang und voll, in der N. occipita- lis hoch gewölbt, leicht dachförmig, aber mit geraden Seiten. In der Lambdanaht ungewöhnlich grosse Wo rm' sehe Knochen: links erstreckt sich ein Zug derselben von der Spitze bis zur hin- teren Seitenfontanelle, und zwar so, dass der obere Theil dersel- ben durch 3 aneinander stossende, im Zusammenhang 60 Mm. lange, 80 Mm. breite Knochen gebildet wird; rechts ein ähnlicher Zug, der jedoch die Spitze nicht erreicht. Die Oberschuppe massig gross, die Unterschuppe kurz, in der Mitte eingedrückt, sonst sehr höckerig. Das Hinterhaupt verhältnissmässig lang, 57 Mm. = 31,3 pCt. der Gesammtlänge. Das Foramen occipitale klein, läng- lich, mit ganz dickem, rauhem Rand und sehr stark- vortretenden Geleukhöckern. Sehr grosse Jugularlöcher. Grosse, dicke War- zenfortsätze. Tiefe, nach hinten weit ausgelegte Kiefergelenkgruben. Enge Ohrlöcher. Hohe Flügelfortsätze mit sehr weiter, links se- gelförmigcr Lamina externa. — Das Gesicht macht einen sehr finstern Eindruck, der durch die Stärke des Stirnnasenwulstes, den tiefen Ansatz der Nase und die niedrigen, eckigen Orbitae haupt- sächlich bestimmt wird. Die Nasenwurzel setzt sehr tief an und greift in den Nasenfortsatz des Stirnbeins ein. Die Nase selbst ist schmal; ihr Rücken ist scharf, springt sehr stark vor und ist nur wenig eingebogen. Apertur schmal und schief. Index 45,1, also leptorrhin. Enorme Spina nasalis. Eckige Backenknochen mit einem horizontalen Querwulst über den Körper und starker Tuberositas malaris. Sehr tiefe Fossae caninae. Ausgemacht pro- gnathe Kieferstellung, welche nicht blos alveolar ist. Der Zahn- fortsatz kurz, etwas schräg. Gaumenfläche breit. Zähne stark [1877] 67 790 »Sitzung der plnjfiikahficli 'mathematischen Klause abgeschliffen; rechts fehlen die Backzähne und ihre Alveolen sind obliterirt. 2) No. II, ein miinnlicher Schädel von ganz anderem Aus- sehen, wie die übrigen, nicht bloss in Bezug auf seinen Bau, son- dern auch in Bezug auf seinen Erhaltungszustand. Er sieht eigent- lich aus, %vie ein alterer macerirtor Schädel aus einer anatomischen Sammlung, weisslich grau, nach hinten schwach gelblich, übrigens sehr fest und glatt. Er ist von etwas geringerer Capacität (1380 Cem.), übrigens keineswegs \on kleinem Aussehen. Sein Breiten- index beträgt 71,7, der Höhenindex 72,5; es ist also ein Do- lichocephalus von geringer Hohe, — der einzige in dieser ganzen Reihe. In der Seitenansicht erscheint er lang, mit der grössten Hohe 2 Fingerbreit hinter der Kranznaht. Die schräge Vorderstirn schmal, mit kräftigen Wülsten und schwachen Tubera, die Ilinterstirn lang und ansteigend. Von der Tuberallinie der Scheitelbeine an beginnt der Abfall der Scheitelcurve. Das stark vorgewölbte Hinterhaupt ist von den Seiten her so sehr verengert, dass die Oberschuppe fast halbkuglig hervortritt. Von der Pro- tuberantia externa geht eine starke und scharfe horizontale Crista aus, unterhalb welcher die Facies muscularis ganz tief ansetzt. Massig hohe Plana temporalia. Alae sphenoideales breit. Synostose der seitlichen Theile der Coronaria, der Sut. sphenofrontalis und zum Theil der S. sphenoparietalis. In der Oberansicht stellt sich der Kopf ganz schmal und lang dar. Der hintere Theil der Pfeil- und der grössere Theil der Lambdanaht verwachsen. Jederseits in den Seitenschenkeln der Lambdanaht an der Stelle der Vorwöl- bung der Schuppe ein Schaltknochen, links ein besonders grosser, weit in das Parietale eingreifender. Die Hinteransicht zeigt eine schmale und hohe Curve. An der Basis sind alle Muskelansätze und Fortsätze ungemein gross, die GrifFelfortsätze sehr lang und stark, die Fiügelfortsütze hoch, aber sehr eng. Das Foramen mag- num mit ganz hohem Rand und flachen Gelenkhockern. Das Hin- terhaupt lang, 58 Mm. im horizontalen Durchmesser = 30,3 pCt der Gesaramtlänge. Dagegen ist das Verhältniss des Sagittalum- fanges zum Horizontal umfang = 72,9 : 100. — Das Gesicht hoch; Index 80, 7. Auch die Orbitae höher, Index 78,0, etwas scbrig nach aussen und unten verlängert. Sehr weite Tbränenkanäle. Nase massig vortretend; Nasenbeine sehr lang, 2G Mm., verbält- nissmässig breit und sehr gerade, fast wie bei gewissen sici- vom i7. Decemher 1877. 791 lianiscben Schädeln, unten sjnostotiscb, nach oben in den Na- senfortsatz des Stirnbeins eingreifend; der Rucken nicht scharf, nach unten sogar etwas platt; Apertur niedrig, nach oben gerundet; In- dex 49,6, also mcsorrbin. Starke Backenknochen mit Tubcro- sitas malaris post. und starkem Vorsprung der Tubcrositas niaxil- laris. Tiefe Fossae caninae. Stark prognathe Kieferstellung mit langem, vorgeschobenem Alveolarfortsatz. Die Distanz des vorderen Alveolarrandcs vom Hinterhauptsloch (110 Mm.) ist die grösste in der ganzen Reihe. Grosse, stark abgeschliffene Zähne. Sehr langer und tiefer Gaumen, dessen Breitenindex (63,1) der kleinste der ganzen Reihe ist. Auch die Zahncurve ist lang, vorn weiter, hinten enger. 3) No. HI, vielleicht weiblich, obgleich einer der grosseren Schädel. Capacität 1470 Ccm. Breitenindex 80,4, Höhenindex 75, also ein Brachycephalus von mittlerer Höhe. Es ist ein grosser, verhältnissmässig langer, aber zugleich sehr breiter (148 Mm.) Schädel; seine grösste Breite liegt an den Schläfen- schuppen, wie er denn auch eine sehr grosse Temporalbreite (131 Mm.) besitzt. In der Seitenansicht zeigt er eine lange Curve mit einem schwachen Eindruck hinter der Coronaria. Etwas schräge Stirn mit schwachen Tubera und Orbitalwülsten, aber voller Gla- bella, kräftigem Nasen wulst und glatten Orbitalrändcrn; lange Hin- terstirn. Von der Tuberallinie der Scheitelbeine beginnt der Ab- fall. Die Oberschuppc tritt mit grosser Wölbung hervor. Die Plana temporalia reichen bis an die Tubera und die unteren Theile der Lambdanaht. Am Stirnbein an der Stelle der Linea semicir- cularis eine starke Criste mit tiefem Absatz der Schläfe: so- wohl der Schläfentheil des Stirnbeins, als die Ala sphenoidealis sind tief eingedruckt und die ganze Fläche ist auffällig hüglig und uneben. Synostosis der betreffenden Abschnitte der Coronaria, der Sphenofrontal- und Sphenoparietal-Naht. Schläfenschuppen gewölbt. In der Oberansicht erscheint der Kopf lang und fast schmal; die Nähte wenig gezackt. In der Hinteransicht ist der Schädel hoch und mehr schmal; der Lambdawinkel niedrig, die Linea semicircularis superior fast dachförmig über die tief abge- setzte Facies muscularis vorragend. An der Basis liegt das Fo- ramen magnum hoch (tief), die Gelenkhöcker sind etwas abgeplat- tet, das Loch selbst länglich. Die horizontale Länge des Hinter- haupts 48 Mm. = 26 pCt. der Gasammtlänge. Sehr grosse War- 57» 792 Sitzung der physikalisch-mathetnatischen Klasse zen- und Griffelfortsätze, sehr enge Flügelfortsätzc. — In der Vor- deransicht ziemlich volle Stirn. Sehr hohe Orbitae (Index 90,!2), nach oben und innen ausgezogen, mit gerundetem Oberrand. Nase ganz schmal^ hoch einsetzend, mit zuerst stark ein-, dann etwas ausgebogenem Rucken, am unteren Theil sjnostotisch und zuruck- gebogen; hohe und schmale Apertur. Index 44, also leptorrhin. Schwache Backenknochen. Volle Fossae caninae. Massig grosser, wenig vortretender Alveolarfortsatz. Gaumen sehr kurz (Index 102,5). Zahncurve weit, parabolisch. 4) No. IV, ein weiblicher Schädel, leicht, klein, kurz, breit und hoch, von gelblicher Farbe, mit noch jugendlichen, wenig ab- genutzten Backzähnen, jedoch starker Abschleif ung der Schneide- zähne. Capacität 1310 Gern. Breitenindex 82,3, Höhenindex 74,7, also massig hoher Brachycephalus. In der Seiteu- ansicht sieht man die Stirn gerade und hoch, mit schwachen \VG1- sten, die Scheitelcurve flach gewölbt bis zu der Tuberaliinie. Dar- auf folgt ein schneller Abfall und ein in grosser \Volbung ausge- legtes Hinterhaupt. Schwache Plana: Synostosis coronaria inferior mit tiefem Eindruck. Die Begrenzungslinien der Plana dick, wul- stig, besonders rechts, wo sich an der Stelle des Tuber parietale flache, aber breite, verästelte (Gefäss?) Rinnen über die atrophi- sche Oberfläche verästeln. An den oberen Nähten des Schädel- daches (Goronaria, Sagittalis, Lambdoides) beginnende Verwach- sungi In der Hinteransicht sieht man die grösste Breite im hin- tern Drittel des Schädels; das Hinterhaupt hoch, die Oberschuppe voll, die Protuberantia schwach. In der Unteransicht das Hinter- haupt kurz und voll, 49 Mm. = 28,8 pCt. der Gesammtlänge. Die Basis liegt tief (hoch). Das Foramen magnum sehr klein, länglich rund, (Index 80), mit höckerigem Rand und Gruben an der in- neren Fläche der Gelenkhöcker. Am vorderen Rande eine klei- ne, mediane, gegen das Loch rückwärts gerichtete Knochenspitze. Starkes Tuberculum pharyngeum; tiefe seitliche Einschnitte am hin- teren Theile der Apophysis basilaris. Starke Warzen- and Griffelfort- sätze, hohe und enge Flugelfortsätze, am rechten ein etwas unvolUtän- diges Foramen Givinini. — In der Vorderansicht hohe und volle Stirn, niedriges Gesicht, wenig vortretende Backenknochen mit Ta- berositas malaris posterior. Grosse, breite, massig hohe Orbitae: Index 7G,7. Nase niedrig, aber stark vorspringend, hoch eingesetzt, schmal, mit langem, schwach ein- und dann ausgebogeoem Rückeo; vom 17, Deceinber 1877. 793 hohe, schmale und schiefe Apertur. Index 46,1, also leptorrhin. Starke Spina nasalis. Fossae caninae etwas voll. Alveolarfort- satz ganz kurz, schwach prognath. Schone Zähne. Zahncurve elliptisch. Gaumen lang, Index 80. 4) No. V, vielleicht weiblich, leicht, von bräunlicher Farbe, mit einem grossen grünen (Kupfer- oder Bronze-) Fleck vor dem linken Tuber parietale. Es ist der kleinste Schädel von allen, mit einer Capacität von nur 1210 Gem. Breitenindex 79,3, Höhenindex 78,4, also ein Hypsimesocephalus, freilich der Brachycephalie (im deutschen Sinne) recht nahe stehend. In der Norma temporalis erscheint der Schädel etwas kurz und unregel- mässig, hinten hoch, vorn niedrig. Die grösste Scheitelhöhe liegt an der Tuberallinie, dann folgt ein fast gerader Abfall nach hin- ten. Stirn schräg, mit deutlichen Tubera und kräftigen Wülsten. Hinter der Coronaria eine kleine Einbiegung der Curve. Hohe Plana, welche die Tubera parietalia erreichen, vor denselben aber noch höher hinauftreten. Alae sphenoideales breit, aber rechts Synostose der Sphenofrontal- und Sphenoparietal-, sowie beider- seits der Coronaria in ihren unteren Abschnitten. In der Hinter- ansicht erscheint der Kopf hoch, unten breit und gerundet. Ziem- lich hohe Gberschuppe, kräftige Protuberanz mit tiefem Eindruck darüber. Kurze, sehr unebene Facies muscularis. Die horizontale Länge des Hinterhauptes beträgt nur 44 Mm. = 26,1 pCt. der Ge- sammtlänge. An der Basis sieht man ein sehr grosses, rundliches, schiefes Foramen magnum. Die gleichfalls schiefen Gelenkhöcker stehen vorn weit auseinander; hier zeigt sich zwischen ihnen ein schwacher Ansatz zu Processus papilläres. Apophysis basi- laris sehr breit und platt. Sehr grosse Foramina jugularia. Nie- drige Flügelfort^ätze. Flache Kiefergelenkgruben. Kleine Ghr- löcher. — In der Vorderansicht erscheint das Gesicht niedrig (Index 75,8), die Grbitae gross und hoch (Index 83,7). Lange, hoch eingesetzte, sehr vorspringende Nase mit schmalem, etwas eingebogenem Rücken und beginnender Synostose der Nasenbeine; hohe, fast dreieckige Apertur. Index 52, also mesorrhin. Grosse Spina nasalis. Fossae caninae wenig tief. Massige Backenknochen mit Tuberositas malaris posterior. Sehr niedriger, wenig pro- gnath er Alveolarfortsatz. Gaumen schmal, mit grossen Schneide- zähnen ; die Zahncurve vorn voll und breit, hinten mit fast paralle- 7lU Silzuny der i}htj6ikaU6ch-mathemaiiBchen Klasse leii Schenkeln; rechts fehlen die Backzähne und ihre Alveolen sind geschwunden und obliterirt. — Nimmt man sümmtliche 5 Ragusaner Schädel zusammen, sc* erhult man fulgcnde Mittelzuhlcn: eine Capacitat von 1367, einen Breitenindex von 78,8, eini-n Höhenindex von 75,8, einen Nasenindex von 47,3. Daraus >vurde eine kleinere, mesocephale und niesorrhine Schädel form von mittlerer Hohe folgen, also eine noch wei- tere Abweichung von dem Albanesen. Allein unter den 5 Schädels belindet sich ein dolichocephaier und auch sonst mehrfach ab- weichender. Lassen wir diesen aus der Rechnung, ziehen wir da- gegen das Geschlecht in Betracht, wobei freilich manche Unsicher heit besteht, so erhalten wir folgendes P^gebniss: Männer Frauen Gesamnit Capacitat 14G5 1330 1363,7 Breitenindex 80,7 80,G 80,6 Höhenindex 78,5 76,0 76,4 Nasenindex 45,1 47,3 46,8. Sofort verwandelt sich das mesocephale Mittel für den Brei- tenindex in ein brachycephales, das niesorrhine Mittel in ein leptorrhines. Auch die Capacitat des männlichen Ragu- saner Schädels erweist sich als eine ungleich grossere. Wohin der erwähnte dolichocephale Schädel (No. II) zu stel- len ist, möchte ich nicht entscheiden. Jedenfalls bietet er so ab- weichende Eigenschaften dar^ dass er unter der ganzen Summe der übrigen als eine Sondererscheinung dasteht. Die Synostosen, wel- che er darbietet, sind nicht geeignet, seine Eigenthumlichkeiten zq erklären und dieselben etwa als pathologische darzustellen. Gerade die Synostose der Pfeilnaht, welche am meisten in Betracht kom- men würde, ist so beschränkt und wahrscheinlich so spät begonnen, dass man ihr einen bestimmenden Einfluss auf die Schädelform nicht zuschreiben darf. Besonders aufi'ällig ist die Coaibinatiun einer sehr ausgesprochenen Dolichocephalie mit einer eben so aus- gesprochenen Mesorrhiin'e. Bis auf Weiteres muss ich daher an- nehmen, dass der Schädel einem Fremdling angehörte. Ich er- wähnte schon in der Beschreibung, dass namentlich die Nase sehr abweichend sei und dass sie mich an sicilianische Formen erinnere; vom 17. December 1877. 795 e8 geschah diesö in EriuneruDg an Schädel, die ich in den Samm- lungen zu Bologna und Dresden sah. Indess möchte ich durch diese Anführung ein Urtheil über die Provenienz des Schädels nicht ausdrücken; am wenigsten möchte ich die Meinung vertheidi- gen, als sei etwa gerade diese sicilianische Form den alten Siculern illyrittcher Abkunft zuzuschreiben und als illyrische Urform anzusehen. Vor einigen Jahren habe ich einen Schädel beschrieben, der in der Ge- gend der Cittadella von Seliuunt auf Sicilien in einer Tiefe von 10 Me- tern ausgegraben war (Zeitschr. f. Ethnologie 1875. Bd. VII. Verhandl. der Berliner unthropol. Gesellsch. S. 54), und den ich als einen möglichen Siculer-Schädel bezeichnete. Derselbe hat einen Breiten- index von 84,8, einen wahrscheinlichen Höhenin(]ex von 74,5 und einen Breitenhöhenindex von -87,9, — Zahlen, welche nahezu den Indexzahlen des ersten und dritten Schädels von der Kiek ent- sprechen, sich aber weit von denen des Schädels No. II entfernen. Auch der Nasenindex des Schädels von Selinunt, 47,2 ist etwas kleiner, als der des Ragusaners, 49,6, steht aber doch schon auf der Grenze zur Leptorrhinie; der Orbitalindex, 87,0, ist dagegen nicht unbeträchtlich grösser, als bei dem Ragusaner, wo er nur 78,0 ergiebt. Vergleicht man die 4 übrigbleibenden Ragusaner (No. I, III, IV, V) mit den Schädeln von der Kleck, so lässt sich keineswegs sagen, dass beide Gruppen unter einander wesentlich überein- stimmen. Allerdings sind beide in Bezug auf Brachycephalie und Brachystaphylie ziemlich gleich, sie differiren dafür aber in ande- ren Stücken recht erheblich. Eine Vergleichung ergiebt Folgen- des : Kiek Raglisa Differenz Breitenindex 80,6 80,6 0 Höhenindex 74,2 76,4 - 2,2 Breitenhöhenindex 92,0 95,0 — 3,0 Auricularhöhenindex 62,4 64,0 - 1,6 Obergesichtsindex 70,5 73,9 - 3,4 Orbitalindex 84,7 81,5 + 3,2 Nasenindex 50,6 46,8 + 3,8 Gaumenindex 87,4 87,8 - 0,4 Querumfangsindex 61,0 62,6 - 1,6 Sagittalumfangsindex 69,4 71,1 - 1,7. 70G Sitzung der physikalisch-mathematischefi Klasse Die grüsstcn DifTerenzen bctrefTon den Langenliohen-, den Breiten- hohen-, den Obergesichts-, Orbital- und Nasenindex, also gerad« die physiognomisch wichtigsten Verhältnisse. Im AllgemeiDen drucken sie, gleich >vie auch die übrigen Differenzen, die relativ grossere Höhe der Schädelkapsel, die grössere Niedrigkeit und breite von Augenhöhlen nnd Nase, sowie die geringere Gesiebts- brcite und relativ grössere Gesichtshöhe der Ragusaner ans. Man kann nicht sagen, dass dieser Vergleich zu Gunsten der letzteren aufschlagt. Die Mehrzahl der Ragusaner hat weniger anziehende, einzelne, wie No. I, haben geradezu hassliche und finstere Formen, was sich dadurch, dass sie nach der Aussage meines Gewährs- mannes den niedersten Volksklassen angehörten, allein nicht ge- nügend erklart. Die ungemein starke Prominenz der tief ange- setzten Nase, die prognathc Kieferstellung, welche nicht bloss den Zahnfortsatz, sondern meist auch den ganzen Oberkiefer betrifft, die gedruckte Form der Augenhöhlen, die fliehende Stirn, die star- ken Nasen wulste — das Alles sind Zeichen einer ungunstigeren Anlage. Dazu kommt die Häufigkeit abnormer Wach st bums Ver- hältnisse, namentlich der Synostosen und Schaltknochen an den Schläfen und am Ilinterhaupte. — Bevor ich diese Erörterung abschliesse, möchte ich noch ein Paar Serben- Schädel erwähnen, welche ich der gutigen Besor- gung des Ilrn. Dr. Scheiber, früher in Bukarest, verdanke. Es sind regelmässig macerirte Schädel von der anatomischen Anstah des Krankenhauses in letztgenannter Stadt. 1) Stau Joan, 35 Jahre, „Breetzenbäcker**, von Negotina. Ein massig leichter, nicht grosser, kurzer und hoher Schädel. Er hat nur 1355 Cub. Cent. Capacität. ßreitenindex 79,3, Höhenindex 78,2, also ein Ilypsimesocephal us, freilich an der Grenze der Brachycephalie. In der Norma temporah's stellt sich die grösste Scheitelhöhe 3 Finger breit hinter der Coronaria dar. Die Stiru ist niedrig, sehr zurückweichend, mit schwachen Höckern, flacher Glal)ella, sehr massigen Stirnnasenwülsten. Die Hinterstirn ist kurz und steigt noch etwas an, ebenso die Curve des Mittelkopfes bis zur Tuberallinie, von wo an ein sehr steiler Abfall erfolgt, der sich über die ganze Oberschuppe fortsetzt. Die stärkste Vorwöl- bung des Hinterhauptes belindet sich an der Protuberantia externa. Von da an verläuft die Curve der Unterschuppe schräg nach vorn zum llinterhauptsloclie, unter ganz schwacher Wölbung der Facies vom 17. December 1877. 1^1 muscularis. Plana temporalia an der Stirn auffällig niedrig; hinter der Kranznalit erheben sich die Grenzlinien plötzlich, laufen eine kurze Strecke an der Naht fort und erreichen sowohl die ScheiteU höcker, als die untere Hälfte der Lambdanaht. Synostosis coro- naria inferior auf beiden Seiten, beginnende Synostose der Sphe- noparietalnaht links. Alae temporales breit, mit zahlreichen grösse- ren Gefässlöchcrn, die sich auch noch höher in der Richtung des verwachsenen Stuckes der Kranznaht finden. Platte, kurze, dünne, stellenweise durchscheinende Schläfenschuppen; rechts ein kleiner Schaltknochen in der Schuppennaht. In der Scheitelansicht sieht der Kopf breit oval, etwas schief aus. Tubera parietalia kaum be- merkbar, Nähte des Schädeldaches durchweg kurz gezackt. Fora- mina parietalia unregelmässig: das rechte dicht an der hier ver- wachsenen Pfeilnaht und weiter nach vorn stehend, als das linke. Der Lambdawinkel sehr flach; die stärker gezackten Schenkel der Naht unter der Spitze seitlich in einen Winkel, dicht über dem Punkte, wo die Linea seroicircularis tempor. supcrior die Naht er- reicht, ausspringend. Squama occipitalis breit und voll, Ober- schuppe gross, namentlich breit, Protuberanz deutlich, Linea semi- circularis superior stark ausgeprägt, Facies muscularis kurz. Grosse Emissaria mastoidea, besonders links. In der Hinteransicht zeigt der Schädel eine breite Basis^ ziemlich gerade Seitenflächen, und ein hohes, gegen die Sagittalgegend ansteigendes Gewölbe. In der Unteransicht ist er kurz, hinten sehr breit und etwas schief; die horizontale Länge des Hinterhauptes beträgt 43 Mm. = 24 pCt. der Gesammtlänge. Foramen magnum klein, länglich, nach vorn und hinten zugespitzt, mit unregelmässig verdickten Rändern und sehr stark vortretenden, stark nach hinten gerichteten Gelenkhöckern. Foramina condyloidea posteriora et jugularia sehr weit. Warzen- fortsätze schwach, mit tiefer Incisur. Weite Kiefergelenkgruben, die namentlich nach rückwärts ausgedehnt sind; der Processus va- ginalis, namentlich rechts, zu einem ganz grossen Blatte ausgebil- det. Gehörlöcher platl, Gehörgänge sehr schief gestellt. Griffel- fortsätze lang, dagegen die Flügelfortsätze niedrig, stark nach vorn geneigt, aber mit fast fledermausflügelartiger Ausweitung und Ge- stalt der Laniina externa. — Das Gesicht ist schmal und niedrig, Index des Obergesichts Gd,9. Orbitae sehr niedrig und breit, nach unten und aussen ausgezogen, Index G5,5. Nase kräftig, stark vortretend, hoch eingesetzt, mit kurz gewölbtem, erst ein-, später 79b SitzuTifj der i)hißsikalüch'matherttati6chen Klasse schwach ausgebogeiiem Rucken. Die Nasennaht weicht oben stark nach rechts ab, während sie unten synostotisch ist. Hohe, sehr schmale und sehr schiefe Apertur. Index 43,6, höchst leptor- rliin. Fossae caninae ungleich, rechts im Anschluss an 2 ausge- fallene Backzähne sehr vertieft, links mehr voll; Foraniina in- fraorbitalia klein und doppelt, jedoch links das Nebenloch sehr fein. Alveolarfortsatz kurz, stark prognath. Schneidezähne gross, stark abgeschliffen, schief nach vorn gerichtet. Gaumen kurz und breit, mit Obliteration und Atrophie der hinteren Backzahn- Alveolen; Index 89,1. Zahncurve sehr weit auseinandergehend. — Auch am Unterkiefer ist der Zahnfortsatz wegen Verlustes der meisten Backzähne atrophisch. Das Kinn in Form eines Knob- bels vortretend. Der mediane Theil in der Mitte stark eingebogen, dagegen der Alveolarfortsatz etwas auswärts gekehrt, obwohl die Zähne mehr nach innen gericlitet sind und hinter die Oberzähne greifen. Schräge, aber schwache Gelenk fortsätze, durch eine flache Incisur von den weit nach vorn geneigten Kronenfortsätzen ge- trennt. 2) Nicolai Costa, 70 Jahr alt, „Breetzenbäcker'' von Bitulea. Ein kleiner, kurzer, etwas sonderbarer Kopf mit Sutura frontalis persistens, welche unten ganz oifen, oben im Verstreichen ist, und ausgedehnten pathologischen Veränderungen an der rechten Seite des Unterkiefers und den anstossenden Schläfentheilen. Am Kiefer- winkel ausgedehnte Caries peripherica, an den Asten Osteophyte, der Jochbogen in der Mitte zerstört, die Ala sphenoidealis ver- dickt, oben mit einem kleinen Loche, mit dem Stirnbein und zum Theil mit dem Scheitelbein verwachsen. Die Kiefer sind grossentheils zahnlos und atrophisch; nur die Schneidezahn -Alveolen sind noch erhalten, jedoch sind auch hier die Wandungen wie wurmstichig. — Die Capacität beträgt nur 1160 Cub. Cent, ein fast microcc- phales MaasSi Breitenindex 79,7, Höhenindex 73,9, also ein nie- driger Mesocephalus, ebenfalls hart an der Grenze der Brachy- cephalie. Die schräg liegende niedrige Stirn hat ganz schwache Wülste und Tubera und eine wenig vertiefte Glabella. Die Schei- telcurvc ist hoch, schon an der Hinterstirn ansteigend; vor der Tuberaliiuie beginnt ein schneller Abfall, unterbrochen durch eine Vertiefung an dem hinteren Abschnitte der Pfeilnaht und der Lambdaspitze. Dann folgt eine stark vorgewölbte Oberschuppe, an deren unterer Grenze eine nach unten widerhakenförmig aus- vom 17. December 1877. 799 gezogene, dreieckige Protuberanz sitzt. Facies muscularis gross, in der Mitte vertieft, an den Seiten durch starke Cerebellar -Wöl- bungen vorgetrieben. Plana temporalia hoch, aber schlecht begrenzt; sie überschreiten die Tubera parietalia und erreichen die Lambda- naht 30' Mm. unterhalb der Spitze. Synostosis coronaria inferior duplex. Sehr kurze, aber hohe Ala, kurze und niedrige Squama temporalis. An der Sutura squamosa und im Angulus mastotdeus kleine Nahtknochen. In der Oberansicht erscheint der Schädel vorn voll und breit, am Hinterhaupt etwas verjüngt, im Ganzen lang oval. Nähte zackig, jedoch der hintere Theil der Pfeil- nnd der obere der Lambdanaht partiell synostotisch. In der Hinter- ansicht sieht man den Kopf an der Basis massig breit, die Seiten schräg, die obere Gegend dachförmig, die Sagittalgegeud erhoben und durch eine schwache Senke von den Seitentheilen abgesetzt. Tubera parietalia schwach. Squama occipitalis niedrig, mit ganz flachem Lambdawinkel und kurzer Oberschuppe. An die schon er- wähnte kräftige Protuberanz schliesst sich eine hohe Linea semic. superior. Grosse Facies muscularis mit deutlichen Cerebellarwöl- bungen. Die Norma basilaris zeigt ein massig kurzes, volles Hinter- haupt; der horizontale Abstand der Wölbung von dem Hinterhaupts- loche beträgt 41 Mm.= 23,7 pCt der Gesammtlänge. Foramen magnum weit, namentlich lang und etwas schief, mit umgelegtem, anch vorn stark vorgeschobenem Rande und weit vortretenden, sehr stark gebogenen, schief gestellten Gelenkhöckern. Apophysis basi- laris schmal. Foramina jugularia sehr weit. Warzenfortsätze sehr klein» mit breiter Incisur. Kiefergelenkgruben klein, Gehörlöcher ganz eng. Steile Flügelfortsätze. — In der Vorderansicht sieht man die im Ganzen niedrige Vorderstirn durch eine starke Erhe- bung der Mitte der Hinterstirn überragt und die Seiten des oberen Theils schwach dachförmig. Gesicht schmal und niedrig. Orbitae hoch, Index 78. Die schmale Nase tritt weit vor; die Nasofrontal- naht convex und hoch in den Nasenfortsatz des Stirnbeins einge- setzt; der Rücken lang, fast gerade, ganz schwach ein- und später wieder ausgebogen; die Apertur schief, hoch und sehr schmal. In- dex 44,7, stark leptorrhin. Fossae caninae tief. Alveolarfort- satz niedrig, leicht prognath. Unterkiefer zart, Gelenkfortsätzc sehr schräg, Kronen fort sätze weit nach vorn vorgeschoben und sehr zart. Das Kinn gerundet und weit vorgestreckt. Die Mitte des 800 Sitzung der physikalisch-mathenuitischen Klasse Vorderstuckes eingebogen, Zahnrand ganz wenig nach aussen ge« wendet. Foramina mentalia ungemein gross. — In der Tabelle II habe ich die Mittel der beiden Serben-Schädel berechnet, indess lege ich auf diese Mittel wenig Werth^ da, abgese- hen von der kleinen Zahl der Schädel, der fast microcephale Charakter des Greisenkopfes begreiflicherweise grosse Bedenken in Bezug auf seine Verwendbarkeit für die Aufstellung von Mittelzahlen erregt. Immerhin ist auch dieser Schädel nicht ohne Werth, da er in den meisten Punkten dem andern nahe steht und insofern für die Fixi- rung der typischen Eigenschaften brauchbar ist. Sowohl das Ge- sicht, vornehmlich die Nase und die Kiefer, als auch die Schädel- capsel sind bei beiden auf ähnliche Weise gebildet. Von den Ragusaner Schädeln unterscheiden sie sich am mei- sten durch die Schmalheit der niedrigen, aber stark vortretenden Nase, wodurch sie einen auffällig leptorrhinen Charakter er- langen. Ihr gemittelter Nasenindex beträgt 44,1, während die 4 Ra- gusaner 46,8 ergaben. Wenn man jedoch erwägt, dass unter den letz- teren nur einer (No. V) mit einem platyrrliinen Index (52) ist, alle anderen dagegen leptorrhine Indices (44,0, 45,1, 46) ergeben, so ist der Unterschied klein genug, und man wird die beiden Serbenschädel vielmehr als einen Beweis dafür betrachten dürfen, dass auch die Ragusaner als südslavische gelten können. Ist dies aber der Fall, so lässt sich aus den 2 Serben und den 4 Ragusanern eine einzige Gruppe bilden, welche uns ein et- was zuverlässigeres Mittel der typischen Indices gewähren dürfte, als jede der beiden Abtheilungen für sich. Ich stelle unter A diese Gesammtgruppe, unter B die Schädel von der Kiek zu- sammen: Indices A B Differenz Längenbreiten- 80,3 80,6 4-0,3 Längenhöhen- 76,4 74,2 -2,2 Breitenhöhen- 95,2 92,0 -3,2 Auricular- 64,1 62,4 -1,7 Obergesichts- 74,1 70,5 3,6 Orbital- 78,3 84,7 -h6,4 Nasen- 45,9 50,6 4-4,7 Gaumen- 87,7 87,4 0,3 Querumfangs- 61,7 61,0 -0,7 Sagittalumfangs- 70,4 69,4 4-1,0 vom 17, Deceniber 1877. 801 Für die moderne serbo-kroatische Gruppe (A) ergiebt sich danach eine leptorrhine Hypsibrachycephalie, und man kann kei- neswegs sagen, dass die als altserbisch angesprochenen Schädel von der Kiek (B) sich dem gleichen Typus fugen. Sowohl in Be- zug auf die Höhe, als namentlich in Bezug auf die Bildung der Augenhöhlen und der Nase bleiben nicht bloss die in der Zusam- menstellung der Ragusaner mit den Klek-Schädeln (S. 795) mitge- theilten Zahlen in Gültigkeit, sondern sie werden noch erhöht; ja, die Differenzen der Nasal-, Orbital- und Facial-Indices erreichen ein noch weit höheres Maass. Kann man die Verwandtschaft bei* der Gruppen nicht leugnen, so fehlt doch noch viel an ihrer Iden- tificirung. Nicht ohne Interesse ist es, das Verhältniss in der Ausbildung der einzelnen Abschnitte des Schädeldaches zu vergleichen. Frei- lich tritt hier eine grosse Fülle individueller Eigenthumlichkeiten in die Erscheinung, indess zeigt sich doch eine gewisse Gesetz- mässigkeit in den Zahlen. Ich gebe in Nachstehendem eine Über- sicht der sagittalen Längenumfangs-Maasse der einzelnen Abschnitte, auf 100 der Gesammt-Sagittalcurve berechnet: 802 Sitzung der phyi^ikaliach-mathematUchen Klasne Schädel Sag! ttal umfang Vorderhaupt Mittelhaupt Hinterhaupt Albanesc 33,7 34,8 31,4 Kiek No. I. 35,0 31,6 33,3 « n. 32,6 1 35,3 31,5 « IIL 1 3G,0 35,4 34,7 32,1 32,4 31,8 . IV. 32,1 • Mittel 32,8 32,1 Ragusa No. I. 31,2 34,7 34,1 r, III. 35,4 34,8 29,7 . IV. 34,8 32,5 34,4 30,7 , V. 35,7 31,6 Mittpl 33,4 34,9 1 ^1,5 Serben No. I. 32,7 33,8 34,1 33,0 . 11. 36,1 j 30,0 Mittel 1 33,2 i 35,1 1 1 31,5 vom 17. Decemher 1877. 803 Vergleicht man hier die Klek-Schadel mit den Ragusanern und den Serben, so stellt sich eine nicht unerhebliche Verschiedenheit der Mittel insofern heraus, als bei den Ragusanern und Serben durch- gehend eine beträchtlichere Entwickelung des Mittelhauptes, bei der Mehrzahl der Kiek- Schädel dagegen eine vorwaltende Entwicke- lung des Vorderhauptes bemerkbar wird. Allerdings fehlt es in keiner der beiden Haupt- Gruppen an individuellen Abweichungen. Namentlich ist dies deutlich bei dem Ragusaner No. I, bei dem das Stirnbein so w^enig, die Hinterhauptsschuppe so auffällig stark ausgebildet ist; hier habe ich schon vorher (S. 789.) die ganz un- gewöhnliche Grosse der lambdoidealen Schaltknochen erwähnt. Es ist dies zugleich ein vortreffliches Beispiel für den Einfluss, den solche Intercalarknochcn auf die Gestaltung des Kopfes ausüben können. Im Übrigen ist die geringere sagittale Entwickelung des Hin- terkopfes trotz der bei vielen Schädeln beschriebenen Grösse der Hinterhauptsschuppe und der vorwiegend brachycephalen Schädel- form zu erklären. Auch die Squama occipitalis hat ihre stärkere Entwickelung mehr in die Breite genommen. Es resultirt daraus die ungemeine Grösse des Lambdawinkcls, der zuweilen fast in eine Horizontale aufgelöst ist. Bei an sich grossen brachycepha* len Schädeln erreicht daher der occipitale Querdurchmesser (von einer hinteren Seitenfontanelle zur anderen) leicht eine ganz unge- wöhnliche Grösse z. B. bei dem Klek-Schadel No. I 117 Mm. Überhaupt sind es die hinteren und unteren Querdurchmesser, welche ganz besonders stark entwickelt sind. Ich verweise in die- ser Beziehung namentlich noch auf die mastoidealen und auricu- laren Querdurchmesser. In allen diesen Beziehungen steht unzwei- felhaft der Albanese den Klek-Schädeln am nächsten, während ef in den sagittalen Umfangsmaassen sich mehr den Ragusanern und Serben anschliesst. Indess halte ich dies für weniger entscheidend, da bekanntlich bei ungewöhnlicher Grösse des Schädclraums ge- rade die Parietalia das mächtigste Wachstbum erfahren. Darin stehen sich die Ki^phalonie und die erworbene Hydrocephalic gleich. Nach Allem bin ich nicht in der Lage, mich bestimmt dar- über zu äussern, ob der Albanese eine rein illyrische Form be- sitzt oder ob er mehr oder weniger durch slavische Einflüsse be- stimmt worden ist Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass be- kanntermaassen auch der slavische Typus sich nicht als ein ein- 804 Sitzung der physikaliach-mathematischen Klasse hcitlicher erweist, und dass die Frage, wie die einzelnen slavischen Localtypen entstanden sind, in erster Linie zu der Annahme ver- schiedener localer Vermischungen fuhrt. Nirgend liegt aber der Gedanke an solche Vermischungen näher, als bei denjenigen slavi- schen Stämmen, welche den grösseren Theil des Bodens des alten Illyricum in Besitz genommen haben. Denn hier fanden sie kein durch Auswanderung der früheren Bewohner geleertes Land, son- dern, eine mit Städten und Dörfern reich besetzte Provinz, und wenn auch ein grosser Theil der alten lllyrier durch sie südwärts gedrängt sein wird, so lässt sich doch mit ziemlicher Siciierheit annehmen, dass genug von der Bevölkerung zurückgeblieben ist, um einen merkbaren Eiufluss auf die physische Beschaffenheit der späteren Generationen auszuüben. Im ethnologischen Sinne wird man daher wohl ohne Weiteres von illyro- slavischen Stämmen reden können, und wenn die Untersuchung über die Herkunft der Brachycephalen im alten Illyricum geführt wird, so darf mit eben- so viel Recht gefragt werden, ob die lllyrier die Slaven brachy- cephal gemacht haben, wie umgekehrt. Für diese Fragestellung fällt es nicht wenig in das Gewicht, dass nach den Untersuchungen des Hrn. Calori auch unter den Venezianern die Brachycephalie vorherrschend ist. Schon in seiner Schrift Del tipo brachicefalo negli Italiani odierni. Bologna 1868. giebt er an, dass er unter 116 Schädeln aud dem Venezianischen nur 4 dolichocephale gefunden habe (p. 23). Aus Wälsch-Tyrol besass er nur 4 Schädel, aber sie waren sämmtlich brachycephal, und zwar hatten sie einen Index von 86 im Mittel. Bei einzelnen Triestincrn, die er sah, glaubte er dieselbe Form annehmen zu dürfen. In seinem späteren Werk: Della stirpe che ha popolata Tantica necropoli alla Certosa di Bologna e delle gente affini (Bo- logna 1873. p. 95), nimmt er nicht nur als sicher an, dass die £u- ganeo-Veneter brachycephal gewesen seien, sondern er bezieht sich auch auf Untersuchungen der HH. Zaviziano und Nicolucci, wonach unter den heutigen Albanesen und Epiroten die Brachyce- phalie vorherrsche. Nach diesen Untersuchungen (Nicolucci Sulla stirpe japigica. Atti deir accad. delle scienze fis. e matem. Napoli 1865. Vol. II. p. 26) beginnen die brachycephalen Formen in Grie- chenland von Acarnanien an, namentlich vom Nordufer des Golfs von Arta und dem nördlichen Thessalien und erstrecken sich durch Epirus, Albanien und die slavischen Provinsen, während die Doli- mm 17. Decemher 1877. 805 chocephalie in Thessalien, dem ganzen übrigen Continent von Grie- chenland und den Inseln dominirt. Hr. Nicolucci selbst ist nun freilich geneigt nicht nur die Sicaler, sondern auch die Euganeer und die Liburner für ligurische Stämme zu halten (La stirpe ligure in Italia ne' tempi aotichi e ne* moderni. Napoli 1864. p. 8 — 12), indess habe ich mich^ nicht überzeugen können, dass diese Auffas- sung sich mit den historischen Nachrichten vereinbaren lässt. Höch- stens könnte sie für die Euganeer zutreffen. Immerhin ist es bedeutungsvoll^ dass gerade auf dem Gebiete der Veneter, welche nach dem Zeugniss aller Autoren des Alter- thums Illyrier waren, die Brachycephalie in so grosser Ausdehnung noch heutigen Tages herrscht. Dass in späterer Zeit auch hier slavische Vermischungen stattgehabt haben, ist, wenigstens für die östlichen Theile des Venetianischeu Gebietes, unzweifelhaft, indess eine so allgemeine Brachycephalie, wie sie Hr. Calori nachge- wiesen hat, lässt sich dadurch nicht erklären. Man darf freilich nicht übersehen, dass, ganz abgesehen von den Türken und Magyaren, ausser den Ligurem und Slaven noch ein drittes Völkerelement in Betracht kommt, nehmlich die Kelten. Schon im Eingange habe ich hervorgehoben, dass von Norden her sowohl die Carner, als die Japoden in die illyrischen Gebiete ein- gedrungen sind. Beide Stämme sassen ursprünglich auf dem Ge- birge (Karvankas) im Süden und Südwesten der heutigen Steier- mark, die Japoden auf beiden Seiten, sowohl südlich gegen das Meer^ als nördlich gegen Pannonien (A. v. Muchar, Geschichte des Herzogthums Steiermark. Grätz 1844. I. S. 12, L. Gontzen, Die Wanderungen der Kelten. Leipz. 1861. 8. 54). Den Carncrn soll früher sogar Tergeste und Aquileja gehört haben. Schon Strabo nennt sie ein keltisch-illyrisches Misch volk. Nun ist aber bekannt, dass im ganzen Gebiet der einst von Kelten bewohnten südlicheren Gegenden, auch in Frankreich, überwiegend brachycephale Bevöl- kerungen noch jetzt sitzen. Die Herkunft der Schädelform lässt sich daher nicht einfach dadurch beantworten^ dass man kurzweg hier die Slaven, dort die Ligurer und an einer dritten Stelle die Kelten dafür verantwortlich macht. Hier wird nur eine fleissige und ruhige Fctrschung entscheiden können. Sollte sich heraus- stellen, dass die Illyrier wirklich ein brachycephales, möglicher- weise sogar ein mesorrhines Volk waren, so würde für eine grosse Reihe von Fragen der prähistorischen Ethnologie ein wichtiger [1877] 68 80G Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse Schlüssel gefanden sein. Möchten die vorstehenden Mittheilangen eine neue Anregung dazu geben, das noch sehr defecte Material zu ergänzen und eine baldige Lösung vorzubereiten! Zum Schlüsse will ich noch einige Messungen und Notizen anfügen, welche ich am 8. September 1876 an einer Reihe von Südslaven oder Serben in Nieder-Ungarn aufgenommen habe. Der internationale Congress für prähistorische Anthropologie und Ar- chäologie hatte sich an diesem Tage von Budapest mit dem Dampfschi£f Hildegard die Donau abwärts, zunächst nach Erd, einem von katholischen Serben bewohnten Orte am rechten Ufer der Donau, begeben, wo die Bevölkerung in ihren sehr malerischen Trachten aufgestellt war (Congres international d'anthrop. et d'arch. preh. Comptti-rendu de la huitieme Session. Budapest 1876. p. 393). Diese, unter dem Namen Sokacz oder Bunyewacz bekannten Leute bilden die nördlichste Gruppe der eigentlichen Sudslaven. Später, als das Schiff in der Nähe von Batta, gegenüber von der Insel Gzepel, anlegte, um den Congress an die Überreste der alten rö- mischen Ansiedlung Potentiana zu führen, trieb ein plötzlich aus- brechendes Gewitter mit orkanartigen WindstÖssen Alles auf dem Schiff zusammen, und ich nahm die Gelegenheit wahr, einige der uns nachgekommen Leute einer näheren Prüfung und Messung zu unterziehen. Freilich war diess nicht leicht, und ich musste bei einigen Frauen schon ihres Kopfputzes wegen auf eine Messung des Schädels verzichten. Ausser 7 Bunjewaczen (3 Frauen und 4 Männern) und einem Slovaken aus der Nachbarschaft betreffen meine Notizen noch einen magyarischen Edelmann, der besonderen Werth darauf legte, in meiner Liste mit aufgeführt zu sein. Es waren dies folgende Personen: A. Bunyewaczen oder Sokaczen: 1) Clara Ukil, 22 Jahre alt, verheirathet; 2) Wirfkovit Matik, 21 Jahr, verheirathet; 3) Agnes Czibrak, 19 Jahr, verheirathet; 4) Ihr Mann, Czibrak, 23 Jahr, mit angewachsenen Ohr- läppchen ; 5) Georg Losit (Loschitz), 51 Jahr; 6) Koväcs Jakob, 24 Jahr alt, sehr gross, mit beinahe angewachsenen Ohrläppchen, von Vater und Mutter her Bunyewacz ; vom 17. Decmber 1877. 807 7) Kuran Lajos, 35 Jahre alt, von hoher Gestalt und kräftigem Bau. B. Slovak: 8) Matusek Istvan, 23 Jahr, aus Marton-Vasar, Stuhl- Weissenburg. C. Magyar. 9) Johann von Magyaraskyi, 73 Jahr alt. Bei der Aufzeichnung hatte Hr. Dr. Donner von Helsingfors die grosse Güte, mich zu unterstützen. Die Slaven waren mit einer Ausnahme jugendliche oder im besten Lebensalter stehende Personen, die Frauen, sfimmtlich ver- heirathet, zwischen 19 und 22, die Männer zwischen 23 und 35 Jahren, nur einer war 51 Jahre alt Sie waren kräftig gebaut, im Ganzen von gesundem Aussehen und mehr brünetter Com- plexion. Die Ilaare waren bei allen braun, bei 4 hell-, bei 3 dunkelbraun; die Augen bei 4 braun (nur bei dem Slovaken hell- braun), bei 2 blau und bei 2 grau; die Haut an den bedeckten Theilen der Arme fast durchweg weiss, nur bei einer Frau bräun* lieh und bei einem Manne röthlich. Immerhin variirte die Farbe der Iris so häufig, dass man schon desshalb an Mischverhältnisse zu denken geneigt sein konnte. Das Nähere ergiebt die nachstehende Tabelle: 68* 808 Sitzung der physilcalisch-mathematiichen Klasse u 08 OO »O 1 M U • *S5 O •M 9 ,13 ee o 3 QO CO CO CO C4 o QO CO CO ee - 5f ^ r^ r^ ^^ r^ r^ M CO a , c »r^ 1 ei > • CO 'S 9 C4 1-4 ••4 CO 1 • — - ■ — — - - . . 1 1 "■ ^* " ' ._ 1 • CO .2 'S 2 ° "03 5 QO f-« o Cd 1-4 CO CO f-« 05 o t* o O ; CO T3 TS "^ . CO CO -; g J. 9 o t* o «^ •* CO 1 kl 0) 12 •s * QO <5^ o CO CO . fl a — — . — - — ■ — - 1« J3 t c • U c JM 9 c 2 9 2 QO o CO 1-4 QO Od CO o CO 1 OD — — ' . NwX CO , c c N o • 00 o o CO o QO 1 es 1 1 « >> « • fl CO CO =3 3 9 4 1 1 1 05 1-4 CO PQ 'S « ^ ^ 1 V^ 00 1 OO CO 'S 9 es Im 1 1 •-4 -^ 1 CO 1 1 • r-l 1^ 9 es Ol QO r-l o 1 1 CO 00 CO 4P 0? ««s c£ CU CU o o V h 0) 1 CO U1 s 9 'S u •£ CS J3 s 2 *2 'Z s tgD s :0 ja Cd 0? 0? 0 3 9 C £ OO "es CO es CO CS S s ^ ^ PQ o o S 5Z5 Ä vom 17. Dectmher 1877. g" s" "- 1k E ;;- s 3' 1 n- "- 8" -- o_ 1 1 Z 5 «" rf i' 5 "- 1 1 1 1- 1 5 £■ £ i" ^" 1- \' q 1 1 o 1 s 1 810 Sitzung der phi/sikalisch-muthetnatischen EJaitse Es versteht sich von selbst, dass diese Zahlen nicht einfach mit den Schüdelzahlen vergleichbar sind, da die Weichtheile sehr verschieden auftragen, und desshalb auch die Yerhältnisszahlen keine genugende Ausgleichung gewähren. Dies gilt namentlich von der Nase, bei der wohl die Hohe, aber nicht die Breite zu- trifft, insofern diese nur an dem Ansatz der Flügel gemessen wer- den kann, der letztere aber nicht unerheblich weiter nach aussen liegt, als der sonst gemessene Rand der Apertur. Am meisten durften Ohrhohe und Gesichtsdurchmesser zutreffen. Indess habe ich mich bemuht, die ziemlich scharfen Kanten meines Schiebe- Craniometers so dicht wie möglich anzudrucken, und ich glaube daher, dass auch die Länge und die Breite, sowie die daraus be- rechneten Indices ziemlich nahe an das eigentlich craniologische Maass herankommen. Im Mittel ergiebt sich für die Bunyewaczcn: Männer Frauen Gesammtmittt;! Längenbreitenindex 85,0 80,7 84,1 Auricularhöhenindex 68,9 63,1 67,7 Gesichtsindex 124,8 128,4 126,3 Nasenindex 56,1 55,2 55,8. Die Brachyccphalie dieser nördlichsten Gruppe unter den Sud- slaven wird danach nicht zweifelhaft sein. Man kann sie auch wohl unbedenklich hypsibrachycephal nennen. Insofern stim- men sie mit den illyroslavischen Maasscn (S. 800). Für die Ge- sichtsverhältnisse fehlt es mir leider zu sehr an Vergleich ungs- objecten, da die meisten der früher besprochenen Schädel ohne Unterkiefer waren. Auch stimmt die Malarbroite, welche beim Lebenden nicht gut anders, als auf der Fläche der Wangenbeine genommen werden kann, nicht ganz mit der Malarbreite der Schä- del, die ich am unteren Rande der Wangenbeine und zwar an der Sutura zygomatico-maxillaris nahm. Was den Nasenindex anlangt, so wird man schwerlich das sehr hohe Maass der Lebenden für den nackten Schädel mehr hercibmindern können, als auf einen me- sorrhinen Typus, der sich mehr den Schädeln von der Kiek, als den Ragnsanern und Serben anschliessen wurde. Liesse sich nachweisen, dass die Sokaczen schon seit der sla- vischen Einwanderung in dieser Gegend, der alten römischen Pro- vinz Valeria, gtrsessen haben, so könnte man daran denken, dass in ihnen der illyrische. Typus der Pannonier nachklänge. Allein vom 17. December 1877. 811 nach dem, was wir in Ungarn borten, sind diese katholischen Ser- ben erst spät an dieser Stelle angesiedelt worden, nachdem sie sudlichere Sitze aufgegeben hatten. Der Slovak zeigt nicht unbeträchtliche Abweichungen von den Sokaczen, namentlich im Schädel- und Nasenindex; jener ist klei- ner, eigentlich mesocephal, dieser grösser und unzweifelhaft platyrrhin. Wie weit diese Merkmale in dem Stamme verbrei- tet sind, kann ich nicht angeben. Ganz verschieden ist der Kopf des magyarischen Edelmannes. Sein Schädelindex von 89,5 stellt ihn zu den Hyperbrachycc- phalen, während der Ohrhöhenindex von 63,7 eine relative Nie- drigkeit ausdruckt. Der Gesichtsindex ist so klein, dass ihm nur das eine Weibergesicht unter den Bunyewaczen gleichsteht. Da- gegen deutet auch bei ihm der Nasenindex von 56,8 auf ein mög- licherweise mesorrhines Verhältniss. Dass er lichtblaue Iris und blonde Haare hatte, scheidet ihn ganz von den Slaven. 812 Sitzung der phj/sikalitch-tnathemathitchm KUibm Tabel Maasse. I. Schädelkapsel und 1 K 1 e k Knpf. 1 < 5 IS US ni5 IV 5 Cspacitit 1650 1450 1300 1425 1410 640 530 503 521 624 Sagitulumfing des Stim- bein« 121? 126 120 127 120 Länge der l*feUn«ht . . ISO 114 130 113 US SagittftluinfanK des Hinter- 113 120 115 112 117 359 360 365 352 364 Vcrtikiler QwninifaiiR . 345 335 306 316 311 124 116 113 114 UÖ Scheitel -Radin» .... 125 „. 131 111 118 91 96 37 B8 99 Kinn-BadinB 122 - 115,5 - - DiflSonaldur,.hmt.»,.er (Kinn hl» Scheitel) .... 241 _ 231 _ _ GröBSte Länge .... 179 181 179 179 189 . Breite .... 164 153 139 ]49,& 146 OhrhGhe 126 114 117 110 114 Senkrechte HOhe . . . 136 137 133 134 13T 113? 107 112 112 116 Slstsnc dea Ohrloeheä vun dem NagenstBchel . . 114 104,5 lOS na? 113 Dislani de» Ohrlochs vuw AlveoUrruid .... - 110 _ 116? 122 vom i7. December i877. 813 le L Maasse. R a g u g B 15 116 1U2? IVQ V2? 1465 1380 1470 1310 1210 511 511 521 490 485 115,5 126 130 121,5 111 129 124 128 120 122 127 1 123 109 107 108 371,5 373 367 348,5 341 317 319 322 317 302 110 113,5 111 111 107,5 121 119 122 113 119 106 107 104 87 90 — — — — — — — — — .— 182 191 184 170 172 147 137 148 140 136,5 121 120 114 110 109 143 138,5 138 127 135 105 105,5 106 105 105 111 106 101 110 105 116 116 1 105 114 108 Sitiung der physikalischtnathematitclun Klai I. SchädelkapBel und Kopf. ! K 1 e k 16 11 g III 5 IV 5 Di Slam des Ohrtoches vom Zshnrand 126 Diolanz den Ohrloches vum Kinn 110 _ 13S ~ _ Distani de« HinKrhaupW- loches V. d. Naaenwuriel 96 99 101 105 110 Distauz den Hinterhaupt»- 92 89 90 91? 90 Disianz des Hinterhau pts- 89 93,5? 101 locbea vom Zahnnuid . _ 106,5 loches vom Kinn. . . 116 106,5 Di«t. d. JIiiiiorlmu[niloi.'li(.'s V. d. HinterbnuptswöHn;. 57 61,5 59 43 43 Umfang des Oberkiefers . 139 134 138 134 146 Länge d. ÄlTeolorfurts alles 17? 17? 13? 20? 21 Gesichrewinkel .... 75 78 79 80 79 Fruntaldurchmeaset, oberer 70 6-1 57,5 63 60 unterer 103 128 100 138 101 lU 93 114 95 112 Tempuraldurchmesger . . 137 133,5 111,5 136 115 l'arieial- 151,5 H5 118 131 126 Ocripiul- in 117 111,5 112 113 Mastoideal, Basis . . . 136 138 136 133 139 . Spitze . . 115 105 107 109 117 Anricular- , ... 130 132 113 121 139 Länge d. Hialerhauptsloehcs 37,5 3G 3ö <' 40 Breite , 33 29,5 20 31 U vom 17, December 1877. 815 1 K a g u 8 a ' 16 116 III 2 ? IV 9 V2 — — 106 117 — 1 1 { \ 105 107,5 106 95,5 106 95,5 100,5 90 95 96 98,5 1 1 110 92 97 96 ! — 94 101 — — — — — — 1 57 58 48 49 44 155 148 138 144 133 20 22 19 15 12 70 79 81 70 75 59 59 58,5 61 50 96 95 96,5 98 96,5 123 104,5 118 123 113 121 117 131 123 114 133 123 127 134 129 110,5 106 114 100 105 130 117 125 114 126 108 100 110 99 HO 120 108 120 113 118 36 35 35 33 36 30 30 27 28 33 816 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse 00 S 5 K 1 e k II. Gesicht. i« IIQ urS IV 6 Höhe des Gesichts . . . 125 — 104,5 — y, „ Obergesichts. . 69 64 64 72 73 Breite des Gesichts. . . 100 97 95 91 101,5 Breite der Orbiia . . . 41 39 . 42 41 41 Höhe der Orbita . . . 32,5 34,5 31 36 34 Höhe der Nase .... 52 46,5 52 54 53 Breite der Apertur . . . 27 24 26 27 27 Distanz der Jochbogen 140 128? 129,5 130? — „ ^ Kiefergelenke 106 102 94 103 105 „ „ Kieferwinkel . 106 — 96 — — Länge des Gaumens . . 46 47 45 45 50 Breite des Gaumens . . 44 38 43 43 40 Umfang des Unterkiefers . 194 188 — Median «Höhe „ „ . . 31 — 27 — — vom 17. December 1877, 817 1 R a g u 8 a i5 116 mg? IV 2 vg __ „__ __ «— 73 73 78 65 66 102,5 90,4 106,5 86 87 41 42 41 43 43 31 32 37 33 36 56,5 50 59 52 50 25,5 24,8 26 24 26 132 131 134 127 127 100 88 99 91 98 47 57 40? 50 45 46 36 41 40 32 — — — — — 818 Sitzung der physikalisch-nuzthematischen Klasse I n d i c e s. Tabel Fundstätten und Schädel- bczeichnung Längen - b^eiteIl- Läugen- höhen- Breiten- höhen- Auricular- höhen- Index Albanien 91,5 75,9 82,9 70,3 Kiek I n III IV 84,5 77,5 83,5 77,2 75,6 74,2 74,8 72,4 89,5 95,6 89,6 93,8 Mittel . 80,6 74,2 92,0 62,9 65,3 61,4 60,3 62,4 Kagusa I 80,7 78,5 97,2 66,4 II 71,7 72,5 101,0 62,8 III 80,4 75,0 93,2 61,9 IV 82,3 74,7 90,7 64,7 V 79,3 78,8 78,4 98,9 63,3 63,8 MiUel . . . 76,8 96,2 Serbien I 79,3 78,2 98,5 67,0 II 79,7 73,9 92,7 61,2 1 Mittel . . . 79,5 76,0 95,6 64,1 vom 17. Decemher 1877, 819 le IL I n d i c e s. Gesichts- Ober- gesichts- Orbital- Nasal- Gaumen- Procente des Hori- zontalumfanges Index Quer- Sagittal- • umfang umfang 125 69,0 79,2 51,8 95,6 63,8 66,4 65,9 88,5 51,6 80,8 63,2 67,9 HO 67,3 73,8 50,0 97,7 60,8 72,5 — 79,1 91,1 50,0 97,7 60,6 67,5 71,9 82,9 50,9 80,0 59,5 69,4 — 70,5 84,7 50,6 87,4 61,0 69,4 — 71,2 75,6 45,1 97,8 62,0 72,7 — 80,7 78,0 49,6 63,1 62,4 72,9 — 73,2 90,2 44,0 102,5? 61,8 70,4 — 75,5 76,7 46,1 80,0 64,6 71,1 75,8 83,7 52,0 71,1 62,2 70,3 75,2 80,4 47,3 82,9 62,6 71,3 116,5 68,9 65,5 43,6 89,1 61,1 69,4 125,6? 80,4 78,0 44,7 85,7 58,5 68,6 121,0 74,6 71,7 44,1 87,4 59,8 69,0 Hi(t Sitzung der phffnkaliMch'mathemaiiuhen Klasse ffr. Wei#^rAtrars las: Zor Theorie der eindeatigeo analyti- in:U"n Funktionen (2. Abth.). Folgende Bemerkung des firn. Riefs «Znr Blitzleitung^ wurd«: verlegen : Da» folgende an micli gerichtete Schreiben des Gcheimraths Frof. If. Buff in Oiessen enthält die sorgfältige Prüfang eines Blitzleiters und Beschreibung eines Blitzschlages auf denselben. Km bestätigt auf das Deutlichste die von mir begründete Meinung (dies. fier. S. 9), dass der Widerstand eines Abieiters gegen den Blitz Sehr viel kleiner ist, als sein galvanischer Lei tungs wider* stand. Die Krdleitung am Abieiter des Hrn. Buff setzte dem Strome einer Kohlenzinkkette einen Widerstand entgegen, der fast 200 mal grösser war, als der Widerstand der Ableitungsstange. Hätte sich mit diesem grossen Widerstände der Erdleitung gegen einen schwachen electrischen Strom, ihr Widerstand gegen den auf die I^i'ilung gefallenen Blitz auch nur entfernt vergleichen lassen. HO wurde, ohne allen Zweifel, der Blitz seinen Weg von der eiser- nen Ableitungsstangc durch den kupfernen Astdrath zu den, von di(*Nem nur 2 Deeiincter entfernten Gasröhren genommen haben. Kr ßing aber, völlig unschädlich, durch den Abiciter in den feuch- ten Krdboden. Der in der Lücke zwischen Astdrath und Gasrohre gesehene glänzende Funke kann nicht für ein Zeichen der Unvollkommen- heit der Hauptleitung angesehen werden, weil diese Funkenerschei- nung, an der leydener Batterie unter dem Namen der Seitenent- ladung gekannt und studirt (Abhdl. d. Akad. 1849), auch an dem vollkommensten Schliessungsbogen der Batterie beobachtet wird. Giessen 20. November 1877. Sie hatten vor einiger Zeit die Gute, mir das Gutachteo der Berliner Akademie über einen eigenthumlichen Blitzschlag zazii- senden« der am :^0. April 187G auf das Schulhaus zu Elmshorn stattgefunden hat. Diesem Gutachten waren von Ihnen einige zam Theil abweichende Bemerkungen zugefügt worden. ■,.„M,/, Ji<.«'rf»Ü». Ba& 17 Dk m7. TclF e w^ TL q 0 0 0 a P 0 0 b y h JE. i 7. 77.^ — i ^JL J3E ^ -T TCifin. TW*. c^. c%Ägel. vom 20. December 1877. 827 ergänzen, und das geeignetste Material für den von mir beabsich- tigten Versuch einer Erklärung derartiger Phänomene sammeln zu können. — In Folge ungunstigen Winterwetters gelang es erst am 5. De- cember die Beobachtungen zu beginnen. 1876, Decbr. 5, 4^30". Nach Einstellung des Sterns mit Hülfe des Berliner 9* Refractors hob die Betrachtung des Spec- trums jeden etwa noch vorhandenen Zweifel an der Identität des Objectes mit dem von Schmidt entdeckten Sterne, da es durch- aus eigenartig war und sich nicht mit einem der bekannten Stern- typeu vergleichen Hess. Besonders auffallend war eine breite helle Linie im Roth, die nach dem Gelb hm von einer breiten dunklen Bande begrenzt war, welche letztere nach dem Gelb verlief und bei schärferer Betrachtung sich in Linien auflöste, sodass der rothe Grund noch etwas zum Vorschein kam und der Bande einen bräun- lichen Farbenton verlieh. Ausserdem sah ich noch mehrere beson- ders helle Stellen im Gelb, Grün und Blau, hielt dieselben aber ihrer Breite wegen nicht für helle Linien sondern für freie Stellen im continuirlichen Spectrum dieser Lichtquelle. Eine helle Stelle im Blaugrün wurde besonders hervorgehoben durch eine angrenzende breite, tief dunkle Bande, welche nach dem Blau hin verlief. Das Spectrum war auch ausserdem noch von mancherlei Banden durchzogen, wie aus der beistehenden Figur Fig. 1. 1^1 1 1 -^:fc-'-;.;r-. ersichtlich ist. Die Spectralfarben waren höchst glänzend. Die*breite helle Linie im Roth hielt ich für identisch mit der Wasserstoff- linie C. Fig. 1 stellt das Spectrum des Sterns vor, wie es mir am 5. December unter Anwendung eines kleinen Stern-Spectroskops ä Vision directe erschien, die gezeichneten Linienabstände basiren nicht auf Messung sondern auf Schätzung. Das continuirliche Spectrum ist durch eine schräge Schraffirung dargestellt, um eine Verwechselung mit den senkrecht schraffirten dunklen Banden zu vermeiden. In Anbetracht der ungünstigen Jahreszeit, in welche 828 Gesammtsitzuntj das Erscheinen dieses Sterns far unsere Breite fiel, war die Er- mogliohung der Bcobachtang am 5. Dccember eiu besonderer Glücksuinstand zu nennen, zumal da das Spectrum, wie weiter unten ausgeführt werden wird, gerade in dieser Zeit eine wesent- liche Veränderung erlitt. Es blieb am 5. December nur kurze Zeit klar, ebenso am 8. December, an welchem Tage durch Hrn. Dr. Vogel die Lage der hellen Linien des Spectrums durch Messung festzustellen ver- sucht wurde. December 14 fand eine ungünstige Beobachtung des Sterns statt. Das Wetter hatte sich im Laufe des Nachnnittag!$ aufgeklärt und versprach man sich eine klare Nacht, indess gegen 5** bezog Nebel den ganzen Himmel. Derselbe verschwand einige Mal auf kurze Zeit, sodass der Stern gesehen werden konnte. Im Sucher des Fernrohrs erkannte man durch Vergleichung mit den benachbarten Sternen wie beträchtlich die Nova an Lichtstärke seit dem 5. December abgenommen hatte, ihr Spectrum war dem ent- sprechend im Allgemeinen matter, indess traten ausser der rotlien auch noch andere helle Linien mit grosser Deutlichkeit hervor und zwar an denselben Stellen wo früher am 5. December die breiten hellen Banden gesehen wurden. Die hellen Linien waren jetzt schmal und hoben sich vom Grunde des Spectrums mit grosser Deutlichkeit ab. Auf diese eingetretene Verschmälerung der Li- nien soll unten nochmals im Besonderen zurückgekommen werden. Die vorhandenen Absorptiunsbanden konnten in der kurzen Zeit der Beobachtung nicht specieller berücksichtigt werden, indess machte sich die Bande im Blau, welche die eine helle Linie zur Begrenzung hatte, durch ihre intensive Dunkelheit bemerklich. (S. d. Zeichnung vom 5. December, Fig. 1.) 1876, December 20 fand eine kurze Aufheiterung des llininiels statt, die aber nur hinreichte, um sich von dem Vorhandensein des Sterns zu überzeugen. December 22 wurde der Stern wieder ge- sehen, er schien nicht in dem Maasse an Lichtstärke abgenommeu zu haben, wie früher. Das Spectrum zeigte die hellen Linien, in- dess nicht mehr so glänzend wie früher, auch die Farben des Spec- trums waren matter. Leider konnte die Beobachtung nicht fortge- setzt werden, da nach kaum halbstündiger Klarheit der Himmel sich wieder mit Nebel und Wolken bedeckte. 1876, December 2^^^ 8** konnte der Stern wieder gesehen wer- den. Bei strenger Kälte war es den ganzen Tag and die ganze vom 20. December 1877, 829 Nacht über klar. Auch an diesem Abende bestätigte sich die be- reits gemachte Wahrnehmung, dass in der Abnahme der Lichtstärke eine Retardation stattgefunden haben musste. Im Spectrum waren die hellen Linien noch gut zu sehen, wenngleich, insbesondere die rothe, lange nicht so glänzend wie anfänglich. Die Absorptionsbande, welche von der hellen Linie im Roth beginnend nach dem Gelb hin sich erstreckte, Hess noch deutlich rothes Licht durchschimmern, sodass ich wie bereits am 5. De- cember an dieser Stelle das Vorhandensein zahlreicher dunkler Li- nien vermuthete. Die dunkle Bande im Blau trat ausserordentlich deutlich hervor. Die Beobachtung war wegen der beträchtlichen Kälte, welche ein fortwährendes Beschlagen der Gläser bewirkte, sehr beschwer- lich. 1876, December 27, 6^ wurde eine Helligkeitsschätzung des Sterns vorgenommen, er erschien heller, als der benachbarte Stern, welcher in der Bonner Durchmusterung 7.0 Grösse angegeben ist. Der neue Stern wurde 6"'6 geschätzt. Nach den bisherigen Beobaclitungen des Sterns schien es mir als wenn derselbe neben der fortschreitenden Lichtabnahme secun- dären Helligkeitsschwankungen unterworfen sei, eine Wahrnehmung, die auch von Schmidt bereits in dem ersten Stadium der Entwicke- lung dieser Lichtquelle gemacht wurde. Derselbe sagt^): „Man sieht, dass der Stern am 24. 25. 26. 27. nahezu dasselbe Licht d. h. ungefähr die 3. Grösse hatte, dass aber schon am Abend des 27. November die sehr rasche Abnahme des Lichtes begann. Diese Abnahme war jedoch nicht constant, denn am 1. December zeigte sich, dass entweder eine Verzögerung dieser Verminderung des Lichtes oder vielleicht selbst eine Zunahme stattgefunden hatte.^ 1877, Januar 1, 7 — 8*^. Der Stern hatte seit der letzten Beob- achtung nur wenig an Lichtstärke abgenommen. Das Spectrum zeigte die hellen Linien, indess war die rothe Linie ziemlich schwach geworden, sie stand fast ganz iisolirt, da eine Fortsetzung des rothen Spectralgrundes nach Ultnirotli nicht mehr wie früher wahrgenom- men werden konnte, und der röthliche Ton der dunklen Bande im Roth und Rothgelb nur in bei»onders günstigen Momenten bemerk- ») Astr. Nachr. No. 2113. 830 GesammUitzung bar wurde. Das üelligkeitsmaximum des Spectrunis befand sich im Blau, in der Nähe der beiden nahestehenden hellen Liuien 3 und 4. 8. d. Figur 2. Fig. 2. Neben dem Roth war auch das Violett gegen früher verblicheo, und waren die Farben des Spectrums im Allgemeinen sehr matt. Mit Deutlichkeit waren 5 helle Linien wahrzunehmen^ je eine ini Roth, im Gelb, im Hlaugrun, im Blau und im Violett. Zuweilen schien mir eine fernere helle Linie im Grün aufzublitzen. 1877, Januar 6, 7**. Im Vergleich zur letzten Beobachtung am 1. Januar konnte ich eine Helligkeitsabnahme nicht constatiren, fast schien es, als wenn der Stern wieder ein wenig heller gewor- den wäre. Bei einer Beobachtung des Spectrums mit einem Ocularspec- troskop nach Zöllner wurden nur die beiden hellen Linien im Blau gesehen. Weitere Untersuchungen wurden durch Wolken ver- hindert. 1877, Januar 16, 6**. Der Stern war wieder etwas schwächer geworden, er stand in Bezug auf Helligkeit zwischen den beiden benachbarten südlichen Sternen, welche in der Bonner Durchmuste- rung 7.6 und 7.0 Grösse angegeben sind, mitten inne. Die hellen Linien im S(^ctrum waren noch zu sehen, mit Schwierigkeit die rothe, am deutlichsten die Linie im Blaugrun. Die Farben des continuirlichen Spectrums waren nicht mehr zu unterscheiden, alle Theile desselben erschienen dem Auge in matt weisslichem Lichte. 1877, Januar 17, 5 — 8** wurde der Stern bei vorzüglicher Luft und andauernder Klarheit wieder beobachtet. Es fiel auf, dass der- selbe, als er im Sucher mit anderen Sternen verglichen wurde, auf- fällig starke Schwankungen in der Lichtintensität zeigte, eine Eigen- schaft die jedenfalls bisher immer die Ursache gewesen war, dass die Grössenschätzung einige Schwierigkeit bot. Im Spectrum konn- ten diesmal von mir sechs helle Linien wahrgenommen werden. Je eine im Roth, Gelb, Blaugrün, Blau und zwei im Violett, Wie vom 20. December 1877. 831 sich aus VogeTs Messungen und Vergleichungen mit irdischer Lichtquelle ergab, gehörten, wie zu vermuthen stand, 3 Linien dem Wasserstoff an, nämlich die rothe, die blaue und die brechbarere im Violett. Letztere war mir, wegen ihrer Schwäche und der grösstentheils ungunstigen Luftbeschaffenheit, bei den vorhergehen- den Beobachtungen zumeist entgangen. Von allen hellen Linien die intensivste, nämlich diejenige im Blaugrün, coincidirte nach Vogei's Messungen sehr gut mit der hellsten Linie des Luftspec- trums. Jedenfalls ein bedeutungsvolles Resultat. Keine plausible Deutung konnte die eine Linie im Violett und die gelbe Linie erfahren. Die Coincidenz der letzteren mit D3, wie sie von anderer Seite behauptet wurde, schien ziemlich zweifelhaft. Die Licht-Intensität der hellen Linien wurde von mir an die- sem Abende geschätzt und in Zahlen ausgedrückt, wobei 1 der grössten Helligkeit entsprach. Ich fand für die Linie No. 1. im Roth 6 2. ^ Gelb 5 3. „ Blaugrün 1 4. „ Blau 2 5. „ Violett 4 6. „ Violett 4. Von C aus bis nahe an die gelbe Linie heran war ein dunkler Zwischenraum im Spectrum, ebenso von F bis nach der ersten Li- nie im Violett. Zwischen der gelben und blaugrünen Linie sowohl, als zwischen den beiden violetten Linien war ein schwacher Licht- schein zu bemerken. 1877, Januar 25, 8^ — 8**20'". Die Nova erschien mir immer noch etwas heller als der benachbarte Stern 7.6 Grosse. Sämmt- liche helle Linien, welche am 17. Januar beobachtet wurden, waren noch vorhanden, indess war es nöthig die Cylinderlinse vom Spec- troskop zu entfernen, um die Linien gut fixiren zu können. Die relative Ilelligkeitsschätzung ergab folgendes Resultat: No. 1. Hell. 4 2. 5 3. 1 4. 2 5. 3. 1877, Februar 2. Der Stern hatte wieder etwas an Licht- stärke abgenommen, er wurde 7.6 Grösse geschätzt. Im Spectrum 832 Gesammtsitzung waren die oben erwähnten 6 hellen Linien mit Sicherheit zu sehen Huch schien im Grün noch eine schwach helle Stelle zu sein. In beistehender Figur No. 3, welche negativ gezeichnet wurde, sind die hellen Linien nach vorgenommenen Schätzungen eingetragen, dieselbe zeigt ausserdem die Ausdehnung und Nnancirung des con- tinuirlichen Spectrums. C erschien ganz isolirt. Fig. 3. i Z 3 V $ S 1877, Februar 6. Die Nova nur wenig schwächer als 7.6 Grösse. Die rothe Linie war trotz Anwendung verschiedener Spec- troskope nicht mehr wahrzunehmen, sonst waren keine wesentlichen Veränderungen zu constatiren. 1877, Februar 16. Wiederum hatte das Licht des Sterns etwas abgenommen, was sich auch an dem continuirlichen Spec- trum erkennen Hess. Die hellen Linien mit Ausnahme von C konnten noch gesehen werden, die letztere war verschwunden, auch wurde 1X7 nur mit Anstrengung bemerkt. Die vorgenommene Hellig- keitsschätzung der Linien ergab folgendes Resultat: No. 2. Hell. 5 3. 1 4. 2 5. 4 6. 8. 1877, März 1, 7^. Der Stern hatte in den letzten 14 Tagen merkbar an Lichtstärke abgenommen, er wurde 8.5 Grösse ge- schätzt. Das Spectrum, wenn auch schwach, war immer noch in- teressant. Drei heile Linien sah ich noch mit Bestimmtheit, näm- lich No. 2, 3 und 4, die eine im Violett No. 5 nur muthmaass- lieh. Nicht mehr zu sehen ausser C war für mich H7 (No. 6). Die blaugrüne Linie (No. 3) blieb die intensivste, und von den Wasserstotflinien hielt die Sichtbarkeit von F am längsten an. Die Beobachtungen am Abend konnten von dieser Zeit an wegen immer tieferen Standes des" Schwanes nicht fortgesetzt wer- den, und wurde der Stern zum ersten Male wieder nach langer Pause am 25. October in Potsdam mit dem inzwischen aufgestell- ten 8' Refractor von Grubb in Dublin beobachtet Der Stern vom 20, December 1877. 833 unterschied sich zxx dieser Zeit wesentlich von den benachbarten Sternen durch sein mattes nebelartiges Licht. Das Spectroskop zeigte vornehmlich eine helle Linie, ausserdem noch eine Spur von continuirlichem Spectrum, letzteres von der hellen Linie aus nach dem Blau etwas deutlicher als nach dem Roth hin bemerk- bar. Diese noch übrig gebliebene helle Linie wird höchst wahr- scheinlich identisch sein mit der in den vorstehenden Beobach- tungen mit No. 3 bezeichneten Linie im Grün. (Nitrog.?) Im Anschluss an vorstehende Beobachtungen werde ich nun etwas näher auf die Frage über die mögliche Ursache des Auf- leuchtens von Sternen eingehen, um für künftige Beobachtungen eines solchen Phänomens einige Gesichtspunkte anzugeben, wel- che mir von Wichtigkeit zu sein scheinen. Wenn wir an einer Stelle des Himmels, die bisher dunkel war, einen fixen Lichtpunkt plötzlich entstehen sehen, so müssen wir folgern, dass sich in der betreffenden Richtung, in welcher Entfernung es auch sei, eine Anhäufung von Materie befindet und befunden hat, von der wir bislang keine Kenntniss haben konnten, da sie nicht genügend leuchtete, innerhalb welcher aber Verhält- nisse eingetreten sind, die eine starke Wärme- und Lichtentwickc- lung zur Folge hatten. Es entsteht nun die Frage, wodurch kann das Eintreten einer so hohen Temperatur und glänzenden Licht- erscheinung erklärt werden? Die Beantwortung wird sich im We- sentlichen auf die Vorstellungen zu stützen haben, welche wir uns von den verschiedenen Entwickelungsphasen der Weltkörper mit Zugrundelegung der Beobachtungen machen können. Je grösser die Wahrscheinlichkeit ist, dass die diese Entwickelung begleiten- den Erscheinungen richtig beurtheilt werden, um so eher wird sich eine der Wahrheit nahekommende Erklärung für das Aufleuchten von Sternen finden lassen. Der sichtbare Theil der uns umgebenden Fixsterne zeichnet sich dadurch aus, dass die Materie, aus welcher die Körper beste- hen, sich in einem hohen Glühzustando befindet. Es soll hier nicht untersucht werden, ob wie immer angenommen die Gravitation und 834 Gesammtsitzung die dadurch bewirkte Verdichtung der Materie die einzige Ursache für diese Wärmeciitwickelung ist, oder ob sie noch in anderen Eigenschaften der Materie gesucht werden kann, sondern es gelte dieser an unzähligen Beispielen wahrgenommene, also wie es scheint unvermeidliche Gluhzustand für den vorliegenden Fall als Aus- gangspunkt. Die Gluth eines Sterns wird sich von dem Zeitpunkte an, wo sie ihr Maximum erreicht hat, graduell vermindern und in demsel- ben Verhältnisse wird auch die Leuchtkraft nachlassen, sodass schliesslich nach Verlauf einer genügend langen Zeit die Abküh- lung auf einem Punkte ankommt, wo der Stern für unser Auge nur noch schwach sichtbar oder gänzlich verschwunden ist. In diesem Stadium müsste sich nothwendig ein Stern bereits seit gi- raumer Zeit befinden, der durch irgend welchen Vorgang von Neuem aufleuchtet, es fnagt sich nur, unter welchen Verhältnissen und auf welche Weise kann dieses Verschwinden eintreten. Hei der grossen Entfernung der Fixsterne von der Erde sind wir gezwun- gen anzunehmen, dass die Masse eines Sterns, wenn derselbe Oberhaupt für uns sichtbar sein soll, in sehr hoher Gluth sich be- findet, und dass es durchaus nicht geboten erscheint sich jeden Stern, der dem Auge verschwunden ist, bereits mit einer aus che- mischen Verbindungen gebildeten compacten, abgekühlten Kruste versehen zu denken, welche das Licht der darunter befindlichen feuerflüssigen Materie verdeckt. Ich möchte behaupten, dass es hierfür ausreicht sich den Stern mit einer stark Licht absorbirenden, aus abgekühlten Dämpfen be- stehenden Atmosphäre umgeben vorzustellen. Unter Veraussetzung einer Abkühlung, die nur dieses Stadium erreicht hat, scheint es mir weit eher möglich das Aufleuchten eines Sterns, welches mit grosser Intensität erfolgen muss, um auf so weite Entfernungen sichtbar zu werden, zu erklären. Es erscheint zweifelhaft, ob vul- kanische Eruptionen, wie sie zur Erklärung des Aufloderns heran- gezogen wurden, überhaupt dergleichen hohe LichtefFecte bewirken können, zumal da der Stern in einem Stadium seiner Entwickelung, wo sich bereits eine feste Kruste gebildet hat, mit einer dichten Atmosphäre von Dämpfen umgeben sein wird, die die Erscheinun- gen, welche auf der compacten Oberfläche stattfinden, verdeckt. Aus diesen Gründen erscheint es mir nicht überflüssig zu ver- suchen, die bei dem Aufleuchten von Sternen beobachteten Erscbei- vom 20. December 1877. 835 nungen auch noch mit anderen Vorstellungen in Einklang zu brin- gen. Die neueren Beobachtungen der Fixsterne, insbesondere der Sonne, haben ergeben, dass die elementaren Stoffe auf diesen Kör- pern im Zustande der Dissociation verharren, und zwar in Folge der stattfindenden hohen Temperatur. Die Wärme trennt, wenn sie einen bestimmten Grad erreicht, alle jene Associationen von Stoffen, die wir mit dem Namen chemische Verbindungen bezeich- nen. Wenn nun die Masse eines Fixsterns eine gewisse Stufe in der Abkühlung erreicht hat, so wird die Vereinigung von Stoffen zu chemischen Verbindungen erfolgen können^), und dadurch ein Theil der Wärme reproducirt werden, der zur Scheidung der Ma- terie aufgewendet worden war. Es wird statthaft erscheinen, in dieser unausbleiblichen Reak- tion die Ursachen für dergleichen Veränderungen zu suchen, die sich uns in einer temporären Erhöhung der Lichtintensität eines Sterns darstellen, und es verdient die chemische Affinität mit eini- gem Rechte zur Erklärung des Phänomens, wie es das Aufleuch- ten eines neuen Sterns darbietet, berücksichtigt zu werden. Es liegt in der Natur solcher chemischer Vorgänge, dass sie plötzlich eintreten, fast momentan ein Maximum der Wirkung erreicht wird, und sodann ein allmäliger Rückgang stattfindet. Genau das- selbe beobachten wir bei dem Aufleuchten eines Sterns. Derselbe wird plötzlich sichtbar und liegt das Maximum seines Glanzes stets am Anfange der Erscheinung, von wo ab eine allmälige Abnahme beginnt. Das Eintreten vulkanischer Eruptionen würde kaum einen solchen Verlauf der Erscheinung bedingen, ganz abge- sehen von der Ursache, welche für eine so plötzliche und ausge- dehnte eruptive Thätigkeit gesucht werden muss. ' Es ist zweifellos, dass jeder glühende Körper endlich das Stadium erreichen wird, wo diese chemischen Reaktionen beginnen, sie werden vielleicht schon während der Stern noch leuchtet die Ursache für temporäre Lichterhöhungen sein, da es, wie bekannt, *) S. meine Darlegungen über die Sonderung der Elemente auf der Sonne, namentlich mit Rücksicht auf die MetalloTde, denen sieh neaerdings auch H. Draper angeschlossen zu haben scheint. Bothkamper Beobacht. Heft III. S. 33 £f. 836 Gesammtsitzung chemische Verbindungen giebt, die bei ziemlich hoher Temperatur sich bilden können. Die Dämpfe dieser Verbindungen würden mit der Zeit wesentlich dazu beitragen den Durchgang des Lichtes za hemmen und durch ihre Vermehrung für uns das endliche Ver- löschen des Sterns herbeizufuhren, bis dann später, wenn die Teai- peratur so weit gesunken ist, dass die Vereinigung derjenigen ele- mentaren Stoffe erfolgen kann, die einen beträchtlichen Bruchtbeil des Körpers ausmachen und eine bedeutende Verbrennungs wärme entwickeln, ein plötzliches Auflodern des Sterns erfolgt, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass sich dieser Vorgang bei ein und demsel- ben Körper in Folge der verschiedenen Dissociationstemperator der Stoffe mehrmals wiederholt, bis alle möglichen Vereinigungen erfolgt sind. Um einen Maassstab für die Gesammtwirkang derartiger che mischer Vorgänge zu haben, muss man die Temperaturerhöhung io Betracht ziehen, welche Gasgemische erfahren, deren Componenten eine chemische Vereinigung eingehen, und ferner welche Volumina von bereits glühenden Gasen auf einem Weltkörper voraussichtlich dabei in Action treten. Die neuesten Arbeiten von M. Berthelot über die Verbren- nungstemperatur von Wasserstoff und Sauerstoff haben den NVerth als zwischen 3800 und 2400° liegend ergeben. Welches ungeheure Wärmequantum mag hiernach allein auf der Erde frei geworden sein, als der vorhandene Wasserstoff mit dem Sauerstoff sich ver- einigte und das Wasser sich bildete. Es erklärt sich hieraus, dass ein neuer Stern noch lange nach seinem Aufflammen sichtbar blei- ben kann, denn der Wärmezuschuss, welchen die nichtbetheiligte Materie erhält, ist so gross, dass ein Nachleuchten für längere Zeit bewirkt werden kann. Was nun die Erklärung der vermittelst des Spectroskops an neuen Sternen beobachteten Erscheinungen betrifft, so wurde vor allen Dingen das Auftreten heller Linien, wie sie sowohl der Stern in der Krone als derjenige im Schwan gezeigt hat, mit der vorerwähnten Hypothese in Einklang zu bringen sein. Im Allgemeinen erfolgt das Auftreten heller Linien dann, wenn die glühenden Gasmassen sich über einem relativ weniger leuch- ») Compt. rend. T. LXXXIV p. 407. vom 20. December 1877. 837 tenden Grunde befinden, so z. B. auf der Sonne über den Flecken. Die spectroskopische Beobachtung der letzteren ^) hat ergeben, dass die dunklen Wasserstofflinien sich über den Kernen in helle Linien verwandeln können^ wenn die Bedingungen gunstig, d. h. wenn einerseits die Kerne genügend dunkel und die glühenden Wasser- stoffniassen über ihnen durch heftige Einwirkungen eine genügende Verdichtung erfahren haben. Bei der Sonne l&sst sich also das Auftreten heller Linien beobachten, indess nur für ein isolirtes verhältnissmässig kleines Stück der Oberfläche. Die heilen Linien würden nicht gesehen werden, wenn die Sonne so weit von der Erde entfernt wäre, dass ihr Durchmesser keine messbare Grösse mehr ausmacht, wie das bei Fixsternen der Fall ist. Unter dieser Voraussetzung würden nur dann helle Linien gesehen werden kön- nen, wenn die ganze oder doch wenigstens ein beträchtlicher Theii der Oberfläche der Sonne mit dergleichen abgekühlten Dämpfen, wie solche die Flecken bilden^ bedeckt wäre, und über dieser ab- sorbirenden Schicht glühende Gase, insbesondere Wasserstoff sich befänden. Der Vorgang, welcher das Entstehen heller Linien be- dingt, würde hiernach in den äusseren atmosphärischen Hüllen des betreffenden Körpers, beispielsweise der Sonne stattfinden müssen. Genau diese Verhältnisse müssen aber der vorerwähnten Hy- pothese als Basis dienen, da wegen der vorausgegangenen Unsicht- barkeit oder Schwäche des Sterns eine den ganzen Körper um- hüllende, stark absorbirende Gas- und Dampfhülle als vorhanden angenommen werden muss, über der sich der Vorgang abspielt. Die hellen Linien des Wasserstoffs waren bei dem neuen Schmidt'schen Sterne sowohl am Anfange des Erscheinens als dann noch zu sehen, als der Stern bereits bis zur 9. Grösse ab- genommen hatte. Daraus ist zu folgern, dass wenn die Wärme- und Lichtentwickelung von der Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff herrührte, der Wasserstoff der äquivalenten Menge des Sauerstoffs nicht entsprach^ sondern im Überschuss vorhanden war, und dieser Überschuss durch die Verbren uungs wärme zum Glühen gebracht wurde; denn verbrennender Wasserstoff giebt bekanntlich nur continuirliches Spectrum. Indess es konnte die beobachtete Lichterscheinung auch von der Verbrennung anderer elementarer Stoffe, von Metallen herrüh- *) Bothkamper Beubachtungen III. p. 8. [1877] 60 838 Genammtsitzung ren, in diesem Falle wurde die Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff unmöglich sein, da glühende Metalldämpfe die Bildung von Wasser verhüten. Der auf diese Weise isolirte Wasserstoff würde bei hinreichender Erhitzung das Linienspectrum geben. Die von mir bei dem Schmidt'schen Stern anfanglich be(»b- achtete auffallende Breite der Wasserstofflinien, die sich sehr bald verringerte, ist ein ziemlich sicheres Anzeichen dafür, dass dem Aufleuchten eine Explosion zu Grunde lag, welche an- fänglich und zwar in Folge der plötzlichen und heftigen Action eine Verdichtung, durch die erzeugte Hitze eine nachfolgende an- dauernde Verdünnung der vorhandenen Gasmassen bewirkte. Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass diese Wahrnehmung im vollsten Einklänge mit der vorstehenden Hypothese steht, ebenso wie der Umstand, dass das Spectrum eines neuen Sterns total von den Spcctren der Fixsterne im gewöhnlichen Zustande verschie- den ist. Die bei neuen Sternen beobachteten auffälligen Schwankungen in der Helligkeit könnten vielleicht durch ein successive^ Umsich- greifen der chemischen Action erklärt werden. Es w^ird bei einer derartigen Explosion in grossem Maassstabe nicht die ganze, che- mische Affinität besitzende Masse mit einem Schlage sich zu Ver- bindungen vereinigen, sondern die Reaktion wird an einer bestimm- ten Stelle beginnen, sich allerdings rasch ausbreiten, in Folge der erzeugten hohen Temperatur aber mächtige Bewegungen in der Atmosphäre des Körpers hervorrufen, welche die Stoffe durch Wegschleuderung an einer sofortigen allgemeinen Vereinigung ver- hindern. Andererseits werden auch durch die Erhitzung locale Dissociationszustände wiedererzeugt werden, wodurch die lodernde Giuthmasse starke Schwankungen in der Intensität des ausgesand- ten Lichtes erkennen lassen wird. Um die hypothetischen Anschauungen, welche ich mir über die Ursache des Erscheinens neuer Sterne gebildet und im Vor- stehenden in eingehender Weise erörtert habe^ möglichst zu präci- siren, sei es mir gestattet in kurzen Worten den Inhalt der Dar- legungen zu wiederholen. 1. Das Aufleuchten neuer Sterne lässt sich anter Zugrundelegung der bisherigen Beobachtungen mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit als die Wirkung der den vom 20. December 1877. 839 elementaren Stoffen innewohnenden Affinitätskraft be- trachten. 2. Die Vorbedingungen und der Vorgang des Aufleuchtens wurden dabei folgenderniaassen gedacht werden können: ^Durch die fortschreitende Abkühlung der aus glü- henden Dämpfen und Gasen bestehenden Masse eines selbstleuchtenden Weltkörpers (Fixsterns) wird schliess- lich eine atmosphärische Hülle erzeugt, die das Licht in so starkem Grade absorbirt, dass der Stern von der Erde aus nicht mehr oder doch nur schwach gesehen werden kann. Wenn dann durch weitere Wärmeausstrah- lung der Grad der Abkühlung erreicht wird, welcher für Bildung derjenigen chemischen Verbindungen erforder- lich ist, die einen wesentlichen Theil des Ganzen bil- den, so wird bei Vereinigung der betreffenden Elemen- tarstoffe eine bedeutende Wärme- und Lichtentwickelung stattfinden, welche den Stern plötzlich auf grosse Ent- fernungen hin für längere oder kürzere Zeit wieder sichtbar macht." — Es ist noch von Interesse einige ältere Beobachtungen*) neuer Sterne hier anzuführen, um zu untersuchen, wie sie sich zu der hier aufgestellten Hypothese verhalten, und wie weit sie über- haupt mit den Erscheinungen an dem Schmid tischen Sterne in Übereinstimmung sind. Es stellt sich hierbei eine bemerkenswerthe Ähnlichkeit des Verlaufes aller Erscheinungen heraus, welche zu dem Schlüsse berechtigt, dass wir es bei denselben nicht mit zu- fälh'gen Ereignissen zu thun haben, sondern dass sie einen bestimm- ten Abschnitt in der Entwicklung der Weltkörper charakterisiren, welche Wahrnehmungen ihrer genaueren Untersuchung eine noch erhöhte Bedeutung zu verleihen geeignet ist. 0 Eine Zusammenstellung der seit 2000 Jahren neu erschienenen nnd wieder verschwundenen Sterne, siehe in Hamboldt's Kosmos IIL Bd. S. 143 ff. 840 Gesammtsitzung Ein grossartiges Phänomen war der Stern, welcher zuerst am 11. November 1572 von Tycho de Brahe in der Cassiopeja beobachtet wurde. Der Glanz dieses Gestirns war so gross, dass es bei reiner Luft selbst Mittags gesehen werden konnte. Obwohl die Beobachter damals auf die Anwendung des unbewaffneten Auges beschränkt waren, sind Tycho's Angaben über die Eigenscbaflten des Sterns so ausfahrlich und genau, dass sie den besten Beob* achtungen dieser Phänomene an die Seite gestellt werden können. Er macht es zunächst wahrscheinlich, dass der Stern vor dem 5. November noch nicht sichtbar war. Man ersieht hieraus, dass das Aufleuchten auch dieses Sterns kein allmäliges war, sondern plötzlich stattfand. In Übereinstimmung hiermit wird an einer an- deren Stelle berichtet, dass der Stern sofort nach seinem Erschei- nen in seiner grossten Gestalt sichtbar war, gerade so, als ob sich ganz plötzlich eine so grosse Masse gebildet hätte. Der explosive Charakter der Erscheinung von 1572 ist hierdurch zur Genüge dar- gethan. Besondere Beachtung verdienen die fortlaufenden Schutzungen der Lichtintensität, welche Tycho de Brahe während der Sicht- barkeitsdaucr des Sterns vornahm. An einer mit Zugrundelegung seiner Daten gezeichneten Lichtcurve lässt sieh für den Anfang der Erscheinung ein steiles Abfallen der Lichtintensität erkennen, wäh- rend im späteren Verlaufe die Lichtabnahme allmäliger erfolgt, eine Wahrnehmung, die auch bei den neueren Erscheinungen dieser Art gemacht worden ist, und die im guten Einklänge mit den oben dar- gelegten Ideen steht. Sehr interessant sind auch die Beobachtungen Tycho de Brahe^s über den allmäligen Farbenwechsel des Sterns. Anfangs war der Stern glänzend weiss, nahm dann eine etwas gelbliche und später eine röthlichc Färbung an, sodass er Anfang des Früh- jahrs 1573 in dieser Beziehung dem Aldebaran ähnlich war. Später gegen das Ende des Frühjahrs war die roth liehe Färbung ver- schwunden und der Stern erschien in einem Lichte, wie etwa Sa- turn. Diese Färbung behielt der Stern bis zu seinem Verschwin- den bei, nur wurde sie alhuälig trüber und matter. Die Vergleichung dieses Farbenwechsels mit der Lichtcurve ergiebt, dass die ausgesprocheneren Färbungen Weiss, Gelb und Rothgelb, die in der Reihenfolge wie sie auftraten der bekannten Abkühlungsscala entsprechen, in das erste Drittel der Sichtbarkeits- vorn 20. Decemher 1877. 841 dauer des Sterns fielen, wo die Lichtcurve ein steiles Abfallen zeigt Später erschien der Stern in einer unbestimmteren Farbe, etwa wie Saturn. Auch bei dem Schmidt'schen Stern sind ähnliche Wahr- nehmungen gemacht worden, und gab das Spectroskop hierüber den gewünschten Aufschluss. Es zeigte sich nämlich, dass das conti- nuirliche Spectrum, welches anfangs äusserst glänzend war, all* mälig verblasste, sodass schliesslich fast nur noch die hellen Gas- linien hervortraten. Diese Aufeinanderfolge der Erscheinungen, wie sie sowohl bei dem Tychonischen als auch dem Schmidt*schen Sterne beobachtet wurde, und vermuthlich bei allen aufleuchtenden Sternen eintreten wird, zeigt deutlich, dass bei dem Vorgänge eine Reihe von Stoffen in Action tritt, die um glühend zu werden je ein grösseres oder geringeres Wärmequantum erfordern, und in Folge dessen ein successivos Verlöschen bestimmter Farbentöne im Spectrum hervorgebracht wird. Die Dämpfe fester Körper werden im Anfange der Erschei- nung, wo die entwickelte Hitze am grössten ist, ein intensives Leuchten in allen Theilen des Spectrums bedingen, während später nur noch die Gase als z. B. Wasserstoff und Stickstoff merk- bar fortglühen. Dieser letztere Zustand dürfte mehr oder weniger stattgefunden haben, als Tycho deBrahe seinen Stern nicht mehr röthlich, sondern in einem unbestimmten matten Lichte leuch- tend fand. Noch verdient das starke Scintilliren, dessen Brahe in seiner Beschreibung Erwähnung thut, hervorgehoben zu werden. Er sagt, dass der Stern beständig scintillirte, selbst bis zum letzten Momente seiner Sichtbarkeit. Der zuerst am 10. October 1604 im Ophiuchus beobachtete neue Stern war ebenfalls eine hervorragende Erscheinung dieser Art. Kepler schreibt darüber, dass der Stern in allen seinen Eigenschaften vollkommen mit dem Tychonischen Sterne überein- gestimmt habe. Besonders hervorgehoben wird an verschiedenen Stellen die starke Scintillation des Sterns, die diejenige der übrigen Fixsterne übertraf und die Beobachter in Erstaunen versetzte. (Diese auffallenden Lichtvibrationen scheinen allen auflodernden Sternen eigen zu sein.) Von dem am 27. April 1848 von Hind entdeckten Sterne wird berichtet, dass er eine röthlich gelbe Färbung hatte, die zu- weilen plötzlich viel stärker zu werden und dann ebenso schnell 842 Gemmmt Sitzung wieder zu verschwinden schien.^) Also auch hier die charakteri- stischen Oscillationen in der Ausstrablnng des Lichtes. — Der erste von den neuen Sternen, der mit den HGlfsmittelD der Spectral- Analyse untersucht wurde, war der 1866 aiii 12. Mai von Birmingham entdeckte Stern in der nördlichen Krone. Der- selbe muss sehr plötzlich aufgetreten sein, denn J. Schmidt in Athen behauptete, dass derselbe am 12. Mai vor 11 Uhr nicht vor- handen gewesen sein, oder, genauer ausgedrückt, die 5. bis 6. Grösse nicht überschritten haben könne, während doch der Stern nach Aussage des Entdeckers zwischen 11^30'" und 11^45"^ ia Tuam (Irland) gesehen und heller als et Coronae geschätzt wurde. Unter Berücksichtigung der Läugendifferenz würde hiernach zu folgern sein, dass die Grenzen, zwischen denen das Erscheinen eingeschlossen ist, nur et^a drei Stunden auseinander liegen. Die Farbe des Sterns war nach den Angaben des Entdeckers bei seinem Erscheinen nahezu weiss mit einem bläulichen Scheint*, später wurde er von anderen Beobachtern röthlich oder orange gefunden. Nach dem 24. Mai Hess sich über die Farbe nichts mehr aussagen.^) Die Lichtcurve des Sterns, welche in No. 1597 der A Str. Nachr. von J.Schmidt veröifentlicht wurde, zeigt einen ungemein steilen Abfall für den Anfang der Erscheinung. Die tägliche Abnahme betrug regelmässig 2.09 Stufen. W. Huggins^) fand den Stern am IG. und 17. Mai mit einem leuchtenden Nebel umgeben, der später nicht mehr gesehen werdeu konnte. „On the iirst evening I saw the star (the lö**^) a faint ne- bulosity surrounded it. A comparative exnmination of neighbouriug Stars on that evening showed that a very faint luminous haze re- ally existed about the star. On the 17^** this nebulosity was su- spected only. On the 19^ and 21'^ it was not seen.** Da das Vorhandensein dieses leuchtenden Nebels von einem anerkannt ge- wissenhaften Beobachter mit solcher Bestimmtheit angezeigt wird, so liegt kein Grund vor an seiner wirklichen Existenz zu zweifeln, und diese wichtige Beobachtung zur weiteren Erklärung des Phä- nomens, wie es aufleuchtende Sterne darbieten, zu benutzen. Aus der vorübergehenden Erscheinung dieses den Stern umgebenden ») Astr. Nachr. 636. O Astr. Nachr. 1603. ») Astr. Nachr. 1592. vom W, Deceinber 1877. 843 selbstlcuchtenden Nebels würde nothwendig zu folgern sein, dass bei der Katastrophe die Volumerweiterung der Gasmassen eine so bedeutende war, dass trotz der grossen Entfernung des Objectes der scheinbare äussere Durchmesser des letzteren noch eine mess- bare Grosse war. Dies würde aber einen Anhaltspunkt bieten, um sich von den bei derartigen Erscheinungen obwaltenden Raumver- hältnissen eine ungefähre Vorstellung zu machen. Gesetzt, der Durchmesser des von Huggins beobachteten Ne- bels sei nur 1 Bogensecunde gross gewesen, während derselbe, damit er bemerkt werden konnte, in Wirklichkeit ein Vielfaches dieser Quantität gewesen sein muss, und angenommen der Stern sei so weit entfernt wie a Centauri, so resultirt für den Halbmes- ser der Nebelhülle 0.54 der mittleren Entfernung zwischen Sonne und Erde. Zieht man die Jahresparallaxe des Polarsterns in Rechnung, so müsste die Nebelkugel bereits einen Halbmesser von 5.50 Son- nenweiten haben, um uns noch eine Secunde gross zu erscheinen. Auf unsere Sonne angewandt ergeben diese Zahlen im ersteren Falle eine Ausdehnung der glühenden Gasmassen über Merkur im letzteren Falle eine solche über Jupiter hinaus. Man dürfte vielleicht geneigt sein, aus diesen Zahlen zu fol- gern, dass der neue Stern in der Krone eine nicht unbeträchtliche Parallaxe hat, weil im anderen Falle für den wahren Durchmesser des Nebels ganz unermesslich hohe Werthe resultiren würden. Jedenfalls wird es sich empfehlen bei der Erscheinung eines neuen Sterns den Versuch einer Parallaxenbestimmung vorzunehmen. Was nun die spectroskopischen Beobachtungen^) des Sterns in der Krone anbelangt, so haben dieselben ergeben, dass neben dunklen Absorptionsstreifen im continuirlichcn Spectrum 5 belle Linien vorhanden waren, von denen drei als dem Wasserstoff an- gehorig erkannt wurden. Im weiteren Verlauf der Erscheinung wurde das continuirliche Spectrum immer schwächer, sodass die hellen Linien verhältnissmässig glänzend erschienen, genau so wie es bei dem Schmidt' sehen Stern der Fall war. *) Astr. Nachr. 1586. 844 Oesammtiiizung vom 20. Deomnber 1877. An eingegangenen Schriften worden vorgelegt: Revue tctentißque de la France ei de l*etranger. N. 24. Paris 1877. 4. Notiser ur Sällskapeta pro Fauna et Flora Fennica Fürhandlingar. 4—6 Haftet. Ny Serie. 1 — 3 Haftet. Helsingfors 1858 •— 1861. 8. Mit Be- gleitschreiben. Th. M. Fries, Qenmäle etc. pro Fauna et Flora Fennica Notier. HäfL V. och VI. Upsala 1862. 8. Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes in Athen. 2. Jahrg. 3. Heft. Athen 1877. 8. Atti della Societä Toscana di scieme ncLturali residente in Pisa. Vol. HL Fase. 1. Pisa 1877. 8. The Canadian Journal of science, literature and history. Vol. XV. N. VL July 1877. Toronto 1877. 8. F. Holmgren, De la cMte de couleurs datis ses rapports acec les ChemiM de /er et la Marine. — Trad. du Suedois. Stockholm s. a. 8. Vom Verf. Bulletin of the U. St. geological aud geographical Surrey of the Terriioricf. Vol. in. N. 4. Washington 1877. 8. F. V. Hayden, Report of the ü. St. geological Survei/ of the Territorie*. Vol. XI. Washington 1877. 4. Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preuss. Jiheiniande und IVe^- falens. Jahrg. XXXIII. XXXIV. 4. Folge. Jahrg. 3, Hälfte 2. Jahrg. 4. Hälfte 1. Bonn 1877. 8. Bulletin de la Societe des sciences de Nancy. Serie II. T. III. Fase. VL 10. Annee 1877. Paris 1877. 8. Bulletin de la Societe des sciences naturelles de Neuchatel. T. XI. Cahier 1. Neuchatel 1877. 8. Boletin de la Real Academia de la Historien T. I. Cuaderno I. Noviembre 1877. Madrid 1877. 8. Monthly Notices of the R. Astronomical Society. Vol. XXXVIII. N. 1. 1877. 8. Annales de la Societe entomologique de Belgique. T. 20. Fase. 2. Bnixelles 1877. 8. J. Tebbutt, Results of /netto rulogical Observation^. Sydney 1877. 8. Annual Report uf the Board of Regents of the Smithsonian Institution, ib. eod. 8. Fur-Bearing Animals: A monograph of North American Mustelidae. ib. eod. 8. Nachtrag. Auszug aus der am 16. April von Hrn. Kronecker gelesenen Abhandlung über Abelsche Gleichungen. I. Eine rationale Function von n^,n2»'*n^, Grössen /a„ = o, 1,2, ...«„- 1\ soll ^cyklisch^ genannt werden, wenn sie bei der Substitution der Grössen •^Ai,A2,...Aa+i,„.A, an Stell« von ^ä,,»^... .*«....*, (a = i,2,..v) unverändert bleibt. Jeder der Indices h„ ist hierbei auf den klein- sten nicht negativen Rest mod.n^ zu reduciren. II. Ist %{x) gleich dem Product aller n^,n^,„n^ Factoren und ö ,. _ v^ IM L__ die Summation auf alle n^,n^„.n^ Werthe der Indices h erstreckt^ so sind die Co^fficienten der verschiedenen Potenzen von x in öaW cyklische Functionen der nj.n2...n^ Grössen J^Aj^Aj,...*^ und 846 Nachtrag. ferner, weoii die Xmal iterirte Function S mit 6^^'^ bezeichnet wird: und folglich ö« ^ß (•%,Ä3,...aJ ^ß ^u (•rA,,A.^....&J- Die Gleichung SCO = ^ ^^^ hiernach unter Adjunction der cjkli- schen Functionen ihrer Wurzeln eine von jenen Gleichungen, die Abel im IV. Bande des Grelle 'sehen Journals behandelt hat^ und soll deshalb, wie schon von Hrn. C. Jordan geschehen, in einem weiteren Sinne, als in meiner Notiz im Monatsbericht von 1863, S. 368, „Abelsche Gleichung** genannt werden. Die Abelschen Gleichungen im engeren Sinne, die a. a. O. vorkommen, werde ich hier als „einfache Abelsche Gleichungen^ bezeichnen. III. Demgemass kann man die Abelschen Gleichungen in zweifacher Weise definiren: Postens nämlich ist eine Gleichung F{x) = 0 eine Abelsche, wenn ihre Wurzeln nach v Dimensionen so angeordnet werden können, dass die hiernach als cyklisch zu charakterisirenden Func- tioiiei» derselben (vgl. No. I) rationale Functionen gewisser Grös- sen 9i , 3?', jR", ... sind, in dem Sinne, wie ich es im Monatsbericht vom Februar 1873 S. 122 u. 123 näher ausgeführt habe. Zweitens ist eine Gleichung F{x) = 0, deren Coefficienten rationale Functionen von 5R , JR', SR", ... sind, eine Abelsche, wenn ihre sämmtlichen Wurzeln ^ rationale Functionen irgend einer der- selben und der Grössen SR , SR', SR", ... sind und zwar so, dass für je zwei dieser Functionen S„ , 5,5 die Beziehung statttindet. Ebenso wie man mittels der in No. II gemachten Bemerkung von der ersten Definition zur zweiten gelangt, kann man von der zweiten Definition ausgehend die Wurzeln ^ nach v Dimensionen dergestalt ordnen, dass die hiernach als cyklisch zu charakterisi- renden Functionen derselben rationale Functionen der Grössen 91, SR', ^R", ... werden. Bildet man nämlich aus den verschiedenen Functionen d in der Weise, wie ich es im Monatsbericht vom 1. December 1870 S. 882 bis 885 angegeben habe, ein Fundamen- talsystem Nachtrag, 847 80 ist unter 6^" die h^ma\ iterirte Function 6^ zu verstehen, und man hat ZU setzen. Hierbei gelangt man auch zu der kleinsten Anzahl der einzuführenden Indices. IV. Jede rationale Function der rtjri«...ny Grössen /A„=0,l,2,...ii„-1\ Ai,Aa,...Ä^ \ a = l,2,...v / lässt sich als lineare homogene Function derselben so darstellen, dass die Coefficienten cyklische Functionen werden; denn diese Coeflicienten bestimmen sich als solche aus den n^n^^.^r}^ Glei- chungen, welche man erhält, wenn man die n^n,^,*,n^ cyklischen Substitutionen anwendet. Bei dieser Darstellungsweise zeigen sich die rationalen Functionen der Grössen .r, welche in Bezug auf jix Indices cyklisch sind, als durch (^ — f>t) Indices zu charakterisi- rende Grössen y, deren cyklische Functionen zugleich cyklische Functionen der Grössen x sind. Die Wurzeln von so zu sagen „I'- faltigen** Abelschcn Gleichungen sind daher auch Wurzeln von nur jix- faltigen Abelschen Gleichungen, wenn den Grössen SR, 9i', SK", ... eine Wurzel einer (m — />i) faltigen Abelschen Glei- chung adjungirt wird, wie schon von Abel gezeigt worden ist. V. Jede rationale Function von Wurzeln Abelscher Glei- chungen und den Grössen JR , SR', 31", ... ist Wurzel einer Abel- schen Gleichung. Dies resultirt unmittelbar aus der ersten Defini- tion, wenn man die rationale Function der Wurzeln Abelscher Gleichungen durch die Gesammtheit der verschiedenen Indices cha- rakterisirt, welche die einzelnen Wurzeln kennzeichnen, d. h. also, man hat \ A|,A^,... ^j»"^'j>"- 'j«^>— ^ Aj , Äj, ...; «j , *o, ,..;/], /j» ••• zu setzen, wenn $, »?, f, ... Wurzeln verschiedener Abelscher Gleichungen bedeuten und / eine rationale Function derselben ist. 848 Nachtrag, VI. Ist oy** = 1 , w^ = 1 , ... und ftlso and 2 ••• 80 wird der Quotient ^(Al + Aj)<, (iti + *8)<, .. eine rationale Function der Wurzeln der Einheit u;J , £wj , ... , deren Coefficienten cyklische Functionen der Grössen x sind. Dies er- giebt sich leicht, wenn man an Stelle der Einheitswurzeln us^yW^^,,, irgendwelche Variabelu Wy^yW^y,., nimmt und bei der Entwickelang Congruenzen mit den Moduln: w^^ — 1 , vo^ — 1 , ... benutzt. Hieraus folgt nun einerseits die Auflösbarkeit der Abelschen Gleichungen und andrerseits das Resultat, dass die zu irgend wel- chen Abelschen Gleichungen gehörigen Grössen sich von dem Product der zu einfachen Abelschen Gleichungen gehörigen Grössen w nämlich: h\ A3 A] nur durch einen Factor unterscheiden, der eine rationale Function der Einheitswurzeln u;J , w.^ , ... und der Grössen 5R , JR', SR", ... ist. VII. Aus den vorstehenden Entwickelungen geht hervor, dass die Grössen sich als rationale Functionen der Summen: V « V j. Nachtrag. 849 darstellen lassen, deren Coefficienten cyklische Functionen der Grössen x sind. Dies ergiebt sich aber auch direct, wenn man diese Summen mit bezeichnet und für ÄTj = 0, 1 , ... nj — 1 , Arg = 0, 1 , ... rig — 1 , ... setzt, da sich hieraus die Functionen 4» oifeubar als cyklische Functionen der Grössen x bestimmen. VIII. Aus der zweiten in No. III gegebenen Definition folgt unmittelbar, dass jeder Theiler einer Abelschen Gleichung selbst eine Abelsche Gleichung ist und andrerseits ist leicht zu sehen, dass auch das Product von Abelschen Gleichungen, deren Wur- zeln sammtlich derselben Gattung angehören, eine Abelsche Glei- chung sein muss. Es sind hier in üblicher Weise die Ausdrücke ^ Product^ und ^Theiler*' von den gleich Null gesetzten ganzen Functionen von x auf die Gleichungen selbst übertragen worden, und unter dem Be- griffe der Gattung algebraischer Functionen der Grössen SR, 9t', 91",... sind wie in meinen früheren Aufsätzen alle diejenigen zusammen- gefasst, die rationale Functionen irgend einer derselben und eben jener Grössen 9i sind. IX. Das in No. VII angegebene Resultat enthält den wich- tigen Satz, dass jede Wurzel einer beliebigen Abelschen Gleichung eine rationale Function von Wurzeln einfacher Abelscher Glei- chungen ist. Mittels dieses Satzes, welcher dem in No. V aufge- stellten correspondirt, finden sich die allgemeinen Abelschen Glei- chungen im Wesentiiciien auf die „einfachen^ zurückgeführt und jener Satz im Monatsbericht von 1853 S. 373 erweitert sich in so abschliessender Weise, dass er auch in umgekehrter Folge seine Geltung behält und demnach so formulirt werden kann: Alle Wurzeln Aboischer Gleichungen mit ganzzahligen Cöefficienten sind rationale Functionen von Wurzeln der Einheit, und alle rationalen Functionen von Wurzeln der Einheit sind Wurzeln ganzzahliger Abelscher Gleichungen. Dieser Satz giebt, wie mir scheint, einen werthvoUen Einblick in die Theorie der algebraischen Zahlen; denn er enthält einen 850 Nachtrag. ersten Fortschritt in Beziehung auf die naturgemässe Classification derselben, ^velcher über die bisher allein beachtete Zusammenfas- sung in Gattungen hinausführt. X. Betreffs der Methode, mittels deren ich jenen im Monats- bericht von 1853 aufgestellten Satz hergeleitet habe, ist hier noch anzuführen, dnss sich für jede einfache Abelsche Gleichung un- gruden (w ten) Grades die in No. VI mit op bezeichnete Grosse fol- gondermafsen darstellen lässt: r wo das Product auf alle Zahlen r zu erstrecken ist, welche rela- tiv prim zu 7t sind, wo ferner die Zahlen s durch die Bedingung r« ^ 1 niodn mit den Zahlen r verbunden sind und C^) den positiven echten Bruch bedeutet, welcher nach Subtraction der grössten Ganzen von - übrig bleibt. Mit F und / sind dabei ganze Functionen von w bezeichnet, deren Coefficienten rationale Functionen der Grössen di sind. Aus diesem Ausdrucke far ^k g^^^ ^^^ ^^" Fall, dass die Grössen 9i ganz fehlen, d. h. für Abelsche Gleichungen, deren Coefficienten rationale Zahlen sind, jener Satz vom Jahre 1853 in der Weise hervor, dass bei Zerle- gung von /(c«*") in seine idealen Primfactoren der Ausdruck opjt sich als ein Product entsprechender Kreistheilungs-Ausdrücke ergiebt. In ähnlicher Weise habe ich auch schon einzelne Fälle behandelt, in denen die Grössen 9t gewisse algebraische Zahlen sind und ich hatte dabei von meinen im Monatsbericht von 1870 S. 881 und auch schon früher erwähnten zahlentheoretischen Untersuchungen Gebrauch zu machen, welche mit den seitdem von Hrn. Dede- kind veröffentlichten zwar in wesentlichen Punkten übereinstim- men, aber doch auch in manchen Beziehungen davon abweichen. XI. Ich habe schon im Monatsbericht vom Jahre 1857 S. 455 ff. die Natur der Gleichungen dargelegt, deren Wurzeln singulare Moduln von elliptischen Functionen oder elliptische Fanctionen selbst sind, deren Moduln singulär und deren Argumente in ratio- Nachtrag. 85 1 nalem Verhältniss zu den Perioden stehen. Nach obigen Ausführungen können dieselben kurz als Abcische Gleichungen bezeichnet wer- den, deren Coeficienten keine andern Irrationalitäten als Quadratwur- zeln ganzer Zahlen enthalten, und es ist zu verinuthen, dass die Ge- sauimtheit solcher Gleichungen durch jene, die aus der Theorie der elliptischen Functionen hervorgehen, erschöpft wird. Die erwähnte Eigenschaft der Gleichungen, deren Wurzeln singulare Moduln der elliptischen Functionen sind, habe ich im Jahre 1857 mittels folgender einfachen Betrachtungen, später aber noch auf verschiedene andre Weisen abgeleitet. Es sei D eine negative ganze Zahl, D = li' — 4ac und F{x) = 0 die Theilungsgleichung der elliptischen Functionen mit einem zu ^/ D gehörigen singulären Modul, welche die Theilung der ganzen Perioden in a Theile ergiebt. Da nun diese elliptischen Functionen eine Multiplication mit {h 4- }/ D) zulassen, so kann aus der Gleichung F{x) = 0 in bekannter Weise eine andere Gleichung desselben Grades ^ {x) = 0 hergeleitet werden, deren Wurzeln aus den elliptischen Functionen, welche die Wurzeln von F{x) = 0 bilden, durch Multiplication der Argumente mit (h -h }/ D) hervor- gehen. Diese Gleichung 4>(j:) = 0 enthält aber (a — l)mal die Wurzel Null und jede andere genau amal, so dass wird. Bei geeigneter Wahl der elliptischen Functionen ist hier der Coefficient Cj selbst ein zweiter zu }/ D gehöriger singulärer Modul, welcher demnach rational durch den ersten Modul dargestellt er- scheint, und zwar so, dass die für die Abelschen Gleichungen charakteristische Vertauschbarkeit der Functionen stattfindet. Es ist schliesslich noch auf den die Abelschen Gleichungen behandelnden Abschnitt in Hrn. C. Jordan's Traite des substi- tutions S. 28G bis 292 zu verweisen, in welchem die Eigenschaften derselben aus denen der bezuglichen Substitutionsgruppen hergeleitet sind; doch findet sich der Inhalt des in No. IX ausgesprochenen Satzes, welcher den eigentlichen Zweck der vorstehenden Notiz bildet, dort nicht ausdrücklich hervorgehoben. B e r i c h t i g u n g. S. 469 Z. 2 von oben statt: Namen des Mem lies: Namen der Meere. Namen - Register, (Die luit einem * bezeichneten Vorträge sind im Monatsbericht nicht aufgeführt.) Aiiwers, *Übcr die Rcsnltate der Arbeiten der deutsch-russischen Expedi- tion nach Aegypten zur Beobachtung des Venus - Durchgangs vom 8. Dcc. 1874, 22. — , *Übcr Resultate aus den Dur^hgangsbeobachtungen von Bradley^s Quadranten, 455. Baudi di Vesme, Conte Carlo, in Turin, Correspondent der phil.-histor. Klasse der Akademie, gestorben am 4. März 1877. Bauer, Über das Krystallsystem und die Hauptbrechungs - Co^fficienten des Kaliglimmers, 684—712. G. Berthold, Friedrich der Grosse und das Secretions-Gleichniss, 7G5 — 767. V. Bethmann-Hollweg, M. August, Ehrenmitglied der Akademie, gestor- ben am 14. Juli 1877. Beyrich, Über jurassische Ammoniten von Mombassa, 96 — 103. , Über einen heterophyllen Ammoniten von Mosambique, 765. B o 1 1 , Zur Physiologie des Seheus und der Farbenempfindung, 2 — 7. ._ _, Zusätze zu der Mittheilung vom 11. Januar, 72 — 74. Borchardt, *Über die Darstellung der Kummer scheu Fläche 4. Ordnung mit 16 Knotenpunkten durch die Göbersche biquadratische Relation zwi- schen 4 S- Funktionen mit 2 Variabein, 372. Braun, Alexander Carl Heinrich, in Berlin, ordentliches Mitglied der phys.- math. Klasse, gestorben am 29. März 1877. [1878] 61 854 Namen- Hegt ster. Brockhaus, Hermann, in Leipzig, Correspondent der phil.-hist. Klasse der Akademie, gestorben 5. Januar 1877. Bruns, *Cber ein römisch - syrisches Rechtsbuch aus dem 5. Jahrhundert n. Chr., 1. Buff, Zur Blitzleitung, 820 — 824. Buschmann, *Über die Ordinal-Zahlen der mexicanischen Sprache, dritter Theil, 425. . , Über die süd-indischen Sprachen: 1. Theil, 683. Curtius, *Über neu gewonnene Resultate der athenischen Topographie und insbesondere über das Pythion, 299. , Über Boden und Klima von Athen, 425 — 439. , Zwei griechische Inschriften, 474 — 476. D offner, Die Infinitive in den pontischen Dialekten und die zusammenge- setzten Zeiten im Neugriechischen, 191 — 230. Dillmann, Antrittsrede, 439-— 444. Dove, *Über die intensive Wärme am 5. Juni 1877, 338. Droysen, Beitrage zu der Frage über die innere Gestaltung des Reiches Alexanders des Grossen, 23 — 45. duBois-Reymond, *Mittheilung über die Ruckkehr des Hrn. Dr. Sachs aus Venezuela, 452. , •Vermuthungen über eine denkbare Function der Spinalganglieo, 733. Duncker, *Über die eigenhändigen Memoiren Hardenberges, 239. Ewald, *Ober die neueren Fortschritte in der systematischen Behandlung der Kreidebildnngen, 238. , Ober die Kreideformation in Mittel- und Unter-Italien, 896. Exner, In welcher Weise tritt die negative Schwankung durch das Spinal- ganglion? 729 — 733. Gross, Über electrolytische Strome durch feste Salze, 500—504. Grube, Anneliden- Ausbeute S. M. S. Gazelle, 509 — 554. Hagen, Vergleichung der von 1846 bis 1875 an der Ostsee beobachteten Wasserstände, 559 — 561. Harms, *Über die Formen der Ethik, 231. Helmhoitz, *Über Herleitnng der Bewegungsgleichungen filr elektrisirte Körper in dielektrisch polarisirbaren FlQssigkeiten, 179. , Über galvanische Ströme, verursacht durch Concentrations- Unterschiede: Folgerungen aus der mechanischen Wärmetheorie, 713 — 726. Hercher, *Zur Textkritik der Verwandlungen des Antoninus Liberalis, 13. Hof mann, Zur Kenntniss der Xylidine, 47 — 66. Namen-Register. 855 Hofmann, Oxydation aromatischer Acetamine mittelst Kaliumpermanganat, 56—61. , Zur Kenntnis» des ChrysoTdins, 62 — 68. , Versuche über die Einwirkung des Chlor-, Brom- und Jodme- thyU auf Anilin, 374 — 389. , Über die Einwirkung des SchwefelwasserstofEiB auf die Isonitrile, 389 — 394. , Ober das Pulysulfhydrat des Strychnins, 394 — 403. , Über Tetraphenylmelamin, 403 — 406. Hofmeister, Wilhelm, in Leipzig, Correspondent der phys.-math. Klasse der Akademie, gestorben am 12. Januar 1877. Kiepert, *Über die geographische Lage des Schlachtfeldes am Granikus, 505. Kirchhoff, G., Zur Theorie des Condensators, 144 — 162. , Zur Theorie der Bewegung der Elektricität in unterseeischen oder unterirdischen Telegrapheudrähten, 498 — 611. Kronecker, L., *Über Abolsche Gleichungen, 182. , Über Abelsehe Gleichungen (Auszug), 845 — 861. , H. & W. Stirling, Über die Genesis des Tetanus, 759—753. Kahn, *Über die Zwerge als Geister der Verstorbenen, 183. Langerhans, Über Acicularia Virchowü, eine neue Annelidenform, 727 — 729. Lepsin 8, *Über die ägyptischen Ellen-Malsstäbe mit Vergleichung der Per- sischen, Assyrischen und alt^baby Ionischen Ellensysteme, 1. , *Über die Babylonisch - Assyrischen Längenmafse nach der Tafel von Senkereh, 19. , Weitere Erörterungen über das babylonisch - assyrische Längen- mafesystem, 747—758. Le Verrier, correspondireudes Mitglied der physikalisch -mathematischen Klasse der Akademie, starb am 23. Sept. 1877 in Paris. Lohse, Über Schmidt's neuen Stern im Schwan, 826 — 843. Härtens, v., Übersicht der während der Reise um die Erde in den Jahren 1874 — 1876 auf S. M. Schiff Gazelle gesammelten Land- und Suss- wasser-MoUusken, 261 — 291. Mommsen, *Über den der Akademie übergebenen neusten Band der Mo- nomenta Germaniae historica, 739. , *Über die Familie des Germanicus, 741. Moser, Galvanische Ströme zwischen verschieden concentrirten Lösungen desselben Körpers und deren Spannungsreihen, 674 — 676. Olshausen, Beiträge zur Erklärung und Berichtigung der Pahlavi-Glossare, 765. Oppert, Die Maasse von Senkereh und Khorsabad, 741 — 746. 856 Nameii'BegUter, Peters, Über Rhinoeeroi inermis Lesson, 68 — 71. , Über eine neue Gattung von Flederthieren, ÄmorphochiluSy aus Peru und über eine neue Crocidura aus Liberia, 184 — 188. - — - , Herpetologische Notizen, 407 — 423. . , Über die von Hrn. Prof. Dr. K. Möbius 1874 auf den Maskarenen und Seychellen, sowie Ober die von Hm. Dr. Sachs im vorigen Jahr in Venezuela gesammelten Amphibien, 455 — 460. - , Über die von Hm. Dr. C. Sachs in Venezuela gesammelten Fische, 469 — 473. , Über die Ohrenrobben, Oiariaey als Nachtrag zu seiner im vorigen Jahre über diese Thiere gelesenen Abhandlung, 505 — 507. , Neue merkwürdige Art von fliegenden Fischen, Exocoetus cirri^ aus China und einen neuen Muraeniden, Ophichthys bitaeniatus, ans Mombas, 555 — 556. , Übersicht der Amphibien aus Chinchozo (WestaMka), welche von der Afrikanischen Gesellschaft dem Berliner zoologischen Museum fiber- geben sind, 611 — 621. , Über zwei fossile Wirbelthiere, ProhcUrcuikus vicetinus und Hemi- trachus achisticolay ans den Tertiärbildungen von Ponte bei Laverda im Vicentinischen, 678 — 682. - — , Corrigendum, 682. , Übersicht Aber die wahrend der sibirischen Expedition von 1876 von Hrn. Dr. O. Finsch gesammelten Sangethiere, Amphibien und Fische, 734—738. Poggendorff, Johann Christian, in Berlin, ordentliches Mitglied der phjs.- math. Klasse, gestorben am 24. Januar 1877. Pott, Aug. Friedr., in Halle, zum auswärtigen Mitgliede der phiio8.-histor. Klasse der Akademie gewählt am 17. Aug. 1877. Rammeisberg, Über das Atomgewicht des Molybdäns und fiber die phos- phormolybdänsauren Salze, 573 — 594. , Über die Zusammensetzung des Aeschynits und Samarskits^ 656 — 673. vom Rath, Über eine neue krystallisirte Tellurgold -Verbindung, den Bun- senin Krenner's, 292—296. Reichenow, Übersicht der Fische ans Chinchozo and anderen Ctegenden Westafrikas, welche die Afrikanische Gesellschaft dem Berliner zoologi- schen Museum fibersandt hat, 621 — 624. Reichert, *Übcr das vordere Ende der Chorda dorsalis bei frfihxeitigea Haifisch-Embryonen {Acanthias vuigen analoge Eigenschaft gewisser Oberflächen zweiter Ordnung, 594 — 596. Caccilia dorsalis n. sp., 459. Chsetostomus nigrolineatus n. sp., 471. Chemie, 47 — 56. 56 — 61. 62 — 68. 374 — 389. 389—394. 394 — 403. 403 — 406. Chorda dorsalis, vorderes Ende derselben bei frühzeitigen Haifisch-Embryo- nen (Acanthia vulgaris), 164. Chroniken, kleinere, des XIII. Jahrhunderts, 22. Chrysotdin, zur Kenntniss desselben, 62 — 68. Condens ator, zur Theorie desselben, 144 — 162. Corpus inscriptionuni Atticarum, 176. 177. — Latinanim, 176. Corrigendnm, 682. Craniologie Illyriens, 769 — 819. Crocidura, neue, aus Liberia, 187 — 188. Do ras albomaculatus n. sp., 470. Dromicus (Alsophis) maculivittis n. sp., 458. Druckfehler-Berichtigung, 852. Eidechsen, die von Spix in Brasilien gesammelten, 407 — 414. Einwirkung des Chlor-, Brom- und Jodmethyls auf Anilin, 374 — 389. Ellen-Mafsstäbe, die ägyptischen, mit Yergleichung der Persischen, 1. Sach-Begister. 861 Elmshorn, Blitzschlag zu, 8 — 10. Ethik, die Formen derselben, 281. Euprepes resplendens n. sp., 416. Exocoetus cirriger n. sp., 555. 556. Festreden, 14, 164—175. 425 — 444. Fische, neue merkwürdige Art von fliegenden, Exocoetus cirriger, aus China und einen neuen Muraeniden, Ophichthys bitaeniatus, aas Mom- bas, 555 — 556. . , die von Dr. Sachs in Venezuela gesammelten, 469 — 473. , aus Chinhoxe (Westafrika), 621— 624. Flederthiere, eine neue Gattung derselben, Amorphochilus, aus Peru und über eine ueue Crocidura aus Liberia, 184 — 188. Fortschritte in der systematischen Behandlung der Kreidebildungen, 238. Friedrich der Grosse, Herausgabe der politischen Schriftstücke desselben, 178. und das Secretions-Gleichniss, 765 — 767. Gänge des Monte Somma, 74. Genesis des Tetanus, 759—763. Geologie, 13. 74. 96—103. 238. 461 — 467. 765. 826. Germanicus, die Familie desselben, 741. Gestaltung, innere, des Reiches Alexanders des Grossen, 23 — 45. Gleichungen, Abelsche, 182. 845—851. Granikus, die geographische Lage des Schlachtfeldes an demselben, 505. Hapalogenys atlanticus Rchw. n. sp.,' 621. 622. Hardenberg, eigenhändige Memoiren desselben, 239. Heerwesen des Deutschen Reichs im X. bis XIL Jahrhundert, 452. Herleitung der Bewegungsgleichungen für elektrisirte Körper in dielektrisch polarisirbaren Flüssigkeiten, 179. Herpetosaura occidentalis n. sp., 416. Hildebrandt, die letzten von demselben eingegangenen Mittheilungen, 182. . - - - •, dessen am 13. August erfolgte Rückkehr nach Mombassa, 566. Hornquecksilber von el Doctor in Mexico, 461 — 467. Hospitaliter-Orden vom heiligen Geist, zumal in Deutschland, 339 — 371. Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen, Bericht über die- selbe, 14—18. Hyla thesaureusis n. sp., 421. Hyperolius adspersus n. sp., 619. 620. teptosomus n. sp., 619. Illyrien, Craniologie, 769. Infinitive in den pontischen Dialekten und die zusammengesetzten Zeiten im Neugriechischen, 191 — 230. 862 Sach'Begüter. Inschriften, zwei griechische, 474 — 476. Institut, Kaiserl. Archäologisches, in Rom und Athen, Bericht dber das- selbe, 177. 178. Kaliglimmer, Krystalisystem und Hauptbrechnngsco^fficienten desselben, 684 — 712. Klangscheiben, kreisförmige, Messungen der Töne, 259 — 261. Kreidebildungen, neuere Fortschritte in der systemat. Behandlung der- selben, 238. Kreideformation in Mittel- und Unteritalien, 826. Krystallsjstem und die Hauptbrechungs-CoSfficionten des Kaliglimmers, 684 — 712. Kummer 'sehe Fläche 4. Ordnung, Darstellung derselben mit 16 Knoten- punkten durch die Göbersche biquadratische Relation zwischen 4 ^- Funktionen mit 2 Variabehi, 372. Längenmafse, die Babylonisch- Assyrischen, nach der Tafel von Senkereh, 19. Längenmafs System, Baby Ionisch- Assyrisches, weitere Erörterungen darü- ber, 747—758. Lehrbach, Graf, 373. Liber pontificalis, die verschiedenen Texte desselben, 677. Maafse von Senkereh und Khorsabad, 741 — 746. Mathematik, 182. 372. 820. 845—851. MeeSe, über die Namen derselben in den Assyrischen Inschriften, 469. Memoiren Hardenberges, eigenhändige, 239. Messungen der Töne kreisförmiger Klang^cheiben, 259 — 261. Meteorologie, 338. Microdiscopus, 421. =» Phrynoglossus, 682. Möbius, Prof. Dr. K., über die von demselben auf den Maskarenen und Seychellen, sowie über die von Hm. Dr. Sachs im J. 1876 in Vene- zuela gesammelten Amphibien, 455 — 460. Mollusken, Land- und Süsswasser-, Übersicht der während der Reise um die Erde in den Jahren 1874—1876 auf S. M. Schiff Gazelle gesam- melten, 261 — 291. Molybdän, Atomgewicht desselben, 573 — 594. Mombassa, jurassische Ammoniten von, 96 — 103. Monte Somma, Gänge desselben, 74. , Studien an demselben, 13. Monumenta Germaniae historica, Bericht d. Central-Direction, 446 — 449. 739. Mossambique, über einen heteromorphen Ammoniten von, 765. Neusterophis atratus n. sp., 614. Notizen, herpetologische, 407 — 423. Sach'Eegister. 863 Ohrenrobben, Otaria, Nachtrag &ber dieselben, 505 — 507. Opbicbthjs bitaeniatns n. sp., 556. Ordinal -Zahlen der mexicanischen Sprache, dritter Theil, 425. Ostsee, Wasserstande von 1846 bis 1875, 559 — 561. Oxydation aromatischer Acetamine mittelst Kaliumpermanganat, 56 — 61. Pahlavi- Glossare, Beitrage znr Erklärung und Berichtigung derselben, 765. Personalstand der akademischen Veränderungen, 14. Phyllopegns (Hemidactylns) goyazensis n. sp., 415. Physik, 2—7. 72—74. 104—142. 179. 241—259. 299—337. 500—504. 598—611. 713—726. 820—825. Physiologie des Sehens und der Farbenempfindung, 2 — 7. Pia turn s laticaudatus, 417. Pleurodema Sachsi n. sp., 460. Poesie und Metrik, japanische, 557. Polysulfhydrat des Strychnins, 394—403. Preisfragen, 449 — 451. Prooemium des Lucretius, 479 — 499 Rechts buch, ein römisch-syrisches ans dem 5. Jahrh. n. Chr., 1. Resultate der Arbeiten der deutsch-russischen Expedition nach Aegypten zur Beobachtung des Venus-Durchgangs vom 8. Dec. 1874, 22. aus den Durchgangs - Beobachtungen von Bradleys's Quadranten, 455. , neu gewonnene, der athenischen Topographie und insbesondere über das Pythion, 299. Rhinoceros inermis Lesson, 68 — 71. Sachs, Dr., Mittheilung über die Rückkehr desselben ans Venezuela, 452. , über die von demselben in Venezuela gesammelten Fische, 469—473. Schlachtfeld am Granikus, geographische Lage, 505. Schwankung, negative, in welcher Weise tritt sie durch das Spinalganglion? 729 — 733. Schwefelwasserstoff, Einwirkung desselben auf die Isonitrile, 389 — 394. Sein codi pus congicus Ptrs. n. sp., 614. Sehen, Physiologie desselben, 2 — 7. Selen, Abhängigkeit der elektrischen Leitungsfahigkeit desselben von Wärme und Licht, 299 — 337. Serrasalmo irritans n. sp., 472. Sifüidsanadvatrin^ikdy 559. Sitzung, öffentliche, 14 — 18. 164—178. 425 — 452. Spectrum des neuen Sterns im Schwan, 241 — 259. 864 Sach'Begister, Spinalganglion, über eine denkbare Funktion derselben, 733. , in welcher Weise tritt die negative Schwanknng durch dasselbe? 729 — 733. SpiXy die von demselben in Brasilien gesammelten Eidechsen des K. Nata- ralien-Kabinets zu München, 407 — 414. Sprachen, über die sudindisöhen : den 1. Theii, G83. Staatsconferenz. die österreichische vom Jahre 1836, 179. Stabreim bei Finnen und Tartaren, 232 — 238. Steinkorallen, Übersicht derselben aus der Familie der Madreponuis aporosa, Eupsammina und Turbinarina, welche auf der Reise S. M. $:. Gazelle um die Erde gesammelt wurden, 625 — 655. Sternach US Sachsi n. sp., 473. Stern, neuer, im Schwan, 826 — 843. Ströme, electrolytische, durch feste Salze, 500-504. — ) galvanische, zwischen verschieden concentrirten Lösungen desselben Körpers und deren Spannungsreihen, 674 — 676. — , galvanische, verursacht durch Conccntrations- Unterschiede ; Folge- rungen aus der mechanischen Wärmetheorie, 713 — 726. Tel lurgold -Verbindung, eine neue krystallisirte, der Bunseuin Krenner' it. 292 — 296. Tetanus, Genesis desselben, 759 — 768. Tetraphenylmelamin, 403 — 406. Theorie der Bewegung der Elektricität in unterseeischen oder unterirdiä^chen Telegraphcndrähten, 498—611. - — __ der eindeutigen analytischen Funktionen (2. Abth), 820. Töne kreisförmiger Klangscheiben, 259 — 261. Topographie, athenische, neu gewonnene Resultate, 299. Typ hl ups acuticaudus n. sp., 416. (Onychocephalns) angusticeps n. sp., 417. Übersicht der Amphibien aus Chinhoxo (Westafrika), welche von der Afri- kanischen Gesellschaft dem Berliner zoologischen Museum übergeben sind, Gll — 621. - — - der Fische aus Chinhoxo und anderen Gegenden Westafrikas, welche die Afrikanische Gesellschaft dem Berliner zoologischen Museum ubersandt hat^ 621 — 624. _.. — _ über die während der sibirischen Expedition von 1876 von Hrn. Dr. O. Finsch gesammelten Säugethicre, Amphibien u. Fische, 734 — 738. Untersuchungen, Spectral-Photometrische, 104 — 142. Ve n u s - Durchgang vom 8. Decemb. 1874, Resultate der Beobachtungen der deutsch-russischen Expedition nach Ägypten, 22. Sach-Reghter, 865 Vergleichung der von 1846 bis 1875 an der Ostsee beobachteten Wasser- stände, 559 — 561. Wärme, die intensive am 5. Juni 1877, 338. Wasserstände an der Ostsee von 1846 bis 1875, 559 — 561. Welsungensage, die alte, 240. Wirbelthiere, zwei fossile, Probatrachus vicetinus und Hemitrichas schi- sticola, aus den Tertiärbildungen von Ponte bei Laverdä im Vicentini- schen, 678 — 682. Xylidine, zur Kenntniss derselben, 47 — 56. Zischlaute im Assyrischen, Aussprache, 79 — 95. Zoologie, 68—71. 164. 184—188. 261—291. 407—423. 452. 455—460. 469—473. 505—507. 509—554. 555—556. 561—566. 611—621. 621 —624. 678—682. 734—738. Zusätze zu der Mittheilung vom 11. Januar, 72 — 74. Zusammensetzung des Aeschynits und Samarkits, 656 — 673. Zwerge als Geister der Verstorbenen, 183. rO^OCO^- « im. L ■■ \ . } 1 BOUNL' (JNIV OFMU ■* ^"''^ 00902 2164 UBRARV u Bl»^l«|irMWVrt«